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Bd. 5: Der österreichisch-ungarische Krieg

[199] Kapitel 12: Die Offensive in Südtirol 19161
General der Infanterie Alfred Krauß2

Scriptorium merkt an:
bei diesem Abschnitt verweisen wir
noch besonders auf das Buch
"Front in Fels und Eis:
Der Weltkrieg im Hochgebirge"

von Dr. Gunther Langes.
Am 7. Februar langte der erste Befehl für die Tiroler Offensive beim Kommando der Südwestfront in Marburg ein. Danach sollten aus Tirol zwei Armeen, deren Zusammensetzung noch nicht feststand, über die Hochflächen von Vielgereuth und Lafraun in die italienische Tiefebene vorbrechen. Das Kommando der Südwestfront hatte als Heeresgruppen-Kommando Erzherzog Eugen nach Bozen zu gehen und den Oberbefehl zu führen. Die 5. Armee und die in 10. Armee umgenannte Armeegruppe General der Kavallerie Rohr wurden unmittelbar dem Armee-Oberkommando in Teschen unterstellt. Die Vorbereitungen für den Angriff wurden zur Gänze vom Armee-Oberkommando selbst geleitet. Der Mitte Februar eintretende starke Schneefall, der Wochen hindurch anhielt, erschwerte sie sehr. Als sie endlich in der ersten Woche April beendet waren, schloß der Schnee jede Angriffsbewegung aus. Eine bis zu zwei Meter hohe, weiche und daher nichttragende Schneeschicht überzog die ganzen Hochflächen. Jeder Mann, der von den Wegen ins Gelände schritt, sank in kurzer Zeit bis an die Brust in den tiefen Schnee ein. Nach wenigen Schritten mußte er atemlos haltmachen. Jede Angriffstruppe wäre unter diesen Umständen wehrlos dem feindlichen Feuer preisgegeben gewesen. Der Angriff konnte daher nicht zu der in Aussicht genommenen Zeit - 10. bis 12. April - stattfinden. Das war ein schwerer Nachteil. Das kühne Unternehmen, mit verhältnismäßig schwachen Kräften in die Ebene und in den Rücken der italienischen Millionenarmee vorzustoßen, konnte nur gelingen, wenn der Feind überrascht und trotz dem schwierigen Angriffsgelände überrannt wurde. Mitte März war es aber klar geworden, daß die Italiener über diese Absicht Kenntnis erhalten hatten. Sie verstärkten ihre Truppen und besonders ihre Artillerie auf den Hochflächen und arbeiteten fieberhaft an dem Ausbau und an der Verstärkung ihrer Befestigungen. Es war selbstverständlich unmöglich, die Ansammlung zweier Armeen, die zwei Monate beanspruchte, im italienischen Südtirol den Italienern geheimzuhalten. Wenn aber jetzt, Anfang April, der Angriff rasch erfolgte, dann war das Unglück nicht zu groß, denn die Italiener konnten nicht mehr gründlich entgegenarbeiten - die Überraschung wäre doch [200] gelungen gewesen. Zur Verschleierung war alles mögliche geschehen. Es wurde funkentelegraphisch der falsche Plan vorgetäuscht, vom Isonzo und aus Kärnten anzugreifen. Die Italiener fingen diese Telegramme auf. Auch andere falsche Gerüchte wurden verbreitet. Am Isonzo wurde, allerdings nicht sehr überzeugend, die Täuschung des Feindes eingeleitet. Das alles konnte aber die Anhäufung von 14 Divisionen im Etschtal nicht dauernd verschleiern. Das Heeresgruppen-Kommando mußte zusehen, wie Tag um Tag und Woche um Woche verging, und die Aussicht, den Italiener überraschend zu treffen, immer mehr und mehr schwand.

Nach der ersten Woche des Monats April standen die beiden Armeen bereit, und zwar die 11. Armee vorne an der Front zwischen dem Gardasee und den Fassaner Alpen und die 3. Armee dahinter im Etschtal nördlich von Trient.

Der Kampfraum zwischen Etsch und Piave.
[Beilage zu Bd. 5]      Der Kampfraum zwischen Etsch und Piave.      [Vergrößern]

Die Gliederung und Gruppierung war folgende:

  • 11. Armee, Generaloberst Dankl.
    • VIII. Korps, Feldzeugmeister v. Scheuchenstuel, 57. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Heinrich Goiginger, und 59. Infanteriedivision, Generalmajor Kroupa, vom Gardasee bis an den Südrand der Hochfläche von Vielgereuth (20 Bataillone).
    • XX. Korps, Erzherzog-Thronfolger Karl Franz Josef, 3. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Horsetzky, und 8. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Fabini, auf der Hochfläche von Vielgereuth und im Etschtal (32 Bataillone).
    • III. Korps, General der Infanterie v. Krautwald, 6. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Fürst Schönburg, 28. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Schneider, und 22. Schützendivision, Generalmajor v. Kochanowski, auf der Hochfläche von Lafraun und im Etschtal um Trient (39 Bataillone).
    • XVII. Korps, General der Infanterie Křitek, 18. Infanteriedivision, Generalmajor Stracker, 181. Infanteriebrigade, Generalmajor Kindl, 2. Gebirgsbrigade, Oberst Panzenböck, und 8. Gebirgsbrigade, Generalmajor Wossala, im Suganertal (24 Bataillone).
    • Die 48. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Gabriel, im Fassanertal (10 Bataillone).

