[383] Viertes Kapitel (Forts.)
Polen als Werkzeug des Englischen Kriegswillens
A. Die Auswirkung II. Polnische Maßnahmen gegen Danzig
Nr. 418 Danzig, den 11. Mai 1939
Nachdem bereits vor einiger Zeit polnische Flugzeuge, darunter auch Militärflugzeuge, mehrfach Danziger Hoheitsgebiet unberechtigt überflogen hatten, hat sich ein erneuter Grenzzwischenfall ereignet. Am 10. d. M. wurden 2 Beamte der Danziger politischen Polizei auf Danziger Gebiet in der Nähe von Liessau, etwa 50 m von der polnischen Grenze entfernt, aus einem Pfeiler des polnischen Brückenkopfes in Liessau von polnischem Militär beschossen. Die Beamten sind nicht verletzt worden. Der Senat der Freien Stadt Danzig hat gegen diese Verletzung Danziger Hoheitsgebietes bei der hiesigen Polnischen Diplomatischen Vertretung Verwahrung eingelegt.
von Janson
Nr. 419
Der Deutsche Generalkonsul in Thorn an das Auswärtige Amt Telegramm Thorn, den 15. Mai 1939
Mir sind folgende zuverlässige Nachrichten zugegangen:
II. Am 12. Mai wurden etwa 70 Arbeiter einer Firma aus Graudenz zu Provokationszwecken nach Danzig geschickt. Vor einigen Monaten wurden sie im Rekrutierungsbüro vereidigt. III. Die Gendarmeriebataillone aus Graudenz sind vom 11. bis 12. Mai mit Gepäck und Troß nach Dirschau verlegt worden. IV. In Neuenburg wurden mehrere Jahrgänge zur Grenzwache eingezogen, darunter auch Volksdeutsche. V. In Thorn und Umgebung sind vom 11. bis 12. Mai private Lastautos mit Chauffeuren eingezogen worden. Betriebsstoff für 250 bis 400 km mußte gestellt werden. Bestimmungsziel leer Dirschau. VI. Sämtliche Beamte in Thorn hatten vom 13. bis 14. Mai Bereitschaftsdienst. VII. 13. Mai Urlauber Kavallerieschule und beurlaubte Offiziere Garnison Graudenz zurückgerufen. VIII. Gerüchtweise verlautet, daß durch Reserveoffizier- und Unteroffizierverband sowie Aufständischenverband Freiwillige geworben werden, die gegen Danzig eingesetzt werden sollen. Küchler
[383]
Nr. 420
Aufzeichnung eines Beamten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts Berlin, den 22. Mai 1939
Nach Feststellungen des Präsidenten des Danziger Senats Greiser hat sich der Danzig-polnische Zwischenfall in Kalthof in der Nacht vom 20. zum 21. Mai laut polizeilicher Ermittlungen wie folgt abgespielt: a) Am 20. Mai abends hatte sich vor dem Hause der polnischen Zollinspektoren in Kalthof eine größere Anzahl von Bewohnern dieses Ortes eingefunden, um gegen die ständigen Belästigungen deutscher Frauen und Mädchen durch die polnischen Zollinspektoren zu demonstrieren. Etwa 2 Stunden lang wurde in Sprechchören der Abzug der Zollinspektoren verlangt. Im Verlauf dieser Demonstrationen wurden einige Fensterscheiben des Hauses, in dem die Zollinspektoren wohnen, zertrümmert. Weitere Ausschreitungen erfolgten nicht, da die Zollinspektoren nach Eingreifen der örtlichen Polizei, ohne belästigt zu werden, durch den Garten ihr Grundstück verlassen und mit einem Motorrad durch die Menge hindurch fortfahren konnten. b) Obwohl inzwischen in Kalthof wieder völlige Ruhe eingetreten war, teilte Legationsrat Perkowski, der Stellvertreter des Leiters der Polnischen Diplomatischen Vertretung in Danzig, dem Danziger Senat einige Stunden später mit, daß er nach Kalthof fahren wolle, um die dortige Lage festzustellen, und bat um Stellung eines Polizeibeamten zu diesem Zweck. Danzigerseits wurde dieses Ersuchen zweimal mit dem Hinweis darauf abgelehnt, daß eine Fahrt nach Kalthof überhaupt nicht mehr nötig sei and es im übrigen Sache der Danziger Behörden sei, amtlich Feststellungen im Gebiet der Freien Stadt zu treffen. Legationsrat Perkowski hat sich trotzdem im Kraftwagen der Polnischen Diplomatischen Vertretung nach Kalthof begeben. In seiner Begleitung befanden sich Dr. Sziller von der polnischen Eisenbahndirektion in Danzig (der zu den exterritorialen Mitgliedern der Polnischen Diplomatischen Vertretung gehört), ein polnischer Oberzollinspektor und der Chauffeur des Kraftwagens, Murawski. Perkowski und seine Begleiter sind nach der Ankunft in Kalthof gegen Mitternacht in keiner Weise belästigt worden. Die demonstrierende Menge hatte sich inzwischen längst zerstreut. c) Gegen 0.50 Uhr wollte der Danziger Staatsangehörige Fleischermeister Grübnau von Marienburg mit einer Taxe, in der sich außer dem Chauffeur Hops noch zwei Zivilisten befanden, über Kalthof nach Danzig zurückfahren. Als die Taxe in die Kurve an der Chausseeüberführung bei Kalthof einbog, wurde