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Sie alle bauten Deutschland.
Ein Geschichtsbuch für die Volksschule.


Das Erste Deutsche Reich
bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

Kaiser Otto der Große (936-973)

Die Krönung Ottos I. zum König (936)

In den Straßen der Stadt Aachen wimmelte es von frohen und festlich gekleideten Menschen; die Häuser waren geschmückt, und bunte Fahnen wehten im Winde. Heinrichs I. Sohn sollte heute zum deutschen König gekrönt werden.

Kirchenglocken und Fanfarenklänge verkündeten den Beginn der Krönungsfeier. In der Säulenhalle, die die Pfalz Karls des Großen mit der Kirche verband, hatten sich die weltlichen Fürsten aus allen deutschen Gauen versammelt. Umbraust von den Heil- und Jubelrufen der Herzöge, Grafen und Edelinge und der vornehmsten Lehnsleute ging der Herzog Otto von Sachsen mit seinem Gefolge feierlichen Schrittes zum Marmorthron, auf dem schon der Frankenkaiser Karl gesessen hatte. Hier hoben die Mächtigsten des Reiches den jungen Sachsenherzog auf den Thron. Nacheinander trat nun jeder einzelne Mann im Saal heran, legte seine Hände zwischen die des Königs und sprach als Eid: "Ich gelobe dir, König Otto, ewige Treue und Hilfe gegen alle deine Feinde!"

Nach dieser feierlichen Handlung begab sich der neugewählte König mit sämtlichen Fürsten und Beamten in die Kirche, wo ihn der oberste deutsche Bischof, Erzbischof Hildibert von Mainz, mit der Geistlichkeit und vielem Volk erwartete.

Der Kirchenfürst ging dem König bis an die Tür entgegen, und während er in der rechten Hand den Krummstab hielt, faßte er mit seiner linken die rechte Hand des Königs und führte ihn so in die Mitte der Kirche. Atemlos hatte das Volk dem Einzug zugeschaut. Da wandte sich der hohe Geistliche an die Menge: "Seht, hier steht König Otto. Gott hat ihn zum Herrscher erkoren, und sein großer Vater bestimmte ihn noch vor seinem Tode zu seinem Nachfolger. Draußen in der Säulenhalle haben ihn alle Fürsten zum König gewählt. Wenn euch die Wahl gefällt, so erhebt als Zeichen der Zustimmung eure rechte Hand zum Himmel." Kaum hatte der Erzbischof geendet, da scholl dem König von allen Seiten abermals nicht endenwollender Jubel entgegen.

Sodann führte Hildibert von Mainz den Herrscher, der das enganliegende, fränkische Gewand trug, an den Altar, auf dem die königlichen Abzeichen lagen. Der Erzbischof ergriff das Reichsschwert mit dem Wehrgehenk und sprach zum König: "Nimm dieses Schwert und vernichte damit die Feinde Christi, alle Heiden und schlechten Christen!" Dann nahm er den Königsmantel mit den goldenen Spangen, bekleidete den König damit und sagte: "Dieses Gewand, das bis auf die Erde herabwallt, soll dich immer von neuem daran erinnern, dich mit aller Kraft und Wärme für den Christenglauben und die Erhaltung des Friedens einzusetzen!" Hierauf reichte Erzbischof Hildibert dem neuen Herrscher das Zepter mit den Worten: "Dieser Herrscherstab sei dir das Zeichen dafür, daß du das Recht hast, ungehorsame Untertanen väterlich zu strafen, und daß du gleichzeitig die Verpflichtung übernimmst, deine Hand voller Barmherzigkeit und schützend über alle Geistlichen, Witwen und Waisen zu halten."

Inzwischen war auch Erzbischof Winfried von Köln an den Altar getreten. Beide Erzbischöfe salbten König Otto; sie setzten ihm die Krone aufs Haupt und führten ihn zu dem erhöhten Thron, der zwischen zwei wunderbaren Marmorsäulen stand. Als die Geistlichkeit das Meßopfer dargebracht hatte, war auch die kirchliche Krönungsfeier zu Ende, und König Otto kehrte in die Pfalz zurück.

Das Krönungsmahl nahm der Herrscher mit allen weltlichen und geistlichen Fürsten ein. Die vier Herzöge des Reiches warteten an der Königstafel auf. Giselbert, der Herzog von Lothringen, war der Kämmerer, Eberhard von Franken der Truchseß, der Schwabenherzog Hermann stand den Mundschenken vor, und Arnulf von Bayern war der Marschall. Bis in die späte Nacht hinein wurde geschmaust und getrunken, und ganz Aachen feierte mit. Überall herrschte frohes Leben und Treiben.

Am anderen Tag verteilte der König wertvolle Geschenke an viele Fürsten und Lehnsmänner und kehrte dann in sein sächsisches Herzogtum zurück. Während seiner Abwesenheit hatte es Siegfried, der Schwager seines Vaters, verwaltet und gegen den Einfall von Feinden geschützt.

 
König Ottos Kampf gegen die Herzöge

Herzog Arnulf von Bayern war gestorben, und sein Sohn Eberhard weigerte sich, Otto den Lehnseid zu leisten. Nun wollte ihn der König mit seiner Heeresmacht dazu zwingen. Aber während er noch auf dem Feldzug in Bayern weilte, erreichte ihn die Nachricht, daß sein Stiefbruder Thankmar eine Verschwörung gegen ihn angezettelt hatte. "Wir müssen sofort ins Sachsenland zurück," erklärte der König seinen Kampfgefährten, "Thankmar kann es nicht verschmerzen, daß er auf den Thron verzichten mußte. Der herrische und ehrgeizige Frankenherzog Eberhard, der sich meiner Königsgewalt nicht fügen will, hat sich ihm als Bundesgenosse angeschlossen. Schon hält Eberhard meinen jüngeren Bruder Heinrich auf seiner Burg in Fritzlar gefangen, und Thankmar steht mit seinem Kriegsvolk an der Diemel."

Thankmar war aufs höchste bestürzt, als sein Bruder eines Tages mit seinen Vasallen an der Diemel stand. Er wagte keinen offenen Kampf, zog sich in die Eresburg zurück und wurde bei einem Ausfall aus dieser Feste getötet.

Als Herzog Eberhard dies erfuhr, glaubte er nicht mehr an einen Sieg. Er suchte seinen Gefangenen, des Königs Bruder Heinrich, auf und flehte ihn an: "Vergiß, daß ich dich gefangen hielt. Bitte für mich bei deinem königlichen Bruder um meine Begnadigung." Heinrich von Sachsen sah dem Sprecher prüfend in die Augen, als er antwortete: "Thankmar und du, ihr hättet klüger getan, mich als euren Bundesgenossen zu gewinnen. Sieh, als ich noch jünger war, hoffte ich einmal König zu werden. Denn ich wurde als Königssohn geboren, während mein Vater bei Ottos Geburt nur Herzog von Sachsen war. Nur mit grollendem Herzen habe ich bisher den Befehlen meines Bruders gehorcht. Viele im Lande sind mit dem König unzufrieden, weil er uns Fürsten nicht als gleichberechtigte Volksherzöge, sondern als seine Untertanen behandelt."

"Du sollst König sein," rief Eberhard von Franken aus; "sorge dafür, daß ich mein Herzogtum behalte, dann will ich dir mit meiner ganzen Heeresmacht im Kampf um die Krone beistehen." Die beiden gelobten sich Treue und Verschwiegenheit und besprachen die Einzelheiten ihres hochverräterischen Planes.

Heinrich gelang es wirklich, den Zorn des Königs zu besänftigen. Eberhard wurde für einen Monat auf die Burg Hildesheim verbannt. Nach Verbüßung der Strafe erhielt er sein Herzogtum von König Otto zurück.


Im Jahre 939 brach ein neuer Aufstand gegen König Otto aus. Herzog Heinrich hatte sich mit dem lothringischen Herzog Giselbert verbündet. Trotz ihrer großen Übermacht wurden die Rebellen von Ottos Heer bei Xanten geschlagen. Heinrich eilte auf dem schnellsten Wege in sein Herzogtum zurück und verschanzte sich in Merseburg. Vergeblich versuchte das königliche Heer, die Stadt zu erobern. Schließlich sah sich der deutsche König genötigt, seinem Bruder Waffenstillstand und freien Abzug zu gewähren, um in den Besitz der starken Feste zu gelangen.

Herzog Heinrich aber verbündete sich abermals mit dem Herzog von Lothringen, der inzwischen Lehnsmann des französischen Königs Ludwig IV. geworden war. Auf die Seite dieser beiden Aufrührer trat nun auch Eberhard von Franken und später sogar der Erzbischof Friedrich von Mainz.

Die vereinigten Heere verwüsteten die oberen Rheingebiete mit Mord und Brand. König Otto zog ihnen nach und belagerte die Burg Breisach. Zwar gelang es den Herzögen, aus Breisach zu entkommen. Als sie aber eines Tages fröhlich beim Mahle saßen, ereilte sie ihr Geschick. Die beiden königstreuen fränkischen Grafen Udo und Konrad überfielen sie mit einer Anzahl Bewaffneter. Nach einem kurzen, verzweifelten Kampf mußte Eberhard von Franken sein Leben lassen. Giselbert entkam und flüchtete an den Rhein. Als er schwimmend das andere Ufer erreichen wollte, ertrank er vor den Augen seiner Verfolger.

Nach diesem Ereignis sah Heinrich von Sachsen ein, daß sein Bruder Otto Sieger bleiben würde. In der Pfalz zu Attigny bat er den König flehentlich um Vergebung, der ihm den Treubruch noch einmal verzieh.


Mit der Unterwerfung Heinrichs war der deutsche Bruderkrieg endgültig beendet. Nun begann Otto, seine Königsmacht weiter auszubauen. An die Spitze aller Herzogtümer stellte er im Laufe der Zeit nur Mitglieder seiner Familie. 944 wurde Konrad der Rote, dem Otto im Jahre 947 seine Tochter Liutgard zur Gemahlin gab, zum Herzog der Lothringer ernannt. 947 verlieh der König seinem Bruder Heinrich Bayern. Schwaben erhielt zwei Jahre später Ottos Sohn Ludolf. Das Herzogtum Franken wurde sogar aufgeteilt.


All diesen Herzögen nahm der König viel von ihrer früheren Macht. Hohe Geistliche setzte nur er noch ein; ebenso ernannte Otto die Grafen in allen Herzogtümern. In die Regierung des Reiches durften sich die Stammesherzöge nicht einmischen. König Otto führte die Regierung allein. Er setzte Pfalzgrafen als Beamte ein, die die Arbeit der Großen des Reiches prüften und ihrem König darüber berichteten.

Viele Jahre fügten sich die Herzöge ihrem König. Nur im Jahre 953 versuchten Ludolf und Konrad noch einmal einen Aufstand, der aber wieder niedergeschlagen wurde. Da sah der König ein, daß er sich auf die Herzöge nicht verlassen konnte. Sie dachten immer wieder daran, ihre eigene Macht zu stärken und vergaßen darüber ganz das Reich. Als er sich eines Tages mit seinem Bruder Brun darüber unterhielt, sprach er: "Ich will es von jetzt ab mit den Geistlichen versuchen. Die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier sollen geistliche Fürsten werden. Sie bekommen das Marktrecht, dürfen Zölle erheben und Münzen prägen. Jedes Lehen, das ich einem geistlichen Fürsten gebe, fällt nach dessen Tode wieder an mich zurück. Du wirst Erzbischof von Köln und verwaltest gleichzeitig Lothringen, das der König von Frankreich so gerne haben möchte." - "Und welche Aufgaben haben die geistlichen Fürsten zu erfüllen?" fragte Brun. "Die geistlichen Fürsten, in deren Gebiet ich gerade weile," entgegnete der König, "müssen für die Verpflegung meines Hoflagers sorgen und, wenn ein Krieg ausbricht, mit ihren Lehnsleuten mit in den Kampf ziehen. Tüchtige Geistliche werde ich sogar zu Heerführern machen. Da sie die lateinische Sprache beherrschen, werde ich sie als Gesandte zu ausländischen Königen und Fürsten schicken. Viele werden auch Beamte an meinem Hof sein. Es sind alles ehrenvolle Aufgaben, die ich den Geistlichen zugedacht habe, aber ich verlange, daß sie sich immer als Deutsche fühlen und in mir allein ihren Herrscher sehen." -"Ich verstehe dich, Bruder," antwortete Brun; "du willst das Reich mit Hilfe der klugen Geistlichen fester bauen."

 
Otto wird Kaiser
Kaiser Otto der Große

Die Bischöfe unterstanden nicht nur dem König, sondern auch dem Papst. Otto wollte sich deshalb auch zum Herrn über den Papst machen. Dazu aber mußte er wieder der Herrscher über Italien werden. In Oberitalien war es zwischen den verschiedenen Parteien zu Kämpfen gekommen. Otto wurde zu Hilfe gerufen. Er heiratete die Erbin von Oberitalien und wurde König der Lombardei. Dann zog er auf einen Hilferuf des Papstes nach Rom und ließ sich dort zum Kaiser krönen (962). Aus dem deutschen Volksreich wurde das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Die deutschen Könige führten seit dieser Zeit den Titel "Kaiser". Der Papst war dem Kaiser unterstellt. Ottos Reich erstreckte sich von Rom bis zur Nordsee.

 
Die Sicherung der Ostgrenze
Otto I. in der Schlacht auf dem Lechfelde
Otto I. in der Schlacht auf dem Lechfelde

a) Der Sieg über die Ungarn. Otto beendete den Ungarnkampf durch die Schlacht auf dem Lechfelde 955. Im Sommer 955 brachen die Ungarn noch einmal in gewaltigen Scharen in Bayern ein. Wohin der Zug kam, gingen die Dörfer in Flammen auf, und die Felder wurden verwüstet. Nun stand das Ungarnheer vor Augsburg, das von dem treuen und tapferen Bischof Ulrich regiert wurde.

Den Kampf auf offenem Felde hatte der Bischof seiner kleinen Schar verboten, dafür aber den Bürgern Augsburgs befohlen, die Bollwerke, die Wälle, die Mauern und die Tore zu verstärken. Nur mit einer Stola angetan - Schild, Helm und Panzer hatte er zu Hause gelassen - begab er sich mit seinen Kriegern vor das östliche Stadttor. Unaufhörlich feuerte er seine Mannen an, die mit der größten Tapferkeit stritten. Mitten in dem heftigsten Schlachtengewühl brachen die Ungarn plötzlich den Kampf ab und zogen sich zurück. Ihr tapferster Anführer war erschlagen worden.

Am anderen Morgen wiederholten die Ungarn ihren Angriff; aber nach kurzer Zeit rückten sie abermals ab und verließen das Schlachtfeld. Der Ungarnführer hatte die Nachricht erhalten, daß König Otto in Eilmärschen herannahte, um Augsburg zu retten.

In der Nähe der Stadt schlug der König sein Lager auf. Hier stieß der Heerbann der Franken und Bayern zu ihm; auch der Herzog Konrad von Lothringen rückte mit einer starken Kriegsmacht ins Lager.

Kaum war am anderen Morgen die Sonne aufgegangen, da zog das deutsche Reichsheer mit wehenden Fahnen in acht großen Abteilungen den Feinden entgegen.

Obwohl die Ungarn die Deutschen unerwartet im Rücken angriffen, erlitten sie eine schmähliche Niederlage. Allen voran stürzte sich der König auf die Angreifer. Gewaltig hieb er um sich, und seine Kampfgefährten folgten seinem Beispiel. Nur wenige Ungarn entkamen in ihre Heimat.

Leider verlor das deutsche Heer in diesem Vernichtungskampf auch einen seiner besten Anführer, den Herzog Konrad. Auf Befehl des Königs wurde sein Leichnam später in Worms feierlich bestattet.


Nach dieser Schlacht vom 10. August 955 fielen die Ungarn nie wieder in Deutschland ein. König Otto kehrte unter dem Jubel des Volkes in sein Sachsenland zurück und wurde von allen ehrlichen Deutschen "Vater des Vaterlandes" genannt. Als Schutz gegen die Ungarn errichtete er die Ostmark wieder.


Das Reich Kaiser Ottos I.
b) Der Kampf gegen die Slawen. Den Kampf gegen die Slawen führte er weiter und sicherte die Elbgrenze durch Anlegen von Grenzmarken. Dort setzte er Markgrafen ein (Gero an der Mittelelbe im Gebiet um Meißen, Hermann Billung an der Unterelbe).

Beide dehnten ihre Macht bis zur Oder aus. Otto stellte Polen unter deutsche Lehnshoheit. Magdeburg wurde Erzbistum. Von hier aus breiteten sich deutsche Sprache, deutsches Recht, deutsche Kultur weit nach Osten hin über die Oder aus.

Auf dem letzten Reichstage Ottos in Quedlinburg erschienen Gesandte von Dänemark, Polen, Böhmen und Ungarn und brachten Tribut und Geschenke. Frankreich, England, Italien und Ostrom sandten Vertreter. Otto war der mächtigste Herrscher Europas. Nach einer an Erfolgen reichen Regierung starb er 973 und wurde im Dom zu Magdeburg beigesetzt.

 
Verluste an der Ostgrenze

Ottos Sohn, Otto II., versuchte seine Herrschaft auch über Süditalien auszudehnen. Er und sein Nachfolger Otto III. hielten sich vorwiegend in Italien auf und wollten Rom zum Mittelpunkt ihres Reiches machen. In Deutschland kam es häufig zu Aufständen der Fürsten gegen die Kaiser, wodurch die Macht des Reiches geschwächt wurde.

Otto II. trennte die Ostmark vom Herzogtum Bayern und gab sie dem Fürstengeschlecht der Babenberger. Dies war der Anfang einer Entwicklung, die später zum Staate der Habsburger "Österreich" führte.

Um die Gebiete östlich der Elbe kümmerten sich Ottos Nachfolger wenig. Sie verloren das mühsam erkämpfte Land zwischen Elbe und Oder wieder an die Slawen. Den Polen gab Otto III. in dem neugegründeten Erzbistum Gnesen einen nationalen Mittelpunkt. Dadurch hörte der für die Ausbreitung des Deutschtums im Gebiet östlich der Oder so wichtige Einfluß Magdeburgs langsam auf. Polen machte sich vom Reiche unabhängig, Ungarn desgleichen.



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