  • 3. Armee, Generaloberst v. Köveß.
    • I. Korps, General der Kavallerie Karl Freiherr v. Kirchbach, 10. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Mecenseffy, 34. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Rudolf Krauß, und 43. Schützendivision, Generalmajor Tunk, im Etschtal südlich von Bozen (40 Bataillone).
    • XXI. Korps, Feldmarschalleutnant Freiherr v. Lütgendorf, Landes-Schützendivision, Generalmajor Englert, und 44. Schützendivision, Feldmarschalleutnant Nemeczek, im Etschtal bei Lavis (25 Bataillone).

[201] 641 leichte und 276 schwere Geschütze standen bereit, um die feindlichen Stellungen sturmreif zu schießen.

Die 57. und 59. Infanteriedivision, die 2. und 8. Gebirgsbrigade waren vom serbischen, das I. Korps und die 3. Infanteriedivision vom russischen Kriegsschauplatz herangezogen worden. Die anderen Truppen waren der Südwestfront entnommen.

Den Italienern waren die Nachrichten über die Vorgänge in Südtirol jedenfalls bedenklich und unheimlich geworden. Um die Wahrheit zu ergründen, griffen sie in der zweiten Aprilwoche die Linien im Suganertal, im Etschtal, an der Tiroler Westfront und bei Riva an. Es erging der Befehl, die Stellungen mit den von früher her den Italienern schon bekannten Truppen zu halten und möglichst wenig frische Truppen zu zeigen. Das gelang auch überall. Nur im Suganertal setzten die Italiener ihre Vorstöße auf den Höhen nördlich der Brenta weiter fort. Da sie keine Ruhe geben wollten, erhielt das XVII. Korps den Befehl, die Italiener an die Brenta bis in die Linie Novaledo - Marter - Rundschein (Roncegno) zurückzuwerfen. Die von Angriffsfreude erfüllten Truppen vollführten den Befehl in so trefflicher Weise, daß für den großen Angriff das Beste zu erwarten war.

Im Col di Lana-Gebiet in Tirol hatten die Kämpfe seit dem Mißerfolg im Juli 1915 geruht. Schon seit längerer Zeit lagen Nachrichten darüber vor, daß die Italiener die Spitze des Col di Lana unterwühlten, um sie zu sprengen. Auch von österreichischer Seite wurde in der Erde entgegengearbeitet. Da erfolgte am 18. April die Sprengung der Kuppe des Col di Lana. Aber selbst der furchtbare Eindruck dieser gelungenen Riesensprengung brachte den Italienern nicht den erhofften Erfolg. Ihr sofort nach der Sprengung einsetzender Angriff führte sie zwar auf den Col di Lana, wo sie den Sprengtrichter besetzten, aber ein größerer Erfolg blieb ihnen versagt. Nach hartnäckigen Kämpfen auf und unter der Erde blieb ihnen zwar der Besitz des vor der Hauptstellung gelegenen Col di Lana; an der Hauptstellung aber, die über den Monte Sief lief, fand ihr Vordringen für immer sein Ende.

Diese Kämpfe auf dem Col di Lana und andere kleine Kampfhandlungen an der Südostgrenze Tirols veranlaßten das dort den Befehl führende Kommando zu wiederholten dringenden Bitten um Verstärkung der zugunsten des großen Angriffes stark entblößten Front. Diese Bitten waren an sich berechtigt und wurden desto verständlicher, je länger der Beginn des Angriffes auf sich warten ließ. Das Heeresgruppen-Kommando mußte aber alle diese Bitten abweisen, wollte es nicht mit einer nicht zu begrenzenden Zersplitterung der ohnedies nicht zu starken Angriffskräfte beginnen.

Nach dem Befehle des Armee-Oberkommandos hatte "die 11. Armee zwischen Etsch und Suganertal mit gut zusammengehaltener Hauptkraft über die Hochflächen von Vielgereuth (Folgaria) und Lafraun (Lavarone) auf Thiene und [202] Bassano vorzustoßen". Die 3. Armee sollte "je nach der Lage, wenn möglich aber zur Ausnutzung des Erfolges beim Austritt aus dem Gebirge, verwendet werden".

Das Heeresgruppen-Kommando fand es geboten, zur Freimachung der Eisenbahn nach Bassano als Nachschublinie auch im Suganertal über Primolano nach Bassano vorstoßen zu lassen und dazu beide Armeen nebeneinander einzusetzen. Einem in diesem Sinne gestellten Antrag stimmte das Armee-Oberkommando wohl zu, verlangte aber später, daß der Angriff im Suganertal fallengelassen und nur auf den Hochflächen angegriffen werde.

Diesen Anordnungen gemäß lag die ganze Kampfleitung beim 11. Armeekommando. Da die Möglichkeit einer Überraschung der Italiener mit dem länger werdenden Halt immer mehr schwand, verzichtete es auf einen gleichzeitigen Angriffsbeginn der ganzen Front. Das III. Korps hatte mit seinem Angriff so lange zu warten, bis das XX. Korps auf gleiche Höhe mit dem III. Korps gelangt war. Die Artillerie des weit vorspringenden III. Korps hatte dafür flankierend in den Kampf des XX. Korps einzugreifen, um die Sicherheit des ersten Erfolges zu erhöhen.

Dem Plane des 11. Armeekommandos zufolge hatten anzugreifen:

Das VIII. Korps zwischen Etsch und dem Borcolapaß, Richtung Pian della Fugazza; das XX. Korps auf der Hochfläche von Vielgereuth und über Arsiero, Richtung Thiene; das XVII. Korps im Suganertal. Der Angriff dieser drei Gruppen hatte gleichzeitig zu erfolgen. Das III. Korps sollte erst einige Tage später über Asiago, Richtung Bassano, angreifen.

Mitte Februar waren im Angriffsraum der 11. Armee an italienischen Kräften gestanden: Vom Gardasee bis zum Borcolapaß die Brigade Mantua, 6 Bataillone; auf der Hochfläche von Arsiero die 35. Infanteriedivision, 12 Bataillone; auf der Hochfläche von Asiago die Brigade Ivrea, 6 Bataillone; im Suganertal und im Primör die Brigade Venezia, 6 Bataillone; außerdem noch Bersaglieri und Alpini, 10 bis höchstens 21 Bataillone.

Die Besatzungsstärke betrug daher 40 bis höchstens 51 Bataillone für eine Front von 100 km. Cadorna hatte also die Tiroler Front, an der ja doch fast Ruhe geherrscht hatte, zugunsten der Isonzofront schon sehr stark entblößt. Die Verhältnisse lagen damals für einen Durchbruch wirklich sehr günstig; sie blieben es auch bis Mitte März. Dann aber verschlechterten sie sich immer mehr und mehr. Dieser Umstand veranlaßte auch das Armee-Oberkommando, nach Beendigung des Aufmarsches der beiden Armeen sehr lebhaft auf raschen Beginn des Angriffes zu drängen. So sehr alle in Südtirol stehenden Kommandos von der Notwendigkeit des frühesten Beginnes der Offensive überzeugt waren, so sehr sie selbst mit Sorge auf die immer mehr anwachsenden Abwehrmaßnahmen der Italiener blickten, gegen die Macht der Naturgewalt konnte nicht angekämpft werden. Endlich trat im späten April warmes Wetter mit [203] warmem Regen ein. Es war auf schnelle Besserung der Gangbarkeit auf den Hochflächen zu rechnen. Aber einen Monat hatten die Armeen schlagbereit warten müssen, bis die Wetter- und Schneelage den Angriff gestattete. Diese endlos lange Zeit des peinlichen Wartens hatte doch auch wieder ihr Gutes. Die Italiener glaubten schließlich nicht mehr an den Ernst der Angriffsabsichten. Sie sahen das ganze Verhalten als eine ihnen in ihren Zwecken zwar unerklärliche und daher mit dem Kriegsschauplatz in Frankreich in Verbindung gebrachte Irreführung an. Sie ließen wohl stärkere Kräfte an der Tiroler Front stehen, als ihnen noch Mitte Februar genügend erschienen waren, aber ihr Eifer in den Befestigungsarbeiten ließ doch sichtlich nach. Ihre Sorgfalt war wieder der Isonzofront zugewendet.

Als endlich - für die Ungeduld der tapferen Truppen, an den Feind zu gelangen, viel zu spät - Mitte Mai die Schneelage den Angriff möglich machte, erfolgte der Stoß doch beschränkt überraschend für die Italiener. Die italienische Heeresleitung hatte den Angriff jedenfalls nicht mehr erwartet; sie traf selbst wieder Angriffsvorbereitungen an der Isonzofront. Die seit März in Südtirol bestehende Spannung hatte die Italiener verhindert, die an der österreichischen Isonzofront durch die starke Entnahme von Truppen und von Artillerie entstandene Schwäche zu einer großen Offensive auszunutzen. Die Gefahr des drohenden Vorstoßes aus Tirol machte sich so lähmend geltend, daß selbst die besten Aussichten eines Erfolges nicht zu einem entscheidenden Angriff am Isonzo verleiten konnten. Zuerst mußte die Gefahr aus Tirol gebannt sein.


1. Die fünfte Isonzoschlacht.

Trotz dieser Lage herrschte aber am Isonzo nicht volle Ruhe. Seit 20. Februar wurde das italienische Artilleriefeuer gegen den nördlichen Abschnitt der Karsthochfläche, den wieder die 20. Honved-Infanteriedivision, Generalmajor v. Lukachich, betreute, lebhafter. Am 25. vormittags setzte heftigstes Artilleriefeuer gegen den Monte San Michele ein. Um 4 Uhr nachmittags begann der Angriff, der, zuerst abgewiesen, schließlich die Italiener doch in die Gräben brachte. Ein Gegenangriff machte aber die Stellung bald wieder frei.

Anfang März ließen Anzeichen auf das Abziehen von Kräften vor der Hochfläche schließen. Am 11. und 12. März wurde aber die Tätigkeit der italienischen Artillerie wieder lebhafter. Angriffsvorbereitungen waren zu erkennen. Abgehorchte Telephongespräche bestätigten die Angriffsabsichten. Am 12. nachmittags setzte strömender Regen ein, der auch am 13. anhielt. Trotzdem begann frühmorgens die italienische Artillerie den Angriff vorzubereiten. Ein Überschiffungsversuch nördlich der Wippachmündung, bei Mainizza, hatte dasselbe Schicksal wie die früheren Versuche dieser Art: er wurde durch das dorthin gerichtete Artilleriefeuer vereitelt. Gegen 8 Uhr früh begannen [204] die italienischen Angriffe auf dem Monte San Michele und bei San Martino. Auf dem Monte San Michele drang der Feind sofort ein, wurde aber ebenso schnell wieder veranlaßt, nach Hause zu gehen. Bei San Martino wurden sieben starke Stürme abgeschlagen; beim achten drangen die Italiener in die zerschlagenen Stellungen ein. Ein Gegenangriff warf sie bis auf kleine Gruppen wieder hinaus. Ihre Verluste wurden auf 1200 Mann geschätzt. In der Nacht zum 14. flaute der Kampf ab; die Italiener versuchten aber wieder bei Mainizza zu überschiffen. Die Artillerie benahm ihnen bald die Lust dazu. Auf der Hochfläche hielt die Gefechtstätigkeit an, obwohl es nicht mehr zu größeren Angriffen kam. Erst um 10 Uhr nachts brachen starke Kräfte gegen den linken Flügel des III. Korps, die 106. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant Kletter, vor. Der Angriff wurde abgewiesen. Am 15. leitete wieder heftiges Artilleriefeuer einen starken Angriff gegen die 20. Honved-Infanteriedivision ein, der glatt abgewiesen wurde. In der Nacht zum 16. wurden bei der 17. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Gelb, die letzten in den Gräben gebliebenen Italiener niedergemacht oder gefangen, womit die 5. Isonzoschlacht ein Ende nahm.