sie durch den Kraftwagen der Polnischen Diplomatischen Vertretung in Danzig (Kennzeichen B 61/306) vom Bahnhofsdamm her so stark angeblendet, daß sie halten mußte. Die Blendwirkung wurde anscheinend durch die Benutzung einer Handblendlaterne erhöht. Grübnau und Hops stiegen aus und gingen auf das polnische Auto zu, um darauf hinzuwirken, daß dessen Scheinwerfer abgestellt würden, entschlossen sich aber unmittelbar darauf, wieder in ihren Wagen zurückzukehren. Auf dem Wege zu diesem wurde Grübnau durch 2 Schüsse aus der Richtung des polnischen Autos, die ihn von hinten in das Genick und in die Schulter trafen, erschossen. Infolge der Blendwirkung des polnischen Autos haben weder der Chauffeur Hops [384] noch die beiden anderen Insassen der Taxe feststellen können, wer sich in dem polnischen Auto befand und wer die beiden Schüsse abgegeben hat. Seitens der Polnischen Diplomatischen Vertretung in Danzig wird behauptet, daß die Schüsse von dem Chauffeur Murawski abgegeben worden seien, Legationsrat Perkowski, Dr. Sziller und der polnische Oberzollinspektor hätten sich nicht mehr in dem Dienstwagen, sondern im Bahnhofsgebäude von Kalthof befunden. Murawski sei von zwei Männern in Zivil mit hohen Stiefeln bedroht worden, habe zwei Schreckschüsse in die Luft abgegeben und erst, als einer der beiden Männer eine Pistole gezogen hätte, zwei Schüsse auf den angeblichen Angreifer abgefeuert. Die früheren Insassen des Dienstwagens der Polnischen Diplomatischen Vertretung sind zu diesem nicht zurückgekehrt, haben sich vielmehr - nach Danziger Darstellung auf einer Lokomotive, nach polnischer Darstellung auf einer Dräsine - vom Bahnhof Kalthof nach Dirschau (Polen) begeben. In dem zurückgelassenen Kraftwagen wurden eine geladene Pistole, die nicht gebraucht worden war, und ein leeres Futteral einer Mauserpistole vorgefunden. Die tödlichen Schüsse sind nach polizeilicher Feststellung zweifelsfrei ans einer polnischen Armeepistole abgegeben worden. Die polnische Behauptung, der Chauffeur Murawski sei bedroht worden, ist falsch. Der Chauffeur Hops und der Fleischermeister Grübnau waren völlig unbewaffnet. Grübnau hatte noch eine brennende Pfeife im Munde, als er auf das polnische Auto zuging. Hinzukommt, daß beide von der vorausgegangenen Demonstration in Kalthof sowie der Anwesenheit der Angehörigen der Polnischen Diplomatischen Vertretung in Danzig mit Dienstkraftwagen in Kalthof nichts wußten. d) Die Meldung des Straßburger Senders, daß Grübnau bereits mehrmals an Ausschreitungen gegen polnische Zollinspektoren in Danzig beteiligt gewesen sei, ist unrichtig. Grübnau hat als ruhiger Mensch niemals an solchen Kundgebungen teilgenommen.
Bergmann
Nr. 421
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 24. Mai 1939
Die beiden polnischen Noten vom 21. d. M.216 sind heute durch zwei Schreiben des Präsidenten des Senats an die Polnische Diplomatische Vertretung beantwortet worden. In den Danziger Noten wird festgestellt, daß der polnische Chauffeur Murawski den Danziger Staatsangehörigen Grübnau ohne jeglichen Anlaß and ohne auch nur im geringsten angegriffen oder bedroht worden zu sein, niedergeschossen hat. Es wird hervorgehoben, daß die drei höheren polnischen Be- [385] amten, nämlich der Vertreter Minister Chodackis Legationsrat Perkowski, der Oberste Zollrat Swida und der polnische Rat Dr. Sziller, sich zu Mithelfern gemacht haben, indem sie Murawski eine ihrer Armeepistolen überlassen haben, und daß sie sich ferner einer Begünstigung des Murawski dadurch schuldig gemacht haben, daß sie den Täter auf polnisches Gebiet brachten. Der Senat verlangt mit Rücksicht auf diesen Sachverhalt die Abberufung der drei genannten Beamten; er weist endlich die in der zweiten polnischen Note vom 21. d. M. enthaltenen Erklärungen und Forderungen zurück.217 Die Bluttat von Kalthof hat am Abend des 22. d. M. zu einer großen Protestkundgebung in Tiegenhof geführt, bei der Landrat und Kreisleiter Andres eine Rede hielt. Er hat dabei von jedem einzelnen Danziger Volksgenossen Ruhe, Kaltblütigkeit und Disziplin gefordert und erklärt, Danzig könne trotz der Provokationen im Vertrauen auf den Führer seine Stunde abwarten. Am heutigen Nachmittag findet in Kalthof eine Trauerfeier für den ermordeten Grübnau statt, an der führende Persönlichkeiten von Partei und Staat teilnehmen. Die Trauerrede hält Senatspräsident Greiser. Die Beisetzung der Leiche des Grübnau erfolgt in Marienburg.
von Janson
Nr. 422
Protokoll des Hauptzollamts Elbing Elbing, den 24. Mai 1939
Bei dem Hauptzollamt erscheint der Kraftfahrer der Firma A. Zedler, Elbing, Otto Eggert, geboren 12. Dezember 1902 in Elbing, wohnhaft in Elbing, Paulikirchstr. 18, und gibt folgendes an: Am 23. Mai 1939 traf ich auf der Fahrt nach dem Reich mit dem Fernlastwagen der Firma A. Zedler in Elbing gegen 22.30 Uhr in Liessau ein. Zur Erledigung der Zollformalitäten hielt ich mit dem Wagen vor dem Transformatorenhaus gegenüber der Danziger Zollbude. Während ein polnischer Zöllner zum Wagen kam, um die Zollbleie usw. nachzuprüfen, wollte ich, wie ich dies bisher immer getan hatte, zum polnischen Zollamt im Brückenkopf geben, um den Wagen zur Durchfahrt anzumelden. Als ich kurz vor dem zweiten Eisenzaun vor dem Brückenkopf war, hörte ich, wie der im oberen Vorsprung des Brückenkopfes stehende polnische Militärposten einem unten in der Nähe der Eisenbahnschienen stehenden Militärposten etwas zurief. [386] Der untere Posten gab eine nicht zu verstehende Antwort und legte sofort sein Gewehr auf mich an. Als ich dies bemerkte, warf ich mich sofort auf die Erde. Ich hatte mich kaum hingelegt, als der erste Schuß krachte, der knapp über mich hinweggegangen sein muß. Ich drehte mich auf der Erde um, sprang auf und lief einige Sprünge gegen die Danziger Zollbude zu und warf mich wieder auf die Erde. Da krachte auch schon der zweite Schuß, der wieder über mich hinwegging und in das Transformatorenhaus einschlug. Ich lief dann noch einige Sprünge zurück und fand Deckung hinter der Danziger Zollbude. Nach diesem Vorfall begab sich der beim Wagen stehende polnische Zollbeamte zum Brückenkopf und fragte dort den Posten, weshalb geschossen wird. Er kam dann zurück, sagte, es sei ein Versehen gewesen und ich möchte doch zwecks Rücksprache zum polnischen Offizier im Brückenkopf kommen. Ich lehnte jedoch ab, mich auf polnisches Gebiet zu begeben.
v. g. u.
Otto Eggert g. w. o. Klär Zollinspektor
Nr. 423
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 5. Juni 1939
Die Zahl der auf Danziger Gebiet tätigen polnischen Zollbeamten ist im Laufe der letzten Zeit erheblich verstärkt worden. Es ist auch, wie bekannt, wiederholt zu Zwischenfällen zwischen der Danziger Bevölkerung und den polnischen Zollbeamten gekommen, die bei ihrer dienstlichen Tätigkeit die ihnen vertragsmäßig zustehenden Aufgaben häufig überschreiten. Der Senat der Freien Stadt Danzig hat daher Veranlassung genommen, mit der abschriftlich anbei überreichten Note vom 3. d. M. die Frage der polnischen Zollinspektoren in Danzig grundsätzlich anzuschneiden und die Polnische Diplomatische Vertretung zu ersuchen, die Tätigkeit der polnischen Zollinspektoren auf die vertragsmäßige Grundlage einer generellen Kontrolle zu beschränken und von Anweisungen der polnischen Zollinspektoren an die Danziger Zollbeamten künftig abzusehen. Gleichzeitig hat der Senat in seiner Note seine Absicht mitgeteilt, nunmehr die bisher vorläufig zurückgestellte Vereidigung der Danziger Zollbeamten auf Grund des neuen Danziger Beamtengesetzes vorzunehmen. Wie erinnerlich, hatte die hiesige Polnische Diplomatische Vertretung gegen das neue Danziger Beamtengesetz gerade auch hinsichtlich der Stellung der Danziger Zollbeamten Einwendungen erhoben, denen der Senat in seiner Note vom 3. Januar d. J. entgegengetreten war.
von Janson [387] Anlage
Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig Danzig, den 3. Juni 1939
Herr Minister! Ich hatte bereits vor Monaten die Ehre, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß die immer mehr anwachsende Zahl der polnischen Zollinspektoren nicht mehr mit der Erfüllung ihrer vertragsmäßigen Aufgaben in Einklang zubringen ist. Nach den neuesten Zugängen sind jetzt weit über 100 polnische Zollinspektoren auf Danziger Gebiet tätig. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes gibt zu häufigen Klagen Anlaß. Die Danziger Bevölkerung wie auch die deutsche Bevölkerung im kleinen Grenzverkehr fühlt sich durch die Art, in der die polnischen Zollbeamten ihren Dienst ausüben und in der sie sich außerdienstlich verhalten, ständig verletzt. Ich hege nicht die Befürchtung, daß es deswegen zu Zwischenfällen von Seiten der Bevölkerung kommen könnte. Noch viel weniger ist die Sicherheit der polnischen Beamten in irgendeiner Form gefährdet. Ich habe dafür Sorge getragen, daß sie ihren Dienst wie bisher völlig gesichert und ungehindert ausüben können. Ich glaube aber, daß man Mittel und Wege suchen muß, um den ständigen Reibungen und Spannungen aus dem Wege zu gehen. Aus allen diesen Gründen halte ich es für notwendig, die Tätigkeit der polnischen Zollinspektoren mit sofortiger Wirkung auf die vertragsmäßige Grundlage einer generellen Kontrolle zu beschranken. Insbesondere muß ich verlangen, daß sie ihre Amtshandlungen auf der Dienststelle selbst, also nicht außerhalb des Dienstgebäudes, erledigen. Ich kann auch nicht mehr zulassen, daß die Danziger Zollbeamten Anweisungen, auch in Form von Anregungen, von den polnischen Zollbeamten entgegennehmen. Ich werden dafür sorgen, daß dienstlich gestellte Fragen dienstlich beantwortet werden. Ich habe den Präsidenten des Landeszollamts der Freien Stadt Danzig beauftragt, seine Beamten entsprechend zu instruieren. Ich beehre mich, Sie, Herr Minister, zu bitten, Ihrer Regierung davon Mitteilung zu machen und dahin zu wirken, daß dem Verlangen der Danziger Regierung entgegengekommen wird. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf unsere Unterredung vom 8. Februar d. J. zurückkommen. Ich hatte Ihnen, Herr Minister, damals erklärt, daß ich Anordnung geben würde, vorläufig von einer Vereidigung der Zollbeamtenschaft abzusehen, und daß ich mich gegebenenfalls vor einer Vereidigung mit Ihnen in Verbindung setzen würde. Ich beehre mich, Ihnen unter Bezugnahme auf die Ausführungen in meinem Schreiben vom 3. Januar d. J. (S. 2 und 3) mitzuteilen, daß ich jetzt der Finanzabteilung des Senats freigestellt habe, die Vereidigung der Zollbeamtenschaft vorzunehmen, wenn sie es für wünschenswert halten sollte. Genehmigen Sie, usw.
Greiser
[388]
Nr. 424
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 9. Juni 1939
Vor kurzem hat sich hier ein Vorfall ereignet, der auf die Tätigkeit der polnischen Zollinspektoren in Danzig ein bezeichnendes Licht wirft. Am Nachmittag des 25. Mai d. J. begaben sich die beiden polnischen Zollinspektoren Kalinowski und Jarostowski aus Tiegenhof auf einem Motorrad zur Fähre bei Nickelswalde, ließen sich mit der Fähre nach Schiewenhorst übersetzen und versuchten, an der dortigen Brückenanlage Feststellungen zu treffen. Sie nahmen durch Abschreitungen Abmessungen vor, stiegen die Steintreppe nach dem Wasser zu herunter, klopften das Fundament der Brücke ab und untersuchten ein eisernes Abflußrohr. Alsdann ließen sie sich wieder mit der Fähre nach Nickelswalde übersetzen, begaben sich zu ihrem dort zurückgelassenen Motorrad und machten sich auf Papier Notizen. Die beiden Danziger Tageszeitungen Der Danziger Vorposten und die Danziger Neueste Nachrichten berichten in ihren Nummern 130 vom 7. d. M. über den Vorfall, den man nur als offensichtliche Spionagetätigkeit der polnischen Zollinspektoren bezeichnen könne, und weisen darauf hin, daß er in deutlichster Weise bestätige, daß der wirkliche Zweck der Tätigkeit der polnischen Zollinspektoren in Danzig auf ganz anderem als auf zolldienstlichem Gebiete liege. Die Zahl der polnischen Zollinspektoren ist im übrigen nach dem Zwischenfall in Kalthof um 31 neue Beamte vermehrt worden.
In Vertretung
von Grolman
Nr. 425
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 12. Juni 1939
In der Angelegenheit der Zollinspektoren hat die hiesige Polnische Diplomatische Vertretung auf die Danziger Note vom 3. d. M., die ich mit dem Vorbericht218 überreicht habe, mit einer Note vom 10. d. M. geantwortet. Die polnische Note weist die Vorwürfe gegen das Verhalten der polnischen Zollinspektoren zurück, bezeichnet die augenblickliche Zahl der in Danzig tätigen polnischen Zollinspektoren noch als unzureichend und erklärt, irgendwelche Beschränkung in den Rechten der polnischen Zollinspektoren nicht zulassen zu können. Zu der Frage der Vereidigung der Danziger Zollbeamten bemerkt die polnische Note, im Falle der Verteidigung müßte die Polnische Regierung eine Verstärkung der Zahl der Zollinspektoren erwägen, da die [389] Danziger Zollbeamten, wie es in der Note wörtlich heißt, "dann eine geringere Gewähr der Respektierung und entsprechenden Anwendung der polnischen Zollvorschriften als bisher bieten werden." Wie mir von Seiten des Senats mitgeteilt wird, beträgt die Zahl der polnischen Zollinspektoren auf Danziger Gebiete zur Zeit insgesamt 106 einschließlich der Vermehrung um 31 Beamte, die nach dem Zwischenfall in Kalthof erfolgt ist und der ein Abgang von lediglich 2 polnischen Beamten gegenübergestanden hatte.
von Janson
Nr. 426
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 12. Juni 1939
In der Nacht vom 9. zum 10. d. M. hat sich erneut ein Zwischenfall mit einem polnischen Zollinspektor ereignet. Der polnische Zollinspektor von Lipinski hat sich unter dem Vorgeben, deutscher Oberleutnant d. R. zu sein, an zwei Danziger SA.-Männer herangemacht und sie über dienstliche Angelegenheiten der SA. auszuhorchen versucht. Er hat alsdann mit ihnen eine Autofahrt unternommen und beabsichtigte sogar, mit ihnen nach Gdingen zu fahren, wobei er den Chauffeur angewiesen hatte, an der Grenze nicht zu halten. Zu der Fahrt nach Gdingen ist es nicht gekommen, da inzwischen von Lipinski den Führer sowie Reichsminister Dr. Goebbels in unerhörter Weise beschimpfte, worauf sich eine tätliche Auseinandersetzung entwickelte, bei der von Lipinski nicht unerheblich verletzt wurde. Wegen dieses Vorfalls und wegen der in dem Vorbericht219 erwähnten Spionagetätigkeit der polnischen Zollinspektoren Kalinowski und Jarostowski an der Fähre in Schiewenhorst hat der Senat der Freien Stadt Danzig am heutigen Tage bei der Polnischen Diplomatischen Vertretung schärfsten Protest eingelegt.
von Janson
Nr. 427
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 23. Juni 1939
Am vergangenen Sonntag, dem 18. d. M., veranstaltete die polnische Berufs- und Arbeitsvereinigung in Danzig einen Ausflug nach Dirschau, an dem etwa 1.600 Personen teilgenommen haben. Die Tatsache, daß die in Danzig wohnhaften Polen nach wie vor die Möglichkeit zu derartigen Ausflügen in das polnische Gebiet haben, steht im bemerkenswerten Gegensatz zu den polnischen Verwaltungsschikanen gegenüber den Volksdeutschen in Polen, denen es bekanntlich kürzlich u. a. verboten worden ist, an dem heute beginnenden großen Weichselland-Sängerfest in Danzig sowie an der internationalen Danziger Ruder-Regatta am 25. d. M. teilzunehmen.
In Vertretung
von Grolman
[390]
Nr. 428
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Telegramm Danzig, den 23. Juni 1939
Danziger Gendarmerie in Liessau erhielt Mitteilung, daß am 22. Juni in Dirschau durch polnischen Offizier Kolonne von je 10 Mann unter Führung namentlich bezeichneter vorbestrafter Personen gebildet worden sei, die in den nächsten Tagen in Zivil nach Danzig mit Gasbomben eindringen sollte. In Dirschau sei für den 22. Juni bis 24. Juni Alarmbereitschaft, angeordnet. Für 23. Juni würden dort 2 Generale aus Warschau erwartet. Auch seien bei Dirschau Flieger eingetroffen.
Grolman
Nr. 429
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Bericht Danzig, den 7. Juli 1939
Nachdem bereits in der letzten Zeit verschiedentlich Lieferungen alter Speisekartoffeln aus Polen nach Danzig nicht mehr ausgeführt worden waren, ist nunmehr in einem Fall ein bereits laufender Transport nicht über die Grenze nach Danzig gelassen worden. Am 6. d. M. wurden zwei Wagen mit 110 Zentnern Kartoffeln, die von einer Danziger Firma im Kreise Karthaus eingekauft waren, an dem polnisch-Danziger Grenzübergang bei Kokoschken festgehalten. Dabei äußerte einer der polnischen Grenzbeamten sich dahin, sie ließen die Kartoffeln nicht durch, da sie ja für die deutschen Soldaten in Danzig bestimmt seien. Auf Veranlassung des Danziger Empfängers setzte sich der Senat daraufhin mit der hiesigen Polnischen Diplomatischen Vertretung in Verbindung, die zunächst auch zusagte, daß der festgehaltene Transport freigegeben werde, etwa 2 Stunden später jedoch mitteilte, aus "bestimmten anderen Gründen" könnte die Freigabe des Transportes nicht erfolgen. Das polnische Verfahren steht im Widerspruch mit den Bestimmungen des Warschauer Abkommens vom 24. Oktober 1921, nach dessen Artikel 215 keinerlei Beschränkungen im Warenverkehr zwischen Polen und Danzig bestehen. Zudem werden auch die besonderen Danzig-polnischen Vereinbarungen über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen verletzt, auf Grund deren sich Polen zur Lieferung bestimmter Mengen nach Danzig verpflichtet hat. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß die polnischen Maßnahmen auf politischen Gründen beruhen.
von Janson
Nr. 430
Der Deutsche Generalkonsul in Thorn an das Auswärtige Amt Bericht Thorn, den 11. Juli 1939
Das diesjährige "Fest des Meeres" fand in der Zeit vom 25. Juni bis 2. Juli d. J. statt. Die See- und Kolonialliga veröffentlichte in der hiesigen Presse einen Aufruf, in dem, ebenso wie in der Eröffnungsansprache des Vorsitzenden [391] der See- und Kolonialliga, des Generals Kwasniewski, die Forderungen nach Verteidigung der polnischen Meeresküste sowie nach Vergrößerung der polnischen Kriegsflotte erhoben werden. Anläßlich der Feiern, die in allen größeren Städten Pommerellens unter starker Anteilnahme der Bevölkerung stattfanden, wurde überdies verschiedentlich die weitergehende Forderung nach ständiger Verbreiterung der polnischen Meeresküste aufgestellt und teilweise von der örtlichen Presse übernommen. Den Höhepunkt der diesjährigen Feier bildete eine Kundgebung in Gdingen am 29. Juni d. J., an der der Stellvertretende Ministerpräsident Kwiatkowski, Handelsminister Roman und der Woiwode von Pommerellen Minister Raczkiewicz teilnahmen. Nach einem Bericht des Deutschen Konsulats in Gdingen wohnten dieser Kundgebung ferner etwa 3.000 Polen aus Danzig bei, die Schilder mit den Aufschriften "Danziger Herz und polnisch Herz ist ein Herz", "Danzig ist polnisch und wird polnisch bleiben" mit sich führten. Der Abgeordnete der polnischen Minderheit im Danziger Volkstag Budzynski wies in einer Ansprache auf die angebliche Verfolgung der polnischen Minderheit in Danzig hin und erklärte, daß die polnische Bevölkerung Danzigs die Vereinigung Danzigs mit dem Mutterlande Polen mit Hilfe der polnischen Armee erreichen werde.
In Vertretung
Graf
Nr. 431
Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig an den Diplomatischen Vertreter der Republik Polen in Danzig Danzig, den 29. Juli 1939
Herr Minister! Sie haben mich mit Ihrem Schreiben vom 19. d. M. davon unterrichtet, daß die Polnische Regierung beschlossen hat, "die von den polnischen Zollinspektoren ausgeübte Kontrolle bei der Firma Amada/Unida in Danzig mit dem 1. August d. J. einzustellen und die von dem Danziger Zollamt für den Veredelungsverkehr ausgestellten Bescheinigungen für Fettsendungen dieser Firma nach Polen nicht anzuerkennen". Wenn die Regierung der Republik Polen von der Kontrollmöglichkeit bei der genannten Firma keinen Gebrauch machen will, so ist das ihre eigene Sache. Sollten dagegen die von dem Danziger Landeszollamt ausgestellten Bescheinigungen vor Ablauf der grundlegenden Abmachung vom 22. Mai 1937 nicht mehr anerkannt werden, so würde dies eine action directe und eine Verletzung der ungekündigten, bis zum 31. Juli 1940 laufenden Abmachung vom 22. Mai 1937 bedeuten. Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, daß ich gegen eine solche Handlungsweise Verwahrung einlegen muß, ebenso wie gegen eine Verquickung dieser rein wirtschaftlichen Angelegenheit mit der Frage der Tätigkeit der polnischen Zollinspektoren. Ich erstrecke diese Verwahrung auf die bei mündlichen Verhandlungen ausgesprochene Verquickung der Angelegenheit der Frage [392] der polnischen Zollinspektoren mit der Einfuhr von Heringen aus eigenen Danziger Fängen nach Polen. Wie in dem Aide-Mémoire des Senats vom 18. d. M. bereits dargelegt wurde, steht dieses Einfuhrverbot nicht im Einklang mit dem Grundsatz eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsgebietes und bedeutet gleichfalls eine action directe. Ich möchte nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß, wenn tatsächlich die von dem Danziger Landeszollamt ausgestellten Bescheinigungen für Fettsendungen der Firma Amada/Unida nach Polen nicht mehr anerkannt würden und wenn das Einfuhrverbot für Heringe aus Danziger eigenen Fängen nach Polen nicht zurückgenommen werden würde, der Senat sich gezwungen sehe, sogleich mit wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen zu antworten. Genehmigen Sie, usw.
Greiser
Nr. 432
Der Diplomatische Vertreter der Republik Polen in Danzig an den Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig (Übersetzung)
Danzig, den 4. August 1939
An den Herrn Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig, Arthur Greiser, Danzig. Ich habe erfahren, daß die lokalen Danziger Zollbehörden an den Grenzstellen zwischen der Freien Stadt Danzig und Ostpreußen sich an die polnischen Zollinspektoren mit der in ihrer Art beispiellosen Erklärung gewandt haben, daß die Danziger Ausführungsorgane beabsichtigen, sich vom 6. August um 7 Uhr ab der Ausübung der Kontrollfunktionen durch einen gewissen Teil der polnischen Inspektoren zu widersetzen, welche Funktionen sich aus den Rechten der Polnischen Regierung an der Zollgrenze ergeben. Ich bin überzeugt, daß dieses Vorgehen der lokalen Organe entweder auf einem Mißverständnis oder auf einer irrigen Auslegung der Instruktion des Senats der Freien Stadt Danzig beruht. Ich zweifle nicht, daß Sie, Herr Präsident des Senats, keine Zweifel darüber hegen, daß eine derartige Antastung der fundamentalen Rechte Polens unter keinem Vorwand von der Polnischen Regierung geduldet wird. Ich erwarte Ihre zusichernde Antwort, daß Sie Anordnungen erlassen haben, die das Vorgehen Ihrer Untergebenen annullieren, spätestens bis zum 5. August um 18 Uhr. Angesichts der Tatsache, daß das erwähnte Vorgehen an einer Reihe von Grenzstellen stattgefunden hat, bin ich gezwungen, Sie, Herr Präsident des Senats, zu warnen, daß alle polnischen Zollinspektoren den Befehl erhalten haben, ihren Dienst in Uniform und mit der Waffe am 6. August d. J. und den nachfolgenden Tagen an allen Grenzpunkten auszuüben, die sie für die Kontrolle als notwendig erachten. Alle Versuche, ihnen die Ausübung des Dienstes zu erschweren, alle Überfälle oder Interventionen der Polizeibehörden wird die Polnische Regierung als einen Gewaltakt gegen die amtlichen Bediensteten des Polnischen Staates während der Ausübung ihres Dienstes betrachten. Falls die obenerwähnten Mißbräuche angewandt werden sollten, [393] wird die Polnische Regierung unverzüglich Vergeltung (Retorsion) gegen die Freie Stadt anwenden, für die die Verantwortung ausschließlich auf den Senat der Freien Stadt fällt. Ich hoffe, bis zu der erwähnten Zeit eine zufriedenstellende Aufklärung zu erhalten.
Chodacki
Nr. 433
Der Diplomatische Vertreter der Republik Polen in Danzig an den Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig (Übersetzung)
Danzig, den 4. August 1939 Herr Präsident des Senats! Die Polnische Regierung gibt ihrer Verwunderung Ausdruck, daß der Senat bei der Beantwortung einer so einfachen Angelegenheit technische Schwierigkeiten hat. Im Interesse der Vermeidung drohender Folgen nehme ich einstweilen zur Kenntnis, daß keine Gewaltakte gegen unsere Zollinspektoren erfolgen werden und daß sie ihre Funktionen werden normal ausüben können. Ich bestätige jedoch, daß die in meiner Note vom 4. 8. - 23.40 Uhr - enthaltenen Warnungen in Kraft bleiben. Genehmigen Sie, usw.
Chodacki
Nr. 434
Der Präsident des Senats der Freien Stadt Danzig an den Diplomatischen Vertreter der Republik Polen in Danzig Danzig, den 7. August 1939
Herr Minister, Auf Ihre beiden Schreiben, datiert vom 4. d. M., von denen das zweite am 5. August zugestellt wurde, muß ich Ihnen mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, daß Sie ein völlig unkontrolliertes Gerücht zum Anlaß nehmen, der Danziger Regierung ein kurzfristiges Ultimatum der Polnischen Regierung zu übersenden und damit in dieser politisch bewegten Zeit grundlos Gefahren heraufbeschwören, deren Auswirkung unübersehbares Unheil anrichten kann. Die plötzliche Anordnung der Polnischen Regierung, daß alle polnischen Zollinspektoren ihren Dienst in Uniform und mit Waffe auszuüben haben, verstößt gegen die vertragliche Abmachung und kann nur als eine beabsichtigte Provokation aufgefaßt werden, um Zwischenfälle und Gewaltakte bedenklicher Art herbeizuführen. Nach den von mir inzwischen getroffenen Feststellungen, von denen ich Ihnen sogleich am Sonnabend, dem 5. d. M. vormittags, telephonisch Mitteilung machte, ist von keiner Stelle, insbesondere von keiner Dienststelle des Landeszollamts der Freien Stadt Danzig, eine Anordnung des Inhalts gegeben worden, daß die Danziger Ausführungsorgane sich vom 6. August, 7 Uhr früh ab, der Ausübung der Kontrollfunktionen durch einen gewissen Teil der polnischen Zollinspektoren zu widersetzen haben. Ich verweise außerdem auf mein [394] Schreiben vom 3. Juni d. J.,220 in dem ich bereits das Verhältnis der Danziger Zollbeamtenschaft zu den polnischen Zollinspektoren an der Grenze genau präjudizierte. Die Danziger Regierung protestiert mit aller Entschiedenheit gegen die von der Polnischen Regierung angedrohten Retorsionen, die sie als völlig unzulässige Drohung ansieht und deren Folgen allein auf die Polnische Regierung zurückfallen. Genehmigen Sie, usw.
Greiser
Nr. 435
Aufzeichnung eines Beamten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts Berlin, den 23. August 1939
Vizekonsul von Grolman, Deutsches Generalkonsulat Danzig, teilte soeben fernmündlich folgendes mit: Gegen 14.25 Uhr ist die fahrplanmäßige Verkehrsmaschine Berlin-Danzig-Königsberg in der Nähe von Heisternest, auf der Halbinsel Hela, von polnischer Seite scharf beschossen worden. Die Maschine befand sich etwa sechs Seemeilen von der Küste entfernt und flog in einer Höhe von etwa 50 m. Die Schüsse lagen etwa je 50 m seitlich der Maschine sowie vor dem Flugzeug. Nur durch Zufall wurde das Flugzeug nicht getroffen. (Weisungsgemäß fliegen die deutschen Verkehrsmaschinen seit gestern abend nicht mehr durch die vorgeschriebenen Zonen über den polnischen Korridor, sondern müssen den Umweg über die Ostsee machen.)
Bergmann
Nr. 436
Aufzeichnung eines Beamten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts Berlin, den 24. August 1939
Außer der bereits gestern gemeldeten221 Beschießung des Lufthansa-Flugzeugs D-APUP vor Hela sind bei der Deutschen Lufthansa noch zwei weitere Meldungen über Beschießung von Flugzeugen eingegangen: 1. Das Flugzeug D-APUP, Typ Savoia, Flugzeugführer Böhner, ist auf dem Flug von Danzig nach Berlin um 13.15 Uhr von Hela aus und auch von einem 40 km von der Küste liegenden polnischen Kreuzer durch Flak beschossen worden. Die Entfernung des Flugzeuges von der Halbinsel Hela betrug 15 bis 20 km, die Flughöhe 1.500 m. Sprengwolken von 8 Schüssen wurden in größerer Entfernung von der Maschine beobachtet. [395] 2. Das Flugzeug D-AMYO, Typ Ju 86, Flugzeugführer Neumann, wurde auf dem Flug von Danzig nach Berlin um 16 Uhr von der Halbinsel Hela aus beschossen. Entfernung von der Küste 5 bis 6 Seemeilen, Flughöhe 1.200 m. Die Schüsse lagen zu kurz und zu tief.
Schultz-Sponholz
Nr. 437
Der Deutsche Generalkonsul in Danzig an das Auswärtige Amt Telephonische Mitteilung vom 31. August 1939 0.40 Uhr Am 30. August 1939 etwa gegen 22.30 Uhr wurden an der Danziger Grenze bei Steinfließ nördlich Zoppot von polnischer Seite aus eine Anzahl Schüsse gegen Danziger Gebiet abgegeben.
Ob diese Schüsse Personen- oder Sachschaden angerichtet haben, konnte
bisher nicht festgestellt werden. Nähere Mitteilung erfolgt heute
vormittag. Anhang
Das Oberkommando der Wehrmacht an das Auswärtige Amt Berlin, den 3. November 1939
Die nach Abschluß der militärischen Operationen in Danzig eingeleitete Untersuchung über den militärischen Zustand der Westerplatte und der ehemals polnischen Gebäude in Danzig hat zu folgendem Ergebnis geführt: 1. Die polnische Besatzung der Westerplatte betrug rund 240 Mann.222 An Befestigungsanlagen223 befanden sich auf der Westerplatte außer einem alten deutschen offenen Stand aus dem Jahre 1911, in dem 3 oder 4 Maschinengewehre mit mindestens 10.000 Schuß Munition vorgefunden wurden, 5 Maschinengewehr-Beton-Bunker, die offensichtlich von den Polen von langer Hand vorbereitet und nach einem wohldurchdachten System der gegenseitigen Flankierung errichtet worden waren. Außerdem war die neue Kaserne zur Rundum-Verteidigung eingerichtet und ihr Untergeschoß ebenso wie das Kellergeschoß des sogenannten Unteroffizier-Hauses betoniert ausgebaut und zur Verteidigung hergerichtet. Schließlich wurden u. a. vorgefunden: eine 7,5 cm-Kanone und 2 Panzerabwehr-Kanonen sowie eine Reihe von feldmäßig ausgebauten Maschinengewehr-Nestern, Palisaden und Schützenlöchern in feldmäßigem Ausbau.
[396] 2. An polnischen Stützpunkten befanden
sich innerhalb Danzigs:
2. Hauptbahnhof und polnische Bahnpost, 3. Polnische Eisenbahndirektion, 4. Polnische Diplomatische Vertretung, Neugarten, 5. Polnische Zollinspektion, Opitzstr., 6. Polnisches Pfadfinderheim, Jahnstr., 7. Polnischer Wohnblock, Neufahrwasser, Hindoriusstr., 8. Polnisches Studentenheim Langfuhr, 9. Polnisches Gymnasium.
2. im Hauptbahnhof: 1 leichtes Maschinengewehr und kleine Waffen, 3. in der Bahnpost: 1 Maschinengewehr, 18 Pistolen, 4 Gewehre mit Munition, 2 Kisten Handgranaten, 4. in der polnischen Eisenbahndirektion: 45 Pistolen, 2.600 Schuß Munition, 5. in der Polnischen Diplomatischen Vertretung, Neugarten: 1 leichtes Maschinengewehr, 5 Gewehre, 4 Pistolen und Munition, 6. in der polnischen Zollinspektion, Opitzstr.: 15 Gewehre und 1.000 Schuß Munition, 7. in dem polnischen Pfadfinderheim: 1 Maschinengewehr mit Munition und 20 Gummiknüppel.
Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
Im Auftrage Bürkner
215Über die militärischen Vorbereitungen Polens auf der Westerplatte vgl. den Anhang zu diesem Abschnitt S. 395. ...zurück... 216Diese Noten behandelten den Zwischenfall in Kalthof. ...zurück... 217In dieser Note hatte die Polnische Regierung festgestellt, daß sie keinerlei Einschränkung der polnischen Zollrechte durch "vollendete Tatsachen" dulden werde, und weiter eine Untersuchung des "Überfalls", Entschädigung der polnischen Zollinspektoren in Kalthof sowie eine "klare und bindende Erklärung" des Senats hinsichtlich der Sicherheitsgarantien verlangt, die dem "polnischen Volksteil" und den polnischen Beamten in Danzig zu gewähren seien. ...zurück... 218Vgl. Nr. 423 und Anlage. ...zurück... 219Vgl. Nr. 424. ...zurück... 220Vgl. Nr. 423, Anlage. ...zurück... 221Vgl. Nr. 435. ...zurück... 222Nach dem Beschluß des Völkerbundsrates vom 9. Dezember 1925 stand Polen das Recht zu, auf der Westerplatte eine militärische Wachabteilung von 2 Offizieren, 20 Unteroffizieren und 66 Mann zu unterhalten (vgl. Nr. 22). ...zurück...
223Durch den Beschluß des
Völkerbundsrates vom 14. März 1924, auf den in § 2 des
Provisorischen Abkommens zwischen Danzig und Polen betreffend die
Westerplatte vom 4. August 1928 Bezug genommen ist, wurde die Westerplatte
der Polnischen Regierung ausschließlich als Lagerplatz für
Kriegsmaterial zur Verfügung gestellt. Im übrigen blieb die
Souveränität Danzigs über das Gebiet unberührt, was
auch von der Polnischen Regierung anerkannt worden war (vgl. das dem
Völkerbundsrat am 8. Dezember 1927 vom Ratsberichterstatter vorgelegte
Rechtsgutachten der Juristen Sir Cecil Hurst und Pilotti; Société des Nations.
Journal Officiel 1928 p. 161/162. ...zurück...
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