Chronik (Teil 2)
11. September 1939
Weichselüberquerung
[Atlantic]
|
Östlicher Kriegsschauplatz. Der Führer besucht im
Flugzeug den Frontabschnitt, auf dem sich in dem Raum
zwischen Lodz-Kutno-Warschau die große Schlacht zwischen den nach
Süden durchzubrechen versuchenden polnischen Verbänden und den
deutschen bis vor Warschau vorgedrungenen Truppen abspielt. Um Warschau
ziehen die deutschen Heeresteile den Einkreisungsring enger. Warschau selbst
ist an einigen Teilen von polnischen Kanonen von Osten her in Brand geschossen
worden.
Bei Gora-Kalvaria über die Weichsel gegangene deutsche Truppen und
vom Norden her über den Bug vorstoßende Verbände
schließen im Osten den Ring um Warschau. Die Festung Lomza am Narew
wird eingenommen.
Am Abend trifft Generalfeldmarschall Göring an der Front bei den
Verbänden der Luftwaffe ein.
Das Gold der polnischen Staatsbank befindet sich in Schmiatye an der
rumänischen Grenze.
Innerdeutsche Ereignisse. Reichsleiter Dr. Ley begibt sich zu einer
Inspektionsreise an den Westwall.
Beim Berliner Polizeipräsidium wird eine Zentralauskunftstelle für
alle aus den westlichen Grenzbezirken evakuierten Personen eingerichtet.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Die
rumänische Regierung rechnet stündlich mit dem Übertritt
der polnischen Regierung.
In London werden scharfe Maßnahmen zur Devisenbewirtschaftung
angeordnet. Ferner werden Fleisch- und Zuckervorräte beschlagnahmt.
Eine Konferenz der Oslo-Staaten beschäftigt sich mit den aus dem
Wirtschaftskrieg für die Neutralen erwachsenden Schwierigkeiten.
Der italienische Außenminister, Graf Ciano, empfängt in Rom den
englischen Botschafter Percy Lorraine zur Aussprache.
Die Türkei gibt durch ihren Ministerpräsidenten eine
Neutralitätserklärung ab.
12. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Der Führer empfängt
Generalfeldmarschall Göring in seinem Hauptquartier.
An die Front von Radom, zum Stabe des Generals der Artillerie von Reichenau,
begibt sich Generaloberst von Brauchitsch.
Die bei Radom eingeschlossenen Streitkräfte geben ihren Widerstand
auf.
Der Ring um die bei Kutno eingeschlossenen polnischen Divisionen wird enger
und ihr erneuter Versuch südlich durchzubrechen, vereitelt.
Mit motorisierten Truppen steht der äußerste Ostflügel der
deutschen Armee 40 Kilometer nördlich von Brest. Auf der Süd- wie
auf der Nordfront verfolgt das deutsche Heer den Feind.
Die weiter östlich gelegenen Straßen- und Bahnlinien werden von
der deutschen Luftwaffe mit Bomben belegt.
Der Ort Großendorf auf der Halbinsel Hela wird in Besitz genommen.
Westlicher Kriegsschauplatz. Bei Dürnberg,
südöstlich von Saarbrücken, wird der Feind von deutschen
Vorposten aus deutschem Gebiet gedrängt.
Gen.-Oberst
Keitel
[Atlantic]
|
Südlich von Pirmasens gehen französische Truppen bei Schweix
über die Grenze.
Innerdeutsche Ereignisse. Der Reichsführer
Himmler wird von Göring zum Stellvertreter des
Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung, Dr. Frick,
ernannt.
Die vier oberen Jahrgänge aller Berliner höheren Schulen werden
vom Reichsverteidigungskommissar für Berlin zum Landdienst
eingesetzt.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Als Antwort
auf die am 11. September von England herausgegebene Konterbandeliste, die als
Ankündigung einer Hungerblockade, nicht nur gegen Deutschlands
Zivilbevölkerung, sondern gegen die sämtlichen europäischen
Staaten zu werten ist, verändert die Reichsregierung die bisherige
Prisenordnung durch ein Gesetz und faßt neu zusammen, was in
Erwiderung der englischen Maßnahmen unter den Begriff des bedingten
Banngutes fällt: Nahrungs-, Genuß- und Futtermittel, sowie Kleidung
und Zutaten, die zu ihrer Herstellung erforderlich sind.