Am 20. März fiel starker Nebel ein. Er brachte Ruhe.

Ende März setzten die bei der 5. Armee angeordneten Maßnahmen zur Täuschung der Italiener ein, mit Rücksicht auf die notwendige Verschiebung des Angriffes viel zu früh. Da sich das 5. Armeekommando nicht stark genug zu größeren Angriffen fühlte, beschränkten sich die Täuschungsmaßnahmen auf zeitweise stärkeres Artilleriefeuer, auf Märsche der Reserven und auf kleinere Angriffe. Am 30. März führte eine solche Unternehmung bei Oslavija zu einem schönen Erfolg. Den Italienern wurden 9 Offiziere und 300 Mann abgenommen.

Diese Täuschungsmaßnahmen erzeugten sichtliche Aufregung bei den Italienern. Sie schritten am 29. März zum Angriff gegen die 9. Infanteriedivision, Feldmarschalleutnant v. Schenk, die den südlichsten Teil der Hochfläche ostlich von Selz und Monfalcone besetzt hielt. Der Feind drang in die Stellung ein, wurde aber zum Teil wieder hinausgeworfen. Ein Teil der Stellung blieb in Feindeshand; er wurde abgeschnürt, um später nach gründlicher Vorbereitung wiedergenommen zu werden.

Auf dem Monte San Michele nahm der Minenkrieg seinen Anfang.

Am 22. April begannen die Italiener wieder gegen die 9. Infanteriedivision, besonders gegen die Höhe 70 anzurennen. Sie drangen in die Stellung ein. Alle Versuche, sich auszubreiten, wurden blutig abgewiesen. Die ersten Unternehmungen zur Wiedereroberung der verlorenen Stellungsteile führten nicht zum Erfolg. Aber am 26. wurde die ganze Stellung auf Höhe 70 wiedergewonnen. 3 Offiziere und gegen 200 Mann wurden gefangen.

Am 8. Mai sprengten österreichische Pioniere westlich San Martino die erste Mine unter der italienischen Stellung. Sie wurde auf sechzig Schritt Breite [205] zerstört, der Sprengtrichter sofort besetzt. Am 9. Mai wurde um diese Trichterstellung erbittert gekämpft; sie blieb in unserer Hand. Am selben Tage sprengten die Italiener bei Höhe 197 drei starke Minen, aber vor unserer Stellung; sie hatten offenbar im Schreck über die gelungene Sprengung den Kopf verloren. Bis zum 1. Juni dauerten die Kämpfe und Minensprengungen bei San Martino und auf dem Monte San Michele und die Kämpfe im südlichsten Teil des Plateaus, besonders bei den Adriawerken. Alle diese Kämpfe entwickelten sich als Täuschungsmaßnahmen der 5. Armee zur Unterstützung des endlich für den 15. Mai festgesetzten Angriffes in Südtirol.

Wenn diese Frühjahrskämpfe am Isonzo auch unbedeutend waren und dort in den Monaten April und Mai verhältnismäßig Ruhe herrschte, so verlor das VII. Korps doch im April 17%, im Mai 20% seines Standes. Dieser starke Abgang läßt erkennen, unter welch schwierigen und ungünstigen Verhältnissen die Truppen am Isonzo kämpfen mußten.

Die "Ruhe" am Isonzo dauerte bis zur 6. Isonzoschlacht.


2. Das Kampfgelände in Südtirol.

Während dieser Ereignisse am Isonzo brach der Angriff in Südtirol über die Italiener herein. Er konnte endlich am 15. Mai beginnen und traf nun auf folgende italienische Kräfte:

    zwischen Gardasee und Borcolapaß 24 Bataillone,
    auf der Hochfläche von Vielgereuth-Arsiero   21       "
    auf der Hochfläche von Lafraun-Asiago 21       "
    im Suganertal 23       "
    nördlich des Suganertales bis ins Primör 6       "

außerdem standen noch 18 - 21 Bersaglieri- und Alpinibataillone, somit zusammen 123 - 126 Bataillone, an der 100 km breiten Front.

Die Besatzungsstärke war also gegen den Monat Februar auf das Doppelte bis Dreifache angewachsen. Trotzdem hätte die Offensive vollen Erfolg haben können, wenn nicht das außerordentlich schwere Gelände auf den Hochflächen und das dem Gebirgskrieg eigene Vorgehen von Abschnitt zu Abschnitt den Angriff stark verzögert hätten, so daß die Italiener, dank den guten Eisenbahn- und Straßenverbindungen, starke Truppenmassen rechtzeitig zur weiteren Verstärkung ihrer Front heranbringen konnten. Wohl war zur Erschwerung oder Verhinderung dieses Heranbringens von Verstärkungen ein Fliegerangriff auf die drei großen Piavebrücken geplant. Er wurde auch durchgeführt und schneidig geflogen; der Erfolg blieb aber aus, weil damals die Technik des österreichischen Flugwesens für solche wichtige Kampfaufgaben noch nicht entwickelt war. Es fehlten die genügend tragfähigen Großflugzeuge, um schwere Sprengbomben mitzunehmen, es fehlten die Zielvorrichtungen, um ein Ziel mit einiger Sicherheit treffen zu können.

[206] In welchem Maße die Italiener Truppen heranführten, mag folgende Zusammenstellung zeigen:

    Am 15. Februar standen gegen Südtirol 40 - 51 Bataillone,
    am 15. Mai 123 - 126       "
    am 15. Juni 304       "
    am 25. Juni 344       "

überdies befand sich seit Anfang Juni eine neugebildete 5. Armee im Raume Padua - Bassano, deren Stärke und Zusammensetzung nicht bekannt wurde.

Diese Zusammenstellung setzt jedermann instand, sich ein Urteil darüber zu bilden, in welchem Maße das Zeitversäumnis den Erfolg beeinflussen mußte.

Bevor in die Schilderung der Ereignisse eingegangen wird, soll eine kurze Beschreibung des Angriffsgeländes Platz finden.

Bei Rovreit (Rovereto, 212 m) münden vereint zwei tiefeingeschnittene steilrandige Täler ins Etschtal ein: Das vom Pian della Fugazza kommende, Südnordrichtung einhaltende Brandtal (Valarsa) und das zum Borcolapaß nach Ost hinaufziehende Laimtal (Terragnolotal).

Zwischen dem Etschtal und dem Brandtal liegt der schmale, gegen das Brandtal mit Felswänden abfallende Zugnarücken, der, bei Rovreit beginnend, über die Zugna Torta (1257 m, der südliche Gipfel 1515 m) und die Coni Zugna (1865 m) nach Süden an Höhe zunimmt. Im Brandtal war vor Kriegsbeginn bei Valmorbia ein Sperrfort im Bau, das die Straße über den Pian della Fugazza sperren sollte. Unfertig, blieb es weit vor der Front. In beiden Tälern liegen die Wohnstätten auf den flacheren Vorsprüngen der Steilhänge; daher verlaufen auch die Wege auf den Hängen. Die Wasserläufe selbst fließen in weglosen Schluchten. Daher liegen auch alle Brücken hoch über dem Wasserlauf; ihre Zerstörung hindert die Bewegung aller Fuhrwerke und erschwert die der Infanterie stark.

Zwischen dem Brandtal und dem Laimtal erhebt sich breit und massig der mächtige Stock des Col Santo (2114 m) und des Passuberspitz (Passubio, 2236 m), der aus den beiden Tälern ungemein steil und in Felsabsätzen aufsteigt. Der Oberteil dieses Gebirgsstockes ist eine mächtige, stark gegliederte, scharfrandige Platte, die auf ihren weitgedehnten Alpenweiden zahlreiche Sennhütten enthält. Diese mächtige Platte fällt gegen den Talwinkel zwischen Brand- und Laimtal steil zu einer kleineren Platte ab, die die Orte Moscheri, Pozza und Bacaldo trägt. Zwei Bergstraßen führen aus dem untersten Laimtal in zahlreichen Windungen nördlich der Moscheriplatte vorbei hinauf auf die Platte des Col Santo. Vom Passuber, dessen Ostteil in wild zerklüfteten Felswänden abfällt, streicht ein Gebirgsrücken südlich des Posinatales gegen Osten, dessen bedeutendste Punkte der Monte Xomo, Monte Alba, Monte Cogolo (1656 m), der Monte Novegno (1552 m) und der Monte Summano sind, mit dem der Rücken nördlich Thiene scharf zur Ebene abfällt. Auf diesem Rücken [207] führt über den Monte Alba und Monte Xomo eine Straße hinauf zum Passuber.

Vom Passuber zweigt nach Norden ein Rücken ab, der hinüberleitet zur Hochfläche von Vielgereuth. Über diesen Rücken, der das Laimtal vom Posinatal trennt, führt durch den Borcolapaß ein zur Not fahrbarer Weg von einem Tal ins andere. Die Hochfläche von Vielgereuth fällt ungemein steil zum Laimtal und in felswanddurchsetzten, stark durch Nebenbäche gegliederten Hängen und Rücken zum Posinatal ab.

In diesem Raume hatte das VIII. Korps Richtung Pian della Fugazza, also im Brandtal, beiderseits dieses Tales auf dem Zugnarücken und quer über das Laimtal auf den Passuber anzugreifen.

In dem zum Laimtal abfallenden Steilrand der Hochfläche von Vielgereuth treten besonders der das Laimtal beherrschende Monte Maronia (1705 m) und der 1857 m hohe Monte Maggio hervor, wo der zum Borcolapaß und zum Passuber streichende Rücken abzweigt.

Auf die Hochfläche von Vielgereuth führt von Calliano im Etschtal (186 m) in 1000 m Anstieg eine steile, stark gewundene Bergstraße. Diese Hochfläche stellt ein nach Osten an Höhe zunehmendes, stark bewaldetes, felsiges und stellenweise verkarstetes Gebirgsgebiet dar, dessen höchste Linie in einem Rücken liegt, der die ganze Hochfläche durchzieht; er streicht von den Tonezza-Spitzen (1696 m) über den Monte Campomolon (1855 m), den Monte Torraro (1899 m) zum Monte Maggio, wo er an den zum Passuber ziehenden Rücken anschließt. Von diesem Rücken streichen, von Nebenbächen der Posina getrennt, felsige Rücken nach Süd, die in zerrissenen Felsbergen zum Posinatal abfallen. Die wichtigsten dieser Felsspitzen sind der Monte Majo (1500 m) bei Bettale, der Monte Seluggio (1100 m), der nach Peralto abfällt, und der Monte Cimone (1230 m), an dessen Südabsturz Arsiero liegt. Diese Hochfläche wird durch das tief eingeschnittene Astachtal (Asticotal) von der nördlich davon gelegenen Hochfläche von Lafraun - Asiago getrennt. Dieses Gebiet, einschließlich des Astachtales, war der Angriffsraum des XX. Korps.

Im Astachtal führt eine gute Straße von den Hochflächen nach Arsiero. Diese Straße war durch das italienische Sperrwerk Casa Ratti gesperrt.

Die Hochfläche von Lafraun ist, ähnlich der Hochfläche von Vielgereuth, ein stark bewaldetes, von tiefen schluchtartigen Talgräben durchrissenes Gebirgsland, das im Norden durch einen mächtigen Grenzkamm eingefaßt wird. Die von einem kleinen österreichischen Werke gekrönte Cima di Vezzena (1907 m), die Cima Mandriolo (2050 m), der Kempel (2303 m), die Zwölferspitze (2336 m) und die Cima Maora (2125 m) sind die wichtigsten Punkte dieses Felskammes.

Der Blick des auf der Lafrauner Hochfläche stehenden Beschauers wird im Osten durch einen mächtigen Bergvorhang begrenzt. Vom Kempel zweigt eine über 2000 m hohe Bergkette, der Kempelrücken, der Mitte Mai noch in Schnee [208] und Eis starrte, nach Süden ab. Nur ein einziger Übergang, eine mühsame Bergstraße, führt über die 1949 m hohe Portulescharte hinüber nach Osten in das Gebiet der Sette Comuni (Sieben Gemeinden). Der Kempelrücken endet mit dem Monte Meata (1842 m) an der tiefen, steil eingerissenen Assaschlucht die ihn bei Ghertele von dem 2019 m hohen Monte Verena trennt. Der Bergvorhang zieht dann vom Monte Verena nach Süden zum Campolongo (1710 m), der in steilem, felsigem Absturz zum Astachtal abfällt. Monte Verena und Campolongo trugen italienische Panzerwerke.

Die von der Straße Lafraun - Vezzena - Termine - Ghertele - Asiago durchzogene Assaschlucht streicht von Termine über Ghertele, wo sie Monte Meata und Monte Verena trennt, in südlicher Richtung bis in die Nähe von Asiago, um dort scharf nach Westen umzubiegen und bei Pedescala in das Astachtal zu fallen. Zwischen Roana und Canove war die Assaschlucht überbrückt. Südlich der hohen mächtigen Brücke kreuzte ein alter Fahrweg die Schlucht. Östlich des Bergvorhanges Kempelrücken - Monte Verena liegt das Gebiet der Sette Comuni mit dem Hauptort Asiago. Dieses Gebiet stellt ein kesselartig gegen den Mittelpunkt Asiago abfallendes, stark bewaldetes und stark gegliedertes Gebirgsland dar, das in seinem südlichen Randgebirge, mit dem es steil zum Astachtal und zur Ebene abfällt, stark verkarstet ist. Mächtige Felsblöcke bedecken dort den Waldboden, so daß mangelhafte Sicht und Ungangbarkeit dieses Gebiet zu einem besonders ungünstigen Angriffsgelände machen. Die ihre Umgebung um etwa 300 m überragenden, bewaldeten Karstberge Monte Kaberlaba, Monte Lemerle und Monte Magnaboschi, dann die 200 m höheren, kahlen Gipfel des Monte Faraoro und des Monte Pau und die in Felswänden gegen das Astachtal bei Arsiero abstürzende Platte des Monte Cengio sind die wichtigsten Punkte dieses Randgebirges. Die Cengioplatte wird durch die Schlucht des Val Canaglia vom Monte Pau getrennt.

Der zum Astachtal und zur Assaschlucht abfallende Eckklotz der Cengioplatte, die Punta Corbin, trug ein Panzerwerk, das das Astachtal und seine Straße weithin bis an die österreichische Grenze beherrschte.

Im nördlichen Teil der Sette Comuni streichen vom nördlichen Grenzkamm mehrere Rücken nach Süden herunter in die Gegend von Asiago und Gallio. Der westlichste dieser Rücken zweigt in der Nähe des Zwölferspitz ab und zieht über den Corno di Campo verde zum Monte Cucco, der vom Monte Meata durch das Val di Portule getrennt wird. Der nächste Rücken zieht von der Cima Maora herunter über den Monte Forno, Monte Zingarella, Monte Zebio, Monte Dorole zum Monte Interrotto. Monte Dorole und Monte Interrotto sind vom Monte Cucco und vom Monte Meata durch das Val di Galmarara getrennt, das das Val di Portule aufnimmt und selbst in die Assaschlucht mündet. Auf dem Interrotto stand ein altes italienisches Werk, das die Assastraße sperren sollte.

[209] In diesem Gebiet hatte das III. Korps den Angriff zu führen.

Der nördliche Grenzkamm der Hochflächen fällt in steilen Felswänden, die nur von wenigen Fußsteigen durchzogen werden, hinunter zum Suganertal, dem Angriffsraum des XVII. Korps. Im westlichen Teile des Suganertales liegt diesem Absturz der 1527 m hohe Armenterrarücken vor. Armenterrarücken und Absturzwand der Hochflächen schließen das Tal des Maggio ein, der bei Burgen (Borgo) in die Brenta mündet. Östlich des untersten Laufes des Maggio, der Armenterra gegenüber, steht der 1032 m hohe Civaron.

Nördlich des Suganertales erheben sich die Vorberge eines mächtigen Rückens, der mit der Panarotta (2002 m) nördlich von Löweck (Levico) beginnt, und über 2000 m hoch hinaufzieht zum Schrumspitz (2396 m) und zum Kreuzspitz (2491 m) in den Fassaner Alpen. Vom Schrumspitz zweigt eine Bergkette nach Südosten ab, die mit dem 1887 m hohen Salubio nördlich von Burgen (Borgo) endet. Der Salubio beherrscht sowohl das Becken von Burgen, als auch die einzige über die Fassaner Alpen in das Suganertal hereinführende fahrbare Weglinie, die über das Cadinjoch führende Kriegsstraße.

Aus dem Raum von Burgen sieht man weit im Südosten und knapp nördlich der Brenta die das Suganertal beherrschende Cima di Campo (1514 m), die eines der neuesten italienischen Panzerforts trug. Zusammen mit der alten Straßensperre von Primolano und mit den Panzerwerken des Monte Lisser in den Sette Comuni und des Col di Lan, westlich Fonzaso, sperrte es das Suganertal für das geplante Vordringen nach Feltre und Bassano.

Diese kurze Schilderung läßt erkennen, daß sich der Kampf in einem sehr schwierigen Gebirgsgelände abspielen sollte, in dem nur die straßendurchzogenen Täler eine rasche Vorbewegung gestatteten, auch dann, wenn sie eng und schluchtartig waren. Auf den Steilhängen und auf den Oberteilen, auch auf den sogenannten Hochflächen, war jede Bewegung Einzelner und von Truppen anstrengend, zeitraubend und ermüdend. Jede Angriffsbewegung erforderte daher viel Zeit und Vorsicht, damit nicht erschöpfte Truppen das Opfer eines Gegenangriffes würden.

Da die Angriffsräume der drei Angriffsgruppen im Gelände scharf getrennt waren, war für jede ein anderes, den örtlichen Verhältnissen angepaßtes Angriffsverfahren geboten. Es bestand daher kein einheitlicher Angriffsplan für alle drei Gruppen.


3. Angriff des Korps Scheuchenstuel.

Beim VIII. Korps hatte das Wirkungsschießen der Artillerie um 6 Uhr früh zu beginnen; der Infanterieangriff gegen die vordersten Stellungen bald zu folgen. Am rechten Flügel der 59. Infanteriedivision sollte der Versuch gemacht werden, die ersten Stellungen bei Pinter (Pintheri) und Senter im [210] Handstreich zu nehmen. Nur wenn der Handstreich nicht gelang, sollte auch dort die Artillerie um 6 Uhr früh mit dem Feuer einsetzen.

In den ersten Morgenstunden des 15. Mai gingen die Truppen der 18. Gebirgsbrigade im westlichen Teile des Laimtales zum Überfall auf die italienischen Stellungen vor. Der Handstreich scheiterte an der Wachsamkeit der Italiener.

Um 6 Uhr früh setzte an der ganzen Front des VIII. Korps das Wirkungsschießen ein. Die Wirkung war überall eine vortreffliche.

Um 8 Uhr vormittag hatten beide Infanteriedivisionen die ersten italienischen Stellungen in ihrer Hand; bei Rovreit (57. Infanteriedivision) war die Schießstätte südlich der Stadt, bei der 59. Infanteriedivision im östlichen Laimtal waren die Örtlichkeiten Zenger und Perger erreicht, deren gut deutsche Namen mit der Zeit in Zengheri und Pergheri verwelscht worden waren.

Bei der 57. Infanteriedivision schritt der Angriff südlich Rovreit mit immer vorverlegtem Artilleriefeuer rüstig vorwärts. Um 10 Uhr war dort die Höhe 689 genommen, um 10 Uhr 30 fiel auch das Castel Dante am Westhang dieser Höhe in unsere Hand. Nun mußte sich die Infanterie über schwieriges, nur schwer gangbares Gelände schrittweise gegen die nächste Höhe, Costa Violina, vorarbeiten. Trotz dem Flankenfeuer, das von der östlich gelegenen Höhe 751 herüberschlug, war dieser wichtige Punkt abends genommen. Während dieses Angriffes bereitete schwere Artillerie auch den Angriff auf 751 vor. Als gegen abend eine schwere Bombe auf 751 einschlug, zuckte eine grellrote Flamme hoch auf. Turmhoch stieg eine Rauchsäule rasend rasch gegen den Abendhimmel auf. Ein Munitionslager war in die Luft geflogen. Kurz darauf war auch die Höhe 751 im Besitze der 57. Division. Für den 16. Mai wurde der Angriff gegen die Zugna Torta von der Artillerie in Vorbereitung genommen.

Bei der 59. Infanteriedivision waren inzwischen um mittag die Gehöfte Pinter und Senter erobert worden. Dagegen ging der Angriff am linken Flügel, bei der 10. Gebirgsbrigade, gegen das sehr stark ausgebaute und zähe verteidigte Piazza nur langsam vorwärts. Da Piazza bis zum Abend nicht bewältigt werden konnte, hielt das Divisionskommando auch den rechten Flügel, die 18. Gebirgsbrigade, zurück. Für den 16. war beabsichtigt, Piazza mit schwerer Artillerie sturmreif zu schießen. Die 10. Gebirgsbrigade hatte dann, unterstützt von einer Gruppe der 18. Gebirgsbrigade, Piazza zu nehmen; die 18. Gebirgsbrigade sollte früh morgens den Laimbach überschreiten und die Moscheriplatte nehmen.


4. Angriff der Korps Erzherzog Karl und Křitek.

Während dieser Ereignisse beim VIII. Korps war auch der Angriff der alpenländischen Kerntruppen des XX. Korps auf der Hochfläche von Vielgereuth erfolgreich gewesen. Dort hatte sich die Artillerie bis 9 Uhr vormittags einzuschießen und das Wirkungsschießen von 9 Uhr vormittags bis 12 Uhr mittags [211] mit drei Feuerpausen durchzuführen. Um 12 Uhr war das Feuer um 500 m nach Osten vorzulegen. Die Infanterie hatte sich während des Artilleriefeuers bis auf 200 Schritt an die Hindernisse heranzuschieben, wo nötig Gassen zu sprengen und um 12 Uhr mittags zum Sturm vorzubrechen.

Um 11 Uhr 30 erstürmte die am rechten Flügel des Korps angesetzte 8. Infanteriedivision eine vorgeschobene Stellung der Italiener. Um 12 Uhr begann auf der ganzen Linie der Infanterieangriff, nachdem die umfassende Wirkung der mächtigen Artillerie des XX. und III. Korps in vorzüglicher Weise vorgearbeitet hatte. Fünf Minuten später erreichte der linke Flügel der 3. Infanteriedivision die feindliche Stellung, überschritt sie stellenweise sogar. Nun hatte die 3. Infanteriedivision die beiden ihren Abschnitt beherrschenden Berge, den Monte Coston und den Soglio d'Aspio, die 8. Infanteriedivision die beiden wichtigen Höhen der Costa d'Agra und die das Laimtal beherrschende Maronia zu nehmen. Nur langsam konnten die Truppen in dem schwierigen Gebirgsgelände vorwärts kommen. Um 3 Uhr nachmittags waren die drei Gruppen der 3. Infanteriedivision zum Angriff auf die genannten zwei Berggipfel angesetzt. Am Abend war der Coston bezwungen. Dagegen konnte die linke Gruppe den Felskopf des Soglio d'Aspio noch nicht gewinnen. Bei der 8. Infanteriedivision waren die Kaiserjäger mittags im Anstieg auf die Costa d'Agra, die sie bis zum Abend nahmen. Am 16. Mai war die Linie des XX. Korps etwas vorzutragen und festzuhalten.

Einen sehr günstigen Verlauf nahm der Angriff des XVII. Korps im Suganertal. Das vortrefflich geleitete Artilleriefeuer und die guten Bewegungsverhältnisse ließen den Angriff des rechten Flügels sofort gelingen. Der westliche Teil des Armenterrarückens wurde erstürmt. Der Angriff drängte nun in den nächsten Tagen auf diesem Rücken und im Maggiotal auf Burgen vor. Auch auf den Höhen nördlich der Brenta warfen die stürmenden Truppen die Italiener aus ihren vordersten Stellungen zurück.

So war am 15. Mai der Angriff an der schwierigen Gebirgsfront gelungen, die ganze erste italienische Stellung gebrochen; 65 Offiziere, darunter ein Oberst, und 2500 Mann waren gefangen, 11 Maschinengewehre und 7 Geschütze erbeutet.

Bei diesen Kämpfen traten zwei Gattungen von schweren Geschützen das erste Mal neben dem Dreißiger-Mörser und neben der 42-cm-Haubitze in Tätigkeit. Skoda hatte zwei 38-cm-Haubitzen beigestellt, die Meisterwerke des Geschützbaues waren. Sie wurden in je drei Bewegungseinheiten zerlegt fortgebracht. Jede Einheit hatte ihren Antriebswagen zur Erzeugung elektrischen Stromes, durch den die in allen Rädern angebrachten Elektromotoren angetrieben wurden. Verblüffend große Beweglichkeit war das Ergebnis dieses Aufbaues der Geschützeinheiten. Diese Haubitze verfeuerte ein 700 kg schweres Geschoß auf 16 km Entfernung, dessen Wirkung für die italienischen Panzerwerke eine vernichtende war. Diese schwerste Artillerie, die Dreißiger-Mörser, [212] die 38-cm- und die 42-cm-Haubitzen, nahmen vom 15. Mai an die italienischen Panzerwerke Verena, Campolongo und Pta. Corbin unter Feuer. Die Wirkung war, wie sich später an den Werken sehen ließ, eine furchtbare. Das Werk Verena war ein Trümmerhaufen, auf dem zwei Panzerkuppeln wie Nußschalen mit der Öffnung nach oben zur Seite geschleudert waren, indes die beiden anderen schon durch die in ihrer Nähe eingefallenen Treffer unbrauchbar geworden waren. Die Panzerwerke kamen bei dieser Wirkung der Artillerie als Sperrwerke gar nicht zur Geltung. Die Infanterie konnte einige Tage später bei den toten Panzerwerken unbehelligt vorbeimarschieren.

Die andere ungewöhnliche Geschützgattung war eine 35-cm-Schiffskanone, im Soldatenmund der "Lange Georg" benannt. Dieses Geschütz, das bei Caldonazzo im Suganertal in Stellung gebracht wurde, hatte die Aufgabe, seine mächtigen Geschosse bis auf 32 km in den Rücken der Italiener zu schleudern um dort Schrecken zu verbreiten. Als Ziel wurde diesem Geschütz, leider schon für den 15. Mai, Asiago vorgeschrieben, wo das 34. Divisionskommando lag, das den Befehl auf der Hochfläche von Lafraun - Asiago führte. Das Feuer wurde mit Fliegerbeobachtung geleitet. Der zweite Schuß saß mitten im Ort Asiago, der darauf von seinen Insassen fluchtartig verlassen wurde. Da der Angriff auf dieser Hochfläche erst einige Tage später erfolgte, das Divisionskommando sich bis dahin wieder erholte, blieb die erhoffte Wirkung aus.


1 [1/199]Tafel II, Skizze K. [Scriptorium merkt an: der Einfachheit halber von uns verkleinert oben im Text eingefügt; durch Mausclick zu vergrößern!] ...zurück...

2 [2/199]Zu jener Zeit Generalstabschef des Heeresgruppen-Kommandos Tirol. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte