SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[Bd. 5 S. 376]
Theodor Billroth, 1820-1894, von Hans von Haberer

Theodor Billroth.
Theodor Billroth.
Photographie von 1887.
[Nach wikipedia.org.]
Es gibt nur wenige auserlesene und begnadete Menschen, deren Leistungen so groß sind, daß sie unvergessen bleiben, weil sie grundlegend waren, und alles, was später kam, darauf aufbauen mußte. Noch seltener sind es besonders ansprechende Charaktereigenschaften, die eine Persönlichkeit auch nach ihrem Tode dauernd der Nachwelt erhalten. Läßt Leistung und Charakter einen Menschen nach seinem leiblichen Tode im Herzen nicht nur der eigenen Generation, sondern auch der folgenden Generationen weiterleben, so handelt es sich wohl um einen ganz Großen. Einer dieser Großen tritt uns in Theodor Billroth entgegen.

Am 26. April 1829 wurde er als Sohn eines Pastors in Bergen auf Rügen geboren. Sein Geburtshaus ziert eine einfache Bronzetafel, die außer Namen und Geburtsdatum noch die Inschrift trägt: "Nachmals Professor der Chirurgie in Zürich und Wien. Einer der hervorragendsten Chirurgen seiner Zeit." Seine Gymnasialstudien absolvierte er in Greifswald, widmete aber in dieser Zeit sein Interesse so sehr der Musik, daß seine Leistungen als Schüler die Ansprüche der Professoren nicht ganz befriedigten. Als er sich aber nach Beendigung des Gymnasiums die Medizin als Berufsstudium wählte, stürzte er sich mit ganzem Eifer darauf und wurde von den berühmten Lehrern, denen er in Greifswald, Göttingen und Berlin lauschen durfte, mit Begeisterung für sein Studium und den ärztlichen Beruf erfüllt. 1852 in Berlin zum Doktor promoviert, gab er sich zunächst naturwissenschaftlichen Studien in Triest hin, diente hierauf in Berlin das Freiwilligenjahr ab und legte daselbst auch das praktische Arztexamen ab. Entscheidend für seinen weiteren Werdegang wurde, daß er 1853 eine Assistentenstelle bei dem damals führenden Chirurgen Professor von Langenbeck in Berlin bekam. Fast sieben Jahre verblieb er in dieser Stellung, obwohl er sich 1858 verheiratet hatte. Diesen einschränkenden Nachsatz kann unsere Zeit wohl kaum verstehen. Aber damals war es tatsächlich so, daß ein klinischer Assistent, wenn er heiratete, seine Stelle aufgeben mußte und es eine ganz große Ausnahme bedeutete, wenn ihm gestattet wurde, trotzdem im Amt bleiben zu dürfen.

Es kennzeichnet Billroth in seiner damals schon sehr gefestigten Anschauung vom echten Arzttum, daß er dem Geist dieser Zeit, in der das Wesen der Chirurgie in vollendeter oder besser fortschreitender Technik erblickt wurde, nicht folgen konnte, sondern, wie das auch aus seinen gesammelten Briefen hervorgeht, die theoretisch-wissenschaftliche Basis in der pathologischen Anatomie suchte. [377] Unentwegt arbeitete er vor allem auf pathologisch-histologischem Gebiet und verschaffte sich dadurch ein derartiges Ansehen, daß er, der chirurgische Assistent, 1856 mit dem berühmten Virchow, der an erster Stelle für die Professur der pathologischen Anatomie in Berlin genannt war, auf die gleiche Vorschlagsliste gesetzt wurde. Virchow wurde ernannt. 1858 zeichnete ihn eine andere medizinische Fakultät, diesmal die von Greifswald, dadurch aus, daß sie ihn für die Besetzung des Lehrstuhles der pathologischen Anatomie vorschlug. Jetzt erging an Billroth tatsächlich die Berufung von seiten des Ministeriums, aber schon zu sehr in der Chirurgie verwurzelt, leistete er dem Ruf nicht Folge. Er blieb seinem Lehrer von Langenbeck treu. Die ungewöhnlich breite Grundlage aber, die sich Billroth durch seine pathologisch-anatomischen Studien und durch eigene wissenschaftliche Forschung und Arbeit auf diesem Gebiet geschaffen hatte, wurde zu dem großen Geheimnis, dem er einen guten Teil seiner Erfolge als Chirurg im späteren Leben zu danken hatte. Nicht nur die eigene wissenschaftliche Themenstellung, sondern auch die wissenschaftliche Arbeit seiner späteren Schule wurde grundlegend durch diese theoretische Vorbildung dauernd in fruchtbringender Weise beeinflußt.

Kaum glaublich klingt es, daß der damals schon bekannte und allseits geschätzte junge Gelehrte die Stelle eines Chefarztes in Danzig, um die er sich 1858 beworben hatte, nicht bekam. Und doch dürfen wir Nachfahren darin ein großes Glück, nicht nur für Billroth selbst, sondern für das Lehrfach der Chirurgie sehen; denn wie heute, so war es auch damals eine Seltenheit, daß ein Gelehrter, der durch Annahme einer Stellung dem akademischen Boden den Rücken gekehrt hatte, wieder dahin zurückfand. Der enge Kontakt mit der Universität ist unterbrochen, und die Berufung auf eine freigewordene Universitätsprofessur kommt kaum mehr in Frage.

Das Schicksal hatte es mit Billroth gut gemeint, denn er wurde als Professor für Chirurgie nach Zürich berufen und trat 1860 in diese Stellung ein, die ihn der Jugend als Lehrer erhielt. An der Universität Zürich traf er eine Reihe hochbedeutender Gelehrter, nicht nur in der eigenen, sondern auch in anderen Fakultäten, wodurch dem nach Universalität strebenden Mann die Geisteswelt erschlossen war, die er suchte. Und so ist es denn auch nicht verwunderlich, daß Billroth eine an ihn 1862 ergangene Berufung nach Rostock ebenso wie eine Berufung nach Heidelberg 1864 ablehnte.

1867 folgte er aber dem Rufe nach Wien, dessen medizinische Fakultät damals in höchster Blüte stand, die von Männern geleitet wurde, deren Namen Weltruhm besaßen. Hier kam nun Billroths Wirken zu vollendeter Entfaltung, er wurde nicht nur der hochgeschätzte Gelehrte, Lehrer und Arzt, sondern erfreute sich alsbald allgemeiner Beliebtheit, wie sie nur wenigen seiner Zeitgenossen beschieden war. So kam es denn auch, daß Billroth Wien treu blieb, und daß ihn von hier nunmehr kein noch so ehrenvoller Ruf wegzulocken vermochte. 1871 lehnte er eine Berufung [378] nach Berlin, 1872 eine solche nach Straßburg ab. Schwer aber muß es ihm geworden sein, "nein" zu sagen, als er 1882 als Nachfolger seines großen, von ihm in dankbarer Verehrung geschätzten Lehrers von Langenbeck nach Berlin zurückkehren sollte. Billroth war aber mit Wien bereits so fest verbunden, daß er auch diese, wohl ehrenvollste Berufung, die ihm zuteil ward, ausschlug. Nicht nur die wissenschaftlichen Kreise, sondern ganz Wien und vor allem die Studenten waren überglücklich über diesen Entschluß Billroths, die Begeisterung der Studenten wurde in einem Fackelzug zu Ehren des geliebten und geschätzten Lehrers zum Ausdruck gebracht.

Theodor Billroth bei einer Operation im Allgemeinen Krankenhaus in Wien.
[376a]      Theodor Billroth bei einer Operation im Allgemeinen Krankenhaus in Wien.
Gemälde von Adalbert Seligmann, um 1890.

Die Lehr- und Arbeitszeit Billroths in Wien, die sich über siebenundzwanzig Jahre erstreckte, war ausgefüllt mit Unterricht, eigener Forschung, Heranbildung eines hervorragenden akademischen Nachwuchses in praktischer und wissenschaftlicher Richtung. Er machte den Krieg von 1870 mit und wurde gerade durch die dabei gesammelten Erfahrungen bestimmt, mit unbeugsamem Willen zwei charitative Werke von größter Bedeutung durchzusetzen. Mit gleichgesinnten Männern gründete er die Wiener freiwillige Rettungsgesellschaft, deren segensreiches Wirken bei erster Hilfeleistung wie beim Transport Kranker und Verwundeter bis auf den heutigen Tag rühmlichst bekannt ist, und schuf allen Schwierigkeiten zum Trotz den Rudolfinerverein und das Rudolfinerhaus, ein auch heute noch bei der Bevölkerung Wiens besonders beliebtes Spital, von seinem Schöpfer vor allem dazu bestimmt, tüchtige Krankenschwestern für Friedens- und Kriegszeiten auszubilden. Billroth schrieb selbst das ihm für diesen Zweck notwendig erscheinende Lehrbuch Die Krankenpflege in Haus und Hospital.

Mit der freiwilligen Rettungsgesellschaft und dem Rudolfinerhaus hat sich Billroth in Wien zwei unvergleichliche Denkmäler gesetzt, die Zeugnis davon ablegen, wie dieser große Mann es verstand, einmal als richtig Erkanntes und daher Gewolltes mit Zähigkeit zu verfolgen und durchzusetzen, alle Hemmnisse zu überwinden, und zwar stets unter Hintansetzung der eigenen Person, lediglich im Interesse der Sache. Seine Opferwilligkeit und Einsatzbereitschaft für seine Mitmenschen fand durchaus nicht immer die Anerkennung und uneingeschränkte Bewunderung, wie es dem Verdienst entsprochen hätte. Wäre das weitblickende charitative Schaffen Billroths wirklich auf volles Verständnis gestoßen, so hätte sein Lieblingswunsch, der Neubau seiner Klinik, in Erfüllung gehen müssen. Diesen Neubau hat er zu seinem Schmerz nicht durchsetzen können, und noch heute steht seine alte Klinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, nur durch unbedingt notwendige Neuanlagen und Erweiterungen verändert.

Aber was ist in diesen alten Räumen an positiver Leistung vollbracht worden! Hervorragende Arbeiten über die Rolle der Bakterien bei der Wundinfektion, das Handbuch der allgemeinen und speziellen Chirurgie, das Billroth mit Pitha und später mit Lücke zusammen herausgab, sind erstanden; hier wurde auch das weltbekannte Archiv für klinische Chirurgie von Billroth mit von Langenbeck und [379] Gurlt begründet, das auch heute noch zu den bekanntesten Zeitschriften zählt, in denen Arbeiten vorwiegend chirurgischen Inhaltes niedergelegt werden, und das nunmehr auf die stolze Zahl von 188 Bänden zurückblicken kann.

Um die der damals noch vorherrschenden Chloroformnarkose anhaftenden Gefahren zu mindern, gab Billroth ein Narkosegemisch, bestehend aus Chloroform, Äther und Alkohol an, das die Brücke zu der später allgemein üblichen und erheblich ungefährlicheren Äthernarkose schlug, das aber Jahrzehnte hindurch wohl das gebräuchlichste Narkotikum geblieben ist. Billroth hat als erster die Resektion des kranken Magens am Menschen erfolgreich unternommen, wie sie auf der ganzen Welt auch heute noch nach den von ihm angegebenen Methoden ausgeführt wird. Abwandlungen dieser Methoden, wie sie fortschreitende Erkenntnis des krankhaften Geschehens, zunehmende Erfahrung und Vervollkommnung der Technik naturgemäß nach sich zogen, vermochten nicht etwas Grundsätzliches an Billroths Regeln zu ändern. Billroth ist aber auch der Begründer der Kehlkopfexstirpation geworden. Am Ausbau der operativen Kropfbehandlung hat er entscheidenden Anteil, die Chirurgie des Darmes ist durch ihn weitgehend gefördert worden, wie es denn überhaupt kein Kapitel der operativen Krankheitsbehandlung gibt, das nicht von ihm und durch seine Arbeiten befruchtet worden wäre.

Dabei darf nicht vergessen werden, daß diese großen Leistungen Billroths im wahrsten Sinne Eroberung von Neuland für die Chirurgie bedeuteten, eine Tatsache, die später, wenn einmal die Wege ausgefahren sind, nur allzuleicht in ihrer Größe und Tragweite unterschätzt wird. Daß Operationen am Magen und Darm nicht nur größtes technisches Geschick, sondern auch höchste Verantwortlichkeit von seiten des Operateurs auch heute noch voraussetzen, daß sie noch immer zu den schwierigsten Operationen zählen, ist auch dem Laien nicht unbekannt. Schon daraus allein ist zu ermessen, welch umfassende Vorstudien nötig waren, bevor sich Billroth dazu entschließen konnte, am Menschen Eingriffe dieser Art auszuführen. Die ganze Klinik arbeitete an der Verwirklichung der großen Pläne Billroths mit. Leichenversuche, Tierexperimente, mit denen er die verläßlichsten seiner Schüler betraute, sicherten zuerst den Vorgang, der schließlich mit Aussicht auf Erfolg und unter möglichst geringem Gefahreneinsatz am Menschen Anwendung finden durfte und sollte.

Bei solcher Organisation wissenschaftlicher und technischer Forschungsarbeit mußte zwangsläufig unter dem Einfluß des nimmerruhenden Meisters ein Kreis hervorragender Schüler heranwachsen, die bei Besetzung von chirurgischen Lehrkanzeln begehrt wurden, denn sie trugen einen erstklassigen "Firmenstempel". Darüber hinaus besetzten Schüler Billroths eine große Zahl von leitenden ärztlichen Posten. Viele dieser Schüler haben sich selbst wieder einen Namen gemacht, der unvergänglich in die Geschichte der Chirurgie eingetragen bleibt, und der Zeugnis ablegt von einer großen Schule, die tonangebend geblieben ist. Wenn anläßlich der Feier des hundertsten Geburtstages Billroths in Wien 1929 [380] Professor von Eiselsberg als eigentlicher Erbe und wahrer Treuhänder Billroths in seinem Festvortrag im Gedenken an seinen Lehrer sagte: "Daß ich diesem großen Mann treu ergeben war und bis an mein Lebensende bleibe, ist selbstverständlich, hatte ich doch das Glück, durch mehr als zehn Jahre Billroth dienen zu dürfen", so hat er bestimmt mit diesen Worten, nicht nur seine eigenen Gefühle zum Ausdruck gebracht, sondern im Sinne aller Billroth-Schüler gesprochen.

Aber nicht nur Wissen und Wissenschaft vermittelte Theodor Billroth, sondern er erzog seine Schüler in der Ethik des ärztlichen Berufslebens, wie wohl kaum ein zweiter. War er doch selbst der gütigste und stets opferbereite Helfer und Tröster am Krankenbett seiner Mitmenschen, dem es tief ins Herz schnitt, wenn er nicht mehr helfen konnte. Dann konnte er sehr niedergeschlagen sein, wie aus einem von ihm selbst verfaßten Gedicht hervorgeht, in dem es heißt:

    "So meinen sie, ich könnte gleich den Göttern
    Durch Wunder Leiden nehmen, Glück erzaubern,
    Und bin doch nur ein Mensch wie andere mehr.
    Ach! wüßtet Ihr, wie's in mir wallet, siedet,
    Und wie mein Herz den Schlag zurücke hält,
    Wenn ich statt Heilung mit unsicheren Worten
    Kaum Trost kann spenden den Verlornen."

Dieses volle Verständnis und Mitempfinden für den Kranken hat Billroth auch von den übrigen Ärzten verlangt und es als unerläßlich für den guten Arzt vorausgesetzt. So heißt es in einem Briefe, den er schrieb, als er den hoffnungslosen Zustand eines Kollegen erkennen mußte: "Doch bedenken wir, daß jeder Hausarzt Hunderte von Malen in dieser Situation ist und seine unheilbaren Kranken täglich oft sehen muß. Ahnte der Jüngling diese moralischen Qualen, wenn er begeistert in den Tempel Äskulaps tritt – er würde gewiß oft umkehren."

Dieser ernsten Auffassung von der Ethik des Arzttums entsprang auch die innere Notwendigkeit, alle Mißerfolge ärztlicher Tätigkeit nicht einfach als unvermeidliches Verhängnis zu betrachten, sondern sie kritisch zu werten. Getragen von absoluter Wahrhaftigkeit hat dann Billroth ein Buch: Chirurgische Erfahrungen verfaßt und herausgegeben, in dem er als erster nicht nur die an seiner Klinik erzielten Erfolge, sondern mit gleicher Freimütigkeit auch alle Mißerfolge mitgeteilt hat, seinem Grundsatz getreu, daß man am meisten gerade aus den Mißerfolgen lernt. Dieses Buch hat nicht nur größtes Aufsehen erregt, sondern grundlegend die wissenschaftliche Publizistik, die sich bis dahin fast ausschließlich an den erzielten Erfolgen sonnte, und in gleicher Weise die Anzeigestellung zu den einzelnen operativen Eingriffen beeinflußt sowie deren Ausdehnungsmöglichkeit und Ausdehnungsberechtigung ins rechte Licht gerückt.

War Billroth den Sorgen seines Berufes entrückt, konnte er mit Frohsinn und Fröhlichkeit das Leben bejahen und sich im Familien- und Freundeskreis von der [381] heitersten Seite zeigen. Erfreute er sich doch eines harmonischen ungetrübten Familienglückes, das von seiner ihm treu zur Seite stehenden Gattin getragen war. Einer schon in seiner frühen Jugend gefaßten Liebe zur Musik blieb er sein Leben lang treu, er war Klavierspieler und beherrschte auch die Viola. Gute und schöne Musik wurde in seinem Hause getrieben, und in großen Konzerten der kunstliebenden Stadt Wien gehörte Billroth zu den ständigen Besuchern. In ein inniges Freundschaftsverhältnis trat er zu Johannes Brahms und Hanslick, mit denen er sich mündlich und schriftlich in kritischer Weise über alte und neue Kompositionen unterhielt. Billroth hatte eine besondere Gabe, inhaltreiche Briefe in gewählter Form zu schreiben. Manche Nächte verbrachte er am Schreibtisch, um Briefe zu schreiben. Eine Sammlung von 442 aus seiner Feder stammenden Briefen, die Fischer (Hannover) veröffentlicht hat, läßt manchen Blick in das Innenleben Theodor Billroths tun. Eine ansehnliche Zahl dieser Briefe sind an Brahms und Hanslick gerichtet. Fast vierzehn Jahre vor seinem Tode schrieb er an Brahms, daß er an seinem Grabe dereinst Musik haben möchte und unterhielt sich brieflich mit dem großen Komponisten über Einzelheiten der etwa darzubringenden Musiksätze.

Theodor Billroth.
Theodor Billroth. Marmorbüste
von Kaspar Clemens Zumbusch, 1892.
[Die Großen Deutschen im Bild, S. 379.]

Grab von Theodor Billroth auf dem Zentralfriedhof Wien.
Grab von Theodor Billroth
auf dem Zentralfriedhof Wien.
[Aufnahme von Andreas Faessler,
nach wikipedia.org.]
Schon verhältnismäßig frühzeitig verfolgten ihn Todesgedanken. Die ungeheure, vielseitige und rastlose Betätigung in der Jugend und im besten Mannesalter hatte begreiflicherweise zu allzuraschem Verbrauch geführt, und immer deutlicher machten sich die Erscheinungen eines Herzleidens bemerkbar. Auf große Reisen, die er früher alljährlich durchführte, mußte er zu seinem Leidwesen verzichten, und so verbrachte er schließlich die Tage des Ausspannens und der Erholung auf seinem Sommersitz in St. Gilgen am Wolfgangsee oder in dem von ihm sehr geliebten Abbazia an der Adria. Sein Wunsch, mit dem Blick aufs Meer zu sterben, ging in Erfüllung. Er verschied in Abbazia am 6. Februar 1894, knapp vor Vollendung seines fünfundsechzigsten Lebensjahres, viel zu früh für seine Familie, seine Freunde und für die Wissenschaft. Die Stadt Wien widmete ihm auf ihrem Zentralfriedhof ein Ehrengrab. Das war die letzte von den vielen Auszeichnungen, die Theodor Billroth zuteil geworden waren. Die Trauerfeier gestaltete sich zu einer gewaltigen Kundgebung der Liebe und Verehrung, deren sich der Verewigte erfreute.

Als vor kurzem die Hundertjahrfeier der Gesellschaft der Ärzte in Wien, wohl der angesehensten österreichischen Ärztegesellschaft, festlich begangen wurde, lebte Theodor Billroths Bild wieder auf. Konnte doch Billroth wenige Monate vor seinem Tode, November 1893, noch das von ihm geschaffene Billrothhaus der Gesellschaft der Ärzte in Wien eröffnen, auf das er stolz war und in dem auch heute noch allwöchentlich die wissenschaftlichen Vortragsabende der Gesellschaft abgehalten werden. Hier in Wien, an der Hauptstätte seines segensreichen Wirkens, zeigte sich besonders klar, daß Theodor Billroth zu den Unvergessenen, Unsterblichen zählt, dessen Werke und dessen Persönlichkeit Generationen überdauern.




Alphabetische Inhaltsübersicht
Ernst von Bergmann Ernst von Bergmann Ernst von Bergmann alphabetische Inhaltsübersicht der Biographien Otto von Bismarck Otto von Bismarck Otto von Bismarck


Chronologische
Inhaltsübersicht
Carl Schurz Carl Schurz Carl Schurz chronologische Inhaltsübersicht der Biographien Anselm Feuerbach Anselm Feuerbach Anselm Feuerbach


Originalgetreue Inhaltsübersicht
Rudolf Virchow Rudolf Virchow Rudolf Virchow Inhaltsübersicht der Biographien in Reihenfolge des Originals Hermann Heinrich Meier Hermann Heinrich Meier Hermann Heinrich Meier





Die großen Deutschen: Neue Deutsche Biographie.
Hg. von Willy Andreas & Wilhelm von Scholz