In einigen weißrussischen und ukrainischen Distriken verletzen polnische
Militärflugzeuge die sowjetrussische Grenze und werden von russischen
Jagdfliegern zur Rückkehr auf polnisches Gebiet gezwungen.
Von seinem Besuch in Istanbul kehrt der französische General Weygand
nach Syrien zurück.
Ungarn hebt für die letzten visumfreien Staaten den visumfreien Verkehr
auf.
13. September
1939
Infanteriespitze in einem
polnischen Städtchen
[Atlantic - Koch]
|
Östlicher Kriegsschauplatz. Als Antwort des gewissenlosen
Franktireurkrieges der Polen erklärt das Oberkommando der Wehrmacht,
daß der Widerstand in Städten und Dörfern mit allen Mitteln
niedergeschlagen werde, wenn deutsche Truppen von der polnischen
Zivilbevölkerung angegriffen würden.
Der Führer fährt in das Operationsgebiet nördlich von
Lodz.
Modlin, die nordwestlich von Warschau gelegene Festung am Einfluß des
Narew in die Weichsel, wird von deutschen Truppen eingeschlossen.
Von Nordwesten her nähern sich deutsche Formationen der polnischen
Hauptstadt.
Die 18. polnische Division gibt den Kampf auf: 6.000 Gefangene und 30
Geschütze fallen in die Hände der Deutschen.
Westlicher Kriegsschauplatz. Geringe Artillerietätigkeit.
Innerdeutsche Ereignisse. Die verschiedenen Aufgaben der Polizei
werden von Reichsführer und Chef der deutschen
Polizei Himmler unter einheitlicher Führung zusammengefaßt.
Englische Staatsangehörige aus den verschiedenen Gliedern des Empire
werden dazu aufgefordert, sich bei den Polizeirevieren zu melden.
Staatssekretär Reinhardt schreibt in einem Aufsatz, daß keine
Kriegsanleihen begeben werden.
In einem Aufruf des Reichsbauernführers wird die Bevölkerung
ermahnt, dem Landvolk bei seiner Erntearbeit zu helfen.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Daladier
übernimmt, im Rahmen der Regierungsumbildung, zum
Ministerpräsidium und Kriegsministerium noch das Außenamt hinzu
und legt die übrigen Ministerien in die Hände von
Fachministern.
Bei der Explosion eines französischen Minen-Kreuzers "Pluton" im Hafen
von Casablanca werden 400 Personen getötet und verwundet.
Gen.-Feldmarschall
Göring
[Presse-BZ.]
|
Zur Sicherung seiner Neutralität stationiert Dänemark den
größten Teil seiner Heeresflieger auf dem Flugplatz Oxhoel, an der
Westküste Jütlands.
Die Meldung, daß sein größtes Passagierschiff "Niuew
Amsterdam" durch englische Kriegsschiffe aufgebracht wurde, ruft in Holland
große Erregung hervor.
Generalfeldmarschall Göring empfängt in Berlin den Minister a. D.
Gigurtu zur Überreichung des am 6. September gefaßten
Neutralitätsbeschlusses der rumänischen Regierung.
Bei erneuter Verletzung sowjetrussischen Gebietes wird eine polnische Maschine
von russischen Jagdflugzeugen zum Niedergehen gezwungen.
14. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Der Führer empfängt
Generalfeldmarschall Göring erneut in seinem Hauptquartier zur
Berichterstattung über seine Frontreise.
Die bei Kutno im Kampfe stehenden Truppen werden vom Oberbefehlshaber des
Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, aufgesucht.
Blick auf Gdingen
[Weltbild]
|
10.15 Uhr marschieren nach Übergabe der Stadt durch den polnischen
Kommandanten die deutschen Truppen in Gdingen ein.
Die deutschen Truppen stoßen mit größter Geschwindigkeit
auf Brest-Litowsk vor; sie dringen gegen Abend in die Befestigungszone der Stadt
ein. Die südliche Heeresgruppe stößt auf der
Straße Lemberg-Lublin vor. Südöstlich von Warschau
kommen die deutschen Verbände nahe an die Vorstadt Praga heran.
Die im Hafen Heisternest liegenden polnischen Kriegsschiffe werden durch
Beschießung von der Seeseite her versenkt.
General der Artillerie Heitz wird zum Bevollmächtigten im Gebiete Danzig
und in der früheren polnischen Provinz Pommerellen ernannt.
General Catlos, der Oberbefehlshaber der slowakischen Wehrmacht, besucht das
von den slowakischen Truppen besetzte polnische Grenzgebiet.
Westlicher Kriegsschauplatz. Deutsche Artillerie wirft die am 12.
September bei Schweix über die Grenze vorgedrungenen
französischen Truppen wieder zurück.
Während der Untersuchung des englischen Dampfers "Fanadhead"
schießt ein
deutsches U-Boot zwei angreifende englische Flugzeuge ab.
Innerdeutsche Ereignisse. Über die Kriegsbewirtschaftung von
Gold, Silber und Platin im Besitz von Be- und Verarbeitern sowie von
Händlern, gibt die Reichsstelle für Edelmetalle eine Anordnung
heraus.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. In einer
scharfen Erklärung über die Wahrheit des "Athenia"-Falles stellt das deutsche
Nachrichtenbüro dem englischen Propagandaministerium Fragen, deren
Beantwortung die Nichtschuld Deutschlands am Untergang der "Athenia"
deutlich erweisen.
Chamberlain erklärt im englischen Unterhaus, daß Deutschland seine
Anordnung, offene Städte nicht zu bombardieren, inzwischen außer
Kraft gesetzt habe, womit die neue Anordnung des Oberkommandos der
Wehrmacht gemeint ist, daß Franktireurnester mit allen Mitteln
bekämpft werden sollen. In der gleichen Sitzung werden von der
Opposition scharfe Maßnahmen gegen Kriegsgewinnler gefordert.
Lord Halifax erklärt im englischen Oberhaus, daß zwischen England
und Deutschland Noten ausgetauscht worden seien, in denen die Gegner
sich - unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit - verpflichten, weder Giftgase
noch Bakterien in der Kriegsführung zu verwenden.
Der von Deutschland vorgeschlagene Austausch verschleppter Volksdeutscher
gegen Nationalpolen wird von der polnischen Regierung abgelehnt.
Im Zusammenhang mit den Mobilisierungsmaßnahmen der Sowjetunion an
der Westgrenze veröffentlicht die Moskauer "Prawda" einen sensationellen
Artikel über die Nationalitätenfrage in Polen.
In Rom findet eine mehrtägige Ministersitzung unter dem Vorsitz
Mussolinis, in der kriegswirtschaftliche Maßnahmen erörtert und
beschlossen werden, ihren Abschluß.
15. September
1939
Artillerie-Beobachtungsstand vor
Bialystok
[Presse-BZ. - Pohle]
|
Östlicher Kriegsschauplatz. Der Führer wohnt in Galizien
dem Übergang zweier deutscher Divisionen über den San bei. Auch
Generalfeldmarschall Göring befindet sich bei der in Galizien
kämpfenden Südarmee.
Przemysl wird eingenommen. Vor Lembergs Toren wird gekämpft.
Feindliche Durchbruchsversuche südöstlich von Warschau werden
abgeschlagen und 8.000 Gefangene und 126 Geschütze fallen in die
Hände der Deutschen. Bialystok wird erobert; nur um die Zitadelle wird
noch gekämpft.
Westlicher Kriegsschauplatz. An britischen Schiffsverlusten werden bis
zum 15. September 30 Dampfer mit etwa 190.000 Bruttoregistertonnen von
englischer Seite zugegeben.
Innerdeutsche Ereignisse. Bis zur Grenze
von 1.000-Mark-Strafen erklärt der Führer eine Amnestie für
die Zivilbevölkerung.
Der Ministerrat zur Reichsverteidigung gibt eine Verordnung für die
Feststellung und Wiedergutmachung von Sachschäden, die infolge von
Angriffen auf das Reichsgebiet oder des Einsatzes der bewaffneten Macht
entstehen, bekannt.
Hagenbeck in
Hamburg stellt einen Teil seiner Elefanten und Kamele für
den landwirtschaftlichen Arbeitsdienst an Stelle von Traktoren zur
Verfügung.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Die
Sowjetunion zieht am 15. September zwei
neue Rekruten-Jahrgänge ein und erklärt dazu, daß sie nun in
voller militärischer Bereitschaft sei.
Molotow, der sowjetrussische Außenkommissar, und Togo, der japanische
Botschafter in Moskau, unterzeichnen eine Note, die den Grenzkonflikt in der
äußeren Mongolei und in Mandschuko beilegt. Zugleich vereinbaren
sie, daß beide Regierungen sich über die Grenzziehungen einigen
werden.
Smetanin, der sowjetrussische Geschäftsträger, wird zum
Botschafter der Sowjetunion in Japan ernannt.
In USA. erklärt Staatssekretär Hull, daß die Vereinigten
Staaten als neutrales Land keines ihrer Rechte unter dem internationalen Gesetz
aufgegeben hätten.
In London sinkt das Pfund in einer Weise, daß man in verschiedenen
anderen Städten vom bisher tiefsten Stand des Pfundes spricht, der an
diesen Börsen notiert worden sei.
Der französische Ministerpräsident Daladier empfängt den
italienischen, den spanischen und den jugoslawischen Botschafter.
In Rumänien treffen die in Warschau beglaubigten diplomatischen
Vertreter von Belgien, Holland, Schweden, Bulgarien und der Schweiz, sowie die
Botschafter von Frankreich und Japan ein.
Die Grenze zwischen Rumänien und Polen wird von der
rumänischen Regierung gesperrt. Bukarest meldet, daß 30.000
polnische Flüchtlinge auf rumänischen Boden übergetreten
sind.
16. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Kutno wird vom Westen her
eingenommen. Die Schlacht verläuft planmäßig. Die
Deutschen haben Lemberg von drei Seiten her eingeschlossen; nördlich der
Sanmündung marschieren unsere Truppen auf Lublin.
Der Ring um Warschau wird enger. Über der Stadt werfen deutsche
Flugzeuge die Aufforderung ab, sich binnen zwölf Stunden zu ergeben. Der
Kommandant von Warschau lehnt es ab, einen deutschen Parlamentär
zu Übergabeverhandlungen zu empfangen.
Beim Wegräumen einer Baumsperre, so teilte das Oberkommando des
Heeres mit, fand man von polnischen Truppen eingebaute Gelbkreuzgasminen,
die zur Explosion kamen. Damit ist der Beweis erbracht, daß Polen das
Gaskriegsabkommen vom 17. 6. 1925 gebrochen hat.
Innerdeutsche Ereignisse. Durch Gesetz werden Änderungen im
Strafrecht von grundsätzlicher Bedeutung vorgenommen. Danach steht u.
a. dem Oberreichsanwalt das Einspruchsrecht gegen Urteile binnen Jahresfrist
zu.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Auf eine
Anfrage Frankreichs, die die humane Kriegsführung betrifft, antwortet die
Reichsregierung mit dem Hinweis auf die verschiedenen von Deutschland bereits
bekanntgegebenen Maßnahmen. Sie verweist jedoch auf die
angekündigte englische Hungerblockade gegen Frauen und Kinder und die
barbarische Franktireur-Kriegführung in Polen.
Oberst Lindbergh warnt in einer Rundfunkansprache energisch vor einer
Einmischung der USA. in den europäischen Krieg.
In einer Note, die die Sowjetunion allen beglaubigten ausländischen
Missionen in der Nacht vom 16. zum 17. September gleichzeitig bekanntgibt,
weist sie darauf hin, daß der polnische Staat zur Zeit als nicht mehr
existierend zu betrachten sei; in der Note, die dem polnischen Botschafter in
Moskau überreicht wird, teilt sie mit, daß sie sich gezwungen sehe,
zur Wahrnehmung ihrer Interessen und zum Schutze ihrer Minderheiten am
Sonntagmorgen, 6 Uhr (4 Uhr mitteleuropäischer Zeit)
die sowjetrussisch-polnische Grenze zu überschreiten.
Leon Blum, der Führer der französischen Sozialisten polemisiert in
einem Artikel aufs schärfste gegen den französischen
Ministerpräsidenten Daladier und seine Regierungsumbildung.
17. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Auf der gesamten Linie
der sowjetrussischen-polnischen Grenze beginnt, wie vorgesehen, punkt vier Uhr
der Vormarsch der Roten Armee. Über die Demarkationslinie der von
den deutschen und von den Sowjettruppen zu besetzenden polnischen Gebiete
ist, wie aus einer späteren Mitteilung hervorgeht, von vornherein Einigkeit
herbeigeführt worden. Im südlichen Teil vollzieht sich der
sowjetrussische Vormarsch so schnell, daß bereits am Abend des ersten
Tages Tarnopol und Kolomea besetzt sind.
Der Führer
und SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich
[Presse-BZ - Wagner]
|
Bei Gdingen und Hela greifen deutsche Seestreitkräfte in den Kampf gegen
die letzten Widerstand leistenden polnischen Truppen ein. Lublin wird erobert
und Lemberg eingeschlossen. Zerstreute Reste des polnischen Heeres werden
vernichtet oder gefangengenommen. Südöstlich von Warschau wird
die stärkste polnische Heeresgruppe eng zusammengedrängt.
Warschau bittet durch seinen Sender das deutsche Oberkommando, einen
Parlamentär zu empfangen. Das Oberkommando erklärt sich dazu
bereit.
Die deutsche Luftwaffe hat im Osten ihre Aufgabe im wesentlichen erfüllt;
die Einheiten werden zusammengezogen und stehen zu anderer Verwendung
bereit.
Westlicher Kriegsschauplatz. Der französische
Ministerpräsident Daladier inspiziert die französische
Westfront.
Die Deutschen schießen bei Saarbrücken ein französisches
Flugzeug ab.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Der
polnische Präsident und die Regierung betreten Sonnabend
rumänischen Boden. Auch
Marschall Rydz-Smigly verläßt Polen und seine noch
kämpfende Armee.
Die Präfekten werden durch Daladier in einer Zirkularnote zu
schärferer Durchführung der Militärdienstpflicht aufgefordert.
Man verhaftet den französischen Dichter Jean Giono wegen defaitistischer
Vorschläge. Für ganz Frankreich werden Preis- und
Tariferhöhungen verboten.
Indien stellt an London die Forderung, daß es seine Kriegsziele
bezüglich der Fragen Demokratie und Imperialismus festlegen solle.
Indiens Einstellung zum Kriege hänge von der Beantwortung dieser Fragen
ab. Die Anfrage wird von der Reuteragentur als unannehmbar bezeichnet.
Im Ärmelkanal läuft ein norwegischer Dampfer auf eine englische
Mine. Die Hälfte der Besatzung ertrinkt.
18. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Drohobycz im polnischen
Erdölgebiet wird von deutschen Truppen besetzt. Nach Ablauf der Fristen
Parade deutscher und russischer
Truppenteile in Brest-Litowsk
[Atlantic - Gutjahr]
|
zur Übergabe Warschaus setzen die Kampfhandlungen um die
Hauptstadt wieder ein. Die Russen erreichen Wilna. Bei Brest nehmen deutsche
und russische Truppen Fühlung miteinander. Die Kommandeure tauschen
Höflichkeitsbezeigungen aus.
Die Festung Brest-Litowsk fällt in deutsche Hand. 600 Gefangene werden
eingebracht.
Westlicher Kriegsschauplatz. Wie die britische Admiralität
mitteilt, ist der zur Aufnahme von 52 Flugzeugen bestimmte englische
Flugzeugträger "Courageous" von einem
feindlichen U-Boot torpediert worden.
Zwei weitere englische Dampfer werden als versenkt gemeldet.
Innerdeutsche Ereignisse. Bei Danzig tut Gauleiter Forster den ersten
feierlichen Spatenstich zur Autobahn auf Danziger Gebiet.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Die
deutsche und die sowjetrussische Regierung geben eine gemeinsame
Erklärung ab, daß die Handlungen ihrer Truppen im beiderseitigen
Einvernehmen über die Ziele in Polen geschehe. Die Aufgabe bestehe u. a.
darin, "der Bevölkerung Polens zu helfen, die Bedingungen ihres
staatlichen Daseins neu zu regeln".
Unter Bruch der international festgelegten Asylsrechtregeln erläßt
der polnische Staatspräsident Moscicki von Rumänien aus einen
Aufruf an das polnische Volk.
In Amerika erfährt das russische Eingreifen mit Rücksicht auf die
amerikanische Neutralität verschiedene Auslegung.
Rumänien erklärt, daß es sich, infolge der Begründung
der sowjetrussischen Aktion in Polen, nicht mehr an den mit Polen
abgeschlossenen Beistandspakt gebunden fühle.
Dem lettischen Gesandten in Moskau wird mitgeteilt, daß der russische
Einmarsch in Polen die Beziehungen zu Lettland nicht berühre. Litauen
spricht die Hoffnung aus, daß die russische Aktion Kowno nicht
berühre. Verschiedene Organisationen in Wilna drücken den
Wunsch aus, zum litauischen Staatsverband zurückzukehren.
Englische Zeitungen veröffentlichen scharfe Kritik am polnischen
Generalstab. Sie geben offen zu, daß nicht mehr die Hilfe für Polen,
sondern die Vernichtung des Hitlerismus das Kriegsziel sei.
Die nordischen Minister treten in Kopenhagen zu einer Konferenz zusammen, auf
der im besonderen die Handelsstörungen durch die englische Blockade
erörtert werden sollen.
Rom ernennt den Staatssekretär Bastianini endgültig zum
italienischen Botschafter in London.
19. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Mit Ausnahme des oberschlesischen
Industriegebietes scheiden die ostwärts der Oder gelegenen Teile
Schlesiens aus dem Operationsgebiet aus.
Aus der Rede des Führers wird bekannt, daß bis zum 19. September
300.000 Polen in deutsche Gefangenschaft geraten sind. 50.000 polnische
Soldaten werden bis Dienstag früh als über die litauische Grenze
getreten gemeldet.
Gen.-Oberst v. Brauchitsch
Oberbefehlshaber des Heeres
[Weltbild]
|
Die Schlacht an der Bzura, östlich von Kutno ist beendet. Als
vorläufiges Ergebnis werden 50.000 Gefangene und unübersehbare
Materialbeute gemeldet. Lemberg wird zur Übergabe aufgefordert.
Westlicher Kriegsschauplatz. Der Oberbefehlshaber, Generaloberst v.
Brauchitsch, begibt sich an die Westfront.
Rudolf Heß, der Stellvertreter des Führers, trifft zu einer
Inspektionsreise des Westwalles in Kaiserslautern ein.
Innerdeutsche Ereignisse. Der Führer spricht vom Danziger
Artushof aus; die Rede wendet sich an die ganze Welt. Der Führer
befaßt sich eingehend mit Englands Schuld an der polnischen Katastrophe.
Er betont Deutschlands begrenzte Ziele im Osten und seine Bereitschaft zum
Frieden wie zum Kriege.
Für die Kriegszeit werden innerhalb der deutschen evangelischen Kirche
Verwaltungsvereinfachungen durchgeführt.
Polnische und Staatsangehörige des Irak werden aufgefordert, sich bei den
Polizeibehörden innerhalb von 24 Stunden zu melden.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Die
litauische Regierung erhält von dem sowjetrussischen Gesandten in Kowno
die nochmalige Versicherung, daß sich die russische Aktion auf die
weißrussischen und ukrainischen Gebiete des ehemaligen polnischen
Staates beschränke. Die Schweiz meldet, daß Londoner Blätter
erklären, Sowjetrußland würde sowieso Ostpolen
bekommen haben, wenn es sich für die englische Einkreisungspolitik zur
Verfügung gestellt hätte. Der ehemalige König Eduard VIII.
von England und jetzige Herzog von Windsor übernimmt als Generalmajor
eine Stellung in der britischen Armee.
Amerika erklärt durch Staatssekretär Hull, daß es dem
Einmarsch der russischen Truppen in Polen nicht gleichgültig
gegenüberstehen könne.
Mussolini hat mehrere militärische Besprechungen im Palazzo
Venezia.
Zwischen den französischen Gewerkschaften und der kommunistischen
Partei kommt es zum offiziellen Bruch.
In Frankreich wird die "Haute Couture" stillgelegt.
In den nordischen Staaten bekennt man sich in der Kopenhagener Konferenz
erneut zur unbedingten Handelsneutralität.
Die holländische Regierung protestiert in Paris gegen die Festhaltung
mehrerer holländischer Rheinkähne in Straßburg.
Aus der Schweiz wird bekannt, daß dort ein Einheitsbrot ab 1. Oktober
eingeführt wird.
20. September
1939
Östlicher Kriegsschauplatz. Die Zahl der in der Schlacht bei
Kutno und an der Bzura Gefangenen beträgt am 19. September abends
bereits 105.000 und nimmt unaufhörlich zu. Am 20. werden nachmittags
bereits 170.000 Gefangene gezählt, außerdem 320 Geschütze
und 40 Kampfwagen. Nur noch südlich von Modlin und in Warschau wird
ernsterer Widerstand geleistet. Generaloberst von Brauchitsch erläßt
einen Tagesbefehl an das deutsche Heer, worin er diesem seine Anerkennung
Fesselballon vor dem Aufstieg
[Atlantic - Piepen]
|
für dessen hervorragende Haltung ausdrückt. Die Rote Armee
rückt, laut russischem Heeresbericht, bis Grodno, Kowel und Lemberg
vor.
Westlicher Kriegsschauplatz. Nach den Verlustlisten, die die britische
Admiralität von der Torpedierung des Flugzeugträgers
"Courageous" herausgibt, sind 682 Mann gerettet und 578 verloren worden. Drei
Flüchtlinge kehren heim
[Atlantic - Casper]
|
Fesselballons und acht Flugzeuge werden an der Westfront abgeschossen.
Innerdeutsche Ereignisse. Die ersten aus Polen geflüchteten
Volksdeutschen verlassen am Nachmittag Berlin, um in die besetzten Gebiete
zurückzukehren.
Außerdeutsche und außenpolitische Ereignisse. Amerika
erklärt zur Danziger Führerrede, die Entscheidung über die
weitere Entwicklung des Krieges liege jetzt bei England und
Frankreich. - Der französische Ministerpräsident Daladier
erklärt im Ministerrat, daß trotz der Rede des Führers die
"Entente Cordiale" unerschüttert sei. Bei seinem Wochenrückblick
im Unterhaus, in dem er auf den "russischen Rechtsbruch" eingeht, erklärt
Chamberlain, der Augenblick, den Einfluß der letzten Ereignisse auf die
Weiterführung des Krieges zu untersuchen, sei noch nicht da. Gegen die
englische Regierung werden in der gleichen Sitzung harte Vorwürfe
über die Geringfügigkeit der englischen Hilfe für Polen
gerichtet. Chamberlain erklärt, daß England sich nicht in Abenteuer
stürzen werde, die wenig Aussicht auf Erfolg hätten.
Die englische Admiralität teilt mit, daß bis zum 20. September 200
neutrale Schiffe von englischen Kriegsschiffen angehalten worden sind, von
denen nur 80 mit voller Ladung wieder freigelassen wurden.
Den englischen männlichen Staatsangehörigen zwischen 16 und 50
Jahren in Britisch-Indien wird durch eine Verordnung der dortigen
Regierungsstellen untersagt, Indien zu verlassen. Sie sollten notfalls ihrer
Militärpflicht in Indien genügen.
Der rumänischen Regierung erklärt der russische
Besatzungskommandant in Polen, daß man die rumänische Grenze
peinlich respektieren werde.
Zwischen dem sowjetrussischen Außenkommissar und dem litauischen
Gesandten findet eine Unterredung statt, in der die Festlegung der russischen
Staatsgrenze besprochen wird.
In Lettland erläßt das Kabinett neue Schutzbestimmungen für
das lettische Staatsgebiet.
Professor Burckhardt, der ehemalige Völkerbundkommissar in Danzig,
trifft, von Deutschland kommend, im Kraftwagen in der Schweiz ein.
In Buenos Aires teilt der deutsche Geschäftsträger dem
argentinischen Außenministerium mit, daß Deutschland, nach den
Regeln des Völkerrechts, seine Handelsbeziehungen mit
Südamerika in vollem Umfange aufrechterhalten wolle.
Über die Schweiz gelangt eine französische Falschmeldung nach
Deutschland, nach der an der belgischen Grenze deutsche
Truppenzusammenziehungen stattfänden.
In Rom und Athen beschließen die Regierungen, ihre Truppen von den
Grenzen zurückzunehmen und die Beziehungen der beiden Länder
wieder zu normalisieren.
Französische Bomber überfliegen den Schweizer Luftraum und
verletzen die Neutralität der Eidgenossenschaft.
In ihrer Haushaltsvorlage kündigt die holländische Regierung neue
Steuererhöhungen an. Zugleich wird, wie das Außenministerium
mitteilt, von diesem Tage an die Visumfreiheit für die meisten
Länder aufgehoben.
Der irische Ministerpräsident de Valera erklärt, daß er seine
Reise nach den Vereinigten Staaten verschoben habe.
In Kanada gibt die Regierung bekannt, daß sie notfalls zwei Divisionen als
Expeditionskorps für Europa aufzustellen beabsichtige.
Moskau und Tokio geben ihre endgültige Einigung in der mandschurischen
Frage bekannt.
Im Weißen Haus hält Präsident Roosevelt mit den
demokratischen und republikanischen Parteiführern eine Konferenz ab.
Unser Kampf in Polen
Die Vorgeschichte - Strategische Einführung - Politische und kriegerische
Dokumente