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Bd. 5: Der österreichisch-ungarische Krieg

  Kapitel 13: Die Kämpfe im Osten 1916   (Forts.)
Feldmarschalleutnant Max Hoen, Direktor des Wiener Kriegsarchivs

8. Kämpfe im Siebenbürger Grenzgebirge.

Mittlerweile schien die Kriegslage auf dem rumänischen Kriegsschauplatz um so mehr ins Gleichgewicht zu kommen, als der Winter vor der Türe stand und den im Gebirge steckenden Verbündeten kaum mehr größere Angriffshandlungen zugemutet werden konnten. Vor der 1. Armee General der Infanterie v. Arz hatte Presans Nordarmee am 6. Oktober den Rückzug angetreten. Große Hoffnungen bestanden, die ganze Ostfront von Dornawatra südwärts weit in die rumänische Moldau vorzutragen. Deshalb wurde auch das XI. Korps dem General der Infanterie v. Arz unterstellt, der hinwiederum bestrebt war, im Sinne des Zusammenarbeitens mit der 9. Armee das Gewicht, das bisher auf dem Nordflügel lag, auf den Südflügel zu verlegen. Ganz gewaltige Marschleistungen mußten aus diesem Grunde und um den weichenden Rumänen dicht auf den Fersen zu bleiben, von den Truppen, meist alten Landstürmlern, verlangt werden. Die 61. Infanteriedivision und die 39. Honved-Infanteriedivision schoben sich im Raume um Szekely-Udvarhely zusammen, um als [270] neues VI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Fabini, in die Csik und dann gegen deren Ausfallspforten, Gyimes-Durchbruch und Uztal, vorzurücken. Die vorausgehenden Landsturmhusaren und die gegen die Südflanke der Nordarmee vorstoßende Reiterei des Generalleutnants Graf Schmettow beschleunigten den Rückzug der ohnedies auf rasches Fortkommen bedachten rumänischen 7. Infanteriedivision. Nur die Paßstellung zwischen Szt.-Egyhazas-Olahfalu und Csik-Szereda wollte die rumänische Nachhut länger festhalten, wurde aber am 9. von den Landsturmhusaren, Oberst Csecsi und der 1. Kavalleriedivision, Generalmajor v. Ruiz, geworfen. Am 10. rückte der Anfang der Infanteriekolonne des VI. Korps in die Csik ein. Die 1. Kavalleriedivision wandte sich gegen das Uztal und trieb die Rumänen in Verfolgungskämpfen bis 14. Oktober über die Grenze. Nun erwartete sie das Herankommen der 39. Honved-Infanteriedivision, um dann nach Süden abzurücken und die Sicherung auf den Grenzkämmen südlich des Ojtozpasses zu übernehmen. Die 61. Infanteriedivision, Generalmajor Grallert, hatte am 11. und 12. zu kämpfen, um sich bei Szepviz den Eintritt der Gyimes-Straße in das Gebirge zu erzwingen und erreichte unter Gefechten am 14. die Grenze.

Schwerer hatten es die 72. Infanteriedivision, Oberst Barwik, und die halbe 37. Honved-Infanteriedivision (74. Brigade, Oberst Pogany) vorläufig unter Generalmajor Haber, vom 19. an XXI. Korps, Feldmarschalleutnant Freiherr v. Lütgendorf. Mit nicht ganz 7000 Feuergewehren sollte diese Gruppe der Hauptkraft der rumänischen Nordarmee in das Gyergyobecken und dann in das Bekas- und das Tölgyes-Defilee sowie über Belbor nachdrängen. Die 72. Infanteriedivision hatte am 8. mit ihrer Hauptkolonne das am Vortag von der 16. Gebirgsbrigade, Oberst Bernatsky, durch einen Vorstoß über Szovata eingeleitete Gefecht bei Parajd mit der Nachhut der rumänischen 8. Infanteriedivision auszukämpfen; ihre Nebenkolonne im Görgenytal raufte bei Fancsal mit der rumänischen 37. Brigade, die sich am 9. bei Laposnya abermals zum Kampfe stellte. Der Abstieg in das Gyergyo-Becken mußte am 10. in einem harten Gefecht erkämpft werden. Die 74. Brigade kam im Marostale äußerst langsam vorwärts. Alle Brücken waren zerstört, eine starke Nachhut der rumänischen 14. Infanteriedivision hielt am 6. östlich Palota und vom 9. - 11. in der stark befestigten Stellung bei Göde stand, bis sich die Umfassungskolonnen in dem schwierigen Gebirgsgelände vorgearbeitet hatten. Nun begannen die Rumänen auch ihre Stellungen im Kelemengebirge zu räumen. Am 12. stellte sich die 72. Infanteriedivision zum Vormarsch gegen das Bekastal und auf der über Putna nach Tölgyes führenden Straße bereit, die 74. Brigade bei Borszek gegen das Tölgyes-Defilee und Belbor. Wohl wurden am 13. Bekas, Putna, Hollo und Belbor erreicht, doch stimmten alle Meldungen darin überein, daß General Presan, ermutigt durch den Anmarsch russischer Truppen, starke Kräfte zur Abwehr weiteren Vordringens aufgestellt habe. Die nächsten Tage ver- [271] gingen mit Kämpfen, in denen sich das XXI. Korps bald zur Rolle des Verteidigers verurteilt sah. Feldmarschalleutnant v. Habermann benutzte die Räumung des Negratales vor der Dreiländerecke, um mit dem Südflügel des XI. Korps bis in die Linie Glodu - Saru Dornei vorzugehen, begegnete jedoch wütenden Gegenangriffen eiligst herbeigeeilter Russen, die weiterem Vordringen enge Grenzen steckten.

General der Infanterie v. Arz, der nach Eintreffen von Russen vor seiner Front auf einen großen Angriff rechnete, dem seine geringe Streiterzahl in dem breiten, eigentlich nur durch schüttere Postierungen gesperrten Raume schwer gewachsen war, wollte sich für die Verteidigung vorbereiten und die Herstellung der vielfach zerstörten Nachschublinien betreiben. Das Heeresgruppenkommando Erzherzog Karl, dem mit 13. mittags die 9., 1., 7. und 3. Armee unterstellt wurden, glaubte jedoch mit Rücksicht auf die im Zuge befindlichen und in nächster Zeit beabsichtigten Operationen des Generals der Infanterie v. Falkenhayn von der Fortführung der Offensive nicht absehen zu dürfen.

Der Führer der 9. Armee hatte nach dem Siege bei Kronstadt sein dort versammeltes Gros divisionsweise auf die Ausgänge aus dem Haromszek und dem Burzenlande nach Rumänien verteilt: 71. Infanteriedivision Ojtozpaß, 89. Infanteriedivision Bodza-Defilee und Tatarhavas-Paß, 187. Infanteriedivision Schanz-, 51. Honved-Infanteriedivision Tömöser, 76. Reserve-Division Törzburger Paß. Der Widerstand an den nach Bukarest führenden Verbindungen war nach Truppenzahl und Befestigungen äußerst stark, auch fanden sich die deutschen Truppen schwer in den ungewohnten Gebirgskrieg, für den ihnen überdies die Ausrüstung fehlte. Die vom Isonzo heranrollende 8. Gebirgsbrigade, Oberst Rath, vollbrachte wohl eine sehr schöne Leistung, indem sie mit ihren des Bewegungskrieges völlig entwöhnten, durch junge Ersätze frisch aufgefüllten und mangelhaft ausgerüsteten Truppen im Aufstieg aus der Gegend von Fogaras auf Holzfällerpfaden das Gebirge westlich des Königsteines überwand und am 13. Oktober die Rumänen bei Rucaru überraschte, die den Törzburger Paß eiligst räumen mußten. Doch der letzte Berg vor dem Austritt in das Becken bei Campolung erwies sich als unüberwindliches, von starken Kräften trefflich verteidigtes Hindernis für die inzwischen mit der bayrischen 12. Infanteriedivision verstärkte 76. Reserve-Infanteriedivision. Westliche Umfassungsversuche der 8. Gebirgsbrigade wurden vom wachsamen Feinde durchkreuzt. Auch die 51. Honved-Infanteriedivision, Generalmajor v. Tanarky, vollbrachte am 13. eine sehr schöne Leistung, indem sie die den Predeal beherrschende Csaplia-Höhe erstürmte, doch machte dem weiteren, sehr schwierigen Vorarbeiten der unter den halben Gefechtsstand gesunkenen wenigen Bataillone ein Wettersturz am 17. ein Ende.

Noch bestand eine Hoffnung, vor völligem Einbruch des sich im Gebirge bereits unangenehm anmeldenden Winters in die Ebene zu kommen: Der [272] Vorstoß beiderseits des Alt-Durchbruches, wo die Alpenkorpsdivision bisher zahlreiche rumänische Angriffe abgewehrt und sich in Besitz der anschließenden Grenzkämme gesetzt hatte. Mit der von der Gruppe Petroseny herangezogenen 2. Gebirgsbrigade, Oberst Panzenböck, am Ostflügel und der vom Isonzo herangerollten 10. Gebirgsbrigade, Generalmajor Tanczos, am Westflügel verstärkt, sollte

Schwieriger Aufstieg und Übergang der Truppen über die Moscovulscharte.
Schwieriger Aufstieg und Übergang der Truppen
über die Moscovulscharte. Oben am Grat
Geschütz- und Munitionsaufzug für die österreichische Stellung. Oktober 1916.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 441.
Generalleutnant v. Krafft am 16. die Offensive beginnen. Die 10. Gebirgsbrigade stieß an diesem Tage bis zur Höhe Petrosu vor, die 2. erstürmte nach 63 km Marsch in 30 Stunden am 17. bei Morgengrauen die Moscovul-Scharte knapp westlich des mächtig aufragenden Negoi und gelangte bis 18., unermüdlich vordringend, weit hinein in Feindesland bis Salatrucu. In der vorangegangenen Nacht war aber die 10. Gebirgsbrigade auf Petrosu überfallen und unter namhaften Verlusten auf die Höhe Robu zurückgeworfen worden. Feldmarschalleutnant Ludwig Goiginger (Stab der 73. Infanteriedivision), der den Befehl über die Gruppe westlich der Alt übernahm, schlug später die nachdrängenden Feinde zurück und gewann bis 22. sogar etwas Raum. Auch die Alpenkorps-Division erkämpfte sich Stellung auf Stellung, fand aber am 23. so heftigen Widerstand, daß die Offensive vorerst steckenblieb und das Eingreifen von Verstärkungen, vier deutsche Regimenter, abgewartet werden mußte. Unter diesen Umständen geriet die weit vorgeprellte 2. Gebirgsbrigade in äußerst schwierige Lage. Nur unter schweren Kämpfen vermochten Teile des Alpenkorps die Nachschublinie der Brigade frei zu halten. Schneestürme schlossen deren Benutzung tagelang aus, so daß die Truppen in dem ressourcenlosen Gebiet bittersten Mangel litten. Trotzdem versuchten sie durch Vorstöße in nordwestlicher Richtung, den Angriff der Verbündeten zu erleichtern, bis die Rumänen gegen die Störenfriede am 20. und 21. von West, Süd und Ost Angriffe ansetzten. Sie wurden abgewiesen, und erst, als völlige Einschließung drohte, der Rückzug auf die Höhe 1400 nordöstlich Salatrucu angetreten. Hier wehrte Oberst Panzenböck wiederholt Umgehungsversuche im oberen Argeschtal ab, bis er am 25., als die Offensive sichtlich ins Stocken geriet, vom Generalleutnant v. Krafft auf die Höhe Clobucelu zurückbeordert wurde.

General der Infanterie v. Falkenhayn war inzwischen bemüht gewesen, Truppen zu erhalten, um auch längs des Schyl sein Glück zu versuchen. Die 144. Brigade hatte dort schwere Tage zu durchleben, als die 2. Gebirgsbrigade und die zugeteilten deutschen Truppen zum Alpenkorps abgegangen waren. Die Rumänen, sofort davon in Kenntnis gesetzt, griffen beim Vulkanpaß und insbesondere die Höhen westlich davon, den Sigleu an, nahmen ihn am 13., ohne sich jedoch gegen den sofort eingeleiteten Gegenangriff behaupten zu können. Nun rollte die bayrische 11. Infanteriedivision von der Stochodfront heran, zwei deutsche Kavalleriedivisionen folgten, um den erhofften Durchbruch gegen Craiova für die ganze Front der 9. Armee auswerten zu können. Die Gruppe [273] Orsova hatte das Möglichste zu tun, um den gegenüberstehenden Feind an einer Unterstützung der Schylgruppe abzuhalten. Doch der am 23. Oktober beiderseits des Schyl eingeleitete Durchbruch endete mit einem Mißerfolg, was die Rumänen einigen glücklichen Schlägen und vor allem der Witterung und den unbesieglichen Nachschubschwierigkeiten verdankten. Der einzige Gewinn war das Festsetzen auf den südlichen Gebirgshängen, wo sich die Gruppe nach ihrem Rückzug Ende Oktober zu halten vermochte.

Die der 1. Armee Mitte Oktober angesichts der damals vom General der Infanterie v. Falkenhayn gehegten Hoffnungen vorgeschriebene Fortsetzung der Offensive in die Moldau machte General der Infanterie v. Arz von einer Verstärkung des schwachen XXI. Korps abhängig. Die guten Fortschritte der 71. Infanteriedivision, Generalmajor Goldbach, ermutigten jedoch das Heeresgruppenkommando Erzherzog Karl, dem XI. und XXI. Korps das Vordringen bis an die Bistrica, dem VI. bis Bacau vorzuschreiben und die als Verstärkung anrollende bayrische 8. Reserve-Infanteriedivision nicht dem Nordflügel zuzuweisen, sondern um Kezdi Vasarhely als Rückhalt der in der wichtigsten Richtung, gegen den Trotus unterhalb Ocna, angesetzten 71. Infanteriedivision zu versammeln.

Diese Division nahm am 12. Oktober nach heftigem Kampfe den Ojtozpaß der rumänischen 2. Kavalleriedivision ab, überschritt am folgenden Tage bei Soosmezö die Grenze und drang bis 17. in einer Reihe siegreicher Kämpfe ein beträchtliches Stück über Harja vor. Schneestürme bei 5° Kälte, gründliche Zerstörungen der Straße, die nicht einmal die Artillerie, geschweige denn den Troß nachzuziehen erlaubten, brachten die Division gegenüber dem sich sichtlich verstärkenden Feinde in eine höchst schwierige Lage. Sie wehrte nicht nur Gegenangriffe ab, sondern führte auch glückliche Gegenstöße, bis sie das Vordringen der Rumänen gegen die südlich sichernde 1. Kavalleriedivision mit Umfassung bedrohte, worauf sie am 24. in eine Stellung bei Sosmezö zurückwich. Eine von den Reitern verlorene und den Rückzug verlegende Höhe südöstlich des Ortes (Runcul mr.) erstürmten die Szekler des Infanterieregiments Nr. 82 in erbittertem Handgemenge.

Die Offensive des VI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Fabini, nahm einen ähnlichen Verlauf. Die 61. Infanteriedivision, Generalmajor Grallert, arbeitete sich in wiederholten Kämpfen und nach Abwehr eines geschickt eingeleiteten Überfalles bis 19. im Trotustal an die Mündung des Csobanyos vor, mußte aber am 20., als die 39. Honved-Infanteriedivision, Generalmajor Molnar, im engen, von Urwäldern umgebenen Uztal auf die gleiche Höhe vordrang, gegen Sulta zurückweichen. In harten Kämpfen wehrten nun beide Divisionen rumänische Angriffe ab. Als die 61. wieder Raum zu gewinnen begann, mußte die 39. ein kurzes Stück zurückgehen, so daß die Front am 28. ungefähr in der Linie Höhe N. Sandor - Goiassa - Höhe Tarhavas verlief.

[274] Feldmarschalleutnant Freiherr v. Lütgendorf bestrebte sich, dem Angriffsbefehl wenigstens hinsichtlich des Südflügels des XXI. Korps Folge zu leisten. Der Nordflügel, 74. Honvedbrigade, mußte froh sein, die Stellungen bei Hollo und Belbor behaupten zu können. Die Einleitung der Offensive der 72. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Bandian, Besetzung der Höhe östlich Domuk mit zwei Bataillonen und einer Gebirgsbatterie, führte jedoch am 20. zu einem schweren Mißerfolg. Die Aktion mußte eingestellt werden, worauf die Rumänen ihrerseits zum Angriff übergingen. Das XI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Habermann, vermochte am 19. mit zwei Honvedbataillonen unter Oberst Lörinczy und Oberstleutnant Kokotowicz der Gruppe des Feldmarschalleutnants v. Apor eine befestigte Hohe östlich Saru Dornei zu nehmen, wurde aber gleichzeitig am Südflügel bei Glodu zurückgedrängt. Es trat übrigens am 24. wieder unter den Befehl des seit 20. vom Generaloberst v. Köveß geführten 7. Armeekommandos, während General der Kavallerie Freiherr v. Kirchbach dessen 3. Armee übernahm, die gleichzeitig in den Verband der Heeresgruppe Generaloberst v. Böhm-Ermolli trat.

Der ungünstige Verlauf der Offensive der 9. Armee und die sich mehrenden Anzeichen, daß der 1. Armee, die im VI. und XXI. Korps nur 15 000 Feuergewehre zählte, ein großer Angriff bevorstehe, ließen Ende Oktober jeden Angriffsgedanken schwinden. Seit 22. löste das russische XXXVI. Korps mit neun frisch aufgefüllten Infanterieregimentern die Rumänen vor dem XXI. Korps ab. Es hatte den Anschein, als ob die vor dem VI. Korps sich wesentlich verstärkende rumänische Nordarmee gleichfalls zum Angriff rüste. Hier glaubte man sich der größten Gefahren versehen zu müssen, weshalb das Heeresgruppenkommando die Verschiebung der bayrischen 10. Infanteriedivision, dann der 3. und 10. Kavalleriedivision der 7. Armee hinter die 1. Armee, erstere in die Csik, letztere als Kavalleriekorps Feldmarschalleutnant v. Brudermann in die Gyergyo verfügte. Die 6. Kavalleriedivision, Generalmajor v. Schwer, kam dafür von der 3. zur 7. Armee.

Feldmarschalleutnant v. Habermann benutzte das Eintreffen der letzteren und die augenblickliche Verfügbarkeit der bei ihm eingeteilten zwei Bataillone der bayrischen 10. Infanteriedivision, um dem Feinde am 26. und 27. Oktober noch einen Stützpunkt östlich Saru Dornei zu entreißen und in dessen Stellung östlich Dornawatra einzubrechen.

Der erwartete rumänische Angriff gegen das VI. Korps, wegen dessen die 61. Infanteriedivision Ende Oktober in die günstigere Stellung bei Sulta und auf die Grenzhöhen bis zum Tarhavas zurückgenommen worden war, blieb, vermutlich wegen Munitionsmangels, aus. Das Korps sollte sich nun samt der Ojtoz-Gruppe, die dem 1. Armeekommando unterstellt wurde, bereithalten, nach Gelingen des geplanten neuerlichen Vorstoßes der verstärkten Szurduk-Gruppe und nach Einreihung der XXIV. Marschbataillone wieder in die Moldau vorzustoßen.

[275] Dagegen traten die Russen nach heftiger Artillerievorbereitung am 3. November zum Angriff gegen das XXI. Korps an. Vom 4. - 7. waren schwere Tage für die Verteidiger, knapp 6000 Feuergewehre gegen 25 000 der Russen, denen am Nordflügel bald auch das III. Kavalleriekorps und am Südflügel Rumänen zu Hilfe kamen. Bei Bekas, Putna, Hollo und Belbor wurde die Front während dieser Abwehrschlacht im Gyergyogebirge mehrere Kilometer zurückgedrückt; die zur Unterstützung eingesetzten 1000 Schützen der 3. Kavalleriedivision waren wie Tropfen auf einen heißen Stein. Die Lage sah so bedrohlich aus, daß das Gros der bayrischen 8. Reserve-Infanteriedivision von der Ojtoz-Gruppe am 7. auf die Bahn gesetzt und nach Olah-Toplica verschoben wurde. Mittlerweile war aber die bayrische 10. Infanteriedivision aus der Csik beim XXI. Korps eingetroffen. Feldmarschalleutnant Freiherr v. Lütgendorf ließ sich keineswegs verleiten, diese Kraft zur Stützung der überall wankenden Front zu zersplittern, sondern setzte sie am 8. samt Teilen der 3. Kavalleriedivision einheitlich zum Gegenstoß über Putna gegen Tölgyes an. Die russische 68. Infanteriedivision wurde in drei Gruppen zersprengt, gleichzeitig säuberten die vom XI. Korps anrückenden beiden bayrischen Bataillone Belbor vom Feinde. Am 12. griff die bayrische 8. Reserve-Infanteriedivision beim Nordflügel ein, erstritt mit der 74. Brigade die Höhe nördlich Hollo und warf in den folgenden Tagen die Russen von den nördlichen Begleithöhen der oberen Bistriciaora herab. Die Mitte des XXI. Korps, die Durchbruchsgruppe, nahm dem Feinde die Höhen zwischen Putna und Bekas ab, vermochte ihn aber von der letzten, 1504 südöstlich Tölgyes, nicht zu vertreiben. Munitions- und Verpflegsmangel, plötzlich eingetretene große Kälte und starke Schneefälle zwangen zur Einstellung des Angriffes. Die Russen setzten den Kampf um die verlorenen Höhen bis 18. fort, ohne jedoch wesentliche Erfolge erzielen und das Beziehen der ausgewählten Dauerstellung hindern zu können. Die bayrische 8. Reserve-Infanteriedivision wurde wieder als Heeresreserve frei gemacht. General der Infanterie Litzmann übernahm den Befehl über das verstärkte XXI. Korps.

Im Zusammenhange mit den die erste Novemberwoche füllenden rumänischen Angriffen gegen die deutsche 89. Infanteriedivision beiderseits des Bodzapasses erfolgten auch gegen die nördlich anschließenden Postierungen der 1. Kavalleriedivision, Feldmarschalleutnant v. Ruiz, Angriffe, die jedoch abgewiesen wurden. Gegen die mit Bayern verstärkte 71. Infanteriedivision, Generalmajor Goldbach, rannten die Rumänen vom 11. - 16. November an, wobei sie die Höhe südöstlich Sosmezö (Runcul mr.) gewannen, doch wieder verloren. Im übrigen verhielt sich die rumänische Nordarmee während des großen Abwehrkampfes im Gyergyo-Gebirge unbegreiflich untätig.

Indessen begann am 10. November die große Offensive der Szurduk-Gruppe, die den Sieg am 14. in der Schlacht am Szurduk, am 16. und 17. in jener bei Targu-Jiu erfocht, am 21. in Craiova einzog. Oberst Szivo, mit [276] der von der 7. Armee herangerollten deutschen 2. Radfahrerbrigade verstärkt, war am 10. gleichfalls zum Angriff übergegangen, hatte bis 13. das westliche Cernaufer vom Feinde gesäubert, der jedoch seine gut ausgebauten Stellungen auf dem Ostufer mit um so größerer Zähigkeit hielt. Am 22. wurde endlich der Fluß überschritten, doch behinderte Hochwasser die Operation. Zu ihrem Verderben hielten die Rumänen die Hauptstellung mit ungebrochenem Mute, bis ihnen abends die Kunde ward, daß ein von den Szurduk-Siegern abgezweigtes Detachement in ihren Rücken marschiere und bereits Turnu-Severin erreicht habe. Nun zogen sie schleunigst ab, warfen sich auf das Detachement, das trotz unterstützenden Feuers bulgarischer Artillerie vom Südufer der Donau in arge Bedrängnis geriet, bis endlich die bei Verciorova von der rumänischen Nachhut aufgehaltenen Radfahrer am 24. zum Entsatz eintrafen. Die 145. Brigade, im Topolnicatale verfolgend, stieß am selben Abend nordwestlich Turnu-Severin auf Abteilungen, die den Abmarsch der Rumänen in südöstlicher Richtung deckten. Ihnen auf den Fersen bleibend, brachte Oberst Szivo am 6. Dezember mittags die Reste dieser zehn Bataillone, eine Eskadron, 10 Batterien zählenden Gruppe, 8000 Mann samt 26 Geschützen, an der unteren Alt zur Waffenstreckung, als ihr am Ostufer des Flusses festgesetzte deutsche Etappentruppen den weiteren Rückzug abschnitten.

Inzwischen hatte die unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls v. Mackensen neu formierte deutsch-bulgarisch-türkische Donauarmee General der Infanterie Kosch am 23. unter hervorragender Mitwirkung der Donauflottille und der k. u. k. Pioniergruppe Generalmajor Gaugl bei Sistov den Stromübergang eingeleitet und am 25. nach vollzogenem Brückenschlag den Vormarsch gegen Bukarest angetreten. Am gleichen Tage beendete Generalleutnant v. Krafft die langwierigen Kämpfe südlich des Rotenturm-Durchbruches siegreich und schloß sich dem Vormarsch der Szurdukgruppe an, die auf dem Zuge gegen die rumänische Hauptstadt am 27. das Hindernis des Alt überschritt.


9. Die große Entlastungsschlacht in den Karpathen.

Die Katastrophe, die über die Rumänen hereinbrach, spornte Rußland zur äußersten Anstrengung an. Fortwährend wurden Truppen nach Süden verschoben. Letschitzkis 9. Armee dehnte sich bis 26. November, die Rumänen ablösend, vor die Front des VI. Korps aus, Kaledin vereinigte vor dem Nordflügel der 7. Armee im Abschnitt Pantyrpaß - Capul 9 Infanteriedivisionen und 3 Kavalleriedivisionen; Zug auf Zug mit Truppen rollte nach Rumänien zur direkten Verstärkung des bedrängten Bundesgenossen. In den letzten Novembertagen waren die russische 8. und 9. Armee schlagbereit, die Truppen frisch aufgefüllt, Munition aller Art in ausreichendem Maße vorhanden. Gleichzeitig eröffnete das vereinzelte Vorgehen Mackensens unverhoffte Möglichkeiten eines völligen Umschwunges in der Walachei. Die Rumänen sollten [277] eine starke Stoßgruppe westlich Bukarest versammeln, die 1. Armee dem Vordringen Falkenhayns den äußersten Widerstand entgegensetzen, die Nordarmee Generalleutnant Averescu dessen Ostflügel und die Ojtoz-Gruppe bestürmen, gleichzeitig die Masse der beiden russischen Karpathenarmeen einen mächtigen Angriff vom Uztal bis zum Pantyrpaß führen. Auch die Salonikiarmee und die russisch-rumänische Donauarmee in der Dobrudscha wurden zum Vorstoß befehligt. Während die Verbündeten derart an der ganzen Front in Bedrängnis gerieten, sollte die Bukarester Gruppe die Donauarmee in der Nordflanke anfallen und in den Strom werfen. Siegesgewiß erhoffte sich die Entente von diesem Plane ein ähnliches Wunder, wie einst jenes an der Marne. Die verbündeten Heeresleitungen, seit 13. September der Obersten Kriegsleitung des deutschen Kaisers unterstellt, hatten bisher alles, was sie an anderen Fronten frei machen konnten, der 9. Armee zugeführt. Mitte November war auch die k. u. k. 24. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Urbarz, von der Front Oberost angerollt, um die 187. Infanteriedivision im Abschnitt des Schanzpasses abzulösen. Diese sehr der Auffrischung bedürftige Division und die bayrische 8. Reserve-Infanteriedivision bildeten die einzigen Heeresgruppenreserven in Siebenbürgen. Die 7. Armee, der eine harte Prüfung bevorstand, war durch Abgabe namhafter Kräfte bedeutend geschwächt, so daß die bei ihr typisch gewordene Leere der Stellungen noch verschärft zum Ausdruck kam.

Generaloberst Erzherzog Josef, der nach der Thronbesteigung des Kaisers Karl das Heeresgruppenkommando übernommen hatte, erwartete nach allen Anzeichen einen Angriff gegen das VI. Korps oder die nunmehr vom General der Infanterie v. Gerok befehligte Ojtoz-Gruppe. Am 25. November begannen jedoch vor der ganzen Front der 7. Armee zahlreiche russische Batterien ein Bombardement, das sich in den Abschnitten Jacobeny - Kirlibaba und Ludowa zu besonderer Heftigkeit steigerte. Am 26. setzten hier und in der rechten Flanke des XI. Korps östlich Dragoiessa schwächere Angriffe ein. Am 27. wurden die Russen vor dem ganzen Ostflügel der 7. Armee, XI. und I. Korps, ungemein lebhaft, gleichzeitig begannen die russischen Batterien gegenüber den Stellungen des VI. Korps an der Gyimesstraße und im Uztal zu spielen. Hier gingen auch Teile der russischen 4. Schützendivision zur Erkundung der Angriffswege vor.

Am 28. wurde die Schlacht vom Uztale bis zum Jablonica-Paß in voller Wucht eröffnet. Mit großen Massen und in unermüdlicher Ausdauer stürmten die Russen im Uz- und Trotustal gegen das VI. Korps heran und drangen nördlich Sulta in die Stellung der 39. Honved-Infanteriedivision, Generalmajor Molnar. Die bayrische 8. Reserve-Infanteriedivision mußte herangezogen und teilweise eingesetzt werden. Im Bereiche des XI. Korps hatten es die Russen Letschitzkis besonders auf den Raum westlich der Straße Valeputna - Jakobeny und den benachbarten Eisenbahntunnel, die berühmte Stellung Mestecanesti, [278] abgesehen. Sie nahmen der Gruppe Oberstleutnant Papp zwei Stützpunkte ab. Auch im weitgestreckten Abschnitt des Karpathenkorps erfolgten drei Einbrüche.

Stellung am Mestecanesti-Paß.
[288a]      Stellung am Mestecanesti-Paß.
Daß ein gewaltiger Waffengang im Zuge sei, war angesichts der Fortsetzung der heftigen Angriffe am 29. nicht zu zweifeln. Das VI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Fabini, nunmehr auf den Abschnitt Uz und Csobanyos beschränkt, verlor eine Höhe nordwestlich des N. Sandor, Generalleutnant v. Stein, den Trotus-Abschnitt befehligend, besserte den Mißerfolg des Vortages wohl aus, büßte aber eine Kuppe südlich des Hoszuhavas ein und hatte südlich Sulta schwer zu ringen. Bei der 7. Armee standen nahezu alle Frontteile im schärfsten Kampfe. Letschitzki setzte das Äußerste daran, zur Straße Jacobeny - Kirlibaba im Tale der goldenen Bistritz durchzustoßen. Seine turkestanische 3. Infanteriedivision stürmte gegen den Bruchpunkt der Front des XI. Korps, Feldmarschalleutnant v. Habermann, nordöstlich Jacobeny an, sechs Regimenter der 65. und 78. Reserve-Infanteriedivision mühten sich um die Mestecanesti-Stellung. Papps Gendarmerie und Landstürmler, Generalmajor Freiherr v. Schnehens abgesessene Reiter der 8. Kavalleriedivision opferten sich auf, um Einbrüche abzugrenzen und einzudämmen, insgesamt 10 000 Streiter, denen allgemach 3900 als Verstärkung zuflossen, gegen 30 000 Russen. Feldzeugmeister v. Scheuchenstuels I. Korps (11. Honved-Kavalleriedivision, Feldmarschalleutnant v. Apor, 59. Infanteriedivision, Generalmajor Kroupa, und 40. Honved-Infanteriedivision Generalmajor Nagy) raufte heiß um die Höhen nordwestlich des Botosu (Dedulrücken) und nördlich Kirlibaba (Tatarca) mit der russischen 37. Infanteriedivision und 64. Reserve-Infanteriedivision. Kaledin führte mit der 43. Infanteriedivision und 84. Reserve-Infanteriedivision einen engmassierten Stoß vom Tomnatic zwischen dem Ursprung des Cibo und dem Weißen Czeremosz gegen die deutsche 1. Infanteriedivision, die Schreiber und Professionisten einsetzen mußte, um die von ihrem rechten Flügel besetzte Höhe (Gura rucada) zu behaupten. Generalleutnant v. Contas Karpathendivision sah sich im Ludowagebiet von der 79. und 82. Reserve-Infanteriedivision bedrängt. Generalleutnant Freiherr v. Richthofens XXV. Reservekorps (deutsche 117. Infanteriedivision, 34. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Rudolf Kraus, halbe 30. Infanteriedivision, Generalmajor Jesser) hatten von Ost und Nord Angriffe der 32. Infanteriedivision gegen das Südostende des Czernahorarückens (Smotru), der 11. Infanteriedivision gegen den Rücken südlich des Kukul und der 12. Infanteriedivision gegen die Höhen westlich des Jablonica-Passes abzuwehren. Der 11. Infanteriedivision gelang der Einbruch, wobei das Infanterieregiment Nr. 33 schwer mitgenommen wurde. Offenbar nur demonstrativ gingen die mit Infanterie verstärkten Reiter der 6. Donkosaken- und 7. Kavalleriedivision gegen den Pantyrpaß vor, den Generalmajor Sallagar mit der Jägerbrigade der 30. Infanteriedivision und Teilen der eben in der Verschiebung an den Ost- [279] flügel des XI. Korps begriffenen 12. Infanteriedivision. Feldmarschalleutnant v. Hinke, verteidigte.

Das Heeresgruppen-Kommando ordnete die Abgabe der 10. Kavalleriedivision, Generalmajor v. Bauer, von der nur durch Scheinangriffe belästigten Gruppe General der Infanterie Litzmann beim Bekas- und Tölgyes-Durchbruch an die 7. Armee an. Die deutsche Oberste Heeresleitung hatte die 49. Reserve-Infanteriedivision von der Südarmee nach Siebenbürgen bestimmt. Sie war durch die 218. Infanteriedivision der 4. Armee zu ersetzen. Die steigende Not der 7. Armee zwang später dazu, die nach Süden rollende 49. Reserve-Infanteriedivision an diese Front zu lenken. Zur selben Zeit mußte die letzte Reserve in Siebenbürgen, die deutsche 187. Infanteriedivision, bei der 39. Honved-Infanteriedivision eingesetzt werden, die sich nur mit äußerster Anstrengung auf den Höhen zwischen Sulta und dem Csobanyos zu behaupten vermochte.

Bis 3. Dezember hielten die russischen Anstürme mit unverminderter Wucht und Hartnäckigkeit an. Die Verteidiger erlitten schwere Verluste, die allerdings weit hinter den Massenopfern der Angreifer zurückblieben, verloren an den Brennpunkten des Kampfes wohl auch Stützpunkte und Raum, wußten jedoch den entscheidenden Durchbruch jedesmal zu vereiteln. Die Aufopferungsfähigkeit und das Geschick jedes einzelnen Streiters, die vorzügliche Unterstützung durch die Artillerie glichen die Minderzahl gegen das Aufgebot der rohen Masse aus. Als am 4. Dezember ein Nachlassen der vollen Wucht des Angriffes merkbar wurde, machte sich die Kampfüberlegenheit der Verbündeten alsbald in Gegenstößen geltend, die trotz immer wieder aufflammender russischer Anstürme zahlreiche verlorene Posten zurückeroberten.

Merkwürdig wenig beteiligte sich die rumänische Nordarmee im Ojtozgebiet. Wohl trat auch sie am 29. November gegen den linken Flügel der 9. Armee und den Südflügel der Gruppe General der Infanterie v. Gerok zum Angriff an, drängte auch Teile der 1. Kavalleriedivision, Feldmarschalleutnant v. Ruiz, zurück, ließ sich aber die gewonnenen Höhen zum größten Teile schon am 30. von den mit einigen deutschen Bataillonen verstärkten abgesessenen Reitern wieder abnehmen. Da am selben Tage ein groß angelegter Angriff beiderseits des Ojtoz-Tales an der Tapferkeit der 71. Infanteriedivision, Generalmajor Goldbach, zerschellte, verloren die Rumänen rasch ihre Unternehmungslust und ließen sich am 1. Dezember auch die letzte ihrer jüngsten Eroberungen entreißen. Bei Sosmezö rückten sie wohl am 1. und 3. zum Angriff vor, stellten jedoch die Abwehr der 71. Infanteriedivision nicht mehr auf eine so harte Probe.

Die große Entlastungsschlacht in den Karpathen war gescheitert. Zur selben Zeit vereitelte Generalfeldmarschall v. Mackensen in der Schlacht am Argesch die hochfliegenden Pläne der Feinde. Der zähe Widerstand der Donau- [280] armee, das rasche Vordringen des Südflügels der 9. Armee und deren an der Dambovica siegreich vorstürmenden Stoßgruppe des I. Reservekorps, dabei die sich bei Deckung der Ostflanke auszeichnende 8. Gebirgsbrigade, Oberst Rath, brachten am 3. Dezember den vollen Erfolg, dessen nächster Preis der Einmarsch in Bukarest war. Am 7. traten die Rumänen auch vor dem Ostflügel der 9. Armee und der 1. Kavalleriedivision den Rückzug an. Letztere trieb Aufklärungsabteilungen vor, die am 8. im Baczka- und Bisca-mica-Tale die Verbindung mit der 9. Armee herstellten und allgemach bis an den obersten Slanic vordrangen, wo sie am 19. und 20. Gefechte um den Ort Lopatari mit Tscherkessen zu bestehen hatten.

Letschitzki fühlte sich angesichts dieser schlimmen Wendung zu den größten Anstrengungen verpflichtet, um dem Südflügel sein schweres Geschick zu erleichtern. Bis knapp vor Weihnachten rannten seine Truppen Tag für Tag gegen die Stellungen im Gebiet des Trotus an. Wildbewegte Kämpfe zehrten an der Kraft der erbitterten Streiter, Stellungsteile gingen verloren, wurden wieder erobert, und dies alles unter den Unbilden des immer heftiger einsetzenden Gebirgswinters. Was an Verstärkungen aufzubringen war, wurde in dieses Frontstück geworfen: Das Freiwilligenbataillon des Prinzen Windischgrätz, Tigerbrigade genannt, dann die aus der Front der 9. Armee gezogene 24. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Urbarz, schließlich die deutsche 225. Infanteriedivision von der 2. Armee, welche die abgekämpfte 187. ablöste.

Der Gruppe Litzmann setzte Letschitzki gleichfalls zu, wenn auch nur mit kleineren Angriffen. Dagegen erneuerte er mit besonderer Kraft die Anstürme gegen das XI. und I. Korps der 7. Armee. Der 8. Dezember gestaltete sich hier zu einem sehr heißen Kampftage, erschöpfte die Angreifer aber derart, daß sie ihre Anstrengungen in den folgenden Tagen auf die Mestecanesti-Stellung beschränkten, wo die größten Anforderungen an die durch Verluste geschwächten und nur dürftig verstärkten Verteidiger herantraten. Am 10. ging der so lange behauptete Ostausgang des Tunnels verloren, doch am 12. endeten mit einem mißglückten nächtlichen russischen Massenangriff ohne Artillerievorbereitung die Kämpfe um den Mestecanesti. Nach kurzer Unterbrechung flammte die Schlacht im Ringen um den Tunnel und die östlich anschließende Stellung wieder auf und gipfelte in einem am 19., am Nikolaustage, zu Ehren des Zaren eingeleiteten großen Angriff, der sich in zahlreichen Wiederholungen bis über den folgenden Tag erstreckte.

Kaledin, dessen Front in höheren Lagen des Gebirges focht, sah seinen Tatendrang bald durch die Ungunst der Witterung eingedämmt. Seine geringen Anfangserfolge waren ihm sehr rasch wieder wettgemacht worden; den Einzelvorstößen, zu denen er sich bis 11. Dezember in immer größeren Zwischenräumen aufraffte, waren Abweisungen beschieden. Hoher Schnee und wachsende Kälte schafften dann Ruhe. Generaloberst v. Köveß durfte Mitte Dezember [281] trotz noch gespannter Lage beim XI. Korps einen vollen Sieg in der Abwehrschlacht verzeichnen, in der die 7. Armee ihre Front, von kleinen Einbußen an Raum abgesehen, unerschütterlich gehalten hatte. Er konnte die deutsche 49. Reserve-Infanteriedivision am 15. Dezember nach Siebenbürgen abrollen lassen.


10. Vorstoß in die Moldau.

Mittlerweile langte der Siegeszug der Heeresgruppe Generalfeldmarschall v. Mackensen in der östlichen Walachei auf einem toten Punkte an. Die mit russischen Truppen verstärkten Rumänen leisteten hartnäckigsten Widerstand, um ihren noch im Gebirge steckenden Heereskörpern den Rückzug zu ermöglichen. Unter dem Befehl des Generalleutnants v. Krafft machten die 144. Brigade, die 2. und 10. Gebirgsbrigade die Verfolgungskämpfe bei Pitesci mit, dann verschob sich Generalleutnant v. Krafft mit seinem Alpenkorps und der 2. Gebirgsbrigade nördlich in die Berge, vereinigte sich mit der 8. und beteiligte sich an der Gefangennahme der rumänischen 4. Infanteriedivision, die sich viel zu lange in den Kampf um Sinaia mit der 51. Honved-Infanteriedivision verbissen hatte. Die Gruppe Krafft fand am 9. Gelegenheit zu neuer Auszeichnung, indem sie während der Kämpfe des Gros bei Ploesci den Widerstand des Feindes in den Stellungen bei Apostolachele brach und dadurch den Sieg der Hauptkraft bei Mizil am 12. wirksam vorbereitete. Nach diesem Waffengang, welcher der rumänischen Gruppe im Gebiet des Bodzapasses den Abmarsch ermöglichte, wichen Rumänen und Russen wohl nahezu widerstandslos hinter den Buzeu zurück, doch setzten das eingetretene Regenwetter und die Grundlosigkeit der Kommunikationen der Verfolgung die größten Schwierigkeiten entgegen. Noch gelang es Mitte Dezember, die feindlichen Nachhuten vom Abschnitt des Buzeu zu vertreiben, wobei namentlich das rasche Vordringen der indessen auch mit der 10. Gebirgsbrigade verstärkten Gruppe Krafft am Nordflügel sehr beschleunigend wirkte. Doch bereiteten nun Witterung und Wegezustand dem Fortkommen der schweren Artillerie und des Nachschubes in der Ebene derartige Hemmnisse, daß 9. wie Donauarmee vor den wohlvorbereiteten und stark besetzten Stellungen im Abschnitt Rimnicul-Sarat bis unterer Calmatuiul eine Operationspause einschalten mußten.

Man durfte auf ein hartes Ringen rechnen, da die Russen Verstärkung auf Verstärkung heranrollen ließen und allgemach eine ganze Armee, die 4. unter General Ragoza, zur Sperrung des Weges in die Moldau aufboten, während Sacharows 6. Armee Braila gegen die Donauarmee und die bulgarische 3. Armee in der Dobrudscha deckte. Die oberste Kriegsleitung wies daher letztere und die Heeresgruppe Generaloberst Erzherzog Josef an, Mackensens schwere Aufgabe durch Vorstoß gegen die Flanken des Feindes zu unterstützen.

Die bulgarische 3. Armee begann am 17. ihre Offensive, die bis anfangs Januar 1917 die völlige Räumung der Dobrudscha erzielte. Erzherzog Josefs [282] Entschluß, am 18. mit der Gruppe General der Infanterie v. Gerok und dem Südflügel der 1. Armee gegen Ocna vorzustoßen, wurde durch Letschitzkis unablässige Offensive durchkreuzt. Erst am 22., knapp vor Beginn der Schlacht bei Rimnicul-Sarat, konnte Geroks Südflügel, 1. Kavalleriedivision und die von der Südarmee herangezogene deutsche 218. Infanteriedivision unter Feldmarschalleutnant v. Ruiz, den Vorstoß durch Vorgehen beiderseits der Putna, Naruja und Zavala einleiten. Schwachen Widerstand des Feindes brechend, doch mit großen Geländeschwierigkeiten in dieser noch im Urzustand befindlichen Gebirgsgegend kämpfend, drang die Gruppe bis 25. kaum 20 km in Feindesland ein und stand nun, namentlich im Putnatal, vor gut befestigten Stellungen der inzwischen wesentlich, auch mit der russischen 12. Kavalleriedivision, verstärkten Rumänen.

Erzherzog Josef ließ am 26. den Nordflügel Geroks, 71. und deutsche 187. Infanteriedivision unter Generalleutnant v. Staabs (XXXIX. Reservekorps), beiderseits Sosmezö zum Angriff vorgehen, doch gedieh die Offensive nicht über die Eroberung einiger Grenzstellungen. Die Fortsetzung wurde auf den 31. verschoben, an welchem Tage der Erzherzog auch das VI. Korps, das erst mit Gebirgsausrüstung versehen werden mußte und an Nachschubschwierigkeiten litt, schlagbereit zu haben hoffte. Die Gruppe General der Infanterie Litzmann sollte durch Scheinangriffe das Vorgehen unterstützen, was am 30. und 31. zu einer ziemlich heftigen Artillerieschlacht im Gyergyogebirge führte.

Feldmarschalleutnant v. Ruiz erkämpfte inzwischen trotz Nachschubschwierigkeiten und Nebel, der die Artilleriewirkung behinderte, gegen die Gegenangriffe russisch-rumänischer Truppen in die rechte Flanke durch den zähen Widerstand seiner südlichen Kolonne gedeckt, den Eingang in den südlichen Teil des Beckens von Soveja und schwenkte, sich gegen den bei diesem Ort versammelten Feind sichernd, am 29. gegen Südosten, um die 9. Armee zu unterstützen. Diese hatte indessen am 27. die Weihnachtsschlacht bei Rimnicul-Sarat im Verein mit der Donau- und Dobrudscha-Armee siegreich beendet, wobei die drei Gebirgsbrigaden am Nordflügel wieder Gelegenheit zur Auszeichnung fanden. Die 51. Honved-Infanteriedivision nahm nicht mehr daran teil. Sie rollte zur 7. Armee, um die 73. Honvedbrigade, Oberst Hodula, für die Vereinigung mit dem Gros der 37. Honved-Infanteriedivision bei der Gruppe Litzmann frei zu machen. Unter Verfolgungskämpfen näherten sich beide Armeen der neuen Verteidigungslinie des Feindes an der Putna und am unteren Sereth mit dem Brückenkopf von Foksani.

Am Jahresschluß war Feldmarschalleutnant v. Ruiz im Besitz von Nereju, stand dicht vor Naruja, der Nordflügel kämpfte bei Soveja, anschließend bis zum Casinutale sicherte die 6. Kavalleriebrigade, in diesem Tale erstürmte am Silvesterabend das Szekler Regiment Nr. 82 drei stark verdrahtete Stellungen hintereinander. Litten die Truppen bisher schon unter den Unbilden des Winters, [283] so stellten sich jetzt heftige Schneestürme ein. Der Angriff der Gruppe Staabs mußte auf den 1. Januar verschoben, jener des VI. Korps eingestellt werden. Mit Jahresbeginn wandte sich die Gruppe Ruiz im Einklang mit dem Alpenkorps gegen Nordosten; die Gruppe Staabs ging beiderseits des Ojtoztales zum Angriff vor. Im stark zerrissenen und bewaldeten Gelände, auf vollkommen verschneiten Wegen, die das Mitführen der Artillerie bald gänzlich ausschlossen, gestalteten sich die Kämpfe mit dem zähen Feinde, Russen und die eben in der Ablösung begriffene, sofort auf das Kampffeld zurückkehrende rumänische 15. Reserve-Infanteriedivision, ungemein schwierig. Die Truppen litten in der Kälte, bei dürftiger Verpflegung und ohne schützendes Dach zur Nachtruhe unsäglich. Trotzdem drang die Gruppe Ruiz unter zahlreichen Kämpfen bis in die Gegend von Racosa an der Susita vor, erstritt die mit der deutschen 49. Reserve-Infanteriedivision verstärkte Gruppe Staabs einen beträchtlichen Teil des Casinutales und den Raum um Harja. Russisch-rumänische Gegenstöße versuchten bis in die Mitte Januar, die gewonnene Linie zu durchbrechen, doch erzielten sie keinen Erfolg. Die Einnahme von Braila, der Sieg Mackensens in der Schlacht an der Putna und der Gewinn des unteren Sereth und der Putna bis 9. Januar machten dem Feldzug ein Ende. Die ganze Front baute eine Dauerstellung aus, um endlich die wohlverdiente Ruhe zu finden.

Letschitzki hatte die Niederlage bei Rimnicul-Sarat am 3. Januar wieder mit einem großen Angriff gegen die Stellungen des XI. Korps beiderseits der Bahn und Straße nach Jakobeny quittiert. Der Erfolg war gering. Besser gelang es den Russen in neuerlichen Stürmen vom 27. bis 31. Januar, die vier wichtige Stützpunkte dieser Front und den ganzen Tunnel in ihre Hände brachten. Ihrer Wiedereroberung galten die von Feldmarschalleutnant v. Habermann eingeleiteten Unternehmungen am 12. und 13. Februar, dann vom 17. Februar bis 1. März, die dem Feinde einen ansehnlichen Teil seiner in den langwährenden Kämpfen erzielten Eroberungen entrissen.

Am 13. März tönte wilder Lärm aus den russischen Gräben herüber. Man glaubte, daß wieder ein Kampf bevorstehe. Doch war es der Jubel über den Ausbruch der Revolution, eine Folge der Friedenssehnsucht, die so ziemlich das ganze russische Volk vom Zaren bis zum letzten Muschik unter dem Eindruck der unerhörten Menschenopfer Brussilows im Sommerfeldzug von Luck und in den durch den Beitritt Rumäniens ausgelösten Entlastungskämpfen ergriffen hatte. Die da jubelten, ahnten nicht, daß das zum Greifen nahe Ziel durch die Absetzung des Zaren in unerreichbare Ferne hinausgeschoben wurde, ein Beweis überlegener Staatskunst der Entente, die den großen militärischen Erfolgen der Mittelmächte immer wieder den Wind aus den dem Friedenshafen zusteuernden Segeln zu nehmen verstand.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte