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Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917

Kapitel 6: Der Feldzug in Serbien   (Forts.)
Oberst Theodor Joachim

2. Die Niederwerfung Serbiens.

Vorbereitungen zur Erzwingung des Save- und Donau-Übergangs.

Als die deutsche Oberste Heeresleitung Anfang 1915 den Entschluß gefaßt hatte, Serbien durch einen raschen Angriff niederzuwerfen, war General v. Falkenhayn auch gleich darangegangen, in aller Stille die dazu nötigen Vorbereitungen durchzuführen, um im gegebenen Augenblick schnell handeln zu können. Ein Angriff größeren Umfanges über die Drina kam nicht in Betracht; schon das äußerst mangelhafte Eisenbahnnetz in Bosnien und der Herzegowina machte ihn unmöglich. So folgte man dem Wege aller früheren Kriegszüge in [324] das serbische Gebiet und entschied sich dafür, die Operationen über die untere Save und die Donau zu führen, von wo sie, den großen Straßen durch das Bergland und dem Morava-Tal nach Süden folgend, auf kürzestem Wege in das Herz Serbiens führten und dort mit der von Osten her vordringenden bulgarischen Armee zusammentreffen mußten. Freilich gab es auch nach geglücktem Übergang noch Schwierigkeiten genug zu überwinden, denn das Morava-Tal war an seiner Mündung stark versumpft und durch viele tote Wasserarme schwer gangbar; auch stieg das beiderseits des Flusses nach Süden hin zu durchschreitende Bergland allmählich zu immer höheren Erhebungen an und bot dem Verteidiger durch seine zahlreichen gleichlaufenden Abschnitte treffliche Stellungen für einen hartnäckigen Widerstand.

Von der Donau-Front schied der Abschnitt zwischen Ram und Orsova, also vom Eintritt der Donau aus der ungarischen Tiefebene in das ungarisch-serbisch-rumänische Grenzgebirge bis zur rumänischen Grenze, von vornherein für den Übergang stärkerer Kräfte aus. Denn waren an sich schon die steilen Uferhänge und die zunehmende Stärke der Strömung dem Übergang wenig günstig, so mußten die daran anschließenden Bewegungen in dem unwegsamen, bewaldeten und wenig bevölkerten Berglande, das sich nach Süden immer höher und höher erhob und immer ärmer an Wegen wurde, unter dem Widerstand der Serben sehr bald ins Stocken geraten.

Bereits im Frühjahr 1915 erkundeten deutsche Generalstabsoffiziere unauffällig das Gelände und die Stellungen des Feindes an der Donau und leiteten alle erforderlichen Anstalten zu einem überraschende Übergang ein. Eine ungeheure Arbeit war zu leisten; galt es doch, einen gewaltigen, durchschnittlich 700 bis 1200 m breiten Strom mit starker Strömung angesichts der vom Feinde besetzten Höhen des serbischen Ufers, die das ungarische Flachland weithin beherrschten, zu überwinden, um dann noch den mit modernen Waffen ausgerüsteten Gegner im ersten Anlauf zu überrennen. Dabei mußten diese umfangreichen und schwierigen Vorbereitungen dem Feinde unbedingt verborgen bleiben; nur wenn er überrascht wurde und nicht Zeit fand, geeignete Gegenmaßregeln zu ergreifen, konnte das kühne Wagnis glücken.

Im Großen Hauptquartier zu Pleß schätzte man die serbischen Streitkräfte auf etwa 190 000 bis 200 000 Mann; doch glaubte man, außerdem mit dem Eingreifen von etwa 330 000 Mann in Saloniki landender Ententetruppen rechnen zu müssen. Je schneller man handelte und je wirksamer die Umfassung des serbischen Heeres wurde, um so eher konnte man hoffen, die Serben vor dem Eingreifen der Entente vernichtend zu schlagen. Die in Bosnien und der Herzegowina stehenden k. u. k. Truppen waren durch Abgaben an die italienische Front geschwächt und bis auf eine Division bei Višegrad für schnelle, nachdrückliche Unternehmungen in schwierigem Gelände nicht geeignet. Sie sollten deshalb nur die Montenegriner in Schach halten. Der Hauptstoß war über die untere, [325] etwa 300 bis 500 m breite Save bei und westlich Belgrad und über die Donau zwischen Belgrad und Ram beabsichtigt, während die Bulgaren einige Tage später die Ostfront anzugreifen hatten. Zu diesen Operationen sollten Deutschland und Österreich-Ungarn bis zum 6. Oktober je sechs Divisionen an der Save und Donau, die Bulgaren bis zum 11. Oktober mindestens vier Divisionen (bulgarische 1. Armee) an der serbischen Ostgrenze aufmarschieren lassen. Den Oberbefehl über alle diese zu einer Heeresgruppe vereinigten Truppen wurde dem Generalfeldmarschall v. Mackensen übertragen. Es zählten aber nicht die in Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien verbleibenden k. u. k. Truppen, die nach wie vor dem Befehle des Landeschefs in Sarajewo unterstanden, dazu. Auch die bei Köstendil und Strumica sich sammelnden bulgarischen Truppen (etwa zwei Divisionen) waren selbständig, doch sollten sie gleichzeitig mit den oben genannten vier Divisionen vorgehen, ins Vardar-Tal eindringen und die Verbindung der serbischen Armee mit den in Saloniki zu erwartenden Ententetruppen abschneiden.

Von den zehn vorhandenen bulgarischen Divisionen waren somit, abgesehen von der noch in Bildung begriffenen mazedonischen Division, fünf Divisionen zum Einbruch nach Serbien bestimmt. Hinter der südlichen Gruppe, der bulgarischen 2. Armee, stand außerdem die 3. Division bei Dubnica bereit. Sie bildete zunächst eine Reserve in der Hand der bulgarischen Heeresleitung, deren Augen gespannt auf Griechenland blickten. An der griechischen Grenze sicherten bei Melnik im Struma-Tale und östlich die 2. und in der Nähe der Küste bei Gümüldžina die 10. Division. Zur Deckung gegen Rumänien und Sicherung der Küste am Schwarzen Meer standen die 4. und 5. Division in den Bezirken von Schumla und Rušžuk.

Eingedenk ihrer bösen Erfahrungen mit Rumänien 1913, wies die bulgarische Heeresleitung besonders darauf hin, daß ihr zur Deckung des Rückens gegen Rumänien nur diese beiden Divisionen verblieben, daß also die Neutralität Rumäniens unbedingt gesichert bleiben müßte. Dies konnte die deutsche Oberste Heeresleitung allerdings nicht verbürgen; am besten wirkten wohl schnelle Erfolge in Serbien; immerhin traf sie alle Vorsichtsmaßregeln, um bei dem beginnenden Eintreffen deutscher Truppen im Banat unliebsame Zwischenfälle an der rumänischen Grenze zu vermeiden. Überdies verpflichtete sich Deutschland in dem mit Bulgarien abgeschlossenen Vertrage, im Falle eines günstigen Verlaufs der Operationen gegen Serbien je eine gemischte Infanterie-Brigade nach den bulgarischen Häfen Varna und Burgas zur Abwehr russischer Landungsversuche und deutsche Unterseeboote zum Schutz der bulgarischen Küste ins Schwarze Meer zu entsenden. Es schien dies angebracht, um auf russenfreundliche Kreise der Bevölkerung, deren Haltung nicht ganz zuverlässig war, einzuwirken. Deutschland erklärte sich außerdem bereit, Bulgarien eine erhebliche finanzielle Unterstützung zu gewähren und, soweit irgend möglich, Kriegsmaterial an das [326] industriell wenig entwickelte Land zu liefern. Überdies erbot es sich, die Türkei zu veranlassen, den Hafen von Dedeagač gegen feindliche Landungen zu schützen, falls Bulgarien diesen Wunsch aussprechen sollte. Die dazu verwendeten türkischen Truppen sollten unter bulgarischen Oberbefehl treten. Bulgarien seinerseits verpflichtete sich, bis zur Beendigung der Operationen gegen Serbien Griechenland und Rumänien gegenüber vollste Neutralität zu wahren, falls beide Länder gleichfalls neutral bleiben würden.

So hatte sich endlich der sehnliche Wunsch des Generals v. Falkenhayn erfüllt, nachdem noch im letzten Augenblick recht ernste Schwierigkeiten wegen des gemeinsamen Oberbefehls aufgetreten waren. Nun konnte man hoffen, der schwer bedrängten Türkei bald die notwendige Hilfe zu bringen. Da zogen im Westen neue schwere Wetterwolken auf. Seit Anfang September mehrten sich die Anzeichen eines drohenden Vorstoßes der Engländer in der Gegend von Lille und eines Angriffs der Franzosen in der Champagne. Doch auch dies vermochte den deutschen Generalstabschef nicht mehr zu beirren. Mitte September begannen die ersten Truppentransporte der neu zu bildenden deutschen 11. Armee des Generals der Artillerie v. Gallwitz im Raume nördlich des Donau-Abschnitts zwischen Temes-Mündung und Ram einzutreffen: III. Armeekorps (5.4 und 6. Infanterie-Division, IV. Reservekorps (105. und 11. bayerische Infanterie-Division) und X. Reservekorps (101. und 103. Infanterie-Division) mit starker schwerer Artillerie und allen nötigen Hilfstruppen. Der Übergang sollte mit den Hauptkräften bei Ram, mit schwächeren Kräften bei Semendria erfolgen. Scheinunternehmungen bei Orsova hatten die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken.

Die k. u. k. 3. Armee unter General v. Köveß (ursprünglich, aber nur für kurze Zeit, unter General v. Tersztyansky) stellte sich nördlich Belgrad und in Syrmien bereit, um mit den Hauptkräften bei Belgrad, mit anderen Teilen bei Kupinovo überzugehen.

Die bulgarische 1. Armee unter Generalleutnant Bogadjeff sammelte sich zwischen der Donau und der Bahn Sofia - Nisch: 6. Division5 mit 50 schweren Geschützen bei Kula, 8. und 9. Division mit 30 bis 40 schweren Geschützen bei Belogradčik, 1. Division bei Caribrod. Selbständig davon stellten sich die 7. Division und die mazedonische Legion (später 11. Division) bei Köstendil und Strumica bereit.

Die dem Generalfeldmarschall v. Mackensen erteilte Aufgabe wies ihn an, die serbische Armee zu schlagen, wo er sie finden würde, und möglichst bald die [327] sichere Verbindung zu Land und Wasser zwischen Ungarn und Bulgarien zu öffnen. Hierzu sollte nach geglücktem Übergange über die Save und Donau die k. u. k. 3. Armee unter Sicherung ihres rechten Flügels gegen das Kolubara-Tal durch das obere Lug-Tal über Topola gegen Kragujevac, die 11. Armee durch und beiderseits des Tales der Morava nach Süden vordringen.

Die bulgarische 1. Armee sollte mit den Hauptkräften der 6. Division von Kula aus das befestigte Zaječar nehmen und mit einer Nebenkolonne über Negotin vorgehen, um durch Säuberung des Donau-Knies zwischen Negotin und Orsova den Stromweg möglichst bald wieder freizumachen. Die bulgarische 8. und 9. Division sollten von Belogradčik nach Nisch vordringen, während die 1. Division, von Caribrod aus vorgehend, das befestigte Pirot zu nehmen und ihre weiteren Operationen mit den Bewegungen der 8. und 9. Division in Einklang zu bringen hatte.

Gleichzeitig mit der Armee Bogadjeff sollten die 7. Division und die mazedonische Legion unter Generalleutnant Todoroff von Köstendil und Strumica ins Vardar-Tal vorbrechen, um baldigst die Bahn Nisch - Saloniki zu sperren.

Das Ziel war, im schnellen konzentrischen Vorstoß der 3., 11. und 1. bulgarischen Armee den Raum Kragujevac - Ćuprija - Aleksinac - Nisch zu gewinnen. Auf dem Wege dorthin oder in dieser Linie selbst hoffte man die serbische Armee zu stellen und zu vernichten; denn ein Ausweichen in das unwirtliche Hochgebirge zwischen den Tälern der westlichen und südlichen Morava bedeutete für das serbische Heer bei tatkräftiger Verfolgung der Verbündeten seine völlige Auflösung. Auch war nicht anzunehmen, daß die Serben die wichtige Festung und zweite Hauptstadt Nisch und vor allem das für die Herstellung ihres Kriegsgeräts unentbehrliche Arsenal von Kragujevac ohne heftigen Widerstand aufgeben würden.

Am 18. September übernahm Mackensen in Temesvar (73 km nördlich Werschetz) den Befehl. Zu dieser Zeit waren von den deutschen Truppen bereits eingetroffen: die Generalkommandos des IV. und X. Reservekorps, die 101. und die 11. bayerische Infanterie-Division. Die übrigen Truppen rollten mit der Bahn heran. Da trat ein Rückschlag in Ostgalizien und Wolhynien ein. Dort waren die Russen plötzlich zum Gegenstoß übergegangen. Schwere Kämpfe entbrannten. Die Lage wurde für die österreichisch-ungarische Front immer bedrohlicher. Die k. u. k. Heeresleitung mußte mitteilen, sie könne die volle Zahl der für das serbische Unternehmen von ihr zugesagten Divisionen nicht mehr stellen. Gleichzeitig entlud sich am 21. und 22. September auch das im Westen drohende Unwetter bei La Bassée und Arras und in der Champagne - die Einleitung zu wochenlangen Materialschlachten. Für das dort zu erwartende fürchterliche Ringen standen der Obersten Heeresleitung nur noch ganz wenige Heeresreserven zur Verfügung. Und trotzdem wurden für die ausfallenden vier k. u. k. Divisionen das [328] deutsche XII. Reservekorps (43. und 44. Reserve-Division und 26. Infanterie-Division) und die 25. Reserve-Division (trat für die 5. Division zum III. Armeekorps) nach der serbischen Nordgrenze geleitet. Sie sollten gleichzeitig den dort bereits versammelten k. u. k. Truppenteilen, deren Offensivkraft nicht sehr groß zu sein schien, einen festen Rückhalt gewähren. - Ein großes Wagnis! Aber es gelang dank der heldenmütigen Tapferkeit der deutschen Kämpfer an der Westfront, die unerschütterlich dem wütenden Ansturm der an Zahl und Material weit überlegenen Gegner standhielten.

An k. u. k. Truppen verfügte Mackensen an der Save und Donau und im Banat über die k. u. k. 3. Armee mit dem k. u. k. VIII. Korps (57. und 59. Infanterie-Division und die Landsturm-Brigaden der Generale Haustein und Mrazek), die 205., die 206. Landsturm-Brigade und die Brigade Schwarz, aus denen später mit der noch hinzukommenden 53. Infanterie-Division (17., 20. und 21. Landsturm-Gebirgs-Brigade) das k. u. k. XIX. Korps gebildet wurde, sowie zwei selbständige Gruppen am Drina - Save-Knie (Gruppe des Generalmajors Streith in Stärke einer Brigade, Gruppe des Feldmarschalleutnants Sorsich in Divisionsstärke). Außerdem wurden der Heeresgruppe auch noch die im Banat stehenden Sicherungstruppen des Feldmarschalleutnants Füllöp (7 Etappen-Bataillone, 1 Eskadron, 7½ Feldbatterien und 1½ schwere Batterien) unterstellt. Eine Verstärkung dieser Truppen kam vorerst nicht in Betracht. Dafür stellte aber die k. u. k. Heeresleitung für zwei deutsche Divisionen die volle und für die übrigen deutschen Divisionen die teilweise Gebirgsausrüstung einschließlich Tragtiere zur Verfügung, ohne die in dem zu betretenden neuen Kriegsschauplatz nicht auszukommen war.

Auf Anordnung der Obersten Heeresleitung sollte von Mitte September ab das serbische Donau-Ufer zur Täuschung des Gegners wiederholt mit Artilleriefeuer belegt werden. Daraufhin eröffnete am 19. September die 11. bayerische Infanterie-Division leichtes Steilfeuer gegen die feindlichen Stellungen bei Semendria. - Die ersten Schüsse des neuen Feldzuges waren gefallen. - Die Serben antworteten nur schwach. Ihr Hauptaugenmerk richtete sich außer auf den unteren Save-Lauf, wo die k. u. k. 3. Armee stand, besonders auf den Donau-Abschnitt zwischen Bazias (dicht östlich Ram) und Orsova. Vielleicht, daß sie glaubten, der Angreifer würde trotz der Ungunst des Geländes gerade diesen Abschnitt wegen der Nähe der bulgarischen Grenze wählen, um möglichst schnell die unmittelbare Verbindung mit dem Bundesgenossen herzustellen. Dementsprechend war auch die Verteilung der serbischen Kräfte, die noch durch eine Anzahl von Rußland zur Verfügung gestellten Kanonenboote unterstützt wurden.

Die Stützpunkte für die Verteidigung des Stromes weiter flußwärts bildeten die befestigten Orte Požarevac, Semendria und Belgrad, deren veraltete Werke durch Batterieanlagen verstärkt worden waren. Im Abschnitt zwischen dem unteren Laufe der Morava und der Kolubara hatten die Serben auch im Hinter- [329] gelände zahlreiche Befestigungen angelegt. Weiter westwärts lagen an den Ufern der Save und Drina die Befestigungen aus der ersten Zeit des Krieges. Sie fanden ihre Fortsetzung in dem noch von den Serben besetzten österreichischen Gebiet bei Višegrad bis zu den Bergen Montenegros. - An der Ostgrenze hatten die Serben, als die Haltung Bulgariens unsicher wurde, die Gebirgspässe besetzt und durch Befestigungen verstärkt.

Das serbische Heer war in vier Armeen und einige selbständige Kampfgruppen eingeteilt. An der Ostgrenze stand fast die Hälfte aller Streitkräfte: die 2. Armee mit der Masse bei Pirot, mit abgezweigten Kampfgruppen weiter südlich an der Bahn Nisch - Saloniki in der Gegend von Kumanovo und Vranje und nördlich in der Gegend von Knjaževac. Daran anschließend deckte die 4. Armee den Raum von Zaječar bis etwa halbwegs Orsova - Bazias. Den Donau-Abschnitt zu beiden Seiten der Morava sicherte die 1. Armee, an die sich bei Belgrad und am unteren Save-Lauf die 3. Armee anschloß. Bei Višegrad stand eine besondere Gruppe in befestigter Stellung. Truppen des dritten Aufgebots waren im Sicherungsdienst längs der Grenzen verteilt. Eine Heeresreserve scheint außer den bei Palanka (südlich Semendria) untergebrachten vier Kavallerie-Regimentern nicht bestanden zu haben. Über die Verteilung der serbischen Streitkräfte war die Oberste Heeresleitung zunächst nur mangelhaft unterrichtet. Man nahm an der Drina und Save etwa 90 000 Mann, an der Donau, der 11. Armee gegenüber, etwa 50 000 und an der Ostfront und im Donau-Knie im ganzen etwa 120 000 Mann an.

Für die serbische Heeresleitung kam es darauf an, einen Einbruch des Gegners über die Grenzströme und -gebirge zu verhindern. Mißlang dies, so mußte sie durch zähes Festhalten jedes sich bietenden Abschnitts, an denen das Land so ungemein reich war, Zeit zu gewinnen suchen, bis die bestimmt erwartete Hilfe der Entente von Saloniki herannahte. Tatsächlich begann diese trotz des Widerspruches Griechenlands Anfang Oktober Truppen in Saloniki zu landen. Es sollten zunächst 150 000 Mann ausgeschifft werden, die man bald auf 200 000 Mann zu bringen hoffte. Der Oberbefehl wurde dem französischen General Sarrail übertragen. Die französischen Truppen kamen aus Marseille, Algier und Marokko, die englischen, aus europäischen Bataillonen und indischen Truppen bestehend, aus Ägypten und von der Halbinsel Gallipoli. Die Bereitstellung dieser "Orientarmee" verzögerte sich infolge mancherlei Umstände beträchtlich, wobei Unstimmigkeiten zwischen Paris und London und die Anwesenheit von Unterseebooten der Mittelmächte im Mittelmeere eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Am 10. Oktober waren erst 35 000 Mann in Saloniki ausgeschifft, denen es aber an allem, was zur Kriegführung auf einem so schwierigen Kriegsschauplatz nötig war, fehlte. - Der Antransport dieses Hilfskorps war der Obersten Heeresleitung bekannt. Angeblich sollten auch italienische Truppen in Stärke von zwei Divisionen herangeführt werden. Über Griechenlands Haltung war [330] man unterrichtet. König Konstantin hatte, um jeden Anlaß zu Reibungen und Zwischenfällen zu vermeiden, alle griechischen Postierungen von der bulgarischen Grenze auf Gewehrschußweite zurückziehen lassen. Die Rumänen schienen keinerlei besondere militärische Maßregeln zu treffen; immerhin hielt man es für angebracht, an den Befestigungen längs der rumänischen Grenze, besonders im Banat, eifrigst weiterzuarbeiten.

Die Tatsache der bevorstehenden Landung stärkerer Streitkräfte der Entente in Saloniki mahnte dringend, die Serben schnell entscheidend zu schlagen. Das konnte aber nur mit Truppen ausgeführt werden, denen die nötige Stoßkraft und Beweglichkeit innewohnte. Das k. u. k. XIX. Korps, dem bei dem Vorgehen nach geglücktem Übergang gerade die überaus wichtige Aufgabe der Deckung der rechten Flanke der Heeresgruppe zufiel, bestand aber vorläufig nur aus zwei Landsturm-Brigaden. Die Heeresgruppe veranlaßte daher die Heranziehung der bei Višegrad stehenden, gebirgsmäßig ausgerüsteten und kampfkräftigen k. u. k. 53. Division zum XIX. Korps. Mackensen verzichtete damit allerdings auf eine tatkräftige Mitwirkung dieser Stoßgruppe in der operativ sehr wirksamen Richtung über Užice in den Rücken der serbischen Armeen. Er mochte aber wohl - nicht mit Unrecht - glauben, daß dieser Vorstoß durch das Gebirge doch mit sehr erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben würde, besonders da die Montenegriner bereitstanden, einem solchen Vormarsch in die Flanke zu fallen, wozu sie, so nahe ihrer heimatlichen Grenze, sehr wohl imstande waren. Überdies wurde die serbische Verteidigung gerade dort durch ganz vortreffliche Stellungen aufs wirksamste unterstützt. So war es verständlich, daß Mackensen es bei den immerhin recht zweifelhaften Aussichten vorzog, die kampftüchtige Truppe beim Hauptunternehmen einzusetzen, um es um so sicherer gelingen zu lassen. Die Ereignisse haben diesen Entschluß in jeder Richtung gerechtfertigt. Immerhin wollte man doch nicht ganz auf eine Tätigkeit bei Višegrad verzichten, schon um die dort stehenden serbischen Kräfte zu fesseln. Die k. u. k. Heeresleitung stellte daher Ende September aus den noch in Bosnien und der Herzegowina verbliebenen Besatzungstruppen eine neue Division (die spätere 62. Infanterie-Truppen-Division) zu elf Bataillonen, vier Kanonen- und zwei Gebirgskanonen-Batterien zusammen, die sich möglichst noch an dem allgemeinen Angriff beteiligen sollte. Freilich waren es nur Landsturm-, Etappen- und Festungstruppen, denen es zunächst völlig an der nötigen Ausrüstung und einem festen taktischen Zusammenhang fehlte. Viel konnte also nicht von ihnen erwartet werden. Diese Division wurde nun aber ebenso wie alle sonstigen an der Drina stehenden Sicherungsabteilungen dem Kommando der Heeresgruppe unterstellt, um ein einheitliches Zusammenwirken aller Kräfte zu gewährleisten. Der k. u. k. Generalstabschef, General v. Conrad, war allerdings anderer Ansicht, weil er sich von einer über Užice gegen den Rücken des serbischen Heeres angesetzten Nebenoperation eine katastrophale Wirkung versprach. Dazu war aber unter den ge- [331=Karte] [332] gebenen Umständen eine Division viel zu schwach, und weitere Truppen glaubte Conrad aus der italienischen Front nicht herausziehen zu können.

Nach eingehenden Erkundungen erließ die Heeresgruppe vom 21. September ab die Befehle für den Übergang.

Die k. u. k. 3. Armee sollte sich in dem Raum zwischen Mitrovica und Pancsova (nordöstlich Belgrad) bereitstellen. Das deutsche XXII. Reservekorps wurde in Syrmien ausgeladen und trat unter den Befehl der 3. Armee. Um die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken und Teile seiner Kräfte zu fesseln, sollten am Tage vor dem allgemeinen Übergang die an der unteren Drina stehende Gruppe Streith die Drina und die Gruppe Sorsich bei Jarak die Save überschreiten. Mit Anbruch des folgenden Tages hatten dann die Hauptkräfte nach gründlicher Artillerievorbereitung mit dem k. u. k. XIX. Korps den Übergang über die Save bei Kupinovo und Boljevci, mit dem deutschen XXII. Reservekorps bei den Zigeunerinseln (dicht westlich Belgrad), mit dem k. u. k. VIII. Korps den Donau-Übergang bei Belgrad zu erzwingen. Als nächstes Ziel wurde die Gewinnung der serbischen Bergstellung südlich und südöstlich Belgrad bestimmt, die in der Linie Kneževac - Avala-Höhe6 - Ritopek die Flußtäler über 100 m, im Avala-Gebiete fast um 500 m überragte.7

Von der 11. Armee sollte das III. Armeekorps unter dem Schutz von Infanterie, Maschinengewehren und Gebirgsartillerie, die vorher auf der zu Ungarn gehörigen Semendrianer Insel zu landen waren, mit den Hauptkräften östlich, mit schwächeren Kräften westlich der Insel übersetzen und die Höhen südlich von Semendria gewinnen. Der Artillerie fiel außer der Niederhaltung der feindlichen Batterien auf den Höhen südlich Semendria auch die Aufgabe zu, eine Flankierung des Übergangs von Westen her auszuschalten.

Das IV. Reservekorps sollte unter Ausnutzung der gleichfalls ungarischen Temessziget-Insel nach Kostolac übersetzen und die Linie Petka - Kostolac gewinnen. War der Übergang gelungen, so hatten beide Korps bis in die Linie Vrtlog-Höhe (bei Petrijevo) - Vranovo - Požarevac vorzugehen.

Das X. Reservekorps sollte den Fluß bei Ram überschreiten und hierzu aus der Linie Palank - Bazias vorbrechen, um sich in den Besitz des dicht südöstlich Ram liegenden Orljak-Berges zu setzen. Die dem Korps zur Verfügung gestellte 107. Division war weiter westlich, von der Temessziget-Insel her, über Klicevac - Recica gegen die im Rücken der Orljak-Stellung liegende Anatema-Höhe anzusetzen.

Einzelanordnungen über Erkundung und Bau von Anmarschwegen, Wegeverteilung und Wegebesserung, Bereitstellen des Brückengeräts, für Munitions- und sonstigen Nachschub bei und nach dem Übergang, für die Aufnahme der feindlichen Stellungen im Lichtbild und das Einspielen der Flieger mit der [333] Artillerie zur Beobachtung der Artilleriewirkung vervollständigten diese Befehle. Sorgfältig auf dem laufenden gehaltene Spezialkarten unterrichteten alle Führer bis hinab zur Batterie aufs genaueste über ihren Angriffsabschnitt, wie auch jede Stelle bis ins einzelne über ihre Aufgaben bei und nach dem Übergang unterrichtet wurde. Eines ganz besonders sorgfältigen Ausbaus bedurfte das Nachrichten- und Meldewesen. Die schwere Artillerie wurde den Armeekorps zugeteilt, deren Führer besondere Weisungen für ihre Verwendung erhielten. Mit den Bulgaren bestand seit dem 24. September Verbindung durch Funkentelegraphie, die allerdings häufig durch Witterungseinflüsse gestört wurde. Mit der Türkei bestand Verbindung auf dem Luftwege.

Auch für die weiteren Operationen nach gelungenem Übergang erteilte die Heeresgruppe bereits Weisungen. Die 3. Armee sollte gleich nach Gewinnung der Linie Kneževac - Avala - Ritopek mit größtem Nachdruck in das südlich davon gelegene Bergland vorstoßen und baldigst die Linie Arangjelovac - Kovačevac erreichen, um starke serbische Kräfte auf sich zu ziehen und so den entscheidenden Vorstoß der 11. Armee zur vollen Wirkung kommen zu lassen. Da die Ereignisse im Dezember 1914 zur Vorsicht mahnten, wies die Heeresgruppe ganz besonders auf die Sicherung ihres rechten Flügels durch das XIX. Korps hin. Dieses sollte nach Gewinnung von Obrenovac zunächst nach Süden vordringen, um dann, je nach dem Verhalten des Feindes, wieder an die Armee herangezogen zu werden. Zur Sicherstellung der rückwärtigen Verbindungen hatte die Armee bei Belgrad eine für alle Waffen brauchbare Brücke und weitere Übergänge bei der Großen Zigeunerinsel, bei Boljevci und Kupinovo herzustellen.

Die 11. Armee erhielt Weisung, den Vormarsch zu beiden Seiten der Morava in die Linie Palanka - Petrovac unter Sicherung des linken Flügels gegen das von den Serben noch besetzte Bergland fortzusetzen. Zur Verbindung der bestehenden Eisenbahnendpunkte auf beiden Ufern sollte, sobald als möglich, der Bau einer für alle Lasten ausreichenden Brücke bei Semendria in Angriff genommen werden. Gleichzeitig waren für den besonders schwierigen Nachschub auch Übergänge unter Benutzung der Temessziget-Insel und bei Ram herzustellen.

Die bulgarische 1. Armee sollte nach Besitznahme der Linie Negotin - Zaječar - Knjaževac - Pirot schleunigst das Morava-Tal zwischen Paracin - Aleksinac - Nisch gewinnen.

Der Beginn der Operationen wurden für die k. u. k. 3. und die deutsche 11. Armee auf den 5. und 6. Oktober festgesetzt. Selbst wenn das noch in der Bildung begriffene k. u. k. XIX. Korps bis zu diesem Zeitpunkte noch nicht vollzählig versammelt sein sollte, wollte man nicht länger mehr warten, denn die Lage und die bereits vorgeschrittene Jahreszeit drängten. Auch wurde die Geheimhaltung des großen, sehr gewagten Unternehmens mit jedem Tage schwieriger. Die bulgarische Armee, die Ende September mobil gemacht hatte, sollte spätestens am 10. Oktober den Vormarsch antreten.

[334] Inzwischen wurde eifrigst an den letzten Vorbereitungen für den Übergang gearbeitet. In aller Stille setzten in den letzten Tagen des September Truppen auf die Semendrianer und die Temessziget-Insel über, die sich von Tag zu Tag verstärkten, was allerdings durch den aufkommenden Kossova-Wind bald sehr erschwert wurde. Deutsche Flieger entfalteten eine rege Tätigkeit, klärten bis tief ins serbische Gebiet hinein auf und versorgten die Heeresgruppe mit wertvollen Nachrichten über die Versammlung der feindlichen Streitkräfte und ihre Befestigungsarbeiten auf dem jenseitigen Ufer. Auch griffen sie das wichtige Arsenal von Kragujevac wiederholt mit Bomben an.

Ende September war der Antransport der Truppen fast beendet. Die weiter rückwärts untergebrachten Divisionen schoben sich unauffällig an die Donau heran. Da erklärte plötzlich die bulgarische Heeresleitung, daß ihre Armee infolge der durch Verwaltungsschwierigkeiten etwas verzögerten Mobilmachung erst am 14. Oktober operationsbereit sein würde. Die deutsche Oberste Heeresleitung aber blieb bei ihrer Forderung, daß die Bulgaren bereits am 10. Oktober auf der ganzen Front anzugreifen hätten, bestehen, weil sie mit Rücksicht auf die vielfach wechselnden Stimmungen im Lande und die Treibereien der Entente einen Umschwung in der bulgarischen Kriegsentschlossenheit befürchtete. Auch war ein Aufschub deshalb schon nicht mehr möglich, weil sich die serbische Heeresleitung jetzt endlich der von Norden her drohenden Gefahr bewußt zu werden schien; denn nun setzte eine regere und sich immer mehr steigernde Tätigkeit im Stellungsbau auch der 11. Armee gegenüber ein, das Artilleriefeuer lebte auf und richtete sich vor allem auf die Landungsstellen der Donau-Inseln. Flieger meldeten am 1. Oktober lebhaften Zugverkehr in beiden Richtungen auf der Strecke Jagodin - Semendria. Auch ersetzten die Serben die Landsturmstruppen gegenüber der Temessziget-Insel durch Truppen jüngerer Jahrgänge. Auf die Haltung Rumäniens warf die Nachricht, daß die dort wohnenden bulgarischen Reservisten an der Ausreise in ihre Heimat verhindert wurden, ein bezeichnendes Licht.

Am 4. Oktober begann die schwere Artillerie des X. Reservekorps mit dem Einschießen auf die feindlichen Batterien und Stellungen. Am folgenden Tage setzte das Einschießen der gesamten Artillerie der k. u. k. 3. Armee, der inzwischen noch eine deutsche 42-cm-Mörser-Batterie zugewiesen worden war, ein - der Auftakt zu einem der großartigsten Schauspiele der neueren Kriegsgeschichte. Glaubten doch noch bis kurz vor Beginn des Donau-Übergangs weiteste Kreise in Serbien an die Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens, bis sie sahen, was deutsche Tüchtigkeit, Tatkraft und Unerschrockenheit zu leisten imstande war.


Der Übergang über Save und Donau.

Am 6. Oktober überschritt die Gruppe Streith die Drina bei Megjasi, vertrieb leichte Sicherungsabteilungen des Gegners und hielt am Abend eine brückenkopfartige Stellung zwischen dem Flusse und dem vorgelagerten [335] Dorfe Crnobarski-salas besetzt. Gleichzeitig begann auch die Gruppe Sorsich bei Jarak
Zum Donau-Übergang

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      Skizze 15: Zum Donau-Übergang.      [Vergrößern]
mit dem Überschreiten der Save. Der Gegner wich hier gleichfalls etwas zurück. Bei den übrigen Teilen der 3. Armee verliefen die letzten Vorbereitungen für den Übergang ohne Störungen. Das am Nachmittage einsetzende und sich immer mehr steigernde Wirkungsschießen der Korps beantwortete der Gegner nur schwach.

Die Divisionen der 11. Armee standen dicht aufgeschlossen an der Donau, mit Teilen bereits auf den Donau-Inseln bereit. Nur die 107. Division war als Reserve noch etwas zurückgehalten. Während aber beim III. Armeekorps und dem IV. Reservekorps an diesem Tage bis auf das Einschießen noch Ruhe herrschte, setzten beim X. Reservekorps nachmittags nach zweieinhalbstündigem Wirkungsschießen zwei Patrouillenboote bei Palank über die Donau, deren Besatzung unbehelligt das südliche Ufer erreichte, obwohl der Feind die Uferhöhen besetzt hielt: die ersten deutschen Truppen hatten serbischen Boden betreten. Bei Orsova setzte die befohlene Demonstration der Banat-Abteilung (Gruppe des Feldmarschalleutnants Füllöp) unter lebhaftem Artillerie- und Infanteriefeuer ein.

Der 7. Oktober brach an. Die Serben hatten die von den Gruppen Streith und Sorsich drohende Gefahr erkannt. Sie wußten, daß ein weiteres Nachgeben ihre ganze Uferverteidigung bis nach Belgrad gefährdete, und setzten daher den beiden Abteilungen einen erbitterten Widerstand entgegen, der sich am 7. Oktober in starken Gegenstößen äußerte. Die Österreicher wiesen diese Angriffe ab, aber es gelang ihnen nicht, irgendwie Gelände zu gewinnen.

In der Nacht zum 7. Oktober war Regen gefallen, auf den Strömen lag leichter Nebel. Das Artilleriefeuer hatte sich bis zum kräftigen Wirkungsschießen gesteigert. Still sammelten sich am nördlichen Ufer die für den Übergang bestimmten Truppen der k. u. k. 3. Armee. Dank der vorzüglichen Vorbereitungen arbeitete alles wie ein fein eingestelltes Uhrwerk. Die Pontons und anderen Übersetzmittel liegen, zu Wasser gebracht, einzeln oder zu Fähren vereinigt unter der Führung geübter Pioniere zur Aufnahme der Truppen bereit. Schweigend ruht das jenseitige Ufer in undurchdringlicher Finsternis. Nichts regt sich beim Gegner, auch auf den von ihm befestigten, buschbestandenen Zigeunerinseln bleibt alles still. Die Scheinwerfer der Zitadelle von Belgrad, die mit ihren schmalen Lichtkegeln das ungarische Ufer allnächtlich abzutasten pflegen, stellen um Mitternacht ihre Tätigkeit ein. Regen und Nebel mag dem Beobachter die geräuschlose, unheimliche Bewegung beim Feinde verborgen haben. Der frühe Morgen naht. Lautlos nimmt die Infanterie ihre Plätze in den Pontons und auf den Fähren ein. Noch wenige Minuten, dann lösen sich leise die Pontons vom Ufer und gleiten hinein in den leicht wallenden Nebel, der Ungewißheit entgegen. Die am Ufer Zurückbleibenden lauschen gespannt auf jedes Geräusch in die Dunkelheit hinein. Stunden höchster Spannung durchlebt die Führung.

[336] Dem k. u. k. XIX. Korps glückte der Übergang bei Progar und Boljevci ohne Schwierigkeiten. Aber schon bei Krstinska und Zabrez stießen die vorgehenden Truppen auf zähesten Widerstand an gut ausgebauten Stellungen. Noch am Abend wurde um sie heftig gekämpft. Immerhin konnte mit dem Bau von Brücken begonnen werden.

Wesentlich heftiger tobte der Kampf bei Belgrad. Dort sollte das k. u. k. VIII. Korps die Stadt mit ihrer Zitadelle von der Nordseite her gewinnen, während gleichzeitig das XXII. Reservekorps die Save über die Große und Kleine Zigeuner-Insel hinweg zu überschreiten und dann von Westen her das beherrschende Höhengelände dicht südlich der Stadt, wo auch ein Teil der weittragenden serbischen Artillerie stand, zu nehmen hatte. Die zunächst zum Übergang bestimmte k. u. k. 59. Infanterie-Division des VIII. Korps war unauffällig östlich von Semlin gegenüber der Save-Mündung auf dem mit dichtem Gebüsch bestandenen Donau-Ufer und einer kleinen vorgelagerten Insel versammelt worden. Ihr sollte nach gelungenem Übergange die weiter oberhalb auf Dampffähren verladene k. u. k. 57. Division folgen. Die Landungsstelle lag an dem flachen Donau-Ufer an der Nordostfront von Belgrad am Fuße des die Stadt tragenden Höhenrückens zwischen einem Eisenbahndamm und der Donau. Von hier steigt der mit einem engen Häusergewirr bedeckte Hang ziemlich steil an, weit überragt und flankiert von der jäh emporragenden Hochfläche des Kalimegdan, der den Abschluß jenes Höhenrückens gegen die Save-Mündung bildet und die Zitadelle trägt. Ihre hohe, beherrschende Lage sowie die terrassenförmig nach Süden aufsteigende Umgebung der Stadt begünstigten die Verteidigung gegen das tief liegende Save- und Donau-Ufer ganz außerordentlich. Dazu kam, daß die Serben die zur unmittelbaren Stromverteidigung bestimmten Batterien sehr geschickt auf den baumbestandenen Hängen des die Zitadelle umgebenden Parks eingebaut hatten, so daß sie nicht zu erkennen und daher schwer zu fassen waren.

Den ersten noch im Schutz der Dunkelheit übersetzenden vier Bataillonen der 59. Division gelang es zwar, zu landen; sie gerieten aber, tief unten im Grunde und durch den Bahndamm nur notdürftig geschützt, in eine furchtbare Lage, als es sich jetzt wider Erwarten herausstellte, daß die serbischen Batterien auf den Hängen des Kalimegdan und auf der die Nordseite der Stadt flankierenden Höhe des Vk. Vracar nicht niedergekämpft waren. Ihr sogleich einsetzendes heftiges Feuer hielt nicht nur die gelandeten Truppen unter Verlusten nieder, sondern verhinderte vor allem jede Zuführung von Unterstützungen. An ein weiteres Übersetzen war erst zu denken, wenn es gelang, das feindliche Artilleriefeuer zu dämpfen.

Weiter westlich begann das XXII. Reservekorps um 2 Uhr 30 Minuten morgens mit dem Übersetzen, wobei die 43. Reserve-Division auf der Großen und Kleinen Zigeuner-Insel auf heftigen Widerstand des Gegners stieß, der durch Feuer von der Zitadelle unterstützt wurde. Bis zum Nachmittag gelang es ihr zwar, die Kleine Zigeuner-Insel zu säubern, wobei 4 Offiziere, 225 Mann und [337] 2 Maschinengewehre in ihre Hände fielen; in dem dichten Unterholz der Großen Zigeuner-Insel aber dauerten die schweren Kämpfe bis zum Abend an. Von der 44. Reserve-Division war am Morgen ein Bataillon des Reserve-Regiments 208 an der Großen Zigeuner-Insel vorbei bei einem Finanzhäuschen am serbischen Ufer gelandet. Es überraschte die serbische Uferbesatzung; diese faßte sich aber schnell und eröffnete ein rasendes Feuer auf die den Uferhang erklimmenden Deutschen. So gerät auch dieses Bataillon in eine äußerst bedenkliche Lage. Mühsam sich an der Uferböschung anklammernd, mußten die Tapferen immer und immer wieder in heißem Kampfe die wütenden Angriffe der Serben abwehren, ohne daß es bei dem heftigen Feuer des Feindes möglich war, irgendwelche Unterstützung über den Fluß zu bringen. Es glückte aber wenigstens, ihnen Munition zuzuführen, so daß sie sich bis zur Dunkelheit halten konnten, unter deren Schutz Verstärkungen, wenn auch unter Verlusten, herangebracht wurden. Die 26. Division hatte währenddessen gegen Ostruznica demonstriert, um die Aufmerksamkeit des Gegners von der Übergangsstelle abzulenken.

Bei der 11. Armee spielte sich der Übergang der Korps befehlsgemäß nicht gleichmäßig ab, da die Verhältnisse bei ihnen verschieden lagen. Der durch den herrschenden Kossova-Wind verursachte hohe Wellenschlag der Donau hatte das Bereitstellen des Übergangsmaterials und der Truppen auf der Temessziget-Insel beim IV. Reservekorps wesentlich erschwert. Auch zeigte sich der Gegner in den letzten Tagen gerade an dieser Stelle recht rege. Noch schwieriger war die Aufgabe des III. Korps gegenüber dem befestigten Semendria, das im Osten durch das starke Hindernis der Jezava8 gesichert wurde und an das sich im Westen den Strom und das Ufer weithin beherrschende Höhen anschlossen. Es bedurfte daher einer nachdrücklichen Artillerievorbereitung, ehe der Übergang versucht werden konnte. Der Zeitverlust fiel aber um so weniger ins Gewicht, als durch die etwas früher erfolgenden Übergänge auf den Flügeln der Angriffsfront die Aufmerksamkeit der feindlichen Führung abgelenkt wurde.

Das III. Korps hatte erst am Vormittag des 7. Oktober das Einschießen seiner Artillerie beendet, worauf es am Nachmittag zum Wirkungsschießen überging. Auch hier antwortete der Gegner nur schwach. Beim IV. Reservekorps zeigte sich der Feind trotz der heftigen Beschießung sehr wachsam. Dennoch gelang es dem Korps am Nachmittag, unter dem Schutz des gegen 2 Uhr einsetzenden Wirkungsschießens zwei Kompagnien der 105. Division von der Temessziget-Insel aus unter geringen Verlusten überzusetzen, die sich an den äußersten Ausläufern des westlich Kostolac verlaufenden Höhenrückens bei einem Kohlenbergwerk anklammerten. Ein weiteres Vorgehen wurde unmöglich, weil die Serben ihre Stellungen auf diesem Hang zähe festhielten und das nunmehr einsetzende starke feindliche Feuer ein Nachführen von Unterstützungen verhinderte.

[338] Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse beim X. Reservekorps bei Ram, wo der Feind anscheinend nicht mit einem Übergang gerechnet hatte; dort standen nur Truppen dritten Aufgebots. Nachdem das Korps gegen 6 Uhr 30 Minuten vormittags das letzte entscheidende Artilleriefeuer eröffnet hatte, begann kurz darauf die 103. Division, unter den Augen des Feldmarschalls v. Mackensen, von Palank aus den Strom auf den bereitstehenden Übersetzmitteln zu überschreiten. Der Widerstand des Feindes beschränkte sich auf einige Gewehrschüsse und später einsetzendes unbedeutendes Schrapnellfeuer. Gegen Mittag begann auch die 101. Division von Bazias aus den Übergang auf das serbische Ufer. Ram und die daran anstoßenden Höhen des Orljak wurden genommen und sogleich zu einem Brückenkopf ausgebaut. Da brechen plötzlich gegen 4 Uhr 30 Minuten nachmittags aus den gegenüberliegenden Maisfeldern dichte Schützenschwärme eines serbischen Infanterie-Regiments zum Gegenangriff vor. Sie kommen, von der eigenen Artillerie ungenügend unterstützt, nicht weit. Ein verheerendes Feuer, zum Teil aus den vom jenseitigen Ufer flankierenden schweren deutschen Batterien, schlägt ihnen entgegen. Noch 1500 Meter vor den deutschen Stellungen brechen sie zusammen und fluten in eiligster Flucht zurück. Ein paar serbische Geschütze waren vorgeeilt, aber sofort von der deutschen Artillerie gefaßt worden; sie kamen nicht zum Schuß und gingen verloren. Unterdessen landet eine Kompagnie nach der andern. Am Abend stehen bereits 15 Bataillone mit einer größeren Anzahl Maschinengewehr-Abteilungen und Gebirgsbatterien bei und südlich Ram und halten die Stellungen auf dem Orljak fest in der Hand.

Die neu zusammengestellte k. u. k. 62. Division überschritt bei Višegrad die Drina, stieß aber auf überlegenen Feind in gut ausgebauter Stellung mit starker Artillerie und kam nicht weiter vorwärts. Dem Divisionsführer erschien die Lage seiner wenig geübten Truppen bald so bedenklich, daß er sie im Morgennebel des aufdämmernden 8. Oktober wieder auf das linke Drina-Ufer zurücknahm.

Auch am 8. Oktober sowie in den darauf folgenden Tage mußten sich die Gruppen Streith und Sorsich erbitterter Angriffe der Serben erwehren. Ebenso wurde beim k. u. k. XIX. Korps die bei Progar übergegangene 53. Division in der Nacht zum 8. wiederholt heftig, wenn auch erfolglos, angegriffen. Erst am Tage gelang es ihrem rechten Flügel, durch das Feuer eines Donau-Monitors kräftig unterstützt, noch etwas Gelände zu gewinnen, wogegen die Mitte und der linke Flügel infolge einer durch Dammbruch verursachten Überschwemmung nur sehr langsam vorwärtskamen. Die vor Zabrez stehende 205. Landsturm-Brigade machte an diesem Tage keine Fortschritte, dagegen gelang es, die Kriegsbrücke bei Boljevci fertigzustellen.

Inzwischen war vom XXII. Reservekorps auch die Große Zigeuner-Insel vom Feinde gesäubert worden, wobei dieser erhebliche Verluste erlitt. Die 44. Reserve-Division führte noch in der Nacht zum 8. die übrigen beiden Bataillone des Reserve-Regiments 208 über die Save, dem Teile der Reserve-Regi- [339] menter 206 und 207 folgten. Der Gegner begann nun, das südliche Save-Ufer langsam zu räumen. Dadurch fiel der unversehrt gebliebene serbische Brückensteg, der vom westlichen Teil der Großen Zigeuner-Insel über den Fluß führte, in deutsche Hände. Gegen Abend stürmte die 43. Reserve-Division auch die vom Feinde von der Osthälfte dieser Insel nach der gegenüberliegenden Leder- und Zuckerfabrik angelegte Kolonnenbrücke. Unterdessen hatte die Artillerie des Korps die feindlichen Batterien auf den Uferhöhen und auf dem das Villenviertel von Belgrad tragenden Topcider niedergekämpft. Das von seiner Landungsstelle nach Osten einschwenkende Regiment 208 nutzte dies aus und stürmte noch am Abend die dem Topcider im Westen vorgelagerte Banovo-Höhe.

Das k. u. k. VIII. Korps setzte während der Nacht acht weitere Bataillone der 59. Division auf das Belgrader Ufer über. Als aber der Tag anbrach, zeigte es sich von neuem, daß trotz der fortgesetzten Beschießung die Kraft der in und östlich Belgrad stehenden feindlichen Artillerie noch immer nicht gebrochen war. Sie verhinderte auch an diesem Tage jedes weitere Übersetzen. Immerhin hatte sich die Lage der Österreicher am Fuß der Zitadelle durch den Kräftezuwachs so gebessert, daß sie nunmehr durch eine Mulde, die sich östlich des Kalimegdan zur Stadt hinaufzog, in das Fabrikviertel einzudringen vermochten. Jetzt entbrannte hier aber ein furchtbarer Häuserkampf, in den auch die Bevölkerung tätig eingriff. Nur der Unterstützung dreier Donau-Monitore, die sich unerschrocken dem feindlichen Artilleriefeuer aussetzten, war es zu danken, daß die Österreicher langsam an Boden gewannen. In der Nacht konnten neue Verstärkungen nachgeführt werden.

Bei der 11. Armee führte das III. Korps am 8. Oktober das Wirkungsschießen auf die feindlichen Stellungen und Batterien beiderseits und südlich Semendria durch. Der Gegner antwortete nicht. Das IV. Reservekorps hatte in der Nacht noch 4 Bataillone und 15 Maschinengewehre auf das südliche Donau-Ufer nördlich Kostolac gebracht, die neben den bereits dort befindlichen Kompagnien mehrere Gegenangriffe abwiesen. Dann gingen sie selbst zum Angriff über, nahmen Kostolac und drangen auf dem nach Süden streichenden Höhenrücken vor. Weiter westlich glückte es der 11. bayerischen Division, den Flußarm zu überwinden und am Ufer nördlich Petka festen Fuß zu fassen. Am Abend war von beiden Divisionen die ganze Infanterie mit Maschinengewehren übergeführt. Auch Artillerie wurde in der kommenden Nacht auf der Höhe westlich Kostolac in Stellung gebracht.

Das X. Reservekorps erweiterte seine Brückenkopfstellung südlich Ram, es hatte am Abend bereits die sämtliche Infanterie und Teile der Artillerie auf dem serbischen Donau-Ufer versammelt. Die 107. Division schloß an diesem Tage nördlich der Temessziget-Insel auf.

Während auch am 9. Oktober die Lage auf dem rechten Flügel der 3. Armee unverändert blieb, drang von der 43. Reserve-Division (deutsches XXI. Re- [340] servekorps) das I. Bataillon Reserve-Regiments 203 am frühen Morgen in den südlichen Teil von Belgrad ein. Um 6 Uhr wehte die deutsche Fahne vom Dache des neuen Konaks, das die 2. Kompagnie genommen hatte. Der Feind räumte die Stadt, suchte aber durch wütende Angriffe auf das die Banovo-Höhe haltende Reserve-Regiment 208 (44. Reserve-Division) die Lage wiederherzustellen. In Front und Flanke hart angefaßt, geriet die wackere Truppe in größte Gefahr. Da eilte Reserve-Regiment 207 herbei und umfaßte die Serben in der linken Flanke. Beide Regimenter stießen gemeinsam vor und jagten den Feind über Zarkovo zurück. Gleichzeitig drang die 43. Reserve-Division über den Topcider nach Süden vor und lag am Abend dem nur wenig nachgebenden Feinde dicht gegenüber. Inzwischen hatte das Korps den größten Teil seiner Kräfte auf das südliche Save-Ufer nachgezogen und fand abends am Südostausgang von Belgrad Anschluß an das k. u. k. VIII. Korps.

Von diesem hatte die 59. Division am Morgen des 9. nach erbitterten Kämpfen den Kalimegdan erstiegen, die im Park eingebaute Artillerie genommen und die durch die österreichische Beschießung arg mitgenommene Zitadelle besetzt. Bald darauf räumten die auch von Süden her durch die Deutschen bedrängten Serben die Stadt. Die Österreicher begannen den Vk. Vracar9 zu ersteigen und nahmen am Abend die Fühlung mit dem XXII. Reservekorps auf. Damit war die Hauptstadt Serbiens, der wichtige, uralte Übergangspunkt vom mittleren Europa zum Balkan, genommen; aber auch der Verteidiger war sich der Tragweite dieses Geschehens bewußt und machte mit zähester Tapferkeit dem vordringenden Gegner jeden Schritt seines heimatlichen Bodens streitig. Noch immer feuerte serbische schwere Artillerie von dem weiter östlich liegenden Milicevo-Bergrücken, auch entdeckten Flieger bereits neue besetzte Stellungen auf den Höhen südlich und südöstlich der Stadt.

Von der 11. Armee schickte sich am 9. Oktober auch das III. Armeekorps an, die Donau zu überschreiten. Ihm standen hierzu 2 Divisions- und 2 Korpsbrückentrains, 4 österreichische Brückenequipagen, 100 Donauzillen, 6 Motorboote, 50 österreichische Pontonteile und ein Dampfer mit 6 Schleppkähnen und 2 Landungsbrücken zur Verfügung. Das Einbooten der Truppen fand nördlich der Semendrianer Insel unter dem Schutze der dort eingenisteten Infanterie, Maschinengewehre und Gebirgsartillerie statt. Der Strom, von dem starken Kossova-Winde aufgepeitscht, ging in hohen Wellen. Diejenigen Pontons, die um die Südwestspitze der Insel angesetzt waren, mußten außerdem flußaufwärts gegen die reißende Strömung des durch starke Niederschläge angeschwollenen Flusses ankämpfen. Nur acht Pontons mit 150 Mann der 25. Reserve-Division konnten bis zum serbischen Ufer vordringen. Die übrigen müssen unter dem konzentrischen Feuer der überhöhenden feindlichen Batterien an der Nordseite [341] der Insel landen. Zwei Pontons versinken in den Fluten. Den auf dem serbischen Ufer gelandeten Mannschaften des Regiments 168 gelingt es zwar, zwei serbische Gräben zu nehmen, dann aber liegen sie in verzweifelter Lage gegenüber den sofort einsetzenden Gegenangriffen und ohne jede Möglichkeit einer Verstärkung oder des Munitionsersatzes fest.

Ungleich leichter hatte es der um die Nordostspitze der Insel herumgreifende Teil des Korps. Hier gelangte die 6. Division ohne besondere Schwierigkeiten an das jenseitige Ufer. Schon um 7 Uhr war Infanterie-Regiment 14 mit Maschinengewehren übergesetzt, vertrieb die schwache Uferbesatzung und erbeutete zwei Geschütze. Nachdem weitere Teile das südliche Ufer erreicht hatten, gingen diese zum Angriff vor und nahmen Kulič. Am Abend war der größte Teil der Division auf serbischem Boden vereinigt. Der Kommandierende General zog nun auch die ganze 25. Reserve-Division zur Landungsstelle der 6. Division nach und ließ sie, hinter dieser vorbei, gegen Semendria nach Westen einschwenken. Am Abend des 9. stand das Korps in der Linie Vorgelände östlich Semendria - Kulič versammelt. In der Nacht gelang es, die wenigen westlich Semendria gelandeten Leute, die sich den ganzen Tag heldenhaft gehalten hatten, wieder zurückzuholen.

Das IV. Reservekorps hatte mittlerweile in der Nacht zum 9. Oktober den Übergang gleichfalls fortgesetzt und am Morgen von neuem angegriffen. Die bayerische 11. Division erstürmte Petka unter erbitterten Häuserkämpfen. Die 105. Division wies zunächst einen neuen Gegenstoß unter schwersten Verlusten für den Feind ab und drang dann selbst weiter nach Süden vor. Am Abend stand das Korps in der Linie Dubravica - Petka - Mon. Rukomije. Trotz großer Verluste hielt der Feind dicht gegenüber.

Auch das X. Reservekorps gewann trotz unübersichtlichen Geländes und wachsenden Widerstandes Boden. Am Abend des 9. stand es in der Linie Klicevac - Recica - Zatonje. Die 107. Division wurde hinter den fechtenden Truppen des IV. Reservekorps auf die Temessziget-Insel nachgezogen, um das X. Reservekorps bei seinem weiteren Angriff gegen die Anatema-Höhe zu unterstützen.


Von der Donau bis zu den Höhen von Kragujevac.

Das kühne Wagnis des Save-Donau-Überganges war ohne allzu große Verluste geglückt. Jetzt galt es, den Feind in dem schwierigen Höhengelände südlich der Donau zurückzudrängen, was nach seinem bisherigen zähen Widerstande sicherlich keine leichte Arbeit wurde. Mußte man doch bestimmt damit rechnen, daß er nunmehr alle irgend verfügbaren Kräfte nach seiner hart bedrohten Nordfront warf. Die 3. Armee erhielt daher die Weisung, die bisherigen Erfolge im nachhaltigen, aber nicht unvorsichtigen Nachdrängen unter ausgiebigster Verwendung der Artillerie auszunutzen. So werde man am sichersten den Feind [342] von den Uferhöhen der Donau vertreiben und frühzeitig den Donau-Weg für die Heranführung des so dringend nötigen Brückengeräts gewinnen. Das XIX. Korps sollte zunächst die ihm gegenüberliegenden Streitkräfte des Gegners durch festes Anfassen fesseln; die Flankendeckung werde ihm erst später zufallen.

Übersichtsskizze zum Vormarsch Mackensens

[343]
      Skizze 16: Übersichtsskizze zum Vormarsch Mackensens.

Das XXII. Reservekorps gewann am 10. Oktober unter Kämpfen südlich Belgrad weiter Gelände und stand am Abend in der Linie Südrand Zarkovo - Nordrand Banjika mit zurückgebogenem linken Flügel, der Feind wiederum dicht gegenüber. Das anschließende k. u. k. VIII. Korps hatte am 10. noch den Vk. Vracar unter heftigen Kämpfen gesäubert, lehnte sich links an die Donau an und mußte wiederholt heftige Angriffe gegen diesen Flügel abwehren, wobei es von der Donau-Flottille wirksam unterstützt wurde. Die Pioniere des XXII. Reservekorps schlugen am 10. früh eine Pontonbrücke zur Großen Zigeuner-Insel, so daß jetzt unter Ausnutzung der bestehenden serbischen Brücken eine feste Verbindung zwischen beiden Ufern bestand. Wegen des steigenden Hochwassers besaßen allerdings beide keine allzu große Zuverlässigkeit.

Vor der 11. Armee hielt der Gegner trotz schwersten Artilleriefeuers noch immer die Festung Semendria. Da die Jezava ein starkes Hindernis bildete, suchte das III. Korps erst Bewegungsfreiheit nach Süden zu gewinnen und erreichte am 10. mit der 6. Division die Linie Nordrand Lipe - Morava-Ufer gegenüber Batovac. Das IV. Reservekorps drang kämpfend bis zur Linie Batovac - Bradarci vor, während das X. Reservekorps die Anatema-Höhe gewann und die Linie Klicevac - Höhen nördlich Popovac - Kisiljevo erreichte. Auf dem äußersten linken Flügel räumte der Gegner infolge des heftigen Artilleriefeuers der Gruppe Füllöp seine Uferstellungen gegenüber Orsova, hielt aber die Höhenränder selbst noch besetzt.

So war der Feind auch an diesem Tage auf der ganzen Linie etwas zurückgedrückt, aber ein wesentliches Nachlassen seines Widerstandes hatte sich noch nirgends gezeigt. Zuverlässige Nachrichten ließen auch erkennen, daß Verstärkungen aus der Ostfront südlich Semendria erwartet wurden. Das war der Heeresgruppe nur erwünscht; je mehr sich die Serben den Bulgaren gegenüber schwächten, um so leichter wurde diesen das schwierige Vorgehen im Hochlande der Grenzen und um so größer die Wahrscheinlichkeit, die serbische Armee entscheidend zu schlagen. Daß dieser vernichtende Schlag durch gemeinsames konzentrisches Vorgehen bald erfolgte, war eine durch die Verhältnisse bedingte Forderung, denn nur dadurch "würde erreicht, daß die Entente und ihre Freunde entweder überhaupt nichts Ordentliches tun könnten oder zu spät kämen". Dies schärfte der Feldmarschall den Bulgaren besonders dringlich ein, um den Serben nicht mehr Zeit zu lassen, wirksame Gegenmaßregeln zu treffen.

Am 10. Oktober ging die Gruppe Streith auf dem rechten Flügel der k. u. k. 3. Armee zum Angriff über und gewann etwas Boden. Auch die Gruppe [343=Karte] [344] Sorsich, deren Lage sich durch das Steigen des Wassers recht schwierig gestaltete, errang ebenso wie das XIX. Korps einige Erfolge. Wesentlich größer waren diese bei der Hauptstoßgruppe der Armee, dem XXII. Reservekorps und dem k. u. k. VIII. Korps, am 11. und 12. Oktober. Die über die Save gezogene 26. Division wurde dem XXII. Reservekorps unterstellt und nahm am 12. Zeleznik, woran sich nach zum Teil heftigen Kämpfen die vordere Linie der 44. und 43. Reserve-Division bis nach Banjica anschloß. Das VIII. Korps drang bis an den Nordfuß des Erino Brdo vor und erreichte mit dem linken Flügel weiter östlich die Donau.

Bei der 11. Armee erzwang die 25. Reserve-Division (III. Korps) am 11. Oktober den Übergang über die Jezava, nahm die sich tapfer wehrende Feste Semendria und drang am 12. weiter nach Westen und Süden vor. Die 6. Division nahm am 11. nach schwerem Kampfe Lipe und erreichte am 12. mit dem linken Flügel die Morava in Höhe von Brežani.10 Vom IV. Reservekorps war die bayerische 11. Division bereits am 11. in diesen Ort eingedrungen, wobei es zu erbitterten Kämpfen kam. Diese steigerten sich am 12 aufs äußerste, da sich auch die Einwohner wiederum lebhaft am Kampfe beteiligten. Gleich schwere Kämpfe entbrannten um die östlich davon gelegenen Kasernen, bis es schließlich gelang, auch sie zu nehmen. Die 105. Division stieß beim Vorgehen auf Ćirikovac gleichfalls auf heftigen Widerstand, der am 12. noch nicht gebrochen war. Die nachgezogene 107. Division nahm am 12. Maljurevac und das stark befestigte Bubušinac. Das X. Reservekorps erreichte am 12. Oktober nach hartnäckigen Kämpfen der 103. Division die von Požarevac zur Donau führende Straße bis nahe von Popovac, das zwar von der 101. Division auf drei Seiten eingeschlossen wurde, aber immer noch Widerstand leistete. Der Feind hatte sich zweifellos vor der 11. Armee wesentlich verstärkt; immerhin war die Lage doch so weit gesichert, daß die Heeresgruppe bereits jetzt der Obersten Heeresleitung einige der schwersten Batterien wieder zur Verfügung stellen konnte, die diese dringend an der Westfront brauchte.

Am 11. war es auch an der serbisch-bulgarischen Grenze zu den ersten Zusammenstößen westlich Belogradčik gekommen, in deren Verlauf sechs bulgarische Kompagnien eine Grenzhöhe auf serbischem Gebiet besetzten. Am folgenden Tage stürmten bulgarische Truppen die Grenzpässe der Koritza glava (928 m) und des Rasovati (1471 m).

Noch immer bestanden hinter der 11. Armee keine festen Verbindungen über die Donau, weil der Feind immer noch die Flußstrecke zwischen Belgrad und Semendria beherrschte und deshalb das weiter oberhalb angesammelte Schiffsmaterial nicht herangeführt werden konnte. Dies machte sich um so fühlbarer, als der ständig heftiger werdende Kossova-Sturm nur noch [345] einen Fährbetrieb mittels Dampfer und Dampffähren zuließ, wovon aber überhaupt nur drei kleine Dampfer vorhanden waren. Wurden sie nicht vermehrt, so mußte das Übersetzen der noch nördlich der Donau stehenden Truppen, vor allem der schweren Artillerie und der Munitionskolonnen und Trains, also der ganze Nachschub, stocken, während der Widerstand der Serben mit dem Eintreffen der Verstärkungen zusehends wuchs. Damit konnte die Weiterführung der Operation der 11. Armee in Frage gestellt werden. Mit ernster Sorge blickte die Heeresgruppe nach dem linken Flügel der 3. Armee.

Das Schwergewicht lag dort nach wie vor bei der Stoßgruppe südlich und südöstlich Belgrad, deren Truppen sich trotz des anhaltend schlechten Wetters, das den schweren Lehmboden und alle Wege grundlos aufweichte, in ununterbrochenen Kämpfen um eine Reihe hintereinander liegender, gut ausgebauter Stellungen vorzüglich schlugen. Täglich mußten Dörfer und Höhen erstürmt werden; aber man kam, wenn auch langsam, vorwärts, und so war die Stimmung der Truppen trotz aller Anstrengungen vortrefflich und die Angriffslust groß. Allen voran Generalmajor v. Reuter, der Kommandeur der 88. Reserve-Brigade, - ein leuchtendes Vorbild für jeden Soldaten. Am 15. Oktober erreichte das XXII. Reservekorps die Linie Ostružnica - Nordfuß des Avala, woran sich das VIII. Korps, das am Tage vorher die stark verschanzten Höhen des Erino brdo gestürmt hatte, bis nach Ritopek anschloß. Jetzt stand man vor der starken Stellung der Avala-Höhe, des höchsten Punktes des Berglandes (565 m). Für die weiteren Operationen wurde nunmehr die Sicherung des rechten Flügels des XII. Reservekorps unabweisbar, weil dieser sich schon über Gebühr ausdehnte. Auf Anordnung der Heeresgruppe löste die 3. Armee die 20. Landsturm-Gebirgs-Brigade und die 205. Landsturm-Brigade aus dem k. u. k. XIX. Korps heraus, das aus seiner taktisch sehr ungünstigen Lage doch nicht vorwärts kam,11 heraus und führte sie über Belgrad nach Ostruznica vor, das die 20. Gebirgs-Brigade am 16. Oktober erreichte.

Am 16. Oktober wurde der Angriff auf der ganzen Linie vorgetragen. Am Nachmittag waren die Westhänge des Avala im Besitz der 43. Reserve-Division. In der Nacht zum 17. stürmte ein Bataillon des Reserve-Regiments 206 die Avala-Kuppe, und als dann die k. u. k. 59. Division die Stellungen auf dem Osthange dieses Massivs und im Anschluß an daran auch auf dem weiter östlich liegenden Vk. Kamen erstürmte, war die bisher stärkste Stellung der Serben genommen. Am 17. erreichten die Korps die Linie Vk. Mostanica - Eisenbahnstation Ripanj - Donau dicht nördlich Grocka.

Ähnlich lagen auch die Verhältnisse bei der 11. Armee. III. Korps und [346] IV. Reservekorps kamen in dem äußerst unübersichtlichen Gelände nur schrittweise vorwärts, wobei sich vor allem in den Dörfern sehr häufig äußerst aufreibende und recht verlustreiche Häuserkämpfe unter leidenschaftlicher Beteiligung der Einwohner entspannen. Die Serben mußten hier besonders zähe standhalten, um nicht Flanke und Rücken ihrer südlich Belgrad tapfer kämpfenden Kameraden, deren Rückzugslinie auf Kragujevac führte, preiszugeben. Deshalb setzten sie hier ihre schleunigst von der bulgarischen Grenze herangeführten Verstärkungen ein. Die 11. Armee schätzte den ihr jetzt gegenüberstehenden Gegner auf etwa 56 bis 58 Bataillone mit zahlreicher Artillerie.

Das III. Korps war in besonders ungünstiger Lage, denn es mußte ohne geeignete Artilleriestellungen gegen die beherrschenden Stellungen des Gegners ankämpfen. Trotzdem gewann es allmählich Raum um Semendria. Am 14. und 15. stürmte die 6. Division den etwa 4 km südlich dieser Stadt liegenden, zähe verteidigten Höhenrücken des Branovo b. und in heftigem Häuserkampfe das Dorf Radinac. Am folgenden Tage nahm die 25. Reserve-Division im Sturm den Stützpunkt Petrijevo, von wo der Feind wiederholt seine Gegenangriffe angesetzt hatte. Am 17. Oktober stand das Korps an der Ralja. Die Serben schanzten auf den jenseitigen Höhen.

Das IV. Reservekorps hatte am 13., von der am östlichen Mlava-Ufer vorgehenden 107. Division wirksam unterstützt, die Werke der West- und Nordfront von Požarevac genommen, während sich die 107. Division in denen der Ostfront festsetzte. Am 14. wurde die vom Gegner geräumte Stadt besetzt, doch entspannen sich bereits um die Werke der Südfront wieder erbitterte, schließlich aber erfolgreiche Kämpfe. Auch die nächsten Tage brachten neue heftige Zusammenstöße mit dem nur langsam weichenden Feinde, so namentlich für die 107. Division bei der Einnahme von Vk. Crniće und dem dicht südlich davon liegenden Ml. Crniće. Am 17. stand das Korps einschließlich der 107. Division in der Linie Dragovac - Höhe nördlich Lučica - Ml. Crniće dem Feinde dicht gegenüber.

Weniger stark war der Widerstand vor dem X. Reservekorps, doch kam es auch hier zu ernsteren Kämpfen. Dagegen machte sich bei ihm bereits der große Mangel an brauchbaren Wegeverbindungen in dem welligen, mit kleinen Waldungen bestandenen Berg- und Hügellande recht störend bemerkbar. Nachdem am 13. die dicht südlich Majilovac liegenden Dörfer Beranje und Sirakova genommen waren, räumte der Feind das Höhengelände der Lipovaca. Am 16. Oktober wurde er aus einer gut ausgebauten Stellung südlich Smoljinac vertrieben. Am 17. Oktober erreichte die 103. Division Boževac, die 101. Division nach hartnäckigem Kampf die Gegend südlich Makci. Rabrovo und Mrčkovac wurden besetzt. Kavallerie sicherte bei Golubac an der Donau die linke Flanke des Korps.

Die bisher von der 3. und 11. Armee gemachte Beute betrug 39 Offiziere, 4000 Mann, 68 Geschütze, eine Anzahl Protzen und viel Gerät.

Am 14. Oktober übergab Bulgarien den Serben die förmliche Kriegs- [347] erklärung. Am gleichen Tage gingen beide bulgarische Armeen auf der ganzen Linie von der Donau bis zur Belašica Planina (an der bulgarisch-griechischen Grenze) vor, - vier Tage später, als man ursprünglich vereinbart hatte. Bei den sich nun auf dem Rücken der hohen Grenzgebirge des nördlichen Serbiens entspinnenden Kämpfen gelang es der 9. und 1. Division, die Grenzpässe von Sv. Nicola (1444 m) und südöstlich Pirot zu nehmen. Aber Regen, Schnee und Nebel beeinträchtigten in diesem unwegsamen Gebirgsgelände alle Bewegungen, vor allem der Artillerie, so sehr, daß die Bulgaren in den nächsten Tagen nur wenig vorwärts kamen. Schneller als bei der 1. vollzog sich der Vormarsch bei der 2. Armee von Köstendil und südlich. Allerdings war vor ihr der Gegner erheblich schwächer. Bereits am 17. Oktober erreichte sie Egri Palanka und im Bregalnica-Tale Carčevo selo. Die Serben erlitten schwere Verluste, auch an Geschützen. Weiter nördlich stießen die Bulgaren sogar bis Vranje durch und schnitten somit den Serben die einzige Bahnverbindung mit Saloniki ab.

So erfreulich auch alle diese Fortschritte waren, so machte sich doch auf der Nordfront das Abhängen des linken Flügels der k. u. k. 3. Armee immer unliebsamer fühlbar.Wohl war es bei der größeren gegenseitigen Annäherung der 3. und 11. Armee trotz der Verseuchung der Donau durch serbische Minen am 17. Oktober gelungen, zusammengestelltes Brückenmaterial zur 11. Armee durchzubringen. Das Zurückbleiben des linken Flügels der 3. Armee, die allerdings in dem schwierigen Berggelände unter steten, hartnäckigen Kämpfen eine äußere Schwenkung auszuführen hatte, wirkte aber sehr verzögernd auf den rechten Flügel der 11. Armee ein, weil dieser sich dauernd gegen den noch zwischen beiden Armeen stehenden Gegner zu sichern hatte. Da überdies auf dem äußersten linken Flügel der Donau-Front die erhoffte Einwirkung der Gruppe Füllöp ausblieb, mußte sich die 11. Armee beim weiteren Vorgehen auch noch gegen das zu Überraschungen wie geschaffene Bergland des Donau-Knies sichern, was Kräfte verschlang. Auch konnten, solange der Donauweg nicht völlig frei war, weder den Bulgaren noch der Türkei Munition und Waffen auf dem Wasserwege zugeführt werden, woran sie beiden großen Mangel litten. Die Oberste Heeresleitung war daher bei der k. u. k. Heeresleitung vorstellig geworden, die 3. Armee durch Truppen aus der italienischen Front zu verstärken, was diese aber ablehnte. So mußte sich Falkenhayn in der Befürchtung, die Operationen könnten verzögert werden, selbst helfen und das bereits aus Tirol nach dem Westen anrollende Alpenkorps zur Heeresgruppe Mackensen abdrehen.

Inzwischen hatte die serbische Heeresleitung fast alle Kräfte vom Drina-Save-Knie herangezogen und südlich Belgrad eingesetzt. Dadurch bekamen Streith, Sorsich und XIX. Korps Luft. Am 18. nahm Sorsich Pričinovic (5 km westlich Drenovac) und das XIX. Korps Obrenovac. Streith folgte dem weichenden Feinde nach Šabac, wo er sich am 21. mit Sorsich zum Weitermarsch nach Valjevo vereinigte.

[348] Unterdessen setzten XXII. Reservekorps und VIII. Korps die Verfolgung unermüdlich fort. Der Belgrad zunächst gelegene Teil des Berglandes war verhältnismäßig dicht besiedelt, wenn auch die einzelnen, sehr anspruchslosen Häuser der Ortschaften auf eine weite Fläche hin verteilt lagen und nur wenig Raum zur Unterbringung, vor allem der Pferde, boten. So mußte ein großer Teil der Truppen trotz des oft recht schlechten Wetters und der herbstlichen Kühle biwakieren. Südlich der Avala-Stellung wurden die Besiedlung schwächer und die Wegeverhältnisse schlechter, wenn man überhaupt von Wegen im Sinne der verwöhnten Bewohner Mitteleuropas sprechen kann. Nur drei einigermaßen brauchbare Straßen zogen sich nach Südosten, ziemlich gleichmäßig auf die Front der beiden Korps verteilt. Auf sie ergoß sich der ganze Strom des Nachschubs zur Armee und des Abschubs nach rückwärts. Pferdekolonnen, Kraftwagen, Verwundeten- und Gefangenentransporte, Ersatzmannschaften, kleinere Kommandos, Befehlsübermittler zu Pferde und im Kraftwagen, alles drängte sich auf ihnen zusammen. Sehr bald brachen die überlasteten, für einen solchen Verkehr in ungünstiger Jahreszeit ungenügend gefestigten Straßen zusammen. Eine Möglichkeit, sie auszubessern, bestand bei dem ununterbrochen über sie hinweg gehenden Andrange so gut wie gar nicht, zumal es an Zeit und Arbeitskräften fehlte. So hastete alles mühsam auf den ausgefahrenen, tiefen Geleisen vorwärts, immer wieder aufgehalten durch entgegenkommende Abteilungen und steckengebliebene Fahrzeuge. Aber alle Mühen und Anstrengungen konnten die Stimmung nicht beeinträchtigen. Es ging vorwärts, und der frische, fröhliche Drang, heran an den Feind, war durch nichts zu ersticken. Etwas wurden auch die Truppen durch den überraschend großen Reichtum des Landes an Kleinvieh aller Art, vor allem an Schweinen, entschädigt, was die Verpflegung der Armeen außerordentlich erleichterte. Die Einwohner verhielten sich in diesem Teile des Kriegsschauplatzes ruhig und entgegenkommend, ja zeigten beinahe ein eingeschüchtertes Wesen.

Die zur Deckung der rechten Flanke des XXII. Reservekorps über Belgrad vorgezogenen Teile des XIX. Korps erreichten am 21. die Gegend bei und westlich Arnajevo, wodurch das Korps erheblich an Bewegungsfreiheit gewann. Es hatte am 20. Oktober zusammen mit dem VIII. Korps den Feind aus einer Höhenstellung auf dem Talambas-, Koviona- und Lipa-Rücken bis zur Donau bei Grocka vertrieben, wobei der große Tunnel durch den Koviona-Rücken unversehrt in die Hände der Verbündeten fiel. Nun ging es rasch vorwärts. Am Abend erreichte VIII. Korps die Höhen nördlich der Ralja. Der linke Flügel der Armee war somit erheblich vorwärts gekommen, vor allem aber war die Donau-Schiffahrt nun endlich bis nach Ram frei. In Ausnutzung seines Erfolges erreichte das Korps am 21. Oktober mit seinem rechten Flügel die Gegend südlich Vk. Sopot, während der linke auf den Höhen südlich Senaja und nördlich der Slatina-Höhe wieder in heftige Kämpfe verwickelt wurde. Auch das XXII. Re- [349] servekorps stand am Abend des 21. einer neuen Stellung des Feindes zwischen Arapovac und Remenikuče gegenüber.

An der Drina hatten die Serben nur Truppen dritten Aufgebots zurückgelassen. Der k. u. k. 62. Division war es inzwischen gelungen, ihre Ausrüstung zu vervollständigen, die neu zusammengestellten Truppenteile einigermaßen zusammenzuschweißen und die Vorbereitungen für einen neuen Vorstoß so zu fördern, daß sie ihn in der Nacht zum 22. Oktober wagen konnten. Es gelang, die mit Hochwasser gehende Drina zu überschreiten und sich trotz mehrerer Gegenstöße des Feindes auf dem jenseitigen Ufer zu behaupten. Am Nachmittag glückte es sogar, die südlich Višegrad kämpfenden Teile der Serben zurückzuwerfen.

Die Gruppe Sorsich hatte von Šabac aus am 22. Vukošic und Debrc erreicht, XIX. Korps drang bis in die Gegend westlich Arapovac vor, während XXII. Reservekorps nach erbitterten Kämpfen die feindlichen Stellungen zwischen Arapovac und Nemenikuče nahm und abends in der Linie Arapovac - Drlupe - Südhang der Kosmaj-Höhe stand. Die Serben hatten schwere Verluste erlitten und flohen stellenweise in Auflösung. Auch dem VIII. Korps setzte der Feind an diesem Tage wieder heftigen Widerstand auf den Höhen östlich des Kosmaj bis Dubona entgegen. Es kam nicht vorwärts.

Westlich der Morava und südlich der Ralja boten breite, parallel zur Front verlaufende Wellen den Serben vortreffliche Stellungen, die sie unter geschicktester Ausnutzung der Weinberge, Maisfelder, kleinen buschigen Waldungen und der sonstigen Bodenbedeckung hartnäckig verteidigten. Eine Hügelreihe nach der anderen mußte in mühsamen Kämpfen genommen werden; kaum von der einen vertrieben, setzte sich der Feind auf der nächsten wieder fest. Nicht minder schwer hatten es die in dem breiten, teilweise überschwemmten Morava-Tal kämpfenden Truppen, da das Tal von den Uferhöhen weithin beherrscht wird. Der linke Flügel der Armee geriet vollends in ein immer schwieriger werdendes Bergland hinein. So kam auch die 11. Armee im täglichen mühsamen Ringen nur langsam vorwärts. Oberste Heeresleitung und Heeresgruppe mußten sich, so sehr auch die Gesamtlage ein schnelles Vordringen erwünscht erscheinen ließ, gedulden, denn die Truppe gab her, was sie leisten konnte.

Am 18. Oktober griff die 11. Armee aus der Linie Ralja-Bach - Lucica - Makci die dicht gegenüber liegende Stellung der Serben an. Das vom III. Korps zur Aufnahme der Fühlung mit der 3. Armee entsandte Seitendetachement nahm nach heftigen Kämpfen Seone und gewann bei Grocka die Verbindung mit dieser Armee. Dem linken Flügel des III. Korps (6. Division) gelang es, nach schwerem Kampfe den rechten Stützpunkt der Ralja-Stellung Ml. Krsna zu nehmen. IV. Reservekorps arbeitete sich währenddessen in schweren zwölfstündigen Kämpfen an die feindliche Stellung zwischen Dragovac - Lučica heran. Erst gegen Abend gelang es der 11. bayerischen Division, in den Westteil von Lučica einzudringen, worauf in der Nacht unter Mitwirkung von Teilen der [350] 105. Division der ganze Ort genommen wurde. Die 107. Division konnte im Angriff gegen den rechten, auf den Höhen östlich Lučica stehenden serbischen Flügel nur die Vorstellungen nehmen, wobei ihr linker Flügel mit größter Tapferkeit und Aufopferung geführte Gegenstöße der Serben zurückzuweisen hatte. Nach dem Verluste von Lučica räumten diese unter dem Schutze der Nacht ihre Stellungen und gingen in südlicher Richtung zurück. Dem X. Reservekorps gelang es, den Feind von den Höhen nördlich Kula und Kobilje zu vertreiben; er machte jedoch schon wenige Kilometer weiter südlich von neuem Front. Die im Pek-Tale vorgesandte Seitendeckung drang bis in die Höhe von Misljenovac vor.

Am 19. Oktober stürmte III. Korps die Ralja-Stellung. Am Abend war die Linie Seone - Binovac - Mijailovac erreicht. IV. Reservekorps gewann unter leichteren Gefechten die Linie Poljana - Kaliste; X. Reservekorps nahm die Stellungen des Vk. Bubanj und erreichte Crljenac - Slana, sah sich aber bereits wieder einer verstärkten Stellung gegenüber. - Am 20. wich der Gegner vor dem III. und IV. Reservekorps in eine vorbereitete Stellung auf den Höhen nördlich Azanja - Golobok und Aleksandrovac - Orljevo zurück. Die Korps folgten unter leichten Gefechten. Auch X. Reservekorps drängte den Feind, der auf jeder Bergkuppe von neuem Front machte, unter äußerst anstrengenden und mühseligen Kämpfen weiter zurück und erreichte die Linie Höhe südlich Rasanac - Slanja, mußte aber in der Nacht mehrere heftige Vorstöße der Serben gegen seinen rechten Flügel abwehren.

Gegenüber dem rechten Flügel des III. Korps schanzte der Feind bei Vk. Krsna. Das schloß nach den bisherigen Erfahrungen aber nicht aus, daß er im gegebenen Augenblick auch zum Gegenstoß schritt. Wie sehr jedenfalls Vorsicht geboten war, zeigte sich am 21. Oktober, als Teile der 25. Reserve-Division ihre Bereitstellung für diesen Tag einnehmen wollten. Am Südrande von Selevac wurden plötzlich einige Kompagnien des Reserve-Regiments 83 von zwei serbischen Kompagnien in der Front, gleichzeitig aber auch von den Einwohnern des Dorfes, deren Weiber sich rege dabei beteiligten, im Rücken angegriffen. Es entspann sich ein erbitterter Kampf im Dorfe, das unter großen Opfern für die Serben im Lauf des Tages gesäubert wurde. Unterdessen hatte sich das Korps mit der Mitte und dem linken Flügel vorgearbeitet, während der rechte Flügel den bei Vk. Krsna und Azanja stehenden Feind beobachtete. Die 11. bayerische Division war zur Umfassung der feindlichen Stellung östlich Golobok angesetzt worden, erreichte die Eisenbahnhaltestelle südlich von Milosevac und schob Sicherungen bis nach Trnovca vor. IV. Reservekorps vertrieb den Gegner aus dem Vorgelände und arbeitete sich an seine Hauptstellung heran. X. Reservekorps konnte den beabsichtigten Angriff gegen die starke Stellung des Feindes nicht ausführen, weil es an Munition fehlte, - eine Folge der schwierigen Nachschubverhältnisse über die Donau. Sein linker Flügel wurde überdies heftig von starken Kräften angegriffen. Die Serben hatten die ihnen durch das Vorgehen [351] der11. Armee drohende Gefahr, von ihren an der bulgarischen Grenze kämpfenden Heeresteilen abgedrängt und nach Südwesten ins Gebirge geworfen zu werden, erkannt und suchten nun ihrerseits, nachdem die Morava-Division II von der Drina-Front eingetroffen war, den linken deutschen Flügel zurückzuwerfen und aufzurollen. Es gelang auch dem sich immer mehr verstärkenden Feinde, in die deutschen Stellungen einzudringen; ein entschlossener Gegenstoß warf ihn aber wieder hinaus.

Am folgenden Tage stürmte das III. Korps die feindlichen Stellungen auf dem Brdnjac und bei Golobok, wobei die 11. bayerische Division aus dem Morava-Tal mitwirkte, obwohl sie sich selbst gegen flankierende Angriffe zu wehren hatte. Dem weichenden Gegner drängte das Korps scharf nach und gewann abends die Höhen nördlich und nordöstlich Palanka, nur wenige Kilometer vom Jasenica-Tal entfernt, einem breiten Flußabschnitt, über den sich der Gegner zurückzog. IV. Reservekorps war gleichfalls in die feindliche Stellung bei und zwischen Alexandrovac - Orljevo eingedrungen, gelangte aber nicht weit darüber hinaus. Der linke Flügel der Armee - X. Reservekorps - mußte sich den ganzen Tag über in zäher Verteidigung gegen heftige Vorstöße aus dem Mlava-Tale wehren. Der Widerstand der Serben, in der ersten Überraschung ohne einheitliche Führung, gewann zweifellos an Einheitlichkeit und schien jetzt wieder fest in der Hand ihrer obersten Führung zu liegen. Auch ordneten sich ganz augenscheinlich die Truppen, die durch das schnelle Hineinwerfen der ankommenden Verstärkungen stark durcheinander gekommen waren, wieder in feste Verbände.

Zu den Mühsalen und Anstrengungen des Kampfes gesellte sich das andauernd schlechte Wetter hinzu. Es war ein Glück für die 11. Armee, daß sie in den großen zahlreichen Ortschaften hinreichende Unterkunft fand. Auch hier gab es eine Unmasse trefflich genährten Kleinviehs, so daß die Verpflegung zum großen Teil aus dem Lande genommen werden konnte, was den Nachschub gerade in diesen für ihn kritischen Zeiten erheblich entlastete. Die an sich schon recht mangelhaften Wegeverbindungen waren zu tiefen Morästen aufgeweicht. Dies machte sich ganz besonders in den bergigen Teilen des Kampfgeländes bemerkbar, wo der zähe Lehmboden die Bewegungen bergauf, bergab äußerst erschwerte. Nur mühsam konnten sich Mann und Pferd vorwärts arbeiten, oft brauchte die Truppe zu einem Kilometer eine ganze Stunde, wobei bis zu 50 Mann an einem Geschütz ziehen und schieben helfen mußten. Im überschwemmten Morava-Tal waren die Wege vielfach überflutet. Ihr lehmiger Untergrund verwandelte sich in tiefen Schlamm. Durch ihn, durch Tümpel und seenartige Gebilde hindurch strebten Truppe und Kolonnen mühsam vorwärts. Das brachte ungeheure Anstrengungen auch für die Pferde mit sich, die, von allen Fronten zusammengebracht, gar nicht darauf vorbereitet waren. An Ruhe aber konnte jetzt nicht gedacht werden, denn unentwegt gab es an der Front Kämpfe und ging es, wenn auch langsam, vorwärts. Die Truppe brauchte vor allem Munition; da galt es, [352] auch das Letzte herzugeben. Lastkraftwagen blieben erst recht in Serbiens aufgeweichten Wegen stecken; sehr bald erbat daher die Heeresgruppe weitere Pferdekolonnen, dem aber nur langsam und in beschränktem Maße entsprochen werden konnte. So zwang die Not zu Aushilfen. Bald belebten landesübliche Ochsengespanne wieder die Wege. Zu sehr brauchbaren, oft einzig zuverlässigen Kolonnen zusammengestellt, leisteten sie vorzügliche Dienste, wenn sie sich auch nur langsam vorwärtsbewegten.

Dieselben Schwierigkeiten, in den hohen Gebirgszügen der Grenze aber ins vielfache gesteigert, traten auch den Bulgaren entgegen. So brauchten Ochsenwagen mit 400 kg Ladung für die 10 bis 12 km annähernd 48 Stunden. Um die Geschütze in Stellung zu bringen, mußten wiederholt von der Infanterie erst neue Wege angelegt werden. Jedes Geschütz wurde von vier Ochsen und einem Halbzuge Infanterie auf die Berge geschleppt. So konnte man den zähen Serben gegenüber nicht auf ein schnelles Vordringen der bulgarischen 1. Armee rechnen. Die Eigentümlichkeiten der bulgarischen Verpflegungsorganisation ließen überdies sehr bald die größten Schwierigkeiten entstehen. Dazu kam, daß Bulgarien bei seiner schwach entwickelten Industrie gar nicht in der Lage war, die Bedürfnisse eines neuzeitlichen Heeres zu befriedigen, es fehlte an Artilleriemunition, an schwerer Artillerie des Feldheeres, an Nachrichtengerät und vielem anderen, was Deutschland neben seinen Lieferungen an Österreich-Ungarn und die Türkei nun auch für den neuen Bundesgenossen liefern mußte.

Die Heeresgruppe hatte den General Bogadjeff angewiesen, mit der Mitte der Armee (8. und 9. Division) unentwegt gegen das Morava-Tal vorzudringen. So würde den bei Zaječar und Pirot auf starken Widerstand gestoßenen Divisionen (6. und 1. Division) am wirksamsten geholfen werden. Ein konzentrisches Vorgehen aller Armeen auf die ihnen gesteckten Ziele führe allein zum schnellen Erfolge, den der Feldmarschall nach seinem Befehle vom 22. Oktober darin suchte, "die serbischen Hauptkräfte nach der Mitte des Landes zusammenzudrängen und dort entscheidend zu schlagen". Diese Mitte war Kragujevac.

Am 20. Oktober kämpfte die rechte Flügelbrigade der bulgarischen 1. Armee, nachdem sie erst am 16. den angeschwollenen Timok-Fluß hatte überschreiten können, gegen einen starken Gegner südlich Negotin, während die beiden anderen Brigaden der 6. Division noch östlich der Festung Zaječar auf bulgarischem Boden standen, ohne vorwärts zu kommen. Starker Nebel behinderte ihre Tätigkeit. Auch in den nächsten Tagen blieb hier die Lage unverändert. Die 8. Division hatte mit ihrem rechten Flügel hartnäckige Kämpfe im überschwemmten Timok-Tal nördlich Knjaževac zu bestehen, bis es ihm am 22. Oktober gelang, den Fluß zu überschreiten; ihr linker Flügel stand unmittelbar östlich der Stadt, die anschließende 9. Division östlich und südöstlich Kamenica. Die 1. Division war an diesem Tage in heftige Kämpfe auf den Höhen östlich Pirot verwickelt. Eine Seitenabteilung von ihr suchte weiter südlich in Richtung Leskovac vorwärtszukommen.

[353] Die bulgarische 2. Armee besetzte am 21. bereits Kumanovo (nordöstlich Üsküb) und Veles im Tale des Vardar. Der Feind wich nach Prilep zurück, verfolgt von der Kavallerie-Division. Am 22. setzte die 3. Division den Vormarsch auf Üsküb fort. Französische Truppen waren außer südlich Strumica noch nirgends bemerkt worden. Dies stimmte auch mit den Nachrichten der Heeresgruppe überein; denn obwohl bisher in Saloniki zweieinhalb französische und eine englische Division gelandet worden sein sollten, war angeblich erst eine gemischte französische Brigade nach der serbischen Grenze abtransportiert worden, wo sie dann südlich Strumica mit bulgarischen Truppen zusammengestoßen war.

General Bogadjeff hatte in Anbetracht der schwierigen Lage der Brigade bei Negotin gebeten, das Vorgehen der Gruppe Füllöp von Orsova möglichst zu beschleunigen. Es lag auch im Interesse der 11. Armee, daß das unübersichtliche Gelände in ihrer linken Flanke endlich gesäubert wurde. Die Heeresgruppe Mackensen ordnete daher die Verstärkung der Gruppe durch zwei Bataillone der 3. Armee an und bat außerdem bei der Obersten Heeresleitung um Verstärkung, die, wie schon erwähnt, in Gestalt des Alpenkorps bewilligt wurde. Aber noch ehe dieses eingetroffen war, unternahm die Gruppe am 22. Oktober einen Übergangsversuch, der jedoch an dem Artilleriefeuer der Serben scheiterte. Möglich, daß diese rechtzeitig gewarnt worden waren, da die rumänischen Scheinwerfer die Arbeiten der herangeführten deutschen schweren Artillerie in der Nacht zum 21. beleuchtet hatten.

Unablässig drängte die Heeresgruppe vorwärts. Die 11. Armee sollte baldigst die Linie Vranowo (südwestlich Palanka) - Svilajnac - Subotica (im Resava-Tal) erreichen und durch weiteres Vorgehen ihres linken Flügels auf Ćuprija dem rechten Flügel der bulgarischen 1. Armee die Hand reichen. Die k. u. k. 3. Armee hatte den Gegner, den man in allgemeiner Richtung auf Kragujevac im Rückzuge annahm, sobald er sich stellte, links zu umfassen und dazu ihren rechten Flügel möglichst stark zu machen. Nächstes Ziel für sie war die Linie Rudnik - Natalinci. Das k. u. k. XIX. Korps sollte auch weiterhin die rechte Flanke der 3. Armee decken und dazu über Lazarevac, Moravci auf Grn. Milanovac vorgehen, wobei die westlich der Kolubara auf Valjevo angesetzte Gruppe Sorsich als Seitendeckung diente. So glaubte sich die Heeresgruppe gegen unliebsame Überraschungen, wie sie Ende 1914 in demselben Gelände vorgekommen waren, genügend gesichert. Zur wirksamen Unterstützung des Ganzen aber blieb die Aufgabe der 62. Division, von Višegrad auf Užice vorzustoßen, bestehen. Über die Donau bestanden, nachdem sich der Kossova-Sturm gelegt hatte, seit dem 21. Oktober hinter der 11. Armee zwei haltbare Brücken, so daß, da auch bei Belgrad eine gleiche Brücke hergestellt war, der Nachschub einigermaßen gesichert erschien. An der Wiederherstellung der Eisenbahn Belgrad - Palanka wurde eifrigst gearbeitet. Am 24. Oktober war sie wieder bis Ripanj benutzbar.

Die 62. Division setzte am 23. Oktober ihren Angriff bei Višegrad fort. Bis [354] zum 25. gelang es ihr, die der Stadt im Osten vorgelagerten Höhen (bis zu 979 m Höhe) vom Feinde zu säubern und im Tal des Rzav bis Dobrunj vorzudringen. Die Serben zogen in nordöstlicher Richtung ab. Nunmehr erfolgten aber in der Nacht zum 26. heftige Angriffe der Montenegriner gegen die rechte Flanke der Division, die zwar abgewiesen wurden, sie aber für die nächste Zeit fesselten.

Die Gruppe Sorsich wurde in ihrem Vormarsch in südlicher Richtung anfangs stark durch Brückenzerstörungen aufgehalten. Am 25. Oktober erreichte das Gros den Tamnava-Übergang südwestlich Banjani, Kavallerie streifte bis Valjevo. Die übrigen Korps der 3. Armee drangen gleichfalls, z. T. unter dauernden Kämpfen mit feindlichen Nachhuten, vor. Am 23. stand VIII. Korps zwischen Crkvine und Vk. Krsna. K. u. k. XIX. Korps, das übrigens in diesen Tagen einen wesentlichen Zuwachs an Gefechtskraft durch die von der italienischen Front eintreffende 10. Gebirgs-Brigade erhielt, war auf das östliche Kolubara-Ufer übergegangen. Es erreichte, längs dieses Flusses vorgehend, am 23. Oktober die Höhen südwestlich Aragovac. Daran schloß sich XXII. Reservekorps zum VIII. Korps hin an.

Am gleichen Tage erreichte III. Korps den Jasenica-Abschnitt zwischen Palanka und Vk. Orašje, den es am Abend noch mit Teilen seines rechten Flügels überschritt. Dagegen stieß sein linker Flügel auf so zähen Widerstand, daß am Abend noch um den Morava-Übergang gekämpft wurde. Auch IV. und X. Reservekorps kamen nur unter hartnäckigen Kämpfen mühsam in dem unwegsamen Berggelände vorwärts. Am 24. überschritt III. Korps den Jasenica-Abschnitt und erreichte nach heftigen Kämpfen die Linie Banicina - Str. Adžbegovac. Zäher und zäher hielten die Serben an ihren Stellungen fest, je mehr sie sich Kragujevac näherten. So hatte auch das IV. Reservekorps hart zu kämpfen, wobei es bei Zabari selbst sogar zum Handgemenge kam. Das Korps gelangte an diesem Tage nur bis Dl. Livadica - Höhe südlich Bosnjak und begann gegen den rechten Flügel der Armee abzuhängen. Dagegen ließ jetzt der Widerstand des dem X. Reservekorps gegenüberstehenden ermatteten Gegners nach. Kampflos, aber durch das Gelände und den aufgeweichten Boden wiederum sehr aufgehalten, erreichte es die Linie Lopusnik - Leskovac - Meljnica. Am 25. gewann III. Korps im Sturm den Raca-Abschnitt südlich Banicina, Marcovac wurde von der tapferen 11. bayerischen Division, die sich immer ausgezeichnet hatte, genommen; IV. Reservekorps erreichte nach schweren Kämpfen das Morava-Knie westlich Porodin und die Höhen südlich Oreskovica, daran anschließend X. Reservekorps die Linie bis einschließlich Vk. Laole.

Im Pek-Tal war eine Seitendeckung bis Kučevo vorgedrungen und hatte dort große Mengen von Kupfer und Messing aus dem nahegelegenen Kupferbergwerk Majdampek erbeutet - ein willkommener Fund für die Kriegsindustrie der Mittelmächte.

Die Korps der 3. Armee hatten inzwischen den Abschnitt des Pestan- und [355] Kubresnica-Baches12 erreicht und griffen am folgenden Tage den gegenüberstehenden Feind an. XIX. Korps gewann den langgezogenen Höhenrücken südlich Lazarevac, XXII. Reservekorps und VIII. Korps nach zum Teil recht heftigen, bis in die Nacht dauernden Kämpfen die Linie Höhe südlich Progoresci - Topola - Natolinci. So waren die letzten großen Abschnitte vor Kragujevac genommen. Mit wachsender Spannung richteten sich aller Blicke nach dem Herzen Serbiens - sollte jetzt dort die Entscheidung fallen?

Am 26. Oktober setzten beide Armeen die Vorwärtsbewegung fort. Der Feind wich kämpfend aus. Die Anfänge der Gruppe Sorsich erreichten die Höhen nördlich Valjevo und die Orte Lukavac und Slovac. Am Abend stand XXII. Reservekorps zwischen Kalanjevci und Pryane, daran anschließend VIII. Korps bis zu den Höhen südlich Topola. Dieses Korps war wiederum auf heftigsten Widerstand gestoßen und daher nur wenig vorgekommen.

Gegenüber der 11. Armee hielt der Gegner nicht stand. Alleim Anschein nach beabsichtigte er, auf den breiten, großzügigen Höhenrücken nördlich Kragujevac, gestützt auf die Werke der Festung, von neuem Front zu machen. Weiter östlich, jenseits der Morava, wurden lange, regellose Kolonnen im Rückzuge in Richtung Ćuprija beobachtet. Auch der Gegner kämpfte natürlich mit den großen Schwierigkeiten der mangelhaften, durch das andauernde Regenwetter und den großen Verkehr in einen geradezu trostlosen Zustand geratenen Verkehrsverbindungen des Landes. Doch war er gegenüber dem Angreifer im Vorteil, weil sein anspruchsloses, mit nur wenig Artillerie ausgestattetes Heer einen viel geringeren Troß mit sich führte und er die Straßen in noch unberührtem Zustande vorfand, während dem Verfolger nur die von den Serben bereits in Grund in Boden gefahrenen Wege zur Verfügung standen. Auch hatte der Verteidiger naturgemäß fast immer Zeit, rechtzeitig seine Kolonnen und Trains zurückzuführen, zumal sich seine Truppen mit mustergültiger Zähigkeit in ihren Stellungen schlugen.

Am 26. Oktober erreichte die 11. Armee mit dem III. Korps die Höhe des Humka und Smrdan und die Orte Vučić - Cigani - Lapovo; IV. Reservekorps drang in Svilajnac ein, während X. Reservekorps, stark nach links gestaffelt, Bobovo - Gjurinac besetzte.

Bei Orsova hatte die Gruppe Füllöp am 23. Oktober nach hinreichendem Wirkungsschießen ihrer durch die Deutschen verstärkten Artillerie endlich die Donau überschritten und die südlichen Uferhöhen gewonnen. Dort waren die Hauptkräfte des Gegners schon vor einiger Zeit nach Süden abgezogen und nur Truppen dritten Aufgebots zurückgeblieben. Am 25. wurden Podorška und Kaldovo erreicht und am 26. bei Brza Palanka die Verbindung mit bulgarischer Kavallerie aufgenommen, die endlich Auskunft über die Lage der bulgarischen [356] 1. Armee geben konnte, von der bisher nur sehr dürftige Nachrichten zur Heeresgruppe gelangt waren. Eine Untersuchung des Donau-Laufs im Eisernen Tor stellte fest, daß sich dort mehrfache Sperren von Minen, Ketten und Drahtseilen befanden, die beseitigt werden mußten, ehe die bereitgehaltenen Munitionstransporte für die Bulgaren und die Türkei durchfahren konnten. Dem stellte sich übrigens auch noch ein anderes Hindernis entgegen: von Turnu Severin bis Prahovo lagen russische Torpedoboote in rumänischen Gewässern, welche die Minensucharbeiten und natürlich auch jeden Transport verhinderten. Sie wurden jedoch auf die bei der rumänischen Regierung erhobenen Vorstellungen interniert.

Die rechte Flügelbrigade der bulgarischen 1. Armee hatte am 24. Negotin genommen und verfolgte den nach Südwesten ausweichenden Feind. Zaječar war noch nicht gefallen, die 8. Division nahm dagegen am 25. nach harten Kämpfen Knjaževac. Weiter südlich hatte sich der Feind vor der 9. Division verstärkt, so daß es am 25. dort zu einem Rückschlag kam. Die 1. Division stand am 26. im Kampfe um die Drenova glava (920 m) südlich von Pirot.

Von der bulgarischen 2. Armee erreichte die 3. Division Üsküb, Kavallerie eilte bereits nach Kačanik und Kalkandelen voraus. Eine Abteilung von neun Bataillonen und elf Batterien war außerdem von Vranje im Vormarsch auf Leskovac.

Das Wetter hatte sich inzwischen immer mehr verschlechtert. Die Wege wurden so grundlos, daß selbst auf den besten Straßen die Geschütze oft mit zwölf Pferden bespannt werden mußten. Besonders dort, wo schon an sich wenig gute Verbindungen bestanden (beim XIX. Korps, XXII. und X. Reservekorps), machte sich dies in der störendsten Weise namentlich für den Nachschub geltend; blieben doch schon die Fernsprechwagen stecken, so daß die Verbindung selbst zwischen den Kommandobehörden zeitweise verloren ging. Solche Verhältnisse mußten die Beweglichkeit der Truppen, die kaum noch ihre Artillerie und Munitionswagen in Stellung bringen konnten, außerordentlich lähmen. Und das alles in einer Lage, die schnelles Handeln erheischte. Es waren ungeheure Leistungen, welche die deutschen und verbündeten Truppen mit großer Opferfreudigkeit vollbrachten. Wohl klang bisweilen der Wunsch nach einer Rast an das Ohr der Heeresgruppe, aber nachgeben durfte sie nicht, denn die jetzt geforderten Anstrengungen mußten sich tausendfach belohnt machen und unsägliche Mühen und Opfer ersparen, wenn es gelang, den erschütterten Feind noch nördlich des Tales der westlichen Morava zu stellen und durch umfassenden Angriff zu vernichten.

Die Masse der Toten auf den Gefechtsfeldern ließ deutlich die schweren Verluste des Feindes erkennen, die auch die Aussagen der Gefangenen bestätigten. Die serbischen Regimenter hatten nur noch eine Bataillonsstärke von durchschnittlich 250 bis 300 Mann, beim dritten Aufgebot sogar nur noch von 180 bis 200 Mann. [357] Die meisten Verluste hatte das verheerende Feuer der deutschen Artillerie verursacht, eine Wirkung, die der serbische Soldat bisher nicht gekannt hatte. Dazu kam, daß die serbische Infanterie ganz unzureichend von ihrer Artillerie unterstützt wurde. Da diese nicht im festen Verbande der Division stand, sondern nach Bedarf zugeteilt wurde, fehlte sie sehr oft dort, wo man ihrer am nötigsten bedurfte. Nirgends wurde sie einheitlich verwendet, sondern oft bis auf einzelne Geschütze zersplittert, stets sehr vorsichtig eingesetzt und frühzeitig wieder abgebaut. Wahrscheinlich zwang der Mangel an Artillerie zu ihrer Schonung, was aber auf Kosten der Infanterie ging. Die Folge war eine tiefe Niedergeschlagenheit bei dieser Hauptwaffe. Dazu kam, daß die durch die Verheißungen der Regierung genährte Hoffnung auf ein baldiges Erscheinen von Ententetruppen bei Nisch in nichts zu zerrinnen begann.

Zu dieser Zeit erfuhr die Heeresgruppe aus Saloniki, daß die serbische Nationalbank und das Regierungsarchiv noch kurz vor der Unterbrechung der Verbindung mit Saloniki von Nisch dorthin gebracht worden seien und nun nach Monastir geleitet werden sollten, wohin die serbische Regierung überzusiedeln gedenke. Im Hafen von Saloniki seien am 21. Oktober sieben englische und französische größere Transportdampfer mit viel Truppen eingetroffen. Das Abrollen von Truppentransporten nach der serbischen Grenze dauere an.


Die Kämpfe um Kragujevac.

Durch das Zurückbleiben der bulgarischen 1. und das weite Vorkommen der 11. Armee hatte sich die Lage verschoben. Die erhoffte Entscheidung vor Kragujevac schien zu fallen, ehe der rechte bulgarische Flügel über Zajecar bei Paraćin eingreifen konnte. Ein bulgarischer Durchbruch über Knjaževac gegen Aleksinac - Nisch schien jetzt aussichtsreicher. Die bulgarische Heeresleitung wurde daher am 26. Oktober ersucht, eine in Aussicht gestellte neue Division der Mitte der bulgarischen 1. Armee zuzuführen. Es sei möglich, daß dann der Feind Zaječar von selbst räume. Tue er es nicht, so werde die Negotiner Brigade durch Truppen der bisherigen Gruppe Füllöp verstärkt werden, zu der noch deutsche Truppen stoßen würden. Dann sollte diese Abteilung unter deutscher Führung gegen Zaječar vorgehen.

Ebenso wurden der 3. und 11. Armee neue Marschziele angegeben. Beabsichtigt war eine beiderseitige Umfassung durch die äußeren Armeeflügel unter scharfem Nachdrängen der Mitte, um dem Gegner nicht Zeit zu lassen, sich zu nachhaltigem Widerstande einzurichten. Die 3. Armee erhielt Befehl, die Verfolgung über die Linie Vujan-Höhe (südlich Grn. Milanovac) - Cerovac (an der Straße Arangjelovac - Kragujevac) fortzusetzen, während die 11. Armee über Vojinovac - Brzan und mit dem linken Flügel östlich der Morava über die Höhenlinie Ml. Čuk13 - Stari deo - Drenovac vorgehen sollte. Der rechte Flügel der [358] 3. Armee mußte besonders gesichert werden; ihm gegenüber führte derselbe General Misič, der im Jahre zuvor den entscheidenden Stoß gegen den österreichischen rechten Flügel geleitet hatte. Konnte er nicht noch einmal zum kräftigen Gegenangriff aus dem Berglande der westlichen Morava ansetzen? Dazu hatte sich das XIX. Korps nach rechts zu staffeln, durfte aber anderseits auch nicht aus übergroßer Vorsicht zurückbleiben, denn gerade jetzt mußten alle Kräfte nach vorwärts streben. Eine gewisse Sicherung bot ja auch die nach rechts herausgeschobene, über Valjevo vorgehende Gruppe Sorsich in Verbindung mit rühriger Fliegeraufklärung. Auf eine Einwirkung der 62. Infanterie-Division über Užice war nicht zu rechnen. Sie wurde trotz einiger Erfolge nach wie vor durch die Montenegriner gefesselt. Auch der linke, nunmehr scharf nach Westen einschwenkende Flügel der 11. Armee mußte besonders gesichert werden; dazu traf sehr gelegen am 26. Oktober das Alpenkorps (einer verstärkten Infanterie-Division entsprechend) mit der Bahn nördlich Weißkirchen ein. Ein Teil des Korps wurde unter Oberst v. Below zur Gruppe Füllöp geleitet, von wo er, verstärkt durch einige österreichische Bataillone, auf Negotin vorgehen und sich mit der dort stehenden bulgarischen Brigade vereinigen sollte. Die übrigen Truppen Füllöps hatten das Donau-Knie von herumstreifenden serbischen Banden zu säubern, um die Donau-Schiffahrt und die rückwärtigen Verbindungen der Abteilung Below zu sichern. Der Rest des Alpenkorps wurde der 11. Armee zu dem oben genannten Zwecke zugeteilt. Einen gewissen Schutz bot ja auch schon trotz schwierigster Geländeverhältnisse das im Pek-Tale vorgegangene Detachement.

Auf dem äußersten rechten Flügel erreichte das Gros Sorsichs am 27. Valjevo und Lukavac, am 31. durch hohes Bergland die Höhen nördlich Kosjeriči - Ostrica und am 2. November die Gegend von Požega östlich von Užice. Vorgeschobene Abteilungen waren schon früher bis Užice vorgedrungen. Die Gruppe hatte nur schwachen Feind gegenüber.

Die übrigen Teile der 3. und die 11. Armee standen am 27. Oktober abends in der ungefähren Linie Todorindo - Liplie - Rudnik - Masloševo - Lapovo - Höhe südlich Gložani, X. Reservekorps noch in seiner Stellung südlich Bobovo. Der Widerstand des Feindes war an diesem Tage westlich der Morava sehr verschieden, hatte sich aber östlich des Flusses und der Resava14 zu heißem Ringen gesteigert, so daß namentlich das X. Reservekorps nur geringe Erfolge erkämpfen konnte. Es hatte seine Artillerie auf den grundlosen Wegen nicht rechtzeitig heranbekommen, ohne die den Serben gegenüber in einem so schwierigen Gelände kaum etwas zu erreichen war.

Für die erwarteten größeren Kämpfe bei Kragujevac bildete die Heeresgruppe nunmehr eine starke Stoßgruppe westlich der Morava. Die 105. Division sollte hierzu nach Herstellung einer Brücke bei Markovac auf das westliche [359] Morava-Ufer übergehen, die 107. Division ihr, wenn möglich, folgen. Beide hatten dann zusammen mit der bayerischen 11. Division unter dem Befehl des IV. Reservekorps den Hauptstoß gegen den rechten Flügel der Kragujevac-Stellung zu führen.

Auch am 28. Oktober erschwerten tiefhängende Regenwolken die Fliegeraufklärung und Artilleriebeobachtung, während die grundlosen Wege alle Bewegungen lähmten. Besonders litt wiederum das XXII. Reservekorps in seinem, den südlichen Vogesen gleichenden, aber jeder Kunststraße entbehrenden Vormarschgelände. Die Wege liefen in zahlreichen Windungen über steile Höhen und tiefe Einschnitte, jetzt völlig aufgeweicht, so daß die Geschütze und Fahrzeuge bis an die Achsen im Schlamm versanken. Und waren die Geschütze nach unsäglichen Mühen endlich in Stellung gebracht, so mußten ihre abgetriebenen Bespannungen sogleich zurückeilen, um auch den steckengebliebenen Munitionswagen durch Vorspannleistung aus dem Morast zu helfen. Zu alledem hielt der Feind alle irgend zur Verteidigung geeigneten Hänge und Rücken besetzt. War er mühsam vertrieben, so traf ihn die erschöpfte Truppe am nächsten Höhenzuge wieder an. Die 44. Reserve-Division war vor das 1163 m hohe, breite und bewaldete Bergmassiv des Rudnik15 geraten, das, völlig wegelos, seitwärts umgangen werden mußte, wodurch die kaum brauchbaren Wege der Flügeldivisionen noch mehr belastet und die Bewegungen der Truppe und Fahrzeuge ins Unermeßliche erschwert wurden. In den Niederungen waren Weg und Steg weithin überschwemmt, so daß sich die Truppe nur mühsam den Weg suchen konnte. Oft genug versanken Mann und Pferd in den vielen Straßenlöchern, oft irrten Geschütze und Fahrzeuge vom dürftigen Wege an und blieben unfehlbar im tiefen Moraste stecken. So brachte auch der 28. nur neue Mühsale und obendrein zum Teil noch schwere Kämpfe.

Die rechte Division des XXII. Reservekorps stieß auf starken Widerstand und konnte nicht nennenswert Gelände gewinnen. Der linken Division gelang es dagegen, die wichtige Brücke von Str. Selo Masloševo über die angeschwollene Srebrnica zu gewinnen. Der Feind hielt ihr dicht gegenüber auf den Hängen des südlichen Ufers. Das VIII. Korps mußte über die sumpfige Rača in hartem Kampfe die südlichen Uferhöhen gewinnen. Am Abend stand die 3. Armee in Linie Slavkovica - Boljkovci - Rudnik - Jarušice. Der rechte Flügel der 11. Armee gewann kämpfend die Höhen zwischen Jarušice und Batočina. Dichter Nebel verhüllte das Schlachtfeld. Der Übergang der 105. Division auf das westliche Morava-Ufer wurde durch die hochgehenden Fluten des Flusses außerordentlich verzögert. Die 107. Division verblieb daher auf dem rechten Ufer, gewann in heftigem Kampfe den Ml. Čuk bei Bresje und erreichte mit dem linken [360] Flügel Vrlan. X. Reservekorps stürmte die feindliche Stellung auf den Höhen nördlich Sedlari bis zum Glavica-Berge, die gut ausgebaut und mit Sturmabwehrgeschützen versehen war. Der Feind wich zum Teil in Auflösung ins Resava-Tal zurück, setzte sich aber mit seinem rechten Flügel bereits nach wenigen Kilometern wieder zu neuem Widerstande. Immerhin war die Zahl der Gefangenen an diesem Tage bedeutend. Auch die steigende Zahl der Überläufer ließ auf zunehmende Kampfmüdigkeit und Zersetzung beim Feinde schließen.

Jetzt machte sich auch das weite Vordringen der deutsch-österreichischen Armeen vor der bulgarischen Front bemerkbar. Die Bedrohung ihres Rückens zwang die Serben zum Nachgeben. Am 27. Oktober begannen auf ihrer ganzen Ostfront rückläufige Bewegungen. Die Bulgaren rückten in Zaječar und Pirot ein und folgten in Richtung auf Paraćin - Nisch - Leskovac.

Die Lage der Serben wurde schwieriger, die Hoffnung auf die Entente immer geringer. Allerdings waren nach sicherer Quelle bis zum 25. Oktober 35 000 Franzosen und 15 000 Engländer in Saloniki gelandet, die aber erst in Verbände zusammengestellt werden mußten. Im südlichen Serbien wurde nur eine französische Division zwischen Krivolac und Gjewgjeli vermutet. Von dort versuchten die Franzosen, durch Vorstöße gegen Strumica den Vormarsch der bulgarischen 2. Armee aufzuhalten.

Am 28. Oktober wies die Heeresgruppe die 3. Armee darauf hin, daß "die Umfassung des Feindes durch das westliche Morava-Tal dauernd an Bedeutung und Aussicht gewinne, da nach den eingegangenen Nachrichten die Bedrohung der rechten Armeeflanke gering sei". Das abhängende XIX. Korps müsse daher mit allen Mitteln vorwärts gebracht werden, um von Čačak aus längs des Morava-Tales vorzustoßen. Gleichzeitig erhielt die 11. Armee den Befehl, den rechten Flügel des X. Reservekorps auf den Stari deo anzusetzen.

Am 29. Oktober erreichte XIX. Korps Ozrem und am 30. mit den Anfängen die Höhen von Grn. Milanovac, wo es vom Feinde sehr heftig angegriffen wurde. Es gelang jedoch, den Gegner zurückzuweisen, da sich die Einwirkung des XXII. Reservekorps bemerkbar machte. Dieses hatte am 29. die Höhen südlich Rudnik gestürmt und Nevade erreicht. Am 30. drang der rechte Flügel in Grn. Milanovac ein und entlastete damit die Österreicher. Auch sein linker Flügel kam nach heftigen Kämpfen vor; das schwierige Bergland des Rudnik und der Garevica war überwunden. VIII. Korps wehrte am 29. heftige Angriffe erfolgreich ab, ohne aber selbst Gelände zu gewinnen, weil der sehr starke Gegner über schwere Artillerie verfügte. Auch am 30. wurden Fortschritte nicht erzielt, was wiederum das Vorgehen des rechten Flügels des III. Korps beeinträchtigte. Trotzdem stürmte dieses zusammen mit der bayerischen 11. Division die dicht vor ihnen liegenden Höhen. Der Geländegewinn war aber auch hier nicht groß. Sehr störend wirkte vor allem, daß die bei Markovac geschlagene Brücke vom Hochwasser weggerissen wurde, so daß die 105. Division den Übergang nicht fortsetzen [361] konnte. Die 107. Division blieb daher auch weiterhin auf dem östlichen Morava-Ufer. X. Reservekorps, vor dem der Feind zurückwich, überschritt, rechts schwenkend, die Resava und gewann den Anschluß an die 107. Division. Am 30. Oktober drückten III. Korps und bayerische 11. Division den Feind weiter auf seine Hauptstellung zurück, die in der Linie Desimirovac - Milatovac - Bagrdan, gestützt durch mehrere Werke der Festung, vermutet wurde. Am Abend standen sie vor dieser Stellung, nur noch wenige Kilometer von Kragujevac entfernt. Die beabsichtigte Stoßgruppe westlich der Morava kam allerdings auch jetzt nicht zustande, weil die hoch angeschwollene, reißend gehende Morava noch immer den Übergang des Restes der 105. und der 107. Division verhinderte. X. Reservekorps gewann gleichfalls Gelände nach Südwesten bis Trivunovo - Vk. Popović.

Die so heiß ersehnte Entscheidung schien unmittelbar bevorzustehen. Schon der nächste Tag mußte Klarheit bringen, ob es gelingen würde, das serbische Heer mit schnellem, zerschmetterndem Schlage zu treffen, dem die Vernichtung des noch nach Osten kämpfenden Teiles folgen mußte. Im Osten drangen die Bulgaren vor. Im Süden hatten sie sowohl den Ententetruppen, wie auch im Tale der südlichen Morava den Serben den Weg zu ihren Verbündeten verlegt. Vom Norden drängten 3. und 11. Armee unaufhaltsam weiter vor. Der rechte Flügel der 3. Armee näherte sich bereits dem Tale der westlichen Morava bei Čačak. Es blieb dem serbischen Heere also nur noch ein sofortiges Ausweichen in das unwegsame Bergland im Südwesten des Landes oder die Annahme der Entscheidungsschlacht bei Kragujevac übrig. Dementsprechend lauteten die am 30. Oktober ausgegebenen Befehle der Heeresgruppe.

Die Gruppe Sorsich sollte die rechte Flanke der 3. Armee in der Linie Požega - Vidova decken und die Verbindung mit der 62. Division östlich Pišegrad herstellen. Das rechte Flügelkorps der Armee (k. u. k. XIX. Korps) hatte Čačak zu erreichen und von dort nach Südosten ins Tal der westlichen Morava einzuschwenken, um dem Feinde über Kraljevo den Rücken abzugewinnen und ihm ein Entweichen nach Südwesten unmöglich zu machen, während das Gros der 3. Armee (XXII. Reservekorps und VIII. Korps) inzwischen die Umfassung im Westen vollendete und, südlich schwenkend, über die Linie Guncati (23 km südöstlich Grn. Milanovac) - Westrand Kragujevac vorstieß. Die 11. Armee hatte den Hauptstoß über Desimirovac - Bagrdan zu führen und mit dem linken Flügel östlich der Morava zur Umfassung auf Ćuprija auszuholen. Das Alpenkorps wurde hinter ihr im Morava-Tal nachgezogen. Die Gruppe Below, die noch bei Brza Palanka nördlich Negotin stand, sollte über Zlot nach Paraćin vorgeführt werden. Die bulgarische 1. Armee wurde angewiesen, mit der 6. und 8. Division die Linie Paraćin - Kruševac zu gewinnen, um an der bei Kragujevac erwarteten Entscheidung mitzuwirken und die Einkreisung des serbischen Heeres zu vollenden. Die 9. und 1. Division sollten im Anschluß daran ins Tal der südlichen Morava vordringen.

[362] XIX. Korps (3. Armee) kam aber nicht so schnell vorwärts, wie es die Heeresgruppe wünschte. Am 31. stand es noch mit dem Gros bei Grn. Milanovac, um die bei der schlechten Witterung in dem schwierigen Gelände zurückgebliebenen Landsturmtruppen aufschließen zu lassen. Auch sonst brachte der mit so großer Spannung erwartete 31. Oktober eine schmerzliche Enttäuschung. XXII. Reservekorps nahm in fortschreitendem Angriff die Höhen südlich Grn. Milanovac und drang mit dem linken Flügel bis Kutlovo vor. War es schon auffallend, daß der Gegner den Angreifer auf diesem Abschnitte so nahe an seine wichtigste Festung und sein einziges Arsenal herankommen ließ, so mußte der geringe Widerstand an der leicht zu verteidigenden Hauptfront der Festung im Norden noch mehr überraschen. Hier erreichte VIII. Korps unter nur leichten Kämpfen Desimirovac, III. Korps und bayerische 11. Division nahmen sogar die Werke von Desimirovac, Milatovac und Botunje und die daran anstoßenden Höhen ohne wesentliche Gegenwehr. 105. Division gelangte bis Brzan; 107. Division erreichte den Stari deo, während X. Reservekorps erst nach harten Kämpfen den Trivunova b. gewann.

Von Kragujevac schallten deutlich hörbar starke Detonationen herüber - der Feind sprengte seine Munitionsbestände und die Fabriken des Arsenals. Überall waren rückläufige Bewegungen zu erkennen. So wußte man bereits um Mittag des 31. im Hauptquartier, daß sich die stolzen Hoffnungen nicht erfüllen sollten. Die Serben hatten die ihnen drohende furchtbare Gefahr erkannt und suchten sich ihr durch schnellen Rückzug nach Süden zu entziehen. Nur auf ihrem rechten Flügel hielten sie sich noch krampfhaft, um ihrer vor den Bulgaren in südwestlicher Richtung zurückweichenden Ostarmee den Rücken frei zu halten. Die Heeresgruppe Mackensen stand vor einer neuen Lage.

Sofort wurde der Befehl zur schärfsten Verfolgung an beide Armeen erlassen. III. Korps sollte am 1. November Kragujevac nehmen und über den Lepenica-Abschnitt hinaus folgen, IV. Reservekorps mit der bayerischen 11. und der 105. Division auf dem westlichen Morava-Ufer nachstoßen. 107. Division wurde dem X. Reservekorps unterstellt, das den Befehl erhielt, östlich der Morava auf Ćuprija - Paracin nachzudrängen.

Am 1. November erreichten XIX. Korps Čačak, XXII. Reservekorps, ohne auf den Feind zu stoßen, die Höhen nordöstlich Čačak und Brnjica am Anfange des Gruža-Tales, anschließend daran VIII. Korps, gleichfalls ohne Kampf, Zabojnica - Südwestausgang von Kragujevac. Flieger meldeten die Gegend von Čačak und Požega frei vom Feinde, bei und in Kraljevo Stauungen von Trains, die anscheinend in südlicher Richtung weitermarschieren wollten. Am Abend stand der rechte Flügel der 11. Armee auf den Höhen südlich Kragujevac, das schon am frühen Morgen durch eine Abordnung der 7. Kompagnie des Reserve-Regiments 83 übergeben worden war. Dagegen stieß IV. Reservekorps in den Bergen des linken Morava-Ufers auf einen sehr zähen Widerstand, so daß es nur wenig [363] vorwärts kam; X. Reservekorps gelangte unter Kämpfen bis Rajkinac - Bojkovačko b. - Vojnik.

Die Gruppe Füllöp war inzwischen im Donau-Knie bis Brza Palanka vorgegangen, das am 27. Oktober ereicht wurde, und hatte sodann mit der Säuberung des Gebietes von den noch überall versprengten serbischen Abteilungen begonnen. Ende Oktober hatte sich auch Oberst v. Below mit seinem Detachement nach Negotin in Marsch gesetzt und am 2. November Salas südwestlich Negotin erreicht.

Das Gros des Alpenkorps gelangte am 1. November auf seinem Vormarsch durch das Morava- und Mlava-Tal nach Žabari und Rasanac (29 bzw. 26 km südlich und südöstlich Požarevac). Das Detachement im Pek-Tale war nach Besetzung des Kupferwerks Majdampek mit Teilen nach Krepolin und Zagubica weitermarschiert, von wo das bedeutende Kupferbergwerk von Bor besetzt werden sollte. Das Gros des Detachements suchte über Petrovac den Anschluß an den linken Flügel der 11. Armee.

Die bulgarische 1. Armee hatte in dem schwierigen Gebirgsgelände immer noch mit dem teilweise recht zähen Widerstande des nur langsam zurückweichenden Gegners zu kämpfen und kam daher auch nicht so schnell, wie es wünschenswert gewesen wäre, vorwärts. Am 31. Oktober erreichte sie die ungefähre Linie Osnic - Suman-Topla - Izvor - Vrandol und Dol an der Straße Pirot - Vlasotince. Die bulgarische 2. Armee sicherte mit der 11. (mazedonischen) Division bei Strumica auf den östlichen Höhen des Vardar-Tales. Die 5. Division sollte im Anmarsch von Köstendil nach Kumanovo begriffen sein, 3. Division in mehreren Gruppen in der Linie Vranje - Gnjilane - Varos mit der Front nach Norden stehen, um einen Durchbruch der Serben nach Süden zu verhindern. Die Lage wurde von der bulgarischen Heeresleitung durchaus günstig angesehen, zumal da die Angriffe der Franzosen gegen die Höhen südlich von Strumica in dem für sie ungewohnten Berglande lahm und nicht einheitlich geführt wurden.

Nachrichten aus Saloniki besagten, daß in der dortigen Gegend nun auch das griechische III., IV. und V. Armeekorps aufmarschiert seien. Dort treffe auch bereits die mobil gemachte Artillerie des I. und II. Armeekorps ein. Die Entente hoffe, daß die griechische Armee bald auf ihrer Seite in den Krieg eingreifen würde; dagegen herrsche in den Kreisen dieser Armee selbst und in der Bevölkerung die feste Überzeugung, daß Griechenland nicht aus seiner bewaffneten Neutralität heraustreten werde. Dafür stimmten auch weite, sonst Venizelos zuneigenden Kreise des Landes. Alle setzten in dieser Beziehung ihr Vertrauen auf den König.

Aus den letzten Meldungen hatte man im Hauptquartier Mackensens bereits den Eindruck, daß es der serbischen Führung nicht mehr möglich war, die Truppenverbände auseinanderzuhalten. Aus allen Gefangenenaussagen klang eine zunehmende Mutlosigkeit und wachsende Mißstimmung heraus. Der k. u. k. 62. Divi- [364] sion östlich Višegrad standen bis auf Teile eines serbischen Regiments nur noch montenegrinische Truppen gegenüber. Offenbar zog der Feind seine Kräfte bei Kraljevo - Krusevac - Aleksinac zusammen, um, wie Gefangene behaupteten, südlich dieser Linie von neuem Widerstand zu leisten. In den Tälern, namentlich bei Ćuprija, Stalać und Nisch, stauten sich, wie Flieger beobachteten, Kolonnen, Trains und Eisenbahnzüge zusammen, um einen Abfluß nach Süden und Südwesten zu suchen. Das Handeln der Heeresgruppe ergab sich von selbst: rücksichtsloseste Verfolgung auf allen Fronten!

Die Serben aber wehrten sich weiter verzweifelt an den entscheidenden Punkten, um ihren Kolonnen Zeit für den Rückzug in die wenigen Eingangspforten des unwegsamen Gebirges zu verschaffen. Dazu mußten sie besonders auch den von Čačak her vordringenden Verbündeten den Einbruch in das Tal der westlichen Morava verwehren. So stieß das k. u. k. XIX. Korps auf den steil aus dem Tale ansteigenden Höhen südlich Čačak auf zähen Widerstand. Weiter östlich suchte XXII. Reservekorps in gewohntem Drange nach vorn die Straße Čačak - Kragujevac zu gewinnen, um von dort in das Morava-Tal einzuwirken. Es gelang auch, die Straße zu erreichen, dann aber stieß der rechte Flügel auf sehr starken Widerstand bei Tavnik, den er vorderhand nicht brechen konnte. Der linke Flügel warf nach schwerem Kampf den Gegner im Tale der Gruža zurück. Noch hartnäckiger waren die Kämpfe in dem bewaldeten Berglande, das sich südlich Kragujevac nach Osten hin zum Tal der östlichen Morava erstreckt, von vielen Wasserläufen durchschnitten wird und nur wenig brauchbare Straßen besitzt. So kam VIII. Korps im Kampfe mit feindlichen Nachhuten am 2. November nur einige Kilometer vorwärts. Auch die 11. Armee gewann nur wenig Gelände. Man hatte den Eindruck, daß starke Abteilungen in guten, befestigten Stellungen der Armee dicht gegenüberständen. Östlich der Morava leisteten die Serben, wie bereits erwähnt, dem angreifenden X. Reservekorps verzweifelten Widerstand und griffen sogar den linken Flügel des Korps mit starken Kräften an. Nur mit Mühe konnte sich dieser ihrer erwehren. Das Alpenkorps erreichte Svilajnac im Morava-Tale und sollte auf das westliche Ufer zur 11. Armee herangezogen werden.

Die bisher eingebrachte Beute war ansehnlich: 55 Offiziere, 11 937 Mann fielen den Deutschen, 10 Offiziere, 3324 den österreichisch-ungarischen Truppen als Gefangene zu. Außerdem wurden 36 Feld-, 4 schwere Geschütze, 18 Maschinengewehre, viele Gewehre, Munition, Fahrzeuge und Sanitätsausrüstung, dazu eine große Anzahl veralteter Geschütze aller Kaliber, viel Material und große Mengen Kupfer und Messing erbeutet.


Von Kragujevac bis zur westlichen Morava.

Am 2. November gab die Heeresgruppe die ersten einleitenden Befehle für die vorgreifende Verfolgung in das Gebirge südlich der westlichen Morava aus. Die [365] Gruppe Sorsich wurde angewiesen, über Požega im Morava-Tal auf Ivanjica vorzugehen. Zum Schutze ihrer rechten Flanke sollte das bereits nach Užice entsandte Detachement Reinöhl durch zwei noch zurückbleibende Landsturm-Brigaden des XIX. Korps verstärkt werden. XIX. Korps hatte zwei weitere Brigaden durch das Gebirge gleichfalls auf Ivanjica in Marsch zu setzen, mit den beiden übrigen von Čačak vorzustoßen. Gegen diesen Ort wurden auch zwei Divisionen des XXII. Reservekorps angesetzt, während die dritte durch das Gruža-Tal östlich von Kraljevo ins Morava-Tal eindringen sollte. VIII. Korps hatte den Angriff des III. und IV. Reservekorps durch Umfassung der linken Flanke des Gegners zu unterstützen.

Die k. u. k. 62. Division stand an den folgenden Tagen im lebhaften Kampfe mit den Montenegrinern an der Sucha Gora, doch gelang es ihr, nicht nur alle Angriffe des Feindes unter schweren Verlusten für ihn abzuweisen, sondern auch etwas Gelände nach Süden zu gewinnen. Die Gruppe Sorsich erreichte am 3. November die Gegend von Požega. Aus Užice (Detachement Reinöhl) wurde die Verbindung mit der 62. Division aufgenommen. Bis zum 5. November erreichte Sorsich Stupčevići. Der Feind zog sich zurück.

Unterdessen war XIX. Korps am 3. November bei Čačak durch weit überlegene feindliche Kräfte, unter denen auch fünf montenegrinische Bataillone auftraten, angegriffen worden. Die Lage des Korps wurde zeitweise so schwierig, daß der linke Flügel zurückgenommen werden mußte. Die Angriffe gegen diesen Flügel wiederholten sich auch am Morgen des 4.; dann aber begann der Feind nach Süden abzubauen. 10. Gebirgs- und 17. Landsturm-Gebirgs-Brigade drängten auf Zivica nach, während 20. und 21. Landsturm-Gebirgs-Brigade in südlicher Richtung von Čačak mit Vortruppen bis Banjica und Zablace folgten. Hier setzte sich der Feind aber wieder fest und wich erst am 5. nach neuen heftigen Kämpfen.

Der rechte Flügel des XXII. Reservekorps kam auch am 3. und 4. November bei dem zähen Widerstande des die Höhen bei Tavnik haltenden Gegners nur wenig vorwärts. Dagegen drang 43. Reserve-Division im Gruža-Tale flott vor, stand am 4. nur noch wenige Kilometer vom Talausgange entfernt und feuerte am 5. November bereits mit schweren Haubitzen auf den Bahnhof von Kraljevo, wo noch reger Zugverkehr herrschte. Dadurch erhielt auch der rechte Flügel Luft. Am 5. stand er nordwestlich Kraljevo im Kampfe mit dem geschickt auf das südliche Morava-Ufer ausgewichenen Feinde. Am Nachmittage gelang es der 85. Reserve-Brigade (43. Reserve-Division), die Morava wenige Kilometer östlich Kraljevo zu überschreiten. Am Abend lag sie im hartnäckigen Kampfe mit dem den Eisenbahndamm haltenden Feinde.

VIII. Korps näherte sich nach leichten Kämpfen am 5. November gleichfalls dem Talrande der Morava; der beabsichtigten Umfassung seiner linken Flanke hatte sich der der 11. Armee gegenüberstehende Gegner rechtzeitig entzogen. Trotz- [366] dem war diese Armee am 4. und 5. wiederum auf größeren Widerstand gestoßen. Am Abend stand III. Korps auf den südlichen Talhöhen des Zupanjevačka-Abschnittes, daran anschließend IV. und X. Reservekorps über Obrež bis nach Izvor. Fliegermeldungen bestätigten den Rückzug des Feindes von Kraljevo und Kruševac in südlicher und südwestlicher Richtung in das unwirtliche Gebirge.

Die Gruppe Below erreichte am 3. November Rgotina und am 4. Zlot. Sie wurde vorübergehend der bulgarischen 1. Armee unterstellt. Das Seitendetachement aus dem Pek-Tale hatte von Zagubica aus das Kupferbergwerk von Bor besetzt, wo tags vorher schon eine bulgarische Kompagnie eingetroffen war. Die übrigen Teile des Detachements wurden wieder zum X. Reservekorps herangezogen (S. 363). In Bot hatten die Serben das Bergwerk unter Wasser gesetzt. Deutsche Bergwerksingenieure waren aber bereits unterwegs, es wieder in Betrieb zu setzen. Die Gruppe Füllöp hatte bei der Säuberung im Donau-Knie Zusammenstöße mit serbischen Banden, die hierbei recht erhebliche Verluste erlitten.

Auch vor der bulgarischen Front begann nunmehr der zähe Widerstand der Serben nachzulassen. Am 4. November erreichte der rechte Flügel der bulgarischen 1. Armee Lukovo - Sesalac - Okonica-Höhe (1090 m), ihre Mitte das Becken von Nisch, wo sie nach harten Kämpfen die Nord- und Nordostfront der Vorstellungen der Festung nahm. Teile der 1. Division waren währenddessen unter heftigen Kämpfen an der Straße Pirot - Nisch bis halbwegs Nisch vorgedrungen. Der größere Teil der Division ging gegen Leskovac vor und näherte sich Vlasotince. Von der bulgarischen 2. Armee stand das gleichfalls auf Leskovac entsandte Detachement am 4. etwa 14 km südlich der Stadt beiderseits Garinja. Immer enger schlossen sich die verbündeten Armeen zusammen.

Am 5. November drang der rechte Flügel der bulgarischen 1. Armee bis Krivivir und Soko Banja vor. Von Krivivir wurde ein Regiment zur unmittelbaren Fühlungnahme mit den Deutschen nach Paraćin entsandt. Am gleichen Tage besetzten 9. und Teile der 8. Division Nisch, die von den Serben geräumte zweite Hauptstadt des Landes. Dagegen kamen die auf Vlasotince angesetzten Teile der 1. Division nur langsam vorwärts, weil die Serben die bedrohte Flanke ihrer nach Südwesten zurückweichenden Armee zu decken suchten. In Nisch hatten sie alles irgend noch verwendbare Kriegsgerät unbrauchbar gemacht, vor allem aber die Magazine vernichtet, ein für die Bulgaren in Anbetracht ihres mangelhaften Verpflegungs- und Nachschubwesens sehr empfindlicher Verlust. Im übrigen erbeuteten diese in Nisch eine große Anzahl von Geschützen, darunter 40 Festungsgeschütze, und etwa 700 brauchbare Eisenbahnwagen. Auch die Bulgaren berichteten von zunehmender Auflösung bei den Serben.

Aus seinen bisherigen Wahrnehmungen und der Kenntnis des Landes glaubte der bulgarische Generalstabschef darauf schließen zu müssen, daß sich die Serben nach dem Gebirgsrücken des Kopaonik nördlich Mitrovitza zurückziehen [367] würden, was aber die völlige Auflösung des serbischen Heeres bedeuten werde. Ein von den Österreichern aufgefangenes serbisches Funkentelegramm schien dies zu bestätigen. Danach wurde Verpflegung und Truppenhilfe von der Entente nach Montenegro erbeten, wohin der Rückzug des serbischen Heeres erfolgen werde. Die bis zum 5. November eingegangenen Mitteilungen des bulgarischen Generalstabschefs besagten ferner, daß die Kämpfe mit den Ententetruppen südlich Strumica weiter andauerten. Aber auch jetzt seien alle Angriffe wieder abgewiesen worden, ebenso wie die Vorstöße der zu Beginn der Operationen in Südserbien zurückgegangenen serbischen Truppen an der Straße Prilep - Veles. Zu einem eigenen entscheidenden Angriffe gegen diese reichten die bulgarischen Kräfte nicht aus. Wohl könnten die bei Strumica stehenden Truppen unschwer durch die im Struma-Tale stehenden zwei bulgarischen Divisionen verstärkt werden, doch verböte sich dies wegen der außerordentlich großen Schwierigkeit des Nachschubes, der jetzt kaum für Strumica ausreiche. Auf die Bitte der Bulgaren sicherte daher die Heeresgruppe die Überführung einer deutschen leichten Kraftwagenkolonne dorthin zu.

Nunmehr machte sich auch der Erfolg des siegreichen Vordringens in Serbien für die Türkei geltend. Am 5. November trafen drei Schlepper mit Munition für sie auf der Donau in Sistov und Ruščuk ein. Auch auf die rumänische Regierung hatte er einen nachhaltigen Eindruck gemacht. Sie beeilte sich, die noch auf der Donau liegenden russischen Kriegsschiffe zu entwaffnen und die Besatzung zu internieren.

Der Heeresgruppe kam es zunächst darauf an, einen großen Erfolg gegen die noch nördlich Kraljevo - Krusevac - Aleksinac stehenden feindlichen Kräfte, die sich vor der 11. und der bulgarischen 1. und 2. Armee zusammenballten, zu erzielen. Dazu sollte XXII. Reservekorps im Tale der westlichen Morava in das Gewirr von Trains und Truppen hinein vorstoßen und der serbischen Armee den Weg nach Süden versperren. Das noch zurückgebliebene VIII. Korps hatte aufzuschließen. Die Ereignisse aber nahmen einen schnelleren Verlauf. Die Gruppe Sorsich vertrieb am 6. November den Feind von den Höhen bei Gracina. Auch vor dem XIX. Korps wich der Feind zurück, so daß das Korps mit seinem rechten Flügel Zivica, mit dem linken den Vis südlich Čačak und im Morava-Tal Samaila erreichte. Vom XXII. Reservekorps stürmte die 43. Reserve-Division mit dem III. Bataillon des Reserve-Regiments 201 und dem Jäger-Bataillon 15 Kraljevo. In schwerem Straßenkampfe wurden alle Versuche des Gegners, die Deutschen wieder aus dem Ort zu treiben, abgewiesen. Gegen Mittag war die Stadt fest in ihrer Hand, wobei 130 Geschütze und viel Munition erbeutet wurden. Die Division stieß weiter vor und stand am Abend im Halbkreis um Kraljevo. Weiter nordwestlich stürmte die 26. Division den Morava-Übergang bei Miločay, kämpfte aber noch am Abend gegen den die Straße Čačak - Kraljevo haltenden Feind. 44. Reserve-Division überschritt die Morava zwischen der 26. und 43. Divi- [368] sion nördlich Kraljevo. VIII. Korps erreichte das Morava-Tal bei Stubal, III. gelangte bis Milatovac - Zalogovac. IV. Reservekorps hatte in der Nacht zum 6. durch Überfall Varvarin genommen, warf dann im schnellen Vorstoß weiter südlich stehende Kräfte und erreichte dicht nördlich Kruševac das Morava-Tal. X. Reservekorps gelangte nach Stalać und hatte seinen linken Flügel gegen die vor den Bulgaren zurückweichenden Serben stark nach rückwärts gestaffelt. Allein der 5. November hatte der 11. Armee 3000 Gefangene eingebracht, darunter ein geschlossenes Bataillon mit seinem Kommandeur. Gleichzeitig wurden aber auch zahlreiche Zivilpersonen festgenommen, die zweifellos entlaufene oder erst kürzlich entlassene Soldaten waren.


Verfolgung durch das Gebirge.

Die einlaufenden Meldungen ließen deutlich erkennen, daß der Gegner mit seinen Hauptkräften bereits in das Gebirge südlich und südwestlich Kraljevo - Kruševac - Aleksinac eingetreten war. Jetzt galt es, ihn durch die bereits eingeleitete überholende Verfolgung und ein konzentrisches Nachdrängen von Norden und Osten im Gebirge abzuschneiden und zu vernichten. Hierzu sollte die k. u. k. 62. Division mit dem Detachement Reinöhl gegen die Montenegriner sichern, wozu Reinöhl von Užice aus auf Nova Varoš vorzugehen hatte. XIX. Korps wurde angewiesen, gemeinsam mit der Gruppe Sorsich auf Ivanjica vorzustoßen. XXII. Reservekorps hatte den noch vor ihm haltenden Feind ins Gebirge zu werfen und die Verfolgung beiderseits der Straße Kraljevo - Raška auf Novipazar fortzusetzen, das über Rugjinci vorgehende VIII. Korps die Hand auf die Straßengabeln bei Brus und Blaževo zu legen. Die 11. Armee sollte mit einer Division des X. Reservekorps bis Aleksinac nachstoßen, um dem vor der bulgarischen 1. Armee zurückweichenden Feinde den Rückzug zu verlegen. Mit den übrigen Divisionen hatte das Korps nach Aleksandrovac vorzugehen. III. Korps und IV. Reservekorps sowie das südlich Kragujevac eingetroffene Alpenkorps waren bis zur Straße Počekovina - Krusevac vorzuziehen. Die weitere Verwendung dieser Korps wollt sich die Heeresgruppe vorbehalten.

Die bulgarische 1. Armee erhielt die Weisung, mit dem rechten Flügel über Kruševac nach Kuršumlija vorzugehen, die Mitte war auf Prokuplje, die linke Flügeldivision auf Leskovac anzusetzen, um möglichst viele Teile des Feindes noch an der südlichen Morava abzuschneiden und dann die Verfolgung der nach Südwesten entkommenen Abteilungen in Richtung Novipazar - Mitrovica fortzusetzen. Vor allem aber war ein Durchbrechen serbischer Kräfte nach Süden über die Linie Priština - Vranje zu den Ententetruppen zu verhindern. Das war nicht zum wenigsten die Aufgabe der bulgarischen 2. Armee mit ihren südlich und südöstlich von Priština stehenden Teilen, die auch bereits ein Detachement auf Priština entsandt hatten, das freilich nur langsam vorwärts kam, da für die Truppen erst neue Wege angelegt werden mußten. Einfach war die Lage dieser Armee [369] nicht: nach Norden sollte sie gegen die südwärts strebenden Teile der serbischen Hauptarmee sichern und nach Süden bei Prilep - Gradsko - Valandovo die Angriffe der Serben und Franzosen abwehren. Ein Glück, daß beiden eine große Tatkraft nicht innewohnte.

Die verfolgenden Armeen traten jetzt in ein ausgesprochenes Hochgebirge mit dem jähen Wechsel zwischen niedrigeren Höhen, höchsten Erhebungen und steilen Felswänden. Wo sich Humus zeigte, war es Lehmboden, der bei schlechtem Wetter das Fortkommen der Truppe außerordentlich erschwerte. Ein unwirtliches Gebirge mit tief eingeschnittenen Tälern, worin sich, wie die Fliegerbilder deutlich erkennen ließen, die serbischen Kolonnen und Trains im Rückzuge nach Südwesten zusammendrängten und stauten. Die wenigen durchführenden Straßen waren zwar für alle Waffen brauchbar, aber nicht leistungsfähig und durch die serbischen Trains und Truppenfahrzeuge stark zerfahren. Schwere Artillerie kam nur mit starkem Ochsenvorspann langsam vorwärts. Seitwärts der Straße gab es nur Saumpfade, die lediglich von Truppen mit Gebirgsausrüstung zu benutzen waren. Aber selbst die Tragtiere konnten die Munition und Verpflegung in dem jetzt völlig aufgeweichten zähen Boden kaum noch nachführen. Die wenigen Vorräte des schwach bevölkerten Landes hatten die Serben aufgezehrt. Die Bevölkerung zeigte sich stark eingeschüchtert und verhielt sich ruhig.

Die serbische Führung leitete den Rückzug trotz der äußerst schwierigen Lage mit anerkennenswertem Geschick. Sie setzte auf den Flügeln zähesten Widerstand entgegen, um Zeit für den Abfluß der Trains und des Gros zu gewinnen. Dabei kam ihnen das besonders unwirtliche und wegearme Gebirgsmassiv südlich Čačak und Kraljevo trefflich zustatten. So geriet auch das bisher recht flotte Vordringen der nunmehr dem XIX. Korps unterstellten Gruppe Sorsich nach der Einnahme von Ivanjica (8. November) ins Stocken. Am 10. stand Sorsich auf den Höhenkämmen (1193 m) südlich von Ivanjica. Die Mitte des XIX. Korps erreichte nach beschwerlichem Vormarsche den westlichen Höhenrücken des Smrčak in Höhen bis zu 1500 m. Sie hatte auf Befehl der Heeresgruppe die 10. Gebirgsbrigade auf Ušće abgezweigt, um dort die Straße zu verlegen. Die Brigade kam aber quer durch das unwegsame Hochgebirge und unter heftigen Kämpfen nur langsam vorwärts. Auch die linke Kolonne des Korps gewann im Vormarsch von Samaila gleichfalls nur langsam Gelände. Am 10. November waren ihre beiden Brigaden (20. und 21. Landsturm-Gebirgs-Brigade) noch weit zurück bei Kaona. Auch XXII. Reservekorps erzwang sich erst am 11. nach heftigen Kämpfen die Zugänge in das Ibar- und Ribnica-Tal südlich Kraljevo. VIII. Korps hatte zwar am 7. eine Division über die hochangeschwollene Morava geführt und einen Brückenschlag mit Behelfsmitteln bei Trstenik begonnen, stieß aber dabei auf große Schwierigkeiten, so daß der weitere Übergang nur sehr langsam vonstatten ging. Vorgeschobene Abteilungen erreichten am 10. No- [370] vember die bis zu 1251 m aufragenden Höhenkämme südlich Rugjinci. Sie hatten keinen Feind sich gegenüber.

Weit günstiger lagen die Verhältnisse bei der 11. Armee. Dort hatte auch III. Korps am 7. das Morava-Tal erreicht. IV. Reservekorps rückte am Morgen dieses Tages mit dem Regiment 129 in Kruševac ein und machte 7000 Gefangene. Außerdem fielen den Deutschen 103 Geschütze aller Kaliber und Nationalitäten, Maschinengewehre, ungeheure Mengen Munition, 42 neue fahrbare englische Backöfen, sonstige Vorräte, Werkstätten mit modernen Maschinen für die Herstellung von Geschossen und für Geschützausbesserungen sowie viel rollendes Eisenbahnmaterial als Beute in die Hände, - die Serben hatten ihre letzten Hilfsquellen für die Kriegführung eingebüßt.

X. Reservekorps erreichte gleichfalls am 7. Kruševac und mit der 103. Division am 9. November ohne besondere Kämpfe Aleksandrovac. Die im Rasina-Tale vorgehende 107. Division hatte dagegen täglich Zusammenstöße mit feindlichen Nachhuten, kam aber trotzdem gut vorwärts. Am 10. standen beide Divisionen in der Linie Parćin - Höhen nördlich Zlatari. 101. Division war zunächst bis Kruševac gefolgt und hatte von dort in südlicher und südöstlicher Richtung Detachements nach Petina und Kaonik entsandt, die hier am 10. eintrafen, wobei um Petina Kämpfe entbrannten. Da immer noch feindliche Kräfte zwischen ihr und der bulgarischen1. Armee standen, war bereits am 7. November ein Regiment ins Morava-Tal vorgegangen, das nordwestlich Ljubes mit starkem Feind in Kampf geriet, bis dieser am 10. seine Stellungen räumte.

So standen die 3. und 11. Armee am 10. November südlich Ivanjica - Gebirgseingänge bei Kraljevo - Höhen südlich Aleksandrovac - Kaonik. Leider blieb aber der erwartete Druck der bulgarischen 1. Armee von Osten her völlig aus.

Diese hatte am 7. November Vukasinovac (südöstlich Stalać) - Aleksinac - Cečina (südlich Nisch) erreicht, wurde aber an der Morava infolge Mangels an Brückentrains aufgehalten. Erst am 10. überschritten Teile der 6. Division den Fluß bei Aleksinac. Auch die 9. Division schob an diesem Tage Truppen über eine bei Cečina entdeckte Furt vor. Beide stießen auf dem jenseitigen Ufer sogleich wieder auf serbischen Widerstand. Die 1. Division hatte dagegen am 8. November Leskovac erreicht, die Morava also bereits überschritten. Bisher war die Verbindung der Heeresgruppe mit der bulgarischen Armee recht mangelhaft gewesen. Die nunmehrige Annäherung der beiden Armeen erlaubte es jetzt, ständige Nachrichtenoffiziere der Heeresgruppe und der 11. Armee zu ihr zu entsenden. Auch die Flieger konnten nunmehr Aufschlüsse über das Vordringen der Bulgaren geben.

Bedenklich lauteten jetzt aber die Mitteilungen des bulgarischen Generalstabschefs über die Lage an der mazedonischen Front der bulgarischen 2. Armee. Die ihr gegenüberstehenden englisch-französischen Kräfte verstärkten sich dauernd und sollten vor allem sehr reichlich mit Maschinengewehren und Artillerie, ins- [371] besondere auch schweren Kalibers, ausgestattet sein. Die Heeresgruppe erklärte sich daher zur Abgabe einer Brigade der 1. bulgarischen Division an diese Front bereit.

Nach den letzten Erkundungsergebnissen strebten die Serben dem Amselfelde (Kosovo-Polje) zwischen Mitrovica und Priština zu, wohl um von dort nach Südosten zu den Ententetruppen durchzubrechen, oder, falls dies mißlang, nach Albanien und Montenegro auszuweichen. Der Durchbruchsversuch hatte größere Wahrscheinlichkeit. Die von Üsküb auf Priština entsandte bulgarische Brigade der 5. Division war bereits in schwere Kämpfe verwickelt und hatte dabei bedeutende Verluste erlitten. Sie wurde daher von der bulgarischen Heeresleitung schleunigst noch durch die 3. Division, eine zweite Brigade der 5. Division und eine Kavallerie-Brigade verstärkt. Auch sollte die der bulgarischen 1. Armee angehörige 8. Division, die z. Z. bei Aleksinac stand, noch nach Mazedonien gezogen werden, womit sich Mackensen einverstanden erklärte. Da die schwere Artillerie der 6. bulgarischen Division nicht in das Gebirge hätte folgen können, gab die Heeresgruppe auch sie für die mazedonische Front frei und setzte sogar deutsche schwere Artillerie über Nisch dorthin in Marsch. Sie wies aber darauf hin, daß der Gefahr eines Durchbruches der Serben nach Südosten am besten durch eine rücksichtslose Verfolgung auf Priština begegnet würde, wozu 6., 9. und 1. bulgarische Division im scharfen Nachdrängen auf Mitrovica und Priština bleiben müßten.

Mit dem Verlust des Arsenals in Kragujevac, von Nisch, Kruševac und der letzten Eisenbahnverbindung im Verein mit den ungeheueren Verlusten in den vorhergegangenen Kämpfen war die Kraft des serbischen Heeres gebrochen. Zur Verfolgung ins Gebirge und für die etwaigen weiteren Operationen gegen die Serben genügten geringere Kräfte. Es war ja auch ganz unmöglich, dort so große Massen ohne nahe heranführende Bahnen mit Munition und Verpflegung zu versorgen, ganz abgesehen davon, daß die verfügbaren Vormarschwege für die Bewegung eines großen Heeres nicht ausreichten. Als Eisenbahnendpunkte kamen aber vorläufig nur Kragujevac und Stalać (nordöstlich Kruševac) in Betracht. So stellte die Heeresgruppe bereits am 7. November der Obersten Heeresleitung, die jeden entbehrlichen Mann dringend brauchte, die 6., 11. bayerische und 26. Division zur Verfügung. Auch das Luftschiff "L. Z. 81", das ihr seit dem 2. November in Temesvar zur Verfügung stand, aber eine zweckmäßige Verwendung nicht finden konnte, trat wieder zurück.16 Die Stelle der 26. Division beim XXII. Reservekorps nahm nunmehr das bei Kraljevo stehende Alpenkorps ein, zu dem inzwischen auch wieder die Gruppe Below gestoßen war. Die Generalkommandos des III. Korps und IV. Reservekorps blieben mit der 25. Reserve-Division und der 105. Division zunächst noch zur Verfügung der Heeresgruppe im westlichen Morava-Tal.

[372] Der österreichische Generalstabschef, Generaloberst v. Conrad, befürchtete, ähnlich wie die Bulgaren, einen Durchbruch der Serben zur Entente. Er schrieb am 9. November, anscheinend hätten die verfolgenden Armeen die Fühlung mit dem in Richtung Novipazar - Priština zurückgehenden Gros der serbischen Armee verloren. Der Vorsprung des serbischen Gros werde immer größer werden, weil die konzentrisch aus den Tälern der westlichen und südlichen Morava auf Novipazar und Priština angesetzte Verfolgung über schwer gangbare und verkehrsarme Gebirge führe, in denen stärkere feindliche Nachhuten einen sehr nachhaltigen Widerstand zu leisten vermöchten. Bei der vorgeschrittenen Jahreszeit sei außerdem ein baldiger Schneefall im Gebirge zu erwarten, der wiederum auf die Verfolgung verzögernd wirken würde. Diese Verhältnisse kämen dem erwähnten Durchbruchsgedanken der Serben sehr zustatten, der, wenn er gelang, eine sichere Basierung der späteren serbischen Operationen auf Saloniki versprach. Für den Durchbruch käme die allgemeine Richtung Priština - Veles in Betracht, und zwar würde voraussichtlich die serbische Führung das Gros auf dem Kosovo Polje (Amselfeld) zusammenziehen, um dann unter Deckung der Flanke und des Rückens gegen die Linie Kalkandelen - Üsküb - Kumanova vorzubrechen. Das hierbei zu durchziehende Gebiet sei im allgemeinen gangbar. Generaloberst v. Conrad schätzte das serbische Gros auf 150 000 Gewehre gegen 32 000 Bulgaren der Nordgruppe der bulgarischen 2. Armee, die sich auch nicht aus der südlichen, der Entente gegenüberstehenden Gruppe dieser Armee verstärken ließ. Conrad trat daher sehr bestimmt und immer wieder dafür ein, daß die entbehrlich gewordenen deutschen Divisionen zwischen Leskovac und Nisch bereitgestellt werden sollten, um binnen kürzester Zeit in etwaige sich zwischen Priština und Üsküb entwickelnde Kämpfe einzugreifen. Er schloß mit der Bemerkung: "Unser Ziel im jetzigen Balkankriege muß es nebst der Niederwerfung Serbiens sein, die Entente bei allen Balkanstaaten völlig zu diskreditieren. Ehe wir anderswo positiven Aufgaben nachgehen können, scheint mir das volle und sichere Erreichen dieses Zieles entscheidend, weil wir nur dadurch einen Anschluß Griechenlands und Rumäniens an unsere Feinde und einen daraus entstehenden Umschwung der Gesamtlage hindern können."

General v. Falkenhayn hielt aber eine solche Verwendung deutscher Divisionen im Süden von Serbien so lange für ausgeschlossen, als die Eisenbahn von Pirot und Belgrad noch nicht bis Nisch wiederhergestellt war, weil es ohne sie unmöglich wurde, diese Truppen noch neben den bulgarischen zu verpflegen und dauernd mit Munition zu versehen. Mußten doch jetzt schon die herausgezogenen Division ihre gesamte Gebirgsausrüstung und alle leichteren Trains, soweit sie sich irgend zur Verwendung auf Gebirgswegen eigneten, an die verfolgenden Divisionen abgeben, um diese in die Lage zu versetzen, im Hochgebirge weiter vorzudringen. Falkenhayn bezeichnete auch Conrad gegenüber die rücksichtslose, unermüdliche Verfolgung durch die hierzu angesetzten Divisionen ohne zeit- [373] raubende Verschiebungen, um den Serben gar nicht die Zeit zu lassen, sich auf dem Amselfelde zu sammeln, als bestes Mittel zur Vernichtung des serbischen Heeres. Die aus der Front gezogenen deutschen Divisionen aber verlegte er nach dem reicheren nördlichen Serbien und nach Ungarn, um sie, die ohne genügende Ausrüstung für die Eigentümlichkeiten des serbischen Kriegsschauplatzes die Hauptlast des Feldzuges getragen hatten, bis zur anderweitigen Verwendung in guten Unterkünften ausruhen zu lassen. Auch der politische Gesichtspunkt, Rumänien immer wieder das Bereitstehen deutscher Kräfte nahe seiner Grenze vor Augen zu führen, hat hierbei mitgespielt.

Schon die Verwendung des Alpenkorps auf dem serbischen Kriegsschauplatze hatte nicht dem Wunsche Conrads entsprochen, der es in der Richtung Valjevo oder Užice bei der k. u. k. 3. Armee eingesetzt wissen wollte, um den serbischen linken Flügel fest anzufassen, was aber Falkenhayn mit der unbedingten Notwendigkeit der schnellen Öffnung des Donau-Weges (Seite 347) widerlegte. Jetzt trat die Meinungsverschiedenheit beider immer schärfer hervor, zumal Conrad es als eine Verletzung der im Herbst getroffenen Vereinbarungen bezeichnete, wenn die deutsche Oberste Heeresleitung ohne vorheriges Einverständnis der Verbündeten Divisionen aus dem serbischen Unternehmen herauszöge. Der Schlußsatz seines Schreibens vom 9. November zeigte seine Ziele, die in der nächsten Zeit noch klarer umrissen werden sollten, denen aber Falkenhayn nicht ohne weiteres folgen zu können glaubte.

Die durch die einlaufenden Nachrichten gestützte Vermutung, daß die Hauptrückzugslinie der Serben auf Priština gerichtet war, und das Zurückbleiben der bulgarischen 1. Armee machten eine teilweise Neuregelung der Vormarschstraßen nötig. Am 10. November bestimmte daher die Heeresgruppe als Trennungslinie für das X. Reservekorps17 gegen die k. u. k. 3. Armee die Linie Trstenik - Mećkara - Madljika-Höhe und gegen die bulgarische 1. Armee die Linie Ljubes - Ribare - Kuršumlija. Daraus ergaben sich die Vormarschstraßen, wobei die deutsch-österreichischen Kräfte auf Sjenica - Novipazar - Mitrovica, die bulgarische 1. Armee auf Mitrovica - Priština angesetzt wurden, um, falls die Serben auf dem Amselfelde standhalten sollten, beiderseits umfassend gegen sie einzuschwenken. Gelang es den südlich Priština stehenden Teilen der bulgarischen 2. Armee, den zu erwartenden Anprall starker serbischer Kräfte auszuhalten, und blieben die Verbündeten dem Gegner unausgesetzt hart auf den Fersen, so stand zu hoffen, daß das serbische Heer vernichtet wurde. Nur Trümmer konnten sich dann durch eilige Flucht unter völliger Preisgabe der Artillerie und der gesamten Trains in die unwegsamen Berge Montenegros retten. Daher drängte auch die Heeresgruppe unablässig vorwärts, obwohl sie keineswegs die ungeheuren Anstrengungen unterschätzte, die sich den vorwärts hastenden Truppen in diesem [374] Gebirgslande auf grundlosen Wegen und steilen Saumpfaden unter rasch zunehmenden Verpflegungsschwierigkeiten entgegenstellten. Schnelligkeit war jetzt das einzigste Mittel, möglichst viel Teile des serbischen Heeres abzuschneiden und die ihm drohende Vernichtung um so größer und nachhaltiger zu gestalten. Zeigten sich doch die Spuren der Auflösung im serbischen Heere immer deutlicher. Täglich stieg die Zahl der Gefangenen und der preisgegebenen Geschütze; schon bei Kraljevo hatte man viele kräftige Männer mit ganz neuen amtlichen Ausweisen über ihre Dienstuntauglichkeit aufgegriffen; ein Beweis, daß die serbische Führung alles unauffällig abzuschieben suchte, was nicht mehr zu retten war, um so die Verpflegungsstärke des Heeres, das sie nicht mehr zu erhalten vermochte, zu verringern.

Bei dem durch das konzentrische Vorgehen verursachten Zusammenschieben der Armeen wurde voraussichtlich auch die 6. bulgarische Division bald für die Verstärkung der mazedonischen Front frei, was nur erwünscht sein konnte. Auch ergab die jetzige Vormarschrichtung der Armeen eine gute Ausgangslage für etwa daran anschließende Operationen gegen die Ententetruppen, indem die bulgarische 1. Armee mit den südlich Priština stehenden Teilen der bulgarischen 2. Armee (9., 1., 3., 7. Division), verstärkt durch das deutsche XXII. Reservekorps und Alpenkorps, über Üsküb vorstoßen, den Rest der bulgarischen 2. Armee mit den übrigen deutschen Divisionen über die Linie Kumanovo - Stip - Strumica angreifen konnten.

Am 12. November gelang es der 62. Division, die ihr in stark befestigter Stellung gegenüberstehenden Montenegriner nach Süden gegen das Lim-Tal zurückzuwerfen. Auch die Gruppe Reinöhl stieß von Užice in südlicher Richtung vor. Das XIX. Korps zog seine Hauptkräfte bei Ivanjica zusammen und drängte auf der Straße nach Javor, an der sich der Gegner immer wieder zu hartnäckigem Widerstande setzte, vor. Das XXII. Reservekorps drang unter fortgesetzten Kämpfen im Ibar- und Ribnica-Tal vorwärts. Das Alpenkorps war inzwischen herangekommen und folgte in beiden Tälern nach. VIII. Korps kam nach endlich bewirktem Brückenschlage bei Trstenik flotter vorwärts, obwohl auch ihm gegenüber wieder Feind auftrat. Am 13. erreichte es unter Kämpfen die Linie Ploča - Brus.

Auch X. Reservekorps kam nur langsam vorwärts, da der Gegner an der Straße Zlatari - Kuršumlija erbitterten Widerstand leistete, um die Hauptstraße Prokuplje - Kuršumlija - Priština für den Rückzug seiner noch weiter östlich befindlichen Kräfte frei zu halten. Die 101. Division hatte auf Veranlassung der Heeresgruppe inzwischen die in Petina und Kaonik stehenden Detachements (S. 370) nach Ribare vorgesandt, um die Verbindung mit dem rechten Flügel der bulgarischen 1. Armee aufzunehmen. Die Division folgte. Als am 11. November durch Flieger festgestellt wurde, daß sowohl südwestlich Aleksinac (6. bulgarische Division) wie auch bei Cokot südwestlich Nisch (9. bulgarische Division) noch [375] Kämpfe stattfänden, befahl die Heeresgruppe der 101. Division, nach Prokuplje vorzustoßen, um die den Bulgaren noch gegenüberstehenden serbischen Streitkräfte abzuschneiden. Am Grebac stieß sie am 12. auf Feind, den sie angriff. Trotz Erfolges kam sie aber auf den grundlosen Wegen nur wenig vorwärts.

Die Serben hatten die Schwierigkeiten der Bulgaren beim Überschreiten der stark angeschwollenen Morava wohl erkannt. In ihren Stellungen auf dem westlichen Ufer verhinderten sie ein weiteres Vordringen der übergegangenen bulgarischen Kräfte, die bis auf die 1. bulgarische Division (bei Loskovac) nur schwach waren (S. 370). Als diese Division am 12. November den Vormarsch von Leskovac nach Lebane weiter fortsetzte, bot sich den Serben die Gelegenheit, über die vereinzelte Kolonne herzufallen und dem verhaßten Gegner einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Sie gingen zum Gegenstoß über - nach wohl stark übertriebener Mitteilung der bulgarischen Heeresgruppe mit mindestens vier Divisionen unter Führung des Königs und des Kronprinzen - und warfen die Bulgaren nach Leskovac zurück. Eiligst wurde nun die von Aleksinac bei Nisch eingetroffene 8. bulgarische Division herangeführt. Auch vier deutsche Maschinengewehr-Abteilungen der beiden noch im westlichen Morava-Tal stehenden deutschen Divisionen (25. Reserve- und 105. Division) eilten zur Verstärkung herbei. Gleichzeitig erhielt die 9. bulgarische Division die dringende Mahnung, endlich die Morava zu überschreiten, um dem Feinde in die Flanke zu stoßen. Zu weiteren Kämpfen aber kam es nicht mehr; am 13. stellten deutsche Flieger den Rückzug der Serben über Prokuplje auf Kuršumlija fest. So gelang es auch der 6. bulgarischen Division, die am 12. November, durch Brückentrains der 11. Armee unterstützt, mit zwei Brigaden die Morava bei Aleksinac überschritten hatte, nicht mehr, den Serben den Rückzug nach Prokuplje zu verlegen. Sie stand am 13. im Gebirge nordöstlich des Grebac, also hinter der 101. Division.

Die bulgarische Heeresleitung hatte einen Durchbruch der Serben nach Vranje befürchtet. Am 12. hätten diese auch bei Leskovac nach Süden durchdringen können, wären aber dann weiter südlich auf Kräfte der bulgarischen 2. Armee gestoßen, ohne Möglichkeit, sich mit den Ententetruppen zu verständigen. Auch mußten sie damit rechnen, daß ihnen starke, darunter auch deutsche, Kräfte in Eilmärschen folgen würden. Der freiwillige rechtzeitige Rückzug der Serben am 13. zeigt, daß ein solcher Durchbruch nicht beabsichtigt war und lediglich ein Gegenstoß geführt wurde, um den an der bedrohlichsten Stelle und vereinzelt vordringenden Gegner zurückzuwerfen und dadurch den von Kuršumlija und Prokuplje nach Südwesten und Süden strebenden eigenen Truppen und Kolonnen Luft zu schaffen.

Jetzt überschritt auch endlich die 9. bulgarische Division die Morava und trat den Vormarsch auf Prokuplje an. Gleichzeitig ging die 1. bulgarische Division, durch eine Brigade der 9. verstärkt, wieder auf Lebane vor.

Das Kampfgelände um Priština

[376]
      Skizze 17: Das Kampfgelände um Priština.

Das Hauptquartier der Heeresgruppe war am 13. November nach Kragu- [376] jevac übergesiedelt. Da die Fliegermeldungen immer deutlicher erkennen ließen, daß die Hauptkräfte des Gegners tatsächlich auf Priština zurückgingen, ergab sich die Notwendigkeit, das Schwergewicht der 3. und 11. Armee mehr nach dem linken Flügel zu verlegen, um mit starken Kräften in den Kampf der bulgarischen 2. Armee eingreifen zu können. Der Grundgedanke aber blieb die umfassende Bewegung gegen das Amselfeld unter Sicherung gegen Montenegro, und zwar sollte XIX. Korps von Westen, XXII. Reservekorps, k. u. k. VIII. und X. Reservekorps von Norden, die Bulgaren von Osten und Südosten gegen das Amselfeld vorstoßen. Dementsprechend wurde XIX. Korps auf Sjenica - Novipazar, XXII. Reservekorps auf Novipazar - Mitrovica, VIII. Korps auf Mitrovica - Babinmost (nordwestlich Priština), 11. Armee über Kuršumlija auf Priština mit dem Auftrag angesetzt, möglichst bald mit kampfkräftigen Teilen die Amselfeld-Ebene zu erreichen. Die bulgarische 1. Armee erhielt die Weisung, mit der 9. und 1. Division im Anschluß an das X. Reservekorps durch das Gebirge vorzudringen und gegen die Ostfront von Priština einzuschwenken, während die [377] bulgarische 2. Armee mit ihrer nördlichen Gruppe aus der Linie Gnjilane - Stari Kačanik gegen das gleiche Zeil vorzustoßen hatte. Die 6. bulgarische Division wurde infolge des Mangels an Vormarschstraßen bei der bulgarischen 1. Armee entbehrlich. Sie sollte herausgelöst und der bulgarischen Heeresleitung zur Verfügung gestellt werden. Überhaupt wies die Heeresgruppe ihre Armeen allgemein an, alle Teile, die aus Wege- oder Raummangel oder mit Rücksicht auf die immer größer werdenden Verpflegungsschwierigkeiten nicht mehr in vorderster Linie Verwendung finden könnten, zugunsten des Nachschubes der verfolgenden Truppen zurückzulassen. Solange an dem Gedanken der schnellen Verfolgung auf Novipazar - Priština festgehalten werde, komme es auf eine besondere Auswahl der verfolgenden Verbände nicht an. Man müsse immer dem vorwärtshelfen, der am meisten Aussichten habe, vorwärts zu kommen. Eine gewisse Breite in der Verfolgung sei allerdings unerläßlich, ein Vorstoßen längs der Vormarschstraßen allein genüge nicht.

Unter ständigen Kämpfen, bei mangelhafter Unterkunft, fast immer sogar bei schlechtem Wetter und zunehmender Kälte auf den zugigen Höhen des Hochgebirges zum Biwak gezwungen, zum Teil recht mäßig verpflegt und gekleidet, drangen die Armeen weiter vor. Aber das Hochgefühl des Sieges, das Bewußtsein, den Gegner trotz aller Schwierigkeiten geschlagen zu haben und nun vor sich her der Vernichtung entgegenzutreiben, ließ alle Anstrengungen vergessen, trieb jeden einzelnen rastlos und freudig vorwärts. Am 15. ereichte 62. Division den Lim bei Sokolović. Der Gegner ging über den Fluß zurück. Auch die Gruppe Reinöhl kam an diesem Tage bis zu dem Höhenrücken des Vidica-zakos (1148 m) und bis nach Trnava vor. XIX. Korps stand nach mühseligen Kämpfen an diesem Tage auf der Mučanj pl. (1409 m) und Okruglica (1568 m) östlich Javor. Die auf Ušće entsandte 10. Gebirgs-Brigade gewann am 14. den Anschluß an die rechte Kolonne des XXII. Reservekorps, dem sie unterstellt wurde. Am 15. stieß 44. Reserve-Division bei Ušće wiederum auf hartnäckigen Widerstand, was zu heftigen Kämpfen führte. Die linke Kolonne des Korps (Teile des Alpenkorps) überschritt am 14. den 1106 m hohen Sattel am Westhang des Šanac (etwa halbwegs Ušće und Rugijnci) und drang weiter nach Süden vor. Dafür wurde die 43. Reserve-Division zurückgezogen. Sie sammelte sich wieder bei Kraljevo. VIII. Korps erreichte am 15. den Sattel von Mramor und überschritt das Topliva-Tal westlich Magovo, wobei die 57. Division die Besatzung des 1152 m hohen Lučak gefangen nahm.

X. Reservekorps kämpfte am 14. den ganzen Tag über in der Linie Rasica - Blace und konnte den Feind nur mit Mühe zurückdrücken. Am folgenden Tage wich dieser aber ohne erheblichen Widerstand nach Süden aus. Das Korps erreicht die Höhen halbwegs Blace - Kuršumlija. 101. Division hatte inzwischen den noch auf den Höhen südlich Prokuplje haltenden Gegner am 14. angegriffen und geworfen. 1700 Gefangene, 8 Geschütze, 10 Munitionswagen, 1 Brücken- [378] train und 1 Feldbäckerei-Kolonne fielen ihr allein in den letzten beiden Tagen als Beute zu. Am 15. drang sie weiter im Toplica-Tale aufwärts vor und drängte den bei Tulare Widerstand leistenden Gegner zurück. Ein linkes Seitendetachement nahm dabei 600 Mann gefangen und erbeutete 3 Geschütze.

Bereits am 14. November war die 101. Division bei Prokuplje mit Teilen der 6. und 9. bulgarischen Divisionen zusammengetroffen. Am 15. stand die bulgarische 1. Armee in der Linie südlich Prokuplje - Bublica - Lebane - Vina und stellte die 6. Division in den nächsten Tagen zum Abmarsch über Leskovac nach Süden bereit.

Von der bulgarischen 2. Armee warfen dreieinhalb Brigaden der 3., 7. und 5. Division am 15. den Gegner bei Gnjilane zurück, machten dabei 2000 Gefangene und erbeuteten 18 Geschütze und 22 Munitionswagen. Die Verfolgung führte sie bis nach Žegovce, 20 km südöstlich Priština. Die südlich Ferizović bei Stari Kačanik an der Bahn Üsküb - Priština stehende bulgarische Brigade kam jedoch auch jetzt noch nicht vorwärts. Die Serben verteidigten diesen wichtigen, die Straße nach Priština und von Priština nach Prizren deckenden Punkt aufs zäheste. Die Verbindung zwischen der bulgarischen 2. mit der 1. Armee stellte ein Regiment auf dem Kopiljak-Passe her.

An der mazedonischen Front standen zu dieser Zeit von der bulgarischen 2. Armee zwei Brigaden aus der 2., 3., und 7. Division südlich Strumica. Weiter östlich deckten bulgarische Truppen die Täler der Struma und des Mesta Karasu an der bulgarischen Grenze. Im Anschluß an die Strumica-Gruppe standen nach Westen zu zweieinhalb Brigaden der 11. Division, eine gemischte Brigade der 3. und 7. Division und zwei Brigaden der 5. Division bei Treskovac, Leskovica und beiderseits des Vardar bei Gradsko. Auf den Höhenzügen nordöstlich Prilep sicherten zwei Regimenter der 7. Division und ein mazedonisches Regiment (11. Division). Als Armeereserve diente dieser Front eine bei Veles stehende Brigade. Der bulgarische Generalstab glaubte, auch fernerhin alle Durchbruchsversuche der Ententetruppen abschlagen zu können, wenn die von den Deutschen zugesagten Verstärkungen - namentlich an schwerer Artillerie - einträfen. Sehr schwierig sei allerdings die Verpflegungslage, weil nur wenige und schlechte Wege zur Verfügung ständen und die Bahn über Pirot - Nisch noch nicht wiederhergestellt war. Deshalb kam auch er zu dem Schluß, daß die Entsendung größerer deutscher Verbände erst mit dem Fertigwerden dieser Bahn - wie man hoffte, Anfang Dezember - möglich sein würde.

Am 16. November griff die k. u. k. 62. Division den am Lim stehenden Feind an und warf ihn nach Ustibar und Priboj zurück. Am 18. besetzte sie Priboj. Die Gruppe Reinöhl erreichte am gleichen Tage Amzica. Sie wurde der 62. Division unterstellt, die mit nunmehr 21½ Bataillonen den Schutz der rechten Heeresflanke am Lim übernahm.

XIX. Korps erreichte kämpfend am 17. November Javor und am 18. Kuku- [379] vica (9,5 km nördlich Sjenica). Ihre linke Kolonne (21. Landsturm-Gebirgs-Brigade) drang an diesem Tage bis Crče vor. XXII. Reservekorps kam in dem schwierigen Gebirgsgelände nur langsam vorwärts und stand am 18. bei Radočevci - Čitluk - Dragodany. VIII. Korps hatte am 16. nur leichte Kämpfe nordwestlich und östlich Blaževo zu bestehen. Es erhielt den Auftrag, mit einer Division nach Kosutica im Ibar-Tal am Wege Raška - Mitrovica abzubiegen, um den dem XXII. Reservekorps noch gegenüberstehenden Feind abzuschneiden. Am 17. gelangte eine Brigade nach Isevo, die beim weiteren Vorgehen wiederholt auf Feind stieß und ihn zurückwarf. Am 18. erreichte sie unter großen Geländeschwierigkeiten die Gegend östlich Kosutica.18 Der linke Flügel des Korps (57. Division) drang bis Ljutovo vor. Die Zahl der Gefangenen mehrte sich mit jedem Tage; sie betrug bei der 3. Armee am 17. allein 1860 Mann, davon 1500 beim XXII. Reservekorps.

X. Reservekorps hatte am 16. recht hartnäckige Kämpfe bei der 101. und 105. Division nördlich und östlich von Kuršumlija. Am Abend des Tages stand das Korps in der Linie Vlainja (etwa 11 km nordwestlich Kuršumlija) - Pijakovo - Grabovnica dem Gegner dicht gegenüber. Dieser räumte aber am 17. November seine Stellungen und zog nach Süden ab. Kuršumlija wurde verlassen und ausgeplündert vorgefunden, doch fanden sich dort noch große Mengen von Munition vor. Das Korps machte 950 Gefangene und erbeutete einige Geschütze und Munitionswagen. In der Verfolgung wurde am 18. Žegrova - Selište - Dedinac erreicht.

Von der bulgarischen 1. Armee kam die 9. Division am 16. ohne Kampf bis Ravnište - Slišani; dagegen stieß die 1. Division auf lebhafteren Widerstand, ehe sie Silovo - Buvci - Crcavac erreichte. Weiter südlich drang eine Brigade der 8. Division kämpfend bis Oruglica vor, während die beiden anderen Brigaden im Tal der südlichen Morava über Vranje vorrückten. Am 18. erreichte die bulgarische 1. Armee unter großen Anstrengungen mit der 9. Division Vasijevac - Orljan - Tulari. Die 1. Division hatte bei Buvci noch Feind gegenüber. Die Brigade der 8. Division gelangte unter Kämpfen bis zum Kopiljak-Paß. Sie trat unter den Befehl der bulgarischen 2. Armee. Das Gelände setzte dem Angreifer ganz außerordentliche Schwierigkeiten, allein schon durch seine große Unübersichtlichkeit, entgegen, so daß die Leistungen der bulgarischen Truppen, wenn sie stellenweise auch nicht viel Raum gewannen, doch überaus anerkennenswert waren. Dazu kam, daß die Serben gerade den Bulgaren einen außerordentlich zähen Widerstand entgegensetzten, weil sie sich am meisten Priština genähert hatten und so dem sich dort ordnenden Gros am gefährlichsten zu werden schienen. Noch steckte freilich die Masse der bulgarischen 1. Armee mitten im [380] Gebirge, und nur der rechte Flügel hatte soeben den Ausgang aus der Waldzone zur Hochfläche von Priština erreicht. So waren auch für die nächsten Tage schwere Kämpfe vorauszusehen.

Auf der nördlichen Front der bulgarischen 2. Armee hatte inzwischen die am 15. bei Gnjilane siegreich gewesene Gruppe die bei Stari Kačanik kämpfende bulgarische Brigade verstärkt. Von den beiden über Vranje anmarschierenden Brigaden der 8. Division wurde die eine zur Verstärkung der nördlichen Front nach Gnjilane abgedreht, während die andere Befehl erhielt, über Kumanovo nach Üsküb zu marschieren. Auf der südlichen Front wurde am 17. November endlich Prilep von Teilen der 7. Division genommen. Die serbischen Streitkräfte zogen in der Richtung auf Monastir ab. Von Üsküb aus besetzte ein bulgarisches Detachement Gostivar südlich Kalkandelen, befestigte den Ort und marschierte unter Zurücknahme einer Besatzung auf Prizren weiter.

Man näherte sich dem Operationsziel Priština, wo es sich entscheiden mußte, ob sich die serbische Armee stellen oder durchbrechen wollte. Die Spannung stieg. Gelang es, die Serben einzukreisen, dann war ein Erfolg errungen, wie ihn die Kriegsgeschichte in so kurzer Zeit und in einem so schwierigen, wegelosen Gebirgsgelände, dem Operationen moderner Heere in großem Ausmaße bisher völlig fremd geblieben waren, kaum aufzuweisen hatte. Aber gerade in diesem Augenblick schien die Natur ein gebieterisches "Nein" einlegen zu wollen. Seit dem 17. November herrschte starker Schneefall, der die wenigen Wege und Saumpfade fast unbenutzbar machte. Dabei hatten die Serben alle Übergänge über die zahlreichen stark angeschwollenen Wasserläufe zerstört. Nun setzte auch noch starker Frost ein, so daß die in den unwirtlichsten Teilen des Gebirges operierende 3. Armee bereits Verluste durch Erfrieren meldete. Die Karten erwiesen sich in diesen abgelegenen Gebieten als äußerst unzuverlässig, auf ihr verzeichnete Wege bestanden oft genug überhaupt nicht. Das brachte ungeheure Anstrengungen mit sich, die aber trotz allem im Hinblick auf das nahe winkende Ziel von der Truppe willig in Kauf genommen wurden. Bedenklicher waren die immer mehr zunehmenden Verpflegungsschwierigkeiten, die namentlich bei der 3. Armee auftraten. So hatte sich beispielsweise das VIII. Korps bis in die Gegend von Blaževo mit seinen neun Gebirgsverpflegungsstaffeln noch leidlich verpflegen können. Von dort aber führten nach Kosutica ins Ibar-Tal und auch sonst in südlicher Richtung nur noch Saumpfade, die jetzt verschneit oder vereist waren. Die Eisebahnendpunkte Valjevo, Grn. Milanovac, wohin erst am 21. November eine Feldbahn hergestellt sein sollte, und Kragujevac lagen zu weit ab. Schon dehnten sich Entfernungen bis zu 130 km über schlechte Wege und Saumpfade durch Schnee und Eis über hohe Gebirgskämme hinweg zwischen ihnen und der rastlos verfolgenden Truppe aus. Ob eine wesentliche Erleichterung durch die bald zu erwartende Herstellung der Bahn im Tal der westlichen Morava eintrat, war zweifelhaft; sehr leistungsfähig konnte diese Bahn nicht sein. Überdies ver- [381] größerte sich täglich die Entfernung mit dem Fortschreiten der Verfolgung. Eine Erleichterung des Nachschubs konnte nur dadurch eintreten, daß die Trains der verfolgenden Truppen wesentlich vermehrt und gleichzeitig die Zahl der Truppen noch mehr herabgesetzt wurde. So hatte auch schon die Heeresgruppe damit begonnen, die 43. und 44. Reserve-Division sowie die 105. und 107. Division allmählich herauszulösen und ihre Verpflegungskolonnen den weiter verfolgenden Truppen zuzuteilen. Auch das Generalkommando des XXII. Reservekorps wurde zurückgezogen. Die bereits nach Ungarn abmarschierenden Divisionen (6., 26. und 11. bayerische Division), zu denen das Generalkommando des III. Korps trat, sollten nach einem anderen Kriegsschauplatz abtransportiert werden, in ihre Quartiere die 43. und 25. Reserve-Division und die 107. Division mit dem Generalkommando des X. Reservekorps einrücken. Das Kommando über die an der Front verbleibenden 101. und 103. Division hatte sodann das Generalkommando des IV. Reservekorps zu übernehmen. Die 105. Division sollte sich zunächst bei Aleksinac bereitstellen, um auf Wunsch der bulgarischen Heeresleitung an die Küste nach Varna und Burgas abtransportiert zu werden, wo ein Bombardement des Hafens durch Teile der russischen Flotte große Beunruhigung unter der Bevölkerung hervorgerufen hatte. Zweifellos lag auch der bulgarischen Heeresleitung daran, deutsche Truppen an der rumänischen Dobrudscha-Grenze zu zeigen.

Zu gleicher Zeit wurden die für den Gebirgskrieg ungeeigneten Bataillone der Gruppe Reinöhl herausgezogen. Aber selbst bei den in der Front verbleibenden Truppen mußten zeitweise Verbände zurückgehalten werden, um die Verpflegung der dem Feinde auf den Fersen sitzenden Truppen zu erleichtern, so z. B. die ganze 57. Division des VIII. Korps in der Gegend bei Brus.

Die Operationen gegen die Serben wurden somit außer von der 1. und Teilen der bulgarischen 2. Armee nur noch mit dem k. u. k. XIX. und VIII. Korps, dem deutschen Alpenkorps, eine kurze Zeit noch mit Teilen der 44. Reserve-Division und mit dem X. Reservekorps (101. und 103. Division) fortgeführt. Diesen 7 deutschen sowie österreichisch-ungarischen und 3 bis 4 bulgarischen Divisionen konnten die Serben nach ihren offensichtlichen großen Verlusten an Menschen, Pferden und Zugtieren, Artillerie und Heeresgerät aller Art kaum gleich starke, vor allem aber nicht gleichwertige Kräfte auf dem Amselfeld entgegenstellen. So deutlich trat die Auflösung des serbischen Heeres zutage, daß selbst die Möglichkeit, das XIX. und Teile des VIII. Korps könnten wegen Verpflegungsschwierigkeiten nicht mehr rechtzeitig auf dem Amselfeld eingreifen, daß also der Ausfall von weiteren drei Divisionen für unbedenklich gehalten wurde.

Bis zum 18. November eingegangene Nachrichten über die Saloniki-Armee berichteten, daß bisher 115 700 Mann (83 700 Franzosen und 32 000 Engländer) gelandet waren. Auffallen mußte es, daß seit dem 9. November weniger Truppen, aber sehr viel Munition, Pferde und Schlachtvieh ausgeladen wurden, [382] so daß zunächst wohl weitere größere Truppenlandungen nicht zu erwarten waren. Das mochte mit der Leistungsfähigkeit der von Saloniki nach Veles führenden Eisenbahn zusammenhängen, die täglich nur sechs schwache Züge beförderte. Im ganzen waren auf ihr seit dem 5. Oktober bis zum 17. November 98 000 Mann (75 000 Franzosen und 23 000 Engländer) einschließlich aller Hilfs- und Etappentruppen sowie Krankenpersonals nach Norden vorgeschoben worden. Aus der durchschnittlichen Tagesleistung von etwa 2900 Mann ließ sich mit einiger Sicherheit das Zeitbedürfnis für die Versammlung eines größeren Heeres am Vardar berechnen. Die Landung von Truppen konnte allerdings erheblich beschleunigt werden, wenn die Entente auch Kavala und Dedeagač zur Ausschiffung heranzog, auf die man also ein scharfes Augenmerk zu richten hatte. In Saloniki sollten die Engländer auch schwere Geschütze ausgeladen haben, die augenscheinlich für die unmittelbare Verteidigung dieser Stadt bestimmt waren. Man erfuhr ferner, daß der griechische Minister des Äußeren den Ententemächten mitgeteilt hatte, daß serbische Truppen bei einem Übertritt auf griechisches Gebiet entwaffnet werden würden. Das war immerhin angesichts der Möglichkeit eines serbischen Durchbruchsversuches zur Entente nach Mazedonien von Bedeutung.

Gefangenenaussagen besagten, daß westlich des Ibar nur noch Montenegriner und einige serbische Bataillone dritten Aufgebotes ständen, und daß die Montenegriner über Nova Varoš und Sjenica in südlicher, die Serben aber in südöstlicher Richtung auf Priština zurückwichen. Vor der sonstigen Front der 3. Armee seien auf Novipazar und Mitrovica nur schwache serbische Truppen zurückgegangen, darunter die Donau-Division zweiten Aufgebots. Diese Nachrichten bestätigten also die von der Heeresgruppe gewonnene Auffassung als richtig, daß das Gros der Serben sich von Kuršumlija nach Priština gewandt hatte. Nach den Aussagen von Gefangenen bei der bulgarischen 2. Armee beabsichtigte die serbische Führung von Priština über Prizren nach Süden durchzubrechen, um durch das Tal der Drinizi (Crni Drin) über Debra, Ochrida und Monastir den Anschluß an die Ententetruppen in Mazedonien zu gewinnen.

Die Auflösung beim Feinde schien stündlich zuzunehmen. Seine Rückzugsstraßen waren mit einer Unmenge von Heeresgerät, weggeworfenen Waffen und Ausrüstungsgegenständen, von gefallenen Pferden und verendenden Zugtieren bedeckt. Die sich täglich schnell steigernde Zahl der Überläufer und Gefangenen legte ein weiteres beredtes Zeugnis ab, daß der innere Halt des tapferen serbischen Heeres durch die furchtbaren Anstrengungen und Entbehrungen der letzten Tage bei fast gänzlich versagender Verpflegung mehr und mehr verloren ging. So galt es, dem Feinde den Todesstoß zu versetzen, der ihn daran verhindern sollte, sich jetzt zu retten, zu erholen und später im geeigneten Augenblick als neuer gefährlicher Gegner aufzutreten. Mochten die Anstrengungen, mochten die Hindernisse noch so groß sein, jetzt mußte nur noch der eine Gedanke alles [383] beherrschen: mit der letzten Kraft rücksichtslos von allen Seiten vorzudrängen, um dieses Ziel zu erreichen. Dazu sollte das VIII. Korps unter Entsendung einer Seitenabteilung nach Novipazar über Kamenica durchs Ibar-Tal nach Mitrovica vorgehen. Das Alpenkorps (linke Flügelkolonne des XXII. Reservekorps) war so vorzuführen, daß sein Eingreifen bei stärkerem Widerstande des Feindes auf dem Amselfeld gewährleistet wurde. Das Generalkommando des XXII. Reservekorps und die 44. Reserve-Division sollten erst ausscheiden, wenn ihr Verbleiben in vorderster Linie nicht mehr nötig erschien, das X. Reservekorps längs der Straße Kuršumlija - Priština vordringen. Allen Teilen legte die Heeresgruppe besonders ans Herz, ja nicht in der Verfolgung zu erlahmen. Die bulgarische 1. Armee wurde angewiesen, im Verein mit der über Gnjilane - Ferizović vorgehenden Nordgruppe der bulgarischen 2. Armee die Serben bei Priština zu stellen und ihnen den Rückzug nach Südwesten über Prizren und nach Westen über Rudnik - Ipek zu verlegen. Sollte der Gegner auf den westlichen Uferhöhen des Sitnica-Abschnittes Widerstand leisten, so war er anzugreifen und so lange zu fesseln, bis die 11. Armee von Norden her eingreifen konnte.

Unter großen Anstrengungen hasteten die verfolgenden Truppen vorwärts. Die Gruppe Reinöhl drang bis nahe an die montenegrinische Grenze nach Nova Varoš vor. Dort blieb sie vorläufig stehen, sicherte im Anschluß an die k. u. k. 62. Division, die am 21. mit je einer Brigade bei Nv. Rudo, Uvac und Priboj stand, den Lim-Abschnitt und schob Abteilungen gegen Prijepolje vor. Die 62. Division überschritt am 23. November den Lim bei Uvac und Priboj, später auch bei Nv. Rudo, trieb den Feind nach Süden zurück und legte als Ausgangspunkte für weitere Unternehmungen Brückenköpfe südlich der genannten Übergangspunkte an.

XIX. Korps erreichte am 19. Sjenica und Dugapoljana. Die Landsturm-Brigaden des Korps wurden nach Čačak zurückgeführt. Das Korps hatte Hervorragendes geleistet, und die Heeresgruppe sprach ihm ihre vollste Anerkennung aus. Nun aber bedurfte es der Ruhe, was allerdings seine Mitwirkung bei dem sich vorbereitenden letzten Akte des serbischen Dramas ausschloß. Zwang doch auch die Verpflegungslage des Korps gebieterisch zu einem Halt. Ein Versuch, durch die Gebirgswüste weiter nach Süden vorzustoßen, um den etwa von Mitrovica und Priština nach Montenegro zurückweichenden Serben den Weg zu verlegen, kam, wenigstens vorläufig, nicht in Betracht. Das Korps schob Sicherungen an die montenegrinische Grenze vor, die bei Trešnjevica vrelo auf feindliche Vorposten stießen und sie am 25. von dort vertrieben. Der Gegner setzte sich aber bald wieder. Es waren 10 bis 12 montenegrinische Bataillone, die auf dem linken Flügel der Serben gekämpft hatten und über Sjenica zurückgegangen waren. Jetzt sicherten sie ihre Grenzen beiderseits der Straße Novipazar - Berane.

XXII. Reservekorps gelangte am 19. mit der mittleren Kolonne bis Raška, [384] während die rechte (k. u. k. 10. Gebirgs-Brigade) Novipazar zustrebte und die linke Kolonne (Alpenkorps) am 20. Plavkovo im Ibar-Tal erreichte. Am Abend drang das vorauseilende bayerische Leib-Regiment in Novipazar ein, wo im Arsenal eine Anzahl großer Mörser und sonstiger Geschütze nebst vieler Munition und Heeresgerät erbeutet wurden.

Während sich die Teile des XXII. Reservekorps bei Raška sammelten, um zusammen mit dem Generalkommando den Rückmarsch nach Kraljevo anzutreten, drang das Alpenkorps, dem auch die k. u. k. 10. Gebirgs-Brigade unterstellt wurde, unter Abwehr serbischer Angriffe über Jablanica weiter nach Süden vor, warf am 22. den Gegner von den Höhen südöstlich Novipazar und erreichte am 23. Ribaric (südlich Novipazar) und Izvori auf dem Wege nach Mitrovica.

VIII. Korps ging am 19. aus Verpflegungsrücksichten zunächst nur mit der 18. Brigade östlich vom Alpenkorps im Ibar-Tale vor, wobei diese feindliche Angriffe unter schweren Verlusten für den Gegner bei Žigolje abwies und etwa 2000 Gefangene machte. Am 21. erreichte sie die Gegend nördlich Sočanica, griff den Feind in der Nacht überraschend an und überrannte in erbittertem Kampf drei hintereinander liegende Stellungen. 200 Gefangene, 6 Geschütze, 4 Maschinengewehre und 1 Munitionskolonne, zahlreiche Pferde und viel Kriegsgerät war die Beute der Unerschrockenen. Die Serben fluteten in großer Unordnung zurück, obwohl ihre eigene Artillerie, um sie zum Stehen zu bringen, in ihre zurückgehenden Reihen feuerte. Rasch entschlossen folgte die Brigade. Am Abend des 22. stand sie nach weiteren Kämpfen bei Kosutova, mit einer vorgeschobenen Abteilung in Bugariče, nur wenige Kilometer von Mitrovica entfernt. Die 19. Brigade war gefolgt und erreichte am 22. November Sočanica. Am 23. kam es bei der 18. Brigade zu neuen Kämpfen vor Mitrovica, in der Nacht zum 24. ergreift der Kommandeur des III. Bataillon Regiments 31 die Initiative, überfällt die feindlichen Sicherungen und dringt in Mitrovica ein, wohin ihm die Brigade folgt. Mit Tagesanbruch ist die Stadt im unbestrittenen Besitz der Österreicher, die dort 11 000 Mann gefangen nehmen, mehrere Geschütze, viel Munition und 130 brauchbare Eisenbahnwagen erbeuten. 35 000 wehrfähige Einwohner, offenbar Soldaten in Zivil, werden festgenommen.

Von der 11. Armee hatte X. Reservekorps am 19. mit der 103. und 101. Division die Höhen zwischen dem Prepolac und Kupinovo erreicht, wehrte am nächsten Tage einen Gegner in seiner rechten Flanke ab und setzte am 21. den Vormarsch in südlicher Richtung fort. Auch dieser Tag brachte neue Kämpfe, wobei zahlreiche Gefangene gemacht wurden. Man betrat nunmehr neuserbischen Boden, der aber noch schlechtere Wege aufwies. Am Abend des 21. wurde Bajčina - Svegle - Šajkovac erreicht und der Anschluß an den rechten Flügel der bulgarischen 1. Armee gewonnen. Damit hatte das Korps auch das freiere Gelände der weiteren Umgebung von Priština erreicht.


[385] Schlußakt bei Priština; Rückzug der Trümmer des serbischen Heeres nach Montenegro und Albanien.

Seit dem 19. November standen die 1. und die von Gnjilane vorgegangenen Teile der bulgarischen 2. Armee in heißem Ringen mit den Serben, die in richtiger Erkenntnis ihrer unglücklichen Lage, mit heroischer Verzweiflung kämpfend und vielfach angriffsweise vorgehend, versuchten, das weitere Vorkommen der von Osten und Südosten andringenden bulgarischen Divisionen aufzuhalten, um die stark bedrohte Rückzugsstraße Priština - Prizren offen zu halten. Es gelang jedoch den Bulgaren, alle Angriffe des Feindes unter schweren Verlusten für ihn abzuwehren und teilweise selbst Gelände zu gewinnen. Am Abend des 19. standen die beiden Armeen in der Linie Orljan - Kitka (1193 m) - Kuretin - Dragovce - Stari Kačanik - Gabrice. Eiligst wurden die beiden über Kumanovo vormarschierenden Brigaden der 8. Division nach dem rechten Flügel der 2. Armee eingedreht.

Am 20. gewann der linke Flügel der 9. bulgarischen Division gegen den sich verschanzenden Gegner nur wenig Raum nach vorwärts. Die 2. Armee drang bis Berivojce - Zebince - Smoluša - Miraš - Trstenik vor. Angriffe der Serben aus Richtung Priština wurden abgeschlagen. Am Abend des 21. gewannen die inneren Flügel der beiden Armeen wiederum etwas Gelände nach vorwärts. Ihre vordere Linie verlief nunmehr im Anschluß an das deutsche X. Reservekorps über Orljan - Ferićijc - Carevce.

Die Serben hatten augenscheinlich alle irgend verfügbaren Truppen, selbst unter Entblößung ihrer linken Flanke und des Rückens, den Bulgaren entgegengeworfen, um den immer bedrohlicher vorwärtsdrängenden Gegner zurückzuhalten. Da traten, anscheinend völlig überraschend, nördlich von Priština die Anfänge des deutschen X. Reservekorps19 aus dem Gebirge in das Tal der Lab heraus. Die Lage der Serben wurde verzweifelt. Nach den unzähligen aufreibenden und zähen Kämpfen, ohne jede Aussicht auf einen Erfolg und unter den furchtbarsten Entbehrungen und Anstrengungen begann die Spannkraft auch dieses tapferen, sein Vaterland über alles liebenden Heeres mehr und mehr zu erlahmen. Auch die Führung, die bei fehlender Fliegererkundung und dem fast gänzlich versagenden Nachrichtenwesen nicht ausreichend über die Bewegungen des Feindes unterrichtet war und den einzigen Ausweg nach Südosten durch einen langsam aber stetig vorwärts dringenden Gegner versperrt und hinter sich das wegelose und verschneite Gebirge Albaniens sah, schien unsicher zu werden. In Scharen gaben sich die entmutigten Serben gefangen. So kam es, daß gerade an der entscheidenden Stelle die 101. Division am 22. November ohne [386] wesentlichen Widerstand im Lab-Tale über den Brvenica-Abschnitt hinaus auf Priština vordringen konnte, während die 103. Division auf dem jenseitigen Ufer rechts gestaffelt folgte. Immerhin waren die Schwierigkeiten des Vormarsches infolge der schlechten Wegeverhältnisse doch so groß, daß es der 101. Division zunächst nicht gelang, mehr wie zwei leichte Feldhaubitzen über den Prepolac-Paß heranzubekommen.

Das Erscheinen der Deutschen im Rücken der gegen die Bulgaren kämpfenden serbischen Front bewirkte sogleich ein Nachlassen ihres Widerstandes, so daß die Bulgaren gleichfalls vorwärts kamen. Am Abend des 22. November standen sie im Anschluß an die bis Trnava gelangte deutsche 101. Division in der Linie Novobrdo - Dragovce - Somulša. Anders lagen die Dinge auf dem linken bulgarischen Flügel bei Trstenik und Stari Kačanik. Dort wehrte südlich und südöstlich Ferizović General Bojovič zum Schutze der Straße Priština - Prizren wie ein Löwe alle noch so erbitterten Angriffe der Bulgaren in heldenhaftem Todesmute ab.

Zur Deckung ihres schwer bedrohten Rückzuges warfen die Serben zwar noch einige schnell zusammengeraffte Truppen dem IV. Reservekorps am Sicevska-Abschnitte nördlich Priština entgegen; allein die 101. Division drang auch am 23. November unaufhaltsam vor, überschritt kämpfend den Abschnitt, erstieg die nächsten Anhöhen - und vor ihr lag unten im Tale Priština mit seinen zahllosen Kuppeln und Minaretts, malerisch von der sich zum Untergange neigenden Sonne beleuchtet. Nur kurze Zeit noch, und die deutschen Truppen drangen in die Stadt ein, die übrigens schon gegen Mittag ihr Bürgermeister feierlich einer deutschen Kavallerie-Patrouille übergeben hatte, die als erste der siegreichen verbündeten Truppen vor den Toren erschienen war. Die Serben befanden sich im vollen Rückzuge, und so trafen auch die Bulgaren von Osten her sehr bald vor der Stadt ein, in der neben 7000 Gefangenen und 6 Geschützen große Mengen von Material, Weizen, Hafer, Petroleum und Öle erbeutet wurden. IV. Reservekorps rückte befehlsgemäß bis zum Sitnica-Abschnitt westlich Priština vor und sandte dem weichenden Feinde nur Sicherungsabteilungen nach. Die bulgarische 1. Armee erhielt nunmehr von der Heeresgruppe den Befehl, nach Süden einzuschwenken, und zwar mit dem rechten Flügel über Vragolija auf Prizren, um dem noch bei Ferizović haltenden Gegner in den Rücken zu kommen und den von Priština nach Süden ausweichenden Serben an der Klinge zu bleiben.

Die hohläugigen, halb verhungerten Gefangenen in ihren zerschlissenen Uniformen verrieten deutlich, welch große Not im serbischen Heere herrschte, die sich mit jedem Schritte weiter in die verschneiten Berge hinein vergrößern mußte. In gleicher Verfassung befanden sich auch die österreichisch-ungarischen Gefangenen aus dem Potiorek-Feldzuge, deren Befreiungsstunde jetzt endlich schlug. Zahlreiche serbische Mannschaften und Offiziere versuchten in Bauern- und Zivilkleidern ihre Heimat wieder zu erreichen. Die Aussagen eines am 23. November [387] gefangenen serbischen Offiziers bestätigten von neuem den Entschluß der serbischen Führung, über Prizren nach Süden durchzubrechen. Ein Übertritt nach Montenegro habe sich als unausführbar erwiesen, da dieses Land die Verpflegung nicht aufzubringen vermöge. Die Deckung des Rückzuges sollte Truppen des dritten Aufgebotes übertragen sein, wahrscheinlich, um vom Kerne des Heeres soviel wie irgend möglich noch zu retten. Bei den Montenegrinern herrschte angeblich großer Mangel an Artilleriemunition, auch bei ihnen sollte die Verpflegung äußerst knapp und Truppe wie Bevölkerung des Krieges herzlich müde sein.

Die serbische Heeresleitung war wiederum dem vernichtenden Schlage ausgewichen und suchte im Rückzuge durch die Gebirge Albaniens unter Preisgabe fast der ganzen Artillerie und des gesamten Heeresgerätes an Mannschaften zu retten, was zu retten war. Der zähe Wille zur Selbstbehauptung und die glühende Vaterlandsliebe ließ die Hoffnung auf bessere Zeiten an der Seite der Entente nicht schwinden, wo jeder Mann, der jetzt entkam, von größtem Nutzen sein mußte, um die heißgeliebte Heimat dem Feinde wieder abzuringen. Bisher hatten freilich die Ententegenossen das auf sie gesetzte große Vertrauen schmählich enttäuscht und das Schicksal Serbiens nicht abzuwenden gewußt. Sie zeigten sich vielmehr, je näher der serbische Zusammenbruch rückte, um so untätiger. Die englisch-französischen Angriffe gegen die Südfront der bulgarischen 2. Armee ließen nach, und Gefangene des 3. Zuaven-Regiments bekundeten eine recht schlechte Stimmung bei den Truppen, denen verheimlicht worden sei, daß sie gegen Bulgaren kämpfen müßten.

Am 24. November stand das Alpenkorps bei Tabalija und Pridvorica. Der Feind wich überall zurück. Die 59. Division des k. u. k. VIII. Korps vertrieb eine serbische Nachhut südlich Brabaniće an der Straße Mitrovica - Rudnik und nahm Verbindung mit dem VI. Reservekorps im Sitnica-Tale auf. Die Sicherungen dieses Korps besetzten in den nächsten Tagen die Höhen bei Hade und Slatina. Der Gegner beschoß zwar noch am 24. den Bahnhof westlich Priština mit Artillerie, doch zeigten sich sonst nur noch vereinzelte serbische Abteilungen vor der Front.

Flieger stellten fest, daß auf Rudnik nur vereinzelte Kolonnen zurückgingen, während die Straße von Stimlja nach Prizren von einer ununterbrochenen Kette von Truppen und Wagenkolonnen bedeckt war. Die Aussagen der in den letzten Tagen gefangengenommenen Offizieren bestätigten übereinstimmend die völlige Auflösung des serbischen Heeres, das jetzt mit seiner Hauptmasse Prizren zustrebte. Die Angaben über die Gesamtstärke dieser Trümmer schwankten zwischen 20 000 und 50 000 Mann. Zahlreiche Geschütze und Munitionsmengen seien bereits im Ibar und in der Sitnica versenkt worden. Zwar standen noch die montenegrinischen Kräfte vor der k. u. k. 62. Division und der 3. Armee, doch wurden auch bei ihnen Verschiebungen in südlicher Richtung gemeldet. Im übrigen war über [388] Montenegro zuverlässig bekannt, daß bis zum 24. November keinerlei Truppenverschiebungen von der Westgrenze nach der Nord- und Nordostgrenze stattgefunden hatten, weil man augenscheinlich einen Angriff der Österreicher aus der Herzegowina befürchtete. Im Innern des Landes seien weitere Kräfte nicht mehr vorhanden, bei Skutari ständen nur noch schwache Besatzungstruppen. Serbische Flüchtlinge sollten in großer Zahl bei Ipek und Djakova eingetroffen sein. Dort sammelten sich anscheinend auch Truppen des bisherigen linken serbischen Flügels. Ihre Verpflegung stoße ebenso wie die der zahlreichen dorthin zurückgeführten österreichisch-ungarischen Gefangenen auf die größten Schwierigkeiten.

Die Heeresgruppe beabsichtigte nicht, mit deutschen Kräften weiter zu verfolgen, dies sollte den Bulgaren allein überlassen bleiben. Dagegen war ein Vorstoß in den nördlichen Teil von Montenegro beabsichtigt, der von der 3. Armee, unterstützt durch Truppen aus Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien, über Čajnice auf Boljanić, von Ustivar auf Plevlje und von Nova-Varoš auf Jabuka erfolgen sollte, um eine größere Sicherheit der von Sarajevo ins Lim-Tal führenden Bahn gegen Überfälle zu gewinnen und gleichzeitig einen Druck auf Montenegro auszuüben. In Anbetracht der vorgeschrittenen Jahreszeit und des Hochgebirgscharakters der Gegend waren hierzu allerdings weitgehende Vorbereitungen nötig, doch wollte man den Vorstoß sobald als möglich ausführen. Die deutschen Truppen sollten aus der Front herausgelöst und für die weiteren Operationen gegen die Ententetruppen bereitgestellt werden.

Die bulgarische 1. Armee, die mit der Verfolgung der nach Prizren zurückgehenden Serben beauftragt war, kämpfte aber mit so großen Verpflegungsschwierigkeiten, daß sie zunächst bewegungsunfähig wurde und ihr Führer sich mit der dringenden Bitte um Aushilfe an die Heeresgruppe wandte, weil sonst seine Truppen verhungern müßten. Dieser Aufenthalt kam natürlich den Serben zugute, deren rechter Flügel bei Ferizović erst am 25. November abzubauen begann. Jetzt setzte die 1. Brigade der 3. bulgarischen Division zur Verfolgung in drei Kolonnen auf Prizren an, während die beiden anderen über Kalkandelen - Gostivar auf Debra vorgehen sollten, um einen Durchbruchsversuch der Serben nach Süden zu vereiteln. Gleichzeitig drangen bulgarische Truppen auf Monastir vor.

Auf der einzigen für Fahrzeuge zu benutzenden Straße zwischen Crnoljeva und Prizren drängten sich in regellosem Knäuel die serbischen Kraftwagen, Trains, die Artillerie und Truppenfahrzeuge zusammen. Von Prizren ab führte aber nur noch ein schlechter Landweg ins Tal der Drini barz, auf dem der Strom der Fahrzeuge nur sehr langsam nach Westen abfließen konnte. So staute sich sofort der ganze Troß vor Prizren zusammen, und in dieses durch das Bewußtsein der erlittenen Niederlage, die Unkenntnis der Lage und die Angst vor dem verfolgenden Feinde noch gesteigerten Wirrwarr drängten nun auch noch die vor den Bulgaren zurückweichenden Truppen hinein.

[389] Am 27. November erreichte die auf Prizren verfolgende bulgarische Brigade Samodraža - Dvorane - Selce und erbeutete 3000 Gefangene sowie eine Anzahl Geschütze. Die Katastrophe war nicht mehr aufzuhalten, bei der Verfassung der serbischen Truppen an einen ernstlichen Widerstand selbst gegen die verhältnismäßig schwachen Kräfte des Verfolgers nicht mehr zu denken, die Masse des Trosses und der Artillerie, die Prizren noch nicht durchschritten hatten, war unrettbar verloren. Die Serben machten die Geschütze unbrauchbar, verbrannten den gesamten Troß und behielten außer der Gebirgsartillerie nur noch wenige Feldgeschütze, Kraftwagen und Fahrzeuge, die sich bereits durch Prizren hindurchgearbeitet hatten, bei sich. Und doch warfen sich am 29. November nochmals Teile des zusammengeschmolzenen Heeres in wildem Aufbäumen gegen ihr Geschick dem verhaßten Gegner bei Prizren entgegen. Es war das letzte Aufflackern des erlöschenden Feuers. Ein kurzer, heißer Kampf, dann brach auch der letzte Widerstand unter dem Druck der von allen Seiten andrängenden Bulgaren zusammen, die letzte Ordnung hörte auf, es suchte sich zu retten, wer konnte. Über 17 000 Gefangene, 50 Geschütze, 20 000 Gewehre und zahlloses Kriegsgerät fiel den Bulgaren als Siegesbeute zu. Für die flüchtenden Serben aber begann nun ein Leidensweg ohne gleichen durch die öden, verschneiten und vereisten Gebirge Albaniens auf kaum gebahnten Pfaden unter Hunger und Entbehrungen und unter den heimtückischen Schüssen der feindlich gesinnten Bevölkerung. Und dazu saßen ihnen, wenigstens in den nächsten Tagen, auch die Bulgaren noch auf den Fersen. In der Gegend von Kula Ljums, am Zusammenflusse des Drin mit der von Süden kommenden Drinizi, überholte am 3. Dezember ein bulgarisches Detachement die Flüchtenden und sperrte durch ihr Feuer die Straße. Der letzte Rest der bisher noch mühsam zurückgeschleppten Feldgeschütze, Kraftwagen und Fahrzeuge und unzählige Gefangene fielen den Bulgaren in die Hände. Auch die über Djakova ausgewichenen Teile mußten ihre letzten Geschütze und Fahrzeuge den Verfolgern überlassen und retteten nur das nackte Leben.

Am 4. Dezember stellten auch die Bulgaren die Verfolgung ein und überließen die letzten Trümmer des serbischen Heeres und die mit ihnen ziehenden zahlreichen serbischen Flüchtlinge ihrem Schicksal, das unbarmherzig seine Opfer unter ihnen forderte. Nur bei Ipek hielten sich noch serbische Teile. Ein Versuch, nach Süden durchzubrechen, wurde in größerem Umfang nicht gemacht. Er wäre auch an den ungeheuren Schwierigkeiten des fast wegelosen Gebirgsgeländes gescheitert.

Die serbische Regierung war bereits nach Skutari vorausgeeilt. König Peter, der Kronprinz, Paschitsch, der todkranke Oberbefehlshaber Woijevode Putnik und der russische Gesandte hatten kurz vor den letzten Kämpfen Prizren am 28. verlassen und gelangten nach sehr beschwerlichem Marsche endlich nach Skutari, von wo sie die Trümmer ihres Heeres wieder sammelten. Und sie hatten Erfolg! Aus den Resten der geschlagenen Armee erwuchs mit Hilfe der [390] Entente den Verbündeten schon im nächsten Jahre an der mazedonischen Front wiederum ein Gegner, der, verstärkt durch den Zulauf zahlreicher serbischer Elemente und durchglüht von dem heiligen Feuer der Vaterlandsliebe, ihnen viel zu schaffen machen sollte.

"Mit der Flucht der kärglichen Reste des serbische Heeres in die albanischen Gebirge sind die großen Operationen gegen dasselbe abgeschlossen. Ihr nächster Zweck, die Öffnung freier Verbindung mit Bulgarien und dem türkischen Reiche, ist erreicht." So lautete eine öffentliche Bekanntmachung der Obersten Heeresleitung vom 27. November. In der Tat war ungewöhnlich Großes durch die nie erlahmende Tatkraft und die durch kein noch so großes Hindernis abzulenkende Zielsicherheit und Großzügigkeit der Heeresgruppe Mackensen im Verein mit der opferwilligen Hingabe ihrer braven, unermüdlichen Truppen erreicht worden. Jetzt galt es, sich neuen Zielen zuzuwenden.

Erbeutete serbische Geschütze.
Erbeutete serbische Geschütze.
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Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 4, S. 96.


Das Siegesdenkmal in Krusevac im Fahnenschmuck unserer 
Vier-Verbündeten.
Das Siegesdenkmal in Krusevac im
Fahnenschmuck unserer Vier-Verbündeten.
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Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 4, S. 98.
Die Beute des Feldzuges war groß, sie betrug bei der 3. und 11. Armee zusammen 120 Offiziere, 100 800 Mann, 48 Maschinengewehre, 58 schwere, 475 leichte Geschütze und außerordentlich viel Kriegsmaterial bei verhältnismäßig geringen eigenen Verlusten. Von Krankheiten waren die eigenen Truppen überhaupt verschont geblieben. Auch die Beute der Bulgaren war sehr beträchtlich und wird mit 50 000 Gefangenen und 300 Geschützen sicherlich eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sein. An Toten und Verwundeten hatten die Serben, zuverlässigen Nachrichten zufolge, etwa 94 000 Mann eingebüßt.

Am 27. November trat das Alpenkorps den Rückmarsch nach Kraljevo an. Die k. u. k. 10. Gebirgs-Brigade, von der ein Teil noch am 29. November einen Zusammenstoß mit zwei serbischen Regimentern bei Rudnik gehabt hatte, verblieb jedoch bei der 3. Armee. Am gleichen Tage marschierte auch die 103. Division über Kuršumlija in die Gegend von Leskovac ab. Ihr folgte am 29. November der größte Teil der 101. Division. Von dieser blieb aber ein Detachement in Stärke von einem Infanterie-Regiment, zwei Gebirgs-Maschinengewehr-Abteilungen, drei Gebirgs-Kanonen-Batterien, einem Zuge Pioniere, einer leichten Funkenstation und einigen Kolonnen (Detachement Sommerfeld) in Priština zurück, um sich mit einem sechstägigen Verpflegungsvorrate zu versehen und dann über Üsküb nach Monastir vorzugehen, wo die Oberste Heeresleitung auf dem bulgarischen rechten Flügel auch deutsche Truppen zu zeigen wünschte.

Die Sicherung gegen Montenegro und Albanien übernahm die k. u. k. 3. Armee, während alle bulgarischen Kräfte nach Süden zur mazedonischen Front gegen die Entente herangezogen wurden. - Der eigentliche serbische Feldzug war beendet.


4 [1/326]Die 5. Infanterie-Division kam nicht zum Antransport sondern verblieb im Westen. Für sie trat die 25. Reserve-Division ein. ...zurück...

5 [2/326]Die bulgarische Division bestand aus drei Infanterie-Brigaden zu je zwei Regimentern zu je vier Bataillonen und einer Maschinengewehr-Kompagnie. Je nach Bedarf wurde Artillerie und Kavallerie zugeteilt. An Kopfzahl entsprach die bulgarische Division etwa der damaligen Kriegsstärke von zwei deutschen Divisionen. ...zurück...

6 [1/332]Dicht nördlich der Eisenbahnstation Ripanj. ...zurück...

7 [2/332]Der Avala überragt die umliegenden Höhen um 200 bis 300 m. ...zurück...

8 [1/337]Ein bei Semendria mündendes breites Flüßchen. ...zurück...

9 [1/340]Dicht östlich von Belgrad. ...zurück...

10 [1/344]8 km nordwestlich Požarevac. ...zurück...

11 [1/345]Das Korps war entgegen den Weisungen der Heeresgruppe statt bei Kupinovo bei Progar übergegangen, weil ihm hier der Übergang leichter erschien. Es hatte sich aber getäuscht und geriet in der Donauschlinge sehr bald in eine recht mißliche Lage, die einen Erfolg kaum noch erhoffen ließ. ...zurück...

12 [1/355]Zwischen Lazarevac - Arangjelovac - Palanka. ...zurück...

13 [1/357]Dicht westlich Bresje. ...zurück...

14 [1/358]Längs der Straße Svilajnac - Vk. Pogovič. ...zurück...

15 [1/359]Östlich des gleichnamigen Ortes, daran anstoßend bis Str. Selo Maslosevo das Garevica-Massiv. ...zurück...

16 [1/371]Die griechische Grenze durfte nicht überflogen werden. ...zurück...

17 [1/373]Das X. Reservekorps (101. und 103. Division) war nach dem Herausziehen der übrigen Korps aus der Front der einzige größere Verband der 11. Armee. ...zurück...

18 [1/379]Die auf den Karten eingezeichnete große Straße von Blaževo nach Kosutica hatte sich als nicht vorhanden erwiesen. ...zurück...

19 [1/385]Von nun ab als IV. Reservekorps bezeichnet, da beide Generalkommandos tauschten. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte