Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917
Kapitel 6: Der Feldzug in Serbien
(Forts.)
Oberst Theodor Joachim
2. Die Niederwerfung
Serbiens.
Vorbereitungen zur Erzwingung des
Save- und Donau-Übergangs.
Als die deutsche Oberste Heeresleitung Anfang 1915 den Entschluß
gefaßt hatte, Serbien durch einen raschen Angriff niederzuwerfen, war General v. Falkenhayn
auch gleich darangegangen, in aller Stille die dazu
nötigen Vorbereitungen durchzuführen, um im gegebenen
Augenblick schnell handeln zu können. Ein Angriff größeren
Umfanges über die Drina kam nicht in Betracht; schon das
äußerst mangelhafte Eisenbahnnetz in Bosnien und der Herzegowina
machte ihn unmöglich. So folgte man dem Wege aller früheren
Kriegszüge in [324] das serbische Gebiet
und entschied sich dafür, die Operationen über die untere Save und
die Donau zu führen, von wo sie, den großen Straßen durch das
Bergland und dem Morava-Tal nach Süden folgend, auf kürzestem
Wege in das Herz Serbiens führten und dort mit der von Osten her
vordringenden bulgarischen Armee zusammentreffen mußten. Freilich gab
es auch nach geglücktem Übergang noch Schwierigkeiten genug zu
überwinden, denn das
Morava-Tal war an seiner Mündung stark versumpft und durch viele tote
Wasserarme schwer gangbar; auch stieg das beiderseits des Flusses nach
Süden hin zu durchschreitende Bergland allmählich zu immer
höheren Erhebungen an und bot dem Verteidiger durch seine zahlreichen
gleichlaufenden Abschnitte treffliche Stellungen für einen
hartnäckigen Widerstand.
Von der Donau-Front schied der Abschnitt zwischen Ram und Orsova, also vom
Eintritt der Donau aus der ungarischen Tiefebene in das
ungarisch-serbisch-rumänische Grenzgebirge bis zur rumänischen
Grenze, von vornherein für den Übergang stärkerer
Kräfte aus. Denn waren an sich schon die steilen Uferhänge und die
zunehmende Stärke der Strömung dem Übergang wenig
günstig, so mußten die daran anschließenden Bewegungen in
dem unwegsamen, bewaldeten und wenig bevölkerten Berglande, das sich
nach Süden immer höher und höher erhob und immer
ärmer an Wegen wurde, unter dem Widerstand der Serben sehr bald ins
Stocken geraten.
Bereits im Frühjahr 1915 erkundeten deutsche Generalstabsoffiziere
unauffällig das Gelände und die Stellungen des Feindes an der
Donau und leiteten alle erforderlichen Anstalten zu einem überraschende
Übergang ein. Eine ungeheure Arbeit war zu leisten; galt es doch, einen
gewaltigen, durchschnittlich 700 bis 1200 m breiten Strom mit starker
Strömung angesichts der vom Feinde besetzten Höhen des serbischen
Ufers, die das ungarische Flachland weithin beherrschten, zu überwinden,
um dann noch den mit modernen Waffen ausgerüsteten Gegner im ersten
Anlauf zu überrennen. Dabei mußten diese umfangreichen und
schwierigen Vorbereitungen dem Feinde unbedingt verborgen bleiben; nur wenn
er überrascht wurde und nicht Zeit fand, geeignete Gegenmaßregeln
zu ergreifen, konnte das kühne Wagnis glücken.
Im Großen Hauptquartier zu Pleß schätzte man die serbischen
Streitkräfte auf etwa 190 000 bis 200 000 Mann; doch glaubte
man, außerdem mit dem Eingreifen von etwa 330 000 Mann in
Saloniki landender Ententetruppen rechnen zu müssen. Je schneller man
handelte und je wirksamer die Umfassung des serbischen Heeres wurde, um so
eher konnte man hoffen, die Serben vor dem Eingreifen der Entente vernichtend
zu schlagen. Die in Bosnien und der Herzegowina stehenden k. u. k.
Truppen waren durch Abgaben an die italienische Front geschwächt und bis
auf eine Division bei Višegrad für schnelle, nachdrückliche
Unternehmungen in schwierigem Gelände nicht geeignet. Sie sollten
deshalb nur die Montenegriner in Schach halten. Der Hauptstoß war
über die untere, [325] etwa 300 bis
500 m breite Save bei und westlich Belgrad und über die Donau
zwischen Belgrad und Ram beabsichtigt, während die Bulgaren einige Tage
später die Ostfront anzugreifen hatten. Zu diesen Operationen sollten
Deutschland und Österreich-Ungarn bis zum 6. Oktober je sechs Divisionen
an der Save und Donau, die Bulgaren bis zum 11. Oktober mindestens vier
Divisionen (bulgarische 1. Armee) an der serbischen Ostgrenze aufmarschieren
lassen. Den Oberbefehl über alle diese zu einer Heeresgruppe vereinigten
Truppen wurde dem Generalfeldmarschall v. Mackensen übertragen.
Es zählten aber nicht die in Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien
verbleibenden k. u. k. Truppen, die nach wie vor dem Befehle des
Landeschefs in Sarajewo unterstanden, dazu. Auch die bei Köstendil und
Strumica sich sammelnden bulgarischen Truppen (etwa zwei Divisionen) waren
selbständig, doch sollten sie gleichzeitig mit den oben genannten vier
Divisionen vorgehen, ins
Vardar-Tal eindringen und die Verbindung der serbischen Armee mit den in
Saloniki zu erwartenden Ententetruppen abschneiden.
Von den zehn vorhandenen bulgarischen Divisionen waren somit, abgesehen von
der noch in Bildung begriffenen mazedonischen Division, fünf Divisionen
zum Einbruch nach Serbien bestimmt. Hinter der südlichen Gruppe, der
bulgarischen 2. Armee, stand außerdem die 3. Division bei Dubnica bereit.
Sie bildete zunächst eine Reserve in der Hand der bulgarischen
Heeresleitung, deren Augen gespannt auf Griechenland blickten. An der
griechischen Grenze sicherten bei Melnik im
Struma-Tale und östlich die 2. und in der Nähe der Küste bei
Gümüldžina die 10. Division. Zur Deckung gegen
Rumänien und Sicherung der Küste am Schwarzen Meer standen die
4. und 5. Division in den Bezirken von Schumla und Rušžuk.
Eingedenk ihrer bösen Erfahrungen mit Rumänien 1913, wies die
bulgarische Heeresleitung besonders darauf hin, daß ihr zur Deckung des
Rückens gegen Rumänien nur diese beiden Divisionen verblieben,
daß also die Neutralität Rumäniens unbedingt gesichert bleiben
müßte. Dies konnte die deutsche Oberste Heeresleitung allerdings
nicht verbürgen; am besten wirkten wohl schnelle Erfolge in Serbien;
immerhin traf sie alle Vorsichtsmaßregeln, um bei dem beginnenden
Eintreffen deutscher Truppen im Banat unliebsame Zwischenfälle an der
rumänischen Grenze zu vermeiden. Überdies verpflichtete sich
Deutschland in dem mit Bulgarien abgeschlossenen Vertrage, im Falle eines
günstigen Verlaufs der Operationen gegen Serbien je eine gemischte
Infanterie-Brigade nach den bulgarischen Häfen Varna und Burgas zur
Abwehr russischer Landungsversuche und deutsche Unterseeboote zum Schutz
der bulgarischen Küste ins Schwarze Meer zu entsenden. Es schien dies
angebracht, um auf russenfreundliche Kreise der Bevölkerung, deren
Haltung nicht ganz zuverlässig war, einzuwirken. Deutschland
erklärte sich außerdem bereit, Bulgarien eine erhebliche finanzielle
Unterstützung zu gewähren und, soweit irgend möglich,
Kriegsmaterial an das [326] industriell wenig
entwickelte Land zu liefern. Überdies erbot es sich, die Türkei zu
veranlassen, den Hafen von Dedeagač gegen feindliche Landungen zu
schützen, falls Bulgarien diesen Wunsch aussprechen sollte. Die dazu
verwendeten türkischen Truppen sollten unter bulgarischen Oberbefehl
treten. Bulgarien seinerseits verpflichtete sich, bis zur Beendigung der
Operationen gegen Serbien Griechenland und Rumänien gegenüber
vollste Neutralität zu wahren, falls beide Länder gleichfalls neutral
bleiben würden.
So hatte sich endlich der sehnliche Wunsch des Generals v. Falkenhayn
erfüllt, nachdem noch im letzten Augenblick recht ernste Schwierigkeiten
wegen des gemeinsamen Oberbefehls aufgetreten waren. Nun konnte man hoffen,
der schwer bedrängten Türkei bald die notwendige Hilfe zu bringen.
Da zogen im Westen neue schwere Wetterwolken auf. Seit Anfang September
mehrten sich die Anzeichen eines drohenden Vorstoßes der
Engländer in der Gegend von Lille und eines Angriffs der Franzosen in der
Champagne. Doch auch dies vermochte den deutschen Generalstabschef nicht
mehr zu beirren. Mitte September begannen die ersten Truppentransporte der neu
zu bildenden deutschen 11. Armee des Generals der Artillerie v. Gallwitz
im Raume nördlich des
Donau-Abschnitts zwischen Temes-Mündung und Ram einzutreffen: III.
Armeekorps (5.4 und 6.
Infanterie-Division, IV. Reservekorps (105. und 11. bayerische
Infanterie-Division) und X. Reservekorps (101. und 103.
Infanterie-Division) mit starker schwerer Artillerie und allen nötigen
Hilfstruppen. Der Übergang sollte mit den Hauptkräften bei Ram,
mit schwächeren Kräften bei Semendria erfolgen.
Scheinunternehmungen bei Orsova hatten die Aufmerksamkeit des Gegners
abzulenken.
Die k. u. k. 3. Armee unter General v. Köveß (ursprünglich, aber nur für kurze Zeit, unter General v. Tersztyansky) stellte sich
nördlich Belgrad und in Syrmien bereit, um mit den Hauptkräften bei
Belgrad, mit anderen Teilen bei Kupinovo überzugehen.
Die bulgarische 1. Armee unter Generalleutnant Bogadjeff sammelte sich
zwischen der Donau und der Bahn
Sofia - Nisch: 6. Division5 mit 50 schweren Geschützen bei
Kula, 8. und 9. Division mit 30 bis 40 schweren Geschützen bei
Belogradčik, 1. Division bei Caribrod. Selbständig davon stellten
sich die 7. Division und die mazedonische Legion (später 11. Division) bei
Köstendil und Strumica bereit.
Die dem Generalfeldmarschall v. Mackensen erteilte Aufgabe wies ihn an, die
serbische Armee zu schlagen, wo er sie finden würde, und möglichst
bald die [327] sichere Verbindung zu
Land und Wasser zwischen Ungarn und Bulgarien zu öffnen. Hierzu sollte
nach geglücktem Übergange über die Save und Donau die
k. u. k. 3. Armee unter Sicherung ihres rechten Flügels gegen
das Kolubara-Tal durch das obere Lug-Tal über Topola gegen Kragujevac,
die 11. Armee durch und beiderseits des Tales der Morava nach Süden
vordringen.
Die bulgarische 1. Armee sollte mit den Hauptkräften der 6. Division von
Kula aus das befestigte Zaječar nehmen und mit einer Nebenkolonne
über Negotin vorgehen, um durch Säuberung des
Donau-Knies zwischen Negotin und Orsova den Stromweg möglichst bald
wieder freizumachen. Die bulgarische 8. und 9. Division sollten von
Belogradčik nach Nisch vordringen, während die 1. Division, von
Caribrod aus vorgehend, das befestigte Pirot zu nehmen und ihre weiteren
Operationen mit den Bewegungen der 8. und 9. Division in Einklang zu bringen
hatte.
Gleichzeitig mit der Armee Bogadjeff sollten die 7. Division und die
mazedonische Legion unter Generalleutnant Todoroff von Köstendil und
Strumica ins Vardar-Tal vorbrechen, um baldigst die Bahn
Nisch - Saloniki zu sperren.
Das Ziel war, im schnellen konzentrischen Vorstoß der 3., 11. und 1.
bulgarischen Armee den Raum
Kragujevac - Ćuprija - Aleksinac - Nisch zu
gewinnen. Auf dem Wege dorthin oder in dieser Linie selbst hoffte man die
serbische Armee zu stellen und zu vernichten; denn ein Ausweichen in das
unwirtliche Hochgebirge zwischen den Tälern der westlichen und
südlichen Morava bedeutete für das serbische Heer bei
tatkräftiger Verfolgung der Verbündeten seine völlige
Auflösung. Auch war nicht anzunehmen, daß die Serben die wichtige
Festung und zweite Hauptstadt Nisch und vor allem das für die Herstellung
ihres Kriegsgeräts unentbehrliche Arsenal von Kragujevac ohne heftigen
Widerstand aufgeben würden.
Am 18. September übernahm Mackensen in Temesvar (73 km
nördlich Werschetz) den Befehl. Zu dieser Zeit waren von den deutschen
Truppen bereits eingetroffen: die Generalkommandos des IV. und X.
Reservekorps, die 101. und die 11. bayerische
Infanterie-Division. Die übrigen Truppen rollten mit der Bahn heran. Da
trat ein Rückschlag in Ostgalizien und Wolhynien ein. Dort waren die
Russen plötzlich zum Gegenstoß übergegangen. Schwere
Kämpfe entbrannten. Die Lage wurde für die
österreichisch-ungarische Front immer bedrohlicher. Die
k. u. k. Heeresleitung mußte mitteilen, sie könne die
volle Zahl der für das serbische Unternehmen von ihr zugesagten
Divisionen nicht mehr stellen. Gleichzeitig entlud sich am 21. und 22. September
auch das im Westen drohende Unwetter bei La Bassée und Arras
und in der Champagne - die Einleitung zu wochenlangen
Materialschlachten. Für das dort zu erwartende fürchterliche Ringen
standen der Obersten Heeresleitung nur noch ganz wenige Heeresreserven zur
Verfügung. Und trotzdem wurden für die ausfallenden vier
k. u. k. Divisionen das [328] deutsche XII.
Reservekorps (43. und 44.
Reserve-Division und 26. Infanterie-Division) und die 25.
Reserve-Division (trat für die 5. Division zum III. Armeekorps) nach der
serbischen Nordgrenze geleitet. Sie sollten gleichzeitig den dort bereits
versammelten k. u. k. Truppenteilen, deren Offensivkraft nicht sehr
groß zu sein schien, einen festen Rückhalt
gewähren. - Ein großes Wagnis! Aber es gelang dank der
heldenmütigen Tapferkeit der deutschen Kämpfer an der Westfront,
die unerschütterlich dem wütenden Ansturm der an Zahl und
Material weit überlegenen Gegner standhielten.
An k. u. k. Truppen verfügte Mackensen an der Save und Donau und im
Banat über die k. u. k. 3. Armee mit dem k. u. k.
VIII. Korps (57. und 59.
Infanterie-Division und die Landsturm-Brigaden der Generale Haustein und
Mrazek), die 205., die 206.
Landsturm-Brigade und die Brigade Schwarz, aus denen später mit der
noch hinzukommenden 53.
Infanterie-Division (17., 20. und 21.
Landsturm-Gebirgs-Brigade) das k. u. k. XIX. Korps gebildet wurde,
sowie zwei selbständige Gruppen am
Drina - Save-Knie (Gruppe des Generalmajors Streith in
Stärke einer Brigade, Gruppe des Feldmarschalleutnants Sorsich in
Divisionsstärke). Außerdem wurden der Heeresgruppe auch noch die
im Banat stehenden Sicherungstruppen des Feldmarschalleutnants
Füllöp (7 Etappen-Bataillone, 1 Eskadron, 7½ Feldbatterien
und 1½ schwere Batterien) unterstellt. Eine Verstärkung dieser
Truppen kam vorerst nicht in Betracht. Dafür stellte aber die
k. u. k. Heeresleitung für zwei deutsche Divisionen die volle
und für die übrigen deutschen Divisionen die teilweise
Gebirgsausrüstung einschließlich Tragtiere zur Verfügung,
ohne die in dem zu betretenden neuen Kriegsschauplatz nicht auszukommen
war.
Auf Anordnung der Obersten Heeresleitung sollte von Mitte September ab das
serbische Donau-Ufer zur Täuschung des Gegners wiederholt mit
Artilleriefeuer belegt werden. Daraufhin eröffnete am 19. September die
11. bayerische Infanterie-Division leichtes Steilfeuer gegen die feindlichen
Stellungen bei Semendria. - Die ersten Schüsse des neuen Feldzuges
waren gefallen. - Die Serben antworteten nur schwach. Ihr
Hauptaugenmerk richtete sich außer auf den unteren
Save-Lauf, wo die k. u. k. 3. Armee stand, besonders auf den
Donau-Abschnitt zwischen Bazias (dicht östlich Ram) und Orsova.
Vielleicht, daß sie glaubten, der Angreifer würde trotz der Ungunst
des Geländes gerade diesen Abschnitt wegen der Nähe der
bulgarischen Grenze wählen, um möglichst schnell die unmittelbare
Verbindung mit dem Bundesgenossen herzustellen. Dementsprechend war auch
die Verteilung der serbischen Kräfte, die noch durch eine Anzahl von
Rußland zur Verfügung gestellten Kanonenboote unterstützt
wurden.
Die Stützpunkte für die Verteidigung des Stromes weiter
flußwärts bildeten die befestigten Orte Požarevac, Semendria
und Belgrad, deren veraltete Werke durch Batterieanlagen verstärkt worden
waren. Im Abschnitt zwischen dem unteren Laufe der Morava und der Kolubara
hatten die Serben auch im
Hinter- [329] gelände
zahlreiche Befestigungen angelegt. Weiter westwärts lagen an den Ufern
der Save und Drina die Befestigungen aus der ersten Zeit des Krieges. Sie fanden
ihre Fortsetzung in dem noch von den Serben besetzten österreichischen
Gebiet bei Višegrad bis zu den Bergen
Montenegros. - An der Ostgrenze hatten die Serben, als die Haltung
Bulgariens unsicher wurde, die Gebirgspässe besetzt und durch
Befestigungen verstärkt.
Das serbische Heer war in vier Armeen und einige selbständige
Kampfgruppen eingeteilt. An der Ostgrenze stand fast die Hälfte aller
Streitkräfte: die 2. Armee mit der Masse bei Pirot, mit abgezweigten
Kampfgruppen weiter südlich an der Bahn
Nisch - Saloniki in der Gegend von Kumanovo und Vranje und
nördlich in der Gegend von Knjaževac. Daran anschließend
deckte die 4. Armee den Raum von Zaječar bis etwa halbwegs
Orsova - Bazias. Den Donau-Abschnitt zu beiden Seiten der Morava
sicherte die 1. Armee, an die sich bei Belgrad und am unteren
Save-Lauf die 3. Armee anschloß. Bei Višegrad stand eine besondere
Gruppe in befestigter Stellung. Truppen des dritten Aufgebots waren im
Sicherungsdienst längs der Grenzen verteilt. Eine Heeresreserve scheint
außer den bei Palanka (südlich Semendria) untergebrachten vier
Kavallerie-Regimentern nicht bestanden zu haben. Über die Verteilung der
serbischen Streitkräfte war die Oberste Heeresleitung zunächst nur
mangelhaft unterrichtet. Man nahm an der Drina und Save etwa 90 000
Mann, an der Donau, der 11. Armee gegenüber, etwa 50 000 und an
der Ostfront und im Donau-Knie im ganzen etwa 120 000 Mann an.
Für die serbische Heeresleitung kam es darauf an, einen Einbruch des
Gegners über die Grenzströme
und -gebirge zu verhindern. Mißlang dies, so mußte sie durch
zähes Festhalten jedes sich bietenden Abschnitts, an denen das Land so
ungemein reich war, Zeit zu gewinnen suchen, bis die bestimmt erwartete Hilfe
der Entente von Saloniki herannahte. Tatsächlich begann diese trotz des
Widerspruches Griechenlands Anfang Oktober Truppen in Saloniki zu landen. Es
sollten zunächst 150 000 Mann ausgeschifft werden, die man bald
auf 200 000 Mann zu bringen hoffte. Der Oberbefehl wurde dem
französischen General Sarrail übertragen. Die französischen
Truppen kamen aus Marseille, Algier und Marokko, die englischen, aus
europäischen Bataillonen und indischen Truppen bestehend, aus
Ägypten und von der Halbinsel Gallipoli. Die Bereitstellung dieser
"Orientarmee" verzögerte sich infolge mancherlei Umstände
beträchtlich, wobei Unstimmigkeiten zwischen Paris und London und die
Anwesenheit von Unterseebooten der Mittelmächte im Mittelmeere eine
nicht unbedeutende Rolle spielten. Am 10. Oktober waren erst 35 000
Mann in Saloniki ausgeschifft, denen es aber an allem, was zur
Kriegführung auf einem so schwierigen Kriegsschauplatz nötig war,
fehlte. - Der Antransport dieses Hilfskorps war der Obersten Heeresleitung
bekannt. Angeblich sollten auch italienische Truppen in Stärke von zwei
Divisionen herangeführt werden. Über Griechenlands Haltung
war [330] man unterrichtet.
König Konstantin hatte, um jeden Anlaß zu Reibungen und
Zwischenfällen zu vermeiden, alle griechischen Postierungen von der
bulgarischen Grenze auf Gewehrschußweite zurückziehen lassen. Die
Rumänen schienen keinerlei besondere militärische Maßregeln
zu treffen; immerhin hielt man es für angebracht, an den Befestigungen
längs der rumänischen Grenze, besonders im Banat, eifrigst
weiterzuarbeiten.
Die Tatsache der bevorstehenden Landung stärkerer Streitkräfte der
Entente in Saloniki mahnte dringend, die Serben schnell entscheidend zu
schlagen. Das konnte aber nur mit Truppen ausgeführt werden, denen die
nötige Stoßkraft und Beweglichkeit innewohnte. Das
k. u. k. XIX. Korps, dem bei dem Vorgehen nach geglücktem
Übergang gerade die überaus wichtige Aufgabe der Deckung der
rechten Flanke der Heeresgruppe zufiel, bestand aber vorläufig nur aus
zwei Landsturm-Brigaden. Die Heeresgruppe veranlaßte daher die
Heranziehung der bei Višegrad stehenden, gebirgsmäßig
ausgerüsteten und kampfkräftigen k. u. k. 53. Division
zum XIX. Korps. Mackensen verzichtete damit allerdings auf eine
tatkräftige Mitwirkung dieser Stoßgruppe in der operativ sehr
wirksamen Richtung über Užice in den Rücken der serbischen
Armeen. Er mochte aber
wohl - nicht mit Unrecht - glauben, daß dieser Vorstoß
durch das Gebirge doch mit sehr erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen
haben würde, besonders da die Montenegriner bereitstanden, einem solchen
Vormarsch in die Flanke zu fallen, wozu sie, so nahe ihrer heimatlichen Grenze,
sehr wohl imstande waren. Überdies wurde die serbische Verteidigung
gerade dort durch ganz vortreffliche Stellungen aufs wirksamste unterstützt.
So war es verständlich, daß Mackensen es bei den immerhin recht
zweifelhaften Aussichten vorzog, die kampftüchtige Truppe beim
Hauptunternehmen einzusetzen, um es um so sicherer gelingen zu lassen. Die
Ereignisse haben diesen Entschluß in jeder Richtung gerechtfertigt.
Immerhin wollte man doch nicht ganz auf eine Tätigkeit bei
Višegrad verzichten, schon um die dort stehenden serbischen Kräfte
zu fesseln. Die k. u. k. Heeresleitung stellte daher Ende September
aus den noch in Bosnien und der Herzegowina verbliebenen Besatzungstruppen
eine neue Division (die spätere 62.
Infanterie-Truppen-Division) zu elf Bataillonen, vier
Kanonen- und zwei Gebirgskanonen-Batterien zusammen, die sich
möglichst noch an dem allgemeinen Angriff beteiligen sollte. Freilich
waren es nur Landsturm-, Etappen- und Festungstruppen, denen es zunächst
völlig an der nötigen Ausrüstung und einem festen taktischen
Zusammenhang fehlte. Viel konnte also nicht von ihnen erwartet werden. Diese
Division wurde nun aber ebenso wie alle sonstigen an der Drina stehenden
Sicherungsabteilungen dem Kommando der Heeresgruppe unterstellt, um ein
einheitliches Zusammenwirken aller Kräfte zu gewährleisten. Der
k. u. k. Generalstabschef, General v. Conrad,
war allerdings
anderer Ansicht, weil er sich von einer über Užice gegen den
Rücken des serbischen Heeres angesetzten Nebenoperation eine
katastrophale Wirkung versprach. Dazu war aber unter den
ge- [331=Karte] [332] gebenen
Umständen eine Division viel zu schwach, und weitere Truppen glaubte
Conrad aus der italienischen Front nicht herausziehen zu können.
Nach eingehenden Erkundungen erließ die Heeresgruppe vom 21.
September ab die Befehle für den Übergang.
Die k. u. k. 3. Armee sollte sich in dem Raum zwischen Mitrovica und Pancsova
(nordöstlich Belgrad) bereitstellen. Das deutsche XXII. Reservekorps
wurde in Syrmien ausgeladen und trat unter den Befehl der 3. Armee. Um die
Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken und Teile seiner Kräfte zu
fesseln, sollten am Tage vor dem allgemeinen Übergang die an der unteren
Drina stehende Gruppe Streith die Drina und die Gruppe Sorsich bei Jarak die
Save überschreiten. Mit Anbruch des folgenden Tages hatten dann die
Hauptkräfte nach gründlicher Artillerievorbereitung mit dem
k. u. k. XIX. Korps den Übergang über die Save bei
Kupinovo und Boljevci, mit dem deutschen XXII. Reservekorps bei den
Zigeunerinseln (dicht westlich Belgrad), mit dem k. u. k. VIII. Korps
den Donau-Übergang bei Belgrad zu erzwingen. Als nächstes Ziel
wurde die Gewinnung der serbischen Bergstellung südlich und
südöstlich Belgrad bestimmt, die in der Linie
Kneževac - Avala-Höhe6 - Ritopek die
Flußtäler über 100 m, im
Avala-Gebiete fast um 500 m überragte.7
Von der 11. Armee sollte das III. Armeekorps unter dem Schutz von Infanterie,
Maschinengewehren und Gebirgsartillerie, die vorher auf der zu Ungarn
gehörigen Semendrianer Insel zu landen waren, mit den Hauptkräften
östlich, mit schwächeren Kräften westlich der Insel
übersetzen und die Höhen südlich von Semendria gewinnen.
Der Artillerie fiel außer der Niederhaltung der feindlichen Batterien auf den
Höhen südlich Semendria auch die Aufgabe zu, eine Flankierung des
Übergangs von Westen her auszuschalten.
Das IV. Reservekorps sollte unter Ausnutzung der gleichfalls ungarischen
Temessziget-Insel nach Kostolac übersetzen und die Linie
Petka - Kostolac gewinnen. War der Übergang gelungen, so
hatten beide Korps bis in die Linie
Vrtlog-Höhe (bei
Petrijevo) - Vranovo - Požarevac vorzugehen.
Das X. Reservekorps sollte den Fluß bei Ram überschreiten und
hierzu aus der Linie
Palank - Bazias vorbrechen, um sich in den Besitz des dicht
südöstlich Ram liegenden
Orljak-Berges zu setzen. Die dem Korps zur Verfügung gestellte 107.
Division war weiter westlich, von der
Temessziget-Insel her, über
Klicevac - Recica gegen die im Rücken der
Orljak-Stellung liegende Anatema-Höhe anzusetzen.
Einzelanordnungen über Erkundung und Bau von Anmarschwegen,
Wegeverteilung und Wegebesserung, Bereitstellen des
Brückengeräts, für
Munitions- und sonstigen Nachschub bei und nach dem Übergang,
für die Aufnahme der feindlichen Stellungen im Lichtbild und das
Einspielen der Flieger mit der [333] Artillerie zur
Beobachtung der Artilleriewirkung vervollständigten diese Befehle.
Sorgfältig auf dem laufenden gehaltene Spezialkarten unterrichteten alle
Führer bis hinab zur Batterie aufs genaueste über ihren
Angriffsabschnitt, wie auch jede Stelle bis ins einzelne über ihre Aufgaben
bei und nach dem Übergang unterrichtet wurde. Eines ganz besonders
sorgfältigen Ausbaus bedurfte das
Nachrichten- und Meldewesen. Die schwere Artillerie wurde den Armeekorps
zugeteilt, deren Führer besondere Weisungen für ihre Verwendung
erhielten. Mit den Bulgaren bestand seit dem 24. September Verbindung durch
Funkentelegraphie, die allerdings häufig durch Witterungseinflüsse
gestört wurde. Mit der Türkei bestand Verbindung auf dem
Luftwege.
Auch für die weiteren Operationen nach gelungenem Übergang
erteilte die Heeresgruppe bereits Weisungen. Die 3. Armee sollte gleich nach
Gewinnung der Linie
Kneževac - Avala - Ritopek mit größtem
Nachdruck in das südlich davon gelegene Bergland vorstoßen und
baldigst die Linie
Arangjelovac - Kovačevac erreichen, um starke serbische
Kräfte auf sich zu ziehen und so den entscheidenden Vorstoß der 11.
Armee zur vollen Wirkung kommen zu lassen. Da die Ereignisse im Dezember
1914 zur Vorsicht mahnten, wies die Heeresgruppe ganz besonders auf die
Sicherung ihres rechten Flügels durch das XIX. Korps hin. Dieses sollte
nach Gewinnung von Obrenovac zunächst nach Süden vordringen,
um dann, je nach dem Verhalten des Feindes, wieder an die Armee herangezogen
zu werden. Zur Sicherstellung der rückwärtigen Verbindungen hatte
die Armee bei Belgrad eine für alle Waffen brauchbare Brücke und
weitere Übergänge bei der Großen Zigeunerinsel, bei Boljevci
und Kupinovo herzustellen.
Die 11. Armee erhielt Weisung, den Vormarsch zu beiden Seiten der Morava in
die Linie Palanka - Petrovac unter Sicherung des linken
Flügels gegen das von den Serben noch besetzte Bergland fortzusetzen. Zur
Verbindung der bestehenden Eisenbahnendpunkte auf beiden Ufern sollte, sobald
als möglich, der Bau einer für alle Lasten ausreichenden
Brücke bei Semendria in Angriff genommen werden. Gleichzeitig waren
für den besonders schwierigen Nachschub auch Übergänge
unter Benutzung der Temessziget-Insel und bei Ram herzustellen.
Die bulgarische 1. Armee sollte nach Besitznahme der Linie
Negotin - Zaječar - Knjaževac - Pirot
schleunigst das Morava-Tal zwischen
Paracin - Aleksinac - Nisch gewinnen.
Der Beginn der Operationen wurden für die k. u. k. 3. und die deutsche 11.
Armee auf den 5. und 6. Oktober festgesetzt. Selbst wenn das noch in der Bildung
begriffene k. u. k. XIX. Korps bis zu diesem Zeitpunkte noch nicht
vollzählig versammelt sein sollte, wollte man nicht länger mehr
warten, denn die Lage und die bereits vorgeschrittene Jahreszeit drängten.
Auch wurde die Geheimhaltung des großen, sehr gewagten Unternehmens
mit jedem Tage schwieriger. Die bulgarische Armee, die Ende September mobil
gemacht hatte, sollte spätestens am 10. Oktober den Vormarsch
antreten.
[334] Inzwischen wurde
eifrigst an den letzten Vorbereitungen für den Übergang gearbeitet.
In aller Stille setzten in den letzten Tagen des September Truppen auf die
Semendrianer und die Temessziget-Insel über, die sich von Tag zu Tag
verstärkten, was allerdings durch den aufkommenden
Kossova-Wind bald sehr erschwert wurde. Deutsche Flieger entfalteten eine rege
Tätigkeit, klärten bis tief ins serbische Gebiet hinein auf und
versorgten die Heeresgruppe mit wertvollen Nachrichten über die
Versammlung der feindlichen Streitkräfte und ihre Befestigungsarbeiten auf
dem jenseitigen Ufer. Auch griffen sie das wichtige Arsenal von Kragujevac
wiederholt mit Bomben an.
Ende September war der Antransport der Truppen fast beendet. Die weiter
rückwärts untergebrachten Divisionen schoben sich
unauffällig an die Donau heran. Da erklärte plötzlich die
bulgarische Heeresleitung, daß ihre Armee infolge der durch
Verwaltungsschwierigkeiten etwas verzögerten Mobilmachung erst am 14.
Oktober operationsbereit sein würde. Die deutsche Oberste Heeresleitung
aber blieb bei ihrer Forderung, daß die Bulgaren bereits am 10. Oktober auf
der ganzen Front anzugreifen hätten, bestehen, weil sie mit
Rücksicht auf die vielfach wechselnden Stimmungen im Lande und die
Treibereien der Entente einen Umschwung in der bulgarischen
Kriegsentschlossenheit befürchtete. Auch war ein Aufschub deshalb schon
nicht mehr möglich, weil sich die serbische Heeresleitung jetzt endlich der
von Norden her drohenden Gefahr bewußt zu werden schien; denn nun
setzte eine regere und sich immer mehr steigernde Tätigkeit im
Stellungsbau auch der 11. Armee gegenüber ein, das Artilleriefeuer lebte
auf und richtete sich vor allem auf die Landungsstellen der
Donau-Inseln. Flieger meldeten am 1. Oktober lebhaften Zugverkehr in beiden
Richtungen auf der Strecke
Jagodin - Semendria. Auch ersetzten die Serben die
Landsturmstruppen gegenüber der
Temessziget-Insel durch Truppen jüngerer Jahrgänge. Auf die
Haltung Rumäniens warf die Nachricht, daß die dort wohnenden
bulgarischen Reservisten an der Ausreise in ihre Heimat verhindert wurden, ein
bezeichnendes Licht.
Am 4. Oktober begann die schwere Artillerie des X. Reservekorps mit dem
Einschießen auf die feindlichen Batterien und Stellungen. Am folgenden
Tage setzte das Einschießen der gesamten Artillerie der k. u. k.
3. Armee, der inzwischen noch eine deutsche
42-cm-Mörser-Batterie zugewiesen worden war,
ein - der Auftakt zu einem der großartigsten Schauspiele der neueren
Kriegsgeschichte. Glaubten doch noch bis kurz vor Beginn des
Donau-Übergangs weiteste Kreise in Serbien an die Unmöglichkeit
eines solchen Unterfangens, bis sie sahen, was deutsche Tüchtigkeit,
Tatkraft und Unerschrockenheit zu leisten imstande war.
Der Übergang über Save und Donau.
Am 6. Oktober überschritt die Gruppe Streith die Drina bei Megjasi,
vertrieb leichte Sicherungsabteilungen des Gegners und hielt am Abend eine
brückenkopfartige Stellung zwischen dem Flusse und dem
vorgelagerten [335] Dorfe
Crnobarski-salas besetzt. Gleichzeitig begann auch die Gruppe Sorsich bei Jarak
|
mit dem Überschreiten der Save. Der Gegner wich hier gleichfalls etwas
zurück. Bei den übrigen Teilen der 3. Armee verliefen die letzten
Vorbereitungen für den Übergang ohne Störungen. Das am
Nachmittage einsetzende und sich immer mehr steigernde
Wirkungsschießen der Korps beantwortete der Gegner nur schwach.
Die Divisionen der 11. Armee standen dicht aufgeschlossen an der Donau, mit
Teilen bereits auf den
Donau-Inseln bereit. Nur die 107. Division war als Reserve noch etwas
zurückgehalten. Während aber beim III. Armeekorps und dem IV.
Reservekorps an diesem Tage bis auf das Einschießen noch Ruhe herrschte,
setzten beim X. Reservekorps nachmittags nach zweieinhalbstündigem
Wirkungsschießen zwei Patrouillenboote bei Palank über die Donau,
deren Besatzung unbehelligt das südliche Ufer erreichte, obwohl der Feind
die Uferhöhen besetzt hielt: die ersten deutschen Truppen hatten serbischen
Boden betreten. Bei Orsova setzte die befohlene Demonstration der
Banat-Abteilung (Gruppe des Feldmarschalleutnants Füllöp) unter
lebhaftem Artillerie- und Infanteriefeuer ein.
Der 7. Oktober brach an. Die Serben hatten die von den Gruppen Streith und
Sorsich drohende Gefahr erkannt. Sie wußten, daß ein weiteres
Nachgeben ihre ganze Uferverteidigung bis nach Belgrad gefährdete, und
setzten daher den beiden Abteilungen einen erbitterten Widerstand entgegen, der
sich am 7. Oktober in starken Gegenstößen äußerte. Die
Österreicher wiesen diese Angriffe ab, aber es gelang ihnen nicht,
irgendwie Gelände zu gewinnen.
In der Nacht zum 7. Oktober war Regen gefallen, auf den Strömen lag
leichter Nebel. Das Artilleriefeuer hatte sich bis zum kräftigen
Wirkungsschießen gesteigert. Still sammelten sich am nördlichen
Ufer die für den Übergang bestimmten Truppen der
k. u. k. 3. Armee. Dank der vorzüglichen Vorbereitungen
arbeitete alles wie ein fein eingestelltes Uhrwerk. Die Pontons und anderen
Übersetzmittel liegen, zu Wasser gebracht, einzeln oder zu Fähren
vereinigt unter der Führung geübter Pioniere zur Aufnahme der
Truppen bereit. Schweigend ruht das jenseitige Ufer in undurchdringlicher
Finsternis. Nichts regt sich beim Gegner, auch auf den von ihm befestigten,
buschbestandenen Zigeunerinseln bleibt alles still. Die Scheinwerfer der Zitadelle
von Belgrad, die mit ihren schmalen Lichtkegeln das ungarische Ufer
allnächtlich abzutasten pflegen, stellen um Mitternacht ihre Tätigkeit
ein. Regen und Nebel mag dem Beobachter die geräuschlose, unheimliche
Bewegung beim Feinde verborgen haben. Der frühe Morgen naht. Lautlos
nimmt die Infanterie ihre Plätze in den Pontons und auf den Fähren
ein. Noch wenige Minuten, dann lösen sich leise die Pontons vom Ufer und
gleiten hinein in den leicht wallenden Nebel, der Ungewißheit entgegen.
Die am Ufer Zurückbleibenden lauschen gespannt auf jedes
Geräusch in die Dunkelheit hinein. Stunden höchster Spannung
durchlebt die Führung.
[336] Dem
k. u. k. XIX. Korps glückte der Übergang bei Progar
und Boljevci ohne Schwierigkeiten. Aber schon bei Krstinska und Zabrez
stießen die vorgehenden Truppen auf zähesten Widerstand an gut
ausgebauten Stellungen. Noch am Abend wurde um sie heftig gekämpft.
Immerhin konnte mit dem Bau von Brücken begonnen werden.
Wesentlich heftiger tobte der Kampf bei Belgrad. Dort sollte das
k. u. k. VIII. Korps die Stadt mit ihrer Zitadelle von der Nordseite
her gewinnen, während gleichzeitig das XXII. Reservekorps die Save
über die Große und Kleine
Zigeuner-Insel hinweg zu überschreiten und dann von Westen her das
beherrschende Höhengelände dicht südlich der Stadt, wo auch
ein Teil der weittragenden serbischen Artillerie stand, zu nehmen hatte. Die
zunächst zum Übergang bestimmte k. u. k. 59.
Infanterie-Division des VIII. Korps war unauffällig östlich von
Semlin gegenüber der
Save-Mündung auf dem mit dichtem Gebüsch bestandenen
Donau-Ufer und einer kleinen vorgelagerten Insel versammelt worden. Ihr sollte
nach gelungenem Übergange die weiter oberhalb auf Dampffähren
verladene k. u. k. 57. Division folgen. Die Landungsstelle lag an
dem flachen Donau-Ufer an der Nordostfront von Belgrad am Fuße des die
Stadt tragenden Höhenrückens zwischen einem Eisenbahndamm und
der Donau. Von hier steigt der mit einem engen Häusergewirr bedeckte
Hang ziemlich steil an, weit überragt und flankiert von der jäh
emporragenden Hochfläche des Kalimegdan, der den Abschluß jenes
Höhenrückens gegen die
Save-Mündung bildet und die Zitadelle trägt. Ihre hohe,
beherrschende Lage sowie die terrassenförmig nach Süden
aufsteigende Umgebung der Stadt begünstigten die Verteidigung gegen das
tief liegende Save- und Donau-Ufer ganz außerordentlich. Dazu kam,
daß die Serben die zur unmittelbaren Stromverteidigung bestimmten
Batterien sehr geschickt auf den baumbestandenen Hängen des die Zitadelle
umgebenden Parks eingebaut hatten, so daß sie nicht zu erkennen und daher
schwer zu fassen waren.
Den ersten noch im Schutz der Dunkelheit übersetzenden vier Bataillonen
der 59. Division gelang es zwar, zu landen; sie gerieten aber, tief unten im Grunde
und durch den Bahndamm nur notdürftig geschützt, in eine
furchtbare Lage, als es sich jetzt wider Erwarten herausstellte, daß die
serbischen Batterien auf den Hängen des Kalimegdan und auf der die
Nordseite der Stadt flankierenden Höhe des Vk. Vracar nicht
niedergekämpft waren. Ihr sogleich einsetzendes heftiges Feuer hielt nicht
nur die gelandeten Truppen unter Verlusten nieder, sondern verhinderte vor allem
jede Zuführung von Unterstützungen. An ein weiteres
Übersetzen war erst zu denken, wenn es gelang, das feindliche
Artilleriefeuer zu dämpfen.
Weiter westlich begann das XXII. Reservekorps um 2 Uhr 30 Minuten morgens
mit dem Übersetzen, wobei die 43.
Reserve-Division auf der Großen und Kleinen
Zigeuner-Insel auf heftigen Widerstand des Gegners stieß, der durch Feuer
von der Zitadelle unterstützt wurde. Bis zum Nachmittag gelang es ihr
zwar, die Kleine Zigeuner-Insel zu säubern, wobei 4 Offiziere, 225 Mann
und [337] 2 Maschinengewehre in
ihre Hände fielen; in dem dichten Unterholz der Großen
Zigeuner-Insel aber dauerten die schweren Kämpfe bis zum Abend an. Von
der 44. Reserve-Division war am Morgen ein Bataillon des
Reserve-Regiments 208 an der Großen
Zigeuner-Insel vorbei bei einem Finanzhäuschen am serbischen Ufer
gelandet. Es überraschte die serbische Uferbesatzung; diese faßte sich
aber schnell und eröffnete ein rasendes Feuer auf die den Uferhang
erklimmenden Deutschen. So gerät auch dieses Bataillon in eine
äußerst bedenkliche Lage. Mühsam sich an der
Uferböschung anklammernd, mußten die Tapferen immer und immer
wieder in heißem Kampfe die wütenden Angriffe der Serben
abwehren, ohne daß es bei dem heftigen Feuer des Feindes möglich
war, irgendwelche Unterstützung über den Fluß zu bringen. Es
glückte aber wenigstens, ihnen Munition zuzuführen, so daß
sie sich bis zur Dunkelheit halten konnten, unter deren Schutz
Verstärkungen, wenn auch unter Verlusten, herangebracht wurden. Die 26.
Division hatte währenddessen gegen Ostruznica demonstriert, um die
Aufmerksamkeit des Gegners von der Übergangsstelle abzulenken.
Bei der 11. Armee spielte sich der Übergang der Korps
befehlsgemäß nicht gleichmäßig ab, da die
Verhältnisse bei ihnen verschieden lagen. Der durch den herrschenden
Kossova-Wind verursachte hohe Wellenschlag der Donau hatte das Bereitstellen
des Übergangsmaterials und der Truppen auf der
Temessziget-Insel beim IV. Reservekorps wesentlich erschwert. Auch zeigte sich
der Gegner in den letzten Tagen gerade an dieser Stelle recht rege. Noch
schwieriger war die Aufgabe des III. Korps gegenüber dem befestigten
Semendria, das im Osten durch das starke Hindernis der Jezava8 gesichert wurde und an das sich im
Westen den Strom und das Ufer weithin beherrschende Höhen anschlossen.
Es bedurfte daher einer nachdrücklichen Artillerievorbereitung, ehe der
Übergang versucht werden konnte. Der Zeitverlust fiel aber um so weniger
ins Gewicht, als durch die etwas früher erfolgenden
Übergänge auf den Flügeln der Angriffsfront die
Aufmerksamkeit der feindlichen Führung abgelenkt wurde.
Das III. Korps hatte erst am Vormittag des 7. Oktober das Einschießen
seiner Artillerie beendet, worauf es am Nachmittag zum Wirkungsschießen
überging. Auch hier antwortete der Gegner nur schwach. Beim IV.
Reservekorps zeigte sich der Feind trotz der heftigen Beschießung sehr
wachsam. Dennoch gelang es dem Korps am Nachmittag, unter dem Schutz des
gegen 2 Uhr einsetzenden Wirkungsschießens zwei Kompagnien der 105.
Division von der Temessziget-Insel aus unter geringen Verlusten
überzusetzen, die sich an den äußersten Ausläufern des
westlich Kostolac verlaufenden Höhenrückens bei einem
Kohlenbergwerk anklammerten. Ein weiteres Vorgehen wurde unmöglich,
weil die Serben ihre Stellungen auf diesem Hang zähe festhielten und das
nunmehr einsetzende starke feindliche Feuer ein Nachführen von
Unterstützungen verhinderte.
[338] Günstiger
gestalteten sich die Verhältnisse beim X. Reservekorps bei Ram, wo der
Feind anscheinend nicht mit einem Übergang gerechnet hatte; dort standen
nur Truppen dritten Aufgebots. Nachdem das Korps gegen 6 Uhr 30 Minuten
vormittags das letzte entscheidende Artilleriefeuer eröffnet hatte, begann
kurz darauf die 103. Division, unter den Augen des Feldmarschalls
v. Mackensen, von Palank aus den Strom auf den bereitstehenden
Übersetzmitteln zu überschreiten. Der Widerstand des Feindes
beschränkte sich auf einige Gewehrschüsse und später
einsetzendes unbedeutendes Schrapnellfeuer. Gegen Mittag begann auch die 101.
Division von Bazias aus den Übergang auf das serbische Ufer. Ram und die
daran anstoßenden Höhen des Orljak wurden genommen und
sogleich zu einem Brückenkopf ausgebaut. Da brechen plötzlich
gegen 4 Uhr 30 Minuten nachmittags aus den gegenüberliegenden
Maisfeldern dichte Schützenschwärme eines serbischen
Infanterie-Regiments zum Gegenangriff vor. Sie kommen, von der eigenen
Artillerie ungenügend unterstützt, nicht weit. Ein verheerendes
Feuer, zum Teil aus den vom jenseitigen Ufer flankierenden schweren deutschen
Batterien, schlägt ihnen entgegen. Noch 1500 Meter vor den deutschen
Stellungen brechen sie zusammen und fluten in eiligster Flucht zurück. Ein
paar serbische Geschütze waren vorgeeilt, aber sofort von der deutschen
Artillerie gefaßt worden; sie kamen nicht zum Schuß und gingen
verloren. Unterdessen landet eine Kompagnie nach der andern. Am Abend stehen
bereits 15 Bataillone mit einer größeren Anzahl
Maschinengewehr-Abteilungen und Gebirgsbatterien bei und südlich Ram
und halten die Stellungen auf dem Orljak fest in der Hand.
Die neu zusammengestellte k. u. k. 62. Division überschritt bei
Višegrad die Drina, stieß aber auf überlegenen Feind in gut
ausgebauter Stellung mit starker Artillerie und kam nicht weiter vorwärts.
Dem Divisionsführer erschien die Lage seiner wenig geübten
Truppen bald so bedenklich, daß er sie im Morgennebel des
aufdämmernden 8. Oktober wieder auf das linke
Drina-Ufer zurücknahm.
Auch am 8. Oktober sowie in den darauf folgenden Tage mußten sich die
Gruppen Streith und Sorsich erbitterter Angriffe der Serben erwehren. Ebenso
wurde beim k. u. k. XIX. Korps die bei Progar übergegangene
53. Division in der Nacht zum 8. wiederholt heftig, wenn auch erfolglos,
angegriffen. Erst am Tage gelang es ihrem rechten Flügel, durch das Feuer
eines Donau-Monitors kräftig unterstützt, noch etwas Gelände
zu gewinnen, wogegen die Mitte und der linke Flügel infolge einer durch
Dammbruch verursachten Überschwemmung nur sehr langsam
vorwärtskamen. Die vor Zabrez stehende 205.
Landsturm-Brigade machte an diesem Tage keine Fortschritte, dagegen gelang es,
die Kriegsbrücke bei Boljevci fertigzustellen.
Inzwischen war vom XXII. Reservekorps auch die Große
Zigeuner-Insel vom Feinde gesäubert worden, wobei dieser erhebliche
Verluste erlitt. Die 44.
Reserve-Division führte noch in der Nacht zum 8. die übrigen beiden
Bataillone des Reserve-Regiments 208 über die Save, dem Teile der
Reserve-Regi- [339] menter 206 und 207
folgten. Der Gegner begann nun, das südliche
Save-Ufer langsam zu räumen. Dadurch fiel der unversehrt gebliebene
serbische Brückensteg, der vom westlichen Teil der Großen
Zigeuner-Insel über den Fluß führte, in deutsche Hände.
Gegen Abend stürmte die 43.
Reserve-Division auch die vom Feinde von der Osthälfte dieser Insel nach
der gegenüberliegenden
Leder- und Zuckerfabrik angelegte Kolonnenbrücke. Unterdessen hatte die
Artillerie des Korps die feindlichen Batterien auf den Uferhöhen und auf
dem das Villenviertel von Belgrad tragenden Topcider niedergekämpft. Das
von seiner Landungsstelle nach Osten einschwenkende Regiment 208 nutzte dies
aus und stürmte noch am Abend die dem Topcider im Westen vorgelagerte
Banovo-Höhe.
Das k. u. k. VIII. Korps setzte während der Nacht acht weitere Bataillone
der 59. Division auf das Belgrader Ufer über. Als aber der Tag anbrach,
zeigte es sich von neuem, daß trotz der fortgesetzten Beschießung die
Kraft der in und östlich Belgrad stehenden feindlichen Artillerie noch
immer nicht gebrochen war. Sie verhinderte auch an diesem Tage jedes weitere
Übersetzen. Immerhin hatte sich die Lage der Österreicher am
Fuß der Zitadelle durch den Kräftezuwachs so gebessert, daß
sie nunmehr durch eine Mulde, die sich östlich des Kalimegdan zur Stadt
hinaufzog, in das Fabrikviertel einzudringen vermochten. Jetzt entbrannte hier
aber ein furchtbarer Häuserkampf, in den auch die Bevölkerung
tätig eingriff. Nur der Unterstützung dreier
Donau-Monitore, die sich unerschrocken dem feindlichen Artilleriefeuer
aussetzten, war es zu danken, daß die Österreicher langsam an
Boden gewannen. In der Nacht konnten neue Verstärkungen
nachgeführt werden.
Bei der 11. Armee führte das III. Korps am 8. Oktober das
Wirkungsschießen auf die feindlichen Stellungen und Batterien beiderseits
und südlich Semendria durch. Der Gegner antwortete nicht. Das IV.
Reservekorps hatte in der Nacht noch 4 Bataillone und 15 Maschinengewehre auf
das südliche
Donau-Ufer nördlich Kostolac gebracht, die neben den bereits dort
befindlichen Kompagnien mehrere Gegenangriffe abwiesen. Dann gingen sie
selbst zum Angriff über, nahmen Kostolac und drangen auf dem nach
Süden streichenden Höhenrücken vor. Weiter westlich
glückte es der 11. bayerischen Division, den Flußarm zu
überwinden und am Ufer nördlich Petka festen Fuß zu fassen.
Am Abend war von beiden Divisionen die ganze Infanterie mit
Maschinengewehren übergeführt. Auch Artillerie wurde in der
kommenden Nacht auf der Höhe westlich Kostolac in Stellung
gebracht.
Das X. Reservekorps erweiterte seine Brückenkopfstellung südlich
Ram, es hatte am Abend bereits die sämtliche Infanterie und Teile der
Artillerie auf dem serbischen
Donau-Ufer versammelt. Die 107. Division schloß an diesem Tage
nördlich der Temessziget-Insel auf.
Während auch am 9. Oktober die Lage auf dem rechten Flügel der 3.
Armee unverändert blieb, drang von der 43.
Reserve-Division (deutsches XXI.
Re- [340] servekorps) das I.
Bataillon Reserve-Regiments 203 am frühen Morgen in den
südlichen Teil von Belgrad ein. Um 6 Uhr wehte die deutsche Fahne vom
Dache des neuen Konaks, das die 2. Kompagnie genommen hatte. Der Feind räumte die Stadt, suchte aber durch wütende Angriffe auf das die
Banovo-Höhe haltende Reserve-Regiment 208 (44.
Reserve-Division) die Lage wiederherzustellen. In Front und Flanke hart
angefaßt, geriet die wackere Truppe in größte Gefahr. Da eilte
Reserve-Regiment 207 herbei und umfaßte die Serben in der linken Flanke.
Beide Regimenter stießen gemeinsam vor und jagten den Feind über
Zarkovo zurück. Gleichzeitig drang die 43.
Reserve-Division über den Topcider nach Süden vor und lag am
Abend dem nur wenig nachgebenden Feinde dicht gegenüber. Inzwischen
hatte das Korps den größten Teil seiner Kräfte auf das
südliche Save-Ufer nachgezogen und fand abends am Südostausgang
von Belgrad Anschluß an das k. u. k. VIII. Korps.
Von diesem hatte die 59. Division am Morgen des 9. nach erbitterten
Kämpfen den Kalimegdan erstiegen, die im Park eingebaute Artillerie
genommen und die durch die österreichische Beschießung arg
mitgenommene Zitadelle besetzt. Bald darauf räumten die auch von
Süden her durch die Deutschen bedrängten Serben die Stadt. Die
Österreicher begannen den Vk. Vracar9 zu ersteigen und nahmen am Abend die
Fühlung mit dem XXII. Reservekorps auf. Damit war die Hauptstadt
Serbiens, der wichtige, uralte Übergangspunkt vom mittleren Europa zum
Balkan, genommen; aber auch der Verteidiger war sich der Tragweite dieses
Geschehens bewußt und machte mit zähester Tapferkeit dem
vordringenden Gegner jeden Schritt seines heimatlichen Bodens streitig. Noch
immer feuerte serbische schwere Artillerie von dem weiter östlich
liegenden Milicevo-Bergrücken, auch entdeckten Flieger bereits neue
besetzte Stellungen auf den Höhen südlich und
südöstlich der Stadt.
Von der 11. Armee schickte sich am 9. Oktober auch das III. Armeekorps an, die
Donau zu überschreiten. Ihm standen hierzu 2
Divisions- und 2 Korpsbrückentrains, 4 österreichische
Brückenequipagen, 100 Donauzillen, 6 Motorboote, 50
österreichische Pontonteile und ein Dampfer mit 6 Schleppkähnen
und 2 Landungsbrücken zur Verfügung. Das Einbooten der Truppen
fand nördlich der Semendrianer Insel unter dem Schutze der dort
eingenisteten Infanterie, Maschinengewehre und Gebirgsartillerie statt. Der Strom,
von dem starken Kossova-Winde aufgepeitscht, ging in hohen Wellen.
Diejenigen Pontons, die um die Südwestspitze der Insel angesetzt waren,
mußten außerdem flußaufwärts gegen die reißende
Strömung des durch starke Niederschläge angeschwollenen Flusses
ankämpfen. Nur acht Pontons mit 150 Mann der 25.
Reserve-Division konnten bis zum serbischen Ufer vordringen. Die übrigen
müssen unter dem konzentrischen Feuer der überhöhenden
feindlichen Batterien an der Nordseite [341] der Insel landen. Zwei
Pontons versinken in den Fluten. Den auf dem serbischen Ufer gelandeten
Mannschaften des Regiments 168 gelingt es zwar, zwei serbische Gräben
zu nehmen, dann aber liegen sie in verzweifelter Lage gegenüber den sofort
einsetzenden Gegenangriffen und ohne jede Möglichkeit einer
Verstärkung oder des Munitionsersatzes fest.
Ungleich leichter hatte es der um die Nordostspitze der Insel herumgreifende Teil
des Korps. Hier gelangte die 6. Division ohne besondere Schwierigkeiten an das
jenseitige Ufer. Schon um 7 Uhr war
Infanterie-Regiment 14 mit Maschinengewehren übergesetzt, vertrieb die
schwache Uferbesatzung und erbeutete zwei Geschütze. Nachdem weitere
Teile das südliche Ufer erreicht hatten, gingen diese zum Angriff vor und
nahmen Kulič. Am Abend war der größte Teil der Division auf
serbischem Boden vereinigt. Der Kommandierende General zog nun auch die
ganze 25. Reserve-Division zur Landungsstelle der 6. Division nach und
ließ sie, hinter dieser vorbei, gegen Semendria nach Westen einschwenken.
Am Abend des 9. stand das Korps in der Linie Vorgelände östlich
Semendria - Kulič versammelt. In der Nacht gelang es, die
wenigen westlich Semendria gelandeten Leute, die sich den ganzen Tag heldenhaft
gehalten hatten, wieder zurückzuholen.
Das IV. Reservekorps hatte mittlerweile in der Nacht zum 9. Oktober den
Übergang gleichfalls fortgesetzt und am Morgen von neuem angegriffen.
Die bayerische 11. Division erstürmte Petka unter erbitterten
Häuserkämpfen. Die 105. Division wies zunächst einen neuen
Gegenstoß unter schwersten Verlusten für den Feind ab und drang
dann selbst weiter nach Süden vor. Am Abend stand das Korps in der Linie
Dubravica - Petka - Mon. Rukomije. Trotz großer
Verluste hielt der Feind dicht gegenüber.
Auch das X. Reservekorps gewann trotz unübersichtlichen Geländes
und wachsenden Widerstandes Boden. Am Abend des 9. stand es in der Linie
Klicevac - Recica - Zatonje. Die 107. Division wurde hinter
den fechtenden Truppen des IV. Reservekorps auf die
Temessziget-Insel nachgezogen, um das X. Reservekorps bei seinem weiteren
Angriff gegen die Anatema-Höhe zu unterstützen.
Von der Donau bis zu den Höhen von Kragujevac.
Das kühne Wagnis des
Save-Donau-Überganges war ohne allzu große Verluste
geglückt. Jetzt galt es, den Feind in dem schwierigen
Höhengelände südlich der Donau
zurückzudrängen, was nach seinem bisherigen zähen
Widerstande sicherlich keine leichte Arbeit wurde. Mußte man doch
bestimmt damit rechnen, daß er nunmehr alle irgend verfügbaren
Kräfte nach seiner hart bedrohten Nordfront warf. Die 3. Armee erhielt
daher die Weisung, die bisherigen Erfolge im nachhaltigen, aber nicht
unvorsichtigen Nachdrängen unter ausgiebigster Verwendung der Artillerie
auszunutzen. So werde man am sichersten den Feind [342] von den
Uferhöhen der Donau vertreiben und frühzeitig den
Donau-Weg für die Heranführung des so dringend nötigen
Brückengeräts gewinnen. Das XIX. Korps sollte zunächst die
ihm gegenüberliegenden Streitkräfte des Gegners durch festes
Anfassen fesseln; die Flankendeckung werde ihm erst später zufallen.
[343]
Skizze 16: Übersichtsskizze zum Vormarsch Mackensens.
|
Das XXII. Reservekorps gewann am 10. Oktober unter Kämpfen
südlich Belgrad weiter Gelände und stand am Abend in der Linie
Südrand Zarkovo - Nordrand Banjika mit
zurückgebogenem linken Flügel, der Feind wiederum dicht
gegenüber. Das anschließende k. u. k. VIII. Korps hatte
am 10. noch den Vk. Vracar unter heftigen Kämpfen
gesäubert, lehnte sich links an die Donau an und mußte wiederholt
heftige Angriffe gegen diesen Flügel abwehren, wobei es von der
Donau-Flottille wirksam unterstützt wurde. Die Pioniere des XXII.
Reservekorps schlugen am 10. früh eine Pontonbrücke zur
Großen Zigeuner-Insel, so daß jetzt unter Ausnutzung der
bestehenden serbischen Brücken eine feste Verbindung zwischen beiden
Ufern bestand. Wegen des steigenden Hochwassers besaßen allerdings
beide keine allzu große Zuverlässigkeit.
Vor der 11. Armee hielt der Gegner trotz schwersten Artilleriefeuers noch immer
die Festung Semendria. Da die Jezava ein starkes Hindernis bildete, suchte das III.
Korps erst Bewegungsfreiheit nach Süden zu gewinnen und erreichte am
10. mit der 6. Division die Linie Nordrand
Lipe - Morava-Ufer gegenüber Batovac. Das IV.
Reservekorps drang kämpfend bis zur Linie
Batovac - Bradarci vor, während das X. Reservekorps die
Anatema-Höhe gewann und die Linie
Klicevac - Höhen nördlich
Popovac - Kisiljevo erreichte. Auf dem äußersten linken
Flügel räumte der Gegner infolge des heftigen Artilleriefeuers der
Gruppe Füllöp seine Uferstellungen gegenüber Orsova, hielt
aber die Höhenränder selbst noch besetzt.
So war der Feind auch an diesem Tage auf der ganzen Linie etwas
zurückgedrückt, aber ein wesentliches Nachlassen seines
Widerstandes hatte sich noch nirgends gezeigt. Zuverlässige Nachrichten
ließen auch erkennen, daß Verstärkungen aus der Ostfront
südlich Semendria erwartet wurden. Das war der Heeresgruppe nur
erwünscht; je mehr sich die Serben den Bulgaren gegenüber
schwächten, um so leichter wurde diesen das schwierige Vorgehen im
Hochlande der Grenzen und um so größer die Wahrscheinlichkeit, die
serbische Armee entscheidend zu schlagen. Daß dieser vernichtende Schlag
durch gemeinsames konzentrisches Vorgehen bald erfolgte, war eine durch die
Verhältnisse bedingte Forderung, denn nur dadurch "würde erreicht,
daß die Entente und ihre Freunde entweder überhaupt nichts
Ordentliches tun könnten oder zu spät kämen". Dies
schärfte der Feldmarschall den Bulgaren besonders dringlich ein, um den
Serben nicht mehr Zeit zu lassen, wirksame Gegenmaßregeln zu treffen.
Am 10. Oktober ging die Gruppe Streith auf dem rechten Flügel der
k. u. k. 3. Armee zum Angriff über und gewann etwas Boden.
Auch die Gruppe [343=Karte] [344] Sorsich,
deren Lage sich durch das Steigen des Wassers recht schwierig gestaltete, errang
ebenso wie das XIX. Korps einige Erfolge. Wesentlich größer waren
diese bei der Hauptstoßgruppe der Armee, dem XXII. Reservekorps und
dem k. u. k. VIII. Korps, am 11. und 12. Oktober. Die über die
Save gezogene 26. Division wurde dem XXII. Reservekorps unterstellt und nahm
am 12. Zeleznik, woran sich nach zum Teil heftigen Kämpfen die vordere
Linie der 44. und 43.
Reserve-Division bis nach Banjica anschloß. Das VIII. Korps drang bis an
den Nordfuß des Erino Brdo vor und erreichte mit dem linken Flügel
weiter östlich die Donau.
Bei der 11. Armee erzwang die 25. Reserve-Division (III. Korps) am 11. Oktober
den Übergang über die Jezava, nahm die sich tapfer wehrende Feste
Semendria und drang am 12. weiter nach Westen und Süden vor. Die 6.
Division nahm am 11. nach schwerem Kampfe Lipe und erreichte am 12. mit dem
linken Flügel die Morava in Höhe von Brežani.10 Vom IV. Reservekorps war die
bayerische 11. Division bereits am 11. in diesen Ort eingedrungen, wobei es zu
erbitterten Kämpfen kam. Diese steigerten sich am 12 aufs
äußerste, da sich auch die Einwohner wiederum lebhaft am Kampfe
beteiligten. Gleich schwere Kämpfe entbrannten um die östlich
davon gelegenen Kasernen, bis es schließlich gelang, auch sie zu nehmen.
Die 105. Division stieß beim Vorgehen auf Ćirikovac gleichfalls auf
heftigen Widerstand, der am 12. noch nicht gebrochen war. Die nachgezogene
107. Division nahm am 12. Maljurevac und das stark befestigte Bubušinac.
Das X. Reservekorps erreichte am 12. Oktober nach hartnäckigen
Kämpfen der 103. Division die von Požarevac zur Donau
führende Straße bis nahe von Popovac, das zwar von der 101.
Division auf drei Seiten eingeschlossen wurde, aber immer noch Widerstand
leistete. Der Feind hatte sich zweifellos vor der 11. Armee wesentlich
verstärkt; immerhin war die Lage doch so weit gesichert, daß die
Heeresgruppe bereits jetzt der Obersten Heeresleitung einige der schwersten
Batterien wieder zur Verfügung stellen konnte, die diese dringend an der
Westfront brauchte.
Am 11. war es auch an der serbisch-bulgarischen Grenze zu den ersten
Zusammenstößen westlich Belogradčik gekommen, in deren
Verlauf sechs bulgarische Kompagnien eine Grenzhöhe auf serbischem
Gebiet besetzten. Am folgenden Tage stürmten bulgarische Truppen die
Grenzpässe der Koritza glava (928 m) und des Rasovati
(1471 m).
Noch immer bestanden hinter der 11. Armee keine festen Verbindungen
über die Donau, weil der Feind immer noch die Flußstrecke zwischen
Belgrad und Semendria beherrschte und deshalb das weiter oberhalb
angesammelte Schiffsmaterial nicht herangeführt werden konnte. Dies
machte sich um so fühlbarer, als der ständig heftiger werdende
Kossova-Sturm nur noch [345] einen
Fährbetrieb mittels Dampfer und Dampffähren zuließ, wovon
aber überhaupt nur drei kleine Dampfer vorhanden waren. Wurden sie nicht
vermehrt, so mußte das Übersetzen der noch nördlich der
Donau stehenden Truppen, vor allem der schweren Artillerie und der
Munitionskolonnen und Trains, also der ganze Nachschub, stocken,
während der Widerstand der Serben mit dem Eintreffen der
Verstärkungen zusehends wuchs. Damit konnte die Weiterführung
der Operation der 11. Armee in Frage gestellt werden. Mit ernster Sorge blickte
die Heeresgruppe nach dem linken Flügel der 3. Armee.
Das Schwergewicht lag dort nach wie vor bei der Stoßgruppe südlich
und südöstlich Belgrad, deren Truppen sich trotz des anhaltend
schlechten Wetters, das den schweren Lehmboden und alle Wege grundlos
aufweichte, in ununterbrochenen Kämpfen um eine Reihe hintereinander
liegender, gut ausgebauter Stellungen vorzüglich schlugen. Täglich
mußten Dörfer und Höhen erstürmt werden; aber man
kam, wenn auch langsam, vorwärts, und so war die Stimmung der Truppen
trotz aller Anstrengungen vortrefflich und die Angriffslust groß. Allen
voran Generalmajor v. Reuter, der Kommandeur der 88.
Reserve-Brigade, - ein leuchtendes Vorbild für jeden Soldaten. Am
15. Oktober erreichte das XXII. Reservekorps die Linie
Ostružnica - Nordfuß des Avala, woran sich das VIII.
Korps, das am Tage vorher die stark verschanzten Höhen des Erino brdo
gestürmt hatte, bis nach Ritopek anschloß. Jetzt stand man vor der
starken Stellung der
Avala-Höhe, des höchsten Punktes des Berglandes (565 m).
Für die weiteren Operationen wurde nunmehr die Sicherung des rechten
Flügels des XII. Reservekorps unabweisbar, weil dieser sich schon
über Gebühr ausdehnte. Auf Anordnung der Heeresgruppe
löste die 3. Armee die 20.
Landsturm-Gebirgs-Brigade und die 205. Landsturm-Brigade aus dem
k. u. k. XIX. Korps heraus, das aus seiner taktisch sehr
ungünstigen Lage doch nicht vorwärts kam,11 heraus und führte sie
über Belgrad nach Ostruznica vor, das die 20.
Gebirgs-Brigade am 16. Oktober erreichte.
Am 16. Oktober wurde der Angriff auf der ganzen Linie vorgetragen. Am
Nachmittag waren die Westhänge des Avala im Besitz der 43.
Reserve-Division. In der Nacht zum 17. stürmte ein Bataillon des
Reserve-Regiments 206 die Avala-Kuppe, und als dann die k. u. k.
59. Division die Stellungen auf dem Osthange dieses Massivs und im
Anschluß an daran auch auf dem weiter östlich liegenden
Vk. Kamen erstürmte, war die bisher stärkste Stellung der
Serben genommen. Am 17. erreichten die Korps die Linie
Vk. Mostanica - Eisenbahnstation
Ripanj - Donau dicht nördlich Grocka.
Ähnlich lagen auch die Verhältnisse bei der 11. Armee. III. Korps
und [346] IV. Reservekorps
kamen in dem äußerst unübersichtlichen Gelände nur
schrittweise vorwärts, wobei sich vor allem in den Dörfern sehr
häufig äußerst aufreibende und recht verlustreiche
Häuserkämpfe unter leidenschaftlicher Beteiligung der Einwohner
entspannen. Die Serben mußten hier besonders zähe standhalten, um
nicht Flanke und Rücken ihrer südlich Belgrad tapfer
kämpfenden Kameraden, deren Rückzugslinie auf Kragujevac
führte, preiszugeben. Deshalb setzten sie hier ihre schleunigst von der
bulgarischen Grenze herangeführten Verstärkungen ein. Die 11.
Armee schätzte den ihr jetzt gegenüberstehenden Gegner auf etwa 56
bis 58 Bataillone mit zahlreicher Artillerie.
Das III. Korps war in besonders ungünstiger Lage, denn es mußte
ohne geeignete Artilleriestellungen gegen die beherrschenden Stellungen des
Gegners ankämpfen. Trotzdem gewann es allmählich Raum um
Semendria. Am 14. und 15. stürmte die 6. Division den etwa 4 km
südlich dieser Stadt liegenden, zähe verteidigten
Höhenrücken des Branovo b. und in heftigem
Häuserkampfe das Dorf Radinac. Am folgenden Tage nahm die 25.
Reserve-Division im Sturm den Stützpunkt Petrijevo, von wo der Feind
wiederholt seine Gegenangriffe angesetzt hatte. Am 17. Oktober stand das Korps
an der Ralja. Die Serben schanzten auf den jenseitigen Höhen.
Das IV. Reservekorps hatte am 13., von der am östlichen
Mlava-Ufer vorgehenden 107. Division wirksam unterstützt, die Werke der
West- und Nordfront von Požarevac genommen, während sich die
107. Division in denen der Ostfront festsetzte. Am 14. wurde die vom Gegner
geräumte Stadt besetzt, doch entspannen sich bereits um die Werke der
Südfront wieder erbitterte, schließlich aber erfolgreiche
Kämpfe. Auch die nächsten Tage brachten neue heftige
Zusammenstöße mit dem nur langsam weichenden Feinde, so
namentlich für die 107. Division bei der Einnahme von
Vk. Crniće und dem dicht südlich davon liegenden
Ml. Crniće. Am 17. stand das Korps einschließlich der 107.
Division in der Linie
Dragovac - Höhe nördlich
Lučica - Ml. Crniće dem Feinde dicht
gegenüber.
Weniger stark war der Widerstand vor dem X. Reservekorps, doch kam es auch
hier zu ernsteren Kämpfen. Dagegen machte sich bei ihm bereits der
große Mangel an brauchbaren Wegeverbindungen in dem welligen, mit
kleinen Waldungen bestandenen
Berg- und Hügellande recht störend bemerkbar. Nachdem am 13. die
dicht südlich Majilovac liegenden Dörfer Beranje und Sirakova
genommen waren, räumte der Feind das Höhengelände der
Lipovaca. Am 16. Oktober wurde er aus einer gut ausgebauten Stellung
südlich Smoljinac vertrieben. Am 17. Oktober erreichte die 103. Division
Boževac, die 101. Division nach hartnäckigem Kampf die Gegend
südlich Makci. Rabrovo und Mrčkovac wurden besetzt. Kavallerie
sicherte bei Golubac an der Donau die linke Flanke des Korps.
Die bisher von der 3. und 11. Armee gemachte Beute betrug 39 Offiziere, 4000
Mann, 68 Geschütze, eine Anzahl Protzen und viel Gerät.
Am 14. Oktober übergab Bulgarien den Serben die förmliche
Kriegs- [347] erklärung. Am
gleichen Tage gingen beide bulgarische Armeen auf der ganzen Linie von der
Donau bis zur Belašica Planina (an der
bulgarisch-griechischen Grenze) vor, - vier Tage später, als man
ursprünglich vereinbart hatte. Bei den sich nun auf dem Rücken der
hohen Grenzgebirge des nördlichen Serbiens entspinnenden
Kämpfen gelang es der 9. und 1. Division, die Grenzpässe von
Sv. Nicola (1444 m) und südöstlich Pirot zu nehmen.
Aber Regen, Schnee und Nebel beeinträchtigten in diesem unwegsamen
Gebirgsgelände alle Bewegungen, vor allem der Artillerie, so sehr,
daß die Bulgaren in den nächsten Tagen nur wenig vorwärts
kamen. Schneller als bei der 1. vollzog sich der Vormarsch bei der 2. Armee von
Köstendil und südlich. Allerdings war vor ihr der Gegner erheblich
schwächer. Bereits am 17. Oktober erreichte sie Egri Palanka und im
Bregalnica-Tale Carčevo selo. Die Serben erlitten schwere Verluste, auch
an Geschützen. Weiter nördlich stießen die Bulgaren sogar bis
Vranje durch und schnitten somit den Serben die einzige Bahnverbindung mit
Saloniki ab.
So erfreulich auch alle diese Fortschritte waren, so machte sich doch auf der
Nordfront das Abhängen des linken Flügels der k. u. k.
3. Armee immer unliebsamer fühlbar.Wohl war es bei der
größeren gegenseitigen Annäherung der 3. und 11. Armee trotz
der Verseuchung der Donau durch serbische Minen am 17. Oktober gelungen,
zusammengestelltes Brückenmaterial zur 11. Armee durchzubringen. Das
Zurückbleiben des linken Flügels der 3. Armee, die allerdings in dem
schwierigen Berggelände unter steten, hartnäckigen Kämpfen
eine äußere Schwenkung auszuführen hatte, wirkte aber sehr
verzögernd auf den rechten Flügel der 11. Armee ein, weil dieser
sich dauernd gegen den noch zwischen beiden Armeen stehenden Gegner zu
sichern hatte. Da überdies auf dem äußersten linken
Flügel der Donau-Front die erhoffte Einwirkung der Gruppe
Füllöp ausblieb, mußte sich die 11. Armee beim weiteren
Vorgehen auch noch gegen das zu Überraschungen wie geschaffene
Bergland des Donau-Knies sichern, was Kräfte verschlang. Auch konnten,
solange der Donauweg nicht völlig frei war, weder den Bulgaren noch der
Türkei Munition und Waffen auf dem Wasserwege zugeführt
werden, woran sie beiden großen Mangel litten. Die Oberste Heeresleitung
war daher bei der k. u. k. Heeresleitung vorstellig geworden, die 3.
Armee durch Truppen aus der italienischen Front zu verstärken, was diese
aber ablehnte. So mußte sich Falkenhayn in der Befürchtung, die
Operationen könnten verzögert werden, selbst helfen und das bereits
aus Tirol nach dem Westen anrollende Alpenkorps zur Heeresgruppe Mackensen
abdrehen.
Inzwischen hatte die serbische Heeresleitung fast alle Kräfte vom
Drina-Save-Knie herangezogen und südlich Belgrad eingesetzt. Dadurch
bekamen Streith, Sorsich und XIX. Korps Luft. Am 18. nahm Sorsich
Pričinovic (5 km westlich Drenovac) und das XIX. Korps
Obrenovac. Streith folgte dem weichenden Feinde nach Šabac, wo er sich
am 21. mit Sorsich zum Weitermarsch nach Valjevo vereinigte.
[348] Unterdessen setzten
XXII. Reservekorps und VIII. Korps die Verfolgung unermüdlich fort. Der
Belgrad zunächst gelegene Teil des Berglandes war
verhältnismäßig dicht besiedelt, wenn auch die einzelnen, sehr
anspruchslosen Häuser der Ortschaften auf eine weite Fläche hin
verteilt lagen und nur wenig Raum zur Unterbringung, vor allem der Pferde,
boten. So mußte ein großer Teil der Truppen trotz des oft recht
schlechten Wetters und der herbstlichen Kühle biwakieren. Südlich
der Avala-Stellung wurden die Besiedlung schwächer und die
Wegeverhältnisse schlechter, wenn man überhaupt von Wegen im
Sinne der verwöhnten Bewohner Mitteleuropas sprechen kann. Nur drei
einigermaßen brauchbare Straßen zogen sich nach Südosten,
ziemlich gleichmäßig auf die Front der beiden Korps verteilt. Auf sie
ergoß sich der ganze Strom des Nachschubs zur Armee und des Abschubs
nach rückwärts. Pferdekolonnen, Kraftwagen,
Verwundeten- und Gefangenentransporte, Ersatzmannschaften, kleinere
Kommandos, Befehlsübermittler zu Pferde und im Kraftwagen, alles
drängte sich auf ihnen zusammen. Sehr bald brachen die
überlasteten, für einen solchen Verkehr in ungünstiger
Jahreszeit ungenügend gefestigten Straßen zusammen. Eine
Möglichkeit, sie auszubessern, bestand bei dem ununterbrochen über
sie hinweg gehenden Andrange so gut wie gar nicht, zumal es an Zeit und
Arbeitskräften fehlte. So hastete alles mühsam auf den
ausgefahrenen, tiefen Geleisen vorwärts, immer wieder aufgehalten durch
entgegenkommende Abteilungen und steckengebliebene Fahrzeuge. Aber alle
Mühen und Anstrengungen konnten die Stimmung nicht
beeinträchtigen. Es ging vorwärts, und der frische, fröhliche
Drang, heran an den Feind, war durch nichts zu ersticken. Etwas wurden auch die
Truppen durch den überraschend großen Reichtum des Landes an
Kleinvieh aller Art, vor allem an Schweinen, entschädigt, was die
Verpflegung der Armeen außerordentlich erleichterte. Die Einwohner
verhielten sich in diesem Teile des Kriegsschauplatzes ruhig und
entgegenkommend, ja zeigten beinahe ein eingeschüchtertes Wesen.
Die zur Deckung der rechten Flanke des XXII. Reservekorps über Belgrad
vorgezogenen Teile des XIX. Korps erreichten am 21. die Gegend bei und
westlich Arnajevo, wodurch das Korps erheblich an Bewegungsfreiheit gewann.
Es hatte am 20. Oktober zusammen mit dem VIII. Korps den Feind aus einer
Höhenstellung auf dem
Talambas-, Koviona- und Lipa-Rücken bis zur Donau bei Grocka
vertrieben, wobei der große Tunnel durch den
Koviona-Rücken unversehrt in die Hände der Verbündeten
fiel. Nun ging es rasch vorwärts. Am Abend erreichte VIII. Korps die
Höhen nördlich der Ralja. Der linke Flügel der Armee war
somit erheblich vorwärts gekommen, vor allem aber war die
Donau-Schiffahrt nun endlich bis nach Ram frei. In Ausnutzung seines Erfolges
erreichte das Korps am 21. Oktober mit seinem rechten Flügel die Gegend
südlich Vk. Sopot, während der linke auf den Höhen
südlich Senaja und nördlich der
Slatina-Höhe wieder in heftige Kämpfe verwickelt wurde. Auch das
XXII. Re- [349] servekorps stand am
Abend des 21. einer neuen Stellung des Feindes zwischen Arapovac und
Remenikuče gegenüber.
An der Drina hatten die Serben nur Truppen dritten Aufgebots
zurückgelassen. Der k. u. k. 62. Division war es inzwischen
gelungen, ihre Ausrüstung zu vervollständigen, die neu
zusammengestellten Truppenteile einigermaßen
zusammenzuschweißen und die Vorbereitungen für einen neuen
Vorstoß so zu fördern, daß sie ihn in der Nacht zum 22.
Oktober wagen konnten. Es gelang, die mit Hochwasser gehende Drina zu
überschreiten und sich trotz mehrerer Gegenstöße des Feindes
auf dem jenseitigen Ufer zu behaupten. Am Nachmittag glückte es sogar,
die südlich Višegrad kämpfenden Teile der Serben
zurückzuwerfen.
Die Gruppe Sorsich hatte von Šabac aus am 22. Vukošic und Debrc
erreicht, XIX. Korps drang bis in die Gegend westlich Arapovac vor,
während XXII. Reservekorps nach erbitterten Kämpfen die
feindlichen Stellungen zwischen Arapovac und Nemenikuče nahm und
abends in der Linie Arapovac - Drlupe - Südhang der
Kosmaj-Höhe stand. Die Serben hatten schwere Verluste erlitten und
flohen stellenweise in Auflösung. Auch dem VIII. Korps setzte der Feind
an diesem Tage wieder heftigen Widerstand auf den Höhen östlich
des Kosmaj bis Dubona entgegen. Es kam nicht vorwärts.
Westlich der Morava und südlich der Ralja boten breite, parallel zur Front
verlaufende Wellen den Serben vortreffliche Stellungen, die sie unter
geschicktester Ausnutzung der Weinberge, Maisfelder, kleinen buschigen
Waldungen und der sonstigen Bodenbedeckung hartnäckig verteidigten.
Eine Hügelreihe nach der anderen mußte in mühsamen
Kämpfen genommen werden; kaum von der einen vertrieben, setzte sich
der Feind auf der nächsten wieder fest. Nicht minder schwer hatten es die in
dem breiten, teilweise überschwemmten
Morava-Tal kämpfenden Truppen, da das Tal von den Uferhöhen
weithin beherrscht wird. Der linke Flügel der Armee geriet vollends in ein
immer schwieriger werdendes Bergland hinein. So kam auch die 11. Armee im
täglichen mühsamen Ringen nur langsam vorwärts. Oberste
Heeresleitung und Heeresgruppe mußten sich, so sehr auch die Gesamtlage
ein schnelles Vordringen erwünscht erscheinen ließ, gedulden, denn
die Truppe gab her, was sie leisten konnte.
Am 18. Oktober griff die 11. Armee aus der Linie
Ralja-Bach - Lucica - Makci die dicht gegenüber
liegende Stellung der Serben an. Das vom III. Korps zur Aufnahme der
Fühlung mit der 3. Armee entsandte Seitendetachement nahm nach heftigen
Kämpfen Seone und gewann bei Grocka die Verbindung mit dieser Armee.
Dem linken Flügel des III. Korps (6. Division) gelang es, nach schwerem
Kampfe den rechten Stützpunkt der
Ralja-Stellung Ml. Krsna zu nehmen. IV. Reservekorps arbeitete sich
währenddessen in schweren zwölfstündigen Kämpfen
an die feindliche Stellung zwischen
Dragovac - Lučica heran. Erst gegen Abend gelang es der 11.
bayerischen Division, in den Westteil von Lučica einzudringen, worauf in
der Nacht unter Mitwirkung von Teilen der [350] 105. Division der
ganze Ort genommen wurde. Die 107. Division konnte im Angriff gegen den
rechten, auf den Höhen östlich Lučica stehenden serbischen
Flügel nur die Vorstellungen nehmen, wobei ihr linker Flügel mit
größter Tapferkeit und Aufopferung geführte
Gegenstöße der Serben zurückzuweisen hatte. Nach dem
Verluste von Lučica räumten diese unter dem Schutze der Nacht ihre
Stellungen und gingen in südlicher Richtung zurück. Dem X.
Reservekorps gelang es, den Feind von den Höhen nördlich Kula und
Kobilje zu vertreiben; er machte jedoch schon wenige Kilometer weiter
südlich von neuem Front. Die im
Pek-Tale vorgesandte Seitendeckung drang bis in die Höhe von
Misljenovac vor.
Am 19. Oktober stürmte III. Korps die Ralja-Stellung. Am Abend war die
Linie Seone - Binovac - Mijailovac erreicht. IV. Reservekorps
gewann unter leichteren Gefechten die Linie
Poljana - Kaliste; X. Reservekorps nahm die Stellungen des
Vk. Bubanj und erreichte
Crljenac - Slana, sah sich aber bereits wieder einer verstärkten
Stellung gegenüber. - Am 20. wich der Gegner vor dem III. und IV.
Reservekorps in eine vorbereitete Stellung auf den Höhen nördlich
Azanja - Golobok und
Aleksandrovac - Orljevo zurück. Die Korps folgten unter
leichten Gefechten. Auch X. Reservekorps drängte den Feind, der auf jeder
Bergkuppe von neuem Front machte, unter äußerst anstrengenden
und mühseligen Kämpfen weiter zurück und erreichte die
Linie Höhe südlich
Rasanac - Slanja, mußte aber in der Nacht mehrere heftige
Vorstöße der Serben gegen seinen rechten Flügel
abwehren.
Gegenüber dem rechten Flügel des III. Korps schanzte der Feind bei
Vk. Krsna. Das schloß nach den bisherigen Erfahrungen aber nicht
aus, daß er im gegebenen Augenblick auch zum Gegenstoß schritt.
Wie sehr jedenfalls Vorsicht geboten war, zeigte sich am 21. Oktober, als Teile
der 25. Reserve-Division ihre Bereitstellung für diesen Tag einnehmen
wollten. Am Südrande von Selevac wurden plötzlich einige
Kompagnien des Reserve-Regiments 83 von zwei serbischen Kompagnien in der
Front, gleichzeitig aber auch von den Einwohnern des Dorfes, deren Weiber sich
rege dabei beteiligten, im Rücken angegriffen. Es entspann sich ein
erbitterter Kampf im Dorfe, das unter großen Opfern für die Serben
im Lauf des Tages gesäubert wurde. Unterdessen hatte sich das Korps mit
der Mitte und dem linken Flügel vorgearbeitet, während der rechte
Flügel den bei Vk. Krsna und Azanja stehenden Feind beobachtete.
Die 11. bayerische Division war zur Umfassung der feindlichen Stellung
östlich Golobok angesetzt worden, erreichte die Eisenbahnhaltestelle
südlich von Milosevac und schob Sicherungen bis nach Trnovca vor. IV.
Reservekorps vertrieb den Gegner aus dem Vorgelände und arbeitete sich
an seine Hauptstellung heran. X. Reservekorps konnte den beabsichtigten Angriff
gegen die starke Stellung des Feindes nicht ausführen, weil es an Munition
fehlte, - eine Folge der schwierigen Nachschubverhältnisse
über die Donau. Sein linker Flügel wurde überdies heftig von
starken Kräften angegriffen. Die Serben hatten die ihnen durch das
Vorgehen [351] der11. Armee drohende
Gefahr, von ihren an der bulgarischen Grenze kämpfenden Heeresteilen
abgedrängt und nach Südwesten ins Gebirge geworfen zu werden,
erkannt und suchten nun ihrerseits, nachdem die
Morava-Division II von der Drina-Front eingetroffen war, den linken deutschen
Flügel zurückzuwerfen und aufzurollen. Es gelang auch dem sich
immer mehr verstärkenden Feinde, in die deutschen Stellungen
einzudringen; ein entschlossener Gegenstoß warf ihn aber wieder
hinaus.
Am folgenden Tage stürmte das III. Korps die feindlichen Stellungen auf
dem Brdnjac und bei Golobok, wobei die 11. bayerische Division aus dem
Morava-Tal mitwirkte, obwohl sie sich selbst gegen flankierende Angriffe zu
wehren hatte. Dem weichenden Gegner drängte das Korps scharf nach und
gewann abends die Höhen nördlich und nordöstlich Palanka,
nur wenige Kilometer vom
Jasenica-Tal entfernt, einem breiten Flußabschnitt, über den sich der
Gegner zurückzog. IV. Reservekorps war gleichfalls in die feindliche
Stellung bei und zwischen
Alexandrovac - Orljevo eingedrungen, gelangte aber nicht weit
darüber hinaus. Der linke Flügel der
Armee - X. Reservekorps - mußte sich den ganzen Tag
über in zäher Verteidigung gegen heftige Vorstöße aus
dem Mlava-Tale wehren. Der Widerstand der Serben, in der ersten
Überraschung ohne einheitliche Führung, gewann zweifellos an
Einheitlichkeit und schien jetzt wieder fest in der Hand ihrer obersten
Führung zu liegen. Auch ordneten sich ganz augenscheinlich die Truppen,
die durch das schnelle Hineinwerfen der ankommenden Verstärkungen
stark durcheinander gekommen waren, wieder in feste Verbände.
Zu den Mühsalen und Anstrengungen des Kampfes gesellte sich das
andauernd schlechte Wetter hinzu. Es war ein Glück für die 11.
Armee, daß sie in den großen zahlreichen Ortschaften hinreichende
Unterkunft fand. Auch hier gab es eine Unmasse trefflich genährten
Kleinviehs, so daß die Verpflegung zum großen Teil aus dem Lande
genommen werden konnte, was den Nachschub gerade in diesen für ihn
kritischen Zeiten erheblich entlastete. Die an sich schon recht mangelhaften
Wegeverbindungen waren zu tiefen Morästen aufgeweicht. Dies machte
sich ganz besonders in den bergigen Teilen des Kampfgeländes
bemerkbar, wo der zähe Lehmboden die Bewegungen bergauf, bergab
äußerst erschwerte. Nur mühsam konnten sich Mann und Pferd
vorwärts arbeiten, oft brauchte die Truppe zu einem Kilometer eine ganze
Stunde, wobei bis zu 50 Mann an einem Geschütz ziehen und schieben
helfen mußten. Im überschwemmten
Morava-Tal waren die Wege vielfach überflutet. Ihr lehmiger Untergrund
verwandelte sich in tiefen Schlamm. Durch ihn, durch Tümpel und
seenartige Gebilde hindurch strebten Truppe und Kolonnen mühsam
vorwärts. Das brachte ungeheure Anstrengungen auch für die Pferde
mit sich, die, von allen Fronten zusammengebracht, gar nicht darauf vorbereitet
waren. An Ruhe aber konnte jetzt nicht gedacht werden, denn unentwegt gab es an
der Front Kämpfe und ging es, wenn auch langsam, vorwärts. Die
Truppe brauchte vor allem Munition; da galt es, [352] auch das Letzte
herzugeben. Lastkraftwagen blieben erst recht in Serbiens aufgeweichten Wegen
stecken; sehr bald erbat daher die Heeresgruppe weitere Pferdekolonnen, dem
aber nur langsam und in beschränktem Maße entsprochen werden
konnte. So zwang die Not zu Aushilfen. Bald belebten landesübliche
Ochsengespanne wieder die Wege. Zu sehr brauchbaren, oft einzig
zuverlässigen Kolonnen zusammengestellt, leisteten sie vorzügliche
Dienste, wenn sie sich auch nur langsam vorwärtsbewegten.
Dieselben Schwierigkeiten, in den hohen Gebirgszügen der Grenze aber ins
vielfache gesteigert, traten auch den Bulgaren entgegen. So brauchten
Ochsenwagen mit 400 kg Ladung für die 10 bis 12 km
annähernd 48 Stunden. Um die Geschütze in Stellung zu bringen,
mußten wiederholt von der Infanterie erst neue Wege angelegt werden.
Jedes Geschütz wurde von vier Ochsen und einem Halbzuge Infanterie auf
die Berge geschleppt. So konnte man den zähen Serben gegenüber
nicht auf ein schnelles Vordringen der bulgarischen 1. Armee rechnen. Die
Eigentümlichkeiten der bulgarischen Verpflegungsorganisation
ließen überdies sehr bald die größten Schwierigkeiten
entstehen. Dazu kam, daß Bulgarien bei seiner schwach entwickelten
Industrie gar nicht in der Lage war, die Bedürfnisse eines neuzeitlichen
Heeres zu befriedigen, es fehlte an Artilleriemunition, an schwerer Artillerie des
Feldheeres, an Nachrichtengerät und vielem anderen, was Deutschland
neben seinen Lieferungen an Österreich-Ungarn und die Türkei nun
auch für den neuen Bundesgenossen liefern mußte.
Die Heeresgruppe hatte den General Bogadjeff angewiesen, mit der Mitte der
Armee (8. und 9. Division) unentwegt gegen das
Morava-Tal vorzudringen. So würde den bei Zaječar und Pirot auf
starken Widerstand gestoßenen Divisionen (6. und 1. Division) am
wirksamsten geholfen werden. Ein konzentrisches Vorgehen aller Armeen auf die
ihnen gesteckten Ziele führe allein zum schnellen Erfolge, den der
Feldmarschall nach seinem Befehle vom 22. Oktober darin suchte,
"die serbischen Hauptkräfte nach der Mitte des Landes
zusammenzudrängen und dort entscheidend zu schlagen". Diese Mitte war
Kragujevac.
Am 20. Oktober kämpfte die rechte Flügelbrigade der bulgarischen
1. Armee, nachdem sie erst am 16. den angeschwollenen
Timok-Fluß hatte überschreiten können, gegen einen starken
Gegner südlich Negotin, während die beiden anderen Brigaden der 6.
Division noch östlich der Festung Zaječar auf bulgarischem Boden
standen, ohne vorwärts zu kommen. Starker Nebel behinderte ihre
Tätigkeit. Auch in den nächsten Tagen blieb hier die Lage
unverändert. Die 8. Division hatte mit ihrem rechten Flügel
hartnäckige Kämpfe im überschwemmten
Timok-Tal nördlich Knjaževac zu bestehen, bis es ihm am 22.
Oktober gelang, den Fluß zu überschreiten; ihr linker Flügel
stand unmittelbar östlich der Stadt, die anschließende 9. Division
östlich und südöstlich Kamenica. Die 1.
Division war an diesem Tage in heftige Kämpfe auf den Höhen
östlich Pirot verwickelt. Eine Seitenabteilung von ihr suchte weiter
südlich in Richtung Leskovac vorwärtszukommen.
[353] Die bulgarische 2.
Armee besetzte am 21. bereits Kumanovo (nordöstlich Üsküb)
und Veles im Tale des Vardar. Der Feind wich nach Prilep zurück, verfolgt
von der Kavallerie-Division. Am 22. setzte die 3. Division den Vormarsch auf
Üsküb fort. Französische Truppen waren außer
südlich Strumica noch nirgends bemerkt worden. Dies stimmte auch mit
den Nachrichten der Heeresgruppe überein; denn obwohl bisher in
Saloniki zweieinhalb französische und eine englische Division gelandet
worden sein sollten, war angeblich erst eine gemischte französische
Brigade nach der serbischen Grenze abtransportiert worden, wo sie dann
südlich Strumica mit bulgarischen Truppen zusammengestoßen
war.
General Bogadjeff hatte in Anbetracht der schwierigen Lage der Brigade bei
Negotin gebeten, das Vorgehen der Gruppe Füllöp von Orsova
möglichst zu beschleunigen. Es lag auch im Interesse der 11. Armee,
daß das unübersichtliche Gelände in ihrer linken Flanke
endlich gesäubert wurde. Die Heeresgruppe Mackensen ordnete daher die
Verstärkung der Gruppe durch zwei Bataillone der 3. Armee an und bat
außerdem bei der Obersten Heeresleitung um Verstärkung, die, wie
schon erwähnt, in Gestalt des Alpenkorps bewilligt wurde. Aber noch ehe
dieses eingetroffen war, unternahm die Gruppe am 22. Oktober einen
Übergangsversuch, der jedoch an dem Artilleriefeuer der Serben scheiterte.
Möglich, daß diese rechtzeitig gewarnt worden waren, da die
rumänischen Scheinwerfer die Arbeiten der herangeführten
deutschen schweren Artillerie in der Nacht zum 21. beleuchtet hatten.
Unablässig drängte die Heeresgruppe vorwärts. Die 11. Armee
sollte baldigst die Linie Vranowo (südwestlich
Palanka) - Svilajnac - Subotica (im
Resava-Tal) erreichen und durch weiteres Vorgehen ihres linken Flügels
auf Ćuprija dem rechten Flügel der bulgarischen 1. Armee die Hand
reichen. Die k. u. k. 3. Armee hatte den Gegner, den man in
allgemeiner Richtung auf Kragujevac im Rückzuge annahm, sobald er sich
stellte, links zu umfassen und dazu ihren rechten Flügel möglichst
stark zu machen. Nächstes Ziel für sie war die Linie
Rudnik - Natalinci. Das k. u. k. XIX. Korps sollte auch
weiterhin die rechte Flanke der 3. Armee decken und dazu über Lazarevac,
Moravci auf Grn. Milanovac vorgehen, wobei die westlich der Kolubara
auf Valjevo angesetzte Gruppe Sorsich als Seitendeckung diente. So glaubte sich
die Heeresgruppe gegen unliebsame Überraschungen, wie sie Ende 1914 in
demselben Gelände vorgekommen waren, genügend gesichert. Zur
wirksamen Unterstützung des Ganzen aber blieb die Aufgabe der 62.
Division, von Višegrad auf Užice vorzustoßen, bestehen.
Über die Donau bestanden, nachdem sich der
Kossova-Sturm gelegt hatte, seit dem 21. Oktober hinter der 11. Armee zwei
haltbare Brücken, so daß, da auch bei Belgrad eine gleiche
Brücke hergestellt war, der Nachschub einigermaßen gesichert
erschien. An der Wiederherstellung der Eisenbahn
Belgrad - Palanka wurde eifrigst gearbeitet. Am 24. Oktober war sie
wieder bis Ripanj benutzbar.
Die 62. Division setzte am 23. Oktober ihren Angriff bei Višegrad fort.
Bis [354] zum 25. gelang es ihr,
die der Stadt im Osten vorgelagerten Höhen (bis zu 979 m
Höhe) vom Feinde zu säubern und im Tal des Rzav bis Dobrunj
vorzudringen. Die Serben zogen in nordöstlicher Richtung ab. Nunmehr
erfolgten aber in der Nacht zum 26. heftige Angriffe der Montenegriner gegen die
rechte Flanke der Division, die zwar abgewiesen wurden, sie aber für die
nächste Zeit fesselten.
Die Gruppe Sorsich wurde in ihrem Vormarsch in südlicher Richtung
anfangs stark durch Brückenzerstörungen aufgehalten. Am 25.
Oktober erreichte das Gros den
Tamnava-Übergang südwestlich Banjani, Kavallerie streifte bis
Valjevo. Die übrigen Korps der 3. Armee drangen gleichfalls, z. T.
unter dauernden Kämpfen mit feindlichen Nachhuten, vor. Am 23. stand
VIII. Korps zwischen Crkvine und Vk. Krsna. K. u. k. XIX.
Korps, das übrigens in diesen Tagen einen wesentlichen Zuwachs an
Gefechtskraft durch die von der italienischen Front eintreffende 10.
Gebirgs-Brigade erhielt, war auf das östliche
Kolubara-Ufer übergegangen. Es erreichte, längs dieses Flusses
vorgehend, am 23. Oktober die Höhen südwestlich Aragovac. Daran
schloß sich XXII. Reservekorps zum VIII. Korps hin an.
Am gleichen Tage erreichte III. Korps den
Jasenica-Abschnitt zwischen Palanka und Vk. Orašje, den es am
Abend noch mit Teilen seines rechten Flügels überschritt. Dagegen
stieß sein linker Flügel auf so zähen Widerstand, daß am
Abend noch um den
Morava-Übergang gekämpft wurde. Auch IV. und X. Reservekorps
kamen nur unter hartnäckigen Kämpfen mühsam in dem
unwegsamen Berggelände vorwärts. Am 24. überschritt III.
Korps den Jasenica-Abschnitt und erreichte nach heftigen Kämpfen die
Linie Banicina - Str. Adžbegovac. Zäher und
zäher hielten die Serben an ihren Stellungen fest, je mehr sie sich
Kragujevac näherten. So hatte auch das IV. Reservekorps hart zu
kämpfen, wobei es bei Zabari selbst sogar zum Handgemenge kam. Das
Korps gelangte an diesem Tage nur bis
Dl. Livadica - Höhe südlich Bosnjak und begann
gegen den rechten Flügel der Armee abzuhängen. Dagegen ließ
jetzt der Widerstand des dem X. Reservekorps gegenüberstehenden
ermatteten Gegners nach. Kampflos, aber durch das Gelände und den
aufgeweichten Boden wiederum sehr aufgehalten, erreichte es die Linie
Lopusnik - Leskovac - Meljnica. Am 25. gewann III. Korps
im Sturm den Raca-Abschnitt südlich Banicina, Marcovac wurde von der
tapferen 11. bayerischen Division, die sich immer ausgezeichnet hatte,
genommen; IV. Reservekorps erreichte nach schweren Kämpfen das
Morava-Knie westlich Porodin und die Höhen südlich Oreskovica,
daran anschließend X. Reservekorps die Linie bis einschließlich
Vk. Laole.
Im Pek-Tal war eine Seitendeckung bis Kučevo vorgedrungen und hatte
dort große Mengen von Kupfer und Messing aus dem nahegelegenen
Kupferbergwerk Majdampek
erbeutet - ein willkommener Fund für die Kriegsindustrie der
Mittelmächte.
Die Korps der 3. Armee hatten inzwischen den Abschnitt des
Pestan- und [355]
Kubresnica-Baches12 erreicht und griffen am folgenden
Tage den gegenüberstehenden Feind an. XIX. Korps gewann den
langgezogenen Höhenrücken südlich Lazarevac, XXII.
Reservekorps und VIII. Korps nach zum Teil recht heftigen, bis in die Nacht
dauernden Kämpfen die Linie Höhe südlich
Progoresci - Topola - Natolinci. So waren die letzten
großen Abschnitte vor Kragujevac genommen. Mit wachsender Spannung
richteten sich aller Blicke nach dem Herzen
Serbiens - sollte jetzt dort die Entscheidung fallen?
Am 26. Oktober setzten beide Armeen die Vorwärtsbewegung fort. Der
Feind wich kämpfend aus. Die Anfänge der Gruppe Sorsich
erreichten die Höhen nördlich Valjevo und die Orte Lukavac und
Slovac. Am Abend stand XXII. Reservekorps zwischen Kalanjevci und Pryane,
daran anschließend VIII. Korps bis zu den Höhen südlich
Topola. Dieses Korps war wiederum auf heftigsten Widerstand gestoßen
und daher nur wenig vorgekommen.
Gegenüber der 11. Armee hielt der Gegner nicht stand. Alleim Anschein
nach beabsichtigte er, auf den breiten, großzügigen
Höhenrücken nördlich Kragujevac, gestützt auf die
Werke der Festung, von neuem Front zu machen. Weiter östlich, jenseits
der Morava, wurden lange, regellose Kolonnen im Rückzuge in Richtung
Ćuprija beobachtet. Auch der Gegner kämpfte natürlich mit
den großen Schwierigkeiten der mangelhaften, durch das andauernde
Regenwetter und den großen Verkehr in einen geradezu trostlosen Zustand
geratenen Verkehrsverbindungen des Landes. Doch war er gegenüber dem
Angreifer im Vorteil, weil sein anspruchsloses, mit nur wenig Artillerie
ausgestattetes Heer einen viel geringeren Troß mit sich führte und er
die Straßen in noch unberührtem Zustande vorfand, während
dem Verfolger nur die von den Serben bereits in Grund in Boden gefahrenen
Wege zur Verfügung standen. Auch hatte der Verteidiger
naturgemäß fast immer Zeit, rechtzeitig seine Kolonnen und Trains
zurückzuführen, zumal sich seine Truppen mit mustergültiger
Zähigkeit in ihren Stellungen schlugen.
Am 26. Oktober erreichte die 11. Armee mit dem III. Korps die Höhe des
Humka und Smrdan und die Orte
Vučić - Cigani - Lapovo; IV. Reservekorps
drang in Svilajnac ein, während X. Reservekorps, stark nach links
gestaffelt, Bobovo - Gjurinac besetzte.
Bei Orsova hatte die Gruppe Füllöp am 23. Oktober nach
hinreichendem Wirkungsschießen ihrer durch die Deutschen
verstärkten Artillerie endlich die Donau überschritten und die
südlichen Uferhöhen gewonnen. Dort waren die Hauptkräfte
des Gegners schon vor einiger Zeit nach Süden abgezogen und nur Truppen
dritten Aufgebots zurückgeblieben. Am 25. wurden Podorška und
Kaldovo erreicht und am 26. bei Brza Palanka die Verbindung mit bulgarischer
Kavallerie aufgenommen, die endlich Auskunft über die Lage der
bulgarischen [356] 1. Armee geben
konnte, von der bisher nur sehr dürftige Nachrichten zur Heeresgruppe
gelangt waren. Eine Untersuchung des
Donau-Laufs im Eisernen Tor stellte fest, daß sich dort mehrfache Sperren
von Minen, Ketten und Drahtseilen befanden, die beseitigt werden mußten,
ehe die bereitgehaltenen Munitionstransporte für die Bulgaren und die
Türkei durchfahren konnten. Dem stellte sich übrigens auch noch ein
anderes Hindernis entgegen: von Turnu Severin bis Prahovo lagen russische
Torpedoboote in rumänischen Gewässern, welche die
Minensucharbeiten und natürlich auch jeden Transport verhinderten. Sie
wurden jedoch auf die bei der rumänischen Regierung erhobenen
Vorstellungen interniert.
Die rechte Flügelbrigade der bulgarischen 1. Armee hatte am 24. Negotin
genommen und verfolgte den nach Südwesten ausweichenden Feind.
Zaječar war noch nicht gefallen, die 8. Division nahm dagegen am 25. nach
harten Kämpfen Knjaževac. Weiter südlich hatte sich der
Feind vor der 9. Division verstärkt, so daß es am 25. dort zu einem
Rückschlag kam. Die 1. Division stand am 26. im Kampfe um die Drenova
glava (920 m) südlich von Pirot.
Von der bulgarischen 2. Armee erreichte die 3. Division Üsküb,
Kavallerie eilte bereits nach Kačanik und Kalkandelen voraus. Eine
Abteilung von neun Bataillonen und elf Batterien war außerdem von Vranje
im Vormarsch auf Leskovac.
Das Wetter hatte sich inzwischen immer mehr verschlechtert. Die Wege wurden
so grundlos, daß selbst auf den besten Straßen die Geschütze
oft mit zwölf Pferden bespannt werden mußten. Besonders dort, wo
schon an sich wenig gute Verbindungen bestanden (beim XIX. Korps, XXII. und
X. Reservekorps), machte sich dies in der störendsten Weise namentlich
für den Nachschub geltend; blieben doch schon die Fernsprechwagen
stecken, so daß die Verbindung selbst zwischen den
Kommandobehörden zeitweise verloren ging. Solche Verhältnisse
mußten die Beweglichkeit der Truppen, die kaum noch ihre Artillerie und
Munitionswagen in Stellung bringen konnten, außerordentlich
lähmen. Und das alles in einer Lage, die schnelles Handeln erheischte. Es
waren ungeheure Leistungen, welche die deutschen und verbündeten
Truppen mit großer Opferfreudigkeit vollbrachten. Wohl klang bisweilen
der Wunsch nach einer Rast an das Ohr der Heeresgruppe, aber nachgeben durfte
sie nicht, denn die jetzt geforderten Anstrengungen mußten sich tausendfach
belohnt machen und unsägliche Mühen und Opfer ersparen, wenn es
gelang, den erschütterten Feind noch nördlich des Tales der
westlichen Morava zu stellen und durch umfassenden Angriff zu vernichten.
Die Masse der Toten auf den Gefechtsfeldern ließ deutlich die schweren
Verluste des Feindes erkennen, die auch die Aussagen der Gefangenen
bestätigten. Die serbischen Regimenter hatten nur noch eine
Bataillonsstärke von durchschnittlich 250 bis 300 Mann, beim dritten
Aufgebot sogar nur noch von 180 bis 200 Mann. [357] Die meisten Verluste
hatte das verheerende Feuer der deutschen Artillerie verursacht, eine Wirkung, die
der serbische Soldat bisher nicht gekannt hatte. Dazu kam, daß die serbische
Infanterie ganz unzureichend von ihrer Artillerie unterstützt wurde. Da
diese nicht im festen Verbande der Division stand, sondern nach Bedarf zugeteilt
wurde, fehlte sie sehr oft dort, wo man ihrer am nötigsten bedurfte.
Nirgends wurde sie einheitlich verwendet, sondern oft bis auf einzelne
Geschütze zersplittert, stets sehr vorsichtig eingesetzt und frühzeitig
wieder abgebaut. Wahrscheinlich zwang der Mangel an Artillerie zu ihrer
Schonung, was aber auf Kosten der Infanterie ging. Die Folge war eine tiefe
Niedergeschlagenheit bei dieser Hauptwaffe. Dazu kam, daß die durch die
Verheißungen der Regierung genährte Hoffnung auf ein baldiges
Erscheinen von Ententetruppen bei Nisch in nichts zu zerrinnen begann.
Zu dieser Zeit erfuhr die Heeresgruppe aus Saloniki, daß die serbische
Nationalbank und das Regierungsarchiv noch kurz vor der Unterbrechung der
Verbindung mit Saloniki von Nisch dorthin gebracht worden seien und nun nach
Monastir geleitet werden sollten, wohin die serbische Regierung
überzusiedeln gedenke. Im Hafen von Saloniki seien am 21. Oktober sieben
englische und französische größere Transportdampfer mit viel
Truppen eingetroffen. Das Abrollen von Truppentransporten nach der serbischen
Grenze dauere an.
Die Kämpfe um Kragujevac.
Durch das Zurückbleiben der bulgarischen 1. und das weite Vorkommen der
11. Armee hatte sich die Lage verschoben. Die erhoffte Entscheidung vor
Kragujevac schien zu fallen, ehe der rechte bulgarische Flügel über
Zajecar bei Paraćin eingreifen konnte. Ein bulgarischer Durchbruch
über Knjaževac gegen
Aleksinac - Nisch schien jetzt aussichtsreicher. Die bulgarische
Heeresleitung wurde daher am 26. Oktober ersucht, eine in Aussicht gestellte neue
Division der Mitte der bulgarischen 1. Armee zuzuführen. Es sei
möglich, daß dann der Feind Zaječar von selbst räume.
Tue er es nicht, so werde die Negotiner Brigade durch Truppen der bisherigen
Gruppe Füllöp verstärkt werden, zu der noch deutsche
Truppen stoßen würden. Dann sollte diese Abteilung unter deutscher
Führung gegen Zaječar vorgehen.
Ebenso wurden der 3. und 11. Armee neue Marschziele angegeben. Beabsichtigt
war eine beiderseitige Umfassung durch die äußeren
Armeeflügel unter scharfem Nachdrängen der Mitte, um dem Gegner
nicht Zeit zu lassen, sich zu nachhaltigem Widerstande einzurichten. Die 3.
Armee erhielt Befehl, die Verfolgung über die Linie
Vujan-Höhe (südlich
Grn. Milanovac) - Cerovac (an der Straße
Arangjelovac - Kragujevac) fortzusetzen, während die 11.
Armee über Vojinovac - Brzan und mit dem linken
Flügel östlich der Morava über die Höhenlinie
Ml. Čuk13 - Stari
deo - Drenovac vorgehen sollte. Der rechte Flügel der [358] 3. Armee mußte
besonders gesichert werden; ihm gegenüber führte derselbe General
Misič, der im Jahre zuvor den entscheidenden Stoß gegen den
österreichischen rechten Flügel geleitet hatte. Konnte er nicht noch
einmal zum kräftigen Gegenangriff aus dem Berglande der westlichen
Morava ansetzen? Dazu hatte sich das XIX. Korps nach rechts zu staffeln, durfte
aber anderseits auch nicht aus übergroßer Vorsicht
zurückbleiben, denn gerade jetzt mußten alle Kräfte nach
vorwärts streben. Eine gewisse Sicherung bot ja auch die nach rechts
herausgeschobene, über Valjevo vorgehende Gruppe Sorsich in Verbindung
mit rühriger Fliegeraufklärung. Auf eine Einwirkung der 62.
Infanterie-Division über Užice war nicht zu rechnen. Sie wurde trotz
einiger Erfolge nach wie vor durch die Montenegriner gefesselt. Auch der linke,
nunmehr scharf nach Westen einschwenkende Flügel der 11. Armee
mußte besonders gesichert werden; dazu traf sehr gelegen am 26. Oktober
das Alpenkorps (einer verstärkten
Infanterie-Division entsprechend) mit der Bahn nördlich Weißkirchen
ein. Ein Teil des Korps wurde unter Oberst v. Below zur Gruppe
Füllöp geleitet, von wo er, verstärkt durch einige
österreichische Bataillone, auf Negotin vorgehen und sich mit der dort
stehenden bulgarischen Brigade vereinigen sollte. Die übrigen Truppen
Füllöps hatten das
Donau-Knie von herumstreifenden serbischen Banden zu säubern, um die
Donau-Schiffahrt und die rückwärtigen Verbindungen der Abteilung
Below zu sichern. Der Rest des Alpenkorps wurde der 11. Armee zu dem oben
genannten Zwecke zugeteilt. Einen gewissen Schutz bot ja auch schon trotz
schwierigster Geländeverhältnisse das im
Pek-Tale vorgegangene Detachement.
Auf dem äußersten rechten Flügel erreichte das Gros Sorsichs
am 27. Valjevo und Lukavac, am 31. durch hohes Bergland die Höhen
nördlich Kosjeriči - Ostrica und am 2. November die
Gegend von Požega östlich von Užice. Vorgeschobene
Abteilungen waren schon früher bis Užice vorgedrungen. Die
Gruppe hatte nur schwachen Feind gegenüber.
Die übrigen Teile der 3. und die 11. Armee standen am 27. Oktober abends
in der ungefähren Linie
Todorindo - Liplie - Rudnik -
Masloševo - Lapovo - Höhe südlich
Gložani, X. Reservekorps noch in seiner Stellung südlich Bobovo.
Der Widerstand des Feindes war an diesem Tage westlich der Morava sehr
verschieden, hatte sich aber östlich des Flusses und der Resava14 zu heißem Ringen gesteigert, so
daß namentlich das X. Reservekorps nur geringe Erfolge erkämpfen
konnte. Es hatte seine Artillerie auf den grundlosen Wegen nicht rechtzeitig
heranbekommen, ohne die den Serben gegenüber in einem so schwierigen
Gelände kaum etwas zu erreichen war.
Für die erwarteten größeren Kämpfe bei Kragujevac
bildete die Heeresgruppe nunmehr eine starke Stoßgruppe westlich der
Morava. Die 105. Division sollte hierzu nach Herstellung einer Brücke bei
Markovac auf das westliche [359] Morava-Ufer übergehen, die 107.
Division ihr, wenn möglich, folgen. Beide hatten dann zusammen mit der
bayerischen 11. Division unter dem Befehl des IV. Reservekorps den
Hauptstoß gegen den rechten Flügel der
Kragujevac-Stellung zu führen.
Auch am 28. Oktober erschwerten tiefhängende Regenwolken die
Fliegeraufklärung und Artilleriebeobachtung, während die
grundlosen Wege alle Bewegungen lähmten. Besonders litt wiederum das
XXII. Reservekorps in seinem, den südlichen Vogesen gleichenden, aber
jeder Kunststraße entbehrenden Vormarschgelände. Die Wege liefen
in zahlreichen Windungen über steile Höhen und tiefe Einschnitte,
jetzt völlig aufgeweicht, so daß die Geschütze und Fahrzeuge
bis an die Achsen im Schlamm versanken. Und waren die Geschütze nach
unsäglichen Mühen endlich in Stellung gebracht, so mußten
ihre abgetriebenen Bespannungen sogleich zurückeilen, um auch den
steckengebliebenen Munitionswagen durch Vorspannleistung aus dem Morast zu
helfen. Zu alledem hielt der Feind alle irgend zur Verteidigung geeigneten
Hänge und Rücken besetzt. War er mühsam vertrieben, so traf
ihn die erschöpfte Truppe am nächsten Höhenzuge wieder an.
Die 44. Reserve-Division war vor das 1163 m hohe, breite und bewaldete
Bergmassiv des Rudnik15 geraten, das, völlig wegelos,
seitwärts umgangen werden mußte, wodurch die kaum brauchbaren
Wege der Flügeldivisionen noch mehr belastet und die Bewegungen der
Truppe und Fahrzeuge ins Unermeßliche erschwert wurden. In den
Niederungen waren Weg und Steg weithin überschwemmt, so daß
sich die Truppe nur mühsam den Weg suchen konnte. Oft genug versanken
Mann und Pferd in den vielen Straßenlöchern, oft irrten
Geschütze und Fahrzeuge vom dürftigen Wege an und blieben
unfehlbar im tiefen Moraste stecken. So brachte auch der 28. nur neue
Mühsale und obendrein zum Teil noch schwere Kämpfe.
Die rechte Division des XXII. Reservekorps stieß auf starken Widerstand
und konnte nicht nennenswert Gelände gewinnen. Der linken Division
gelang es dagegen, die wichtige Brücke von Str. Selo Masloševo
über die angeschwollene Srebrnica zu gewinnen. Der Feind hielt ihr dicht
gegenüber auf den Hängen des südlichen Ufers. Das VIII.
Korps mußte über die sumpfige Rača in hartem Kampfe die
südlichen Uferhöhen gewinnen. Am Abend stand die 3. Armee in
Linie Slavkovica - Boljkovci -
Rudnik - Jarušice. Der rechte Flügel der 11. Armee gewann
kämpfend die Höhen zwischen Jarušice und Batočina.
Dichter Nebel verhüllte das Schlachtfeld. Der Übergang der 105.
Division auf das westliche
Morava-Ufer wurde durch die hochgehenden Fluten des Flusses
außerordentlich verzögert. Die 107. Division verblieb daher auf dem
rechten Ufer, gewann in heftigem Kampfe den Ml. Čuk bei Bresje
und erreichte mit dem linken [360] Flügel Vrlan. X.
Reservekorps stürmte die feindliche Stellung auf den Höhen
nördlich Sedlari bis zum
Glavica-Berge, die gut ausgebaut und mit Sturmabwehrgeschützen
versehen war. Der Feind wich zum Teil in Auflösung ins
Resava-Tal zurück, setzte sich aber mit seinem rechten Flügel bereits
nach wenigen Kilometern wieder zu neuem Widerstande. Immerhin war die Zahl
der Gefangenen an diesem Tage bedeutend. Auch die steigende Zahl der
Überläufer ließ auf zunehmende Kampfmüdigkeit und
Zersetzung beim Feinde schließen.
Jetzt machte sich auch das weite Vordringen der
deutsch-österreichischen Armeen vor der bulgarischen Front bemerkbar.
Die Bedrohung ihres Rückens zwang die Serben zum Nachgeben. Am 27.
Oktober begannen auf ihrer ganzen Ostfront rückläufige
Bewegungen. Die Bulgaren rückten in Zaječar und Pirot ein und
folgten in Richtung auf
Paraćin - Nisch - Leskovac.
Die Lage der Serben wurde schwieriger, die Hoffnung auf die Entente immer
geringer. Allerdings waren nach sicherer Quelle bis zum 25. Oktober
35 000 Franzosen und 15 000 Engländer in Saloniki gelandet,
die aber erst in Verbände zusammengestellt werden mußten. Im
südlichen Serbien wurde nur eine französische Division zwischen
Krivolac und Gjewgjeli vermutet. Von dort versuchten die Franzosen, durch
Vorstöße gegen Strumica den Vormarsch der bulgarischen 2. Armee
aufzuhalten.
Am 28. Oktober wies die Heeresgruppe die 3. Armee darauf hin, daß "die
Umfassung des Feindes durch das westliche
Morava-Tal dauernd an Bedeutung und Aussicht gewinne, da nach den
eingegangenen Nachrichten die Bedrohung der rechten Armeeflanke gering sei".
Das abhängende XIX. Korps müsse daher mit allen Mitteln
vorwärts gebracht werden, um von Čačak aus längs des
Morava-Tales vorzustoßen. Gleichzeitig erhielt die 11. Armee den Befehl,
den rechten Flügel des X. Reservekorps auf den Stari deo
anzusetzen.
Am 29. Oktober erreichte XIX. Korps Ozrem und am 30. mit den Anfängen die Höhen von Grn. Milanovac, wo es vom Feinde sehr heftig angegriffen
wurde. Es gelang jedoch, den Gegner zurückzuweisen, da sich die
Einwirkung des XXII. Reservekorps bemerkbar machte. Dieses hatte am 29. die
Höhen südlich Rudnik gestürmt und Nevade erreicht. Am 30.
drang der rechte Flügel in Grn. Milanovac ein und entlastete damit die
Österreicher. Auch sein linker Flügel kam nach heftigen
Kämpfen vor; das schwierige Bergland des Rudnik und der Garevica war
überwunden. VIII. Korps wehrte am 29. heftige Angriffe erfolgreich ab,
ohne aber selbst Gelände zu gewinnen, weil der sehr starke Gegner
über schwere Artillerie verfügte. Auch am 30. wurden Fortschritte
nicht erzielt, was wiederum das Vorgehen des rechten Flügels des III.
Korps beeinträchtigte. Trotzdem stürmte dieses zusammen mit der
bayerischen 11. Division die dicht vor ihnen liegenden Höhen. Der
Geländegewinn war aber auch hier nicht groß. Sehr störend
wirkte vor allem, daß die bei Markovac geschlagene Brücke vom
Hochwasser weggerissen wurde, so daß die 105. Division den
Übergang nicht fortsetzen [361] konnte. Die 107.
Division blieb daher auch weiterhin auf dem östlichen
Morava-Ufer. X. Reservekorps, vor dem der Feind zurückwich,
überschritt, rechts schwenkend, die Resava und gewann den
Anschluß an die 107. Division. Am 30. Oktober drückten III. Korps
und bayerische 11. Division den Feind weiter auf seine Hauptstellung
zurück, die in der Linie
Desimirovac - Milatovac - Bagrdan, gestützt durch
mehrere Werke der Festung, vermutet wurde. Am Abend standen sie vor dieser
Stellung, nur noch wenige Kilometer von Kragujevac entfernt. Die beabsichtigte
Stoßgruppe westlich der Morava kam allerdings auch jetzt nicht zustande,
weil die hoch angeschwollene, reißend gehende Morava noch immer den
Übergang des Restes der 105. und der 107. Division verhinderte. X.
Reservekorps gewann gleichfalls Gelände nach Südwesten bis
Trivunovo - Vk. Popović.
Die so heiß ersehnte Entscheidung schien unmittelbar bevorzustehen. Schon
der nächste Tag mußte Klarheit bringen, ob es gelingen würde,
das serbische Heer mit schnellem, zerschmetterndem Schlage zu treffen, dem die
Vernichtung des noch nach Osten kämpfenden Teiles folgen mußte.
Im Osten drangen die Bulgaren vor. Im Süden hatten sie sowohl den
Ententetruppen, wie auch im Tale der südlichen Morava den Serben den
Weg zu ihren Verbündeten verlegt. Vom Norden drängten 3. und 11.
Armee unaufhaltsam weiter vor. Der rechte Flügel der 3. Armee
näherte sich bereits dem Tale der westlichen Morava bei
Čačak. Es blieb dem serbischen Heere also nur noch ein sofortiges
Ausweichen in das unwegsame Bergland im Südwesten des Landes oder
die Annahme der Entscheidungsschlacht bei Kragujevac übrig.
Dementsprechend lauteten die am 30. Oktober ausgegebenen Befehle der
Heeresgruppe.
Die Gruppe Sorsich sollte die rechte Flanke der 3. Armee in der Linie
Požega - Vidova decken und die Verbindung mit der 62.
Division östlich Pišegrad herstellen. Das rechte Flügelkorps
der Armee (k. u. k. XIX. Korps) hatte Čačak zu
erreichen und von dort nach Südosten ins Tal der westlichen Morava
einzuschwenken, um dem Feinde über Kraljevo den Rücken
abzugewinnen und ihm ein Entweichen nach Südwesten unmöglich
zu machen, während das Gros der 3. Armee (XXII. Reservekorps und VIII.
Korps) inzwischen die Umfassung im Westen vollendete und, südlich
schwenkend, über die Linie Guncati (23 km südöstlich
Grn. Milanovac) - Westrand Kragujevac vorstieß. Die 11.
Armee hatte den Hauptstoß über
Desimirovac - Bagrdan zu führen und mit dem linken
Flügel östlich der Morava zur Umfassung auf Ćuprija
auszuholen. Das Alpenkorps wurde hinter ihr im
Morava-Tal nachgezogen. Die Gruppe Below, die noch bei Brza Palanka
nördlich Negotin stand, sollte über Zlot nach Paraćin
vorgeführt werden. Die bulgarische 1. Armee wurde angewiesen, mit der 6.
und 8. Division die Linie
Paraćin - Kruševac zu gewinnen, um an der bei
Kragujevac erwarteten Entscheidung mitzuwirken und die Einkreisung des
serbischen Heeres zu vollenden. Die 9. und 1. Division sollten im Anschluß
daran ins Tal der südlichen Morava vordringen.
[362] XIX. Korps (3. Armee)
kam aber nicht so schnell vorwärts, wie es die Heeresgruppe
wünschte. Am 31. stand es noch mit dem Gros bei Grn. Milanovac, um die
bei der schlechten Witterung in dem schwierigen Gelände
zurückgebliebenen Landsturmtruppen aufschließen zu lassen. Auch
sonst brachte der mit so großer Spannung erwartete 31. Oktober eine
schmerzliche Enttäuschung. XXII. Reservekorps nahm in fortschreitendem
Angriff die Höhen südlich Grn. Milanovac und drang mit dem linken
Flügel bis Kutlovo vor. War es schon auffallend, daß der Gegner den
Angreifer auf diesem Abschnitte so nahe an seine wichtigste Festung und sein
einziges Arsenal herankommen ließ, so mußte der geringe Widerstand
an der leicht zu verteidigenden Hauptfront der Festung im Norden noch mehr
überraschen. Hier erreichte VIII. Korps unter nur leichten Kämpfen
Desimirovac, III. Korps und bayerische 11. Division nahmen sogar die Werke von
Desimirovac, Milatovac und Botunje und die daran anstoßenden
Höhen ohne wesentliche Gegenwehr. 105. Division gelangte bis Brzan;
107. Division erreichte den Stari deo, während X. Reservekorps erst
nach harten Kämpfen den Trivunova b. gewann.
Von Kragujevac schallten deutlich hörbar starke Detonationen
herüber - der Feind sprengte seine Munitionsbestände und die
Fabriken des Arsenals. Überall waren rückläufige
Bewegungen zu erkennen. So wußte man bereits um Mittag des 31. im
Hauptquartier, daß sich die stolzen Hoffnungen nicht erfüllen sollten.
Die Serben hatten die ihnen drohende furchtbare Gefahr erkannt und suchten sich
ihr durch schnellen Rückzug nach Süden zu entziehen. Nur auf ihrem
rechten Flügel hielten sie sich noch krampfhaft, um ihrer vor den Bulgaren
in südwestlicher Richtung zurückweichenden Ostarmee den
Rücken frei zu halten. Die Heeresgruppe Mackensen stand vor einer neuen
Lage.
Sofort wurde der Befehl zur schärfsten Verfolgung an beide Armeen
erlassen. III. Korps sollte am 1. November Kragujevac nehmen und über
den Lepenica-Abschnitt hinaus folgen, IV. Reservekorps mit der bayerischen 11. und
der 105. Division auf dem westlichen
Morava-Ufer nachstoßen. 107. Division wurde dem X. Reservekorps
unterstellt, das den Befehl erhielt, östlich der Morava auf
Ćuprija - Paracin nachzudrängen.
Am 1. November erreichten XIX. Korps Čačak, XXII. Reservekorps,
ohne auf den Feind zu stoßen, die Höhen nordöstlich
Čačak und Brnjica am Anfange des
Gruža-Tales, anschließend daran VIII. Korps, gleichfalls ohne
Kampf, Zabojnica - Südwestausgang von Kragujevac. Flieger
meldeten die Gegend von Čačak und Požega frei vom Feinde,
bei und in Kraljevo Stauungen von Trains, die anscheinend in südlicher
Richtung weitermarschieren wollten. Am Abend stand der rechte Flügel der
11. Armee auf den Höhen südlich Kragujevac, das schon am
frühen Morgen durch eine Abordnung der 7. Kompagnie des
Reserve-Regiments 83 übergeben worden war. Dagegen stieß IV.
Reservekorps in den Bergen des linken
Morava-Ufers auf einen sehr zähen Widerstand, so daß es nur
wenig [363] vorwärts kam;
X. Reservekorps gelangte unter Kämpfen bis
Rajkinac - Bojkovačko b. - Vojnik.
Die Gruppe Füllöp war inzwischen im
Donau-Knie bis Brza Palanka vorgegangen, das am 27. Oktober ereicht wurde,
und hatte sodann mit der Säuberung des Gebietes von den noch
überall versprengten serbischen Abteilungen begonnen. Ende Oktober hatte
sich auch Oberst v. Below mit seinem Detachement nach Negotin in
Marsch gesetzt und am 2. November Salas südwestlich Negotin
erreicht.
Das Gros des Alpenkorps gelangte am 1. November auf seinem Vormarsch durch
das Morava- und Mlava-Tal nach Žabari und Rasanac (29 bzw.
26 km südlich und südöstlich Požarevac). Das
Detachement im Pek-Tale war nach Besetzung des Kupferwerks Majdampek mit
Teilen nach Krepolin und Zagubica weitermarschiert, von wo das bedeutende
Kupferbergwerk von Bor besetzt werden sollte. Das Gros des Detachements
suchte über Petrovac den Anschluß an den linken Flügel der
11. Armee.
Die bulgarische 1. Armee hatte in dem schwierigen Gebirgsgelände immer
noch mit dem teilweise recht zähen Widerstande des nur langsam
zurückweichenden Gegners zu kämpfen und kam daher auch nicht so
schnell, wie es wünschenswert gewesen wäre, vorwärts. Am
31. Oktober erreichte sie die ungefähre Linie
Osnic - Suman-Topla - Izvor - Vrandol und Dol an der
Straße Pirot - Vlasotince. Die bulgarische 2. Armee sicherte
mit der 11. (mazedonischen) Division bei Strumica auf den östlichen Höhen
des Vardar-Tales. Die 5. Division sollte im Anmarsch von Köstendil nach
Kumanovo begriffen sein, 3. Division in mehreren Gruppen in der Linie
Vranje - Gnjilane - Varos mit der Front nach Norden stehen,
um einen Durchbruch der Serben nach Süden zu verhindern. Die Lage
wurde von der bulgarischen Heeresleitung durchaus günstig angesehen,
zumal da die Angriffe der Franzosen gegen die Höhen südlich von
Strumica in dem für sie ungewohnten Berglande lahm und nicht einheitlich
geführt wurden.
Nachrichten aus Saloniki besagten, daß in der dortigen Gegend nun auch
das griechische III., IV. und V. Armeekorps aufmarschiert seien. Dort treffe auch
bereits die mobil gemachte Artillerie des I. und II. Armeekorps ein. Die Entente
hoffe, daß die griechische Armee bald auf ihrer Seite in den Krieg
eingreifen würde; dagegen herrsche in den Kreisen dieser Armee selbst und
in der Bevölkerung die feste Überzeugung, daß Griechenland
nicht aus seiner bewaffneten Neutralität heraustreten werde. Dafür
stimmten auch weite, sonst Venizelos zuneigenden Kreise des Landes. Alle
setzten in dieser Beziehung ihr Vertrauen auf den König.
Aus den letzten Meldungen hatte man im Hauptquartier Mackensens bereits den
Eindruck, daß es der serbischen Führung nicht mehr möglich
war, die Truppenverbände auseinanderzuhalten. Aus allen
Gefangenenaussagen klang eine zunehmende Mutlosigkeit und wachsende
Mißstimmung heraus. Der k. u. k. 62.
Divi- [364] sion östlich
Višegrad standen bis auf Teile eines serbischen Regiments nur noch
montenegrinische Truppen gegenüber. Offenbar zog der Feind seine
Kräfte bei
Kraljevo - Krusevac - Aleksinac zusammen, um, wie
Gefangene behaupteten, südlich dieser Linie von neuem Widerstand zu
leisten. In den Tälern, namentlich bei Ćuprija, Stalać und
Nisch, stauten sich, wie Flieger beobachteten, Kolonnen, Trains und
Eisenbahnzüge zusammen, um einen Abfluß nach Süden und
Südwesten zu suchen. Das Handeln der Heeresgruppe ergab sich von selbst:
rücksichtsloseste Verfolgung auf allen Fronten!
Die Serben aber wehrten sich weiter verzweifelt an den entscheidenden Punkten,
um ihren Kolonnen Zeit für den Rückzug in die wenigen
Eingangspforten des unwegsamen Gebirges zu verschaffen. Dazu mußten
sie besonders auch den von Čačak her vordringenden
Verbündeten den Einbruch in das Tal der westlichen Morava verwehren. So
stieß das k. u. k. XIX. Korps auf den steil aus dem Tale
ansteigenden Höhen südlich Čačak auf zähen
Widerstand. Weiter östlich suchte XXII. Reservekorps in gewohntem
Drange nach vorn die Straße
Čačak - Kragujevac zu gewinnen, um von dort in das
Morava-Tal einzuwirken. Es gelang auch, die Straße zu erreichen, dann aber
stieß der rechte Flügel auf sehr starken Widerstand bei Tavnik, den er
vorderhand nicht brechen konnte. Der linke Flügel warf nach schwerem
Kampf den Gegner im Tale der Gruža zurück. Noch
hartnäckiger waren die Kämpfe in dem bewaldeten Berglande, das
sich südlich Kragujevac nach Osten hin zum Tal der östlichen
Morava erstreckt, von vielen Wasserläufen durchschnitten wird und nur
wenig brauchbare Straßen besitzt. So kam VIII. Korps im Kampfe mit
feindlichen Nachhuten am 2. November nur einige Kilometer vorwärts.
Auch die 11. Armee gewann nur wenig Gelände. Man hatte den Eindruck,
daß starke Abteilungen in guten, befestigten Stellungen der Armee dicht
gegenüberständen. Östlich der Morava leisteten die Serben,
wie bereits erwähnt, dem angreifenden X. Reservekorps verzweifelten
Widerstand und griffen sogar den linken Flügel des Korps mit starken
Kräften an. Nur mit Mühe konnte sich dieser ihrer erwehren. Das
Alpenkorps erreichte Svilajnac im
Morava-Tale und sollte auf das westliche Ufer zur 11. Armee herangezogen
werden.
Die bisher eingebrachte Beute war ansehnlich: 55 Offiziere, 11 937 Mann
fielen den Deutschen, 10 Offiziere, 3324 den
österreichisch-ungarischen Truppen als Gefangene zu. Außerdem
wurden 36 Feld-, 4 schwere Geschütze, 18 Maschinengewehre, viele
Gewehre, Munition, Fahrzeuge und Sanitätsausrüstung, dazu eine
große Anzahl veralteter Geschütze aller Kaliber, viel Material und
große Mengen Kupfer und Messing erbeutet.
Von Kragujevac bis zur westlichen Morava.
Am 2. November gab die Heeresgruppe die ersten einleitenden Befehle für
die vorgreifende Verfolgung in das Gebirge südlich der westlichen Morava
aus. Die [365] Gruppe Sorsich wurde
angewiesen, über Požega im
Morava-Tal auf Ivanjica vorzugehen. Zum Schutze ihrer rechten Flanke sollte das
bereits nach Užice entsandte Detachement Reinöhl durch zwei noch
zurückbleibende Landsturm-Brigaden des XIX. Korps verstärkt
werden. XIX. Korps hatte zwei weitere Brigaden durch das Gebirge gleichfalls auf
Ivanjica in Marsch zu setzen, mit den beiden übrigen von
Čačak vorzustoßen. Gegen diesen Ort wurden auch zwei
Divisionen des XXII. Reservekorps angesetzt, während die dritte durch das
Gruža-Tal östlich von Kraljevo ins
Morava-Tal eindringen sollte. VIII. Korps hatte den Angriff des III. und IV.
Reservekorps durch Umfassung der linken Flanke des Gegners zu
unterstützen.
Die k. u. k. 62. Division stand an den folgenden Tagen im lebhaften Kampfe mit
den Montenegrinern an der Sucha Gora, doch gelang es ihr, nicht nur alle Angriffe
des Feindes unter schweren Verlusten für ihn abzuweisen, sondern auch
etwas Gelände nach Süden zu gewinnen. Die Gruppe Sorsich
erreichte am 3. November die Gegend von Požega. Aus Užice
(Detachement Reinöhl) wurde die Verbindung mit der 62. Division
aufgenommen. Bis zum 5. November erreichte Sorsich Stupčevići.
Der Feind zog sich zurück.
Unterdessen war XIX. Korps am 3. November bei Čačak durch weit
überlegene feindliche Kräfte, unter denen auch fünf
montenegrinische Bataillone auftraten, angegriffen worden. Die Lage des Korps
wurde zeitweise so schwierig, daß der linke Flügel
zurückgenommen werden mußte. Die Angriffe gegen diesen
Flügel wiederholten sich auch am Morgen des 4.; dann aber begann der
Feind nach Süden abzubauen. 10.
Gebirgs- und 17. Landsturm-Gebirgs-Brigade drängten auf Zivica nach,
während 20. und 21.
Landsturm-Gebirgs-Brigade in südlicher Richtung von Čačak
mit Vortruppen bis Banjica und Zablace folgten. Hier setzte sich der Feind aber
wieder fest und wich erst am 5. nach neuen heftigen Kämpfen.
Der rechte Flügel des XXII. Reservekorps kam auch am 3. und 4.
November bei dem zähen Widerstande des die Höhen bei Tavnik
haltenden Gegners nur wenig vorwärts. Dagegen drang 43.
Reserve-Division im Gruža-Tale flott vor, stand am 4. nur noch wenige
Kilometer vom Talausgange entfernt und feuerte am 5. November bereits mit
schweren Haubitzen auf den Bahnhof von Kraljevo, wo noch reger Zugverkehr
herrschte. Dadurch erhielt auch der rechte Flügel Luft. Am 5. stand er
nordwestlich Kraljevo im Kampfe mit dem geschickt auf das südliche
Morava-Ufer ausgewichenen Feinde. Am Nachmittage gelang es der 85.
Reserve-Brigade (43. Reserve-Division), die Morava wenige Kilometer
östlich Kraljevo zu überschreiten. Am Abend lag sie im
hartnäckigen Kampfe mit dem den Eisenbahndamm haltenden Feinde.
VIII. Korps näherte sich nach leichten Kämpfen am 5. November
gleichfalls dem Talrande der Morava; der beabsichtigten Umfassung seiner linken
Flanke hatte sich der der 11. Armee gegenüberstehende Gegner rechtzeitig
entzogen. Trotz- [366] dem war diese Armee
am 4. und 5. wiederum auf größeren Widerstand gestoßen. Am
Abend stand III. Korps auf den südlichen Talhöhen des
Zupanjevačka-Abschnittes, daran anschließend IV. und X.
Reservekorps über Obrež bis nach Izvor. Fliegermeldungen
bestätigten den Rückzug des Feindes von Kraljevo und
Kruševac in südlicher und südwestlicher Richtung in das
unwirtliche Gebirge.
Die Gruppe Below erreichte am 3. November Rgotina und am 4. Zlot. Sie wurde
vorübergehend der bulgarischen 1. Armee unterstellt. Das
Seitendetachement aus dem Pek-Tale hatte von Zagubica aus das Kupferbergwerk
von Bor besetzt, wo tags vorher schon eine bulgarische Kompagnie eingetroffen
war. Die übrigen Teile des Detachements wurden wieder zum X.
Reservekorps herangezogen (S.
363). In Bot hatten die Serben das Bergwerk unter
Wasser gesetzt. Deutsche Bergwerksingenieure waren aber bereits unterwegs, es
wieder in Betrieb zu setzen. Die Gruppe Füllöp hatte bei der
Säuberung im Donau-Knie Zusammenstöße mit serbischen
Banden, die hierbei recht erhebliche Verluste erlitten.
Auch vor der bulgarischen Front begann nunmehr der zähe Widerstand der
Serben nachzulassen. Am 4. November erreichte der rechte Flügel der
bulgarischen 1. Armee Lukovo - Sesalac -
Okonica-Höhe (1090 m), ihre Mitte das Becken von Nisch, wo sie
nach harten Kämpfen die Nord- und Nordostfront der Vorstellungen der
Festung nahm. Teile der 1. Division waren währenddessen unter heftigen
Kämpfen an der Straße
Pirot - Nisch bis halbwegs Nisch vorgedrungen. Der
größere Teil der Division ging gegen Leskovac vor und näherte
sich Vlasotince. Von der bulgarischen 2. Armee stand das gleichfalls auf
Leskovac entsandte Detachement am 4. etwa 14 km südlich der
Stadt beiderseits Garinja. Immer enger schlossen sich die verbündeten
Armeen zusammen.
Am 5. November drang der rechte Flügel der bulgarischen 1. Armee bis
Krivivir und Soko Banja vor. Von Krivivir wurde ein Regiment zur unmittelbaren
Fühlungnahme mit den Deutschen nach Paraćin entsandt. Am
gleichen Tage besetzten 9. und Teile der 8. Division Nisch, die von den Serben
geräumte zweite Hauptstadt des Landes. Dagegen kamen die auf Vlasotince
angesetzten Teile der 1. Division nur langsam vorwärts, weil die Serben die
bedrohte Flanke ihrer nach Südwesten zurückweichenden Armee zu
decken suchten. In Nisch hatten sie alles irgend noch verwendbare
Kriegsgerät unbrauchbar gemacht, vor allem aber die Magazine vernichtet,
ein für die Bulgaren in Anbetracht ihres mangelhaften
Verpflegungs- und Nachschubwesens sehr empfindlicher Verlust. Im
übrigen erbeuteten diese in Nisch eine große Anzahl von
Geschützen, darunter 40 Festungsgeschütze, und etwa 700
brauchbare Eisenbahnwagen. Auch die Bulgaren berichteten von zunehmender
Auflösung bei den Serben.
Aus seinen bisherigen Wahrnehmungen und der Kenntnis des Landes glaubte der
bulgarische Generalstabschef darauf schließen zu müssen, daß
sich die Serben nach dem Gebirgsrücken des Kopaonik nördlich
Mitrovitza zurückziehen [367] würden, was
aber die völlige Auflösung des serbischen Heeres bedeuten werde.
Ein von den Österreichern aufgefangenes serbisches Funkentelegramm
schien dies zu bestätigen. Danach wurde Verpflegung und Truppenhilfe
von der Entente nach Montenegro erbeten, wohin der Rückzug des
serbischen Heeres erfolgen werde. Die bis zum 5. November eingegangenen
Mitteilungen des bulgarischen Generalstabschefs besagten ferner, daß die
Kämpfe mit den Ententetruppen südlich Strumica weiter andauerten.
Aber auch jetzt seien alle Angriffe wieder abgewiesen worden, ebenso wie die
Vorstöße der zu Beginn der Operationen in Südserbien
zurückgegangenen serbischen Truppen an der Straße
Prilep - Veles. Zu einem eigenen entscheidenden Angriffe gegen
diese reichten die bulgarischen Kräfte nicht aus. Wohl könnten die
bei Strumica stehenden Truppen unschwer durch die im
Struma-Tale stehenden zwei bulgarischen Divisionen verstärkt werden,
doch verböte sich dies wegen der außerordentlich großen
Schwierigkeit des Nachschubes, der jetzt kaum für Strumica ausreiche. Auf
die Bitte der Bulgaren sicherte daher die Heeresgruppe die
Überführung einer deutschen leichten Kraftwagenkolonne dorthin
zu.
Nunmehr machte sich auch der Erfolg des siegreichen Vordringens in Serbien
für die Türkei geltend. Am 5. November trafen drei Schlepper mit
Munition für sie auf der Donau in Sistov und Ruščuk ein.
Auch auf die rumänische Regierung hatte er einen nachhaltigen Eindruck
gemacht. Sie beeilte sich, die noch auf der Donau liegenden russischen
Kriegsschiffe zu entwaffnen und die Besatzung zu internieren.
Der Heeresgruppe kam es zunächst darauf an, einen großen Erfolg
gegen die noch nördlich
Kraljevo - Krusevac - Aleksinac stehenden feindlichen
Kräfte, die sich vor der 11. und der bulgarischen 1. und 2. Armee
zusammenballten, zu erzielen. Dazu sollte XXII. Reservekorps im Tale der
westlichen Morava in das Gewirr von Trains und Truppen hinein vorstoßen
und der serbischen Armee den Weg nach Süden versperren. Das noch
zurückgebliebene VIII. Korps hatte aufzuschließen. Die Ereignisse
aber nahmen einen schnelleren Verlauf. Die Gruppe Sorsich vertrieb am 6.
November den Feind von den Höhen bei Gracina. Auch vor dem XIX.
Korps wich der Feind zurück, so daß das Korps mit seinem rechten
Flügel Zivica, mit dem linken den Vis südlich Čačak
und im Morava-Tal Samaila erreichte. Vom XXII. Reservekorps stürmte
die 43. Reserve-Division mit dem III. Bataillon des
Reserve-Regiments 201 und dem Jäger-Bataillon 15 Kraljevo. In schwerem
Straßenkampfe wurden alle Versuche des Gegners, die Deutschen wieder
aus dem Ort zu treiben, abgewiesen. Gegen Mittag war die Stadt fest in ihrer
Hand, wobei 130 Geschütze und viel Munition erbeutet wurden. Die
Division stieß weiter vor und stand am Abend im Halbkreis um Kraljevo.
Weiter nordwestlich stürmte die 26. Division den
Morava-Übergang bei Miločay, kämpfte aber noch am Abend
gegen den die Straße
Čačak - Kraljevo haltenden Feind. 44.
Reserve-Division überschritt die Morava zwischen der 26. und 43.
Divi- [368] sion nördlich
Kraljevo. VIII. Korps erreichte das
Morava-Tal bei Stubal, III. gelangte bis
Milatovac - Zalogovac. IV. Reservekorps hatte in der Nacht zum 6.
durch Überfall Varvarin genommen, warf dann im schnellen Vorstoß
weiter südlich stehende Kräfte und erreichte dicht nördlich
Kruševac das Morava-Tal. X. Reservekorps gelangte nach Stalać und
hatte seinen linken Flügel gegen die vor den Bulgaren
zurückweichenden Serben stark nach rückwärts gestaffelt.
Allein der 5. November hatte der 11. Armee 3000 Gefangene eingebracht,
darunter ein geschlossenes Bataillon mit seinem Kommandeur. Gleichzeitig
wurden aber auch zahlreiche Zivilpersonen festgenommen, die zweifellos
entlaufene oder erst kürzlich entlassene Soldaten waren.
Verfolgung durch das Gebirge.
Die einlaufenden Meldungen ließen deutlich erkennen, daß der
Gegner mit seinen Hauptkräften bereits in das Gebirge südlich und
südwestlich
Kraljevo - Kruševac - Aleksinac eingetreten war. Jetzt
galt es, ihn durch die bereits eingeleitete überholende Verfolgung und ein
konzentrisches Nachdrängen von Norden und Osten im Gebirge
abzuschneiden und zu vernichten. Hierzu sollte die k. u. k. 62.
Division mit dem Detachement Reinöhl gegen die Montenegriner sichern,
wozu Reinöhl von Užice aus auf Nova Varoš vorzugehen
hatte. XIX. Korps wurde angewiesen, gemeinsam mit der Gruppe Sorsich auf
Ivanjica vorzustoßen. XXII. Reservekorps hatte den noch vor ihm haltenden
Feind ins Gebirge zu werfen und die Verfolgung beiderseits der Straße
Kraljevo - Raška auf Novipazar fortzusetzen, das über
Rugjinci vorgehende VIII. Korps die Hand auf die Straßengabeln bei Brus
und Blaževo zu legen. Die 11. Armee sollte mit einer Division des X.
Reservekorps bis Aleksinac nachstoßen, um dem vor der bulgarischen 1.
Armee zurückweichenden Feinde den Rückzug zu verlegen. Mit den
übrigen Divisionen hatte das Korps nach Aleksandrovac vorzugehen. III.
Korps und IV. Reservekorps sowie das südlich Kragujevac eingetroffene
Alpenkorps waren bis zur Straße
Počekovina - Krusevac vorzuziehen. Die weitere Verwendung
dieser Korps wollt sich die Heeresgruppe vorbehalten.
Die bulgarische 1. Armee erhielt die Weisung, mit dem rechten Flügel
über Kruševac nach Kuršumlija vorzugehen, die Mitte war auf
Prokuplje, die linke Flügeldivision auf Leskovac anzusetzen, um
möglichst viele Teile des Feindes noch an der südlichen Morava
abzuschneiden und dann die Verfolgung der nach Südwesten entkommenen
Abteilungen in Richtung
Novipazar - Mitrovica fortzusetzen. Vor allem aber war ein
Durchbrechen serbischer Kräfte nach Süden über die Linie
Priština - Vranje zu den Ententetruppen zu verhindern. Das
war nicht zum wenigsten die Aufgabe der bulgarischen 2. Armee mit ihren
südlich und südöstlich von Priština stehenden Teilen,
die auch bereits ein Detachement auf Priština entsandt hatten, das freilich
nur langsam vorwärts kam, da für die Truppen erst neue Wege
angelegt werden mußten. Einfach war die Lage dieser Armee [369] nicht: nach Norden
sollte sie gegen die südwärts strebenden Teile der serbischen
Hauptarmee sichern und nach Süden bei
Prilep - Gradsko - Valandovo die Angriffe der Serben und
Franzosen abwehren. Ein Glück, daß beiden eine große
Tatkraft nicht innewohnte.
Die verfolgenden Armeen traten jetzt in ein ausgesprochenes Hochgebirge mit
dem jähen Wechsel zwischen niedrigeren Höhen, höchsten
Erhebungen und steilen Felswänden. Wo sich Humus zeigte, war es
Lehmboden, der bei schlechtem Wetter das Fortkommen der Truppe
außerordentlich erschwerte. Ein unwirtliches Gebirge mit tief
eingeschnittenen Tälern, worin sich, wie die Fliegerbilder deutlich
erkennen ließen, die serbischen Kolonnen und Trains im Rückzuge
nach Südwesten zusammendrängten und stauten. Die wenigen
durchführenden Straßen waren zwar für alle Waffen brauchbar,
aber nicht leistungsfähig und durch die serbischen Trains und
Truppenfahrzeuge stark zerfahren. Schwere Artillerie kam nur mit starkem
Ochsenvorspann langsam vorwärts. Seitwärts der Straße gab es
nur Saumpfade, die lediglich von Truppen mit Gebirgsausrüstung zu
benutzen waren. Aber selbst die Tragtiere konnten die Munition und Verpflegung
in dem jetzt völlig aufgeweichten zähen Boden kaum noch
nachführen. Die wenigen Vorräte des schwach bevölkerten
Landes hatten die Serben aufgezehrt. Die Bevölkerung zeigte sich stark
eingeschüchtert und verhielt sich ruhig.
Die serbische Führung leitete den Rückzug trotz der
äußerst schwierigen Lage mit anerkennenswertem Geschick. Sie
setzte auf den Flügeln zähesten Widerstand entgegen, um Zeit
für den Abfluß der Trains und des Gros zu gewinnen. Dabei kam
ihnen das besonders unwirtliche und wegearme Gebirgsmassiv südlich
Čačak und Kraljevo trefflich zustatten. So geriet auch das bisher recht
flotte Vordringen der nunmehr dem XIX. Korps unterstellten Gruppe Sorsich nach
der Einnahme von Ivanjica (8. November) ins Stocken. Am 10. stand Sorsich auf
den Höhenkämmen (1193 m) südlich von Ivanjica. Die
Mitte des XIX. Korps erreichte nach beschwerlichem Vormarsche den westlichen
Höhenrücken des Smrčak in Höhen bis zu
1500 m. Sie hatte auf Befehl der Heeresgruppe die 10. Gebirgsbrigade auf
Ušće abgezweigt, um dort die Straße zu verlegen. Die Brigade
kam aber quer durch das unwegsame Hochgebirge und unter heftigen
Kämpfen nur langsam vorwärts. Auch die linke Kolonne des Korps
gewann im Vormarsch von Samaila gleichfalls nur langsam Gelände. Am
10. November waren ihre beiden Brigaden (20. und 21.
Landsturm-Gebirgs-Brigade) noch weit zurück bei Kaona. Auch XXII.
Reservekorps erzwang sich erst am 11. nach heftigen Kämpfen die
Zugänge in das
Ibar- und Ribnica-Tal südlich Kraljevo. VIII. Korps hatte zwar am 7. eine
Division über die hochangeschwollene Morava geführt und einen
Brückenschlag mit Behelfsmitteln bei Trstenik begonnen, stieß aber
dabei auf große Schwierigkeiten, so daß der weitere Übergang
nur sehr langsam vonstatten ging. Vorgeschobene Abteilungen erreichten am 10.
No- [370] vember die bis zu
1251 m aufragenden Höhenkämme südlich Rugjinci.
Sie hatten keinen Feind sich gegenüber.
Weit günstiger lagen die Verhältnisse bei der 11. Armee. Dort hatte
auch III. Korps am 7. das
Morava-Tal erreicht. IV. Reservekorps rückte am Morgen dieses Tages mit
dem Regiment 129 in Kruševac ein und machte 7000 Gefangene.
Außerdem fielen den Deutschen 103 Geschütze aller Kaliber und
Nationalitäten, Maschinengewehre, ungeheure Mengen Munition, 42 neue
fahrbare englische Backöfen, sonstige Vorräte, Werkstätten
mit modernen Maschinen für die Herstellung von Geschossen und
für Geschützausbesserungen sowie viel rollendes Eisenbahnmaterial
als Beute in die Hände, - die Serben hatten ihre letzten Hilfsquellen
für die Kriegführung eingebüßt.
X. Reservekorps erreichte gleichfalls am 7. Kruševac und mit der 103.
Division am 9. November ohne besondere Kämpfe Aleksandrovac. Die im
Rasina-Tale vorgehende 107. Division hatte dagegen täglich
Zusammenstöße mit feindlichen Nachhuten, kam aber trotzdem gut
vorwärts. Am 10. standen beide Divisionen in der Linie
Parćin - Höhen nördlich Zlatari. 101. Division
war zunächst bis Kruševac gefolgt und hatte von dort in
südlicher und südöstlicher Richtung Detachements nach
Petina und Kaonik entsandt, die hier am 10. eintrafen, wobei um Petina
Kämpfe entbrannten. Da immer noch feindliche Kräfte zwischen ihr
und der bulgarischen1. Armee standen, war bereits am 7. November ein Regiment
ins Morava-Tal vorgegangen, das nordwestlich Ljubes mit starkem Feind in
Kampf geriet, bis dieser am 10. seine Stellungen räumte.
So standen die 3. und 11. Armee am 10. November südlich
Ivanjica - Gebirgseingänge bei
Kraljevo - Höhen südlich
Aleksandrovac - Kaonik. Leider blieb aber der erwartete Druck der
bulgarischen 1. Armee von Osten her völlig aus.
Diese hatte am 7. November Vukasinovac (südöstlich
Stalać) - Aleksinac - Cečina (südlich
Nisch) erreicht, wurde aber an der Morava infolge Mangels an
Brückentrains aufgehalten. Erst am 10. überschritten Teile der 6.
Division den Fluß bei Aleksinac. Auch die 9. Division schob an diesem
Tage Truppen über eine bei Cečina entdeckte Furt vor. Beide
stießen auf dem jenseitigen Ufer sogleich wieder auf serbischen
Widerstand. Die 1. Division hatte dagegen am 8. November Leskovac erreicht, die
Morava also bereits überschritten. Bisher war die Verbindung der
Heeresgruppe mit der bulgarischen Armee recht mangelhaft gewesen. Die
nunmehrige Annäherung der beiden Armeen erlaubte es jetzt,
ständige Nachrichtenoffiziere der Heeresgruppe und der 11. Armee zu ihr
zu entsenden. Auch die Flieger konnten nunmehr Aufschlüsse über
das Vordringen der Bulgaren geben.
Bedenklich lauteten jetzt aber die Mitteilungen des bulgarischen
Generalstabschefs über die Lage an der mazedonischen Front der
bulgarischen 2. Armee. Die ihr gegenüberstehenden
englisch-französischen Kräfte verstärkten sich dauernd und
sollten vor allem sehr reichlich mit Maschinengewehren und Artillerie,
ins- [371] besondere auch
schweren Kalibers, ausgestattet sein. Die Heeresgruppe erklärte sich daher
zur Abgabe einer Brigade der 1. bulgarischen Division an diese Front bereit.
Nach den letzten Erkundungsergebnissen strebten die Serben dem Amselfelde
(Kosovo-Polje) zwischen Mitrovica und Priština zu, wohl um von dort
nach Südosten zu den Ententetruppen durchzubrechen, oder, falls dies
mißlang, nach Albanien und Montenegro auszuweichen. Der
Durchbruchsversuch hatte größere Wahrscheinlichkeit. Die von
Üsküb auf Priština entsandte bulgarische Brigade der 5.
Division war bereits in schwere Kämpfe verwickelt und hatte dabei
bedeutende Verluste erlitten. Sie wurde daher von der bulgarischen Heeresleitung
schleunigst noch durch die 3. Division, eine zweite Brigade der 5. Division und
eine Kavallerie-Brigade verstärkt. Auch sollte die der bulgarischen 1.
Armee angehörige 8. Division, die z. Z. bei Aleksinac stand, noch
nach Mazedonien gezogen werden, womit sich Mackensen einverstanden
erklärte. Da die schwere Artillerie der 6. bulgarischen Division nicht in das
Gebirge hätte folgen können, gab die Heeresgruppe auch sie
für die mazedonische Front frei und setzte sogar deutsche schwere
Artillerie über Nisch dorthin in Marsch. Sie wies aber darauf hin, daß
der Gefahr eines Durchbruches der Serben nach Südosten am besten durch
eine rücksichtslose Verfolgung auf Priština begegnet würde,
wozu 6., 9. und 1. bulgarische Division im scharfen Nachdrängen auf
Mitrovica und Priština bleiben müßten.
Mit dem Verlust des Arsenals in Kragujevac, von Nisch, Kruševac und der
letzten Eisenbahnverbindung im Verein mit den ungeheueren Verlusten in den
vorhergegangenen Kämpfen war die Kraft des serbischen Heeres
gebrochen. Zur Verfolgung ins Gebirge und für die etwaigen weiteren
Operationen gegen die Serben genügten geringere Kräfte. Es war ja
auch ganz unmöglich, dort so große Massen ohne nahe
heranführende Bahnen mit Munition und Verpflegung zu versorgen, ganz
abgesehen davon, daß die verfügbaren Vormarschwege für die
Bewegung eines großen Heeres nicht ausreichten. Als Eisenbahnendpunkte
kamen aber vorläufig nur Kragujevac und Stalać (nordöstlich
Kruševac) in Betracht. So stellte die Heeresgruppe bereits am 7. November
der Obersten Heeresleitung, die jeden entbehrlichen Mann dringend brauchte, die
6., 11. bayerische und 26. Division zur Verfügung. Auch das Luftschiff
"L. Z. 81", das ihr seit dem 2. November in Temesvar zur
Verfügung stand, aber eine zweckmäßige Verwendung nicht
finden konnte, trat wieder zurück.16 Die Stelle der 26. Division beim
XXII. Reservekorps nahm nunmehr das bei Kraljevo stehende Alpenkorps ein, zu
dem inzwischen auch wieder die Gruppe Below gestoßen war. Die
Generalkommandos des III. Korps und IV. Reservekorps blieben mit der 25.
Reserve-Division und der 105. Division zunächst noch zur
Verfügung der Heeresgruppe im westlichen
Morava-Tal.
[372] Der
österreichische Generalstabschef, Generaloberst v. Conrad,
befürchtete, ähnlich wie die Bulgaren, einen Durchbruch der Serben
zur Entente. Er schrieb am 9. November, anscheinend hätten die
verfolgenden Armeen die Fühlung mit dem in Richtung
Novipazar - Priština zurückgehenden Gros der
serbischen Armee verloren. Der Vorsprung des serbischen Gros werde immer
größer werden, weil die konzentrisch aus den Tälern der
westlichen und südlichen Morava auf Novipazar und Priština
angesetzte Verfolgung über schwer gangbare und verkehrsarme Gebirge
führe, in denen stärkere feindliche Nachhuten einen sehr
nachhaltigen Widerstand zu leisten vermöchten. Bei der vorgeschrittenen
Jahreszeit sei außerdem ein baldiger Schneefall im Gebirge zu erwarten, der
wiederum auf die Verfolgung verzögernd wirken würde. Diese
Verhältnisse kämen dem erwähnten Durchbruchsgedanken der
Serben sehr zustatten, der, wenn er gelang, eine sichere Basierung der
späteren serbischen Operationen auf Saloniki versprach. Für den
Durchbruch käme die allgemeine Richtung
Priština - Veles in Betracht, und zwar würde
voraussichtlich die serbische Führung das Gros auf dem Kosovo Polje
(Amselfeld) zusammenziehen, um dann unter Deckung der Flanke und des
Rückens gegen die Linie
Kalkandelen - Üsküb - Kumanova vorzubrechen.
Das hierbei zu durchziehende Gebiet sei im allgemeinen gangbar. Generaloberst
v. Conrad schätzte das serbische Gros auf 150 000 Gewehre
gegen 32 000 Bulgaren der Nordgruppe der bulgarischen 2. Armee, die sich
auch nicht aus der südlichen, der Entente gegenüberstehenden
Gruppe dieser Armee verstärken ließ. Conrad trat daher sehr
bestimmt und immer wieder dafür ein, daß die entbehrlich
gewordenen deutschen Divisionen zwischen Leskovac und Nisch bereitgestellt
werden sollten, um binnen kürzester Zeit in etwaige sich zwischen
Priština und Üsküb entwickelnde Kämpfe einzugreifen.
Er schloß mit der Bemerkung: "Unser Ziel im jetzigen Balkankriege
muß es nebst der Niederwerfung Serbiens sein, die Entente bei allen
Balkanstaaten völlig zu diskreditieren. Ehe wir anderswo positiven
Aufgaben nachgehen können, scheint mir das volle und sichere Erreichen
dieses Zieles entscheidend, weil wir nur dadurch einen Anschluß
Griechenlands und Rumäniens an unsere Feinde und einen daraus
entstehenden Umschwung der Gesamtlage hindern können."
General v. Falkenhayn hielt aber eine solche Verwendung deutscher Divisionen im
Süden von Serbien so lange für ausgeschlossen, als die Eisenbahn
von Pirot und Belgrad noch nicht bis Nisch wiederhergestellt war, weil es ohne sie
unmöglich wurde, diese Truppen noch neben den bulgarischen zu
verpflegen und dauernd mit Munition zu versehen. Mußten doch jetzt schon
die herausgezogenen Division ihre gesamte Gebirgsausrüstung und alle
leichteren Trains, soweit sie sich irgend zur Verwendung auf Gebirgswegen
eigneten, an die verfolgenden Divisionen abgeben, um diese in die Lage zu
versetzen, im Hochgebirge weiter vorzudringen. Falkenhayn bezeichnete auch
Conrad gegenüber die rücksichtslose, unermüdliche
Verfolgung durch die hierzu angesetzten Divisionen ohne
zeit- [373] raubende
Verschiebungen, um den Serben gar nicht die Zeit zu lassen, sich auf dem
Amselfelde zu sammeln, als bestes Mittel zur Vernichtung des serbischen Heeres.
Die aus der Front gezogenen deutschen Divisionen aber verlegte er nach dem
reicheren nördlichen Serbien und nach Ungarn, um sie, die ohne
genügende Ausrüstung für die Eigentümlichkeiten des
serbischen Kriegsschauplatzes die Hauptlast des Feldzuges getragen hatten, bis
zur anderweitigen Verwendung in guten Unterkünften ausruhen zu lassen.
Auch der politische Gesichtspunkt, Rumänien immer wieder das
Bereitstehen deutscher Kräfte nahe seiner Grenze vor Augen zu
führen, hat hierbei mitgespielt.
Schon die Verwendung des Alpenkorps auf dem serbischen Kriegsschauplatze
hatte nicht dem Wunsche Conrads entsprochen, der es in der Richtung Valjevo
oder Užice bei der k. u. k. 3. Armee eingesetzt wissen wollte,
um den serbischen linken Flügel fest anzufassen, was aber Falkenhayn mit
der unbedingten Notwendigkeit der schnellen Öffnung des
Donau-Weges (Seite
347) widerlegte. Jetzt trat die Meinungsverschiedenheit
beider immer schärfer hervor, zumal Conrad es als eine Verletzung der im
Herbst getroffenen Vereinbarungen bezeichnete, wenn die deutsche Oberste
Heeresleitung ohne vorheriges Einverständnis der Verbündeten
Divisionen aus dem serbischen Unternehmen herauszöge. Der
Schlußsatz seines Schreibens vom 9. November zeigte seine Ziele, die in
der nächsten Zeit noch klarer umrissen werden sollten, denen aber
Falkenhayn nicht ohne weiteres folgen zu können glaubte.
Die durch die einlaufenden Nachrichten gestützte Vermutung, daß die
Hauptrückzugslinie der Serben auf Priština gerichtet war, und das
Zurückbleiben der bulgarischen 1. Armee machten eine teilweise
Neuregelung der Vormarschstraßen nötig. Am 10. November
bestimmte daher die Heeresgruppe als Trennungslinie für das X.
Reservekorps17 gegen die k. u. k. 3.
Armee die Linie Trstenik - Mećkara -
Madljika-Höhe und gegen die bulgarische 1. Armee die Linie
Ljubes - Ribare - Kuršumlija. Daraus ergaben sich die
Vormarschstraßen, wobei die
deutsch-österreichischen Kräfte auf
Sjenica - Novipazar - Mitrovica, die bulgarische 1. Armee auf
Mitrovica - Priština angesetzt wurden, um, falls die Serben
auf dem Amselfelde standhalten sollten, beiderseits umfassend gegen sie
einzuschwenken. Gelang es den südlich Priština stehenden Teilen
der bulgarischen 2. Armee, den zu erwartenden Anprall starker serbischer
Kräfte auszuhalten, und blieben die Verbündeten dem Gegner
unausgesetzt hart auf den Fersen, so stand zu hoffen, daß das serbische Heer
vernichtet wurde. Nur Trümmer konnten sich dann durch eilige Flucht
unter völliger Preisgabe der Artillerie und der gesamten Trains in die
unwegsamen Berge Montenegros retten. Daher drängte auch die
Heeresgruppe unablässig vorwärts, obwohl sie keineswegs die
ungeheuren Anstrengungen unterschätzte, die sich den vorwärts
hastenden Truppen in diesem [374] Gebirgslande auf
grundlosen Wegen und steilen Saumpfaden unter rasch zunehmenden
Verpflegungsschwierigkeiten entgegenstellten. Schnelligkeit war jetzt das
einzigste Mittel, möglichst viel Teile des serbischen Heeres abzuschneiden
und die ihm drohende Vernichtung um so größer und nachhaltiger zu
gestalten. Zeigten sich doch die Spuren der Auflösung im serbischen Heere
immer deutlicher. Täglich stieg die Zahl der Gefangenen und der
preisgegebenen Geschütze; schon bei Kraljevo hatte man viele
kräftige Männer mit ganz neuen amtlichen Ausweisen über
ihre Dienstuntauglichkeit aufgegriffen; ein Beweis, daß die serbische
Führung alles unauffällig abzuschieben suchte, was nicht mehr zu
retten war, um so die Verpflegungsstärke des Heeres, das sie nicht mehr zu
erhalten vermochte, zu verringern.
Bei dem durch das konzentrische Vorgehen verursachten Zusammenschieben der
Armeen wurde voraussichtlich auch die 6. bulgarische Division bald für die
Verstärkung der mazedonischen Front frei, was nur erwünscht sein
konnte. Auch ergab die jetzige Vormarschrichtung der Armeen eine gute
Ausgangslage für etwa daran anschließende Operationen gegen die
Ententetruppen, indem die bulgarische 1. Armee mit den südlich
Priština stehenden Teilen der bulgarischen 2. Armee (9., 1., 3., 7. Division),
verstärkt durch das deutsche XXII. Reservekorps und Alpenkorps,
über Üsküb vorstoßen, den Rest der bulgarischen 2.
Armee mit den übrigen deutschen Divisionen über die Linie
Kumanovo - Stip - Strumica angreifen konnten.
Am 12. November gelang es der 62. Division, die ihr in stark befestigter Stellung
gegenüberstehenden Montenegriner nach Süden gegen das
Lim-Tal zurückzuwerfen. Auch die Gruppe Reinöhl stieß
von Užice in südlicher Richtung vor. Das XIX. Korps zog seine
Hauptkräfte bei Ivanjica zusammen und drängte auf der Straße
nach Javor, an der sich der Gegner immer wieder zu hartnäckigem
Widerstande setzte, vor. Das XXII. Reservekorps drang unter fortgesetzten
Kämpfen im Ibar- und Ribnica-Tal vorwärts. Das Alpenkorps war
inzwischen herangekommen und folgte in beiden Tälern nach. VIII. Korps
kam nach endlich bewirktem Brückenschlage bei Trstenik flotter
vorwärts, obwohl auch ihm gegenüber wieder Feind auftrat. Am 13.
erreichte es unter Kämpfen die Linie
Ploča - Brus.
Auch X. Reservekorps kam nur langsam vorwärts, da der Gegner an der
Straße
Zlatari - Kuršumlija erbitterten Widerstand leistete, um die
Hauptstraße
Prokuplje - Kuršumlija - Priština für den
Rückzug seiner noch weiter östlich befindlichen Kräfte frei zu
halten. Die 101. Division hatte auf Veranlassung der Heeresgruppe inzwischen die
in Petina und Kaonik stehenden Detachements (S. 370) nach Ribare
vorgesandt, um die Verbindung mit dem rechten Flügel der bulgarischen 1.
Armee aufzunehmen. Die Division folgte. Als am 11. November durch Flieger
festgestellt wurde, daß sowohl südwestlich Aleksinac (6. bulgarische
Division) wie auch bei Cokot südwestlich Nisch (9. bulgarische Division)
noch [375] Kämpfe
stattfänden, befahl die Heeresgruppe der 101. Division, nach Prokuplje
vorzustoßen, um die den Bulgaren noch gegenüberstehenden
serbischen Streitkräfte abzuschneiden. Am Grebac stieß sie am 12.
auf Feind, den sie angriff. Trotz Erfolges kam sie aber auf den grundlosen Wegen
nur wenig vorwärts.
Die Serben hatten die Schwierigkeiten der Bulgaren beim Überschreiten der
stark angeschwollenen Morava wohl erkannt. In ihren Stellungen auf dem
westlichen Ufer verhinderten sie ein weiteres Vordringen der
übergegangenen bulgarischen Kräfte, die bis auf die 1. bulgarische
Division (bei Loskovac) nur schwach waren (S. 370). Als diese Division
am 12. November den Vormarsch von Leskovac nach Lebane weiter fortsetzte,
bot sich den Serben die Gelegenheit, über die vereinzelte Kolonne
herzufallen und dem verhaßten Gegner einen empfindlichen Schlag zu
versetzen. Sie gingen zum Gegenstoß
über - nach wohl stark übertriebener Mitteilung der
bulgarischen Heeresgruppe mit mindestens vier Divisionen unter Führung
des Königs und des
Kronprinzen - und warfen die Bulgaren nach Leskovac zurück.
Eiligst wurde nun die von Aleksinac bei Nisch eingetroffene 8. bulgarische
Division herangeführt. Auch vier deutsche
Maschinengewehr-Abteilungen der beiden noch im westlichen
Morava-Tal stehenden deutschen Divisionen (25.
Reserve- und 105. Division) eilten zur Verstärkung herbei. Gleichzeitig
erhielt die 9. bulgarische Division die dringende Mahnung, endlich die Morava zu
überschreiten, um dem Feinde in die Flanke zu stoßen. Zu weiteren
Kämpfen aber kam es nicht mehr; am 13. stellten deutsche Flieger den
Rückzug der Serben über Prokuplje auf Kuršumlija fest. So
gelang es auch der 6. bulgarischen Division, die am 12. November, durch
Brückentrains der 11. Armee unterstützt, mit zwei Brigaden die
Morava bei Aleksinac überschritten hatte, nicht mehr, den Serben den
Rückzug nach Prokuplje zu verlegen. Sie stand am 13. im Gebirge
nordöstlich des Grebac, also hinter der 101. Division.
Die bulgarische Heeresleitung hatte einen Durchbruch der Serben nach Vranje
befürchtet. Am 12. hätten diese auch bei Leskovac nach Süden
durchdringen können, wären aber dann weiter südlich auf
Kräfte der bulgarischen 2. Armee gestoßen, ohne Möglichkeit,
sich mit den Ententetruppen zu verständigen. Auch mußten sie damit
rechnen, daß ihnen starke, darunter auch deutsche, Kräfte in
Eilmärschen folgen würden. Der freiwillige rechtzeitige
Rückzug der Serben am 13. zeigt, daß ein solcher Durchbruch nicht
beabsichtigt war und lediglich ein Gegenstoß geführt wurde, um den
an der bedrohlichsten Stelle und vereinzelt vordringenden Gegner
zurückzuwerfen und dadurch den von Kuršumlija und Prokuplje
nach Südwesten und Süden strebenden eigenen Truppen und
Kolonnen Luft zu schaffen.
Jetzt überschritt auch endlich die 9. bulgarische Division die Morava und
trat den Vormarsch auf Prokuplje an. Gleichzeitig ging die 1. bulgarische
Division, durch eine Brigade der 9. verstärkt, wieder auf Lebane vor.
[376]
Skizze 17: Das Kampfgelände um Priština.
|
Das Hauptquartier der Heeresgruppe war am 13. November nach
Kragu- [376] jevac
übergesiedelt. Da die Fliegermeldungen immer deutlicher erkennen
ließen, daß die Hauptkräfte des Gegners tatsächlich auf
Priština zurückgingen, ergab sich die Notwendigkeit, das
Schwergewicht der 3. und 11. Armee mehr nach dem linken Flügel zu
verlegen, um mit starken Kräften in den Kampf der bulgarischen 2. Armee
eingreifen zu können. Der Grundgedanke aber blieb die umfassende
Bewegung gegen das Amselfeld unter Sicherung gegen Montenegro, und zwar
sollte XIX. Korps von Westen, XXII. Reservekorps, k. u. k. VIII.
und X. Reservekorps von Norden, die Bulgaren von Osten und Südosten
gegen das Amselfeld vorstoßen. Dementsprechend wurde XIX. Korps auf
Sjenica - Novipazar, XXII. Reservekorps auf
Novipazar - Mitrovica, VIII. Korps auf
Mitrovica - Babinmost (nordwestlich Priština), 11. Armee
über Kuršumlija auf Priština mit dem Auftrag angesetzt,
möglichst bald mit kampfkräftigen Teilen die
Amselfeld-Ebene zu erreichen. Die bulgarische 1. Armee erhielt die Weisung, mit
der 9. und 1. Division im Anschluß an das X. Reservekorps durch das
Gebirge vorzudringen und gegen die Ostfront von Priština einzuschwenken,
während die [377] bulgarische 2. Armee
mit ihrer nördlichen Gruppe aus der Linie
Gnjilane - Stari Kačanik gegen das gleiche Zeil
vorzustoßen hatte. Die 6. bulgarische Division wurde infolge des Mangels
an Vormarschstraßen bei der bulgarischen 1. Armee entbehrlich. Sie sollte
herausgelöst und der bulgarischen Heeresleitung zur Verfügung
gestellt werden. Überhaupt wies die Heeresgruppe ihre Armeen allgemein
an, alle Teile, die aus Wege- oder Raummangel oder mit Rücksicht auf die immer
größer werdenden Verpflegungsschwierigkeiten nicht mehr in
vorderster Linie Verwendung finden könnten, zugunsten des Nachschubes
der verfolgenden Truppen zurückzulassen. Solange an dem Gedanken der
schnellen Verfolgung auf
Novipazar - Priština festgehalten werde, komme es auf eine
besondere Auswahl der verfolgenden Verbände nicht an. Man müsse
immer dem vorwärtshelfen, der am meisten Aussichten habe,
vorwärts zu kommen. Eine gewisse Breite in der Verfolgung sei allerdings
unerläßlich, ein Vorstoßen längs der
Vormarschstraßen allein genüge nicht.
Unter ständigen Kämpfen, bei mangelhafter Unterkunft, fast immer
sogar bei schlechtem Wetter und zunehmender Kälte auf den zugigen
Höhen des Hochgebirges zum Biwak gezwungen, zum Teil recht
mäßig verpflegt und gekleidet, drangen die Armeen weiter vor. Aber
das Hochgefühl des Sieges, das Bewußtsein, den Gegner trotz aller
Schwierigkeiten geschlagen zu haben und nun vor sich her der Vernichtung
entgegenzutreiben, ließ alle Anstrengungen vergessen, trieb jeden einzelnen
rastlos und freudig vorwärts. Am 15. ereichte 62. Division den Lim bei
Sokolović. Der Gegner ging über den Fluß zurück. Auch
die Gruppe Reinöhl kam an diesem Tage bis zu dem
Höhenrücken des Vidica-zakos (1148 m) und bis nach Trnava
vor. XIX. Korps stand nach mühseligen Kämpfen an diesem Tage
auf der Mučanj pl. (1409 m) und Okruglica (1568 m)
östlich Javor. Die auf Ušće entsandte 10.
Gebirgs-Brigade gewann am 14. den Anschluß an die rechte Kolonne des
XXII. Reservekorps, dem sie unterstellt wurde. Am 15. stieß 44.
Reserve-Division bei Ušće wiederum auf hartnäckigen
Widerstand, was zu heftigen Kämpfen führte. Die linke Kolonne des
Korps (Teile des Alpenkorps) überschritt am 14. den 1106 m hohen
Sattel am Westhang des Šanac (etwa halbwegs Ušće und
Rugijnci) und drang weiter nach Süden vor. Dafür wurde die 43.
Reserve-Division zurückgezogen. Sie sammelte sich wieder bei Kraljevo.
VIII. Korps erreichte am 15. den Sattel von Mramor und überschritt das
Topliva-Tal westlich Magovo, wobei die 57. Division die Besatzung des
1152 m hohen Lučak gefangen nahm.
X. Reservekorps kämpfte am 14. den ganzen Tag über in der Linie
Rasica - Blace und konnte den Feind nur mit Mühe
zurückdrücken. Am folgenden Tage wich dieser aber ohne
erheblichen Widerstand nach Süden aus. Das Korps erreicht die
Höhen halbwegs
Blace - Kuršumlija. 101. Division hatte inzwischen den noch
auf den Höhen südlich Prokuplje haltenden Gegner am 14.
angegriffen und geworfen. 1700 Gefangene, 8 Geschütze, 10
Munitionswagen, 1
Brücken- [378] train und 1
Feldbäckerei-Kolonne fielen ihr allein in den letzten beiden Tagen als
Beute zu. Am 15. drang sie weiter im
Toplica-Tale aufwärts vor und drängte den bei Tulare Widerstand
leistenden Gegner zurück. Ein linkes Seitendetachement nahm dabei 600
Mann gefangen und erbeutete 3 Geschütze.
Bereits am 14. November war die 101. Division bei Prokuplje mit Teilen der 6.
und 9. bulgarischen Divisionen zusammengetroffen. Am 15. stand die bulgarische
1. Armee in der Linie südlich
Prokuplje - Bublica - Lebane - Vina und stellte die 6.
Division in den nächsten Tagen zum Abmarsch über Leskovac nach
Süden bereit.
Von der bulgarischen 2. Armee warfen dreieinhalb Brigaden der 3., 7. und 5.
Division am 15. den Gegner bei Gnjilane zurück, machten dabei 2000
Gefangene und erbeuteten 18 Geschütze und 22 Munitionswagen. Die
Verfolgung führte sie bis nach Žegovce, 20 km
südöstlich Priština. Die südlich Ferizović bei
Stari Kačanik an der Bahn
Üsküb - Priština stehende bulgarische Brigade
kam jedoch auch jetzt noch nicht vorwärts. Die Serben verteidigten diesen
wichtigen, die Straße nach Priština und von Priština nach
Prizren deckenden Punkt aufs zäheste. Die Verbindung zwischen der
bulgarischen 2. mit der 1. Armee stellte ein Regiment auf dem
Kopiljak-Passe her.
An der mazedonischen Front standen zu dieser Zeit von der bulgarischen 2.
Armee zwei Brigaden aus der 2., 3., und 7. Division südlich Strumica.
Weiter östlich deckten bulgarische Truppen die Täler der Struma und
des Mesta Karasu an der bulgarischen Grenze. Im Anschluß an die
Strumica-Gruppe standen nach Westen zu zweieinhalb Brigaden der 11. Division,
eine gemischte Brigade der 3. und 7. Division und zwei Brigaden der 5. Division
bei Treskovac, Leskovica und beiderseits des Vardar bei Gradsko. Auf den
Höhenzügen nordöstlich Prilep sicherten zwei Regimenter der
7. Division und ein mazedonisches Regiment (11. Division). Als Armeereserve
diente dieser Front eine bei Veles stehende Brigade. Der bulgarische Generalstab
glaubte, auch fernerhin alle Durchbruchsversuche der Ententetruppen abschlagen
zu können, wenn die von den Deutschen zugesagten
Verstärkungen - namentlich an schwerer
Artillerie - einträfen. Sehr schwierig sei allerdings die
Verpflegungslage, weil nur wenige und schlechte Wege zur Verfügung
ständen und die Bahn über
Pirot - Nisch noch nicht wiederhergestellt war. Deshalb kam auch er
zu dem Schluß, daß die Entsendung größerer deutscher
Verbände erst mit dem Fertigwerden dieser
Bahn - wie man hoffte, Anfang Dezember - möglich sein
würde.
Am 16. November griff die k. u. k. 62. Division den am Lim stehenden Feind an
und warf ihn nach Ustibar und Priboj zurück. Am 18. besetzte sie Priboj.
Die Gruppe Reinöhl erreichte am gleichen Tage Amzica. Sie wurde der 62.
Division unterstellt, die mit nunmehr 21½ Bataillonen den Schutz der
rechten Heeresflanke am Lim übernahm.
XIX. Korps erreichte kämpfend am 17. November Javor und am 18.
Kuku- [379] vica (9,5 km
nördlich Sjenica). Ihre linke Kolonne (21.
Landsturm-Gebirgs-Brigade) drang an diesem Tage bis Crče vor. XXII.
Reservekorps kam in dem schwierigen Gebirgsgelände nur langsam
vorwärts und stand am 18. bei
Radočevci - Čitluk - Dragodany. VIII. Korps
hatte am 16. nur leichte Kämpfe nordwestlich und östlich
Blaževo zu bestehen. Es erhielt den Auftrag, mit einer Division nach
Kosutica im Ibar-Tal am Wege Raška - Mitrovica abzubiegen,
um den dem XXII. Reservekorps noch gegenüberstehenden Feind
abzuschneiden. Am 17. gelangte eine Brigade nach Isevo, die beim weiteren
Vorgehen wiederholt auf Feind stieß und ihn zurückwarf. Am 18.
erreichte sie unter großen Geländeschwierigkeiten die Gegend
östlich Kosutica.18 Der linke Flügel des Korps (57.
Division) drang bis Ljutovo vor. Die Zahl der Gefangenen mehrte sich mit jedem
Tage; sie betrug bei der 3. Armee am 17. allein 1860 Mann, davon 1500 beim
XXII. Reservekorps.
X. Reservekorps hatte am 16. recht hartnäckige Kämpfe bei der 101.
und 105. Division nördlich und östlich von Kuršumlija. Am
Abend des Tages stand das Korps in der Linie Vlainja (etwa 11 km
nordwestlich
Kuršumlija) - Pijakovo - Grabovnica dem Gegner dicht
gegenüber. Dieser räumte aber am 17. November seine Stellungen
und zog nach Süden ab. Kuršumlija wurde verlassen und
ausgeplündert vorgefunden, doch fanden sich dort noch große
Mengen von Munition vor. Das Korps machte 950 Gefangene und erbeutete
einige Geschütze und Munitionswagen. In der Verfolgung wurde am 18.
Žegrova - Selište - Dedinac erreicht.
Von der bulgarischen 1. Armee kam die 9. Division am 16. ohne Kampf bis
Ravnište - Slišani; dagegen stieß die 1. Division
auf lebhafteren Widerstand, ehe sie
Silovo - Buvci - Crcavac erreichte. Weiter südlich
drang eine Brigade der 8. Division kämpfend bis Oruglica vor,
während die beiden anderen Brigaden im Tal der südlichen Morava
über Vranje vorrückten. Am 18. erreichte die bulgarische 1. Armee
unter großen Anstrengungen mit der 9. Division
Vasijevac - Orljan - Tulari. Die 1. Division hatte bei Buvci
noch Feind gegenüber. Die Brigade der 8. Division gelangte unter
Kämpfen bis zum
Kopiljak-Paß. Sie trat unter den Befehl der bulgarischen 2. Armee. Das
Gelände setzte dem Angreifer ganz außerordentliche
Schwierigkeiten, allein schon durch seine große Unübersichtlichkeit,
entgegen, so daß die Leistungen der bulgarischen Truppen, wenn sie
stellenweise auch nicht viel Raum gewannen, doch überaus
anerkennenswert waren. Dazu kam, daß die Serben gerade den Bulgaren
einen außerordentlich zähen Widerstand entgegensetzten, weil sie
sich am meisten Priština genähert hatten und so dem sich dort
ordnenden Gros am gefährlichsten zu werden schienen. Noch steckte
freilich die Masse der bulgarischen 1. Armee mitten im [380] Gebirge, und nur der
rechte Flügel hatte soeben den Ausgang aus der Waldzone zur
Hochfläche von Priština erreicht. So waren auch für die
nächsten Tage schwere Kämpfe vorauszusehen.
Auf der nördlichen Front der bulgarischen 2. Armee hatte inzwischen die
am 15. bei Gnjilane siegreich gewesene Gruppe die bei Stari Kačanik
kämpfende bulgarische Brigade verstärkt. Von den beiden
über Vranje anmarschierenden Brigaden der 8. Division wurde die eine zur
Verstärkung der nördlichen Front nach Gnjilane abgedreht,
während die andere Befehl erhielt, über Kumanovo nach
Üsküb zu marschieren. Auf der südlichen Front wurde am 17.
November endlich Prilep von Teilen der 7. Division genommen. Die serbischen
Streitkräfte zogen in der Richtung auf Monastir ab. Von
Üsküb aus besetzte ein bulgarisches Detachement Gostivar
südlich Kalkandelen, befestigte den Ort und marschierte unter
Zurücknahme einer Besatzung auf Prizren weiter.
Man näherte sich dem Operationsziel Priština, wo es sich
entscheiden mußte, ob sich die serbische Armee stellen oder durchbrechen
wollte. Die Spannung stieg. Gelang es, die Serben einzukreisen, dann war ein
Erfolg errungen, wie ihn die Kriegsgeschichte in so kurzer Zeit und in einem so
schwierigen, wegelosen Gebirgsgelände, dem Operationen moderner Heere
in großem Ausmaße bisher völlig fremd geblieben waren, kaum
aufzuweisen hatte. Aber gerade in diesem Augenblick schien die Natur ein
gebieterisches "Nein" einlegen zu wollen. Seit dem 17. November herrschte
starker Schneefall, der die wenigen Wege und Saumpfade fast unbenutzbar
machte. Dabei hatten die Serben alle Übergänge über die
zahlreichen stark angeschwollenen Wasserläufe zerstört. Nun setzte
auch noch starker Frost ein, so daß die in den unwirtlichsten Teilen des
Gebirges operierende 3. Armee bereits Verluste durch Erfrieren meldete. Die
Karten erwiesen sich in diesen abgelegenen Gebieten als äußerst
unzuverlässig, auf ihr verzeichnete Wege bestanden oft genug
überhaupt nicht. Das brachte ungeheure Anstrengungen mit sich, die aber
trotz allem im Hinblick auf das nahe winkende Ziel von der Truppe willig in Kauf
genommen wurden. Bedenklicher waren die immer mehr zunehmenden
Verpflegungsschwierigkeiten, die namentlich bei der 3. Armee auftraten. So hatte
sich beispielsweise das VIII. Korps bis in die Gegend von Blaževo mit
seinen neun Gebirgsverpflegungsstaffeln noch leidlich verpflegen können.
Von dort aber führten nach Kosutica ins
Ibar-Tal und auch sonst in südlicher Richtung nur noch Saumpfade, die
jetzt verschneit oder vereist waren. Die Eisebahnendpunkte Valjevo, Grn.
Milanovac, wohin erst am 21. November eine Feldbahn hergestellt sein sollte, und
Kragujevac lagen zu weit ab. Schon dehnten sich Entfernungen bis zu
130 km über schlechte Wege und Saumpfade durch Schnee und Eis
über hohe Gebirgskämme hinweg zwischen ihnen und der rastlos
verfolgenden Truppe aus. Ob eine wesentliche Erleichterung durch die bald zu
erwartende Herstellung der Bahn im Tal der westlichen Morava eintrat, war
zweifelhaft; sehr leistungsfähig konnte diese Bahn nicht sein.
Überdies ver- [381] größerte
sich täglich die Entfernung mit dem Fortschreiten der Verfolgung. Eine
Erleichterung des Nachschubs konnte nur dadurch eintreten, daß die Trains
der verfolgenden Truppen wesentlich vermehrt und gleichzeitig die Zahl der
Truppen noch mehr herabgesetzt wurde. So hatte auch schon die Heeresgruppe
damit begonnen, die 43. und 44.
Reserve-Division sowie die 105. und 107. Division allmählich
herauszulösen und ihre Verpflegungskolonnen den weiter verfolgenden
Truppen zuzuteilen. Auch das Generalkommando des XXII. Reservekorps wurde
zurückgezogen. Die bereits nach Ungarn abmarschierenden Divisionen (6.,
26. und 11. bayerische Division), zu denen das Generalkommando des III. Korps
trat, sollten nach einem anderen Kriegsschauplatz abtransportiert werden, in ihre
Quartiere die 43. und 25.
Reserve-Division und die 107. Division mit dem Generalkommando des X.
Reservekorps einrücken. Das Kommando über die an der Front
verbleibenden 101. und 103. Division hatte sodann das Generalkommando des IV.
Reservekorps zu übernehmen. Die 105. Division sollte sich zunächst
bei Aleksinac bereitstellen, um auf Wunsch der bulgarischen Heeresleitung an die
Küste nach Varna und Burgas abtransportiert zu werden, wo ein
Bombardement des Hafens durch Teile der russischen Flotte große
Beunruhigung unter der Bevölkerung hervorgerufen hatte. Zweifellos lag
auch der bulgarischen Heeresleitung daran, deutsche Truppen an der
rumänischen Dobrudscha-Grenze zu zeigen.
Zu gleicher Zeit wurden die für den Gebirgskrieg ungeeigneten Bataillone
der Gruppe Reinöhl herausgezogen. Aber selbst bei den in der Front
verbleibenden Truppen mußten zeitweise Verbände
zurückgehalten werden, um die Verpflegung der dem Feinde auf den Fersen
sitzenden Truppen zu erleichtern, so z. B. die ganze 57. Division des VIII.
Korps in der Gegend bei Brus.
Die Operationen gegen die Serben wurden somit außer von der 1. und
Teilen der bulgarischen 2. Armee nur noch mit dem k. u. k. XIX.
und VIII. Korps, dem deutschen Alpenkorps, eine kurze Zeit noch mit Teilen der
44. Reserve-Division und mit dem X. Reservekorps (101. und 103. Division)
fortgeführt. Diesen 7 deutschen sowie
österreichisch-ungarischen und 3 bis 4 bulgarischen Divisionen konnten die
Serben nach ihren offensichtlichen großen Verlusten an Menschen, Pferden
und Zugtieren, Artillerie und Heeresgerät aller Art kaum gleich starke, vor
allem aber nicht gleichwertige Kräfte auf dem Amselfeld entgegenstellen.
So deutlich trat die Auflösung des serbischen Heeres zutage, daß
selbst die Möglichkeit, das XIX. und Teile des VIII. Korps könnten
wegen Verpflegungsschwierigkeiten nicht mehr rechtzeitig auf dem Amselfeld
eingreifen, daß also der Ausfall von weiteren drei Divisionen für
unbedenklich gehalten wurde.
Bis zum 18. November eingegangene Nachrichten über die
Saloniki-Armee berichteten, daß bisher 115 700 Mann (83 700
Franzosen und 32 000 Engländer) gelandet waren. Auffallen
mußte es, daß seit dem 9. November weniger Truppen, aber sehr viel
Munition, Pferde und Schlachtvieh ausgeladen wurden, [382] so daß
zunächst wohl weitere größere Truppenlandungen nicht zu
erwarten waren. Das mochte mit der Leistungsfähigkeit der von Saloniki
nach Veles führenden Eisenbahn zusammenhängen, die
täglich nur sechs schwache Züge beförderte. Im ganzen waren
auf ihr seit dem 5. Oktober bis zum 17. November 98 000 Mann
(75 000 Franzosen und 23 000 Engländer)
einschließlich aller
Hilfs- und Etappentruppen sowie Krankenpersonals nach Norden vorgeschoben
worden. Aus der durchschnittlichen Tagesleistung von etwa 2900 Mann ließ
sich mit einiger Sicherheit das Zeitbedürfnis für die Versammlung
eines größeren Heeres am Vardar berechnen. Die Landung von
Truppen konnte allerdings erheblich beschleunigt werden, wenn die Entente auch
Kavala und Dedeagač zur Ausschiffung heranzog, auf die man also ein
scharfes Augenmerk zu richten hatte. In Saloniki sollten die Engländer auch
schwere Geschütze ausgeladen haben, die augenscheinlich für die
unmittelbare Verteidigung dieser Stadt bestimmt waren. Man erfuhr ferner,
daß der griechische Minister des Äußeren den
Ententemächten mitgeteilt hatte, daß serbische Truppen bei einem
Übertritt auf griechisches Gebiet entwaffnet werden würden. Das war
immerhin angesichts der Möglichkeit eines serbischen
Durchbruchsversuches zur Entente nach Mazedonien von Bedeutung.
Gefangenenaussagen besagten, daß westlich des Ibar nur noch
Montenegriner und einige serbische Bataillone dritten Aufgebotes ständen,
und daß die Montenegriner über Nova Varoš und Sjenica in
südlicher, die Serben aber in südöstlicher Richtung auf
Priština zurückwichen. Vor der sonstigen Front der 3. Armee seien
auf Novipazar und Mitrovica nur schwache serbische Truppen
zurückgegangen, darunter die
Donau-Division zweiten Aufgebots. Diese Nachrichten bestätigten also die
von der Heeresgruppe gewonnene Auffassung als richtig, daß das Gros der
Serben sich von Kuršumlija nach Priština gewandt hatte. Nach den
Aussagen von Gefangenen bei der bulgarischen 2. Armee beabsichtigte die
serbische Führung von Priština über Prizren nach Süden
durchzubrechen, um durch das Tal der Drinizi (Crni Drin) über Debra,
Ochrida und Monastir den Anschluß an die Ententetruppen in Mazedonien
zu gewinnen.
Die Auflösung beim Feinde schien stündlich zuzunehmen. Seine
Rückzugsstraßen waren mit einer Unmenge von Heeresgerät,
weggeworfenen Waffen und Ausrüstungsgegenständen, von
gefallenen Pferden und verendenden Zugtieren bedeckt. Die sich täglich
schnell steigernde Zahl der Überläufer und Gefangenen legte ein
weiteres beredtes Zeugnis ab, daß der innere Halt des tapferen serbischen
Heeres durch die furchtbaren Anstrengungen und Entbehrungen der letzten Tage
bei fast gänzlich versagender Verpflegung mehr und mehr verloren ging. So
galt es, dem Feinde den Todesstoß zu versetzen, der ihn daran verhindern
sollte, sich jetzt zu retten, zu erholen und später im geeigneten Augenblick
als neuer gefährlicher Gegner aufzutreten. Mochten die Anstrengungen,
mochten die Hindernisse noch so groß sein, jetzt mußte nur noch der
eine Gedanke alles [383] beherrschen: mit der
letzten Kraft rücksichtslos von allen Seiten vorzudrängen, um dieses
Ziel zu erreichen. Dazu sollte das VIII. Korps unter Entsendung einer
Seitenabteilung nach Novipazar über Kamenica durchs
Ibar-Tal nach Mitrovica vorgehen. Das Alpenkorps (linke Flügelkolonne
des XXII. Reservekorps) war so vorzuführen, daß sein Eingreifen bei
stärkerem Widerstande des Feindes auf dem Amselfeld gewährleistet
wurde. Das Generalkommando des XXII. Reservekorps und die 44.
Reserve-Division sollten erst ausscheiden, wenn ihr Verbleiben in vorderster
Linie nicht mehr nötig erschien, das X. Reservekorps längs der
Straße
Kuršumlija - Priština vordringen. Allen Teilen legte die
Heeresgruppe besonders ans Herz, ja nicht in der Verfolgung zu erlahmen. Die
bulgarische 1. Armee wurde angewiesen, im Verein mit der über
Gnjilane - Ferizović vorgehenden Nordgruppe der
bulgarischen 2. Armee die Serben bei Priština zu stellen und ihnen den
Rückzug nach Südwesten über Prizren und nach Westen
über Rudnik - Ipek zu verlegen. Sollte der Gegner auf den
westlichen Uferhöhen des
Sitnica-Abschnittes Widerstand leisten, so war er anzugreifen und so lange zu
fesseln, bis die 11. Armee von Norden her eingreifen konnte.
Unter großen Anstrengungen hasteten die verfolgenden Truppen
vorwärts. Die Gruppe Reinöhl drang bis nahe an die
montenegrinische Grenze nach Nova Varoš vor. Dort blieb sie
vorläufig stehen, sicherte im Anschluß an die k. u. k.
62. Division, die am 21. mit je einer Brigade bei Nv. Rudo, Uvac und
Priboj stand, den Lim-Abschnitt und schob Abteilungen gegen Prijepolje vor. Die
62. Division überschritt am 23. November den Lim bei Uvac und Priboj,
später auch bei Nv. Rudo, trieb den Feind nach Süden
zurück und legte als Ausgangspunkte für weitere Unternehmungen
Brückenköpfe südlich der genannten Übergangspunkte
an.
XIX. Korps erreichte am 19. Sjenica und Dugapoljana. Die
Landsturm-Brigaden des Korps wurden nach Čačak
zurückgeführt. Das Korps hatte Hervorragendes geleistet, und die
Heeresgruppe sprach ihm ihre vollste Anerkennung aus. Nun aber bedurfte es der
Ruhe, was allerdings seine Mitwirkung bei dem sich vorbereitenden letzten Akte
des serbischen Dramas ausschloß. Zwang doch auch die Verpflegungslage
des Korps gebieterisch zu einem Halt. Ein Versuch, durch die Gebirgswüste
weiter nach Süden vorzustoßen, um den etwa von Mitrovica und
Priština nach Montenegro zurückweichenden Serben den Weg zu
verlegen, kam, wenigstens vorläufig, nicht in Betracht. Das Korps schob
Sicherungen an die montenegrinische Grenze vor, die bei Trešnjevica vrelo
auf feindliche Vorposten stießen und sie am 25. von dort vertrieben. Der
Gegner setzte sich aber bald wieder. Es waren 10 bis 12 montenegrinische
Bataillone, die auf dem linken Flügel der Serben gekämpft hatten
und über Sjenica zurückgegangen waren. Jetzt sicherten sie ihre
Grenzen beiderseits der Straße
Novipazar - Berane.
XXII. Reservekorps gelangte am 19. mit der mittleren Kolonne bis
Raška, [384] während die
rechte (k. u. k. 10.
Gebirgs-Brigade) Novipazar zustrebte und die linke Kolonne (Alpenkorps) am 20.
Plavkovo im Ibar-Tal erreichte. Am Abend drang das vorauseilende bayerische
Leib-Regiment in Novipazar ein, wo im Arsenal eine Anzahl großer
Mörser und sonstiger Geschütze nebst vieler Munition und
Heeresgerät erbeutet wurden.
Während sich die Teile des XXII. Reservekorps bei Raška
sammelten, um zusammen mit dem Generalkommando den Rückmarsch
nach Kraljevo anzutreten, drang das Alpenkorps, dem auch die
k. u. k. 10.
Gebirgs-Brigade unterstellt wurde, unter Abwehr serbischer Angriffe über
Jablanica weiter nach Süden vor, warf am 22. den Gegner von den
Höhen südöstlich Novipazar und erreichte am 23. Ribaric
(südlich Novipazar) und Izvori auf dem Wege nach Mitrovica.
VIII. Korps ging am 19. aus Verpflegungsrücksichten zunächst nur
mit der 18. Brigade östlich vom Alpenkorps im
Ibar-Tale vor, wobei diese feindliche Angriffe unter schweren Verlusten für
den Gegner bei Žigolje abwies und etwa 2000 Gefangene machte. Am 21.
erreichte sie die Gegend nördlich Sočanica, griff den Feind in der
Nacht überraschend an und überrannte in erbittertem Kampf drei
hintereinander liegende Stellungen. 200 Gefangene, 6 Geschütze, 4
Maschinengewehre und 1 Munitionskolonne, zahlreiche Pferde und viel
Kriegsgerät war die Beute der Unerschrockenen. Die Serben fluteten in
großer Unordnung zurück, obwohl ihre eigene Artillerie, um sie zum
Stehen zu bringen, in ihre zurückgehenden Reihen feuerte. Rasch
entschlossen folgte die Brigade. Am Abend des 22. stand sie nach weiteren
Kämpfen bei Kosutova, mit einer vorgeschobenen Abteilung in
Bugariče, nur wenige Kilometer von Mitrovica entfernt. Die 19. Brigade
war gefolgt und erreichte am 22. November Sočanica. Am 23. kam es bei
der 18. Brigade zu neuen Kämpfen vor Mitrovica, in der Nacht zum 24.
ergreift der Kommandeur des III. Bataillon Regiments 31 die Initiative,
überfällt die feindlichen Sicherungen und dringt in Mitrovica ein,
wohin ihm die Brigade folgt. Mit Tagesanbruch ist die Stadt im unbestrittenen
Besitz der Österreicher, die dort 11 000 Mann gefangen nehmen,
mehrere Geschütze, viel Munition und 130 brauchbare Eisenbahnwagen
erbeuten. 35 000 wehrfähige Einwohner, offenbar Soldaten in Zivil,
werden festgenommen.
Von der 11. Armee hatte X. Reservekorps am 19. mit der 103. und 101. Division
die Höhen zwischen dem Prepolac und Kupinovo erreicht, wehrte am
nächsten Tage einen Gegner in seiner rechten Flanke ab und setzte am 21.
den Vormarsch in südlicher Richtung fort. Auch dieser Tag brachte neue
Kämpfe, wobei zahlreiche Gefangene gemacht wurden. Man betrat
nunmehr neuserbischen Boden, der aber noch schlechtere Wege aufwies. Am
Abend des 21. wurde
Bajčina - Svegle - Šajkovac erreicht und der
Anschluß an den rechten Flügel der bulgarischen 1. Armee
gewonnen. Damit hatte das Korps auch das freiere Gelände der weiteren
Umgebung von Priština erreicht.
[385]
Schlußakt bei Priština; Rückzug der
Trümmer des serbischen Heeres nach Montenegro und
Albanien.
Seit dem 19. November standen die 1. und die von Gnjilane vorgegangenen Teile
der bulgarischen 2. Armee in heißem Ringen mit den Serben, die in
richtiger Erkenntnis ihrer unglücklichen Lage, mit heroischer Verzweiflung
kämpfend und vielfach angriffsweise vorgehend, versuchten, das weitere
Vorkommen der von Osten und Südosten andringenden bulgarischen
Divisionen aufzuhalten, um die stark bedrohte Rückzugsstraße
Priština - Prizren offen zu halten. Es gelang jedoch den
Bulgaren, alle Angriffe des Feindes unter schweren Verlusten für ihn
abzuwehren und teilweise selbst Gelände zu gewinnen. Am Abend des 19.
standen die beiden Armeen in der Linie
Orljan - Kitka
(1193 m) - Kuretin - Dragovce - Stari
Kačanik - Gabrice. Eiligst wurden die beiden über
Kumanovo vormarschierenden Brigaden der 8. Division nach dem rechten
Flügel der 2. Armee eingedreht.
Am 20. gewann der linke Flügel der 9. bulgarischen Division gegen den
sich verschanzenden Gegner nur wenig Raum nach vorwärts. Die 2. Armee
drang bis Berivojce - Zebince - Smoluša -
Miraš - Trstenik vor. Angriffe der Serben aus Richtung
Priština wurden abgeschlagen. Am Abend des 21. gewannen die inneren
Flügel der beiden Armeen wiederum etwas Gelände nach
vorwärts. Ihre vordere Linie verlief nunmehr im Anschluß an das
deutsche X. Reservekorps über
Orljan - Ferićijc - Carevce.
Die Serben hatten augenscheinlich alle irgend verfügbaren Truppen, selbst
unter Entblößung ihrer linken Flanke und des Rückens, den
Bulgaren entgegengeworfen, um den immer bedrohlicher
vorwärtsdrängenden Gegner zurückzuhalten. Da traten,
anscheinend völlig überraschend, nördlich von Priština
die Anfänge des deutschen X. Reservekorps19 aus dem Gebirge in das Tal der Lab
heraus. Die Lage der Serben wurde verzweifelt. Nach den unzähligen
aufreibenden und zähen Kämpfen, ohne jede Aussicht auf einen
Erfolg und unter den furchtbarsten Entbehrungen und Anstrengungen begann die
Spannkraft auch dieses tapferen, sein Vaterland über alles liebenden Heeres
mehr und mehr zu erlahmen. Auch die Führung, die bei fehlender
Fliegererkundung und dem fast gänzlich versagenden Nachrichtenwesen
nicht ausreichend über die Bewegungen des Feindes unterrichtet war und
den einzigen Ausweg nach Südosten durch einen langsam aber stetig
vorwärts dringenden Gegner versperrt und hinter sich das wegelose und
verschneite Gebirge Albaniens sah, schien unsicher zu werden. In Scharen gaben
sich die entmutigten Serben gefangen. So kam es, daß gerade an der
entscheidenden Stelle die 101. Division am 22. November ohne [386] wesentlichen Widerstand im
Lab-Tale über den Brvenica-Abschnitt hinaus auf Priština vordringen
konnte, während die 103. Division auf dem jenseitigen Ufer rechts
gestaffelt folgte. Immerhin waren die Schwierigkeiten des Vormarsches infolge
der schlechten Wegeverhältnisse doch so groß, daß es der 101.
Division zunächst nicht gelang, mehr wie zwei leichte Feldhaubitzen
über den Prepolac-Paß heranzubekommen.
Das Erscheinen der Deutschen im Rücken der gegen die Bulgaren
kämpfenden serbischen Front bewirkte sogleich ein Nachlassen ihres
Widerstandes, so daß die Bulgaren gleichfalls vorwärts kamen. Am
Abend des 22. November standen sie im Anschluß an die bis Trnava
gelangte deutsche 101. Division in der Linie
Novobrdo - Dragovce - Somulša. Anders lagen die
Dinge auf dem linken bulgarischen Flügel bei Trstenik und Stari
Kačanik. Dort wehrte südlich und südöstlich
Ferizović General Bojovič zum Schutze der Straße
Priština - Prizren wie ein Löwe alle noch so erbitterten
Angriffe der Bulgaren in heldenhaftem Todesmute ab.
Zur Deckung ihres schwer bedrohten Rückzuges warfen die Serben zwar
noch einige schnell zusammengeraffte Truppen dem IV. Reservekorps am
Sicevska-Abschnitte nördlich Priština entgegen; allein die 101.
Division drang auch am 23. November unaufhaltsam vor, überschritt
kämpfend den Abschnitt, erstieg die nächsten
Anhöhen - und vor ihr lag unten im Tale Priština mit seinen
zahllosen Kuppeln und Minaretts, malerisch von der sich zum Untergange
neigenden Sonne beleuchtet. Nur kurze Zeit noch, und die deutschen Truppen
drangen in die Stadt ein, die übrigens schon gegen Mittag ihr
Bürgermeister feierlich einer deutschen
Kavallerie-Patrouille übergeben hatte, die als erste der siegreichen
verbündeten Truppen vor den Toren erschienen war. Die Serben befanden
sich im vollen Rückzuge, und so trafen auch die Bulgaren von Osten her
sehr bald vor der Stadt ein, in der neben 7000 Gefangenen und 6
Geschützen große Mengen von Material, Weizen, Hafer, Petroleum
und Öle erbeutet wurden. IV. Reservekorps rückte
befehlsgemäß bis zum
Sitnica-Abschnitt westlich Priština vor und sandte dem weichenden Feinde
nur Sicherungsabteilungen nach. Die bulgarische 1. Armee erhielt nunmehr von
der Heeresgruppe den Befehl, nach Süden einzuschwenken, und zwar mit
dem rechten Flügel über Vragolija auf Prizren, um dem noch bei
Ferizović haltenden Gegner in den Rücken zu kommen und den von
Priština nach Süden ausweichenden Serben an der Klinge zu
bleiben.
Die hohläugigen, halb verhungerten Gefangenen in ihren zerschlissenen
Uniformen verrieten deutlich, welch große Not im serbischen Heere
herrschte, die sich mit jedem Schritte weiter in die verschneiten Berge hinein
vergrößern mußte. In gleicher Verfassung befanden sich auch
die österreichisch-ungarischen Gefangenen aus dem Potiorek-Feldzuge, deren Befreiungsstunde jetzt endlich schlug. Zahlreiche
serbische Mannschaften und Offiziere versuchten in
Bauern- und Zivilkleidern ihre Heimat wieder zu erreichen. Die Aussagen eines
am 23. November [387] gefangenen serbischen
Offiziers bestätigten von neuem den Entschluß der serbischen
Führung, über Prizren nach Süden durchzubrechen. Ein
Übertritt nach Montenegro habe sich als unausführbar erwiesen, da
dieses Land die Verpflegung nicht aufzubringen vermöge. Die Deckung des
Rückzuges sollte Truppen des dritten Aufgebotes übertragen sein,
wahrscheinlich, um vom Kerne des Heeres soviel wie irgend möglich noch
zu retten. Bei den Montenegrinern herrschte angeblich großer Mangel an
Artilleriemunition, auch bei ihnen sollte die Verpflegung äußerst
knapp und Truppe wie Bevölkerung des Krieges herzlich müde
sein.
Die serbische Heeresleitung war wiederum dem vernichtenden Schlage
ausgewichen und suchte im Rückzuge durch die Gebirge Albaniens unter
Preisgabe fast der ganzen Artillerie und des gesamten Heeresgerätes an
Mannschaften zu retten, was zu retten war. Der zähe Wille zur
Selbstbehauptung und die glühende Vaterlandsliebe ließ die
Hoffnung auf bessere Zeiten an der Seite der Entente nicht schwinden, wo jeder
Mann, der jetzt entkam, von größtem Nutzen sein mußte, um
die heißgeliebte Heimat dem Feinde wieder abzuringen. Bisher hatten
freilich die Ententegenossen das auf sie gesetzte große Vertrauen
schmählich enttäuscht und das Schicksal Serbiens nicht abzuwenden
gewußt. Sie zeigten sich vielmehr, je näher der serbische
Zusammenbruch rückte, um so untätiger. Die
englisch-französischen Angriffe gegen die Südfront der bulgarischen
2. Armee ließen nach, und Gefangene des 3.
Zuaven-Regiments bekundeten eine recht schlechte Stimmung bei den Truppen,
denen verheimlicht worden sei, daß sie gegen Bulgaren kämpfen
müßten.
Am 24. November stand das Alpenkorps bei Tabalija und Pridvorica. Der Feind
wich überall zurück. Die 59. Division des k. u. k. VIII.
Korps vertrieb eine serbische Nachhut südlich Brabaniće an der
Straße Mitrovica - Rudnik und nahm Verbindung mit dem VI.
Reservekorps im Sitnica-Tale auf. Die Sicherungen dieses Korps besetzten in den
nächsten Tagen die Höhen bei Hade und Slatina. Der Gegner
beschoß zwar noch am 24. den Bahnhof westlich Priština mit
Artillerie, doch zeigten sich sonst nur noch vereinzelte serbische Abteilungen vor
der Front.
Flieger stellten fest, daß auf Rudnik nur vereinzelte Kolonnen
zurückgingen, während die Straße von Stimlja nach Prizren
von einer ununterbrochenen Kette von Truppen und Wagenkolonnen bedeckt war.
Die Aussagen der in den letzten Tagen gefangengenommenen Offizieren
bestätigten übereinstimmend die völlige Auflösung des
serbischen Heeres, das jetzt mit seiner Hauptmasse Prizren zustrebte. Die
Angaben über die Gesamtstärke dieser Trümmer schwankten
zwischen 20 000 und 50 000 Mann. Zahlreiche Geschütze und
Munitionsmengen seien bereits im Ibar und in der Sitnica versenkt worden. Zwar
standen noch die montenegrinischen Kräfte vor der k. u. k. 62.
Division und der 3. Armee, doch wurden auch bei ihnen Verschiebungen in
südlicher Richtung gemeldet. Im übrigen war über [388] Montenegro
zuverlässig bekannt, daß bis zum 24. November keinerlei
Truppenverschiebungen von der Westgrenze nach der
Nord- und Nordostgrenze stattgefunden hatten, weil man augenscheinlich einen
Angriff der Österreicher aus der Herzegowina befürchtete. Im Innern
des Landes seien weitere Kräfte nicht mehr vorhanden, bei Skutari
ständen nur noch schwache Besatzungstruppen. Serbische
Flüchtlinge sollten in großer Zahl bei Ipek und Djakova eingetroffen
sein. Dort sammelten sich anscheinend auch Truppen des bisherigen linken
serbischen Flügels. Ihre Verpflegung stoße ebenso wie die der
zahlreichen dorthin zurückgeführten
österreichisch-ungarischen Gefangenen auf die größten
Schwierigkeiten.
Die Heeresgruppe beabsichtigte nicht, mit deutschen Kräften weiter zu
verfolgen, dies sollte den Bulgaren allein überlassen bleiben. Dagegen war
ein Vorstoß in den nördlichen Teil von Montenegro beabsichtigt, der
von der 3. Armee, unterstützt durch Truppen aus Bosnien, der Herzegowina
und Dalmatien, über Čajnice auf Boljanić, von Ustivar auf
Plevlje und von
Nova-Varoš auf Jabuka erfolgen sollte, um eine größere
Sicherheit der von Sarajevo ins
Lim-Tal führenden Bahn gegen Überfälle zu gewinnen und
gleichzeitig einen Druck auf Montenegro auszuüben. In Anbetracht der
vorgeschrittenen Jahreszeit und des Hochgebirgscharakters der Gegend waren
hierzu allerdings weitgehende Vorbereitungen nötig, doch wollte man den
Vorstoß sobald als möglich ausführen. Die deutschen Truppen
sollten aus der Front herausgelöst und für die weiteren Operationen
gegen die Ententetruppen bereitgestellt werden.
Die bulgarische 1. Armee, die mit der Verfolgung der nach Prizren
zurückgehenden Serben beauftragt war, kämpfte aber mit so
großen Verpflegungsschwierigkeiten, daß sie zunächst
bewegungsunfähig wurde und ihr Führer sich mit der dringenden
Bitte um Aushilfe an die Heeresgruppe wandte, weil sonst seine Truppen
verhungern müßten. Dieser Aufenthalt kam natürlich den
Serben zugute, deren rechter Flügel bei Ferizović erst am 25.
November abzubauen begann. Jetzt setzte die 1. Brigade der 3. bulgarischen
Division zur Verfolgung in drei Kolonnen auf Prizren an, während die
beiden anderen über
Kalkandelen - Gostivar auf Debra vorgehen sollten, um einen
Durchbruchsversuch der Serben nach Süden zu vereiteln. Gleichzeitig
drangen bulgarische Truppen auf Monastir vor.
Auf der einzigen für Fahrzeuge zu benutzenden Straße zwischen
Crnoljeva und Prizren drängten sich in regellosem Knäuel die
serbischen Kraftwagen, Trains, die Artillerie und Truppenfahrzeuge zusammen.
Von Prizren ab führte aber nur noch ein schlechter Landweg ins Tal der
Drini barz, auf dem der Strom der Fahrzeuge nur sehr langsam nach Westen
abfließen konnte. So staute sich sofort der ganze Troß vor Prizren
zusammen, und in dieses durch das Bewußtsein der erlittenen Niederlage,
die Unkenntnis der Lage und die Angst vor dem verfolgenden Feinde noch
gesteigerten Wirrwarr drängten nun auch noch die vor den Bulgaren
zurückweichenden Truppen hinein.
[389] Am 27. November
erreichte die auf Prizren verfolgende bulgarische Brigade
Samodraža - Dvorane - Selce und erbeutete 3000
Gefangene sowie eine Anzahl Geschütze. Die Katastrophe war nicht mehr
aufzuhalten, bei der Verfassung der serbischen Truppen an einen ernstlichen
Widerstand selbst gegen die verhältnismäßig schwachen
Kräfte des Verfolgers nicht mehr zu denken, die Masse des Trosses und der
Artillerie, die Prizren noch nicht durchschritten hatten, war unrettbar verloren. Die
Serben machten die Geschütze unbrauchbar, verbrannten den gesamten
Troß und behielten außer der Gebirgsartillerie nur noch wenige
Feldgeschütze, Kraftwagen und Fahrzeuge, die sich bereits durch Prizren
hindurchgearbeitet hatten, bei sich. Und doch warfen sich am 29. November
nochmals Teile des zusammengeschmolzenen Heeres in wildem
Aufbäumen gegen ihr Geschick dem verhaßten Gegner bei Prizren
entgegen. Es war das letzte Aufflackern des erlöschenden Feuers. Ein
kurzer, heißer Kampf, dann brach auch der letzte Widerstand unter dem
Druck der von allen Seiten andrängenden Bulgaren zusammen, die letzte
Ordnung hörte auf, es suchte sich zu retten, wer konnte. Über
17 000 Gefangene, 50 Geschütze, 20 000 Gewehre und
zahlloses Kriegsgerät fiel den Bulgaren als Siegesbeute zu. Für die
flüchtenden Serben aber begann nun ein Leidensweg ohne gleichen durch
die öden, verschneiten und vereisten Gebirge Albaniens auf kaum
gebahnten Pfaden unter Hunger und Entbehrungen und unter den
heimtückischen Schüssen der feindlich gesinnten
Bevölkerung. Und dazu saßen ihnen, wenigstens in den
nächsten Tagen, auch die Bulgaren noch auf den Fersen. In der Gegend von
Kula Ljums, am Zusammenflusse des Drin mit der von Süden kommenden
Drinizi, überholte am 3. Dezember ein bulgarisches Detachement die
Flüchtenden und sperrte durch ihr Feuer die Straße. Der letzte Rest
der bisher noch mühsam zurückgeschleppten Feldgeschütze,
Kraftwagen und Fahrzeuge und unzählige Gefangene fielen den Bulgaren in
die Hände. Auch die über Djakova ausgewichenen Teile
mußten ihre letzten Geschütze und Fahrzeuge den Verfolgern
überlassen und retteten nur das nackte Leben.
Am 4. Dezember stellten auch die Bulgaren die Verfolgung ein und
überließen die letzten Trümmer des serbischen Heeres und die
mit ihnen ziehenden zahlreichen serbischen Flüchtlinge ihrem Schicksal,
das unbarmherzig seine Opfer unter ihnen forderte. Nur bei Ipek hielten sich noch
serbische Teile. Ein Versuch, nach Süden durchzubrechen, wurde in
größerem Umfang nicht gemacht. Er wäre auch an den
ungeheuren Schwierigkeiten des fast wegelosen Gebirgsgeländes
gescheitert.
Die serbische Regierung war bereits nach Skutari vorausgeeilt. König Peter, der Kronprinz, Paschitsch, der todkranke Oberbefehlshaber Woijevode Putnik und
der russische Gesandte hatten kurz vor den letzten Kämpfen Prizren am 28.
verlassen und gelangten nach sehr beschwerlichem Marsche endlich nach Skutari,
von wo sie die Trümmer ihres Heeres wieder sammelten. Und sie hatten
Erfolg! Aus den Resten der geschlagenen Armee erwuchs mit Hilfe der [390] Entente den
Verbündeten schon im nächsten Jahre an der mazedonischen Front
wiederum ein Gegner, der, verstärkt durch den Zulauf zahlreicher
serbischer Elemente und durchglüht von dem heiligen Feuer der
Vaterlandsliebe, ihnen viel zu schaffen machen sollte.
"Mit der Flucht der kärglichen Reste des serbische Heeres in die
albanischen Gebirge sind die großen Operationen gegen dasselbe
abgeschlossen. Ihr nächster Zweck, die Öffnung freier Verbindung
mit Bulgarien und dem türkischen Reiche, ist erreicht." So lautete eine
öffentliche Bekanntmachung der Obersten Heeresleitung vom 27.
November. In der Tat war ungewöhnlich Großes durch die nie
erlahmende Tatkraft und die durch kein noch so großes Hindernis
abzulenkende Zielsicherheit und Großzügigkeit der Heeresgruppe
Mackensen im Verein mit der opferwilligen Hingabe ihrer braven,
unermüdlichen Truppen erreicht worden. Jetzt galt es, sich neuen Zielen
zuzuwenden.
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Die Beute des Feldzuges war groß, sie betrug bei der 3. und 11. Armee
zusammen 120 Offiziere, 100 800 Mann, 48 Maschinengewehre, 58
schwere, 475 leichte Geschütze und außerordentlich viel
Kriegsmaterial bei verhältnismäßig geringen eigenen
Verlusten. Von Krankheiten waren die eigenen Truppen überhaupt
verschont geblieben. Auch die Beute der Bulgaren war sehr beträchtlich und
wird mit 50 000 Gefangenen und 300 Geschützen sicherlich eher zu
niedrig als zu hoch gegriffen sein. An Toten und Verwundeten hatten die Serben,
zuverlässigen Nachrichten zufolge, etwa 94 000 Mann
eingebüßt.
Am 27. November trat das Alpenkorps den Rückmarsch nach Kraljevo an.
Die k. u. k. 10.
Gebirgs-Brigade, von der ein Teil noch am 29. November einen
Zusammenstoß mit zwei serbischen Regimentern bei Rudnik gehabt hatte,
verblieb jedoch bei der 3. Armee. Am gleichen Tage marschierte auch die 103.
Division über Kuršumlija in die Gegend von Leskovac ab. Ihr folgte
am 29. November der größte Teil der 101. Division. Von dieser blieb
aber ein Detachement in Stärke von einem
Infanterie-Regiment, zwei Gebirgs-Maschinengewehr-Abteilungen, drei
Gebirgs-Kanonen-Batterien, einem Zuge Pioniere, einer leichten Funkenstation
und einigen Kolonnen (Detachement Sommerfeld) in Priština
zurück, um sich mit einem sechstägigen Verpflegungsvorrate zu
versehen und dann über Üsküb nach Monastir vorzugehen, wo
die Oberste Heeresleitung auf dem bulgarischen rechten Flügel auch
deutsche Truppen zu zeigen wünschte.
Die Sicherung gegen Montenegro und Albanien übernahm die
k. u. k. 3. Armee, während alle bulgarischen Kräfte
nach Süden zur mazedonischen Front gegen die Entente herangezogen
wurden. - Der eigentliche serbische Feldzug war beendet.
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