Bd. 5: Der österreichisch-ungarische
Krieg
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Kapitel 3: Der Krieg 1914 gegen Rußland1
Feldmarschalleutnant Josef Metzger2
1. Der Aufmarsch.
Die Vereinbarungen zwischen der österreichisch-ungarischen und der
deutschen Heeresleitung für den Fall eines gleichzeitigen
Ost- und Westkrieges beschränkten sich im allgemeinen darauf, daß
Deutschland anfangs seine ganze Kraft nach dem Westen werfen werde, um dort
eine rasche, volle Entscheidung zu erzwingen und sich dann mit starken
Kräften gegen Rußland wenden zu können. Bis dahin fiel die
Aufgabe, die russische Übermacht zu bekämpfen, den Heeren
Österreich-Ungarns zu. Deutschland versammelte die 8. Armee in
Ostpreußen zum Schutze des Landes gegen den erwarteten umfassenden
Einfall der Russen. Beide Heeresleitungen legten Wert darauf, daß die
Wehrmacht Österreich-Ungarns trotz ihrer Minderzahl, ihre raschere
Mobilisierung und Versammlung benutzend, sobald als möglich zum
Angriff gegen die Russen schreite, um sie in ihrem Aufmarsch zu stören
und sie zu binden, bis durch die deutscherseits angestrebte rasche Entscheidung
im Westen für die Mittelmächte auch im Osten die Freiheit des
Handelns gewonnen war.
Diesen Vereinbarungen getreu wurden die Versammlung und die ersten
Operationen im Nordosten durchgeführt. Mitbestimmend für die
ersten Entschlüsse, denen eine weittragende Bedeutung zukam, waren
neben den eigenen Absichten auch die Nachrichten und Voraussetzungen
hinsichtlich der Stärke des Feindes, hinsichtlich der Zeit, welche seine
Mobilisierung und Versammlung in Anspruch nehmen werde, und hinsichtlich
seiner wahrscheinlichen Anfangsgruppierung.
Was die Stärke der gegen die Mittelmächte zu erwartenden
russischen Streitkräfte betrifft, so erwiesen sich alle Hoffnungen, daß
durch Unruhen im Innern und durch Schwierigkeiten an anderen Grenzen
erhebliche Teile des russischen Heeres gebunden bleiben würden, als irrig.
Die Unruhen im Innern blieben aus, die asiatischen Grenzen Rußlands
unbedroht; das Zarenreich konnte seine ganze ungeheure Heeresmacht gegen
Österreich-Ungarn und gegen Deutschland werfen. Nicht nur die 27
europäischen Korps einschließlich der Petersburger [23] Garde, der Moskauer
Grenadiere und der finnländischen Truppen, sondern auch die beiden
turkestanischen Korps und zwei der kaukasischen Korps wurden sogleich an die
Westgrenzen des Reiches gebracht. Die Haltung Japans machte überdies
auch alle sechs sibirischen Korps von vornherein für die Verwendung in
Europa frei; auch sie traten schon im Herbst 1914 in den Kampf ein.
Aber nicht nur mit der ganzen Wucht ihrer zahlenmäßigen
Übermacht fielen die Russen über die Mittelmächte her, sie
taten es auch viel früher, als unter normalen Verhältnissen
vorausberechnet worden war. Die zahlreichen "Probemobilisierungen", die in den
Jahren 1913 und 1914 in der russischen Armee durchgeführt wurden,3 gaben - da man ja dort
bewußt auf den Krieg hinarbeitete, - die willkommene Gelegenheit,
die Mobilisierungsdauer der Truppen erheblich zu verkürzen. Die zu
solchen Mobilisierungsproben eingerückten Mannschaften, aber auch die
hierbei formierten Trains wurden nicht wieder vollständig entlassen. Ein
großer Teil blieb zur Erhöhung der Friedensbestände und der
Kriegsbereitschaft unter den Fahnen. Insbesondere bei den Reservedivisionen, die
vorher nur ganz kleine Friedenskaders hatten, wurde auf diese Art der Kampfwert
erhöht und die Mobilisierung wesentlich beschleunigt. Die Nachrichten, die
der deutschen und österreichisch-ungarischen Heeresleitung über
diese unter dem harmlosen Übungsvorwand durchgeführten
Kriegsvorbereitungen zukamen, waren bei der sorgfältigen Absperrung des
russischen Gebietes, bei den großen Räumen und Entfernungen, die
der Erkundungsdienst zu überwinden hatte, nur spärlich und oft recht
verspätet.
Es kann nicht geleugnet werden, daß die russischen Heere in
größerer Stärke und schneller zur Hand waren, als den
Vorausberechnungen beider Heeresleitungen entsprach. Die Übermacht
mußte schon nach wenigen Wochen ein Maß erreichen, das den
ungleichen Kampf aufs äußerste erschwerte. Diese rasch zunehmende
Ungunst des Stärkeverhältnisses war für die Führung
bald erkennbar; sie der Allgemeinheit mitzuteilen, verbot sich von selbst: ihre
Kenntnis hätte die Zuversicht im eigenen Heer und Volk
herabgedrückt, die Zuversicht beim Feinde gesteigert. Einen Ausgleich
konnte nur der höhere innere und Kampfwert der Truppen und
Führer bieten sowie der Versuch, durch schnelles Handeln und hohe
Beweglichkeit die planmäßige Versammlung der feindlichen Massen
zu stören und die geschlossene Wucht ihres Einsatzes zu brechen. In der
bloßen Abwehr konnte ein solcher Ausgleich um so weniger gefunden
werden, als die weiten, für die Bewegung und für den Kampf
großer Heereskörper geeigneten Gebiete dieses Kriegsschauplatzes
den Russen die Möglichkeit boten, ihre Übermacht frei und voll zu
entfalten, wenn man sie ungestört gewähren ließ.
[24] Überschreitet die
feindliche Überzahl das erträgliche Maß so weit, wie es im
Jahre 1914 im Kriege gegen Rußland der Fall war, so ist die reine Abwehr
mit Erfolg nur dort anwendbar, wo die Lage den übermächtigen
Feind in die vom Verteidiger gewollte Front hineinzwingt, wie zum Beispiel an
der Isonzofront zwischen dem Golf von Triest und dem Hochgebirgskamm der
karnischen Alpen. Gegenüber Rußland konnte an die Herstellung
einer lückenlosen Front von der Ostsee bis zur rumänischen Grenze
im Jahre 1914 gar nicht gedacht werden, weil die Kräfte nach den damals
herrschenden Anschauungen dazu nicht annähernd ausreichten. Dem Feind
stand jede beliebige Überflügelung frei und die breiten Lücken
der Gesamtfront hätten dem Überschuß der feindlichen Massen
den notwendigen Raum zum Hereinfluten und zum Umklammern der
verbündeten Heere geboten, wenn diese in passiver Abwehr ihr Heil
gesucht hätten. Nur im Bewegungskriege mit wiederholter Erneuerung des
Angriffes, nur durch Vervielfältigung der Kräfte konnte das Ziel
erreicht werden, die Massen der russischen Heere nach und nach zu verbrauchen,
zu zermürben, um ihre Angriffskraft und schließlich auch ihren
Widerstand zu brechen. Durch viele Monate ist dieses Ziel von der Führung
beharrlich angestrebt, von den Truppen heldenmütig und mit hoher
Opferwilligkeit verfolgt worden, bis es nach harten Kämpfen endlich
siegreich erreicht wurde.
Für die ersten Operationen kam der Heeresleitung zustatten, daß die
Voraussetzungen über die Räume der feindlichen Versammlung und
über seine Anfangsgruppierung sich im allgemeinen als zutreffend
erwiesen. Jahrelang war es das Hauptziel des Erkundungsdienstes, festzustellen,
ob die Russen - auf ihre große Übermacht
gestützt - bei Kriegsbeginn wagen würden, ihre
Streitkräfte im polnischen Gebiet westlich der Weichsel zu versammeln,
oder ob sie Westpolen anfangs räumen und ihre Massen östlich der
Weichsel zum Aufmarsch bringen wollten. Die Kenntnis der
Leistungsfähigkeit des russischen Bahnnetzes und des Ausbauplanes ihrer
strategischen Eisenbahnen, die erst im Jahre 1916 voll ausgestaltet sein konnten,
die Nachrichten über die Verhandlungen Frankreichs mit Rußland
wegen Verwendung der für Kriegszwecke gewährten
Milliardenanleihe, das Drängen der militärischen Publizistik
Frankreichs auf eheste Vorverlegung der russischen Versammlung und die
ablehnende Haltung, die man russischerseits diesem Drängen
gegenüber einnahm, ließen mit großer Wahrscheinlichkeit
vermuten, daß es die russische Heeresleitung zunächst noch
vermeiden werde, sich mit ihren Streitkräften in das von preußischem
und galizischem Gebiet umfaßte Westpolen zu begeben. Die Erkundung
militärischer Maßnahmen zur Räumung des
Weichselvorlandes bestärkte in der Annahme, daß die russischen
Heere bei Kriegsbeginn östlich der Weichsel zu finden sein würden.
Hierbei wurde erwartet, daß sie - die Vorteile des Grenzverlaufes
benutzend - mit einer Heeresgruppe Ostpreußen umfassend gegen
Deutschland, mit ihrer Hauptkraft aber Ostgalizien umklammernd gegen
Österreich- [25] Ungarn aufmarschieren
würden. Diese Annahmen wurden durch die Tatsache bestätigt. Am
Njemen und am Narew wurde je eine russische Armee zum umfassenden Angriff
auf Ostpreußen bereitgestellt, während fünf Armeen (die 4., 5.,
3., 8. und dahinter Teile der 7.) sich im Halbkreis um Ostgalizien versammelten,
um konzentrisch vorzugehen und die Wehrmacht der Donaumonarchie
niederzuringen.
Des Armee-Oberkommandos Absicht war, den Russen im Angriff
zuvorzukommen und sie während ihrer Versammlung mit einem
kräftigen Stoß zu treffen. Dieser Stoß konnte nicht gleichzeitig
gegen ihre ganze, Ostgalizien umspannende Front geführt werden; das
hätte ein Zersplittern der Kräfte und ein Zerflattern der
Angriffsrichtungen zur Folge gehabt.
Da die Minderzahl eine Beschränkung in den Zielen auferlegte, konnte nur
die Offensive gegen den rechten, westlichen Flügel der Russen in Betracht
kommen, dessen Versammlung in den Räumen südlich Lublin und
südlich Cholm vermutet wurde. Diese beiden feindlichen Armeen konnten,
wenn man sie ungestört gewähren ließ, durch ihr Vorgehen
nach Süden Ostgalizien und die dortigen Streitkräfte völlig
umklammern und vom Kerngebiet Österreichs abtrennen. Mit der
Möglichkeit, daß die feindliche Übermacht den Rückzug
erzwingen konnte, war immerhin zu rechnen; was aber in diesem Falle unbedingt
verhindert werden mußte, war das Abdrängen des Nordheeres
über die östlichen Karpathen nach dem östlichen Ungarn. Das
hätte den Russen den Weg ins Herz der Mittelmächte freigegeben,
die österreichisch-ungarischen Armeen aber von allen Hilfsquellen des
Vaterlandes abgetrennt und das Schicksal des Reiches besiegelt. Ein Vorgehen
über die Ostgrenze Galiziens - etwa über Brody und
südlich davon - bei defensivem Verhalten gegen den von Lublin und
Cholm anrückenden Feind mußte wohl als ausgeschlossen gelten; es
hätte die eben geschilderten Gefahren in einem Maße gesteigert, das
bei dem ungünstigen Stärkeverhältnis ganz unstatthaft
war.
Die Anhäufung russischer Truppen in den westlichen Militärbezirken
ließ es schon vor Jahren nicht mehr rätlich erscheinen, den
Aufmarsch der gegen Rußland bestimmten Armeen nahe der Grenze
Ostgaliziens in Aussicht zu nehmen. So sehr jede Rückverlegung der
eigenen Absicht widersprach, möglichst früh und rasch zum Angriff
zu schreiten, widerriet die Besorgnis vor frühzeitigen russischen
Vorstößen mit immerhin namhaften Kräften, den Aufmarsch
leicht möglichen Störungen auszusetzen. Selbst der Raum um Lemberg schien allzusehr ausgesetzt zu sein, weshalb just im Frühjahr 1914
der Beschluß gefaßt wurde, die Masse des Nordheeres hinter der Linie
des San und des Dnjester zu versammeln.
Das Bild dieser ersten Versammlung gibt die Tafel I, Skizze B; sie läßt
auch ersehen, wie weit der Aufmarsch bis zum 20. August
gediehen war, wobei [26] jedoch bemerkt werden
muß, daß die Trains vieler Heereskörper und selbst Truppen
einzelner sich noch im Anrollen befanden.
Zu dieser Zeit waren die beiden für die Offensive zwischen Weichsel und
Bug bestimmten Armeen - die 1. Armee (General der Kavallerie Dankl)
und die 4. Armee (General der Infanterie
v. Auffenberg) - immerhin im großen nahezu operationsbereit.
Die 3. Armee (General der Kavallerie v. Brudermann) hatte zunächst
den Raum von Lemberg zu halten und sich hierzu östlich dieser Stadt zu
sammeln, die Armeegruppe General der Infanterie
v. Köveß - später 2. Armee (General der
Kavallerie v. Böhm-Ermolli) - war zum großen Teil
noch im Anrollen mit der Bahn aus Syrmien an den Dnjestr; 1½
Infanteriedivisionen sicherten den Raum zwischen Dnjestr und Pruth.
Am linken Weichselufer war die aus einer Kavalleriedivision und 2½
Landsturm-Infanteriedivisionen improvisierte Armeegruppe General der
Kavallerie v. Kummer schon im raschen Vormarsch von Krakau durch
russisches Gebiet gegen die Weichselstrecke abwärts der
Sanmündung; nördlich war sie begleitet vom preußischen
Landwehrkorps v. Woyrsch.
Die verbündeten Truppen stießen
hier auf keinen hartnäckigen Widerstand und erfüllten ihre
Aufgabe - Deckung der linken Flanke der in Galizien aufmarschierenden
Armeefront - vollkommen. Die Leistungen dieser größtenteils
aus Neuformationen bestehenden Gruppe, die schon zwei Wochen nach dem
ersten Mobilisierungstage in großen Märschen durch Feindesland
zog, sind größter Anerkennung wert.
Die Fernaufklärung der Kavalleriedivisionen begann am 15. August; sie
hatte das Ziel, die großen feindlichen Infanteriekörper festzustellen
und sollte womöglich bis in die Linie
Lublin - Cholm - Kowel - Luck -
Dubno - Ostrog - Starokonstantinow - Bar - Mogilew
vordringen. Es soll nicht geleugnet werden, daß die Forderung nach
weitreichender Aufklärungstätigkeit großer
Kavallerieverbände sich nicht bewährt hat und daß der Zweck
trotz tapferster Haltung der Truppe, trotz großer Leistungen und Opfer nur
zum geringen Teil erreicht wurde. Die Kavallerie suchte, ihrer Tradition und ihrer
Erziehung im Frieden folgend, den Reiterkampf mit der feindlichen. Wo sie ihn
erzwingen konnte, war sie siegreich. Die Russen aber wichen dem Kampfe zu
Pferde meistens aus, sie verzögerten im Feuerkampf bei geschickter
Benutzung ihrer Erfahrungen des mandschurischen Krieges das Vorgehen der
gegen sie vorgehenden Reiterei, brachten ihr erhebliche Verluste bei und
verhinderten in vielen Fällen das Vorgehen bis an die Hauptkraft ihrer
Infanterie. Die Skizze Ib
läßt erkennen, wie weit bis zum 20. August das Erreichte hinter den
ursprünglichen Zielen zurückblieb. Durchgreifende Erfolge hat die
im Beginn des Feldzuges eingeleitete Aufklärung mit großen
Kavalleriekörpern nicht erbracht.
Am 14. August setzten auch die Flieger, trotz ihres dürftigen Standes und
des unzulänglichen Materials, mit ihrer Erkundung in den Armeebereichen
ein. Ein deutsches Luftschiff ergänzte ihre Arbeit mit einem Fluge
über Kielce - Iwan- [27]
gorod - Lublin nach Przemysl, wo sich die
österreichisch-ungarische Heeresleitung, General der Infanterie Erzherzog
Friedrich und Chef des Generalstabes General der Infanterie Franz Freiherr
Conrad v. Hötzendorf, eingerichtet hatte. Die Ergebnisse der
gesamten Luftaufklärung waren gute, aber auch die Verluste, zumeist durch
mangelhafte Betriebssicherheit der Flugzeuge verursacht, erhebliche.
Das allgemeine Bild über den Feind, das der Erkundungsdienst bis zum 20.
August ergab, war folgendes: Räumung des westlichen Weichselvorlandes
durch die Russen, Versammlung starker Kavallerie östlich der Weichsel im
Halbkreis um Ostgalizien bis zum Dnjestr, dahinter Eisenbahnaufmarsch der
feindlichen Infanterie. Die auf Lublin und Cholm anrollenden Kräfte
wurden auf etwa 20 Infanteriedivisionen geschätzt, die anfangs September
operationsbereit sein konnten; starke Ansammlungen wurden bei Kowel, Luck
und Dubno gemeldet. Die Lage an der Ostgrenze Galiziens war bis zum 20.
August noch wenig geklärt: der Vermutung, daß dort die
Hauptkräfte der russischen Militärbezirke Kijew und Odessa zum
Aufmarsch gelangen würden, standen manche Nachrichten entgegen,
welche auf die Räumung des Grenzraumes östlich des Zbruczflusses
hindeuteten. Erst am 21. August klärte sich dort das Bild: starke feindliche
Kavallerie, von Infanterie gefolgt, überschritt in breiter Front den Zbrucz
und drang gegen Tarnopol - Trembowla und südlich davon
vor.
Schon waren die Russen in Ostpreußen eingebrochen und die
jüngsten Nachrichten kündeten den Rückzug der deutschen 8.
Armee und die beabsichtigte Preisgabe des ganzen Gebietes bis zur Weichsel.
Kaiser Wilhelm forderte das Armee-Oberkommando in Przemysl auf, die
Offensive zu ergreifen und seine hartbedrängte Ostfront nicht im Stich zu
lassen. Dazu trat jetzt der unvermutet frühzeitige Vormarsch der Russen
über den Zbrucz. Es schien, als ob der Entschluß, der drohenden
Umklammerung der aufmarschierenden Streitkräfte durch die Offensive der
1. und 4. Armee zwischen Weichsel und Bug zuvorzukommen,
ungesäumt - ohne noch die gänzliche Beendigung des
Aufmarsches abzuwarten - ausgeführt werden müsse.
Demgemäß wurde am 22. August befohlen, daß die 1. Armee
(I., V. und X. Korps, zusammen 9 Infanteriedivisionen) den begonnenen
Vormarsch durch die sandige, bewaldete und versumpfte Zone am
Tanew-Fluß fortzusetzen und am 23. August den Höhenrand
nördlich der Waldzone von der Weichsel bis Frampol fest in die Hand zu
nehmen hatte.
Die 4. Armee (II., XVII. und VI., später noch IX. Korps, zusammen 8,
später 9 Infanteriedivisionen) sollte am 23. August in der Front
Terespol - Narol zum Vorgehen nach Nord oder Nordost
bereitstehen.
Die 3. Armee (XI. und XIV. Korps nebst 2 Honved-Infanteriedivisionen,
zusammen 6 Infanteriedivisionen) hatte sich bis zum 25. August nördlich
und östlich von Lemberg zu versammeln, wohin ihr noch das III. Korps mit
3 In- [28] fanteriedivisionen
zugeschickt wurde. Ihre nächste Aufgabe war, feindliche Einbrüche
über Sokal, Radziechow und Brody abzuweisen.
Die Armeegruppe Köveß sollte mit ihren 3 Kavalleriedivisionen und
der 11. Infanteriedivision den Vormarsch des über Tarnopol und
südlich davon eingebrochenen Feindes verzögern und nach
Heranziehen des XII. Korps am 23. August bereit sein, gegen die von Ost
vorgehenden Russen einen Schlag zu führen, wenn diese an die Linie
Krasne - Dunajow vorgingen. Darüber hinaus sollte
eigenerseits zunächst nicht vorgerückt werden.
Die 43. Landwehr-Infanteriedivision aus der Bukowina und die im Raum
Stanislau - Jezupol - Halicz einlangenden Teile der 2. Armee
(IV. und VII. Korps mit zusammen 5 Infanteriedivisionen) sollten sich bereit
machen, den südlich Tarnopol gegen West vordringenden Feind
abzuweisen, falls er auf Niżniow und gegen die Zlota Lipa vorrücken
sollte.
Zwischen Dnjestr und Pruth blieb nur die 35. Landsturm-Infanteriebrigade.
Diese Befehle wurden am 24. August, als schon große Teile der 1. Armee
im Kampfe standen, im Sinne der grundlegenden Absicht eines kräftigen
Schlages zwischen Weichsel und Bug ergänzt:
Die 1. Armee hatte in der Hauptrichtung Lublin, mit dem rechten Flügel
über Biskupice vorzugehen, sollte trachten, den Ostflügel des
Feindes zu umfassen, und hatte sich gegen Iwangorod zu sichern. Die
Armeegruppe Kummer sollte ehestens die Weichsel abwärts der
Sanmündung überschreiten und sich der 1. Armee anschließen;
ihr folgte auch das deutsche Landwehrkorps Woyrsch.
Die 4. Armee hatte mit dem rechten Flügel im allgemeinen entlang der
Huczwa vorzudringen, bei starker Sicherung gegen Ost. Von der 3. Armee hatte
sich das XIV. Korps (3., 8. Infanteriedivision und 41.
Honved-Infanteriedivision) in der Staffel rechts der 4. Armee in Richtung auf
Grubieszow anzuschließen und gegen den Bug zu sichern.
Dem Armee-Oberkommando in Przemysl schwebte somit der Gedanke vor, mit
einer starken Kraft nach Norden vorzustoßen, deren Flanke und
Rücken gegen Ost durch die gestaffelt angeordneten Gruppen XIV. Korps,
3. Armee, Armeegruppe Köveß und 2. Armee, soweit letztere in der
nächsten Zeit verfügbar wurde, gesichert werden sollte.
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