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Viertes Kapitel   (Forts.)
Polen als Werkzeug des Englischen Kriegswillens

B. Die letzte Phase
der Deutsch-Polnischen Krise

Nr. 458
Aufzeichnung des Direktors der Politischen Abteilung
des Auswärtigen Amts

Berlin, den 25. August 1939

Ich habe weisungsgemäß die Aufmerksamkeit des Britischen Botschafters heute 4 Uhr 15 nachmittags telephonisch auf die in der Abendausgabe der Berliner Börsenzeitung von heute und in anderen Abendzeitungen enthaltene Nachricht über das Blutbad bei Bielitz gelenkt, das 8 Tote und zahlreiche Verletzte erfordert hat.238

Woermann



[420]
Nr. 459
Britisch-Polnischer Vertrag über gegenseitigen Beistand,
25. August 1939
(Übersetzung)

Die Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und die Polnische Regierung

haben in dem Wunsche, die Zusammenarbeit zwischen ihren Ländern, die sich aus den bereits zwischen ihnen ausgetauschten Zusicherungen gegenseitigen Beistandes defensiver Art ergibt, auf eine dauernde Grundlage zu stellen, beschlossen, zu diesem Zweck ein Abkommen zu schließen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Die Regierung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland:

    den sehr ehrenwerten Viscount Halifax, K. G., G. C. S. J., G. C. J. E., Ersten Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten;
Die Polnische Regierung:
    Seine Exzellenz den Grafen Eduard Raczyński, Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter der Polnischen Republik in London;
die nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen übereingekommen sind:

Artikel l
Sollte eine der Vertragsparteien in Feindseligkeiten mit einer europäischen Macht verwickelt werden, und zwar infolge eines Angriffs der letzteren auf diese Vertragspartei, so wird die andere Vertragspartei der in Feindseligkeiten verwickelten Vertragspartei sofort jede Unterstützung und jeden Beistand gewähren, die in ihrer Macht stehen.239

Artikel 2
(1) Die Bestimmungen von Artikel l sind auch dann anwendbar, wenn irgendeine Handlung einer europäischen Macht die Unabhängigkeit einer der Vertragsparteien offensichtlich unmittelbar oder mittelbar bedrohen und so geartet sein sollte, daß die betreffende Partei es für lebenswichtig hielte, ihr mit ihrer bewaffneten Macht Widerstand zu leisten.

(2) Sollte eine der Vertragsparteien in Feindseligkeiten mit einer europäischen Macht verwickelt werden infolge einer Handlung dieser Macht, die die Unabhängigkeit oder Neutralität eines anderen europäischen Staates derart bedrohte, daß darin eine offensichtliche Bedrohung für die Sicherheit der erwähnten Vertragspartei läge, so sind die Bestimmungen von Artikel 1 anwendbar, jedoch unbeschadet der Rechte des anderen beteiligten europäischen Staates.

Artikel 3
Sollte eine europäische Macht versuchen, die Unabhängigkeit einer der Vertragsparteien durch ein Verfahren wirtschaftlicher Durchdringung oder auf [421] irgendeine andere Weise zu untergraben, so werden die Vertragsparteien einander bei dem Widerstand gegen solche Versuche unterstützen. Sollte die betreffende europäische Macht daraufhin Feindseligkeiten gegen eine der Vertragsparteien eröffnen, so sind die Bestimmungen von Artikel 1 anwendbar.

Artikel 4
Die Methoden für die Durchführung der in diesem Abkommen enthaltenen gegenseitigen Beistandsverpflichtungen werden zwischen den zuständigen Marine-, Heeres- und Luftwaffenbehörden der Vertragsparteien vereinbart.

Artikel 5
Unbeschadet der obigen Verpflichtungen der Vertragsparteien, einander beim Ausbruch von Feindseligkeiten unverzüglich gegenseitige Unterstützung und gegenseitigen Beistand zu gewähren, werden sie über alle Vorgänge, die ihre Unabhängigkeit bedrohen könnten, und insbesondere über alle Vorgänge, die dazu zu führen drohen, daß die erwähnten Verpflichtungen zur Auswirkung kommen, einen vollständigen und schleunigen Nachrichtenaustausch vornehmen.

Artikel 6
(1) Die Vertragsparteien werden einander die Bedingungen jeglicher Beistandsverpflichtungen gegen Angriffe mitteilen, die sie anderen Staaten gegenüber bereits eingegangen sind oder künftig eingehen sollten.

(2) Sollte eine der Vertragsparteien beabsichtigen, nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens eine derartige Verpflichtung einzugehen, so ist die andere Vertragspartei davon zu benachrichtigen, damit das ordnungsmäßige Arbeiten des Abkommens gesichert wird.

(3) Alle neuen Verpflichtungen, die die Vertragsparteien etwa künftig eingehen sollten, sollen weder ihre Pflichten aus diesem Abkommen einschränken noch mittelbar neue Pflichten zwischen der an diesen Verpflichtungen nicht beteiligten Vertragspartei und dem dritten Staat schaffen.

Artikel 7
Sollten die Vertragsparteien infolge der Durchführung dieses Abkommens in Feindseligkeiten verwickelt werden, so werden sie keinen Waffenstillstand oder Friedensvertrag schließen, es sei denn im Einvernehmen miteinander.

Artikel 8
(1) Dieses Abkommen soll für einen Zeitraum von fünf Jahren in Kraft bleiben.

(2) Wird es nicht sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraums gekündigt, so soll es weiter in Kraft bleiben; jede Vertragspartei hat nach diesem Zeitpunkt das Recht, es jederzeit mit sechsmonatiger Frist zu kündigen.

(3) Dieses Abkommen soll mit der Unterzeichnung in Kraft treten.

Zu Urkund dessen haben die eingangs genannten Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen in doppelter Ausfertigung in englischer Sprache in London am 25. August 1939. Eine polnische Fassung soll nachträglich zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden, und es werden dann beide Texte maßgebend sein.

(L. S.) Halifax
(L. S.) Eduard Raczyński



[422]
Nr. 460
Der Französische Ministerpräsident Daladier an den Führer,
26. August 1939
(Übersetzung)
Paris, den 26. August 1939

Sehr geehrter Herr Reichskanzler!

Der Französische Botschafter in Berlin hat mir Ihre persönliche Mitteilung zur Kenntnis gebracht.

In der Stunde, wo Sie von der schwersten Verantwortung sprechen, die zwei Regierungschefs unter Umständen übernehmen können, das heißt, das Blut von zwei großen Völkern, die sich nur nach Frieden und Arbeit sehnen, zu vergießen, bin ich Ihnen persönlich und unseren beiden Völkern schuldig zu sagen, daß das Schicksal des Friedens noch in Ihren Händen liegt.

Sie können weder an meinen Gefühlen Deutschland gegenüber noch an den friedlichen Gefühlen Frankreichs für Ihre Nation einen Zweifel hegen. Kein Franzose hat mehr als ich selbst getan, um zwischen unseren beiden Völkern nicht nur den Frieden, sondern eine aufrichtige Mitarbeit in ihrem eigenen Interesse sowie im Interesse Europas und der Welt zu bekräftigen.

Es sei denn, Sie trauen dem französischen Volke einen weniger hohen Begriff der Ehre zu, als ich selber dem deutschen Volke anerkenne, so können Sie nicht bezweifeln, daß Frankreich seine Verpflichtungen anderen Mächten gegenüber treu erfüllt, Mächten, wie zum Beispiel Polen, die, davon bin ich überzeugt, mit Deutschland in Frieden leben wollen.

Diese beiden Überzeugungen sind vollkommen vereinbar.

Bis heute gibt es nichts, das eine friedliche Lösung der internationalen Krise in Ehren und Würden für alle Völker verhindern könnte, wenn auf allen Seiten der gleiche Friedenswille besteht.

Mit dem guten Willen Frankreichs bekunde ich denjenigen aller seiner Verbündeten. Ich übernehme selbst die Garantie für diese Bereitschaft, die Polen immer gezeigt hat für die gegenseitige Anwendung eines Verfahrens des freien Ausgleichs, wie man es sich vorstellen kann zwischen den Regierungen zweier souveräner Nationen. Mit dem besten Gewissen kann ich Ihnen die Versicherung geben, daß es unter den zwischen Deutschland und Polen mit Bezug auf die Danziger Frage entstandenen Differenzen keine gibt, die nicht einem solchen Verfahren unterbreitet werden könnte zwecks einer friedlichen und gerechten Lösung.

Auf meine Ehre kann ich auch bekunden, daß es in der klaren und aufrichtigen Solidarität Frankreichs mit Polen und seinen Verbündeten nichts gibt, das die friedliche Gesinnung meines Vaterlandes irgendwie beeinträchtigen könnte. Diese Solidarität hat uns niemals daran gehindert und hindert uns auch heute nicht, Polen in dieser friedlichen Gesinnung zu erhalten.

In einer so schweren Stunde glaube ich aufrichtig, daß kein edelgesinnter Mensch es verstehen könnte, daß ein Krieg der Zerstörung unternommen würde, ohne daß ein letzter Versuch einer friedlichen Lösung zwischen Deutsch- [423] land und Polen stattfindet. Ihr Friedenswille könnte sich in aller Bestimmtheit dafür einsetzen, ohne der deutschen Ehre irgendwie Abbruch zu tun. Ich, als Chef der Französischen Regierung, der ich eine gute Harmonie zwischen dem französischen und dem deutschen Volke wünsche und der ich andererseits durch Freundschaftsbande und durch das gegebene Wort mit Polen verbunden bin, bin bereit, alle Anstrengungen zu machen, die ein aufrichtiger Mensch unternehmen kann, um diesen Versuch zu einem guten Ende zu führen.

Sie waren wie ich selbst Frontkämpfer im letzten Kriege. Sie wissen wie ich, welche Abscheu und Verurteilung die Verwüstungen des Krieges im Gewissen der Völker hinterlassen haben, ganz gleich wie der Krieg endet. Die Vorstellung, die ich mir von Ihrer hervorragenden Rolle machen kann als Führer des Deutschen Volkes auf dem Wege des Friedens, der Vollendung seiner Aufgabe in dem gemeinsamen Werk der Zivilisation entgegen, führt mich dazu, eine Antwort auf diesen Vorschlag zu erbitten.

Wenn das französische und das deutsche Blut von neuem fließen, wie vor 25 Jahren, in einem noch längeren und mörderischeren Krieg, dann wird jedes der beiden Völker kämpfen im Vertrauen auf seinen eigenen Sieg. Siegen werden am sichersten die Zerstörung und die Barbarei.

Daladier




Nr. 461
Der Führer an den Französischen Ministerpräsidenten Daladier,
27. August 1939
Berlin, den 27. August 1939

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Ich verstehe die Bedenken, die Sie aussprechen. Auch ich habe niemals die hohe Verpflichtung übersehen, die denen auferlegt ist, die über das Schicksal der Völker gestellt sind. Als alter Frontsoldat kenne ich wie Sie die Schrecken des Krieges. Aus dieser Gesinnung und Erkenntnis heraus habe ich mich auch ehrlich bemüht, alle Konfliktstoffe zwischen unseren beiden Völkern zu beseitigen. Ich habe dem französischen Volk eins ganz offen versichert, daß die Rückkehr des Saargebietes die Voraussetzung dazu sein würde. Ich habe nach dieser Rückkehr sofort feierlich meinen Verzicht bekräftigt auf irgendwelche weiteren Ansprüche, die Frankreich berühren können. Das deutsche Volk hat diese meine Haltung gebilligt. Wie Sie sich selbst bei Ihrem letzten Hiersein überzeugen konnten, empfand und empfindet es gegen den einstigen tapferen Gegner im Bewußtsein seiner eigenen Haltung keinerlei Groll oder gar Haß. Im Gegenteil. Die Befriedung unserer Westgrenze führte zu einer steigenden Sympathie, jedenfalls von seiten des deutschen Volkes. Eine Sympathie, die sich bei vielen Anlässen geradezu demonstrativ zeigte. Der Bau der großen Westbefestigungen, der zahlreiche Milliarden verschlang und verschlingt, stellt für Deutschland zugleich ein Dokument der Akzeptierung und Festlegung der endgültigen Reichsgrenze dar. Das deutsche Volk hat damit auf 2 Provinzen Verzicht geleistet, die einst zum alten Deutschen Reich gehörten, später durch [424] viel Blut erobert und endlich mit noch viel mehr Blut verteidigt wurden. Dieser Verzicht stellt, wie Sie mir, Exzellenz, zugeben müssen, keine taktische, nach außen gezeigte Haltung dar, sondern einen Entschluß, der in allen unseren Maßnahmen seine konsequente Erhärtung erfuhr. Sie werden mir, Herr Ministerpräsident, nicht einen Fall nennen können, in dem auch nur durch eine Zeile oder eine Rede gegen diese endgültige Fixierung der deutschen Reichsgrenze nach dem Westen hin verstoßen worden wäre. Ich glaubte, durch diesen Verzicht und durch diese Haltung jeden denkbaren Konfliktstoff zwischen unseren beiden Völkern ausgeschaltet zu haben, der zu einer Wiederholung der Tragik von 1914-1918 würde führen können. Diese freiwillige Begrenzung der deutschen Lebensansprüche im Westen kann aber nicht aufgefaßt werden als eine auch auf allen anderen Gebieten geltende Akzeptierung des Versailler Diktats. Ich habe nun wirklich Jahr für Jahr versucht, die Revision wenigstens der unmöglichsten und untragbarsten Bestimmungen dieses Diktats auf dem Verhandlungswege zu erreichen. Es war dies unmöglich. Daß die Revision kommen mußte, war zahlreichen einsichtsvollen Männern aus allen Völkern bewußt und klar. Was immer man nun gegen meine Methode anführen kann, was immer man an ihr aussetzen zu müssen glaubt, so darf doch nicht übersehen oder bestritten werden, daß es durch sie möglich wurde, ohne neues Blutvergießen in vielen Fällen nicht nur für Deutschland befriedigende Lösungen zu finden, sondern daß durch die Art des Verfahrens die Staatsmänner anderer Völker von der für sie oft unmöglichen Verpflichtung enthoben wurden, diese Revision vor ihren eigenen Völkern verantworten zu müssen; denn immerhin eines werden Eure Exzellenz mir zugeben müssen: Die Revision mußte kommen. Das Versailler Diktat war untragbar. Kein Franzose von Ehre, auch Sie nicht, Herr Daladier, hätte in einer ähnlichen Lage anders gehandelt als ich. Ich habe nun in diesem Sinne auch versucht, die allerunvernünftigste Maßnahme des Versailler Diktats aus der Welt zu schaffen Ich habe der Polnischen Regierung ein Angebot gemacht, über das das Deutsche Volk erschrocken ist. Kein anderer als ich konnte es überhaupt wagen, mit einem solchen Angebot vor die Öffentlichkeit zu treten. Es konnte daher auch nur einmalig sein. Ich bin nun zutiefst überzeugt, daß, wenn besonders von England aus damals, statt in der Presse gegen Deutschland ein wilde Campagne loszulassen, Gerüchte von einer deutschen Mobilmachung zu lancieren, Polen irgendwie zugeredet worden wäre, vernünftig zu sein, Europa heute und auf 25 Jahre den Zustand des tiefsten Friedens genießen könnte. So aber wurde erst durch die Lüge von der deutschen Aggression die polnische öffentliche Meinung aufgeregt, der Polnischen Regierung die eigenen notwendigen klaren Entschlüsse erschwert und vor allem durch die dann folgende Abgabe des Garantieversprechens der Blick für die Grenze realer Möglichkeiten getrübt. Die Polnische Regierung lehnte die Vorschläge ab. Die polnische öffentliche Meinung begann in der sicheren Überzeugung, daß ja nun England und Frankreich für Polen kämpfen würden, Forderungen zu erheben, die man vielleicht als lächerliche Verrücktheit bezeichnen könnte, wenn sie nicht so unendlich gefährlich wären. Damals setzte ein unerträglicher Terror, eine physische und wirtschaftliche Drangsalierung der immerhin über 1½ Millionen zählenden Deutschen in den vom Reich abgetretenen Gebieten ein. Ich will hier nicht über die vorgekommenen Scheußlichkeiten sprechen. Allein auch Danzig wurde mit fortgesetzten Übergriffen polnischer Behörden steigend zum Bewußtsein gebracht, daß es scheinbar rettungslos der Willkür einer dem nationalen Charakter der Stadt und der Bevölkerung fremden Gewalt ausgeliefert ist.

