SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[15]
In Versailles

Für die Feindbundstaaten besteht nun keine andere Sorge mehr, als den einmal im Kampfe niedergeworfenen Gegner restlos zu vernichten. Die deutsche Staatsführung ist nicht mehr zu fürchten, sie steht auf dem Boden des Friedens um jeden Preis. Nun kommt die große Stunde für die treibenden Kräfte der alliierten Großstaaten; es gilt eine Form des Friedens zu finden, die alle Befürchtungen in bezug auf Deutschland für die Zukunft ausschließt. Der "greise Tiger" Clemenceau, der Engländer Lloyd George, Italiens Vertreter Orlando und der Vertreter des gerechtigkeitstriefenden Amerika, Wilson, beraten ohne Hinzuziehung von Vertretern Deutschlands über die Formulierung eines zu ratifizierenden Friedensvertrages.

Der schwärzeste Tag der deutschen Geschichte dieses Jahrhunderts sieht die Vertreter Deutschlands in Versailles, in derselben Umgebung, ein der ein Bismarck einmal die Proklamation des geeinten Deutschland verlesen hat. Eine symbolische Demütigung, wie sie schwerer in der deutschen Geschichte kaum zu finden ist. Die deutschen Delegierten "verhandeln" unter Beeinträchtigung ihrer persönlichen Freiheit über die Zukunft ihres Vaterlandes.

Wenn hier von "Verhandeln" gesprochen wird, so kann es nur mit dem Unterton bitterster Ironie geschehen. Es war keine Verhandlung, es war Diktat. Die Feindbundstaaten hatten bis in die Einzelheiten hinein die künftige Verknechtung Deutschlands in ihren Entwürfen niedergelegt. Es gab für Deutschland nur zwei Wege: Annehmen oder ablehnen!

Am 7. Mai 1919 erklärte Clemenceau zu Beginn der Verhandlungen: "Es wird keine mündliche Verhandlung geben, und die Bemerkungen werden schriftlich vorgebracht werden müssen!" Die deutschen Delegierten waren ihrer Bedeutung als Unterhändler entkleidet und schamlos zum Botengängertum degradiert.

Das Schandwerk des Vertragsentwurfs wurde der Deutschen Nationalversammlung in Weimar zur Abstimmung und [16] Ratifizierung überreicht und dort mit geringer Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Müller (SPD.) und Bell (Zentrum) - eine erstmalige symbolische Einheit zwischen Schwarz und Rot - fahren nach Versailles, und dort wird am 28. Juni um 3 Uhr nachmittags der Vertrag von diesen beiden Vertretern Deutschlands unterzeichnet.

In stummer Erbitterung nimmt man diesen Schlag in Deutschland hin. Grauenvoll und drohend steht vor den anständig denkenden Deutschen die Zukunft als eine unerbittliche, fast unübersteigbare Kerkermauer. Die schwarz-roten Landesverräter frohlocken und sprechen von einer Zeit der Schönheit und Würde, der Deutschland entgegengehe. Die Stunde des gigantischen Kampfes innerhalb der deutschen Grenzen um die Zukunft unseres Volkes hat geschlagen. Jetzt gilt es, nicht nur nach außen ein bedrohtes Land zu verteidigen, sondern auch im Inneren mit den Kräften aufzuräumen, die dieses Land unter die Hoffnungslosigkeit eines Kaudinischen Jochs gebracht haben.

Fast aussichtslos schien es, aus dem Netz des Versailler Vertrages sich wieder befreien zu können. Zu groß ist der Verlust, den Deutschland erlitten hat. Der Gesamtgebietsverlust, den der Versailler Vertrag in sich schließt, beträgt für Deutschland 13% vom Mutterland. Dazu kommt der Verlust aller Kolonien. Die Gesamtgröße des Königreichs Bayern oder das Gesamtgebiet der beiden Provinzen Pommern und Brandenburg entsprechen nicht der Größe des vom Mutterlande abgetretenen Bodens. 10% der deutschen Bevölkerung kommt unter feindliche Oberhoheit. Die deutsche Wirtschaft verliert 89% der deutschen Handelsflotte, 17% der Kartoffelerzeugung, 15% der Getreideproduktion, 26% der deutschen Erzerzeugung, 30% der Steinkohlenförderung, 68% ihrer Zinkerze und 75% ihrer gesamten Eisenproduktion.

Abtretungsgebiete und besetzte Gebiete
[17]      Deutsches Reich: Abtretungsgebiete und besetzte Gebiete.

Der Verlust an Wehrkraft ist ungeheuer. Die Grenzfestungen werden geschleift. Spätestens nach 2 Jahren darf das deutsche Heer nicht mehr als 7
Friedensstärken der Heere 1925
[18]      Friedensstärken der Heere 1925.
Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen besitzen. Es darf nicht stärker sein als 100 000 [17] Mann einschließlich des Offizierskorps. Alles deutsche Kriegsgerät ist innerhalb von 8 Wochen an die Feindbundstaaten zwecks Zerstörung abzuliefern. Die Herstellung von Gasen, der Gebrauch von Panzerwagen, Tanks und Flugzeugen ist strikt verboten. Die allgemeine Wehrpflicht wird abgeschafft, die deutsche Kriegsflotte auf ein Mindestmaß zur Küstenverteidigung herabgesetzt.

[18] Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil dessen, was Deutschland auf seine Schultern laden mußte. Neben der Abgabe von Materialien und Gebiet umfaßt der Versailler Vertrag einen weitaus wichtigeren Komplex, der für Deutschlands Zukunft entscheidend sein sollte: Die Kriegsschuldfrage und die Reparationsbestimmungen.

Den Versailler Vertrag umschließt eine sogenannte Mantelnote, in der von den allierten Staaten erklärt und von Deutschland anerkannt wird, "daß es mit seinen Verbündeten für alle Verluste und Schäden als deren Urheber verantwortlich ist, die die alliierten und assoziierten Regierungen und Staatsangehörigen durch den Krieg erlitten haben, den ihnen der deutsche Angriff aufgezwungen hat." Zu dieser Mantelnote gehört eine Anlage, in der dieser moralischen Niederträchtigkeit ins Ungemessene zu erweiternde Grenzen gesetzt sind. Bis jetzt war immer nur die Rede von Schadenersatz gegenüber der Zivilbevölkerung. Nun wird in 10 einzelnen Unterteilungen aufgeführt, welcher Schadenersatz außerdem zu leisten ist, u. a. Pensionen und Entschädi- [19] gungsleistungen an Opfer des Krieges und an Personen, denen diese Opfer Unterhalt gewährten, die Kosten der Unterstützung, die den Kriegsgefangenen oder deren Familien geleistet wurden, Schäden, die einzelnen Personen durch Verletzung von Gesundheit, Arbeitsunfähigkeit oder Ehre von Deutschland und seinen Verbündeten zugefügt wurden. Ersatzleistungen für jegliche Art schlechter Behandlung von Kriegsgefangenen. Rückvergütungen der Hilfeleistungen an die Angehörigen aller von den alliierten Mächten Eingezogenen.

Diese Anlage ermöglicht den Feindbundstaaten die ungeheuerlichsten Forderungen. Da es an sich naheliegt, daß Deutschland nicht in der Lage sein wird, solche Schäden zu ersetzen, wird in einem der nächsten Paragraphen sofort gefordert, daß Deutschland innerhalb einer Frist von zwei Jahren 20 Milliarden Goldmark bezahlt. Es wird außerdem bestimmt, daß Deutschland seine gesamten Hilfsquellen erschließt und erschöpft, um diesen Forderungen gerecht zu werden. Diese Summe von 20 Milliarden Goldmark ist jedoch nur eine vorläufige, in keiner Weise bindende oder endgültige Festsetzung eines Geldbetrages zur Wiedergutmachung entstandener Kriegsschäden. Der [20] Versailler Vertrag sieht nämlich die Gründung einer sogenannten Reparationskommission vor, welche schließlich anderthalb Jahre nach Friedensschluß die übrigen alliierten Staaten aufforderte, ihre endgültigen Schäden zu melden. Die Summe, die dort von 26 Staaten aufgeführt wurde, war derart hoch, daß sie alle Welt überraschte, selbst die Mitglieder der Reparationskommission. Sie belief sich auf 185 Milliarden Goldmark. Im Jahre 1921 wird endlich nach Abstrich einiger ganz unhaltbarer Forderungen von der Reparationskommission die Summe von 132 Milliarden Goldmark endgültig festgesetzt.

Man fragt sich, wenn man von diesen Summen hört, wie die alliierten Staaten sich den weiteren Fortgang der Wiedergutmachung überhaupt gedacht haben. Sie sind jedoch in einer Zwangslage, die sich im Verlaufe des Krieges für sie herausgebildet hat. Der Krieg hatte - besonders im Anfang, wo er den Feindbundstaaten einen Genickschlag nach dem anderen versetzte - den zunächst fast unerschöpflich scheinenden Geldsack geleert. Man war gezwungen gewesen, sich nach neuen Geldquellen umzusehen, um den ungeheuren Anforderungen der Materialschlacht gerecht werden zu können. Von Anfang an hatte man an Amerika gedacht, die verschiedenen Anleiheversuche dort schienen aber auf Widerstand zu stoßen, da in Amerika die Aufsichtsbehörden der Bundes-Reservebanken vor einem Geldverleih an kriegführende Staaten warnten; dies war eine ungeheure Gefahr für die Feindbundmächte, die sich in der Zwischenzeit daran gewöhnt hatten, ihre Kriegsgelder aus Amerika beziehen zu können.

Ein deutsches Friedensangebot des Jahres 1916 enthob sie jedoch dieser drückenden Gefahr. Dieses deutsche Friedensangebot war ein vielleicht unbeabsichtiges Schwächeeingeständnis. Die amerikanischen Finanzgrößen hatten selbstverständlich ein großes Interesse am Kriegsgewinn. Jetzt wußten sie, auf welcher Seite das Übergewicht lag.

Daß Deutschland sich noch so lange hinterher halten konnte, hat niemand geahnt.

Mit großem Eifer wurde die amerikanische Regierung dazu gedrängt, sich am Kriege gegen Deutschland zu beteiligen. [21] Im Jahre 1917 trat Amerika in den Krieg gegen Deutschland ein, und jetzt begann der Dollar zu rollen. Der Krieg wurde das einträglichste Geschäft für die Finanziers, das man sich denken konnte. Die Schuldenlast Englands und Frankreichs bei Amerika stieg ins Ungemessene. Dazu kamen Zinsen über Zinsen, so daß sich Amerikas Schuldner nach Beendigung des Krieges kaum mehr drehen konnten. Der Versailler Vertrag und seine wirtschaftlichen Bestimmungen, mit denen man Deutschland bis zum Letzten erpressen wollte, sollten nun den Schuldnerstaaten die Möglichkeit bieten, erstens im eigenen Lande wieder aufzubauen, und zweitens durch das deutsche Volk und seine Arbeitskraft alle Schulden an Amerika abzahlen zu können. Die Auspressung Deutschlands mußte um so eifriger erfolgen, als Amerika es strikt ablehnte, von seinen Forderungen abzusehen. Der Versuch, Amerika zur Streichung der Schulden zu veranlassen, wurde immer und immer wieder gemacht, selbst mit dem Versprechen, mit dieser Streichung auch die eigenen Forderungen an Deutschland zu verringern. Amerika erklärte jedoch ein für allemal, daß eine Verquickung der Schulden mit den politischen Zahlungen gar nicht in Frage käme.

Es bleibt somit nichts weiter übrig, als eben Deutschland zu schröpfen. Dieser immerwährende Aderlaß an Deutschlands Wirtschaft muß aber - das wissen auch die Franzosen und Engländer - zu einer Katastrophe führen. Man kann nur aus einer arbeitenden Wirtschaft diese Geldsummen ziehen: zerbricht man Deutschland völlig, so bekommt man keinen Pfennig mehr.

Bis dahin hatten die deutschen Politiker - anscheinend der Not gehorchend - fleißig unterschrieben. Jetzt gilt es, diese Beträge aus der deutschen Wirtschaft herauszuziehen, ungeheure Sachlieferungen aufzubringen und außerdem das stark in die Brüche gegangene Deutsche Reich innerpolitisch zu festigen. Man sieht ein, daß es unmöglich ist, die Zahlungen an die Feindbundstaaten aufzubringen. Man muß endlich - das ist auch der Wille der Feindbundstaaten - zu feststehenden Zahlungen kommen, die jährlich aufzubringen sind. [22] So tritt im Frühjahr 1921 die Reparationskommission in London zu einer Konferenz zusammen, in der man die zu zahlende Summe von 132 Milliarden Goldmark in Jahreszahlungen aufteilen will. Das dort aufgestellte sogenannte Londoner Ultimatum fordert von Deutschland die Übergabe von Schuldverschreibungen in der Gesamtsumme von 132 Milliarden. Diese Schuldverschreibungen werden in drei Reihen aufgestellt

    a) über 12 Milliarden,
    b) über 38 Milliarden,
    c) über 82 Milliarden.

Davon deckt allein die Hälfte schon die Gesamtkriegsschuld der alliierten Staaten. Die Verzinsung dieser Schuldverschreibungen wird so festgesetzt, daß 2 Milliarden jährlich von Deutschland fest zu zahlen sind, zuzüglich der fälligen Raten, außerdem 26% der gesamten deutschen Ausfuhr. Die Gesamtsumme von 132 Milliarden Goldmark wird so aufgeteilt, daß sie innerhalb von 30 Jahren zurückzuzahlen ist. Vergleichend sei hier erwähnt, daß zu jener Zeit das gesamte deutsche Volksvermögen 150 Milliarden betrug, also nur wenig mehr als die Summe der ausgegebenen deutschen Schuldverschreibungen.

Zurückblickend kann man es heute kaum verstehen, daß sich seinerzeit eine deutsche Regierung zur Anerkennung dieser Forderungen bereitfand. Die Erfüllungspolitiker aber, an der Spitze der damalige Reichskanzler Dr. Wirth (Zentrum), waren fest entschlossen, im Sinne des anerkannten Kriegsschuldparagraphen für eine Annahme des Ultimatums im Reichstag Sorge zu tragen. Zu jener Zeit sprach der Minister und Jude Rathenau den Satz aus, daß es keine Unerfüllbarkeit solcher Verträge gäbe, denn es handele sich lediglich darum, wie tief man ein Volk in Not geraten lassen dürfe; derselbe Jude, welcher erklärt hatte, daß nur 300 Männer die Welt regierten, die sich untereinander genau kennen, - gemeint war die jüdische Hochfinanz.

Der Zentrumskanzler Wirth hatte es mit solchen Ratgebern nicht schwer, das Ultimatum vom Reichstag annehmen zu [23] lassen. Unter jenem schwarz-rot-jüdischen System war es auch möglich, daß zur restlosen Ausplünderung des deutschen Volkes zum Inflationsverbrechen gegriffen wurde, und die breiten Massen des Volkes dadurch ihres letzten wirtschaftlichen Halts beraubt wurden.

Deutschland hat das erste Gefecht im Kampf um sein weiteres Bestehen verloren. Durch die gemeinsame Ausplünderungspolitik international zusammenhängender Juden und Freimaurer war es arm, bettelarm geworden. Fast aussichtslos und hoffnungslos schien der Kampf, den das kleine Häuflein aufrechter Deutscher damals führte. Nationale Geheimbünde, Männer, die weder Gefängnis noch Tod fürchten, schlagen sich dennoch erbittert auf verlorenem Posten für Volk und Land. Von eigenen Volksgenossen verraten, geschmäht und als Fememörder verschrien, urteilten und vollstreckten sie, wenn niemand sich fand, die Landesverräter zu strafen, indem sie sich selbst das Recht nahmen, Richter zu sein.


Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite



Die Schandverträge
Hans Wilhelm Scheidt