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Viertes Kapitel   (Forts.)
Polen als Werkzeug des Englischen Kriegswillens

B. Die letzte Phase
der Deutsch-Polnischen Krise

Nr. 471
Rede des Führers vor dem Deutschen Reichstag,
1. September 1939

Abgeordnete, Männer des Deutschen Reichstags!

Seit Monaten leiden wir alle unter der Qual eines Problems, das uns einst das Versailler Diktat beschert hat und das nunmehr in seiner Ausartung und Entartung unerträglich geworden war. Danzig war und ist eine deutsche Stadt. Der Korridor war und ist deutsch. Alle diese Gebiete verdanken ihre kulturelle Erschließung ausschließlich dem deutschen Volk, ohne das in diesen östlichen Gebieten tiefste Barbarei herrschen würde. Danzig wurde von uns getrennt, der Korridor von Polen annektiert, die dort lebenden deutschen Minderheiten in der qualvollsten Weise mißhandelt. Über eine Million Menschen deutschen Blutes mußten schon in den Jahren 1919 auf 1920 ihre Heimat verlassen. Wie immer, so habe ich auch hier versucht, auf dem Wege friedlichster Revisionsvorschläge eine Änderung des unerträglichen Zustandes herbeizuführen. Es ist eine Lüge, wenn in der Welt behauptet wird, daß wir alle unsere Revisionen nur unter Druck durchzusetzen versuchten. 15 Jahre, bevor der Nationalsozialismus zur Macht kam, hatte man Gelegenheit, auf dem [445] Wege friedlicher Verständigung die Revision durchzuführen. Man tat es nicht. In jedem einzelnen Falle habe ich dann von mir aus nicht einmal, sondern oftmals Vorschläge zur Revision unerträglicher Zustände gemacht.

Alle diese Vorschläge sind, wie Sie wissen, abgelehnt worden. Ich brauche sie nicht im einzelnen aufzuzählen: die Vorschläge zur Rüstungsbegrenzung, ja, wenn notwendig, zur Rüstungsbeseitigung, die Vorschläge zur Beschränkung der Kriegführung, die Vorschläge zur Ausschaltung von in meinen Augen mit dem Völkerrecht schwer zu vereinbarenden Methoden der modernen Kriegführung. Sie kennen die Vorschläge, die ich über die Notwendigkeit der Wiederherstellung der deutschen Souveränität über die deutschen Reichsgebiete machte, die endlosen Versuche, die ich zu einer friedlichen Verständigung über das Problem Österreich unternahm und später über das Problem Sudetenland, Böhmen und Mähren. Es war alles vergeblich. Eines aber ist unmöglich: zu verlangen, daß ein unerträglicher Zustand auf dem Wege friedlicher Revision bereinigt wird, und die friedliche Revision konsequent zu verweigern. Es ist auch unmöglich, zu behaupten, daß derjenige, der in einer solchen Lage dann dazu übergeht, von sich aus diese Revisionen vorzunehmen, gegen ein Gesetz verstößt. Das Diktat von Versailles ist für uns Deutsche kein Gesetz. Es geht nicht an, von jemand mit vorgehaltener Pistole und der Drohung des Verhungerns von Millionen Menschen eine Unterschrift zu erpressen und dann das Dokument mit dieser erpreßten Unterschrift als ein feierliches Gesetz zu proklamieren.

So habe ich auch im Falle Danzigs und des Korridors versucht, durch friedliche Vorschläge auf dem Wege der Diskussion die Probleme zu lösen. Daß sie gelöst werden mußten, das war klar. Und daß der Termin dieser Lösung für die westlichen Staaten vielleicht uninteressant sein kann, ist begreiflich; aber uns ist dieser Termin nicht gleichgültig, vor allem aber war er und konnte er nicht gleichgültig sein für die leidenden Opfer. Ich habe in Besprechungen mit polnischen Staatsmännern die Gedanken, die Sie von mir hier in meiner letzten Reichstagsrede vernommen haben, erörtert. Kein Mensch kann behaupten, daß dies etwa ein ungebührliches Verfahren oder gar ein ungebührlicher Druck gewesen wäre.

Ich habe dann die deutschen Vorschläge formulieren lassen, und ich muß es noch einmal wiederholen, daß es etwas Loyaleres und Bescheideneres als diese von mir unterbreiteten Vorschläge nicht gibt. Und ich möchte das jetzt der Welt sagen: ich allein war überhaupt nur in der Lage, solche Vorschläge zu machen; denn ich weiß ganz genau, daß ich mich damals zur Auffassung von Millionen von Deutschen in Gegensatz gebracht habe.

Diese Vorschläge sind abgelehnt worden. Aber nicht nur das: sie wurden beantwortet mit Mobilmachungen, mit verstärktem Terror, mit gesteigertem Druck auf die Volksdeutschen in diesen Gebieten und mit einem langsamen wirtschaftlichen, politischen und in den letzten Wochen endlich auch militärischen und verkehrstechnischen Abdrosselungskampf gegen die Freie Stadt Danzig. Polen hat den Kampf gegen die Freie Stadt Danzig entfesselt. Es war weiter nicht bereit, die Korridorfrage in einer irgendwie billigen und den Interessen beider gerecht werdenden Weise zu lösen. Es hat endlich nicht daran gedacht, seine Minderheitsverpflichtungen einzuhalten. Ich muß hier feststellen: Deutschland hat diese Verpflichtungen eingehalten. Die Minderheiten, die im Deutschen Reich leben, werden nicht verfolgt. Es soll ein Franzose aufstehen und erklären, daß etwa die im Saargebiet lebenden Franzosen unterdrückt, gequält und entrechtet werden. Keiner wird dies behaupten können.

[446] Ich habe nun dieser Entwicklung vier Monate lang ruhig zugesehen, allerdings nicht, ohne immer wieder zu warnen. Ich habe in letzter Zeit diese Warnungen verstärkt. Ich habe dem Polnischen Botschafter vor nun schon über drei Wochen mitteilen lassen, daß, wenn Polen noch weitere ultimative Noten an Danzig schicken würde, wenn es weitere Unterdrückungsmaßnahmen gegen das Deutschtum vornehmen würde oder wenn es versuchen sollte, auf dem Wege zollpolitischer Maßnahmen Danzig wirtschaftlich zu vernichten, dann Deutschland nicht länger mehr untätig zusehen könnte. Ich habe keinen Zweifel darüber gelassen, daß man in dieser Hinsicht das heutige Deutschland nicht mit dem Deutschland, das vor uns war, verwechseln darf.

Man hat versucht, das Vorgehen gegen die Volksdeutschen damit zu entschuldigen, daß man erklärte, sie hätten Provokationen begangen. Ich weiß nicht, worin die "Provokationen" der Kinder oder Frauen bestehen sollen, die man mißhandelt und verschleppt, oder die "Provokationen" derer, die man in der tierischsten, sadistischsten Weise gequält und schließlich getötet hat. Eines aber weiß ich: daß es keine Großmacht von Ehre gibt, die auf die Dauer solchen Zuständen ruhig zusehen würde.

Ich habe trotzdem noch einen letzten Versuch gemacht. Obwohl ich innerlich überzeugt war, daß es der Polnischen Regierung - vielleicht auch infolge ihrer Abhängigkeit von einer nunmehr entfesselten wilden Soldateska - mit einer wirklichen Verständigung nicht ernst ist, habe ich einen Vermittlungsvorschlag der Britischen Regierung angenommen. Sie schlug vor, daß sie nicht selbst Verhandlungen führen sollte, sondern versicherte, eine direkte Verbindung zwischen Polen und Deutschland herzustellen, um noch einmal in das Gespräch zu kommen.

Ich muß hier folgendes feststellen: Ich habe diesen Vorschlag angenommen. Ich habe für diese Besprechungen Grundlagen ausgearbeitet, die Ihnen bekannt sind, und ich bin dann mit meiner Regierung zwei volle Tage dagesessen und habe gewartet, ob es der Polnischen Regierung paßt, nun endlich einen Bevollmächtigten zu schicken oder nicht. Sie hat uns bis gestern abend keinen Bevollmächtigten geschickt, sondern durch ihren Botschafter mitteilen lassen, daß sie zur Zeit erwäge, ob und inwieweit sie in der Lage sei, auf die englischen Vorschläge einzugehen; sie würde dies England mitteilen.

Meine Herren Abgeordneten! Wenn man dem Deutschen Reich und seinem Staatsoberhaupt so etwas zumuten kann und das Deutsche Reich und sein Staatsoberhaupt das dulden würden, dann würde die deutsche Nation nichts anderes verdienen, als von der politischen Bühne abzutreten. Meine Friedensliebe und meine endlose Langmut soll man nicht mit Schwäche oder gar mit Feigheit verwechseln. Ich habe daher gestern abend der Britischen Regierung mitgeteilt, daß ich unter diesen Umständen auf seiten der Polnischen Regierung keine Geneigtheit mehr finden kann, mit uns in ein wirklich ernstes Gespräch einzutreten.

Damit sind diese Vermittlungsvorschläge gescheitert. Denn unterdes war als Antwort auf diesen Vermittlungsvorschlag erstens die polnische Generalmobilmachung gekommen und zweitens neue schwere Greueltaten. Diese Vorgänge haben sich nun heute nacht abermals wiederholt. Nachdem schon neulich in einer einzigen Nacht 21 Grenzzwischenfälle zu verzeichnen waren, sind es heute nacht 14 gewesen, darunter drei ganz schwere.

Ich habe mich daher nun entschlossen, mit Polen in der gleichen Sprache zu reden, die Polen seit Monaten uns gegenüber anwendet.

[447] Wenn nun Staatsmänner im Westen erklären, daß dies ihre Interessen berühre, so kann ich eine solche Erklärung nur bedauern. Sie kann mich aber nicht eine Sekunde in der Erfüllung meiner Pflicht wankend machen. Ich habe es feierlich versichert und wiederhole es, daß wir von diesen Weststaaten nichts fordern und nie etwas fordern werden. Ich habe versichert, daß die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland eine endgültige ist. Ich habe England immer wieder eine Freundschaft und, wenn notwendig, das engste Zusammengehen angeboten. Aber Liebe kann nicht nur von einer Seite geboten werden, sie muß von der anderen ihre Erwiderung finden. Deutschland hat keine Interessen im Westen. Unser Westwall ist zugleich für alle Zeiten die Grenze des Reiches. Wir haben auch keinerlei Ziel für die Zukunft, und diese Einstellung des Reiches wird sich nicht mehr ändern.

Die anderen europäischen Staaten begreifen zum Teil unsere Haltung. Ich möchte hier vor allem Italien danken, das uns in dieser ganzen Zeit unterstützt hat. Sie werden aber auch verstehen, daß wir für die Durchführung dieses Kampfes nicht an eine fremde Hilfe appellieren wollen. Wir werden diese unsere Aufgabe selber lösen.

Die neutralen Staaten haben uns ihre Neutralität versichert, genau so, wie wir sie ihnen schon vorher garantieren. Es ist uns heiliger Ernst mit dieser Versicherung, und solange kein anderer ihre Neutralität bricht, werden wir sie ebenfalls peinlichst beachten; denn was sollten wir von ihnen wünschen oder wollen?

Ich bin glücklich, Ihnen nun von dieser Stelle aus ein besonderes Ereignis mitteilen zu können. Sie wissen, daß Rußland und Deutschland von zwei verschiedenen Doktrinen regiert werden. Es war nur eine Frage, die geklärt werden mußte: Deutschland hat nicht die Absicht, seine Doktrin zu exportieren, und in dem Augenblick, in dem Sowjetrußland seine Doktrin nicht nach Deutschland zu exportieren gedenkt, sehe ich keine Veranlassung mehr, daß wir auch nur noch einmal gegeneinander Stellung nehmen sollen! Wir sind uns beide darüber klar: Jeder Kampf unserer
Stalins verhinderter Erstschlag. Hitler erstickt 
die Weltrevolution
Anm. d. Scriptorium:
Und weshalb kam alles anders als geplant? Warum "überfiel" Hitler die "friedliche Sowjetunion" trotzdem? Dieses wichtige Buch des bekannten russischen Historikers Viktor Suworow gibt Aufschluß über diese Fragen und noch sehr viel mehr!
Völker gegeneinander würde nur anderen einen Nutzen abwerfen. Daher haben wir uns entschlossen, einen Pakt abzuschließen, der zwischen uns beiden für alle Zukunft jede Gewaltanwendung ausschließt, der uns in gewissen europäischen Fragen zur Konsultierung verpflichtet, der das wirtschaftliche Zusammenarbeiten ermöglicht und vor allem sicherstellt, daß sich die Kräfte dieser beiden großen Staaten nicht gegeneinander verbrauchen.

Jeder Versuch des Westens, hier etwas zu ändern, wird fehlschlagen! Und ich möchte das eine hier versichern: Diese politische Entscheidung bedeutet eine ungeheure Wende für die Zukunft und ist eine endgültige!

Ich glaube, das ganze deutsche Volk wird diese politische Einstellung begrüßen! Rußland und Deutschland haben im Weltkrieg gegeneinander gekämpft und waren beide letzten Endes die Leidtragenden. Ein zweites Mal soll und wird das nicht mehr geschehen! Der Nichtangriffs- und Konsultativpakt, der am Tage seiner Unterzeichnung bereits gültig wurde, hat gestern die höchste Ratifikation in Moskau und auch in Berlin erfahren.

In Moskau wurde dieser Pakt genau so begrüßt, wie Sie ihn hier begrüßen. Die Rede, die der Russische Außenkommissar Molotow hielt, kann ich Wort für Wort unterschreiben.

[448] Unsere Ziele: Ich bin entschlossen,

    erstens die Frage Danzig,
    zweitens die Frage des Korridors zu lösen und
    drittens dafür zu sorgen, daß im Verhältnis Deutschlands zu Polen eine Wendung eintritt, die ein friedliches Zusammenleben sicherstellt!
Ich bin dabei entschlossen, so lange zu kämpfen, bis entweder die derzeitige Polnische Regierung dazu geneigt ist, diese Änderung herzustellen, oder bis eine andere polnische Regierung dazu bereit ist!

Ich will von den deutschen Grenzen das Element der Unsicherheit, die Atmosphäre ewiger, bürgerkriegähnlicher Zustände entfernen. Ich will dafür sorgen, daß im Osten der Friede an der Grenze kein anderer ist, als wir ihn an unseren anderen Grenzen kennen.

Ich will dabei die notwendigen Handlungen so vornehmen, daß sie nicht dem widersprechen, was ich Ihnen hier, meine Herren Abgeordneten, im Reichstag selbst als Vorschläge an die übrige Welt bekanntgab.

Das heißt, ich will nicht den Kampf gegen Frauen und Kinder führen! Ich habe meiner Luftwaffe den Auftrag gegeben, sich bei den Angriffen auf militärische Objekte zu beschränken. Wenn aber der Gegner glaubt, daraus einen Freibrief ablesen zu können, seinerseits mit umgekehrten Methoden zu kämpfen, dann wird er eine Antwort erhalten, daß ihm Hören und Sehen vergeht!

Polen hat nun heute nacht zum erstenmal auf unserem eigenen Territorium auch durch reguläre Soldaten geschossen. Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen! Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten! Wer mit Gift kämpft, wird mit Giftgas bekämpft. Wer sich selbst von den Regeln einer humanen Kriegführung entfernt, kann von uns nichts anderes erwarten, als daß wir den gleichen Schritt tun.

Ich werde diesen Kampf, ganz gleich gegen wen, so lange führen, bis die Sicherheit des Reiches und seine Rechte gewährleistet sind!

Über sechs Jahre habe ich nun am Aufbau der deutschen Wehrmacht gearbeitet. In dieser Zeit sind über 90 Milliarden für den Aufbau unserer Wehrmacht angewendet worden. Sie ist heute die am besten ausgerüstete der Welt und steht weit über jedem Vergleich mit der des Jahres 1914! Mein Vertrauen auf sie ist unerschütterlich!

Wenn ich diese Wehrmacht aufrief und wenn ich nun vom deutschen Volk Opfer und, wenn notwendig, alle Opfer fordere, dann habe ich ein Recht dazu, denn auch ich selbst bin heute genau so bereit, wie ich es früher war, jedes persönliche Opfer zu bringen! Ich verlange von keinem deutschen Mann etwas anderes, als was ich selber über vier Jahre lang bereit war, jederzeit zu tun. Es soll keine Entbehrungen Deutscher geben, die ich nicht selber sofort übernehme! Mein ganzes Leben gehört von jetzt ab erst recht meinem Volke! Ich will jetzt nichts anderes sein als der erste Soldat des Deutschen Reiches.

Ich habe damit wieder jenen Rock angezogen, der mir selbst der heiligste und teuerste war. Ich werde ihn nur ausziehen nach dem Sieg, - oder ich werde dieses Ende nicht erleben!

Sollte mir in diesem Kampf etwas zustoßen, dann ist mein erster Nachfolger Parteigenosse Göring. Sollte Parteigenossen Göring etwas zustoßen, ist sein Nachfolger Parteigenosse Heß. Sie würden diesen dann als Führer genau so [449] zu blinder Treue und Gehorsam verpflichtet sein wie mir. Für den Fall, daß auch Parteigenossen Heß etwas zustoßen sollte, werde ich durch Gesetz nunmehr den Senat berufen, der dann den Würdigsten, das heißt den Tapfersten, aus seiner Mitte wählen soll!

Als Nationalsozialist und deutscher Soldat gehe ich in diesen Kampf mit einem starken Herzen! Mein ganzes Leben war nichts anderes als ein einziger Kampf für mein Volk, für seine Wiederauferstehung, für Deutschland, und über diesem Kampf stand nur ein Bekenntnis: der Glaube an dieses Volk!

Ein Wort habe ich nie kennengelernt, es heißt Kapitulation. Wenn irgend jemand aber meint, daß wir vielleicht einer schweren Zeit entgegengehen, so möchte ich bitten zu bedenken, daß einst ein Preußenkönig mit einem lächerlich kleinen Staat einer der größten Koalitionen gegenübertrat und in drei Kämpfen am Ende doch erfolgreich bestand, weil er jenes gläubige, starke Herz besaß, das auch wir in dieser Zeit benötigen.

Der Umwelt aber möchte ich versichern: Ein November 1918 wird sich niemals mehr in der deutschen Geschichte wiederholen!

So wie ich selber bereit bin, jederzeit mein Leben für mein Volk und für Deutschland einzusetzen, so verlange ich dasselbe auch von jedem anderen!

Wer aber glaubt, sich diesem nationalen Gebot, sei es direkt oder indirekt, widersetzen zu können, der fällt! Verräter haben nichts mit uns zu tun! Wir alle bekennen uns damit nur zu unserem alten Grundsatz: Es ist gänzlich unwichtig, ob wir leben; aber notwendig ist es, daß unser Volk, daß Deutschland lebt.

Ich erwarte von Ihnen als den Sendboten des Reiches, daß Sie nunmehr auf allen Plätzen, auf die Sie gestellt sind, Ihre Pflicht erfüllen! Sie müssen Bannerträger sein des Widerstandes, koste es, was es wolle! Keiner melde mir, daß in seinem Gau, in seinem Kreis oder in seiner Gruppe oder in seiner Zelle die Stimmung einmal schlecht sein könnte! Träger, verantwortliche Träger der Stimmung sind Sie! Ich bin verantwortlich für die Stimmung im deutschen Volk, Sie sind verantwortlich für die Stimmung in Ihren Gauen, in Ihren Kreisen. Keiner hat das Recht, diese Verantwortung abzutreten. Das Opfer, das von uns verlangt wird, ist nicht größer als das Opfer, das zahlreiche Generationen gebracht haben. All die Männer, die vor uns den bittersten und schwersten Weg für Deutschland antreten mußten, haben nichts anderes geleistet, als was wir auch zu leisten haben; ihr Opfer war kein billigeres und kein schmerzloseres und damit kein leichteres, als das Opfer sein würde, das von uns verlangt wird.

Ich erwarte auch von der deutschen Frau, daß sie sich in eiserner Disziplin vorbildlich in diese große Kampfgemeinschaft einfügt!

Die deutsche Jugend aber wird strahlenden Herzens ohnehin erfüllen, was die Nation, der Nationalsozialistische Staat, von ihr erwartet und fordert!

Wenn wir diese Gemeinschaft bilden, eng verschworen, zu allem entschlossen, niemals gewillt zu kapitulieren, dann wird unser Wille jeder Not Herr werden!

Ich schließe mit dem Bekenntnis, das ich einst aussprach, als ich den Kampf um die Macht im Reich begann. Damals sagte ich: Wenn unser Wille so stark ist, daß keine Not ihn mehr zu zwingen vermag, dann wird unser Wille und unser deutscher Stahl auch die Not zerbrechen und besiegen.

Deutschland - Sieg Heil!



[450]
Nr. 472
Unterredung des Reichsministers des Auswärtigen
mit dem Britischen Botschafter, 1. September 1939 21 Uhr

Aufzeichnung des Gesandten Schmidt

Sir Nevile Henderson übergab im Auftrag seiner Regierung folgende Note, der er auch eine unverbindliche schriftliche Übersetzung in deutscher Sprache hinzufügte:

Berlin, den 1. September 1939

Euer Exzellenz,

Im Auftrage des Ministers Seiner Majestät für Auswärtige Angelegenheiten beehre ich mich, folgende Mitteilung zu machen:

In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages hat der Deutsche Reichskanzler einen Aufruf an die deutsche Wehrmacht erlassen, aus dem klar hervorging, daß er im Begriff war, Polen anzugreifen.

Aus Nachrichten, die zur Kenntnis der Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich und der Französischen Regierung gelangt sind, geht hervor, daß deutsche Truppen die polnische Grenze überschritten haben und daß Angriffe auf polnische Städte im Gange sind.

Unter diesen Umständen sind die Regierungen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs der Auffassung, daß die Deutsche Regierung durch diese ihre Handlung die Voraussetzungen geschaffen hat (nämlich einen aggressiven Gewaltakt gegenüber Polen, der dessen Unabhängigkeit bedroht), welche seitens der Regierungen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs die Erfüllung ihrer Verpflichtungen, Polen Beistand zu leisten, erheischen.

Ich bin daher beauftragt, Euer Exzellenz mitzuteilen, daß die Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich ohne Zögern ihre Verpflichtungen gegenüber Polen erfüllen wird, wenn nicht die Deutsche Regierung bereit ist, der Regierung des Vereinigten Königreichs befriedigende Zusicherungen dahingehend abzugeben, daß die Deutsche Regierung jegliche Angriffshandlung gegen Polen eingestellt hat und bereit ist, ihre Truppen unverzüglich aus polnischem Gebiet zurückzuziehen.

Ich benutze diese Gelegenheit, usw.

Nevile Henderson

Der Reichsaußenminister erwiderte, eine deutsche Aggression läge nicht vor, sondern Polen habe seit Monaten Deutschland provoziert. Nicht Deutschland habe gegen Polen, sondern Polen gegen Deutschland mobilisiert. Am Vortage hätten nun noch direkte Einfalle polnischer regulärer und irregulärer Truppenverbände in deutsches Gebiet stattgefunden.

Die vom Englischen Botschafter soeben überreichte Mitteilung würde er an den Führer weiterleiten und dann eine sofortige Antwort erteilen. Der Reichsaußenminister fügte hinzu, daß, wenn die Britische Regierung Polen gegenüber eine solche Aktivität entfaltet hätte, wie sie dies anscheinend jetzt Deutschland gegenüber beabsichtige, eine Regelung mit Polen längst gefunden worden wäre.

[451] Sir Nevile Henderson erwiderte, er würde diese Bemerkungen seiner Regierung übermitteln und bäte, den Inhalt des Schreibens an den Führer weiterzuleiten. Er bat um eine möglichst baldige Antwort.

Der Reichsaußenminister erwiderte, es hätte an und für sich keine Veranlassung vorgelegen, die deutschen Vorschläge der Britischen Regierung zur Kenntnis zu bringen, nachdem durch Nichterscheinen eines polnischen Unterhändlers diese Vorschläge hinfällig geworden seien. Trotzdem habe er (der Reichsaußenminister) diese Vorschläge Henderson vorgelesen in der stillen Hoffnung, daß England doch noch Polen zur Vernunft bringen würde. Der Führer hätte noch einen ganzen weiteren Tag vergeblich gewartet. Von polnischer Seite sei weiter nichts erfolgt als neue schwere Provokationen.

Sir Nevile Henderson erwiderte, es täte ihm furchtbar leid, daß der Reichsaußenminister es bei seiner letzten Unterredung ablehnte, ihm (Henderson) den Text der Vorschläge zu überreichen. Es sei begreiflich, daß er bei dem schnellen Vorlesen des deutschen Textes dieses ziemlich langen und komplizierten Dokuments das meiste nicht verstanden habe.

Der Reichsaußenminister wies darauf hin, daß er das Dokument langsam und deutlich vorgelesen habe und daß er sogar noch zu den Hauptpunkten (Danzig, Abstimmung im Korridor, Minderheitenschutz) mündliche Erklärungen abgegeben habe. Er sei nicht ermächtigt gewesen, ihm das Dokument auszuhändigen und habe es daher vorgelesen in der Hoffnung, daß wenigstens am nächsten Tage noch von polnischer Seite darauf eingegangen würde. Der Führer habe noch einen ganzen Tag gewartet und schließlich den Eindruck gewonnen, daß England nichts weiter tun wolle.

Als Henderson noch einmal sein Bedauern darüber aussprach, daß ihm trotz seiner Bitte die Vorschläge nicht übergeben worden sind, wiederholte der Reichsaußenminister, daß er das Dokument langsam vorgelesen und einzelne Punkte erläutert hätte, so daß er der Ansicht sein konnte, Henderson habe alles verstanden.

Schmidt




Nr. 473
Unterredung des Reichsministers des Auswärtigen
mit dem Französischen Botschafter, 1. September 1939 22 Uhr

Aufzeichnung des Gesandten Schmidt

Botschafter Coulondre überreichte folgende, mit der vorher von Henderson übergebenen Instruktion gleichlautende Weisung, ohne eine deutsche Übersetzung hinzuzufügen:

(Übersetzung)
Berlin, den 1. September 1939
Euer Exzellenz,

Im Auftrag des Französischen Außenministers beehre ich mich, folgende Mitteilung zu machen.

In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages hat der Deutsche Reichskanzler einen Aufruf an die Deutsche Wehrmacht erlassen, aus dem klar hervorging, daß er im Begriff war, Polen anzugreifen.

[452] Aus Nachrichten, die zur Kenntnis der Französischen Regierung und der Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich gelangt sind, geht hervor, daß deutsche Truppen die polnische Grenze überschritten haben und daß Angriffe auf polnische Städte im Gange sind.

Unter diesen Umständen sind die Regierungen Frankreichs und des Vereinigten Königreichs der Auffassung, daß die Deutsche Regierung durch diese ihre Handlung die Voraussetzungen geschaffen hat (nämlich einen aggressiven Gewaltakt gegenüber Polen, der dessen Unabhängigkeit bedroht), welche seitens der Regierungen Frankreichs und des Vereinigten Königreichs die Erfüllung ihrer Verpflichtungen, Polen Beistand zu leisten, erheischen.

Ich bin daher beauftragt, Euer Exzellenz mitzuteilen, daß die Französische Regierung ohne Zögern ihre Verpflichtungen gegenüber Polen erfüllen wird, wenn nicht die Deutsche Regierung bereit ist, der Französischen Regierung befriedigende Zusicherungen dahingehend abzugeben, daß die Deutsche Regierung jegliche Angriffshandlung gegen Polen eingestellt hat und bereit ist, die Truppen unverzüglich aus polnischem Gebiet zurückzuziehen.

Ich benutze die Gelegenheit, usw.

Coulondre

Der Reichsaußenminister erwiderte, daß er Botschafter Coulondre gegenüber nur das gleiche erklären könne, was er bereits dem Englischen Botschafter gesagt habe: Deutschland habe keine Aggression gegen Polen unternommen, sondern Polen hätte Deutschland seit Monaten in unerhörter Weise provoziert, indem es Danzig wirtschaftlich abschnürte, die deutsche Minderheit in Polen schwer drangsalierte und dauernd Grenzverletzungen beging. Der Führer habe eine unvergleichliche Geduld an den Tag gelegt und immer noch gehofft, daß Polen vernünftig werden würde. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Polen habe, nachdem es schon seit Monaten mit der Mobilisierung begonnen hätte, nunmehr auch formell die Generalmobilmachung angeordnet und habe gestern abend nicht nur Grenzverletzungen, sondern drei schwere Einfälle in deutsches Gebiet begangen. Auf Grund dieser Tatsachen lehne daher Deutschland die Version einer deutschen Aggression gegen Polen ab.

Abschließend versprach der Reichsaußenminister, dem Führer vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu geben und danach dem Französischen Botschafter eine Antwort zu erteilen.

Schmidt




Nr. 474
Dem Auswärtigen Amt am 2. September 1939 vormittags
vom Italienischen Botschafter übergebene Notiz243

Zur Information läßt Italien wissen, natürlich jede Entscheidung dem Führer überlassend, daß es noch die Möglichkeit hätte, von Frankreich, England und Polen eine Konferenz auf folgenden Grundlagen annehmen zu lassen:

    1. Waffenstillstand, der die Armeen läßt, wo sie jetzt sind;

    2. Einberufung der Konferenz in zwei bis drei Tagen;

    [453] 3. Lösung des polnisch-deutschen Streits, welche, wie die Sachen heute liegen, sicher günstig für Deutschland sein würde.

Für den Gedanken, der ursprünglich vom Duce ausgegangen ist, setzt sich heute besonders Frankreich ein.




Nr. 475
Mitteilung der Havas-Agentur, 2. September 1939
(Übersetzung)

Die Französische Regierung ist gestern ebenso wie mehrere andere Regierungen mit einem italienischen Vorschlag zur Regelung der europäischen Schwierigkeiten befaßt worden. Nach Beratung über diesen Vorschlag hat die Französische Regierung eine positive Antwort gegeben.




Nr. 476
Aus der Erklärung des Britischen Staatssekretärs
für Auswärtige Angelegenheiten Lord Halifax
im Oberhaus, 2. September 1939 nachmittags244
(Übersetzung)

..... Auf die mahnende Botschaft, die gestern abend Deutschland übermittelt wurde, ist bisher noch keine Antwort eingelaufen.

Es ist möglich, daß diese Verzögerung auf die von der Italienischen Regierung gemachten Vorschläge zurückzuführen ist, wonach eine Einstellung der Feindseligkeiten erfolgen und unverzüglich eine Konferenz zwischen Großbritannien, Frankreich, Polen, Deutschland und Italien einberufen werden sollte.

Der Britischen Regierung ist es aber nicht möglich, an einer Konferenz teilzunehmen zu einer Zeit, da Polen einer Invasion ausgesetzt ist, polnische Städte mit Bomben belegt werden und Danzig durch Gewalt Gegenstand einer einseitigen Lösung geworden ist. .....




Nr. 477
Vom Britischen Botschafter am 3. September 1939 9 Uhr
im Auswärtigen Amt übergebene Note
(Übersetzung)
Den 3. September 1939

Euer Exzellenz,

In der Mitteilung, welche ich die Ehre hatte, Ihnen am 1. September zu machen, unterrichtete ich Sie auf Weisung des Staatssekretärs für Auswärtige [454] Angelegenheiten Seiner Majestät, daß die Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich ohne Zögern ihre Verpflichtungen gegenüber Polen erfüllen werde, wenn nicht die Deutsche Regierung bereit sei, der Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich befriedigende Zusicherungen dahingehend abzugeben, daß die Deutsche Regierung jegliche Angriffshandlung gegen Polen eingestellt habe und bereit sei, ihre Truppen unverzüglich aus polnischem Gebiet zurückzuziehen.

Obwohl diese Mitteilung vor mehr als 24 Stunden erfolgte, ist keine Antwort eingegangen, hingegen wurden die deutschen Angriffe auf Polen fortgesetzt und verstärkt. Ich habe demgemäß die Ehre, Sie davon zu unterrichten, daß, falls nicht bis 11 Uhr vormittags britische Sommerzeit am heutigen Tage, dem 3. September, eine befriedigende Zusicherung im obenerwähnten Sinne von der Deutschen Regierung erteilt wird und bei Seiner Majestät Regierung in London eintrifft, ein Kriegszustand zwischen den beiden Ländern von dieser Stunde an bestehen wird.

Ich benutze diese Gelegenheit usw.

Nevile Henderson




Nr. 478
Note des Britischen Staatssekretärs für Auswärtige Angelegenheiten
Lord Halifax an den Deutschen Geschäftsträger in London,
3. September 1939 11.15 Uhr
(Übersetzung)
Den 3. September 1939

Herr Geschäftsträger,

Am 1. September unterrichtete der Botschafter Seiner Majestät in Berlin auf meine Weisung hin die dortige Regierung davon, daß die Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich ohne Zögern ihre Verpflichtungen gegenüber Polen erfüllen werde, wenn nicht die Deutsche Regierung bereit sei, der Regierung Seiner Majestät im Vereinigten Königreich befriedigende Zusicherungen dahingehend abzugeben, daß die Deutsche Regierung jegliche Angriffshandlung gegen Polen eingestellt habe und bereit sei, ihre Truppen unverzüglich aus polnischem Gebiet zurückzuziehen.

Um 9 Uhr vormittags am heutigen Tage unterrichtete der Botschafter Seiner Majestät in Berlin auf meine Weisung hin die Deutsche Regierung dahingehend, daß, falls nicht bis 11 Uhr vormittags britische Sommerzeit am heutigen Tage, dem 3. September, eine befriedigende Zusicherung im obengenannten Sinne von der Deutschen Regierung erteilt wird und bei Seiner Majestät Regierung in London eintrifft, ein Kriegszustand zwischen den beiden Ländern von dieser Stunde an bestehen wird.

Da keine solche Zusicherungen eingingen, habe ich die Ehre, Sie davon zu unterrichten, daß ein Kriegszustand zwischen den beiden Ländern von 11 Uhr vormittags am heutigen Tage, dem 3. September, an gerechnet, besteht.

Ich habe die Ehre, usw.

Halifax



[455]
Nr. 479
Dem Britischen Botschafter vom Reichsminister des Auswärtigen
am 3. September 1939 11.30 Uhr ausgehändigtes Memorandum
der Reichsregierung

Die Deutsche Reichsregierung hat das Ultimatum der Britischen Regierung vom 3. September 1939 erhalten. Sie beehrt sich, darauf folgendes zu erwidern:

1. Die Deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk lehnen es ab, von der Britischen Regierung ultimative Forderungen entgegenzunehmen, anzunehmen oder gar zu erfüllen.

2. Seit vielen Monaten herrscht an unserer Ostgrenze der tatsächliche Zustand des Krieges. Nachdem der Versailler Vertrag Deutschland erst zerrissen hat, wurde allen deutschen Regierungen seitdem jede friedliche Regelung verweigert. Auch die nationalsozialistische Regierung hat nach dem Jahre 1933 immer wieder versucht, auf dem Wege friedlicher Aushandlungen die schlimmsten Vergewaltigungen und Rechtsbrüche dieses Vertrages zu beseitigen. Es ist mit in erster Linie die Britische Regierung gewesen, die durch ihr intransigentes Verhalten jede praktische Revision vereitelte. Ohne das Dazwischentreten der Britischen Regierung wäre - dessen sind sich die Deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk bewußt - zwischen Deutschland und Polen sicher eine vernünftige und beiden Seiten gerecht werdende Lösung gefunden worden. Denn Deutschland hatte nicht die Absicht oder die Forderung gestellt, Polen zu vernichten. Das Reich forderte nur die Revision jener Artikel des Versailler Vertrages, die von einsichtsvollen Staatsmännern aller Völker schon zur Zeit der Abfassung dieses Diktates als für eine große Nation sowohl als für die gesamten politischen und wirtschaftlichen Interessen Osteuropas auf die Dauer als untragbar und damit unmöglich bezeichnet worden waren. Auch britische Staatsmänner erklärten die damals Deutschland aufgezwungene Lösung im Osten als den Keim späterer Kriege. Diese Gefahr zu beseitigen, war der Wunsch aller deutschen Reichsregierungen und besonders die Absicht der neuen nationalsozialistischen Volksregierung. Diese friedliche Revision verhindert zu haben, ist die Schuld der britischen Kabinettspolitik.

3. Die Britische Regierung hat - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte - dem polnischen Staat eine Generalvollmacht erteilt für alle Handlungen gegen Deutschland, die dieser Staat etwa vorzunehmen beabsichtigen würde. Die Britische Regierung sicherte der Polnischen Regierung unter allen Umständen für den Fall, daß sich Deutschland gegen irgendeine Provokation oder einen Angriff zur Wehr setzen würde, ihre militärische Unterstützung zu. Daraufhin hat der polnische Terror gegen die in den einst von Deutschland weggerissenen Gebieten lebenden Deutschen sofort unerträgliche Formen angenommen. Die Freie Stadt Danzig wurde gegen alle gesetzlichen Bestimmungen rechtswidrig behandelt, erst wirtschaftlich und zollpolitisch mit der Vernichtung bedroht und endlich militärisch zerniert und verkehrstechnisch abgedrosselt. Alle diese der Britischen Regierung genau bekannten Verstöße gegen das Gesetz des Danziger Statuts wurden gebilligt und durch die ausgestellte Blankovollmacht an Polen gedeckt. Die Deutsche Regierung hat, ergriffen von dem Leid der [456] von Polen gequälten und unmenschlich mißhandelten deutschen Bevölkerung, dennoch 5 Monate lang geduldig zugesehen, ohne auch nur einmal gegen Polen eine ähnlich aggressive Handlung zu betätigen.
      Sie hat nur Polen gewarnt, daß diese Vorgänge auf die Dauer unerträglich sein würden und daß sie entschlossen sei, für den Fall, daß dieser Bevölkerung sonst keine Hilfe würde, zur Selbsthilfe zu schreiten. Alle diese Vorgänge waren der Britischen Regierung auf das genaueste bekannt. Es wäre ihr ein leichtes gewesen, ihren großen Einfluß in Warschau aufzubieten, um die dortigen Machthaber zu ermahnen, Gerechtigkeit und Menschlichkeit walten zu lassen und die bestehenden Verpflichtungen einzuhalten. Die Britische Regierung hat dies nicht getan. Sie hat im Gegenteil unter steter Betonung ihrer Pflicht, Polen unter allen Umständen beizustehen, die Polnische Regierung geradezu ermuntert, in ihrem verbrecherischen, den Frieden Europas gefährdenden Verhalten fortzufahren. Die Britische Regierung hat aus diesem Geiste heraus den den Frieden Europas immer noch retten könnenden Vorschlag Mussolinis zurückgewiesen, obwohl die Deutsche Reichsregierung ihre Bereitwilligkeit erklärt hatte, darauf einzugehen. Die Britische Regierung trägt daher die Verantwortung für all das Unglück und das Leid, das jetzt über viele Völker gekommen ist und kommen wird.

4. Nachdem alle Versuche, eine friedliche Lösung zu finden und abzuschließen, durch die Intransigenz der von England gedeckten Polnischen Regierung unmöglich gemacht worden waren, nachdem die schon seit Monaten bestehenden bürgerkriegsähnlichen Zustände an der Ostgrenze des Reichs, ohne daß die Britische Regierung etwas dagegen einzuwenden hätte, sich allmählich zu offenen Angriffen auf das Reichsgebiet verstärkten, hat sich die Deutsche Reichsregierung entschlossen, dieser fortdauernden und für eine Großmacht unerträglichen Bedrohung des erst äußeren und dann endlich auch inneren Friedens des deutschen Volkes ein Ende zu bereiten, mit jenen Mitteln, die, nachdem die Regierungen der Demokratien alle anderen Revisionsmöglichkeiten praktisch sabotiert hatten, allein noch übrigbleiben, um die Ruhe, die Sicherheit und die Ehre des Deutschen Reiches zu verteidigen. Sie hat auf die letzten, das Reichsgebiet bedrohenden Angriffe der Polen mit gleichen Maßnahmen geantwortet. Die Deutsche Reichsregierung ist nicht gewillt, infolge irgendwelcher britischer Absichten oder Verpflichtungen im Osten Zustände zu dulden, die jenen gleichen, wie wir sie in dem unter britischem Protektorat stehenden Palästina vorfinden. Das deutsche Volk aber ist vor allem nicht gewillt, sich von Polen mißhandeln zu lassen.

5. Die Deutsche Reichsregierung lehnt daher die Versuche, durch eine ultimative Forderung Deutschland zu zwingen, seine zum Schutze des Reiches angetretene Wehrmacht wieder zurückzurufen und damit die alte Unruhe und das alte Unrecht erneut hinzunehmen, ab. Die Drohung, Deutschland ansonsten im Kriege zu bekämpfen, entspricht der seit Jahren proklamierten Absicht zahlreicher britischer Politiker. Die Deutsche Reichsregierung und das deutsche Volk haben dem englischen Volk unzählige Male versichert, wie sehr sie eine Verständigung, ja eine engste Freundschaft mit ihm wünschen. Wenn die Britische Regierung diese Angebote bisher immer ablehnte und nunmehr mit einer offenen Kriegsdrohung beantwortet, ist dies nicht Schuld des deutschen Volkes und seiner Regierung, sondern ausschließlich Schuld des britischen Kabinetts bzw. jener Männer, die seit Jahren die Vernichtung und Aus- [457] rottung des deutschen Volkes predigen. Das deutsche Volk und seine Regierung haben nicht wie Großbritannien die Absicht, die Welt zu beherrschen, aber sie sind entschlossen, ihre eigene Freiheit, ihre Unabhängigkeit und*** vor allem ihr Leben zu verteidigen. Die im Auftrag der Britischen Regierung von Herrn King Hall uns mitgeteilte Absicht, das deutsche Volk noch mehr zu vernichten als durch den Versailler Vertrag, nehmen wir zur Kenntnis und werden daher jede Angriffshandlung Englands mit den gleichen Waffen und in der gleichen Form beantworten.

Berlin, den 3. September 1939.




Nr. 480
Dem Reichsminister des Auswärtigen am 3. September 1939 12.20 Uhr
vom Französischen Botschafter überreichte Note
(Übersetzung)
Berlin, den 3. September 1939

Exzellenz,

Da ich am 3. September 12 Uhr mittags keine befriedigende Antwort der Reichsregierung auf die Note erhalten habe, die ich Ihnen am 1. September 22 Uhr übergab, habe ich die Ehre, Ihnen im Auftrag meiner Regierung folgende Mitteilung zu machen:

Die Regierung der Französischen Republik betrachtet es als ihre Pflicht, ein letztesmal an die schwere Verantwortung zu erinnern, die von der Reichsregierung dadurch übernommen wurde, daß sie ohne Kriegserklärung die Feindseligkeiten gegen Polen eröffnete und dem Vorschlag der Regierungen der Französischen Republik und Seiner Britischen Majestät nicht Folge leistete, jede Angriffshandlung gegen Polen zu unterlassen und sich zur unverzüglichen Zurückziehung ihrer Truppen aus polnischem Gebiet bereit zu erklären.

Die Regierung der Republik hat daher die Ehre, der Reichsregierung zur Kenntnis zu bringen, daß sie sich verpflichtet sieht, von heute, dem 3. September, 17 Uhr, ab die vertraglichen Bindungen zu erfüllen, die Frankreich gegenüber Polen eingegangen ist und die der Deutschen Regierung bekannt sind.

Genehmigen Sie, usw.

Coulondre




Nr. 481
Unterredung des Reichsministers des Auswärtigen
mit dem Französischen Botschafter 3. September 1939 12.20 Uhr

Aufzeichnung des Gesandten Schmidt

Auf die Frage Coulondres, ob der Herr Reichsaußenminister in der Lage sei, die in der am 1. September um 22 Uhr übergebenen Note enthaltene Frage befriedigend zu beantworten, erwiderte der Herr Reichsaußenminister, daß, nachdem England und Frankreich ihre Noten übergeben hätten, der Italienische Regierungs-Chef einen neuen Vermittlungsvorschlag gemacht habe, und zwar mit dem Bemerken, daß die Französische Regierung diesem Vorschlag zu- [458] stimme. Deutschland habe dem Duce am Vortage mitgeteilt, daß es ebenfalls bereit sei, dem Vorschlag zuzustimmen, darauf habe jedoch später am Tage der Duce mitgeteilt, daß sein Vorschlag an der Intransigenz der Englischen Regierung gescheitert sei. Heute vormittag habe England eine auf 2 Stunden befristete ultimative Forderung an Deutschland gestellt. Deutschland habe die in dieser Forderung enthaltenen Zumutungen in einer schriftlichen Mitteilung abgelehnt. Die Gründe der Ablehnung des englischen Ultimatums seien in diesem Dokument, das er (Reichsaußenminister) dem Französischen Botschafter zur Kenntnisnahme übergebe,245 enthalten. Wenn die Haltung Frankreichs zu Deutschland durch dieselben Erwägungen bestimmt sein sollte wie die der Englischen Regierung, so könne die Deutsche Regierung dies nur bedauern. Deutschland habe immer einen Ausgleich mit Frankreich gesucht. Sollte die Französische Regierung trotzdem auf Grund ihrer polnischen Verpflichtungen eine feindliche Haltung Deutschland gegenüber einnehmen, so würde die Deutsche Regierung dies als einen durch nichts gerechtfertigten Angriffskrieg Frankreichs gegen Deutschland ansehen. Deutschland selbst würde sich jeder Angriffshandlung gegen Frankreich enthalten. Sollte Frankreich jedoch eine andere Haltung einnehmen, so würde Deutschland gezwungen sein, in entsprechender Weise zu antworten.

Coulondre erwiderte, er entnehme den Ausführungen des Herrn Reichsaußenministers, daß die Deutsche Regierung nicht in der Lage sei, der in der französischen Note vom 1. September246 enthaltenen Anregung stattzugeben. Der Herr Reichsaußenminister erklärte, daß dies zutreffend sei.

Coulondre erwiderte darauf, daß er unter diesen Umständen die unangenehme Pflicht habe, die Reichsregierung noch einmal auf die schwere Verantwortung hinzuweisen, die sie durch Eröffnung der Feindseligkeiten gegen Polen ohne Kriegserklärung auf sich genommen habe, und ihr mitzuteilen, daß die Französische Regierung gezwungen sei, vom heutigen Tage, dem 3. September 1939, 5 Uhr nachmittags, ab ihre Polen gegenüber eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Gleichzeitig übergab Coulondre die anliegende schriftliche Mitteilung.247 Nachdem der Herr Reichsaußenminister sie gelesen hatte, fügte er abschließend hinzu, daß Deutschland nicht die Absicht habe, Frankreich anzugreifen, und daß die heutige Französische Regierung für das Leid, das den Ländern zugefügt wird, falls Frankreich Deutschland angreife, die volle Verantwortung trage.

Schmidt




Nr. 482
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts
an die Deutschen Diplomatischen Missionen

Rundtelegramm
Berlin, den 3. September 1939

Zur Information und Regelung der Sprache.

Nachdem Versuch direkter deutsch-polnischer Aussprache durch Nichterscheinen Polnischen Bevollmächtigten trotz zweitägigen Wartens Deutsche Regierung ergebnislos geblieben war, und wir gezwungen waren, polnische [459] militärische Übergriffe mit Übergang zu militärischer Aktion zu erwidern, forderten England und Frankreich am 1. September von uns Zurückziehung deutscher Truppen von polnischem Gebiet. Kriegsgefahr schien jetzt noch beschworen werden zu können durch Eingreifen Mussolinis, der Waffenstillstand und anschließende Konferenz zur Lösung deutsch-polnischen Konflikts vorschlug. Dieser Vorschlag ist von uns und auch von Französischer Regierung positiv beantwortet worden, Britische Regierung hat hingegen heute mit zweistündiger Befristung Forderung Zurückziehung deutscher Truppen wiederholt und sich nach Ablauf dieser Zeit als im Krieg mit Deutschland befindlich erklärt. Frankreich ist dann mit Mitteilung gefolgt, daß es sich gezwungen sehe, Polen beizustehen.

Vernünftige deutsch-polnische Regelung wäre ohne Englands Dazwischentreten und seiner antideutschen Einkreisungspolitik sicher längst zu erzielen gewesen. Statt aber Polen zum Einlenken zu ermahnen, hat England ihm Generalvollmacht gegen Deutschland erteilt, sich selbst in Abhängigkeit von Polens Entschlüssen gebracht und schließlich im letzten Augenblick auch noch Vorschlag Mussolinis durch sein Verhalten zum Scheitern verurteilt. Damit ist Saat der Männer aufgegangen, die in England seit Jahren Vernichtung Deutschlands predigen. Dieser Verlauf Ereignisse zeigt klar volle Verantwortlichkeit Englands für Kriegsausbruch.

Weizsäcker




243Die dem Italienischen Botschafter mitgeteilte Bereitwilligkeit der Deutschen Regierung, auf diesen Vorschlag einzugehen, wurde der Öffentlichkeit in dem Memorandum vom 3. September 1939 (Nr. 479 Ziff. 3) bekanntgegeben. Vgl. auch Nr. 482. ...zurück...

244Eine gleichlautende Erklärung war zu gleicher Zeit vom Britischen Premierminister im Unterhause abgegeben worden. ...zurück...

245Vgl. Nr. 479. ...zurück...

246Vgl. Nr. 473. ...zurück...

247Vgl. Nr. 480. ...zurück...


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