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Was die Eingeborenen wünschen

In der Mantelnote zum Versailler "Frieden" ist die Behauptung aufgestellt, die Alliierten hätten sich davon überzeugen können, daß die eingeborenen Bevölkerungen der deutschen Kolonien starken Widerspruch dagegen erheben, daß sie wieder unter Deutschlands Oberherrschaft gestellt werden. Diese Behauptung entspricht nicht der Wahrheit. Im Gegenteil hat sich aus dem Verhalten der Eingeborenen im Kriege und nach dem Kriege klar ergeben, daß sie die Beibehaltung bzw. jetzt die Rückkehr der deutschen Herrschaft bei weitem der fremden Mandatherrschaft vorziehen.

Daß die deutschen Kolonien ohne Rücksicht auf die Wünsche der Eingeborenen zwischen den interessierten Mächten verteilt sind, ist oben dargelegt worden. Gewisse Schritte hatte die englische Regierung aber Anfang 1918 getan, um die Wegnahme der deutschen Kolonien als mit den Wünschen der Eingeborenen übereinstimmend erscheinen zu lassen. Dies geschah, nachdem Lloyd George zuerst in einer Glasgower Rede am 26. Juni 1917, dann im Unterhaus am 20. Dezember 1917 und schließlich in der Rede vor den Arbeitervertretern am 5. Januar 1918 das Versprechen gegeben hatte, daß über das Schicksal der Eingeborenen der deutschen Kolonien nicht ohne deren Zustimmung entschieden werden würde. Es wurde eine Umfrage durch die Verwaltung der von England okkupierten deutschen Kolonien betreffend die Wünsche der Eingeborenen veranstaltet. Die eingegangenen Antworten wurden im November 1918 dem Parlament in Gestalt eines Weißbuches vorgelegt.1

Das Ergebnis der Umfrage war äußerst kläglich, ganz besonders, wenn man erwägt, daß sie zu dem Zweck veranlaßt wurde, um eine Rechtfertigung für die englische Aneignung deutschen Kolonialbesitzes zu haben, daß die englischen Truppen die betreffenden Gebiete mit Waffengewalt erobert und besetzt hatten und daß es sich um Eingeborenenvölker handelte, die leicht geneigt sind, der Überredung und dem Druck des Stärkeren zu weichen. Es läßt sich an der Hand der Berichte der englischen Kolonialregierungen wie folgt zusammenfassen:

Das Ergebnis in Deutsch-Ostafrika war für England völlig ungünstig. Der englische Administrator hob in seinem Bericht selber hervor, daß es ein Irrtum gewesen wäre, anzunehmen, daß von Kriegsausbruch an die ostafrikanischen Eingeborenen sich nach einer Befreiung von der deutschen Herrschaft gesehnt hätten. Er erklärt es für unklug (injudicious), eine offene und allgemeine Befragung der Ein- [95] geborenen zu veranlassen, ob sie die deutsche oder englische Herrschaft vorzögen, da dieses Vorgehen Verdacht erregen und eine beunruhigende Wirkung haben würde. Weiter führte der Administrator aus, daß er überhaupt ein Gegner der Anwendung europäischer Theorien von Selbstbestimmung auf die unzivilisierten Eingeborenen Afrikas sei und glaube, daß eine solche Anwendung nur von denen ernsthaft vorgeschlagen werden könnte, die keine genügende Bekanntschaft mit Afrika und der Denkart der Eingeborenen hätten.

In Kamerun, Togo und Deutsch-Südwestafrika sind durch dazu beauftragte Beamte eine Anzahl von Erklärungen von Häuptlingen herbeigeführt worden, welche sich für die Beibehaltung der englischen und gegen die Wiederkehr der deutschen Herrschaft aussprachen. Inwieweit diese Häuptlinge ihre wirkliche Meinung ausgesprochen haben, inwieweit sie die Ansichten der Bewohner ihrer Dörfer oder Bezirke vertraten, steht gänzlich dahin. Im übrigen kann jeder, der mit afrikanischen Negern zu tun gehabt hat, ermessen, welcher Wert solchen Erklärungen beizumessen ist, die von den Vertretern der Macht, deren Truppen das Land im Kriege besetzt haben, von den Eingeborenen eingefordert werden. Einer dieser Beamten, der in Kamerun herumreiste, um solche Unterlagen dafür beizubringen, daß England die Kriegsbeute behalten dürfe, bemerkte selbst: "Es ist mehr als wahrscheinlich, daß viele Leute im Zweifel sein werden über den Wert dieser Feststellungen, welche ex parte von einem Mann getroffen werden, den patriotisch, wenn nicht persönlich, der Zweck interessiert, dem sie dienen sollen." Es soll dem betreffenden Beamten, der dann seine Überzeugung von der Aufrichtigkeit der Bekundungen der Häuptlinge seines Bezirks beteuert, der gute Glaube nicht bestritten werden, aber klar ist es, daß jeder Vertreter jeder anderen Macht, die jene Bezirke mit Waffengewalt den Engländern abgenommen hätte, mindestens die gleichen Zeugnisse für sich und gegen die bisherigen Besitzer aufbringen könnte, wie jener Bezirksbeamte. Wenn man den befolgten Zweck und die aufgebotenen Mittel ins Auge faßt, so erscheinen sogar die Ergebnisse aus jenen drei Kolonien, die nur eine sehr beschränkte Zahl von Häuptlingen umfassen, äußerst dürftig. Dies läßt sich nur daraus erklären, daß die Eingeborenen in Wirklichkeit in ihren Herzen der deutschen Herrschaft zugeneigt waren und an deren Rückkehr glaubten, und daß sie daher nur schwer zur Abgabe der von den neuen Herren gewünschten Erklärung zu bewegen waren.

In der Südsee war das Ergebnis für Deutsch-Neu-Guinea negativ. Der dortige australische Administrator berichtete, daß mit Rücksicht auf die Zersplitterung der Eingeborenen in viele kleine Stämme auf verschiedenen Inseln und mit verschiedenen Sprachen es unmöglich sei, irgendeinen zuverlässigen Ausdruck ihrer Wünsche hinsichtlich [96] der künftigen Regierung der Kolonie zu erlangen. Für Samoa lautete die Antwort zunächst einigermaßen zweifelhaft. Der Generalgouverneur von Neu-Seeland berichtete am 10. Januar 1918: er zweifle nicht, daß, wenn die Meinung der Eingeborenenbevölkerung eingeholt würde, die Entscheidung für England fallen werde. Das könne aber nur durch die Faipules, die Häuptlinge, geschehen. Eine Volksabstimmung würde gegen die samoanischen Sitten verstoßen, in diesem Fall sei aber anzunehmen, daß das Geld und der Einfluß der gegenwärtig in Samoa befindlichen Deutschen aufs äußerste gebraucht werden würden, um die Samoaner der englischen Sache abspenstig zu machen. Erst auf nochmaliges Telegramm aus London wurde von dem Administrator von Samoa die telegraphische Erklärung abgegeben, daß die samoanischen Häuptlinge praktisch einstimmig unter britischer Herrschaft bleiben wollten. Wie aus dem späteren Bericht des Administrators hervorgeht, hatte er sich an einzelne Häuptlinge gewandt. Diese haben dann in einer Versammlung in dem Samoaner Toeaina Klub (nach dem Bericht ein aus den leitenden Häuptlingen von allen Distrikten in Samoa bestehender kommerzieller und politischer Klub) eine Erörterung herbeigeführt, als deren Ergebnis dem Administrator mitgeteilt wurde, daß die Versammlung in dem Wunsche übereinstimme, daß Samoa unter englischer Herrschaft bleiben solle. Dieser Klubbeschluß steht in auffälligem Widerspruch zu der später von dem samoanischen Rat, der berufenen Vertretung des samoanischen Volkes, an den König von England gerichteten Petition um Beseitigung der neuseeländischen Mandatsverwaltung, auf die noch eingegangen wird. Im übrigen hat der Premierminister von Neu-Seeland, Mr. Massey, in einer Rede gelegentlich der britischen Reichskonferenz in London am 2. Oktober 1923, in der er von der angeblichen jetzigen Zufriedenheit der Samoaner sprach, erklärt: "Zuerst sei die Eingeborenenbevölkerung in Samoa etwas im Zweifel gewesen, ob der Wechsel (in der Regierung) für ihr Wohlergehen zuträglich sei".2 Auch dies läßt erkennen, wie wenig Wert der aus den Samoanischen Häuptlingen damals von dem Administrator herausgezogenen Kluberklärung zukam.

Um die wirklichen Wünsche der Eingeborenen der deutschen Kolonien sich klar zu machen, ist es nötig, auf ihr Verhalten im Kriege zurückzublicken. Es ist bereits erwähnt, daß die Eingeborenen, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, in allen deutschen Kolonien im Weltkrieg treu zur deutschen Regierung gestanden haben. Man mache sich klar, was das bedeutet. Überall gab es nur kleine Schutztruppen oder Polizeitruppen, gerade groß genug, um in Friedenszeiten die Ruhe und Ordnung im Land aufrechtzuerhalten. In diese [97] Kolonien brachen nun nach Ausbruch des Krieges feindliche Truppen ein, die in allen Fällen an Zahl wie Kriegsausrüstung der geringen deutschen Truppe weit überlegen waren. Liegt es nicht auf der Hand, daß der Einfall der Feinde in allen Kolonien das Signal für eine allgemeine Erhebung, zum mindesten für große Eingeborenenaufstände hätte sein müssen, wenn die Eingeborenen den Wunsch gehabt hätten, sich von der deutschen Herrschaft zu befreien? Hätten nicht die Schwarzen, wenn sie in brutaler Gewaltherrschaft niedergehalten wären, den günstigen Augenblick benutzt, um das Joch von sich abzuschütteln; würden nicht die farbigen Truppen selbst gemeutert haben, die in allen deutschen Kolonien, abgesehen von Deutsch-Südwestafrika, aus Eingeborenen der Kolonie selbst bestanden, wenn ihnen die deutsche Herrschaft verhaßt gewesen wäre? Tatsächlich haben wir im Kriege in unseren Kolonien keine Aufstände von Schwarzen gehabt, wie die Engländer in Britisch-Nyassa-Land und die Portugiesen in Mozambique, keine Meutereien wie die Engländer im ersten Kriegsjahr mit Sikh-Truppen in Indien. Dabei war unsere Lage in den von der Heimat abgeschnittenen, völlig ungenügend mit Truppen und Kriegsmaterial versehenen Kolonien ungleich ungünstiger als die unserer Feinde.

Hierin liegt schon ein Gegenbeweis gegen die Behauptung, daß die Eingeborenen unserer Kolonien der deutschen Herrschaft abgeneigt gewesen wären. Einen noch stärkeren Beweis stellt aber die positive Hilfe dar, welche unsere Eingeborenen im Weltkriege unter den schwierigsten Verhältnissen geleistet haben. Wenn ich mit einigen Worten speziell auf Deutsch-Ostafrika eingehe, so geschieht dies einmal, weil gerade in dieser Kolonie wir uns nur infolge der über alles Lob erhabenen Haltung unserer braven Schwarzen haben halten können, wie es geschehen ist, sodann weil ich selbst dort die oberste Leitung auch in den Eingeborenenangelegenheiten im Kriege wie vor demselben in der Hand gehabt habe und daher aus eigener Erfahrung ein Urteil abzugeben vermag. Es ist unzweifelhaft, daß nur die volle Mitarbeit der Eingeborenen die Truppe und die Verwaltung in den Stand gesetzt hat, die Verteidigung der Kolonie auf lange Zeit durchzuführen. Die Truppe selbst hing für ihre Märsche, für ihre Verpflegung, für ihre Munitionsergänzung von der Mitwirkung der schwarzen Träger ab. Aus entfernten Gegenden wurden in wochen-, selbst monatelangen Märschen Nahrungsmittel und sonstige Materialien herbeigeschafft. Viele Tausende und Zehntausende von Trägern waren beständig in der Kolonie unterwegs. Infolge Mangels an Europäern marschierten die Karawanen häufig nur unter der Aufsicht von Schwarzen. Aber nicht genug damit: die von jeder Zufuhr von Übersee abgeschnittene Kolonie mußte sich auf die Erzeugung aller der Artikel im Lande selbst einstellen, welche bisher über See [98] importiert waren. Es wurden Häute herbeigeschafft, daraus Leder gegerbt und Schuhe fabriziert, Handspinnereien und -webereien mit Großbetrieb eingerichtet, um Kleidungsstoffe herzustellen, Chinin, Benzinersatz, Petroleumersatz, Wachskerzen, Seife und viele andere Ersatzstoffe hergestellt; ferner Banknoten und Münzen aus Gold und Messing. Alle diese Arbeiten konnten nur mit Hilfe großer Scharen von Eingeborenen verrichtet werden, welche unter deutscher Leitung dazu angelernt wurden.

Kann jemand glauben, daß alle diese Leistungen möglich gewesen wären, wenn die Eingeborenenbevölkerung von dem Wunsch der Beseitigung der deutschen Herrschaft erfüllt gewesen wäre? Besteht auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit dafür, daß in der Lage, in der wir uns befanden - ein kleines Häuflein von wenigen tausend Deutschen - innerhalb einer Eingeborenenbevölkerung von fast 8 Millionen Schwarzen, bedroht von allen Seiten durch starke feindliche Truppen, eine widerwillig dem Zwang gehorchende Bevölkerung überhaupt zu derartigen Diensten und Arbeiten hätte gebracht werden können? In Wirklichkeit war die Haltung der ostafrikanischen Eingeborenen im Weltkriege nicht nur der Beweis für ihre eigene Loyalität der deutschen Regierung gegenüber, sondern ebenso auch für die Richtigkeit und Humanität der von letzterer den Eingeborenen gegenüber befolgten Methoden. Die stärkste Probe haben schließlich diejenigen tapferen Askari (Soldaten) und Träger bestanden, welche im letzten Teil des Krieges mit uns die Kolonie verließen und in das portugiesische Gebiet und später nach Rhodesien hineinmarschierten. Sie ließen die Heimat, ihre Verwandten und ihre Hütten zurück und zogen unter ungeheuren Strapazen, Entbehrungen und Gefahren einer unbekannten Zukunft entgegen. Würden diese Leute mit uns Deutschen durchgehalten haben, wenn sie den Wunsch gehabt hätten, unter fremde Herrschaft zu kommen? Das haben selbst unsere Gegner im Kriege nicht zu behaupten gewagt. Sie haben aber die Erscheinung damit zu erklären gesucht, daß die Askari bei uns eine bevorzugte Sonderklasse gewesen waren, die dadurch an unsere Fahnen gefesselt gewesen wären. Selbst wenn dies zutreffend wäre - was es nicht ist - so fehlt immer noch die Erklärung für die Haltung der Träger, welche gleichfalls in beträchtlicher Zahl bis zum Schluß bei uns ausgeharrt haben. Die Wahrheit ist, daß die Eingeborenen treu zur deutschen Herrschaft standen und deren Aufrechterhaltung wünschten.

Nach dem Krieg sind die Eingeborenenbevölkerungen der deutschen Kolonien unter Bruch der Friedensgrundlage des Punktes 5 Wilsons, unter Bruch auch des Punktes 2 der Kongreßrede Wilsons vom 11. Februar 1918 mit Hilfe des Mandatssystems "von einer Souveränität zur anderen verschachert worden, gerade als ob sie bloße [99] Gegenstände oder Steine in einem Spiel wären". Es wurden, nachdem die vorerwähnte Umfrage im Jahre 1918 wenig günstige Ergebnisse hatte, keine weiteren Versuche gemacht, das Versprechen Lloyd Georges von der Anhörung der Eingeborenenbevölkerungen zu erfüllen. Aus verschiedenen Kolonien sind Proteste von Eingeborenen gegen dieses Verfahren erhoben worden; es haben wiederholt Eingeborene aus Kamerun und Togo sich in Eingaben gegen ihre Losreißung von der deutschen Herrschaft gewandt.3 Insbesondere sind Proteste gegen die Übertragung großer Teile der beiden Kolonien an Frankreich erhoben worden.4 Den denkbar stärksten Protest enthält die bereits erwähnte Petition des samoanischen Rats an den König von England vom Juni 1921.5 In dieser baten die vereinigten Häuptlinge Samoas "wegen ihrer zunehmenden Unzufriedenheit mit der Verwaltung durch die Regierung von Neuseeland, sie von der Kontrolle der neuseeländischen Regierung zu befreien". Es ist in der Petition zwar nicht um die Rückgabe Samoas an Deutschland gebeten worden, was den politisch geschulten samoanischen Häuptlingen in dieser Lage nicht möglich schien, sondern um direkte Unterstellung unter das Kolonialamt in London. Aber der Inhalt der Eingabe läßt klar erkennen, daß die Samoaner mit der deutschen Herrschaft durchaus zufrieden gewesen sind und den Wechsel unter dem Vorwand der Befreiung der kleinen Völker als nicht gerechtfertigt empfunden haben.

Das kleine samoanische Volk ist das einzige von den Völkern in den deutschen Kolonion, welches politisch so organisiert ist, daß es seine Wünsche in einer für die Öffentlichkeit eindrucksvollen Weise einheitlich zum Ausdruck zu bringen vermag. Bei den Kulturzuständen der Eingeborenen in den übrigen Kolonien, bei ihrer Zersplitterung in viele Stämme, kommen solche einheitliche Kundgebungen nicht in Frage. Wohl aber liegen genügend sonstige Zeugnisse aus den Mandatsgebieten vor, welche erkennen lassen, daß der Wunsch nach Rückkehr der deutschen Herrschaft allgemein ist. Wie könnte dies auch anders sein? Die Zeiten der deutschen Herrschaft erscheinen im Vergleich zu der gegenwärtigen als die guten alten Zeiten und werden als solche zurückersehnt. Auch kulturell vermissen die Schwarzen ganz außerordentlich die Segnungen, die ihnen unter deutscher Herrschaft vermittelt wurden. Das geht aus vielen in ihrer Anhänglichkeit rührenden Briefen hervor, welche Eingeborene aus den verschiedensten Kolonien an ihre früheren [100] Dienstherren, Firmen, Missionare usw. gerichtet haben. Das trat aber auch klar bei verschiedenen Anlässen in den Kolonien selbst hervor. Wo immer in den Mandatsgebieten, aus denen unsere Landsleute vertrieben wurden, aus irgendwelchen Gründen wieder Deutsche erschienen sind, wurden sie von den Eingeborenen mit herzlicher Freude willkommen geheißen als Anzeichen der erhofften neuen Zeit, welche die deutsche Herrschaft zurückbringen möchte. Das war der Fall bei dem ersten Anlaufen deutscher Dampfer in den afrikanischen Kolonien, die in den verschiedenen Hafenplätzen von vieltausendköpfigen Massen von Schwarzen mit Jubel begrüßt wurden; das war insbesondere auch der Fall bei der Wiederzulassung von Persönlichkeiten, deren Tätigkeit der kulturellen Hebung der Eingeborenen gewidmet gewesen war. Es mag hier nur darauf hingewiesen werden, wie die drei ersten deutschen Missionare (der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Bremen), die 1923 wieder zur Missionsarbeit in ihren früheren Gebieten in Togo zugelassen sind, dort empfangen worden sind. Die Reise der drei Missionare durch das Eweland und ihre Ankunft bei der Missionsstation gestaltete sich zu einem wahren Triumphzug. Wo sie durchkamen, strömten von weither die Eingeborenen zusammen, ganze Ortschaften waren versammelt, hatten Ehrenbogen aufgestellt, Fahnenschwenker begleiteten den Zug, der Häuptling von Apafu kam den Reisenden mit Musik entgegen. "Das sind die Unsrigen" klang es ihnen immer wieder freudig entgegen.6

Das sind einige Symptome für die Stimmung und für die Wünsche der Eingeborenen. Die Stimmung ist den Mandatsverwaltungen ungünstig, die weder wirtschaftlich noch kulturell den Eingeborenen das bringen, was die deutsche Verwaltung ihnen gegeben hat. Die Wünsche sind auf die Rückkehr der deutschen Herrschaft gerichtet, unter welcher die Eingeborenen sich wohl gefühlt haben. Wenn eine unparteiische Befragung stattfinden könnte, so dürfte kein Zweifel darüber obwalten, wie die Antwort der Eingeborenen in den Mandatsgebieten ausfallen würde.




1Correspondence relating to the wishes of the natives of the German Colonies as to their future Government. (Cd. 9210.) ...zurück...

2United Empire Nov. 1923, S. 649. ...zurück...

3Einige dieser Proteste sind bei Poeschel, Die Kolonialfrage im Frieden von Versailles 1920, S. 43 f., abgedruckt. ...zurück...

4Le Temps Nr. 1543 vom 29. 6. 20; West Africa vom 5. 3. 21. ...zurück...

5Abgedruckt in meiner Schrift: Die deutschen Kolonien unter fremder Mandatherrschaft. S. 83 f. ...zurück...

6Hamburger Nachrichten vom 13. November 1923. ...zurück...







Die koloniale Schuldlüge.
Dr. Heinrich Schnee
ehemaliger Gouverneur von Deutsch-Ostafrika