[425] Darf ich mir nun die Frage erlauben, Herr Daladier, wie würden Sie als Franzose handeln, wenn durch irgendeinen unglücklichen Ausgang eines tapferen Kampfes eine Ihrer Provinzen durch einen von einer fremden Macht besetzten Korridor abgetrennt würde, eine große Stadt - sagen wir Marseille - verhindert würde, sich zu Frankreich zu bekennen und die in diesem Gebiete lebenden Franzosen nun verfolgt, geschlagen, mißhandelt, ja bestialisch ermordet würden? Sie sind Franzose, Herr Daladier, und ich weiß daher, wie Sie handeln würden. Ich bin Deutscher. Herr Daladier, zweifeln Sie nicht an meinem Ehrgefühl und an meinem Pflichtbewußtsein, genau so zu handeln. Wenn Sie nun dieses Unglück hätten, das wir besitzen, würden Sie dann, Herr Daladier, verstehen, wenn Deutschland ohne jede Veranlassung dafür eintreten wollte, daß der Korridor durch Frankreich bleibt, daß die geraubten Gebiete nicht zurückkehren dürfen, daß die Rückkehr Marseilles nach Frankreich verboten wird? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, Herr Daladier, daß Deutschland aus diesem Grunde gegen Sie kämpfen würde, denn ich und alle Welt haben auf Elsaß-Lothringen verzichtet, um ein weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Um so weniger würden wir Blut vergießen, um ein Unrecht aufrechtzuerhalten, das für Sie untragbar sein müßte, wie es für uns bedeutungslos wäre. Alles, was Sie in Ihrem Brief, Herr Daladier schreiben, empfinde ich genau so wie Sie. Vielleicht können gerade wir uns als alte Frontsoldaten auf manchen Gebieten am leichtesten verstehen, allein ich bitte Sie, verstehen Sie auch dies: daß es für eine Nation von Ehre unmöglich ist, auf fast 2 Millionen Menschen zu verzichten und sie an seinen eigenen Grenzen mißhandelt zu sehen. Ich habe daher eine klare Forderung aufgestellt: Danzig und der Korridor müssen an Deutschland zurück. Die mazedonischen Zustände an unserer Ostgrenze müssen beseitigt werden. Ich sehe keinen Weg, Polen, das sich ja nun im Schutze seiner Garantien unangreifbar fühlt, hier zu einer friedlichen Lösung bewegen zu können. Ich würde aber an einer ehrenvollen Zukunft meines Volkes verzweifeln, wenn wir unter solchen Umständen nicht entschlossen wären, die Frage so oder so zu lösen. Wenn das Schicksal nun dadurch unsere beiden Völker wieder zum Kampfe zwingt, dann würde doch in den Motiven ein Unterschied sein. Ich, Herr Daladier, kämpfe dann mit meinem Volk um die Wiedergutmachung eines uns zugefügten Unrechts, und die anderen um die Beibehaltung desselben. Dies ist um so tragischer, als viele der bedeutendsten Männer auch Ihres eigenen Volkes den Unsinn der Lösung von 1919 ebenso erkannt haben, wie die Unmöglichkeit seiner dauernden Aufrechterhaltung. Ich bin mir im klaren über die schweren Konsequenzen, die ein solcher Konflikt mit sich bringt. Ich glaube aber, die schwerste würde Polen zu tragen haben, denn ganz gleich, wie auch ein Krieg um diese Frage ausginge, der Polnische Staat von jetzt wäre so oder so verloren.

Daß nun dafür unsere beiden Völker in einen neuen blutigen Vernichtungskrieg eintreten sollen, ist nicht nur für Sie, sondern auch für mich, Herr Daladier, sehr schmerzlich. Ich sehe aber, wie schon bemerkt, von uns aus keine Möglichkeit, auf Polen in einem vernünftigen Sinne einwirken zu können zur Korrektur einer Lage, die für das Deutsche Volk und das Deutsche Reich unerträglich ist.

Adolf Hitler



[426]
Nr. 462
Der Deutsche Geschäftsträger in Warschau an das Auswärtige Amt
Telegramm
Warschau, den 27. August 1939

Wie mir ein hiesiger Gesandter erzählte, hat der Englische Botschafter ihm erklärt, er sei nicht befugt, ihm den Inhalt der Unterredung des Führers mit Henderson mitzuteilen; er könne ihm aber so viel sagen, daß deutscher Vorschlag offensichtlich den Zweck verfolge, England von seinen Verbündeten zu trennen.

Wühlisch




Nr. 463
Dem Führer vom Britischen Botschafter am 28. August 1939 22.30 Uhr
übergebenes Memorandum der Britischen Regierung
(Übersetzung)

Seiner Majestät Regierung hat die ihr vom Herrn Deutschen Reichskanzler durch den Britischen Botschafter in Berlin übermittelte Botschaft empfangen und hat dieselbe mit der ihr gebührenden Sorgfalt geprüft.

1. Seiner Majestät Regierung hat den vom Herrn Reichskanzler zum Ausdruck gebrachten Wunsch, daß Freundschaft die Grundlage der Beziehungen zwischen Deutschland und dem Britischen Imperium bilden möge, zur Kenntnis genommen, und sie teilt diesen Wunsch voll und ganz. Auch sie glaubt, wie der Herr Reichskanzler, daß, wenn eine vollständige und dauernde Verständigung zwischen diesen zwei Nationen hergestellt werden könnte, es beiden Völkern unermeßlichen Segen bringen würde.

2. Die Botschaft des Herrn Reichskanzlers behandelt zwei Gruppen von Fragen - diejenigen, die gegenwärtig Gegenstand von Differenzen zwischen Deutschland und Polen sind, und diejenigen, die die endgültigen Beziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien berühren. Im Zusammenhang mit diesen zuletzt genannten Fragen ersieht Seiner Majestät Regierung, daß der Herr Reichskanzler gewisse Vorschläge angedeutet hat, die er unter einer Bedingung der Britischen Regierung zur Herbeiführung einer allgemeinen Verständigung zu unterbreiten bereit sein würde. Diese Vorschläge sind naturgemäß in sehr allgemeiner Form gehalten und würden eine genauere Definierung erfordern, aber Seiner Majestät Regierung ist voll und ganz bereit, sie mit einigen Zusätzen als Gegenstand von Unterhaltungen anzunehmen, und sie würde bereit sein, wenn die Streitfragen zwischen Deutschland und Polen auf friedlichem Wege beigelegt werden, sobald wie möglich diesbezügliche Besprechungen einzuleiten mit dem aufrichtigen Wunsche, zu einer Verständigung zu gelangen.

3. Die Bedingung, die der Herr Reichskanzler festlegt, ist, daß eine Lösung der zwischen Deutschland und Polen bestehenden Differenzen vorangehen muß. In dieser Beziehung ist Seiner Majestät Regierung vollkommen gleicher Ansicht. Alles hängt jedoch ab von der Art der Lösung und von der Methode, die zur Erzielung derselben angewandt wird. Zu diesen Punkten, deren Wichtigkeit dem Herrn Reichskanzler gegenwärtig sein wird, ist in seiner Botschaft nichts gesagt, und Seiner Majestät Regierung fühlt sich gezwungen, darauf hin- [427] zuweisen, daß eine Verständigung bezüglich dieser beiden Punkte für die Erzielung eines weiteren Fortschrittes unbedingt notwendig ist. Die Deutsche Regierung wird sich dessen bewußt sein, daß Seiner Majestät Regierung gegenüber Polen Verpflichtungen hat, die sie binden und die einzulösen sie beabsichtigt. Sie könnte nicht wegen irgendeines Großbritannien angebotenen Vorteils einer Lösung zustimmen, die die Unabhängigkeit eines Staates gefährden würde, dem sie ihre Garantie gegeben hat.

4. Nach Ansicht Seiner Majestät Regierung könnte und sollte eine vernünftige Lösung der Differenzen zwischen Deutschland und Polen auf dem Wege der Vereinbarung zwischen den beiden Nationen erzielt werden auf einer Grundlage, die die Sicherstellung der wesentlichen Interessen Polens einbeziehen würde, und Seiner Majestät Regierung erinnert sich, daß der Herr Reichskanzler in seiner Rede am 28. April die Wichtigkeit dieser Interessen für Polen anerkannt hat.

Wie jedoch der britische Premierminister in seinem Schreiben vom 22. August an den Herrn Reichskanzler zum Ausdruck brachte, ist es nach Ansicht Seiner Majestät Regierung unerläßlich für den Erfolg der Besprechungen, die der Vereinbarung vorangehen würden, daß es im voraus feststünde, daß ein zu erzielendes Abkommen von anderen Mächten garantiert werden würde. Seiner Majestät Regierung würde bereit sein, wenn der Wunsch dazu ausgesprochen werden sollte, zu der wirksamen Durchführung einer solchen Garantie beizutragen.

Nach Ansicht Seiner Majestät Regierung folgt hieraus, daß als nächster Schritt direkte Verhandlungen zwischen der Deutschen und Polnischen Regierung eingeleitet werden sollten auf einer Grundlage, die die obenerwähnten Grundsätze einschließen würde, nämlich die Sicherstellung der unentbehrlichen Interessen Polens und die Sicherstellung des Abkommens durch eine Internationale Garantie. Seiner Majestät Regierung hat bereits eine definitive Zusicherung von der Polnischen Regierung erhalten, daß diese bereit ist, auf dieser Grundlage in Besprechungen einzutreten, und Seiner Majestät Regierung hofft, daß die Deutsche Regierung ihrerseits ebenfalls bereit sein würde, einem solchen Verfahren zuzustimmen.

Wenn, wie Seiner Majestät Regierung hofft, solche Besprechungen zu einer Vereinbarung führen würden, so wäre der Weg offen für Besprechungen über jene breitere und umfassendere Verständigung zwischen Großbritannien und Deutschland, die beide Nationen erstreben.

5. Seiner Majestät Regierung stimmt mit dem Herrn Reichskanzler darin überein, daß eine der hauptsächlichsten Gefahren in der zwischen Deutschland und Polen bestehenden Lage in Berichten über die Behandlung der Minderheiten ihren Ursprung hat. Der gegenwärtige Spannungszustand, zusammen mit den ihn begleitenden Grenzzwischenfällen, Berichten über Mißhandlungen und der aufreizenden Propaganda ist eine ständige Gefahr für den Frieden. Es ist offensichtlich eine Frage äußerster Dringlichkeit, daß alle Zwischenfälle dieser Art unverzüglich und mit fester Hand unterdrückt werden, und daß die Verbreitung unbestätigter Gerüchte verhindert wird, um eine Frist zu erlangen, in der ohne Provokation auf beiden Seiten eine eingehende Prüfung der Möglichkeiten einer Lösung unternommen werden könnte. Seiner Majestät Regierung ist überzeugt, daß beide beteiligten Regierungen sich dieser Erwägung völlig bewußt sind.

[428] 6. Seiner Majestät Regierung hat ihre eigene Haltung gegenüber den besonderen zwischen Deutschland und Polen strittigen Angelegenheiten erschöpfend zum Ausdruck gebracht. Sie vertraut darauf, daß der Herr Reichskanzler nicht glauben wird, daß Seiner Majestät Regierung, weil sie ihre Verpflichtung gegenüber Polen genau nimmt, aus diesem Grunde nicht bestrebt ist, ihren ganzen Einfluß für das Zustandekommen einer sowohl Deutschland wie Polen befriedigenden Lösung einzusetzen.

Daß eine solche Lösung erzielt werden sollte, erscheint Seiner Majestät Regierung als unbedingt notwendig, nicht nur aus Gründen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lösung selbst entstehen, sondern auch wegen der umfassenderen Erwägungen, von denen der Herr Reichskanzler mit solcher Überzeugung gesprochen hat.

7. Es ist unnötig, in der vorliegenden Antwort die Vorteile einer friedlichen Lösung hervorzuheben gegenüber einem Entschluß, die in Frage kommenden Probleme mit Waffengewalt zu lösen. Die Folgen eines Entschlusses, Gewalt zu gebrauchen, sind in dem Schreiben des Premierministers vom 22. August an den Herrn Reichskanzler klar dargelegt worden, und Seiner Majestät Regierung zweifelt nicht daran, daß diese Folgen vom Herrn Reichskanzler genau so klar erkannt werden wie von Seiner Majestät Regierung selbst.

Andererseits glaubt Seiner Majestät Regierung, indem sie mit Interesse den in der Botschaft des Herrn Reichskanzlers enthaltenen Hinweis auf eine Begrenzung der Rüstungen zur Kenntnis nimmt, daß, wenn eine friedliche Lösung erreicht werden kann, die Unterstützung der Welt zuversichtlich vorausgesetzt werden könnte für praktische Maßnahmen, die es ermöglichen würden, den Übergang von einer Vorbereitung zum Kriege auf eine normale Tätigkeit friedlichen Handels sicher und reibungslos durchzuführen.

8. Eine gerechte Lösung dieser zwischen Deutschland und Polen bestehenden Fragen kann den Weg zum Weltfrieden öffnen. Das Ausbleiben einer solchen Lösung würde die Hoffnung auf eine bessere Verständigung zwischen Deutschland und Großbritannien zerschlagen, würde die beiden Nationen in Konflikt bringen und könnte sehr wohl die gesamte Welt in den Krieg stürzen. Ein solches Ergebnis wäre eine Katastrophe ohne Beispiel in der Geschichte.




Nr. 464
Dem Britischen Botschafter am 29. August 1939 18.45 Uhr
übergebene Antwort des Führers an die Britische Regierung

Der Königlich Britische Botschafter in Berlin hat der Königlich Britischen Regierung Anregungen übermittelt, die ich vorschlagen zu müssen glaubte, um

1. dem Willen der Reichsregierung nach einer aufrichtigen deutsch-englischen Verständigung, Zusammenarbeit und Freundschaft noch einmal Ausdruck zu geben;

2. keinen Zweifel darüber aufkommen zu lassen, daß eine solche Verständigung nicht erkauft werden könnte mit dem Verzicht auf lebenswichtige deutsche Interessen oder gar einer Preisgabe von Forderungen, die ebenso im allgemeinen menschlichen Recht wie in der nationalen Würde und Ehre unseres Volkes begründet sind.

[429] Mit Befriedigung hat die Deutsche Regierung aus den Antwortschreiben der Königlich Britischen Regierung und den mündlichen Erläuterungen des Königlich Britischen Botschafters entnommen, daß die Königlich Britische Regierung auch ihrerseits bereit ist, das deutsch-englische Verhältnis zu bessern, es im Sinne der deutschen Anregungen zu entwickeln und auszubauen.

Die Königlich Britische Regierung ist dabei ebenfalls überzeugt, daß die Lösung der unerträglich gewordenen deutsch-polnischen Spannung die Voraussetzung für eine Realisierung dieser Hoffnung ist.

Seit dem Herbst des vergangenen Jahres und zuletzt im März 1939 wurden der Polnischen Regierung mündlich und schriftlich Vorschläge unterbreitet, die unter der Berücksichtigung der damals zwischen Deutschland und Polen bestehenden Freundschaft eine für beide Teile annehmbare Lösung der strittigen Fragen ermöglichen konnten. Es ist der Königlich Britischen Regierung bekannt, daß die Polnische Regierung glaubte, diese Vorschläge im März dieses Jahres endgültig ablehnen zu müssen. Sie hat diese Ablehnung zugleich zum Vorwand oder Anlaß genommen, militärische Maßnahmen zu treffen, die seitdem eine fortgesetzte Steigerung erfuhren. Schon in der Mitte des vergangenen Monats hat der Polnische Staat tatsächlich mobil gemacht. In Verbindung damit haben zahlreiche Übergriffe in der Freien Stadt Danzig stattgefunden, hervorgerufen durch polnische Behörden; mehr oder weniger drohend ultimative Forderungen wurden an diese Stadt gerichtet. Die Verhängung einer erst zollpolitisch durchgeführten, nunmehr aber auch militärisch und verkehrstechnisch erweiterten Grenzsperre mit dem Ziel der politischen Zermürbung und wirtschaftlichen Zerstörung dieses deutschen Gemeinwesens fand statt.

Hinzu kommen himmelschreiende, barbarische Mißhandlungen und sonstige Verfolgungen der großen deutschen Volksgruppe in Polen, die bis zur Tötung vieler dort lebender Deutschen oder zur Verschleppung unter grausamsten Begleitumständen führten. Diese Zustände sind für eine Großmacht unerträglich. Sie haben Deutschland gezwungen, nach monatelangem Zusehen nunmehr ebenfalls die notwendigen Schritte zur Wahrung der berechtigten deutschen Interessen zu ergreifen. Und die Deutsche Reichsregierung kann der Britischen Regierung nur auf das ernsteste versichern, daß nunmehr jener Zustand erreicht ist, der ein weiteres Hinnehmen oder auch nur Zusehen ausschließt.

Die Forderung der Deutschen Reichsregierung entspricht der von Anfang an als notwendig erkannten Revision des Versailler Vertrags in diesem Gebiet; Rückkehr von Danzig und dem Korridor an Deutschland, Sicherung des Lebens der deutschen Volksgruppen in den restlich Polen verbleibenden Gebieten.

Die Deutsche Reichsregierung nimmt mit Befriedigung Kenntnis, daß auch die Königlich Britische Regierung im grundsätzlichen überzeugt ist, daß die entstandene Lage einer Lösung entgegengeführt werden muß. Sie glaubt weiter annehmen zu dürfen, daß sich auch die Königlich Britische Regierung keinem Zweifel darüber hingibt, daß es sich hier nicht mehr um Zustände handelt, zu deren Beseitigung Tage oder gar Wochen, sondern vielleicht nur Stunden zur Verfügung stehen. Denn es ist in jedem Augenblick angesichts der desorganisierten Verhältnisse in Polen mit der Möglichkeit des Eintretens von Akten zu rechnen, die hinzunehmen für Deutschland unmöglich sein könnte.

Wenn die Königlich Britische Regierung noch immer glaubt, daß diese schwerwiegenden Differenzen auf dem Wege direkter Verhandlungen zu lösen seien, so kann die Deutsche Reichsregierung diese Auffassung von vornherein [430] leider nicht mehr teilen. Denn sie hat es ja versucht, den Weg einer solchen friedlichen Verhandlung einzuleiten, wurde aber dabei von der Polnischen Regierung nicht unterstützt, sondern durch brüsk eingeleitete Maßnahmen militärischen Charakters im Sinne der schon angedeuteten Entwicklung abgewiesen.

Die Königlich Britische Regierung sieht 2 Momente als wichtig an:

    1. daß durch direkte Verhandlungen schnellstens die vorhandene Gefahr einer drohenden Entladung beseitigt wird, und daß

    2. der Existenz des im übrigen dann fortbestehenden Polnischen Staates durch internationale Garantien wirtschaftlich und politisch die notwendige Sicherung gegeben wird.

Die Deutsche Reichsregierung hat dazu folgende Erklärung abzugeben:

Trotz ihrer skeptischen Beurteilung der Aussichten solcher direkten Besprechungen will sie dennoch den englischen Vorschlag akzeptieren und in diese eintreten. Sie tut dies ausschließlich unter dem Eindruck der - wie schon betont - ihr zugegangenen schriftlichen Mitteilung der Königlich Britischen Regierung, daß auch diese ein Freundschaftsabkommen unter Zugrundelegung der dem Botschafter Henderson gegebenen Anhaltspunkte wünscht. Die Deutsche Regierung will dadurch der Königlich Britischen Regierung und dem englischen Volk einen Beweis für die Aufrichtigkeit der deutschen Absicht, zu einer dauernden Freundschaft mit Großbritannien zu kommen, geben.

Die Reichsregierung muß die Britische Regierung pflichtgemäß aber darauf hinweisen, daß sie im Falle einer Neugestaltung der territorialen Verhältnisse in Polen nicht mehr in der Lage wäre, ohne Hinzuziehung der Sowjet-Union sich zu Garantien zu verpflichten oder an Garantien teilzunehmen.

Im übrigen hat die Deutsche Reichsregierung bei ihren Vorschlägen nie die Absicht gehabt, lebenswichtige Interessen Polens anzugreifen oder die Existenz eines unabhängigen Polnischen Staates in Frage zu stellen. Die Deutsche Reichsregierung ist unter diesen Umständen daher damit einverstanden, die vorgeschlagene Vermittlung der Königlich Britischen Regierung zur Entsendung einer mit allen Vollmachten versehenen polnischen Persönlichkeit nach Berlin anzunehmen. Sie rechnet mit dem Eintreffen dieser Persönlichkeit für Mittwoch, den 30. August 1939.

Die Reichsregierung wird die Vorschläge einer für sie akzeptablen Lösung sofort ausarbeiten und diese, wenn möglich, bis zur Ankunft des polnischen Unterhändlers auch der Britischen Regierung zur Verfügung stellen.




Nr. 465
Der Deutsche Geschäftsträger in Warschau an das Auswärtige Amt
Telephonische Mitteilung vom 30. August 1939 17.30 Uhr

Seit einer Stunde ist in Polen durch Anschlag die allgemeine Mobilmachung befohlen worden. Erster Mobilmachungstag ist der 31. August; zu melden haben sich alle Personen, die eine weiße Einberufungskarte besitzen.




238Der Deutsche Konsul in Teschen von der Damerau hat hierüber der Deutschen Botschaft in Warschau am 31. August berichtet: Ein Lastkraftwagen, auf dem 30 in Bielitz verhaftete Volksdeutsche ins Innere transportiert werden sollten, geriet auf der Straße dicht hinter Bielitz ins Schleudern, wobei einige Volksdeutsche vom Wagen fielen. Diesen Anlaß benutzte das auf dem Wagen befindliche polnische Begleitkommando, um blindlings in die auf dem Wagen zusammengedrängten Volksdeutschen hineinzuschießen, wobei 8 den Tod fanden und eine große Anzahl verwundet wurde. ...zurück...

239Auf eine Anfrage des Unterhausmitgliedes Harvey, ob die Beistandsverpflichtungen des britisch-polnischen Vertrages vom 25. August 1939 auch den Fall des Angriffs durch nichtdeutsche Mächte, einschließlich Rußlands, decken sollten, gab der Britische Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten Butler am 19. Oktober 1939 folgende schriftliche Antwort: "Nein. Während der Verhandlungen, die zur Unterzeichnung des Abkommens führten, wurde zwischen der Polnischen Regierung und der Regierung Seiner Majestät vereinbart, daß das Abkommen nur den Fall eines Angriffs durch Deutschland decken sollte; die Polnische Regierung bestätigt, daß dies zutrifft." ...zurück...


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