Der verwaltungsmäßige Aufbau des Reichsgaues Gleichzeitig mit dem Aufbau der Partei begann der Aufbau der Verwaltung. In den von den Polen geraubten und von der deutschen Wehrmacht befreiten Gebieten wurde zunächst im Ablauf der militärischen Ereignisse eine Militärverwaltung eingesetzt. Am 14. September 1939 übernahm General der Artillerie Heitz als Militärbefehlshaber Danzig-Westpreußen seine Dienstgeschäfte. Ihm wurde von Gauleiter Forster feierlich das Haus des Generalkommandos, das in der Zwischenzeit von den Danziger Völkerbundskommissaren bewohnt war, wieder übergeben. Am 8. Oktober 1939 hat dann der Führer die Gebiete bestimmt, deren Eingliederung in das Reich vorgenommen werden sollte. Er hat den Aufbau der Verwaltung dieser Gebiete fest- [66] gelegt und diesen Erlaß mit Wirkung vom 26. Oktober 1939 in Kraft gesetzt. Im Zuge dieser Neuordnung des deutschen Ostens wurde der Reichsgau Danzig-Westpreußen neu errichtet, gleichzeitig auch als Gau der NSDAP. In den Reichsgau Danzig-Westpreußen wurde das Gebiet der Freien Stadt Danzig, die schon durch das Wiedervereinigungsgesetz vom 1. September 1939 deutsches Reichsgebiet geworden war, mit einbezogen. Der Reichsgau Danzig-Westpreußen gliedert sich in die Regierungsbezirke Danzig, Marienwerder und Bromberg. Der Regierungsbezirk Marienwerder umfaßt dasjenige Gebiet, das früher zur alten Provinz Westpreußen gehörte und in der Zwischenzeit durch die Provinz Ostpreußen betreut wurde. Der Aufbau der Verwaltung im Reichsgau richtet sich nach den Vorschriften des Sudetengau-Gesetzes. An der Spitze des Reichsgaues steht der Reichsstatthalter, der seinen Sitz in Danzig hat. Er ist gleichzeitig Gauleiter der NSDAP. Zum Reichsstatthalter wurde Danzigs Gauleiter Albert Forster vom Führer ernannt. Um den besonderen Verhältnissen im deutschen Osten Rechnung zu tragen und vor allem die Einhaltung einer geraden Linie bei der Aufbauarbeit zu gewährleisten, wurden dem Reichsstatthalter eine Reihe von Vollmachten zugesprochen, die über die Vorschriften des Sudetengau-Gesetzes hinausgehen. Sein sachlicher Arbeitsbereich erstreckt sich ohne Ausnahme auf alle zivilen Verwaltungszweige. Ihm sind alle Behörden unterstellt, auch diejenigen, die im Altreich Behörden mit Reichs-Sonderverwaltungen sind, wie z. B. Reichsbahnverwaltung, Reichsjustizverwaltung, Reichspostverwaltung. Der Übergang dieser Verwaltungszweige auf die Sonderverwaltung des Reiches ist einer späteren Regelung vorbehalten. Der Verkehr zwischen den Regierungspräsidenten und den obersten Reichsbehörden geht über die Dienststelle des Reichsstatthalters.
Beim Reichsstatthalter ist die gesamte Verwaltung zusammengefaßt. Neben der staatlichen Verwaltung der Reichs- [67] statthalterei ist ihm die Gauselbstverwaltung unterstellt. Diese nach der dritten Verordnung zur Durchführung des Führer-Erlasses vom 29. Mai 1940 in selbständigen Abteilungen gegliederte Behörde erledigt öffentliche Aufgaben in eigener Verwaltung. Das Reich legt ihr durch Gesetz und Anweisung bestimmte Aufgaben auf. Die Durchführung und Ausweitung aber dieser Aufgaben ist Angelegenheit des Reichsstatthalters. Die Gauselbstverwaltung, die es nur in den drei neuen Reichsgauen, Sudetenland, Danzig-Westpreußen und Wartheland gibt, ist eine selbständige Verwaltungseinheit mit Selbstverwaltung, die den ganzen Raum des Reichsgaues umfaßt. Die anderen Selbstverwaltungen des Gaues, zum Beispiel die Kreise, Städte und Dörfer sind der Gauselbstverwaltung nicht untergeordnet, werden aber von ihr in vieler Hinsicht ergänzt. Die Gauselbstverwaltung übernimmt alle Aufgaben der Gemeinden, deren Erfüllung über den Rahmen und die finanziellen Kräfte der einzelnen Gemeinden hinausgehen würde. Dazu gehört die Bekämpfung von Volkskrankheiten und Volksseuchen, der Bau und die Unterhaltung von Heil- und Pflegeanstalten. Anlagen, die diesem Zweck dienen, sind Eigentum der Gauselbstverwaltung. Bei der Jugendpflege greift die Gauselbstverwaltung bei solchen Aufgaben, die den Rahmen der Gemeindeaufgaben sprengen, durch Gewährung von Zuschüssen und Förderung jeder Art ein, zum Beispiel bei Errichtung von Jugendherbergen. Eine ähnliche Lage ist bei der Errichtung und Unterhaltung von Kleinbahnen, Autobus- und Dampferlinien, der Energieversorgung des Reichsgaues, der Hebung der landwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Nachwuchserziehung für die gewerbliche Wirtschaft gegeben. Die Gauselbstverwaltung hat es auch übernommen, das Landschaftsbild zu pflegen. Sie ist bei der Einrichtung von Naturschutzgebieten und der Landesplanung maßgeblich beteiligt.
Durch Versailles und die der Danziger Bevölkerung aufgezwungene sogenannte Danziger Verfassung wurde die Selbstverwaltung der Stadt Danzig mit dem 30. April 1921 beendet. [68] Von diesem Zeitpunkt an führte der Senat der Freien Stadt Danzig als Staatsverwaltung gleichzeitig auch die Geschäfte der Stadtgemeinde Danzig. Ein jahrhundertelanges Eigenleben wurde damit nach dem Willen fremder Machthaber eingeschränkt und zum Teil beseitigt. Gleich nachdem die Befreiungsstunde Danzigs geschlagen hatte, wurden auch alle erforderlichen Schritte eingeleitet, die Selbstverwaltung der Stadt wiederherzustellen und die dadurch bedingte Trennung der ehemaligen Staats- von der Gemeindeverwaltung vorzunehmen. Mit Erlaß vom 1. November 1939 stellte dann der Gauleiter und Reichsstatthalter die Selbstverwaltung der Stadt Danzig endgültig her. Damit wurde die Grundlage gegeben, Danzig als selbständige Stadtgemeinde zu der Bedeutung aufzubauen und zu entwickeln, die ihr nicht nur als kulturpolitisches Zentrum im deutschen Osten zukommt, sondern die ihr durch die gewaltige letzte Entwicklung im gesamten Ostraum als Hauptstadt des Reichsgaues Danzig-Westpreußen in besonderem Maße zufällt. Diese große Vergangenheit verpflichtet die heute lebende Generation, mit gleicher Energie und Tatkraft wie ihre Vorfahren an die Bewältigung der vielfachen neu gestellten Aufgaben heranzugehen. Der Aufbau der Schiffsbauindustrie, die auch Danzig zufallende Arbeit für die Wehrhaftmachung des deutschen Volkes, der neu aufblühende Handel ergeben eine Fülle von Problemen und Arbeit. Besonders wichtig wird nach dem Krieg die Beseitigung des jetzt auftretenden Wohnungsmangels werden. Die städtebauliche Entwicklung Danzigs, die Altstadtsanierung und Großraumplanung, ist mit Danzigs Aufgabenstellung als Handels- und Verkehrsstadt zugleich gebunden. Wenn durch die neue europäische Gestaltung mehr als bisher der nordische Raum wirtschaftspolitisch für Deutschland erschlossen wird und der südosteuropäische Raum in Deutschland seinen natürlichen Handelspartner erblicken wird und auch heute schon erblickt, so kann Danzig einer der vorteilhaftesten Treffpunkte dieser neuen Handelswege werden. Entsprechend der Zusammenfassung aller Behörden beim Reichsstatthalter sind auch im Kreis als unteren Verwaltungs- [69] bezirk alle Sonderbehörden in der Kreisstufe dem Landrat oder Oberbürgermeister unterstellt. In Danzig trat das gesamte Reichsrecht und preußische Landesrecht am 1. Januar 1940 in Kraft. Reichsrecht findet hier ohne weiteres Anwendung. Das gleiche gilt für den Regierungsbezirk Marienwerder, weil dieser Bezirk als Teil Ostpreußens schon die reichsrechtliche Entwicklung mitgemacht hatte. Dagegen tritt im übrigen befreiten Gebiet des Gaues das seit dem 26. Oktober 1939 verkündete Reichsrecht nur dann in Kraft, wenn es ausdrücklich bestimmt wird. Zur Zentralstelle aller mit der Neuordnung befaßten Dienststellen wurde das Reichsministerium des Innern bestimmt. Der Reichsminister des Innern erläßt auch die in Verfolg des Führer-Erlasses notwendigen Durchführungs- und Verwaltungsvorschriften. Von besonderer Bedeutung wurde die Regelung der Staatsangehörigkeit der Bewohner dieser befreiten Gebiete. In dem Führer-Erlaß war lediglich allgemein angeordnet worden: "Die Bewohner deutschen oder artverwandten Blutes erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit nach Maßgabe näherer Bestimmungen." Eine allgemeine Regelung ist bis jetzt noch nicht ergangen. Doch hat der Reichsminister des Innern bereits jetzt einen Kreis von Personen bestimmt, die deutsche Staatsangehörige geworden sind. Dazu gehören diejenigen, deren Volkszugehörigkeit von der hierfür bestimmten Stelle bestätigt worden ist. Sie haben die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, wenn sie bis zum Tage des Führer-Erlasses die polnische Staatsangehörigkeit besaßen und zu diesem Zeitpunkt Bewohner des Großdeutschen Reiches einschließlich der eingegliederten Ostgebiete waren. Dagegen werden alle diejenigen Bewohner des eingegliederten Gebietes, deren deutsche Volkszugehörigkeit nicht feststeht, vorläufig als staatenlos angesehen.
Auch den Behördenleitern stellten sich von Anfang an große Schwierigkeiten in den Weg. Ohne ausreichendes und geschultes Personal mußten sie unter den verschärften Bedingungen des Krieges durch besondere Leistungen versuchen, den Anschluß an [70] die Arbeitsbedingungen des Reiches möglichst schnell zu gewinnen. Auf allen Gebieten hatten die Polen nur Unordnung und Trümmer hinterlassen.
Besondere Schwierigkeiten stellten sich der Postverwaltung entgegen. Die Telephonleitungen waren zum großen Teil zerstört, die Postämter unbesetzt, eine eingearbeitete Beamtenschaft nicht vorhanden. Gesprengte Brücken machten die Zustellung oft unmöglich. Gleichzeitig aber wuchs das Bedürfnis nach einer geregelten Postzustellung im gleichen Maße wie die anderen Behörden ihren Dienst im Reichsgau aufnahmen. Der Gauleiter richtete in den ersten Wochen einen Kurierdienst durch Flugzeug ein. Allmählich kam auch die Postzustellung in Gang, wenn auch in der ersten Zeit noch mit polnischen Beamten gearbeitet werden mußte. Allein in den ersten Monaten wurden 630 Postämter und Poststellen eingerichtet. Der Brief-, Päckchen- und Paketverkehr vervielfachte sich. Zahlreiche Kraftpostlinien erschlossen das flache Land. Viele Neubauten werden erforderlich sein, da in der polnischen Zeit die technischen Fortschritte in keiner Form berücksichtigt wurden. Die Reichspost betreute ferner die Anlagen des Danziger Senders in technischer Hinsicht. Auch in dieser Beziehung sind für die Zukunft große Pläne vorhanden, um überall im Gaugebiet beste Empfangsmöglichkeiten zu schaffen.
Ähnliche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Wiederaufnahme des Eisenbahnverkehrs. Vor allem mußten für die von den Polen zerstörten Brücken in kürzester Frist Notbrücken errichtet werden, denen so schnell wie möglich massive Brücken folgten und folgen werden. Danzig wurde wieder Sitz einer Reichsbahndirektion. Der Bezirk umfaßt die Eisenbahnstrecken im Reichsgau Danzig-Westpreußen unter Einschluß der gesamten Strecke Schneidemühl–Bromberg–Thorn und der Strecke Danzig–Deutsch- [71] Eylau. Damit fand die durch den Friedensvertrag erzwungene Aufteilung der Strecken des Reichsgaues Danzig-Westpreußen auf die Nachbardirektionen ihr Ende. Die wiedererrichtete Danziger Direktion verfügt auch über ein eigenes Reichsbahnausbesserungswerk auf dem Troyl, das 1300 Menschen Arbeit und Brot geben kann.
Der Aufbau der Justiz war gerade im Hinblick auf die Sicherung und Ordnung von besonderer Bedeutung. Dem Oberlandesgericht in Danzig sind außer dem Landgerichtsbezirk Danzig die Landgerichtsbezirke Graudenz, Thorn, Bromberg, Konitz und Gotenhafen unterstellt. Die Rechtspflege hat schon im November 1939 in vollem Umfang eingesetzt. Die Arbeiten der Rechtsangliederung konnten in positiver Weise durchgeführt werden.
Die Wiedergewinnung der befreiten Gebiete für das Deutschtum war sehr stark von der Durchführung des Arbeitseinsatzes abhängig. Als fachlicher Träger dieser Aufgaben wurden im Bezirk des Landesarbeitsamtes Danzig elf Arbeitsämter gebildet. Als Hauptaufgabe stellte sich für sie die Gewinnung deutscher Arbeitskräfte für den Reichsgau. An die Stelle der polnischen sollten nach Möglichkeit deutsche Arbeitskräfte treten. Für die Volksdeutschen in den ehemals polnischen Gebieten wurden Schulungen durchgeführt, um ihnen die Einnahme von Stellungen zu ermöglichen, die eine Ausbildung voraussetzten. Sondermaßnahmen waren auch für den Einsatz der Baltendeutschen notwendig. Der Aufbau der Berufsberatung war für die volksdeutsche Jugend von besonderem Wert. Am 24. Juli 1940 konnte der Präsident des Landesarbeitsamtes mit Genugtuung feststellen, daß der Reichsgau frei von Arbeitslosen wäre. Es ist den Bemühungen der Arbeitsämter gelungen, für die Landwirtschaft die erforderlichen Arbeitskräfte bereitzustellen. Darüber hinaus konnten dem Altreich 50 000 Kräfte für die Landwirtschaft zugeführt werden.
[72] Zu den Arbeitsvorhaben größeren Ausmaßes gehörte die Danziger Reichsautobahn. Schon am 18. September 1939 konnte Gauleiter Forster mit dem ersten Spatenstich das Zeichen zum Arbeitsbeginn geben. Die große Planung der in Angriff zu nehmenden Reichsautobahn im befreiten Osten steht fest. An der Linienführung wird gearbeitet. Zwei große Linien berühren den Reichsgau, die bei Bromberg das große Nord-Süd- und West-Ost-Kreuz bilden. Ausgehend vom Berliner Ring, wird die Linie der Reichsautobahn über Schneidemühl, Bromberg nach Allenstein gebaut. Im Anschluß an die Reichsautobahn Königsberg–Elbing und ihre Erweiterung über Praust, Danzig, Zoppot, Gotenhafen und spätere Fortführung nach Stettin wird von Danzig aus die Nord-Süd-Linie über Bromberg, Posen, Breslau nach Bremen und Wien verlaufen.
Große Aufgaben stellten sich auch der Wasserstraßendirektion in Danzig bei der Bewirtschaftung der Wasserstraßen im ehemaligen Polen. Die Regulierung der Weichsel und der Netze steht jetzt an erster Stelle, nachdem bereits sechs Monate nach der Eingliederung der Bromberger Kanal, der diese beiden Flüsse verbindet, dem Verkehr wieder zur Verfügung gestellt werden konnte, obwohl die Polen das Kanalbecken jahrelang verschlammen ließen und viele Wehre und Schleusen demoliert hatten. Für die Durchführung dieser Arbeiten wie auch für die laufende Unterhaltung der Binnen- und Seewasserstraßen im Reichsgau Danzig-Westpreußen stehen der Wasserstraßendirektion sieben Reichswasserstraßenämter zur Verfügung. Für die Bearbeitung eines Entwurfes zum Ausbau der Weichsel ist der Wasserstraßendirektion eine Vorarbeitenabteilung mit dem Sitz in Thorn angegliedert. An der Weichsel liegen größere Hafen bei Plock, Leslau, Thorn, Bromberg, Graudenz und Elbing. End- und Ausgangspunkt für die gesamte Binnenschiffahrt des Reichsgaues ist letzten Endes die Weichselmündungsstadt Danzig mit ihrem Seehafen.
[73] Besondere Bedeutung für die westpreußische Wirtschaft haben die Wälder in Reichsgau. Der Boden des Gaugebietes ist über ein Fünftel des Gesamtinhalts mit Wald bedeckt. Ein Gauforstamt mit 73 staatlichen Forstämtern und 7 Inspektionen leistet die Aufbauarbeit. Durch schnellen Einsatz sogleich nach der Besetzung gelang es, auch in der gefährlichen Tucheler Heide alle Wälder und Gehöfte sicherzustellen und zu schützen. Die zunächst gestellte Hauptaufgabe, die ausreichende Beschaffung von Holz für das Altreich, wurde durch schnellen Einschlag in Angriff genommen und trotz Schnee und Kälte erfüllt.
Zur Durchführung der Aufgaben der Reichsfinanzverwaltung wurde in Danzig ein Oberfinanzpräsidium errichtet. Zu dem Oberfinanzbezirk gehören außer den bereits vorhandenen Finanzämtern in Danzig und den aus dem Oberfinanzbezirk Ostpreußen übernommenen Ämtern zahlreiche neueingerichtete im befreiten Gebiet. Es war auch hier nicht möglich, diese Ämter sogleich mit ausgebildeten Beamten zu besetzen. In mühevoller Arbeit wurden durch besondere Schulungskurse Aushilfskräfte aus den Reihen der volksdeutschen und baltendeutschen Kräfte so herangebildet, daß sie jetzt ein vollwertiges und vor allem bodenständiges Personal bilden. Die sich immer stärker belebende Wirtschaft in Stadt und Land, die Wiederaufnahme der Arbeit in den größeren, mittleren und kleineren Betrieben und das Vertrauen zu einer gerechten und pfleglichen Behandlung der Steuerpflichtigen wirkte sich durch immer stärker ansteigende Einnahmen im befreiten Gebiet aus. Die Volksdeutschen haben die Gewißheit, daß sie nicht mehr, wie in der polnischen Zeit, willkürlich und schikanös behandelt werden, sondern daß bei den Zahlungen und Veranlagungen der Tatsache Rechnung getragen wird, daß die Volksdeutschen im Korridor von den Polen aus politischen Gründen mit überhöhten Steuerlasten belegt wurden. Im Ausgleich zu dieser Maßnahme und zur Beseitigung dieses Unrechts wurde ferner dafür gesorgt, daß die jahrelange be- [74] wußte Schonung der Polen nunmehr einer gerechten steuerlichen Erfassung Platz machte.
Bei Übernahme des befreiten Gebietes bestanden nur noch 26 deutsche Schulen als Rest eines einstmaligen deutschen Schulwesens. Die Errichtung und Einrichtung von deutschen Schulen und die Berufung von deutschen Lehrern und Lehrerinnen war deshalb besonders vordringlich. Die Planung des Volksschulwesens sieht für Danzig-Westpreußen 358 einklassige, 525 zweiklassige, 355 drei- und sechsklassige, 172 achtklassige Schulen vor. Bis jetzt sind im befreiten westpreußischen Gebiet rund 2500 Lehrkräfte, darunter etwa 600 Volksdeutsche tätig. Da die ehemals polnischen Schulen baulich deutschen Ansprüchen sowie deutscher Baugesinnung nicht entsprechen, wird für die zukünftigen Schulbauten die Einfügung in die Landschaft, die Beziehung zu den Nachbarstaaten und insbesonders zu den Baudenkmälern des deutschen Ordens richtungweisend sein. Schon im abgelaufenen ersten Jahre konnten Reparaturen an Schulgebäuden für eine Million Reichsmark vorgenommen werden. An 42 Orten im Gau werden augenblicklich Berufsschulen verschiedener Art eingerichtet. Handels- und höhere Handelsschulen sind in maßgebenden Städten vorgesehen. Im Hinblick auf die landwirtschaftliche Bedeutung des Gaues ist ein großzügiger Ausbau des landwirtschaftlichen Berufsschulwesens und die Einrichtung von Landfrauenschulen und Fachschulen für den Gartenbau vorgesehen. Für alle Oberschulen im befreiten Gebiet sind Schülerheime geplant.
Die gesundheitsmäßige Betreuung des Reichsgaugebietes wurde vom Augenblick der Besetzung an durchgeführt. Noch in der Zeit des Vormarsches deutscher Truppen wurden Krankenhäuser übernommen, um den deutschen Verwundeten die nötige Hilfe zu gewähren. Ärzte, Schwestern und Pflegepersonal wurden entsandt. Die 30 im polnischen Gebiet übernommenen [75] Krankenhäuser befanden sich in unglaublichem Zustand. Sie waren zum Teil so verschmutzt, verwanzt und verlaust, daß nur eine mehrfache Entgasung sie wieder gebrauchsfähig machte. Heute schon steht in jeder Stadt und in jedem Marktflecken ein sauberes, nach deutschen Grundsätzen geleitetes und von deutschen Ärzten, Schwestern und Pflegepersonal betreutes Krankenhaus den Hilfsbedürftigen zur Verfügung. 85 Ärzte aus den baltischen Ostseeprovinzen konnten bei dieser Gelegenheit eingesetzt werden. Eine Sonderleistung auf dem Gebiete der Gesundheitsbetreuung brachte die Rückwanderung der Baltendeutschen, da ein großer Teil der umgesiedelten Personen im hohen Alter stand und die Umsiedlung im Winter stattfand. Mehrfach waren tausende hilfsbedürftiger alter Menschen innerhalb weniger Stunden in Danzig unterzubringen. Die Einführung der staatlichen Gesundheitsämter zur gesetzmäßigen Sicherung aller Gesundheitsbelange führte zur Bildung von 28 Gesundheitsämtern und zur Errichtung von 17 Land- und Ortskrankenkassen. Der Kampf gegen Tuberkulose erfordert im Gaugebiet besondere Aufmerksamkeit, da diese Krankheit vor allem durch die sehr schlechte Unterbringung in der Polenzeit verbreitet wurde. Die medikamentöse Versorgung der Bevölkerung erfolgte durch Einsatz von 71 Apothekern. Die polnischen Apotheken wurden sogleich deutschen Apothekern zur kommissarischen Verwaltung übergeben. In gleichem Ausmaß vollzog sich der Einsatz von Tierärzten, Hebammen, Zahnärzten und Dentisten. Aus volkstumspolitischen Gründen wurde vor allem versucht, den Ersatz polnischer Hebammen möglichst schnell durchzuführen. So konnte in kurzer Zeit ein den Kriegsverhältnissen entsprechendes organisatorisches Netz der gesundheitlichen Betreuung über den Reichsgau gezogen werden. Nach der Einführung deutscher Krankenversicherungen konnten die Orts- und Landkrankenkassen bereits ihre Arbeit aufnehmen. Erste Aufgabe wird der Neubau von modernen Krankenhäusern für eine große Zahl von Kreisstädten sein, um der im Osten tätigen Bevölkerung auch auf diesem Gebiet das volle Gefühl der Gleichberechtigung zu geben.
[76] Die Landesstelle XX des Deutschen Roten Kreuzes wurde am 16. Dezember 1939 errichtet. Die Landesstelle setzt sich aus 33 Kreisstellen zusammen, deren Führer die Landräte und Oberbürgermeister sind. Die wichtigste Aufgabe des Roten Kreuzes ist die Ausbildung der männlichen und weiblichen Kräfte zur Dienstleistung in den Bereitschaften. Für diesen selbstlosen Einsatz konnte die Landesstelle XX von der ehemaligen Freien Stadt Danzig und den ehemaligen ostpreußischen Kreisen nahezu 20 000 Männer und Frauen als DRK.-Angehörige übernehmen. Die Zahl der DRK.-Angehörigen stieg bis zum 1. Juli auf 25 712. Bei Kriegsbeginn konnten der Wehrmacht 1003 Helferinnen, 203 Schwesternhelferinnen und 355 Helfer zur Verfügung gestellt werden. Die Ausbildung der DRK.-Führer erfolgt zurzeit in der Landesführerschule in Adlershorst. Die Arbeit des Roten Kreuzes im Wiederaufbaugebiet, wie der Dienst in den Lazaretten, Einsatz im Wasserrettungsdienst, Straßenhilfsdienst, Unfalldienst, Mitarbeit bei den Truppenverpflegungsstellen, Nachrichtenvermittlung für die vermißten Soldaten und Zivilpersonen, Beschaffung und Bemannung von Krankentransportfahrzeugen für die Bevölkerung wurde von den Volksdeutschen besonders dankbar empfunden. Allen Dienststellen und Behörden war der Wille gemeinsam, trotz der schwierigen Verhältnisse in kürzester Frist dauerhafte Aufbauarbeit zu leisten.
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