Bd. 5: Der österreichisch-ungarische
Krieg
Kapitel 13: Die Kämpfe im Osten
1916 (Forts.)
Feldmarschalleutnant Max Hoen, Direktor des Wiener Kriegsarchivs
8. Kämpfe im Siebenbürger
Grenzgebirge.
Mittlerweile schien die Kriegslage auf dem rumänischen Kriegsschauplatz
um so mehr ins Gleichgewicht zu kommen, als der Winter vor der Türe
stand und den im Gebirge steckenden Verbündeten kaum mehr
größere Angriffshandlungen zugemutet werden konnten. Vor der 1.
Armee General der Infanterie v. Arz hatte Presans Nordarmee am 6.
Oktober den Rückzug angetreten. Große Hoffnungen bestanden, die
ganze Ostfront von Dornawatra südwärts weit in die
rumänische Moldau vorzutragen. Deshalb wurde auch das XI. Korps dem
General der Infanterie v. Arz unterstellt, der hinwiederum bestrebt war, im
Sinne des Zusammenarbeitens mit der 9. Armee das Gewicht, das bisher auf dem
Nordflügel lag, auf den Südflügel zu verlegen. Ganz gewaltige
Marschleistungen mußten aus diesem Grunde und um den weichenden
Rumänen dicht auf den Fersen zu bleiben, von den Truppen, meist alten
Landstürmlern, verlangt werden. Die 61. Infanteriedivision und die 39.
Honved-Infanteriedivision schoben sich im Raume um
Szekely-Udvarhely zusammen, um als [270] neues VI. Korps,
Feldmarschalleutnant v. Fabini, in die Csik und dann gegen deren
Ausfallspforten, Gyimes-Durchbruch und Uztal, vorzurücken. Die
vorausgehenden Landsturmhusaren und die gegen die Südflanke der
Nordarmee vorstoßende Reiterei des Generalleutnants Graf Schmettow
beschleunigten den Rückzug der ohnedies auf rasches Fortkommen
bedachten rumänischen 7. Infanteriedivision. Nur die Paßstellung
zwischen Szt.-Egyhazas-Olahfalu und Csik-Szereda wollte die rumänische
Nachhut länger festhalten, wurde aber am 9. von den Landsturmhusaren,
Oberst Csecsi und der 1. Kavalleriedivision, Generalmajor v. Ruiz,
geworfen. Am 10. rückte der Anfang der Infanteriekolonne des VI. Korps
in die Csik ein. Die 1. Kavalleriedivision wandte sich gegen das Uztal und trieb
die Rumänen in Verfolgungskämpfen bis 14. Oktober über die
Grenze. Nun erwartete sie das Herankommen der 39.
Honved-Infanteriedivision, um dann nach Süden abzurücken und die
Sicherung auf den Grenzkämmen südlich des Ojtozpasses zu
übernehmen. Die 61. Infanteriedivision, Generalmajor Grallert, hatte am
11. und 12. zu kämpfen, um sich bei Szepviz den Eintritt der
Gyimes-Straße in das Gebirge zu erzwingen und erreichte unter Gefechten
am 14. die Grenze.
Schwerer hatten es die 72. Infanteriedivision, Oberst Barwik, und die halbe 37.
Honved-Infanteriedivision (74. Brigade, Oberst Pogany) vorläufig unter
Generalmajor Haber, vom 19. an XXI. Korps, Feldmarschalleutnant Freiherr
v. Lütgendorf. Mit nicht ganz 7000 Feuergewehren sollte diese
Gruppe der Hauptkraft der rumänischen Nordarmee in das Gyergyobecken
und dann in das Bekas- und das Tölgyes-Defilee sowie über Belbor
nachdrängen. Die 72. Infanteriedivision hatte am 8. mit ihrer Hauptkolonne
das am Vortag von der 16. Gebirgsbrigade, Oberst Bernatsky, durch einen
Vorstoß über Szovata eingeleitete Gefecht bei Parajd mit der Nachhut
der rumänischen 8. Infanteriedivision auszukämpfen; ihre
Nebenkolonne im Görgenytal raufte bei Fancsal mit der rumänischen
37. Brigade, die sich am 9. bei Laposnya abermals zum Kampfe stellte. Der
Abstieg in das Gyergyo-Becken mußte am 10. in einem harten Gefecht
erkämpft werden. Die 74. Brigade kam im Marostale äußerst
langsam vorwärts. Alle Brücken waren zerstört, eine starke
Nachhut der rumänischen 14. Infanteriedivision hielt am 6. östlich
Palota und vom 9. - 11. in der stark befestigten Stellung bei
Göde stand, bis sich die Umfassungskolonnen in dem schwierigen
Gebirgsgelände vorgearbeitet hatten. Nun begannen die Rumänen
auch ihre Stellungen im Kelemengebirge zu räumen. Am 12. stellte sich die
72. Infanteriedivision zum Vormarsch gegen das Bekastal und auf der über
Putna nach Tölgyes führenden Straße bereit, die 74. Brigade
bei Borszek gegen das Tölgyes-Defilee und Belbor. Wohl wurden am 13.
Bekas, Putna, Hollo und Belbor erreicht, doch stimmten alle Meldungen darin
überein, daß General Presan, ermutigt durch den Anmarsch russischer
Truppen, starke Kräfte zur Abwehr weiteren Vordringens aufgestellt habe.
Die nächsten Tage ver- [271] gingen mit
Kämpfen, in denen sich das XXI. Korps bald zur Rolle des Verteidigers
verurteilt sah. Feldmarschalleutnant v. Habermann benutzte die
Räumung des Negratales vor der Dreiländerecke, um mit dem
Südflügel des XI. Korps bis in die Linie
Glodu - Saru Dornei vorzugehen, begegnete jedoch
wütenden Gegenangriffen eiligst herbeigeeilter Russen, die weiterem
Vordringen enge Grenzen steckten.
General der Infanterie v. Arz, der nach Eintreffen von Russen vor seiner Front auf
einen großen Angriff rechnete, dem seine geringe Streiterzahl in dem
breiten, eigentlich nur durch schüttere Postierungen gesperrten Raume
schwer gewachsen war, wollte sich für die Verteidigung vorbereiten und
die Herstellung der vielfach zerstörten Nachschublinien betreiben. Das
Heeresgruppenkommando Erzherzog Karl, dem mit 13. mittags die 9., 1., 7. und
3. Armee unterstellt wurden, glaubte jedoch mit Rücksicht auf die im Zuge
befindlichen und in nächster Zeit beabsichtigten Operationen des Generals
der Infanterie v. Falkenhayn von der Fortführung der Offensive nicht
absehen zu dürfen.
Der Führer der 9. Armee hatte nach dem Siege bei Kronstadt sein dort
versammeltes Gros divisionsweise auf die Ausgänge aus dem Haromszek
und dem Burzenlande nach Rumänien verteilt: 71. Infanteriedivision
Ojtozpaß, 89. Infanteriedivision
Bodza-Defilee und Tatarhavas-Paß, 187. Infanteriedivision
Schanz-, 51. Honved-Infanteriedivision Tömöser, 76.
Reserve-Division Törzburger Paß. Der Widerstand an den nach
Bukarest führenden Verbindungen war nach Truppenzahl und
Befestigungen äußerst stark, auch fanden sich die deutschen Truppen
schwer in den ungewohnten Gebirgskrieg, für den ihnen überdies die
Ausrüstung fehlte. Die vom Isonzo heranrollende 8. Gebirgsbrigade, Oberst
Rath, vollbrachte wohl eine sehr schöne Leistung, indem sie mit ihren des
Bewegungskrieges völlig entwöhnten, durch junge Ersätze
frisch aufgefüllten und mangelhaft ausgerüsteten Truppen im
Aufstieg aus der Gegend von Fogaras auf Holzfällerpfaden das Gebirge
westlich des Königsteines überwand und am 13. Oktober die
Rumänen bei Rucaru überraschte, die den Törzburger
Paß eiligst räumen mußten. Doch der letzte Berg vor dem
Austritt in das Becken bei Campolung erwies sich als unüberwindliches,
von starken Kräften trefflich verteidigtes Hindernis für die
inzwischen mit der bayrischen 12. Infanteriedivision verstärkte 76.
Reserve-Infanteriedivision. Westliche Umfassungsversuche der 8. Gebirgsbrigade
wurden vom wachsamen Feinde durchkreuzt. Auch die 51.
Honved-Infanteriedivision, Generalmajor v. Tanarky, vollbrachte am 13.
eine sehr schöne Leistung, indem sie die den Predeal beherrschende
Csaplia-Höhe erstürmte, doch machte dem weiteren, sehr
schwierigen Vorarbeiten der unter den halben Gefechtsstand gesunkenen wenigen
Bataillone ein Wettersturz am 17. ein Ende.
Noch bestand eine Hoffnung, vor völligem Einbruch des sich im Gebirge
bereits unangenehm anmeldenden Winters in die Ebene zu kommen: Der [272] Vorstoß
beiderseits des Alt-Durchbruches, wo die Alpenkorpsdivision bisher zahlreiche
rumänische Angriffe abgewehrt und sich in Besitz der
anschließenden Grenzkämme gesetzt hatte. Mit der von der Gruppe
Petroseny herangezogenen 2. Gebirgsbrigade, Oberst Panzenböck, am
Ostflügel und der vom Isonzo herangerollten 10. Gebirgsbrigade,
Generalmajor Tanczos, am Westflügel verstärkt, sollte
|
Generalleutnant v. Krafft am 16. die Offensive beginnen. Die 10.
Gebirgsbrigade stieß an diesem Tage bis zur Höhe Petrosu vor, die 2.
erstürmte nach 63 km Marsch in 30 Stunden am 17. bei
Morgengrauen die Moscovul-Scharte knapp westlich des mächtig
aufragenden Negoi und gelangte bis 18., unermüdlich vordringend, weit
hinein in Feindesland bis Salatrucu. In der vorangegangenen Nacht war aber die
10. Gebirgsbrigade auf Petrosu überfallen und unter namhaften Verlusten
auf die Höhe Robu zurückgeworfen worden. Feldmarschalleutnant
Ludwig Goiginger (Stab der 73. Infanteriedivision), der den Befehl über die
Gruppe westlich der Alt übernahm, schlug später die
nachdrängenden Feinde zurück und gewann bis 22. sogar etwas
Raum. Auch die Alpenkorps-Division erkämpfte sich Stellung auf Stellung,
fand aber am 23. so heftigen Widerstand, daß die Offensive vorerst
steckenblieb und das Eingreifen von Verstärkungen, vier deutsche
Regimenter, abgewartet werden mußte. Unter diesen Umständen
geriet die weit vorgeprellte 2. Gebirgsbrigade in äußerst schwierige
Lage. Nur unter schweren Kämpfen vermochten Teile des Alpenkorps die
Nachschublinie der Brigade frei zu halten. Schneestürme schlossen deren
Benutzung tagelang aus, so daß die Truppen in dem ressourcenlosen Gebiet
bittersten Mangel litten. Trotzdem versuchten sie durch Vorstöße in
nordwestlicher Richtung, den Angriff der Verbündeten zu erleichtern, bis
die Rumänen gegen die Störenfriede am 20. und 21. von West,
Süd und Ost Angriffe ansetzten. Sie wurden abgewiesen, und erst, als
völlige Einschließung drohte, der Rückzug auf die
Höhe 1400 nordöstlich Salatrucu angetreten. Hier wehrte
Oberst Panzenböck wiederholt Umgehungsversuche im oberen Argeschtal
ab, bis er am 25., als die Offensive sichtlich ins Stocken geriet, vom
Generalleutnant v. Krafft auf die Höhe Clobucelu
zurückbeordert wurde.
General der Infanterie v. Falkenhayn war inzwischen bemüht gewesen,
Truppen zu erhalten, um auch längs des Schyl sein Glück zu
versuchen. Die 144. Brigade hatte dort schwere Tage zu durchleben, als die 2.
Gebirgsbrigade und die zugeteilten deutschen Truppen zum Alpenkorps
abgegangen waren. Die Rumänen, sofort davon in Kenntnis gesetzt, griffen
beim Vulkanpaß und insbesondere die Höhen westlich davon, den
Sigleu an, nahmen ihn am 13., ohne sich jedoch gegen den sofort eingeleiteten
Gegenangriff behaupten zu können. Nun rollte die bayrische 11.
Infanteriedivision von der Stochodfront heran, zwei deutsche Kavalleriedivisionen
folgten, um den erhofften Durchbruch gegen Craiova für die ganze Front
der 9. Armee auswerten zu können. Die Gruppe [273] Orsova hatte das
Möglichste zu tun, um den gegenüberstehenden Feind an einer
Unterstützung der Schylgruppe abzuhalten. Doch der am 23. Oktober
beiderseits des Schyl eingeleitete Durchbruch endete mit einem Mißerfolg,
was die Rumänen einigen glücklichen Schlägen und vor allem
der Witterung und den unbesieglichen Nachschubschwierigkeiten verdankten. Der
einzige Gewinn war das Festsetzen auf den südlichen
Gebirgshängen, wo sich die Gruppe nach ihrem Rückzug Ende
Oktober zu halten vermochte.
Die der 1. Armee Mitte Oktober angesichts der damals vom General der Infanterie
v. Falkenhayn gehegten Hoffnungen vorgeschriebene Fortsetzung der
Offensive in die Moldau machte General der Infanterie v. Arz von einer
Verstärkung des schwachen XXI. Korps abhängig. Die guten
Fortschritte der 71. Infanteriedivision, Generalmajor Goldbach, ermutigten jedoch
das Heeresgruppenkommando Erzherzog Karl, dem XI. und XXI. Korps das
Vordringen bis an die Bistrica, dem VI. bis Bacau vorzuschreiben und die als
Verstärkung anrollende bayrische 8.
Reserve-Infanteriedivision nicht dem Nordflügel zuzuweisen, sondern um
Kezdi Vasarhely als Rückhalt der in der wichtigsten Richtung, gegen den
Trotus unterhalb Ocna, angesetzten 71. Infanteriedivision zu versammeln.
Diese Division nahm am 12. Oktober nach heftigem Kampfe den Ojtozpaß
der rumänischen 2. Kavalleriedivision ab, überschritt am folgenden
Tage bei Soosmezö die Grenze und drang bis 17. in einer Reihe siegreicher
Kämpfe ein beträchtliches Stück über Harja vor.
Schneestürme bei 5° Kälte, gründliche
Zerstörungen der Straße, die nicht einmal die Artillerie, geschweige
denn den Troß nachzuziehen erlaubten, brachten die Division
gegenüber dem sich sichtlich verstärkenden Feinde in eine
höchst schwierige Lage. Sie wehrte nicht nur Gegenangriffe ab, sondern
führte auch glückliche Gegenstöße, bis sie das
Vordringen der Rumänen gegen die südlich sichernde 1.
Kavalleriedivision mit Umfassung bedrohte, worauf sie am 24. in eine Stellung
bei Sosmezö zurückwich. Eine von den Reitern verlorene und den
Rückzug verlegende Höhe südöstlich des Ortes
(Runcul mr.) erstürmten die Szekler des Infanterieregiments
Nr. 82 in erbittertem Handgemenge.
Die Offensive des VI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Fabini, nahm einen
ähnlichen Verlauf. Die 61. Infanteriedivision, Generalmajor Grallert,
arbeitete sich in wiederholten Kämpfen und nach Abwehr eines geschickt
eingeleiteten Überfalles bis 19. im Trotustal an die Mündung des
Csobanyos vor, mußte aber am 20., als die 39.
Honved-Infanteriedivision, Generalmajor Molnar, im engen, von
Urwäldern umgebenen Uztal auf die gleiche Höhe vordrang, gegen
Sulta zurückweichen. In harten Kämpfen wehrten nun beide
Divisionen rumänische Angriffe ab. Als die 61. wieder Raum zu gewinnen
begann, mußte die 39. ein kurzes Stück zurückgehen, so
daß die Front am 28. ungefähr in der Linie Höhe
N. Sandor - Goiassa - Höhe Tarhavas
verlief.
[274] Feldmarschalleutnant
Freiherr v. Lütgendorf bestrebte sich, dem Angriffsbefehl wenigstens
hinsichtlich des Südflügels des XXI. Korps Folge zu leisten. Der
Nordflügel, 74. Honvedbrigade, mußte froh sein, die Stellungen bei
Hollo und Belbor behaupten zu können. Die Einleitung der Offensive der
72. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Bandian, Besetzung der Höhe
östlich Domuk mit zwei Bataillonen und einer Gebirgsbatterie, führte
jedoch am 20. zu einem schweren Mißerfolg. Die Aktion mußte
eingestellt werden, worauf die Rumänen ihrerseits zum Angriff
übergingen. Das XI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Habermann,
vermochte am 19. mit zwei Honvedbataillonen unter Oberst Lörinczy und
Oberstleutnant Kokotowicz der Gruppe des Feldmarschalleutnants v. Apor
eine befestigte Hohe östlich Saru Dornei zu nehmen, wurde aber
gleichzeitig am Südflügel bei Glodu zurückgedrängt. Es
trat übrigens am 24. wieder unter den Befehl des seit 20. vom Generaloberst v. Köveß geführten 7.
Armeekommandos, während General der Kavallerie Freiherr
v. Kirchbach dessen 3. Armee übernahm, die gleichzeitig in den
Verband der Heeresgruppe Generaloberst
v. Böhm-Ermolli trat.
Der ungünstige Verlauf der Offensive der 9. Armee und die sich mehrenden
Anzeichen, daß der 1. Armee, die im VI. und XXI. Korps nur 15 000
Feuergewehre zählte, ein großer Angriff bevorstehe, ließen
Ende Oktober jeden Angriffsgedanken schwinden. Seit 22. löste das
russische XXXVI. Korps mit neun frisch aufgefüllten Infanterieregimentern
die Rumänen vor dem XXI. Korps ab. Es hatte den Anschein, als ob die vor
dem VI. Korps sich wesentlich verstärkende rumänische Nordarmee
gleichfalls zum Angriff rüste. Hier glaubte man sich der
größten Gefahren versehen zu müssen, weshalb das
Heeresgruppenkommando die Verschiebung der bayrischen 10. Infanteriedivision,
dann der 3. und 10. Kavalleriedivision der 7. Armee hinter die 1. Armee, erstere
in die Csik, letztere als Kavalleriekorps Feldmarschalleutnant
v. Brudermann in die Gyergyo verfügte. Die 6. Kavalleriedivision,
Generalmajor v. Schwer, kam dafür von der 3. zur 7. Armee.
Feldmarschalleutnant v. Habermann benutzte das Eintreffen der letzteren und die
augenblickliche Verfügbarkeit der bei ihm eingeteilten zwei Bataillone der
bayrischen 10. Infanteriedivision, um dem Feinde am 26. und 27. Oktober noch
einen Stützpunkt östlich Saru Dornei zu entreißen und in
dessen Stellung östlich Dornawatra einzubrechen.
Der erwartete rumänische Angriff gegen das VI. Korps, wegen dessen die
61. Infanteriedivision Ende Oktober in die günstigere Stellung bei Sulta
und auf die Grenzhöhen bis zum Tarhavas zurückgenommen worden
war, blieb, vermutlich wegen Munitionsmangels, aus. Das Korps sollte sich nun
samt der Ojtoz-Gruppe, die dem 1. Armeekommando unterstellt wurde,
bereithalten, nach Gelingen des geplanten neuerlichen Vorstoßes der
verstärkten Szurduk-Gruppe und nach Einreihung der XXIV.
Marschbataillone wieder in die Moldau vorzustoßen.
[275] Dagegen traten die
Russen nach heftiger Artillerievorbereitung am 3. November zum Angriff gegen
das XXI. Korps an. Vom 4. - 7. waren schwere Tage für die
Verteidiger, knapp 6000 Feuergewehre gegen 25 000 der Russen, denen am
Nordflügel bald auch das III. Kavalleriekorps und am
Südflügel Rumänen zu Hilfe kamen. Bei Bekas, Putna, Hollo
und Belbor wurde die Front während dieser Abwehrschlacht im
Gyergyogebirge mehrere Kilometer zurückgedrückt; die zur
Unterstützung eingesetzten 1000 Schützen der 3. Kavalleriedivision
waren wie Tropfen auf einen heißen Stein. Die Lage sah so bedrohlich aus,
daß das Gros der bayrischen 8.
Reserve-Infanteriedivision von der Ojtoz-Gruppe am 7. auf die Bahn gesetzt und
nach Olah-Toplica verschoben wurde. Mittlerweile war aber die bayrische 10.
Infanteriedivision aus der Csik beim XXI. Korps eingetroffen.
Feldmarschalleutnant Freiherr v. Lütgendorf ließ sich
keineswegs verleiten, diese Kraft zur Stützung der überall
wankenden Front zu zersplittern, sondern setzte sie am 8. samt Teilen der 3.
Kavalleriedivision einheitlich zum Gegenstoß über Putna gegen
Tölgyes an. Die russische 68. Infanteriedivision wurde in drei Gruppen
zersprengt, gleichzeitig säuberten die vom XI. Korps anrückenden
beiden bayrischen Bataillone Belbor vom Feinde. Am 12. griff die bayrische 8.
Reserve-Infanteriedivision beim Nordflügel ein, erstritt mit der 74. Brigade
die Höhe nördlich Hollo und warf in den folgenden Tagen die
Russen von den nördlichen Begleithöhen der oberen Bistriciaora
herab. Die Mitte des XXI. Korps, die Durchbruchsgruppe, nahm dem Feinde die
Höhen zwischen Putna und Bekas ab, vermochte ihn aber von der letzten,
1504 südöstlich Tölgyes, nicht zu vertreiben.
Munitions- und Verpflegsmangel, plötzlich eingetretene große
Kälte und starke Schneefälle zwangen zur Einstellung des Angriffes.
Die Russen setzten den Kampf um die verlorenen Höhen bis 18. fort, ohne
jedoch wesentliche Erfolge erzielen und das Beziehen der ausgewählten
Dauerstellung hindern zu können. Die bayrische 8.
Reserve-Infanteriedivision wurde wieder als Heeresreserve frei gemacht. General
der Infanterie Litzmann übernahm den Befehl über das
verstärkte XXI. Korps.
Im Zusammenhange mit den die erste Novemberwoche füllenden
rumänischen Angriffen gegen die deutsche 89. Infanteriedivision
beiderseits des Bodzapasses erfolgten auch gegen die nördlich
anschließenden Postierungen der 1. Kavalleriedivision,
Feldmarschalleutnant v. Ruiz, Angriffe, die jedoch abgewiesen wurden.
Gegen die mit Bayern verstärkte 71. Infanteriedivision, Generalmajor
Goldbach, rannten die Rumänen vom 11. - 16. November an,
wobei sie die Höhe südöstlich Sosmezö
(Runcul mr.) gewannen, doch wieder verloren. Im übrigen verhielt
sich die rumänische Nordarmee während des großen
Abwehrkampfes im Gyergyo-Gebirge unbegreiflich untätig.
Indessen begann am 10. November die große Offensive der
Szurduk-Gruppe, die den Sieg am 14. in der Schlacht am Szurduk, am 16. und 17.
in jener bei Targu-Jiu erfocht, am 21. in Craiova einzog. Oberst Szivo, mit
[276] der von der 7. Armee
herangerollten deutschen 2. Radfahrerbrigade verstärkt, war am 10.
gleichfalls zum Angriff übergegangen, hatte bis 13. das westliche Cernaufer
vom Feinde gesäubert, der jedoch seine gut ausgebauten Stellungen auf
dem Ostufer mit um so größerer Zähigkeit hielt. Am 22. wurde
endlich der Fluß überschritten, doch behinderte Hochwasser die
Operation. Zu ihrem Verderben hielten die Rumänen die Hauptstellung mit
ungebrochenem Mute, bis ihnen abends die Kunde ward, daß ein von den
Szurduk-Siegern abgezweigtes Detachement in ihren Rücken marschiere
und bereits Turnu-Severin erreicht habe. Nun zogen sie schleunigst ab, warfen
sich auf das Detachement, das trotz unterstützenden Feuers bulgarischer
Artillerie vom Südufer der Donau in arge Bedrängnis geriet, bis
endlich die bei Verciorova von der rumänischen Nachhut aufgehaltenen
Radfahrer am 24. zum Entsatz eintrafen. Die 145. Brigade, im Topolnicatale
verfolgend, stieß am selben Abend nordwestlich
Turnu-Severin auf Abteilungen, die den Abmarsch der Rumänen in
südöstlicher Richtung deckten. Ihnen auf den Fersen bleibend,
brachte Oberst Szivo am 6. Dezember mittags die Reste dieser zehn Bataillone,
eine Eskadron, 10 Batterien zählenden Gruppe, 8000 Mann samt 26
Geschützen, an der unteren Alt zur Waffenstreckung, als ihr am Ostufer des
Flusses festgesetzte deutsche Etappentruppen den weiteren Rückzug
abschnitten.
Inzwischen hatte die unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls v.
Mackensen neu formierte deutsch-bulgarisch-türkische Donauarmee
General der Infanterie Kosch am 23. unter hervorragender Mitwirkung der
Donauflottille und der k. u. k. Pioniergruppe Generalmajor Gaugl
bei Sistov den Stromübergang eingeleitet und am 25. nach vollzogenem
Brückenschlag den Vormarsch gegen Bukarest angetreten. Am gleichen
Tage beendete Generalleutnant v. Krafft die langwierigen Kämpfe
südlich des Rotenturm-Durchbruches siegreich und schloß sich dem
Vormarsch der Szurdukgruppe an, die auf dem Zuge gegen die rumänische
Hauptstadt am 27. das Hindernis des Alt überschritt.
9. Die große Entlastungsschlacht in den
Karpathen.
Die Katastrophe, die über die Rumänen hereinbrach, spornte
Rußland zur äußersten Anstrengung an. Fortwährend
wurden Truppen nach Süden verschoben. Letschitzkis 9. Armee dehnte sich
bis 26. November, die Rumänen ablösend, vor die Front des VI.
Korps aus, Kaledin vereinigte vor dem Nordflügel der 7. Armee im
Abschnitt Pantyrpaß - Capul 9 Infanteriedivisionen und 3
Kavalleriedivisionen; Zug auf Zug mit Truppen rollte nach Rumänien zur
direkten Verstärkung des bedrängten Bundesgenossen. In den letzten
Novembertagen waren die russische 8. und 9. Armee schlagbereit, die Truppen
frisch aufgefüllt, Munition aller Art in ausreichendem Maße
vorhanden. Gleichzeitig eröffnete das vereinzelte Vorgehen Mackensens
unverhoffte Möglichkeiten eines völligen Umschwunges in der
Walachei. Die Rumänen sollten [277] eine starke
Stoßgruppe westlich Bukarest versammeln, die 1. Armee dem Vordringen
Falkenhayns den äußersten Widerstand entgegensetzen, die
Nordarmee Generalleutnant Averescu dessen Ostflügel und die
Ojtoz-Gruppe bestürmen, gleichzeitig die Masse der beiden russischen
Karpathenarmeen einen mächtigen Angriff vom Uztal bis zum
Pantyrpaß führen. Auch die Salonikiarmee und die
russisch-rumänische Donauarmee in der Dobrudscha wurden zum
Vorstoß befehligt. Während die Verbündeten derart an der
ganzen Front in Bedrängnis gerieten, sollte die Bukarester Gruppe die
Donauarmee in der Nordflanke anfallen und in den Strom werfen.
Siegesgewiß erhoffte sich die Entente von diesem Plane ein ähnliches
Wunder, wie einst jenes an der Marne. Die verbündeten Heeresleitungen,
seit 13. September der Obersten Kriegsleitung des deutschen Kaisers unterstellt,
hatten bisher alles, was sie an anderen Fronten frei machen konnten, der 9. Armee
zugeführt. Mitte November war auch die k. u. k. 24.
Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Urbarz, von der Front Oberost angerollt,
um die 187. Infanteriedivision im Abschnitt des Schanzpasses abzulösen.
Diese sehr der Auffrischung bedürftige Division und die bayrische 8.
Reserve-Infanteriedivision bildeten die einzigen Heeresgruppenreserven in
Siebenbürgen. Die 7. Armee, der eine harte Prüfung bevorstand, war
durch Abgabe namhafter Kräfte bedeutend geschwächt, so daß
die bei ihr typisch gewordene Leere der Stellungen noch verschärft zum
Ausdruck kam.
Generaloberst Erzherzog Josef, der nach der Thronbesteigung des Kaisers Karl
das Heeresgruppenkommando übernommen hatte, erwartete nach allen
Anzeichen einen Angriff gegen das VI. Korps oder die nunmehr vom General der
Infanterie v. Gerok befehligte Ojtoz-Gruppe. Am 25. November begannen
jedoch vor der ganzen Front der 7. Armee zahlreiche russische Batterien ein
Bombardement, das sich in den Abschnitten
Jacobeny - Kirlibaba und Ludowa zu besonderer Heftigkeit steigerte.
Am 26. setzten hier und in der rechten Flanke des XI. Korps östlich
Dragoiessa schwächere Angriffe ein. Am 27. wurden die Russen vor dem
ganzen Ostflügel der 7. Armee, XI. und I. Korps, ungemein lebhaft,
gleichzeitig begannen die russischen Batterien gegenüber den Stellungen
des VI. Korps an der Gyimesstraße und im Uztal zu spielen. Hier gingen
auch Teile der russischen 4. Schützendivision zur Erkundung der
Angriffswege vor.
Am 28. wurde die Schlacht vom Uztale bis zum Jablonica-Paß in voller
Wucht eröffnet. Mit großen Massen und in unermüdlicher
Ausdauer stürmten die Russen im Uz- und Trotustal gegen das VI. Korps
heran und drangen nördlich Sulta in die Stellung der 39.
Honved-Infanteriedivision, Generalmajor Molnar. Die bayrische 8.
Reserve-Infanteriedivision mußte herangezogen und teilweise eingesetzt
werden. Im Bereiche des XI. Korps hatten es die Russen Letschitzkis besonders
auf den Raum westlich der Straße
Valeputna - Jakobeny und den benachbarten Eisenbahntunnel, die
berühmte Stellung Mestecanesti, [278] abgesehen. Sie nahmen
der Gruppe Oberstleutnant Papp zwei Stützpunkte ab. Auch im
weitgestreckten Abschnitt des Karpathenkorps erfolgten drei
Einbrüche.
[288a]
Stellung am Mestecanesti-Paß.
|
Daß ein gewaltiger Waffengang im Zuge sei, war angesichts der Fortsetzung
der heftigen Angriffe am 29. nicht zu zweifeln. Das VI. Korps,
Feldmarschalleutnant v. Fabini, nunmehr auf den Abschnitt Uz und
Csobanyos beschränkt, verlor eine Höhe nordwestlich des
N. Sandor, Generalleutnant v. Stein, den
Trotus-Abschnitt befehligend, besserte den Mißerfolg des Vortages wohl
aus, büßte aber eine Kuppe südlich des Hoszuhavas ein und
hatte südlich Sulta schwer zu ringen. Bei der 7. Armee standen nahezu alle
Frontteile im schärfsten Kampfe. Letschitzki setzte das
Äußerste daran, zur Straße
Jacobeny - Kirlibaba im Tale der goldenen Bistritz
durchzustoßen. Seine turkestanische 3. Infanteriedivision stürmte
gegen den Bruchpunkt der Front des XI. Korps, Feldmarschalleutnant
v. Habermann, nordöstlich Jacobeny an, sechs Regimenter der 65.
und 78. Reserve-Infanteriedivision mühten sich um die
Mestecanesti-Stellung. Papps Gendarmerie und Landstürmler,
Generalmajor Freiherr v. Schnehens abgesessene Reiter der 8.
Kavalleriedivision opferten sich auf, um Einbrüche abzugrenzen und
einzudämmen, insgesamt 10 000 Streiter, denen allgemach 3900 als
Verstärkung zuflossen, gegen 30 000 Russen. Feldzeugmeister
v. Scheuchenstuels I. Korps (11.
Honved-Kavalleriedivision, Feldmarschalleutnant v. Apor, 59.
Infanteriedivision, Generalmajor Kroupa, und 40.
Honved-Infanteriedivision Generalmajor Nagy) raufte heiß um die
Höhen nordwestlich des Botosu (Dedulrücken) und nördlich
Kirlibaba (Tatarca) mit der russischen 37. Infanteriedivision und 64.
Reserve-Infanteriedivision. Kaledin führte mit der 43. Infanteriedivision
und 84. Reserve-Infanteriedivision einen engmassierten Stoß vom Tomnatic
zwischen dem Ursprung des Cibo und dem Weißen Czeremosz gegen die
deutsche 1. Infanteriedivision, die Schreiber und Professionisten einsetzen
mußte, um die von ihrem rechten Flügel besetzte Höhe
(Gura rucada) zu behaupten. Generalleutnant v. Contas
Karpathendivision sah sich im Ludowagebiet von der 79. und 82.
Reserve-Infanteriedivision bedrängt. Generalleutnant Freiherr
v. Richthofens XXV. Reservekorps (deutsche 117. Infanteriedivision, 34.
Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Rudolf Kraus, halbe 30.
Infanteriedivision, Generalmajor Jesser) hatten von Ost und Nord Angriffe der 32.
Infanteriedivision gegen das Südostende des Czernahorarückens
(Smotru), der 11. Infanteriedivision gegen den Rücken südlich des
Kukul und der 12. Infanteriedivision gegen die Höhen westlich des
Jablonica-Passes abzuwehren. Der 11. Infanteriedivision gelang der Einbruch,
wobei das Infanterieregiment Nr. 33 schwer mitgenommen wurde.
Offenbar nur demonstrativ gingen die mit Infanterie verstärkten Reiter der
6. Donkosaken- und 7. Kavalleriedivision gegen den Pantyrpaß vor, den
Generalmajor Sallagar mit der Jägerbrigade der 30. Infanteriedivision und
Teilen der eben in der Verschiebung an den Ost- [279] flügel des XI.
Korps begriffenen 12. Infanteriedivision. Feldmarschalleutnant v. Hinke,
verteidigte.
Das Heeresgruppen-Kommando ordnete die Abgabe der 10. Kavalleriedivision,
Generalmajor v. Bauer, von der nur durch Scheinangriffe belästigten
Gruppe General der Infanterie Litzmann beim
Bekas- und Tölgyes-Durchbruch an die 7. Armee an. Die deutsche Oberste
Heeresleitung hatte die 49. Reserve-Infanteriedivision von der Südarmee
nach Siebenbürgen bestimmt. Sie war durch die 218. Infanteriedivision der
4. Armee zu ersetzen. Die steigende Not der 7. Armee zwang später dazu,
die nach Süden rollende 49. Reserve-Infanteriedivision an diese Front zu
lenken. Zur selben Zeit mußte die letzte Reserve in Siebenbürgen, die
deutsche 187. Infanteriedivision, bei der 39.
Honved-Infanteriedivision eingesetzt werden, die sich nur mit
äußerster Anstrengung auf den Höhen zwischen Sulta und dem
Csobanyos zu behaupten vermochte.
Bis 3. Dezember hielten die russischen Anstürme mit unverminderter
Wucht und Hartnäckigkeit an. Die Verteidiger erlitten schwere Verluste,
die allerdings weit hinter den Massenopfern der Angreifer zurückblieben,
verloren an den Brennpunkten des Kampfes wohl auch Stützpunkte und
Raum, wußten jedoch den entscheidenden Durchbruch jedesmal zu
vereiteln. Die Aufopferungsfähigkeit und das Geschick jedes einzelnen
Streiters, die vorzügliche Unterstützung durch die Artillerie glichen
die Minderzahl gegen das Aufgebot der rohen Masse aus. Als am 4. Dezember ein
Nachlassen der vollen Wucht des Angriffes merkbar wurde, machte sich die
Kampfüberlegenheit der Verbündeten alsbald in
Gegenstößen geltend, die trotz immer wieder aufflammender
russischer Anstürme zahlreiche verlorene Posten
zurückeroberten.
Merkwürdig wenig beteiligte sich die rumänische Nordarmee im
Ojtozgebiet. Wohl trat auch sie am 29. November gegen den linken Flügel
der 9. Armee und den Südflügel der Gruppe General der Infanterie
v. Gerok zum Angriff an, drängte auch Teile der 1.
Kavalleriedivision, Feldmarschalleutnant v. Ruiz, zurück, ließ
sich aber die gewonnenen Höhen zum größten Teile schon am
30. von den mit einigen deutschen Bataillonen verstärkten abgesessenen
Reitern wieder abnehmen. Da am selben Tage ein groß angelegter Angriff
beiderseits des Ojtoz-Tales an der Tapferkeit der 71. Infanteriedivision,
Generalmajor Goldbach, zerschellte, verloren die Rumänen rasch ihre
Unternehmungslust und ließen sich am 1. Dezember auch die letzte ihrer
jüngsten Eroberungen entreißen. Bei Sosmezö rückten
sie wohl am 1. und 3. zum Angriff vor, stellten jedoch die Abwehr der 71.
Infanteriedivision nicht mehr auf eine so harte Probe.
Die große Entlastungsschlacht in den Karpathen war gescheitert. Zur selben
Zeit vereitelte Generalfeldmarschall v. Mackensen in der Schlacht am
Argesch die hochfliegenden Pläne der Feinde. Der zähe Widerstand
der Donau- [280] armee, das rasche
Vordringen des Südflügels der 9. Armee und deren an der
Dambovica siegreich vorstürmenden Stoßgruppe des I. Reservekorps,
dabei die sich bei Deckung der Ostflanke auszeichnende 8. Gebirgsbrigade,
Oberst Rath, brachten am 3. Dezember den vollen Erfolg, dessen nächster
Preis der Einmarsch in Bukarest war. Am 7. traten die Rumänen auch vor
dem Ostflügel der 9. Armee und der 1. Kavalleriedivision den
Rückzug an. Letztere trieb Aufklärungsabteilungen vor, die am 8. im
Baczka- und Bisca-mica-Tale die Verbindung mit der 9. Armee herstellten und
allgemach bis an den obersten Slanic vordrangen, wo sie am 19. und 20. Gefechte
um den Ort Lopatari mit Tscherkessen zu bestehen hatten.
Letschitzki fühlte sich angesichts dieser schlimmen Wendung zu den
größten Anstrengungen verpflichtet, um dem Südflügel
sein schweres Geschick zu erleichtern. Bis knapp vor Weihnachten rannten seine
Truppen Tag für Tag gegen die Stellungen im Gebiet des Trotus an.
Wildbewegte Kämpfe zehrten an der Kraft der erbitterten Streiter,
Stellungsteile gingen verloren, wurden wieder erobert, und dies alles unter den
Unbilden des immer heftiger einsetzenden Gebirgswinters. Was an
Verstärkungen aufzubringen war, wurde in dieses Frontstück
geworfen: Das Freiwilligenbataillon des Prinzen Windischgrätz,
Tigerbrigade genannt, dann die aus der Front der 9. Armee gezogene 24.
Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Urbarz, schließlich die deutsche
225. Infanteriedivision von der 2. Armee, welche die abgekämpfte 187.
ablöste.
Der Gruppe Litzmann setzte Letschitzki gleichfalls zu, wenn auch nur mit
kleineren Angriffen. Dagegen erneuerte er mit besonderer Kraft die
Anstürme gegen das XI. und I. Korps der 7. Armee. Der 8. Dezember
gestaltete sich hier zu einem sehr heißen Kampftage, erschöpfte die
Angreifer aber derart, daß sie ihre Anstrengungen in den folgenden Tagen
auf die Mestecanesti-Stellung beschränkten, wo die größten
Anforderungen an die durch Verluste geschwächten und nur dürftig
verstärkten Verteidiger herantraten. Am 10. ging der so lange behauptete
Ostausgang des Tunnels verloren, doch am 12. endeten mit einem
mißglückten nächtlichen russischen Massenangriff ohne
Artillerievorbereitung die Kämpfe um den Mestecanesti. Nach kurzer
Unterbrechung flammte die Schlacht im Ringen um den Tunnel und die
östlich anschließende Stellung wieder auf und gipfelte in einem am
19., am Nikolaustage, zu Ehren des Zaren eingeleiteten großen Angriff, der
sich in zahlreichen Wiederholungen bis über den folgenden Tag
erstreckte.
Kaledin, dessen Front in höheren Lagen des Gebirges focht, sah seinen
Tatendrang bald durch die Ungunst der Witterung eingedämmt. Seine
geringen Anfangserfolge waren ihm sehr rasch wieder wettgemacht worden; den
Einzelvorstößen, zu denen er sich bis 11. Dezember in immer
größeren Zwischenräumen aufraffte, waren Abweisungen
beschieden. Hoher Schnee und wachsende Kälte schafften dann Ruhe.
Generaloberst v. Köveß durfte Mitte Dezember [281] trotz noch gespannter
Lage beim XI. Korps einen vollen Sieg in der Abwehrschlacht verzeichnen, in der
die 7. Armee ihre Front, von kleinen Einbußen an Raum abgesehen,
unerschütterlich gehalten hatte. Er konnte die deutsche 49.
Reserve-Infanteriedivision am 15. Dezember nach Siebenbürgen abrollen
lassen.
10. Vorstoß in die
Moldau.
Mittlerweile langte der Siegeszug der Heeresgruppe Generalfeldmarschall v.
Mackensen in der östlichen Walachei auf einem toten Punkte an. Die mit
russischen Truppen verstärkten Rumänen leisteten
hartnäckigsten Widerstand, um ihren noch im Gebirge steckenden
Heereskörpern den Rückzug zu ermöglichen. Unter dem
Befehl des Generalleutnants v. Krafft machten die 144. Brigade, die 2. und
10. Gebirgsbrigade die Verfolgungskämpfe bei Pitesci mit, dann verschob
sich Generalleutnant v. Krafft mit seinem Alpenkorps und der 2.
Gebirgsbrigade nördlich in die Berge, vereinigte sich mit der 8. und
beteiligte sich an der Gefangennahme der rumänischen 4.
Infanteriedivision, die sich viel zu lange in den Kampf um Sinaia mit der 51.
Honved-Infanteriedivision verbissen hatte. Die Gruppe Krafft fand am 9.
Gelegenheit zu neuer Auszeichnung, indem sie während der Kämpfe
des Gros bei Ploesci den Widerstand des Feindes in den Stellungen bei
Apostolachele brach und dadurch den Sieg der Hauptkraft bei Mizil am 12.
wirksam vorbereitete. Nach diesem Waffengang, welcher der rumänischen
Gruppe im Gebiet des Bodzapasses den Abmarsch ermöglichte, wichen
Rumänen und Russen wohl nahezu widerstandslos hinter den Buzeu
zurück, doch setzten das eingetretene Regenwetter und die Grundlosigkeit
der Kommunikationen der Verfolgung die größten Schwierigkeiten
entgegen. Noch gelang es Mitte Dezember, die feindlichen Nachhuten vom
Abschnitt des Buzeu zu vertreiben, wobei namentlich das rasche Vordringen der
indessen auch mit der 10. Gebirgsbrigade verstärkten Gruppe Krafft am
Nordflügel sehr beschleunigend wirkte. Doch bereiteten nun Witterung und
Wegezustand dem Fortkommen der schweren Artillerie und des Nachschubes in
der Ebene derartige Hemmnisse, daß 9. wie Donauarmee vor den
wohlvorbereiteten und stark besetzten Stellungen im Abschnitt
Rimnicul-Sarat bis unterer Calmatuiul eine Operationspause einschalten
mußten.
Man durfte auf ein hartes Ringen rechnen, da die Russen Verstärkung auf
Verstärkung heranrollen ließen und allgemach eine ganze Armee, die
4. unter General Ragoza, zur Sperrung des Weges in die Moldau aufboten,
während Sacharows 6. Armee Braila gegen die Donauarmee und die
bulgarische 3. Armee in der Dobrudscha deckte. Die oberste Kriegsleitung wies
daher letztere und die Heeresgruppe Generaloberst Erzherzog Josef an,
Mackensens schwere Aufgabe durch Vorstoß gegen die Flanken des
Feindes zu unterstützen.
Die bulgarische 3. Armee begann am 17. ihre Offensive, die bis anfangs Januar
1917 die völlige Räumung der Dobrudscha erzielte. Erzherzog Josefs
[282] Entschluß, am
18. mit der Gruppe General der Infanterie v. Gerok und dem
Südflügel der 1. Armee gegen Ocna vorzustoßen, wurde durch
Letschitzkis unablässige Offensive durchkreuzt. Erst am 22., knapp vor
Beginn der Schlacht bei Rimnicul-Sarat, konnte Geroks Südflügel, 1.
Kavalleriedivision und die von der Südarmee herangezogene deutsche 218.
Infanteriedivision unter Feldmarschalleutnant v. Ruiz, den Vorstoß
durch Vorgehen beiderseits der Putna, Naruja und Zavala einleiten. Schwachen
Widerstand des Feindes brechend, doch mit großen
Geländeschwierigkeiten in dieser noch im Urzustand befindlichen
Gebirgsgegend kämpfend, drang die Gruppe bis 25. kaum 20 km in
Feindesland ein und stand nun, namentlich im Putnatal, vor gut befestigten
Stellungen der inzwischen wesentlich, auch mit der russischen 12.
Kavalleriedivision, verstärkten Rumänen.
Erzherzog Josef ließ am 26. den Nordflügel Geroks, 71. und deutsche
187. Infanteriedivision unter Generalleutnant v. Staabs (XXXIX.
Reservekorps), beiderseits Sosmezö zum Angriff vorgehen, doch gedieh die
Offensive nicht über die Eroberung einiger Grenzstellungen. Die
Fortsetzung wurde auf den 31. verschoben, an welchem Tage der Erzherzog auch
das VI. Korps, das erst mit Gebirgsausrüstung versehen werden
mußte und an Nachschubschwierigkeiten litt, schlagbereit zu haben hoffte.
Die Gruppe General der Infanterie Litzmann sollte durch Scheinangriffe das
Vorgehen unterstützen, was am 30. und 31. zu einer ziemlich heftigen
Artillerieschlacht im Gyergyogebirge führte.
Feldmarschalleutnant v. Ruiz erkämpfte inzwischen trotz
Nachschubschwierigkeiten und Nebel, der die Artilleriewirkung behinderte, gegen
die Gegenangriffe russisch-rumänischer Truppen in die rechte Flanke durch
den zähen Widerstand seiner südlichen Kolonne gedeckt, den
Eingang in den südlichen Teil des Beckens von Soveja und schwenkte, sich
gegen den bei diesem Ort versammelten Feind sichernd, am 29. gegen
Südosten, um die 9. Armee zu unterstützen. Diese hatte indessen am
27. die Weihnachtsschlacht bei Rimnicul-Sarat im Verein mit der
Donau- und Dobrudscha-Armee siegreich beendet, wobei die drei
Gebirgsbrigaden am Nordflügel wieder Gelegenheit zur Auszeichnung
fanden. Die 51. Honved-Infanteriedivision nahm nicht mehr daran teil. Sie rollte
zur 7. Armee, um die 73. Honvedbrigade, Oberst Hodula, für die
Vereinigung mit dem Gros der 37.
Honved-Infanteriedivision bei der Gruppe Litzmann frei zu machen. Unter
Verfolgungskämpfen näherten sich beide Armeen der neuen
Verteidigungslinie des Feindes an der Putna und am unteren Sereth mit dem
Brückenkopf von Foksani.
Am Jahresschluß war Feldmarschalleutnant v. Ruiz im Besitz von Nereju,
stand dicht vor Naruja, der Nordflügel kämpfte bei Soveja,
anschließend bis zum Casinutale sicherte die 6. Kavalleriebrigade, in
diesem Tale erstürmte am Silvesterabend das Szekler Regiment
Nr. 82 drei stark verdrahtete Stellungen hintereinander. Litten die Truppen
bisher schon unter den Unbilden des Winters, [283] so stellten sich jetzt
heftige Schneestürme ein. Der Angriff der Gruppe Staabs mußte auf
den 1. Januar verschoben, jener des VI. Korps eingestellt werden. Mit
Jahresbeginn wandte sich die Gruppe Ruiz im Einklang mit dem Alpenkorps
gegen Nordosten; die Gruppe Staabs ging beiderseits des Ojtoztales zum Angriff
vor. Im stark zerrissenen und bewaldeten Gelände, auf vollkommen
verschneiten Wegen, die das Mitführen der Artillerie bald gänzlich
ausschlossen, gestalteten sich die Kämpfe mit dem zähen Feinde,
Russen und die eben in der Ablösung begriffene, sofort auf das Kampffeld
zurückkehrende rumänische 15.
Reserve-Infanteriedivision, ungemein schwierig. Die Truppen litten in der
Kälte, bei dürftiger Verpflegung und ohne schützendes Dach
zur Nachtruhe unsäglich. Trotzdem drang die Gruppe Ruiz unter
zahlreichen Kämpfen bis in die Gegend von Racosa an der Susita vor,
erstritt die mit der deutschen 49. Reserve-Infanteriedivision verstärkte
Gruppe Staabs einen beträchtlichen Teil des Casinutales und den Raum um
Harja. Russisch-rumänische Gegenstöße versuchten bis in die
Mitte Januar, die gewonnene Linie zu durchbrechen, doch erzielten sie keinen
Erfolg. Die Einnahme von Braila, der Sieg Mackensens in der Schlacht an der
Putna und der Gewinn des unteren Sereth und der Putna bis 9. Januar machten
dem Feldzug ein Ende. Die ganze Front baute eine Dauerstellung aus, um endlich
die wohlverdiente Ruhe zu finden.
Letschitzki hatte die Niederlage bei Rimnicul-Sarat am 3. Januar wieder mit
einem großen Angriff gegen die Stellungen des XI. Korps beiderseits der
Bahn und Straße nach Jakobeny quittiert. Der Erfolg war gering. Besser
gelang es den Russen in neuerlichen Stürmen vom 27. bis 31. Januar, die
vier wichtige Stützpunkte dieser Front und den ganzen Tunnel in ihre
Hände brachten. Ihrer Wiedereroberung galten die von
Feldmarschalleutnant v. Habermann eingeleiteten Unternehmungen am 12.
und 13. Februar, dann vom 17. Februar bis 1. März, die dem Feinde einen
ansehnlichen Teil seiner in den langwährenden Kämpfen erzielten
Eroberungen entrissen.
Am 13. März tönte wilder Lärm aus den russischen
Gräben herüber. Man glaubte, daß wieder ein Kampf
bevorstehe. Doch war es der Jubel über den Ausbruch der Revolution, eine
Folge der Friedenssehnsucht, die so ziemlich das ganze russische Volk vom Zaren
bis zum letzten Muschik unter dem Eindruck der unerhörten
Menschenopfer Brussilows im Sommerfeldzug von Luck und in den durch den
Beitritt Rumäniens ausgelösten Entlastungskämpfen ergriffen
hatte. Die da jubelten, ahnten nicht, daß das zum Greifen nahe Ziel durch
die Absetzung des Zaren in unerreichbare Ferne hinausgeschoben wurde, ein
Beweis überlegener Staatskunst der Entente, die den großen
militärischen Erfolgen der Mittelmächte immer wieder den Wind aus
den dem Friedenshafen zusteuernden Segeln zu nehmen verstand.
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