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[337-338]
XV. Absichtliche Beschießung von Hospitälern.

("Rapport", Uebersicht 23.)

Den Gipfel der Heuchelei erklimmt der "Rapport" in den Uebersichten XV, XVI und XVII, in denen den Mittelmächten Nichtachtung und Mißbrauch des Roten Kreuzes vorgeworfen wird.

Sollte es der Kommission, die seinerzeit den "Rapport" aufstellte und die die Anklagen formulierte, denn wirklich unbekannt sein, daß gerade ihre eigenen Truppen mit geradezu zynischer Brutalität die Genfer Flagge für ihre eigenen Kampfzwecke fortgesetzt mißbrauchten?

Gerade aus diesen Anklagen wird es lichtklar, wie sehr die Entente bemüht ist, die ihr wohlbewußte eigene Schuld auf ihre Gegner abzuwälzen.

Ob die uns vorgeworfenen Vergehen den Tatsachen entsprechen, ob die im "Rapport" gemachten Angaben mit den während des Krieges ausgestreuten Nachrichten übereinstimmen, ist der Entente vollständig gleichgültig. Das zeigt so recht der in Abschnitt A 1 angeführte Fall von Etaples vom 31. 5. und 1. 6. 18. Hier rührt England an ein häßliches Kapitel eigener Schuld und glaubt, die wahren Ereignisse für den urteilslosen Leser durch unerhörte Entstellung und Verdrehung verdunkeln zu können. Jeder erinnert sich an das Entrüstungsgeschrei in London und Paris über den deutschen Luftangriff auf "Lazarette" bei Etaples im Mai 1918. Dieser Angriff fand am 19. 5. und nicht, wie der "Rapport" angibt, am 31. 5. statt. Er richtete sich auch nicht gegen ein Lazarett, sondern ein Truppenlager, das keinerlei Rotekreuzzeichen besaß. Nachträglich brachten die Engländer an einem Teil des Lagers rote Kreuze an. Das ist durch Lichtbilder, die von deutschen Flugzeugen aus aufgenommen wurden, festgestellt worden, und das neutrale Ausland nahm seinerzeit von dieser Feststellung mit besonderem Interesse Kenntnis.

Indem er den Angriff am 19. 5. einfach verschweigt, glaubt der "Rapport" die Erinnerung an diese peinliche Enthüllung englischer Verlogenheit töten zu können, er versucht die späteren deutschen Luftangriffe auf Etaples um so mehr als bewußte Verletzungen der nunmehr ja von den Deutschen festgestellten neuangebrachten Rotenkreuzzeichen hinzustellen. Die Verfasser ahnten nicht, daß die deutsche Heeresleitung sich im Besitz der Aussage eines am 24. 6. 18 bei Locon gefangenen englischen Soldaten der 3. Division befand, die besagte, daß die englischen Lager von Etaples Raum zur Unterbringung von 500 000 Soldaten boten, eine Bestätigung der Tatsache, die der Heeresleitung aus ihren Fliegeraufnahmen längst bekannt war. Gegen dieses [339-340] gewaltige, stark belegte englische Truppenlager mußten die deutschen Luftstreitkräfte nach Recht und Pflicht zahlreiche und starke Angriffe richten. Aufgabe der englischen Heeresleitung wäre es gewesen, das erst nach dem ersten deutschen Luftangriff als solches gekennzeichnete Lazarett sofort aus dem Truppenlager zu entfernen oder zumindest in einem abgelegeneren Teil des Lagers unterzubringen.

Daß sie das nicht tat, beweist die Absicht, das riesenhafte Lager rechtswidrig durch die Anlage von Lazaretten vor den deutschen Luftangriffen zu schützen, wie es so häufig auch bei den Munitionsdepots geschah, oder die unvermeidlichen kriegsnotwendigen und rechtlich unanfechtbaren Angriffe unter Preisgabe kostbarer Menschenleben für ihre Lügenhetze auszunützen.

Zu diesem schweren Vergehen der englischen Heeresleitung kommt noch die ungeheure Schuld, Verwundete und Pflegepersonal in einem entgegen den Genfer Abmachungen nicht gekennzeichneten Lazarett leichtfertig den kriegsrechtlich durchaus zulässigen deutschen Luftangriffen ausgesetzt zu haben.

Heute aber versucht die englische Heeresleitung in ihrem Bericht durch Unterschlagung des ersten deutschen Angriffs den ganzen Hergang zu verdunkeln und ihre eigenen Verfehlungen Deutschland in die Schuhe zu schieben.

Man vergleiche mit diesen Vorwürfen die Angaben in Abschnitt A 3. Allein 40 Luftangriffe auf deutsche Lazarette werden den Verbündeten nachgewiesen. Dabei waren alle unsere Lazarette peinlich genau gekennzeichnet, teilweise mit 20 m großen roten Kreuzen auf weißem Grunde. Man ziehe ferner das allgemeine Verhalten der verbündeten Truppen dem Genfer Abzeichen gegenüber zum Vergleich heran, besonders das Verhalten der Franzosen im Kriege 70/71. Dann wird man schließlich verstehen können, wie sehr es die deutschen Truppen erbittern mußte, das Genfer Abzeichen, dieses Sinnbild der Nächstenliebe, in dieser Weise völlig mißachtet zu sehen.

Bei dieser Sachlage aber dem deutschen Heere noch Vorwürfe zu machen, nach deutschen Schuldigen zu fahnden und ihnen den Prozeß machen zu wollen, ist wahrhaftig der Gipfel der Heuchelei.

[341-342]
Anlage zu XV

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

31. 5. / 1. 6. 18 Etaples. Deutsche Flieger:
      Die Zone der Hospitäler zu Etaples wurde 1 Stunde lang durch 12 Flugapparate angegriffen. 140 Bomben wurden geworfen. Magnesiumlichter wurden über dem Hospital abgeworfen, dann Bomben geworfen. Die Kreuze mußten aus der Höhe, in der sich der Feind befand, erkannt werden (5000 Fuß).
      Verluste: In der Zone der Hospitäler – 27 Tote, 79 Verwundete.

13. 3. 16 Schwarzes Meer. Feindliches Unterseeboot.
      Der "Portugal", der die vorgeschriebenen Abzeichen trug, wurde am hellichten Tag ohne Warnung versenkt.

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1901 Südafrika. England:
      Berichte des Generals J. H. Delarey an den Staatspräsidenten der Südafrikanischen Republik, Krüger: "Unsere Verwundeten haben es sehr schwer. Ich hatte verschieden Feldhospitäler eingerichtet, aber in den meisten Fällen wurden sie durch den Feind nicht geachtet, der vielmehr die Verwundeten wegführte, alles verbrannte und sogar alle Medikamente und Verbandstoffe wegnahm. So wie es jetzt ist, müssen alle Verwundeten, so bitter es auch ist, flüchten, sobald der Feind sich nähert. Ich habe um Medikamente gebeten und Bezahlung dafür angeboten, und doch hat man mir bisher noch jedesmal meine Bitte abgeschlagen."

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

Ueber 40 amtlich bestätigte Fliegerangriffe auf Lazarette liegen vor, z. B.
      8. 7. 18 Lazarett Froyennes 8 Tote,18 Verwundete,
      22. 7. 18 Lazarett Mont Notre Dame 70 Verwundete
      27. 2. 17 Kriegslazarett Bozen, 8 Tote.

30. 9. 17 Französische Flieger:
      Ein französischer Fliegerangriff auf das bayerische Feldlazarett 33 hatte als Ergebnis 15 Tote und 6 Verwundete.

19. 10. 1914 bei Ypern. Englische Flieger:
      Am 19. Oktober 1914 wurde bei Ypern ein deutsches Lazarett mit Fliegerbeobachtung beschossen.

25. 10. 14 Hollebusch. Englische Truppen:
      Eidliche Aussagen von Angehörigen der Res.-San.-Komp. 53 bestätigen, daß das Lazarett, trotzdem es durch ein auf der Erde liegendes weißes Tuch mit Genfer Kreuz und durch eine wehende Genfer Flagge gekennzeichnet war, durch Artillerie, die durch einen englischen Aufklärungsflieger unterstützt wurde, etwa eine Woche lang mit täglich 50 Schrapnells beschossen wurde.

18. 8. 1916 Sebenico. Feindliches U-Boot:
      Das österreichische Hospitalschiff "Elektra" wurde 9 Uhr 40 vorm. unweit Sebenico bei klarem Wetter durch ein feindliches Unterseeboot zweimal torpediert. Der Name des Schiffes war den feindlichen Mächten notifiziert, das Schiff mit den vorgeschriebenen Abzeichen versehen. Ein Matrose ertrank, eine Krankenpflegerin wurde getötet, 2 Krankenschwestern wurden schwer verwundet. (Weitere Beispiele siehe
Uebersicht XVI.)

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Nach dem Waffenstillstand gab es keine Gelegenheit mehr, auf Lazarettschiffe zu schießen.

[343-344]
B 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

Italienische Front. Oesterreichische Truppen:
      Zahlreiche Beispiele von Beschießungen von Hospitälern, Krankenwagen usw., die die vorgeschriebenen Abzeichen trugen.

B 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

19. 9. 18 Petit Bicêtre. Französische Truppen:
      Das Lazarett in Petit Bicêtre wurde unter Granatfeuer genommen.

7. 10. 70 Bellevue. Französische Truppen:
      Das 3. San.-Detach. des I. A.-K. wird auf dem Verbandsplatz von Artillerie beschossen. Das Feuer war auf die rote Laterne gerichtet.

1. 9. 1870 Metz, Bois de la Failly. Französische Truppen:
      Der Verbandsplatz wird unter Artilleriefeuer genommen.

B 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

12. 9. 14 Chalons. Französische Truppen:
      Am 12. 9. 14 drangen französische Kolonialtruppen in ein Lazarett in Chalons und schossen zwischen die Verwundeten. 2 Tote und mehrere erneut Verwundete.

Zu verschiedenen Zeiten. Front. Französische und englische Truppen:
      Das Rote Kreuz auf den Sanitäts-Unterständen wurde von den Franzosen und Engländern fast nie geachtet. Bei Sturmangriffen wurden die Unterstände, die als Sanitätsräume durch das Genfer Abzeichen deutlich kenntlich gemacht waren, beschossen. Auch wurden Handgranaten in sie hineingeworfen. Auf diese Weise sind ungezählte Verwundete und zahlreiche Sanitätsmannschaften ums Leben gekommen oder verwundet worden. (Vgl.
Uebersicht XVII, Abschnitt B 3.)

B 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Nach dem Waffenstillstand gab es keine Gelegenheit mehr, auf Lazarette zu schießen.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel