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Viertes Kapitel   (Forts.)
Polen als Werkzeug des Englischen Kriegswillens

B. Die letzte Phase
der Deutsch-Polnischen Krise

Nr. 466
Unterredung des Reichsministers des Auswärtigen
mit dem Britischen Botschafter, 30. August 1939 um Mitternacht

Aufzeichnung des Gesandten Schmidt

Henderson übergab das in der Anlage240 beigefügte Memorandum der Britischen Regierung. Er fügte hinzu, daß er den Auftrag habe, zwei weitere Punkte mündlich zur Sprache zu bringen.

Man könne von der Polnischen Regierung nur dann vollständige Zurückhaltung erwarten, wenn die Deutsche Regierung auf ihrer Seite der Grenze die gleiche Haltung einnehme und wenn keine Provokationen der deutschen Minderheit in Polen erfolgten. Es seien Berichte im Umlauf, nach denen die Deutschen in Polen Sabotageakte verübten, die die schärfsten Gegenmaßnahmen seitens der Polnischen Regierung rechtfertigen würden. Der Reichsaußenminister wies diese Bemerkung auf das nachdrücklichste zurück. Deutschland kenne ausschließlich polnische Provokationen, aber die polnische Propaganda schiene bei der Britischen Regierung ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Unerhörteste Sabotageakte würden von den Polen verübt. Er lehne es ab, mit der Britischen Regierung über dieses Thema überhaupt zu sprechen.

Die weitere Weisung Hendersons bezog sich auf die Antwort der Deutschen Regierung vom Vortage, in der die Deutsche Regierung sich bereit erklärt hatte, in direkte Fühlung mit Polen zu treten, wenn die Polnische Regierung sofort einen bevollmächtigten Vertreter entsenden würde. Die Britische Regierung sei nicht in der Lage, der Polnischen Regierung zu empfehlen, auf dieses Verhandlungsverfahren einzugehen. Sie schlage der Deutschen Regierung vor, auf normalem diplomatischem Wege, d. h. durch Überreichung ihrer Vorschläge an den Polnischen Botschafter, die Dinge ins Rollen zu bringen, um den Polnischen Botschafter in die Lage zu versetzen, im Einvernehmen mit seiner Regierung die Vorbereitungen für direkte deutsch-polnische Verhandlungen zu treffen. Wenn die deutsche Regierung diese Vorschläge auch der Britischen Regierung zuleiten würde, und diese der Ansicht wäre, daß die Vorschläge eine vernünftige Grundlage für eine Regelung der zur Erörterung stehenden Probleme bilden, so würde sie ihren Einfluß im Sinne einer Lösung in Warschau zur Geltung bringen.

Henderson fragte unter Hinweis auf den letzten Absatz der deutschen Antwort vom Vortage, ob die deutschen Vorschläge bereits ausgearbeitet seien und ob ihm diese Vorschläge übergeben werden könnten.

Der Reichsaußenminister antwortete, daß 1. die britische Vermittlung bisher nur ein klares Ergebnis gezeitigt hätte, nämlich die polnische Generalmobilmachung. 2. Man habe deutscherseits mit dem Erscheinen eines polnischen Vertreters am heutigen Tage gerechnet. Es sei dies nicht, wie der Britische Botschafter irrtümlich angenommen habe, ein Ultimatum gewesen, sondern, wie der Führer bereits am Vortage auseinandergesetzt habe, es sei ein von den Zeitumständen diktierter praktischer Vorschlag gewesen. Bis Mitternacht habe man auf deutscher Seite nichts von den Polen gehört. Die Frage eines eventuellen Vorschlags sei daher nicht länger aktuell. Um aber zu zeigen, was Deutschland vorzuschlagen beabsichtigt hatte, wenn der polnische Vertreter gekommen wäre, verlas der Reichsaußenminister die in der Anlage beigefügten deutschen Vorschläge241 und erläuterte sie im einzelnen.

[432] Henderson erwiderte, die Erklärung des Reichsaußenministers, daß infolge des Nichterscheinens des polnischen Vertreters bis Mittwoch Mitternacht die ursprünglich beabsichtigten deutschen Vorschläge nicht mehr aktuell wären, schiene seine Auslegung des Vorschlags als Ultimatum zu bestätigen.

Der Reichsaußenminister trat dieser Auffassung erneut energisch entgegen und wies auf die am Vortage vom Führer abgegebene Erklärung hin, daß die Eile durch die Tatsache bedingt sei, daß sich zwei mobilisierte Armeen in Schußweite gegenüberständen und in jeder Minute ein Zwischenfall ernste Konflikte auslösen könne.

Zum Schluß schlug Henderson vor, der Reichsaußenminister möge den Polnischen Botschafter herbeirufen und ihm die deutschen Vorschläge übergeben.

Der Reichsaußenminister lehnte dieses Verfahren für seine Person ab und beendete die Unterredung, indem er dem Führer sämtliche Entscheidungen vorbehielt.

Schmidt


Anlage I

Dem Reichsminister des Auswärtigen am 30. August 1939 24 Uhr
vom Britischen Botschafter übergebenes Memorandum
der Britischen Regierung

(Übersetzung)

1. Die Regierung Seiner Majestät weiß die Tatsache zu würdigen, daß die Deutsche Regierung in der in ihrer Antwort enthaltenen Erklärung freundlichst auf ihren Wunsch einer deutsch-englischen Verständigung hinweist, und weiß ebenso den Hinweis zu würdigen, daß diese Erwägung ihre Politik beeinflußt hat.

2. Die Regierung Seiner Majestät bringt wiederholt zum Ausdruck, daß sie den Wunsch der Deutschen Regierung nach einer Verbesserung der Beziehungen durchaus teilt; es ist jedoch dabei zu berücksichtigen, daß sie um dieser Verbesserung willen nicht die Interessen ihrer Freunde preisgeben kann. Sie hat volles Verständnis dafür, daß die Deutsche Regierung Deutschlands Lebensinteressen nicht opfern kann, aber die Polnische Regierung befindet sich in der gleichen Lage, und die Regierung Seiner Majestät glaubt, daß die Lebensinteressen der beiden Länder nicht unvereinbar sind.

3. Die Regierung Seiner Majestät nimmt zur Kenntnis, daß die Deutsche Regierung den britischen Vorschlag annimmt und bereit ist, mit der Polnischen Regierung in unmittelbaren Meinungsaustausch zu treten.

4. Die Regierung Seiner Majestät glaubt annehmen zu dürfen, daß die Deutsche Regierung im Prinzip die Bedingung annimmt, daß jedwede Regelung zum Gegenstand einer internationalen Garantie gemacht werden sollte. Die Frage, wer sich an einer solchen Garantie beteiligen soll, wird später zu erörtern sein, und die Regierung Seiner Majestät hofft, daß, um Zeitverlust zu vermeiden, die Deutsche Regierung sofort Schritte unternehmen wird, um die Zustimmung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zu erreichen, deren Beteiligung an der Garantie die Regierung Seiner Majestät stets vorausgesetzt hat.

[433] 5. Die Regierung Seiner Majestät nimmt gleichfalls zur Kenntnis, daß die Deutsche Regierung den Standpunkt der Britischen Regierung hinsichtlich der Lebensinteressen und der Unabhängigkeit Polens anerkennt.

6. Hinsichtlich besonderer Forderungen, die die Deutsche Regierung in einem früheren Absatz ihrer Antwort anmeldet, muß die Regierung Seiner Majestät einen ausdrücklichen Vorbehalt machen. Sie glaubt zu verstehen, daß die Deutsche Regierung zur Zeit Vorschläge für eine Lösung ausarbeitet. Zweifelsohne werden diese Vorschläge während des Meinungsaustausches sorgfältig geprüft werden. Es kann dann entschieden werden, wie weit diese mit den wesentlichen Bedingungen vereinbar sind, die die Regierung Seiner Majestät bekanntgegeben hat und die anzunehmen die Deutsche Regierung ihre Bereitwilligkeit zum Ausdruck gebracht hat.

7. Die Regierung Seiner Majestät wird die Polnische Regierung sofort von der Antwort der Deutschen Regierung verständigen. Die Art der Fühlungnahme und die Vorbereitungen für einen Meinungsaustausch müssen selbstverständlich in aller Eile zwischen der Deutschen und der Polnischen Regierung vereinbart werden. Die Regierung Seiner Majestät ist jedoch der Ansicht, daß es untunlich wäre, diese Fühlungnahme schon heute herzustellen.

8. Die Regierung Seiner Majestät erkennt voll an, daß bei der Aufnahme der Verhandlungen Eile geboten ist, und teilt die Befürchtungen des Herrn Reichskanzlers, die sich aus dem Umstand ergeben, daß zwei mobilisierte Armeen sich in allernächster Nähe gegenüberstehen. Sie möchte daher auf das dringendste nahelegen, daß beide Parteien sich verpflichten, daß während der Verhandlungen keine aggressiven militärischen Bewegungen stattfinden. Die Regierung Seiner Majestät vertraut darauf, daß sie von der Polnischen Regierung eine derartige Zusage erhalten würde, wenn die Deutsche Regierung eine gleichartige Versicherung abgeben wollte.

9. Die Regierung Seiner Majestät möchte ferner noch vorschlagen, daß vorläufig ein modus vivendi für Danzig geschaffen wird, um Zwischenfälle zu verhüten, die geeignet wären, die deutsch-polnischen Beziehungen noch schwieriger zu gestalten.

Berlin, den 30. August 1939


Anlage II

Vorschlag für eine Regelung des Danzig-Korridor-Problems
sowie der Deutsch-Polnischen Minderheitenfrage

Die Lage zwischen dem Deutschen Reich und Polen ist zur Zeit so, daß jeder weitere Zwischenfall zu einer Entladung der beiderseits in Stellung gegangenen militärischen Streitkräfte führen kann. Jede friedliche Lösung muß so beschaffen sein, daß sich nicht bei nächster Gelegenheit die diesen Zustand ursächlich bedingenden Ereignisse wiederholen können und dadurch nicht nur der Osten Europas, sondern auch andere Gebiete in die gleiche Spannung versetzt werden.

Die Ursachen dieser Entwicklung liegen

1. in der unmöglichen Grenzziehung, wie sie durch das Versailler Diktat vorgenommen wurde,

2. in der unmöglichen Behandlung der Minderheit in den abgetrennten Gebieten.

[434] Die Deutsche Reichsregierung geht daher bei diesen Vorschlägen von dem Gedanken aus, eine endgültige Lösung zu finden, die die unmögliche Situation der Grenzziehung beseitigt, beiden Teilen ihre lebenswichtigen Verbindungsstraßen sichert, das Minderheitenproblem - soweit irgend möglich - beseitigt und, soweit dies nicht möglich ist, das Schicksal der Minderheiten durch eine sichere Garantie ihrer Rechte erträglich gestaltet.

Die Deutsche Reichsregierung ist überzeugt, daß es dabei unerläßlich ist, wirtschaftliche und physische Schädigungen, die seit dem Jahre 1918 stattgefunden haben, aufzudecken und im vollen Umfange wiedergutzumachen. Sie sieht selbstverständlich diese Verpflichtung als eine für beide Teile bindende an.

Aus diesen Erwägungen ergeben sich folgende praktische Vorschläge:

1. Die Freie Stadt Danzig kehrt auf Grund ihres rein deutschen Charakters sowie des einmütigen Willens ihrer Bevölkerung sofort in das Deutsche Reich zurück.

2. Das Gebiet des sogenannten Korridors, das von der Ostsee bis zu der Linie Marienwerder-Graudenz-Kulm-Bromberg (diese Städte einschließlich) und dann etwa westlich nach Schönlanke reicht, wird über seine Zugehörigkeit zu Deutschland oder zu Polen selbst entscheiden.

3. Zu diesem Zweck wird dieses Gebiet eine Abstimmung vornehmen. Abstimmungsberechtigt sind alle Deutschen, die am 1. Januar 1918 in diesen Gebiete wohnhaft waren oder bis zu diesem Tage dort geboren wurden, und desgleichen alle an diesem Tage in diesem Gebiet wohnhaft gewesenen oder bis zu diesem Tage dort geborenen Polen, Kaschuben usw. Die aus diesem Gebiet vertriebenen Deutschen kehren zur Erfüllung ihrer Abstimmung zurück.
      Zur Sicherung einer objektiven Abstimmung sowie zur Gewährleistung der dafür notwendigen umfangreichen Vorarbeiten wird dieses erwähnte Gebiet ähnlich dem Saargebiet einer sofort zu bildenden internationalen Kommission unterstellt, die von den vier Großmächten Italien, Sowjetunion, Frankreich, England gebildet wird. Diese Kommission übt alle Hoheitsrechte in diesem Gebiet aus. Zu dem Zweck ist dieses Gebiet in einer zu vereinbarenden kürzesten Frist von den polnischen Militärs, der polnischen Polizei und den polnischen Behörden zu räumen.

4. Von diesem Gebiet bleibt ausgenommen der polnische Hafen Gdingen, der grundsätzlich polnisches Hoheitsgebiet ist, insoweit er sich territorial auf die polnische Siedlung beschränkt.
      Die näheren Grenzen dieser polnischen Hafenstadt wären zwischen Deutschland und Polen festzulegen und nötigenfalls durch ein internationales Schiedsgericht festzusetzen.

5. Um die notwendige Zeit für die erforderlichen umfangreichen Arbeiten zur Durchführung einer gerechten Abstimmung sicherzustellen, wird diese Abstimmung nicht vor Ablauf von 12 Monaten stattfinden.

6. Um während dieser Zeit Deutschland seine Verbindung mit Ostpreußen und Polen seine Verbindung mit dem Meere unbeschränkt zu garantieren, werden Straßen und Eisenbahnen festgelegt, die einen freien Transit- [435] verkehr ermöglichen. Hierbei dürfen nur jene Abgaben erhoben werden, die für die Erhaltung der Verkehrswege bzw. für die Durchführung der Transporte erforderlich sind.

7. Über die Zugehörigkeit des Gebietes entscheidet die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

8. Um nach erfolgter Abstimmung - ganz gleich, wie diese ausgehen möge - die Sicherheit des freien Verkehrs Deutschlands mit seiner Provinz Danzig-Ostpreußen und Polen seine Verbindung mit dem Meere zu garantieren, wird, falls das Abstimmungsgebiet an Polen fällt, Deutschland eine exterritoriale Verkehrszone, etwa in Richtung von Bütow-Danzig bzw. Dirschau, gegeben zur Anlage einer Reichsautobahn sowie einer viergleisigen Eisenbahnlinie. Der Bau der Straße und der Eisenbahn wird so durchgeführt, daß die polnischen Kommunikationswege dadurch nicht berührt, d. h. entweder über- oder unterfahren werden. Die Breite dieser Zone wird auf einen Kilometer festgesetzt und ist deutsches Hoheitsgebiet.
      Fällt die Abstimmung zugunsten Deutschlands aus, erhält Polen zum freien und uneingeschränkten Verkehr nach seinem Hafen Gdingen die gleichen Rechte einer ebenso exterritorialen Straßen- bzw. Bahnverbindung, wie sie Deutschland zustehen würden.

9. Im Falle des Zurückfallens des Korridors an das Deutsche Reich erklärt sich dieses bereit, einen Bevölkerungsaustausch mit Polen in dem Ausmaß vorzunehmen, als der Korridor hierfür geeignet ist.

10. Die etwa von Polen gewünschten Sonderrechte im Hafen von Danzig würden paritätisch ausgehandelt werden mit gleichen Rechten Deutschlands im Hafen von Gdingen.

11. Um in diesem Gebiet jedes Gefühl einer Bedrohung auf beiden Seiten zu beseitigen, würden Danzig und Gdingen den Charakter reiner Handelsstädte erhalten, d. h. ohne militärische Anlagen und militärische Befestigungen.

12. Die Halbinsel Hela, die entsprechend der Abstimmung entweder zu Polen oder zu Deutschland käme, würde in jedem Fall ebenfalls zu demilitarisieren sein.

13. Da die Deutsche Reichsregierung heftigste Beschwerden gegen die polnische Minderheitenbehandlung vorzubringen hat, die Polnische Regierung ihrerseits glaubt, auch Beschwerden gegen Deutschland vorbringen zu müssen, erklären sich beide Parteien damit einverstanden, daß diese Beschwerden einer international zusammengesetzten Untersuchungskommission unterbreitet werden, die die Aufgabe hat, alle Beschwerden über wirtschaftliche und physische Schädigungen sowie sonstige terroristische Akte zu untersuchen.
      Deutschland und Polen verpflichten sich, alle seit dem Jahre 1918 etwa vorgekommenen wirtschaftlichen und sonstigen Schädigungen der beiderseitigen Minoritäten wieder gutzumachen bzw. alle Enteignungen aufzuheben oder für diese und sonstige Eingriffe in das wirtschaftliche Leben eine vollständige Entschädigung den Betroffenen zu leisten.

14. Um den in Polen verbleibenden Deutschen sowie den in Deutschland verbleibenden Polen das Gefühl der internationalen Rechtlosigkeit zu [436] nehmen und ihnen vor allem die Sicherheit zu gewähren, nicht zu Handlungen bzw. zu Diensten herangezogen werden zu können, die mit ihrem nationalen Gefühl unvereinbar sind, kommen Deutschland und Polen überein, die Rechte der beiderseitigen Minderheiten durch umfassendste und bindende Vereinbarungen zu sichern, um diesen Minderheiten die Erhaltung, freie Entwicklung und Betätigung ihres Volkstums zu gewährleisten, ihnen insbesondere zu diesem Zweck die von ihnen für erforderlich gehaltene Organisierung zu gestatten. Beide Teile verpflichten sich, die Angehörigen der Minderheit nicht zum Wehrdienst heranzuziehen.

15. Im Falle einer Vereinbarung auf der Grundlage dieser Vorschläge erklären sich Deutschland und Polen bereit, die sofortige Demobilmachung ihrer Streitkräfte anzuordnen und durchzuführen.

16. Die zur Beschleunigung der obigen Abmachungen erforderlichen weiteren Maßnahmen werden zwischen Deutschland und Polen gemeinsam vereinbart.




Nr. 467
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts
an die Deutschen Diplomatischen Missionen

Rundtelegramm
Berlin, den 31. August 1939

Unsere Erwartung, daß, entsprechend unserem durch Britische Regierung nach Warschau übermittelten Vorschlag, unverzügliche Entsendung eines polnischen Bevollmächtigten zur Aufnahme direkter deutsch-polnischer Verhandlungen erfolgen würde, ist nicht in Erfüllung gegangen. Vielmehr hat Polen, wie bekannt, gestern Generalmobilmachung angeordnet. Unter diesen Umständen hat Lage weitere überaus schwerwiegende Zuspitzung erfahren.

Weizsäcker




Nr. 468
Amtliche Deutsche Mitteilung vom 31. August 1939 21 Uhr

Die Königlich Britische Regierung hat sich in einer Note vom 28. August 1939 gegenüber der Deutschen Regierung bereit erklärt, ihre Vermittlung zu direkten Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen über die strittigen Probleme zur Verfügung zu stellen. Sie hat dabei keinen Zweifel darüber gelassen, daß auch ihr angesichts der fortdauernden Zwischenfälle und der allgemeinen europäischen Spannung die Dringlichkeit des Vorganges bewußt wäre.

Die Deutsche Regierung hat sich in einer Antwortnote vom 29. August 1939 trotz ihrer skeptischen Beurteilung des Willens der Polnischen Regierung, überhaupt zu einer Verständigung zu kommen, im Interesse des Friedens bereit erklärt, die englische Vermittlung bzw. Anregung anzunehmen. Sie hat unter Würdigung aller der zur Zeit gegebenen Umstände es für notwendig erachtet, in dieser ihrer Note darauf hinzuweisen, daß, wenn überhaupt die Ge- [437] fahr einer Katastrophe vermieden werden soll, dann schnell und unverzüglich gehandelt werden muß. Sie hat sich in diesem Sinne bereit erklärt, bis zum 30. August 1939 abends einen Beauftragten der Polnischen Regierung zu empfangen, unter der Voraussetzung, daß dieser auch wirklich bevollmächtigt sei, nicht nur zu diskutieren, sondern Verhandlungen zu führen und abzuschließen.

Die Deutsche Regierung hat weiter in Aussicht gestellt, daß sie glaubt, bis zum Eintreffen dieses polnischen Unterhändlers in Berlin der Britischen Regierung die Grundlagen über das Verständigungsangebot ebenfalls zugänglich machen zu können.

Statt eine Erklärung über das Eintreffen einer autorisierten polnischen Persönlichkeit erhielt die Reichsregierung als Antwort auf ihre Verständigungsbereitschaft zunächst die Nachricht der polnischen Mobilmachung und erst am 30. August 1939 gegen 12 Uhr nachts eine mehr allgemein gehaltene britische Versicherung der Bereitwilligkeit, ihrerseits auf den Beginn von Verhandlungen hinwirken zu wollen.

Trotzdem durch das Ausbleiben des von der Reichsregierung erwarteten polnischen Unterhändlers die Voraussetzung entfallen war, der Britischen Regierung noch eine Kenntnis über die Auffassung der Deutschen Regierung in bezug auf mögliche Verhandlungsgrundlagen zu geben, da die Britische Regierung ja selbst für direkte Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen plädiert hatte, gab Reichsaußenminister v. Ribbentrop dem Britischen Botschafter anläßlich der Übergabe der letzten englischen Note eine genaue Kenntnis des Wortlautes der für den Fall des Eintreffens des polnischen Bevollmächtigten als Verhandlungsgrundlage vorgesehenen deutschen Vorschläge.

Die Deutsche Reichsregierung glaubte ein Recht darauf zu haben, daß unter diesen Umständen wenigstens nachträglich die sofortige Benennung einer polnischen Persönlichkeit stattfinden würde. Denn es ist der Reichsregierung nicht zuzumuten, ihrerseits fortgesetzt die Bereitwilligkeit zur Inangriffnahme solcher Verhandlungen nicht nur zu betonen, sondern auch dafür bereitzusitzen, von der polnischen Seite aber nur mit leeren Ausflüchten und nichtssagenden Erklärungen hingehalten zu werden.

Aus einer inzwischen stattgefundenen Demarche des Polnischen Botschafters geht erneut hervor, daß auch dieser nicht bevollmächtigt ist, in irgendeine Diskussion einzutreten oder gar zu verhandeln.

Somit haben der Führer und die Deutsche Reichsregierung nun 2 Tage vergeblich auf das Eintreffen eines bevollmächtigten polnischen Unterhändlers gewartet.

Unter diesen Umständen sieht die Deutsche Regierung auch dieses Mal ihre Vorschläge praktisch als abgelehnt an, obwohl sie der Meinung ist, daß diese in der Form, in der sie auch der Englischen Regierung bekanntgegeben worden sind, mehr als loyal, fair und erfüllbar gewesen wären.

Die Reichsregierung hält es für angebracht, der Öffentlichkeit Kenntnis von diesen dem Britischen Botschafter durch den Reichsaußenminister von Ribbentrop mitgeteilten Verhandlungsgrundlagen zu geben.242



[438]
Nr. 469
Meldung des Polnischen Rundfunksenders Warschau
vom 31. August 1939 23 Uhr
(Übersetzung)

Die heutige Bekanntmachung des deutschen offiziellen Communiqués hat die Ziele und Absichten der deutschen Politik klar gezeigt. Es beweist die offenen Aggressionsabsichten Deutschlands gegenüber Polen. Die Bedingungen, unter denen das Dritte Reich bereit ist, mit Polen zu verhandeln, lauten: Danzig kehrt sofort zum Reich zurück. Pommerellen mit den Städten Bromberg und Graudenz unterliegt einem Plebiszit, wobei alle Deutschen, die nach dem Jahre 1918 aus irgendwelchen Gründen von dort ausgewandert sind, hineingelassen werden sollen. Polnisches Militär und Polizei evakuiert Pommerellen. Die Polizei Englands, Frankreichs, Italiens und der Sowjetunion übernimmt die Gewalt. Nach Ablauf von 12 Monaten findet das Plebiszit statt. Das Gebiet der Halbinsel Hela wird vom Plebiszit gleichfalls erfaßt. Gdingen ist als polnische Stadt ausgeschlossen. Unabhängig vom Ausgang des Plebiszits wird eine exterritoriale Straße in der Breite eines Kilometers gebaut. ....

Die deutsche Agentur gibt bekannt, daß der Termin für die Annahme dieser Bedingungen gestern abgelaufen ist. Deutschland hat vergeblich auf einen Abgesandten Polens gewartet. Die Antwort waren die militärischen Anordnungen der Polnischen Regierung.

Keine Worte können jetzt mehr die Aggressionspläne der neuen Hunnen verschleiern. Deutschland strebt die Herrschaft über Europa an und durchstreicht mit einem bisher nicht dagewesenen Zynismus die Rechte der Völker. Dieser unverschämte Vorschlag beweist deutlich, wie notwendig die militärischen Anordnungen der Polnischen Regierung gewesen sind.




Nr. 470
Von einem Beamten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts gefertigte Zusammenstellung der dem Auswärtigen Amt vorliegenden amtlichen Meldungen über schwere Grenzzwischenfälle an der deutsch-polnischen Grenze zwischen dem 25. und dem 31. August 1939
Berlin, den 1. September 1939

25. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 22 Uhr brannte auf dem unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze gelegenen Anwesen des Bauern Reinhard Briese in Scharschau, Kreis Rosenberg, Westpreußen, ein Stall nieder. An der Brandstelle wurde eine Brandbombe polnischer Herkunft gefunden.

2. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 23 Uhr verbrannte infolge Brandstiftung von aus Polen gekommenen Tätern das unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze liegende Anwesen der Witwe Martha Zerkowski in Schönerswalde, Kreis Rosenberg, Westpreußen.

[439] 3. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In der Nacht vom 25. zum 26. August wurde durch Brandstiftung von aus Polen gekommenen Tätern das an der deutsch-polnischen Grenze gelegene Anwesen des Holzschlägers Schlegel in Neukrug, Kreis Rosenberg, Westpreußen, vernichtet.

4. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In der Nacht vom 25. zum 26. brannte infolge Brandstiftung durch aus Polen gekommene Täter die an der deutsch-polnischen Grenze gelegene Försterei Dietrichswalde, Kreis Marienwerder, vollständig nieder.

5. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In der Nacht vom 25. zum 26. wurde das an der deutsch-polnischen Grenze gelegene Anwesen des Bauern Gehrke in Niederzehren, Kreis Marienwerder, durch Brandstiftung von aus Polen gekommenen Tätern vernichtet.

6. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In der Nacht vom 25. auf den 26. wurde das Wärterhaus 34 an der Strecke Deutsch-Eylau-Alt-Eiche-Soldau durch eine Bombe zerstört.

7. Meldung der Staatspolizeistelle Köslin.
In der Nacht vom 25. auf den 26. brannte die unmittelbar an der deutsch-polnischen Grenze stehende Scheune des Müllers Domke in Somminer Mühle, Kreis Bütow, ab. Eine Durchsuchung der Brandstätte ergab, daß die Scheune durch einen elektrischen Zeitzünder in Brand gesetzt worden war.

8. Meldung des Oberfinanzpräsidenten Ostpreußen.
In der Nacht vom 25. zum 26. August wurden die auf deutschem Gebiet gelegenen Teile der Straßenbrücke und der Eisenbahnbrücke Zandersfelde-Neuliebenau von polnischem Militär gesprengt und völlig zerstört.


26. August

1. Meldung des Hauptzollamtes Neidenburg.
Um 0.45 Uhr wurde von dem Standposten vor dem Zollamt Wetzhausen ein polnischer Soldat festgestellt und angerufen, der sich aus dem dem Zollamt gegenüberliegenden Wäldchen auf das Gebäude zu bewegte. Der Soldat ergriff die Flucht und wurde durch zwei Schüsse anscheinend verletzt.
      Nachträglich wurde festgestellt, daß der Soldat zu einer Gruppe von 6 polnischen Soldaten gehörte, die an dieser Stelle die deutsch-polnische Grenze überschritten hatten.

2. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 15 Uhr brannte infolge Brandstiftung das an der deutsch-polnischen Grenze gelegene Wohn- und Wirtschaftshaus der Familien Werner und Scheffler in Neukrug, Kreis Rosenberg, Westpreußen, bis auf die Umfassungsmauern ab. Es wurde festgestellt, daß die Täter in Polen zu suchen waren.

[440] 3. Meldung des Hauptzollamts Lauenburg.
Um 23 Uhr flüchtete der Volksdeutsche Tatulinski aus Seelau gegenüber der Zollaufsichtsstelle Groß Sellnow über die Grenze, nachdem sein Gehöft von einer polnischen Bande angezündet worden war. Auf den Flüchtigen wurden von den Polen mehrere Schüsse abgegeben, die auf deutschem Gebiet einschlugen.

4. Meldung des Hauptzollamts Meseritz.
Volksdeutsche Flüchtlinge, die am 26. August bei Betsche-Süd über die Grenze kamen, wurden von polnischen Grenzbeamten mehrfach beschossen, nachdem sie sich schon in einem Maisfelde auf deutschem Boden verborgen hatten.


27. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In den frühen Morgenstunden brannte das an der deutsch-polnischen Grenze gelegene Gehöft des Bauern Guzinski in Klein Heyde, Kreis Rosenberg, Westpreußen, nieder. Es wurde festgestellt, daß die polnischen Brandstifter über die Grenze gekommen waren.

2. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 3.15 Uhr wurde die Eisenbahnhaltestelle und das Sägewerk in Alt-Eiche, Kreis Rosenberg, Westpreußen, von einer etwa 15 Mann starken, mit Gewehren bewaffneten polnischen Bande überfallen. Nachdem die Polen mehrere Schüsse abgegeben hatten, wurden sie durch eine Gruppe des deutschen Grenzschutzes vertrieben.

3. Meldung des Zollamtes Lindenhorst.
Gegen 4 Uhr wurden von einem Posten der Grenzwache 6 polnische Soldaten beobachtet, die sich gegen den Grenzstein 127 zu bewegten. Sodann teilten sie sich zu dreien, überschritten die Reichsgrenze und gingen in Richtung der Straße Neumittelwalde-Schönstein vor. Gegen 4.25 Uhr stellte der Gruppenführer der Grenzwache einen am Boden kriechenden polnischen Soldaten fest. Er gab darauf 4 Schüsse ab, worauf die Polen sich zurückzogen.

4. Meldung des Hauptzollamtes Schneidemühl.
Gegen 10.30 Uhr wurden in der Gegend Vorwerk-Dreilinden, etwa 300 m diesseits der Grenze, drei deutsche Grenzwacht-Offiziere, Hauptmann Täschner, Oberleutnant Sebulka und Leutnant Dinger, von der polnischen Grenze her beschossen.

5. Meldung des Hauptzollamtes Neidenburg.
Gegen 17 Uhr postierte eine Streife der Zollamtsstation Flammberg bei Punkt 128, der etwa 100 m vom Grenzfluß Orzyc an einem Waldrande westlich Flammberg gelegen ist. Plötzlich fielen von polnischer Seite her etwa 20 Schüsse, die auf deutschem Gebiet einschlugen. Wie sich später ergab, rührten sie von einer polnischen Grenzstreife her, die sich unter Führung eines polnischen Offiziers der deutschen Grenze genähert und das Feuer auf einen deutschen Wehrmachtsposten eröffnet hatte. Es konnte ferner festgestellt werden, daß hierbei seitens der Polen 4 Eierhandgranaten geworfen wurden.

[441] 6. Meldung des Hauptzollamtes Kreuzberg.
Um 20.15 Uhr wurde der Zollassistent Scheffler nahe Reidenwalde von polnischer Seite mit 7 bis 8 Gewehrschüssen beschossen.

7. Meldung des Oberfinanzpräsidenten Ostpreußen.
Gegen 21.45 Uhr wurde der Zollwärter Will, als er einen unweit der Grenze gelegenen Gutshof mit dem Fahrrad verließ, mehrfach von polnischen Grenzwachtbeamten, die in Kleinfelde bei Mewe stationiert waren, beschossen.


28. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 0.30 Uhr wurden von einer deutschen Feldwache, die an der Eisenbahnbrücke Deutsch-Eylau-Neumark lag, mehrere polnische Soldaten auf deutschem Gebiet gesichtet. Als die Feldwache Feuer gab, verschwanden die Polen im Walde, wobei sie das Feuer erwiderten.

2. Meldung der Staatspolizeistelle Oppeln.
Gegen 1 Uhr wurden auf dem alten, von Ratibor nach Hohenbirken, Ostoberschlesien, führenden Promenadenweg marschierende polnische Truppen von einem deutschen Flakkommando gesichtet, als sie die Reichsgrenze etwa 150 m überschritten hatten. Das Flakkommando eröffnete daraufhin das Feuer, worauf sich die polnischen Truppen zurückzogen.

3. Meldung des Hauptzollamtes Beuthen.
Gegen 1 Uhr wurden von einem polnischen Maschinengewehr mehrere Schüsse abgegeben. Sie schlugen dicht neben einer Maschinengewehrgruppe der Grenzwacht ein, die an der Schlackenhalde beim Sportplatz Borsigwerk in Stellung lag.

4. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 1.45 Uhr wurde die Feldwache in Alt-Eiche, Kreis Rosenberg, Westpreußen, von regulären polnischen Truppen überfallen. Zunächst griffen die Polen eine Gruppe der Grenzwacht an, die an dem dortigen Grenzübergang postiert war und sich daraufhin bis zum Bahnhof Alt-Eiche zurückzog. In diesem Augenblick kamen aus einer anderen Richtung etwa 10 polnische Soldaten, welche zum Sturmangriff ansetzten. Die deutsche Gruppe ging nunmehr wieder in Stellung und eröffnete das Feuer. Die Polen waren in Schützenlinie ausgeschwärmt und schossen ebenfalls. Hierdurch wurde der Gefreite Grudzinski aus Hansdorf tödlich getroffen und ein weiterer deutscher Schütze an der Schulter verletzt. Die polnischen Soldaten zogen sich sodann wieder auf polnisches Gebiet zurück.

5. Meldung des Hauptzollamts Gleiwitz.
Gegen 22.45 Uhr wurden die deutschen Zollbeamten Fleischer und Quenzel, die an der Panzerschranke beim Zollamt Neuberstein Dienst taten, von polnischer Seite mit Maschinengewehr und Gewehr beschossen. Erst nach einem anschließenden Feuergefecht von 20 Minuten mit der deutschen Grenzwacht stellten die Polen das Feuer ein.

[442]

29. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
In den frühen Morgenstunden kamen in der Nähe der Sägemühle Alt-Eiche polnische Soldaten auf deutsches Gebiet, die durch den deutschen Grenzschutz vertrieben wurden.

2. Meldung der Staatspolizeistelle Köslin.
In den frühen Morgenstunden führten polnische Grenzschutzsoldaten einen Feuerüberfall auf das deutsche Zollhaus Sonnenwalde-Bahnhof aus. Bei der Abwehr wurden ein deutscher Bezirkszollkommissar und ein deutscher Hilfsgrenzangestellter verwundet.

3. Meldung der Staatspolizeistelle Breslau.
Um 13.40 Uhr wurde der Zollbetriebsassistent Dippe von einem polnischen Grenzposten mit Gewehr beschossen, als er sich in einem Wäldchen bei Neu-Vorberg an der Straße Lesten-Tharlang aufhielt.

4. Meldung des Hauptzollamtes Beuthen.
Gegen 21.45 Uhr wurden von polnischem Militär wiederholt auf deutsches Gebiet in der Nähe des Zollamtes III Beuthen Schüsse abgegeben. Zunächst erfolgten etwa 20 bis 30 Pistolenschüsse über die Zollstraße beim Zollamt hinweg in Richtung auf den Grubenhof der Beuthen-Grube, die etwa 10 m vor der dritten Gruppe eines dort befindlichen Zuges der 8. Grenzwachtkompanie einschlugen. Es folgten dann 10 bis 15 Gewehrschüsse und unmittelbar darauf weitere 4 bis 5 Schuß, die von einer Maschinenpistole herrührten. Das Feuer wurde von deutscher Seite nicht erwidert.

5. Meldung des Hauptzollamts Gleiwitz.
Gegen 23.50 Uhr wurden deutsche Zoll- und Grenzwachtbeamte auf deutschem Gebiet nahe dem Zollamt Neubersteich von einer polnischen Formation heftig unter Feuer genommen. Hierbei waren zwei leichte Maschinengewehre, die auf deutschem Gebiet in Stellung gebracht waren, sowie ein schweres Maschinengewehr einwandfrei festzustellen. Nach einem Feuergefecht stellten die Polen um 1.15 Uhr das Feuer ein.


30. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 0.30 Uhr wurde das Zollgehöft Neukrug, Kreis Rosenberg, Westpreußen, von der Waldseite aus von regulären polnischen Truppen angegriffen. Die Polen beabsichtigten offenbar, der Besatzung des Zollgehöfts in den Rücken zu fallen. Sie hatten unweit des Zollgehöftes hinter einer Autogarage ein leichtes Maschinengewehr in Stellung gebracht. Als sie von der deutschen Feldwache aus einem oberen Zimmer des Zollgehöftes beschossen wurden, erfolgte Stellungswechsel des polnischen Maschinengewehrs in eine dichte Schonung, die sofort gleichfalls unter Feuer genommen wurde. Der Kampf dauerte bis etwa 5 Uhr. Ein Schütze der deutschen Feldwache wurde tödlich verletzt. Im Zollgehöft wurden mehrere Fensterscheiben und die Telephonleitung zerstört.

[443] 2. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 0.45 Uhr wurden in der Nähe der Sägemühle Alt-Eiche 3 bis 4 polnische Soldaten vom deutschen Grenzschutz festgestellt, als sie sich an die Mühle heranschleichen wollten. Sie wurden sodann durch den Grenzschutz vertrieben.

3. Meldung der Staatspolizeistelle Breslau.
Gegen 7 Uhr befand sich der Landwirt Ferdinand Braun aus Golgas, Kreis Militsch, etwa 100 m diesseits des Grenzsteines 233 bei der Feldarbeit. Er wurde plötzlich von einem polnischen Soldaten mit der Pistole beschossen, blieb aber unverletzt.

4. Meldung des Oberfinanzpräsidenten in Troppau.
Um 15.05 Uhr wurde ein über deutschem Gebiet befindliches Flugzeug - anscheinend ein deutsches Aufklärungsflugzeug - von polnischem Gebiet aus Richtung Oderberg und Wurbitz von Flakartillerie beschossen. Sprengstücke wurden gefunden und sichergestellt.


31. August

1. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 1 Uhr wurde das Zollgehöft in Neukrug von polnischem Militär angegriffen. Es handelte sich um etwa 25 Mann mit einem leichten Maschinengewehr. Sie versuchten, das Zollgehöft zu umzingeln. Der Angriff wurde abgeschlagen.

2. Meldung des Hauptzollamts Gleiwitz.
Gegen 2 Uhr erfolgte von polnischer Seite ein Feuerüberfall auf die das Zollamt Neubersteich sichernde deutsche Grenzwache. Ein Angriff der Polen auf das Zollamt wurde durch deutsches Abwehrfeuer verhindert.

3. Meldung des Zoll-Bezirkskommissars Deutsch-Eylau.
Gegen 3 Uhr früh wurde bei Scharschau auf deutschem Reichsgebiet durch polnische Truppen auf eine Streife der Grenzwacht ein Feuerüberfall verübt. Als die Streife Verstärkung heranzog und das Feuer erwiderte, zogen sich die Polen zurück.

4. Meldung des Polizeipräsidenten Gleiwitz.
Gegen 20 Uhr wurde der Sender Gleiwitz durch einen Trupp polnischer Aufständischer überfallen und vorübergehend besetzt. Die Aufständischen wurden durch deutsche Grenzpolizeibeamten vertrieben. Bei der Abwehr wurde ein Aufständischer tödlich verletzt.

5. Meldung des Oberfinanzpräsidenten Troppau.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September wurde das Zollamt Hoflinden durch polnische Aufständische angegriffen und vorübergehend besetzt. Durch einen Gegenangriff der -Verfügungstruppe wurden die Aufständischen wieder vertrieben.

6. Meldung der Staatspolizeistelle Elbing.
Gegen 24.30 Uhr wurde das Zollgehöft Neukrug von 30 polnischen Soldaten angegriffen, die mit Maschinengewehren und Karabinern aus- [444] gerüstet waren. Der Angriff wurde durch die deutsche Feldwache zurückgeschlagen.

7. Meldung der Staatspolizeistelle Liegnitz.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September wurde ein deutscher Zollbeamter bei Pfalzdorf, Kreis Grünberg, etwa 75 m von der polnischen Grenze entfernt, durch polnische Truppen tödlich verletzt.

8. Meldung der Staatspolizeistelle Liegnitz.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September wurde ein deutscher Zollbeamter während der Ausübung seines Dienstes bei Röhrsdorf, Kreis Fraustadt, durch polnische Truppen erschossen, ein weiterer Zollbeamter schwer verletzt.

9. Meldung der Staatspolizeistelle Liegnitz.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September erfolgte ohne jede Veranlassung ein Feuerüberfall von polnischer Seite auf das deutsche Zollhaus in Pfalzdorf, Kreis Grünberg.

10. Meldung der Staatspolizeistelle Liegnitz.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September wurde das deutsche Zollhaus in Geyersdorf durch polnische Aufständische vorübergehend besetzt, die einen erheblichen Sachschaden verursachten.

11. Meldung der Staatspolizeistelle Brünn.
In der Nacht vom 31. August zum 1. September wurde durch polnischen Grenzschutz auf die deutsche Zollbaude in Hruschau ein Feuerüberfall mittels eines Maschinengewehrs verübt. Als deutsches Gegenfeuer einsetzte, ergriffen die Polen die Flucht.

Schliep




240Vgl. Anlage I. ...zurück...

241Vgl. Anlage II. ...zurück...

242Im Wortlaut der amtlichen deutschen Mitteilung folgte hier der oben unter Nr. 466, Anlage II abgedruckte Vorschlag. ...zurück...


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Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges