Siege des
Reichsfeldmarschalls
In Spanien war Karl II. gestorben. Sowohl der Kaiser in Wien als auch
Ludwig XIV. erhoben auf Grund ihrer Heirat mit spanischen Prinzessinnen
Anspruch auf den spanischen Habsburgerthron. Zu diesen Bewerbern hatte sich
außerdem noch das Haus Wittelsbach gestellt, das durch des Kurfürsten
Max Emanuels Heirat mit der habsburgischen Prinzessin Maria
Antonia für deren Sohn ebenfalls ein Anrecht auf die spanische Thronfolge
geltend machte. Diese Forderung Wittelsbachs war von den Seemächten
England und Holland, die weder Österreich [75] noch Frankreich den
Besitz der überseeischen spanischen Ländereien gönnen
wollen, tatkräftig unterstützt worden. Da war der kleine bayrische
Erbe plötzlich gestorben. Nun begann ein gewaltiger diplomatischer
Machtkampf. Aber erst bei Eröffnung des Testamentes Karls II.
wurde der kaiserlichen Regierung bekannt, daß es Ludwig XIV., der
noch zu Lebzeiten Karls II. ausdrücklich auf das spanische Erbe
zugunsten der spanischen Gemahlin Leopolds I. verzichtet hatte, gelungen
war, mit Hilfe des Kardinals Porto-Carrero von Toledo ebenfalls noch zu
Lebzeiten des spanischen Herrschers diesen zur Zugestehung der Erbfolge an
einen Enkel des Sonnenkönigs zu bestimmen. Als nun der Papst und
Portugal als erste diesen Betrug des französischen Königs
anerkannten, bedeutete die nun geschaffene Lage für Habsburg den
Krieg.
Es war Prinz Eugen,
der den alternden Kaiser in erster Linie zur Anrufung der
Entscheidung der Waffen brachte. So, wie er in allen seinen Auffassungen stets
ein unerbittlicher Verfechter aller Sachlagen war, die er einmal als zu Recht
bestehend erkannt hatte, so trat er auch hier für die ungeschmälerte
Wahrung des vom deutschen Kaiser dargestellten Machtanspruches der
habsburgischen Krone ein. Daß er damit das Reich selber zum blutigen
Waffengang gegen Frankreich zwang, war nicht der Kompromißlosigkeit
seiner Auffassungen zuzuschreiben, sondern lag in der unglücklichen
Verkoppelung der Hausmacht- und Reichsinteressen der Krone. Was aber
dennoch die Haltung Prinz Eugens und sein sich daraus ergebendes Handeln im
zielbewußten Drauflosgehen auf die Eröffnung der Feindseligkeiten
zu einem unbedingten Erfordernis im Reichsinteresse erhob, war die klare
Erkenntnis des Prinzen, daß es früher oder später für das
Reich zur endgültigen Abrechnung mit Frankreich kommen mußte.
Niemand anderes als deutsche Reichsfürsten selber hatten dem Prinzen den
Anlaß zur rücksichtslosesten Betreibung dieser Entscheidung
gegeben. Kurfürst
Max Emanuel von Bayern war der Sache des Reiches
untreu geworden und hatte sich gegen das Versprechen der erblichen
Statthalterschaft in den spanischen Niederlanden, der Abtrennung der Rheinpfalz,
französischer Unterstützung bei der nächsten Kaiserwahl und
der Zusicherung des Königstitels durch Frankreich von Ludwig XIV.
gewinnen lassen. Schmählich öffnete er die belgischen Festungen
den Franzosen, und während sein Bruder Joseph Clemens, der dem Kaiser
den Kardinalshut von Köln und die Kurwürde dankte, ebenfalls alle
festen kölnischen Plätze den Franzosen überließ, eilte
Max Emanuel nach neunjähriger Abwesenheit nach München und
versuchte von dort aus, auch die übrigen deutschen Fürsten gegen
den Kaiser zu hetzen. So gelang es ihm, auch den Herzog von Wolfenbüttel
zum Verbündeten zu [76] gewinnen, der mit
französischem Gelde eine Armee von 12 000 Mann gegen den
Kaiser mitten in Deutschland aufstellte. Da sich zu diesen, ihre Pflichten
gegenüber dem Reich vergessenden Fürsten noch Savoyen, Mantua,
Neapel und Sizilien gesellten, gab es für den Kaiser nur die einzige
Möglichkeit, den Rat Prinz Eugens zu befolgen, der hieß:
"Marschieren wir erst, dann werden wir schon Verbündete finden!"
Der erste dieser Verbündeten, den die Haltung des durch Prinz Eugen
verkörperten Österreich für die Sache des Kaisers eintreten
ließ, war der zum König von Preußen erhobene,
brandenburgische Kurfürst Friedrich. Er war bereit, dem Kaiser
10 000 Mann zur Hilfe zu senden, und so waren es
brandenburgisch-preußische Soldaten, die sich mit den
österreichischen Truppen als erste in die Front der Reichsverteidigung jenes
ersten Weltkrieges nach dem dreißigjährigen Vernichtungskampf
stellten.
Es entsprach völlig der Eugenschen Art, daß er schlagartig handelte.
Schon hatten sich französische Korps über Savoyen ins spanische
Mailand und bis nach Verona geschoben. Auch in Ungarn begann es, von
französischen Geldern geschürt, unter der Führung eines
neuen Rakoczy wieder zu brodeln. Doch Eugen beschloß, dieses Mal jede
Verzettelung von Kräften hinzuhalten, und verwendete erst seine ganze
Kraft, um die rechte Hand des französischen Gegners, Oberitalien,
kampfunfähig zu machen. Während der bedächtig gewordene
Markgraf Ludwig von Baden den Oberbefehl über die
österreichischen Truppen in Deutschland übernahm, eilte Eugen auf
dem schnellsten Wege nach Süden. Alle Hindernisse an wieder einmal
fehlenden Geldern, der Weigerung der Bischöfe von Salzburg, Brixen und
Trient, die Truppen durchmarschieren zulassen, wo es sein mußte auch mit
Rücksichtslosigkeit und Gewalt überwindend, kam er im Mai 1701
in Südtirol an.
Dort waren es alte bewährte Generale, die seiner mit einem Heer von
30 000 Mann harrten. Guido von Starhemberg, Vaudemont und vor allem
der Artilleriegeneral Börner, von dessen Verdienste um die
österreichische Artillerie Eugen gesagt hatte, "daß es keine
schönere und reputiertere in der Welt gab", waren in der Gegend von
Rovereto versammelt. Es war allerdings das Tollkühnste, was Eugen seit
Hannibals Tagen begann. Statt den Gegner, wie dieser erwartet hatte, in der
Berner Klause anzupacken, vollführte Eugen seinen berühmt
gewordenen Alpenübergang auf Vicenza. In 10 Tagen wurde das ganze
Heer mit all dem schwerfälligen Geschütz und Train jener Zeit, mit
Reitern, Saumtieren und Fußmannschaften über das unwegsame
Gebirge gebracht. Mit Hilfe der Tiroler Bevölkerung, die erst die Wege
bahnte und Übergänge aus dem Fels und durch Geröllhalden
schlug, schob sich das Heer von Paß zu Paß und von Tal zu Tal. Jedes
Pferd mußte [77] von den Reitern
vorsichtig geführt werden, die Geschütze und Wagen wurden zerlegt
und mit Stricken über die Hänge gezogen, und wo es den das
Hochgebirge ungewohnten Soldaten an sicherem Fortkommen gebrach, wurde
Mann um Mann von den berggewohnten Tirolern weitergeholfen.
Plötzlich stand Eugen im Rücken seines alten Gegners Catinat. Und
weil er seine Absichten auch weiter geschickt zu verbergen verstand, warf er sich
schlagartig auf den Gegner, der, unsicher geworden, seine Truppen geteilt hatte
und bereitete ihm kurz hintereinander bei Castagnara und Carpi zwei schwere
Niederlagen. Als dann Herzog Amadeus von Savoyen den Oberbefehl über
das französisch-piemontesische Heer übernahm, wurde auch dieser
in weiteren Gefechten geschlagen, und so konnte Eugen schon Ende Juli dem
Kaiser melden, daß er statt in Südtirol an der Etsch, an der Grenze
des mailändischen Gebietes am Oglio stand.
Da schickte Ludwig XIV. den Marschall Villeroi nach Italien.
Großsprecherisch vermaß er sich, er wolle die Österreicher in
Tirols Berge jagen. Verstärkt durch 32 Bataillone, die er dem nun unter
seinem Oberbefehl verbleibenden Catinat zugeführt hatte, griff er Eugen
bei Chiari an. Auch dieser Tag endete mit einer französischen Niederlage.
Rasch gingen die Österreicher erneut zum Angriff über und nahmen
Caneto, Morcario und Guastalla. Jetzt zeigte es sich, wie recht Prinz Eugen mit
seinem Wort vom "Marschieren, dann werden wir schon Verbündete
finden!" gehabt hatte. Auf einmal ließen die Seemächte ihre
abwartende Haltung fallen, der Vertrag der Großen Allianz von Haag kam
zustande, und nun traten England und Holland auf die Seite des Kaisers und
erkannten dessen zweiten Sohn Karl als Erben der spanischen Krone an. Kein
anderer als Prinz Eugen und seine Soldaten hatten diesen Umschwung der
europäischen Lage zustande gebracht. Während sie nun im stolzen
Bewußtsein des Sieges in die Winterquartiere marschierten, sandte der
rastlose Eugen schon wieder Kurier um Kurier nach Wien, um dort die
notwendigen Vorbereitungen für den Frühjahrsfeldzug zu betreiben.
Der nun sich entwickelnde Krieg in Deutschland, Italien, Spanien, den
Niederlanden, auf den Meeren und in den Kolonien sollte das kaiserliche Heer
gestärkt und gerüstet finden.
Doch Eugens Vorstellungen fanden wohl Widerhall, aber es fehlte wieder einmal
an Mitteln. Ehe jedoch Eugen nach Wien reisen sollte, zwang ihn sein ewig auf
Unternehmungen erpichter Geist, den Gegner auch aus der Ruhe seiner
Winterquartiere aufzurütteln. Noch in den ersten Februartagen des Jahres
1702 erschien er überraschend vor Cremona, brachte mit Hilfe der
Bewohner 400 Mann Guido Starhembergs vom Regiment Gschwind durch einen
Wasserkanal in die Stadt und [78] überrumpelte so
Villeroi. Als es dann noch einer anderen Abteilung von Starhembergs Truppen
gelang, durch die Porta Margherita in die Stadt einzudringen, wurde in der
entstehenden Verwirrung der französische Marschall gefangen. Da
verzögerte sich unglücklicherweise der Anmarsch der ebenfalls zum
Überfall auf die Festung bestimmten Truppen des Prinzen Vaudemont
durch die grundlosen Wege. Französische Truppen, die in den ersten
Morgenstunden den Ausmarsch zu einer Übung angetreten hatten, leisteten
überraschenden Widerstand, und so wurden die eingedrungenen Truppen
gezwungen, wieder kämpfend die Stadt zu verlassen. Aber sie
führten 300 Gefangene, 500 Pferde und zahlreiche Trophäen mit.
Unter den mitgeschleppten Gefangenen befand sich auch der französische
Marschall.
Dieser überraschende Streich gewann Eugen die Sympathien des ganzen
Landes. Wo sich von jetzt ab die kaiserlichen Truppen zeigten, wurden sie von der
Bevölkerung mit Freuden empfangen. Hatte sich doch Villeroi durch sein
hochfahrendes Wesen und durch die Überheblichkeit seiner Truppen
überall verhaßt gemacht. Erst als Ludwig XIV. den
kriegserfahrenen und auch leutseligen Vendome nach Oberitalien sandte,
änderte sich das Verhalten der Bevölkerung gegenüber den
Franzosen. Auch Eugen machte dieser alte Haudegen jetzt ernstlich zu schaffen.
Während es den kaiserlichen Truppen immer mehr an den notwendigsten
Dingen zu mangeln begann, zog der Franzose immer größere
Verstärkungen heran, so daß schließlich 80 000
Franzosen nur 28 000 Österreichern gegenüberstanden.
Dennoch stellte sich Eugen am 15. August 1702 Vendome bei Luzzara und schlug
trotz seiner zahlenmäßigen Unterlegenheit eine derart blutige
Schlacht, daß die Franzosen den Kampf abbrachen und Eugen das
Schlachtfeld überließen. Zum großen Schmerze Eugens fand
sein Jugendgespiele und Waffengefährte Prinz Vaudemont an diesem Tage
den Heldentod. Doch der sich jetzt immer stärker bemerkbar machende
Mangel an Verstärkungen und Kriegsmaterial zwang Eugen, für den
weiteren Verlauf dieses Feldzuges seine Kräfte äußerst zu
schonen. Er verlegte sich darauf, den Gegner nach Möglichkeit durch
kühne Streifzüge in Unruhe zu halten, und als es gar einer Abteilung
Husaren unter dem Reiterobristen Deak gelang, noch im Oktober durch den Feind
durchzubrechen und in Mailand einzureiten, vermochte er dadurch anzuzeigen,
daß er immer noch das Gesetz des Handelns in der Hand behalten hatte.
Da schied nach dem bereits im Jahre 1701 erfolgten Tode Rüdiger von
Starhembergs dessen Nachfolger als Hofkriegsratspräsident, der
Fürst Mansfeld-Fondi, aus dem Amte. Letzterer hatte sich, sehr zum
Unwillen Eugens, gegenüber allen Vorstellungen des Prinzen zur [79] Heranschaffung von
Verstärkungen und Kampfmitteln passiv verhalten. War doch die
Ausrüstung der Truppen trotz Eugens unendlichem Eifer, sie im Stand zu
halten, in der letzten Zeit derartig im argen, daß er darüber hinaus
noch berichtet hatte, "die alte Mannschaft zu Fuß und zu Pferd völlig
dismundiert, ohne Stiefel und Schuhe nackend und bloß". Nur diesen
unablässigen und energischen Vorstellungen war es zu danken, daß
man sich in Wien endlich für einen neuen Hofkriegsratspräsidenten
entschied.
Eugen reiste nach Wien und wurde tatsächlich zum Präsidenten des
Hofkriegsrates ernannt. Sofort schritt er an die Durchführung der unter
seinem Einfluß noch von Rüdiger von Starhemberg bereits
angestrebten Reformen, und während Guido von Starhemberg das Heer in
Italien weiterführte, setzte Eugen alle seine Kräfte daran, auch in die
gesamte Kriegführung einen neuen tatkräftigen Zug zu bringen.
Dies tat vor allem auf dem deutschen Kriegsschauplatz und in dem wieder
aufsässig gewordenen Ungarn not. Kurfürst
Max Emanuel war in
Bayern siegreich vorgedrungen und hatte den kaiserlichen General Schlick
geschlagen. Unaufgehalten zog er gegen Tirol heran und versuchte sich
über den Brenner und über den Reschenpaß einen Weg nach
Südtirol zu bahnen. Er hatte die Absicht, sich mit Vendome, dem
Starhemberg wegen seiner schwachen Kräfte nur hinhaltend
gegenübertreten durfte, zu vereinigen und so Österreich von seinen
Vorlanden abzuschneiden. Da geboten ihm aber die Tiroler Bayern unter Martin
Sterzinger am Brenner und an der Pontlatzer Brücke Halt. Der
Kurfürst wurde derart verlustreich geschlagen, daß er sich mit dem
Rest seiner Truppen Hals über Kopf aus Tirol flüchten mußte
und erst durch die Vereinigung mit Villars, die übrigens vom Markgrafen
Ludwig von Baden nicht gehindert wurde, Kraft zu erneuten
Vorstößen fand. Diese Angriffe der vereinigten Franzosen und
Bayern führten dann auch zu einer schweren Niederlage des kaiserlichen
Feldmarschalls Limburg-Styrum bei Höchstädt. Das Jahr 1703 stand
also durchaus im Zeichen des Unglücks für die Kaiserlichen und ihre
Verbündeten.
Doch nun machte sich auf einmal Eugens Wirken als
Hofkriegsratspräsident auch in der Umgruppierung der gesamten
Streitkräfte in Deutschland, den Niederlanden, Italien und Ungarn
bemerkbar. Dazu kam, daß die Engländer und Preußen unter
Marlborough am Niederrhein erfolgreich gefochten hatten und Herzog Amadeus
von Savoyen wieder zur Sache des Kaisers übergetreten war. Auch in
Portugal sammelte sich jetzt ein Heer, das mit englischen, holländischen
und portugiesischen Truppen unter Führung Karls den Angriff auf
Frankreich vorzubereiten begann. Eugen aber hatte mit klarem Blick erkannt,
daß [80] eine Entscheidung nur
durch die Niederwerfung des Gegners in Süddeutschland möglich
war. Zu diesem Zwecke beschloß er, die Vereinigung aller zur
Verfügung stehenden Kräfte im
württembergisch-bayrischen Raum anzustreben. Es war ein Beispiel
für Marlboroughs Feldherrnbegabung, daß er als Führer der in
der Maastrichter Gegend stehenden
deutsch-englisch-holländischen Truppen ohne zu zögern auf Eugens
Vorschläge einging und in einem meisterhaft durchgeführten Marsch
in wenigen Tagen sein Heer von der Südspitze der Niederlande bis nach
Ladenburg am Neckar heranführte.
Zu gleicher Zeit kam Eugen über Tirol auf dem Kriegsschauplatz an. Nicht
umsonst hatte der Kurfürst von Bayern, als er vom Eintreffen Eugens
erfuhr, an den Sonnenkönig geschrieben: "Es ist nicht zu zweifeln,
daß der Prinz von Savoyen nur zur Ausführung großer Projekte
nach dem Kriegsschauplatz gekommen ist." Denn als sich die beiden Feldherren
am 10. Juni bei der berühmten Zusammenkunft von Mindesheim trafen,
und drei Tage später auch noch der Markgraf Ludwig von Baden bei
Großheppach eine Besprechung mit Eugen und Marlborough hatte,
änderte sich bald die gesamte militärische Lage.
Eugen selbst übernahm die schwierigste Aufgabe. Er behielt sich die
Abwehr der Franzosen in der Rheingegend vor, obwohl ihm das
zahlenmäßig kleinste und aus sämtlichen Kontingenten des
Reiches zusammengewürfelte Heer zur Verfügung stand. Den Kern
seiner Truppen bildeten allerdings Brandenburger und Kaiserliche. Bei den
Brandenburgern hatte auch der junge Prinz Leopold von
Anhalt-Dessau schon ein Kommando inne.
Markgraf Ludwig von Baden und Marlborough wandten sich inzwischen
gemeinsam marschierend gegen den bayrischen General Arco und schlugen ihn
am 2. Juli bei Schellenberg in der Nähe von Donauwörth. Das hatte
zur Folge, daß der französische Marschall Tallard mit starken
Kräften den Rhein überschritt. Weil Prinz Eugen einsah, daß er
mit seinen schwachen und vor allem uneinheitlichen Soldaten den Franzosen
nicht gegenübertreten konnte, bevor er seine Truppen nicht selber straff in
der Hand hatte, faßte er den kühnen Entschluß, im
Parallelmarsch das französische Heer zu begleiten. 20 000 Mann
ließ er unter dem Grafen Nassau an den Stollhoferlinien zurück,
damit dieser den inzwischen wieder freigelassenen Villeroi mit einem zweiten
französischen Heere aufhalten konnte. Er selber aber rückte mit nur
15 000 Mann, immer auf gleicher Höhe mit Tallard marschierend,
zur Verstärkung Marlboroughs und Markgraf Ludwigs heran.
Dieser Marsch genügte, um Eugens bunt zusammengesetztes Heer bereits
fest an seine Persönlichkeit zu binden. Daß Eugen es auch bei den
[81] übrigen deutschen
Reichskontingenten verstand, sie unter seinen harten Willen zu zwingen, beweist,
mit welch unerbittlicher Strenge er seine Befehle erteilte. Ebenso energisch und
vor allem bedingungslos vermochte aber Eugen auch bei bedeutenden Feldherren,
wie Marlborough und dem zwar alt und bedächtig gewordenen, aber doch
auf große Erfolge zurückblickenden Markgrafen von Baden, mit
seinen Absichten durchzudringen.
Es war dabei der klugen, Spannungen zu überbrücken suchenden Art
des englischen Feldherrn zu danken, daß Eugen und Marlborough nun den
Markgrafen Ludwig dazu brachten, sich mit seinen Truppen von den beiden
jungen Führern zu trennen und Ingolstadt zu belagern. Nun wandten sich
Marlborough und Eugen gegen das Gros des
französisch-bayrischen Heeres. Das zog, vom Kurfürsten Max
Emanuel und den Marschällen Marsin und Tallard geführt, in der
Stärke von rund 55 000 Mann gegen Höchstädt und
Dillingen heran. Und als nun diese
französisch-bayrische Streitmacht zwischen Blindheim und
Lützingen eine feste, durch den Nebelbach gedeckte Stellung bezog,
stellten auch Eugen und Marlborough, deren Heer aus einem bunten
Durcheinander kaiserlicher, brandenburgischer, reichsständiger, britischer,
dänischer und niederländischer Kontingente bestand, ihre
Streitkräfte in Schlachtordnung auf und führten sie angesichts des
gleichen Höchstädt zur Schlacht, wo ein Jahr vorher der kaiserliche
General Limburg-Styrum geschlagen worden war.
Am 13. August 1704 kam es zum Kampf. Noch am Tage vorher hatten Eugen und
Marlborough gemeinsam eine Rekognoszierung der feindlichen Linien
vorgenommen und dabei einen Fehler in der Aufstellung des Gegners entdeckt.
Diese dehnte sich zwischen Blindheim und Lützingen in einem zu
großen Umfange aus. Nun beschlossen die beiden Feldherren das feindliche
Zentrum zu sprengen. In aller Stille führte Eugen in den Morgenstunden
des 13. August seinen rechten Flügel, darunter auch die Brandenburger, in
einem Flankenmarsch auf die gleiche Höhe von Lützingen heran.
Durch tiefen Nebel gedeckt, gelang es ihm dann, ungestört vom Gegner
gegen den Ort einzuschwenken, und während nun Marlborough auf
Blindheim losrückte, warf sich Eugen auf das von Bayern besetzte
Lützingen und das französische Zentrum. Aber alle Angriffe brachen
vorerst noch im furchtbaren Artilleriefeuer des Gegners zusammen. Erst als die
Brandenburger des Fürsten Leopold von Anhalt Dessau von Eugen
vorgeführt wurden, [82] glückte der
Einbruch in die Stellungen. Auch Marlborough brachte jetzt seine Bataillone unter
schweren Verlusten über den Nebelbach. Dieser gemeinsam geführte
Stoß zerriß jetzt endlich auch das feindliche Zentrum. Während
Eugen mit den Brandenburgern Lützingen erstürmte, wurde der
französische General Blatanc in Blindheim umzingelt. In den Flanken
gepackt, wich der General auf allen Punkten. Der rechte Flügel Tallards
schien völlig vernichtet. Marsin entwich in voller Auflösung bis an
den Rhein. Auch die Bayern hatten schwere Verluste. Allein 14 000 Tote
und Verwundete, mehr als 13 000 Gefangene, darunter Marschall Tallard,
kostete dieser Tag den Franzosen.
[86]
Der Herzog von Marlborough leitet das Vorgehen seiner
Kavallerie bei Höchstädt.
Nach einer Zeichnung von
Wilhelm Dietz. (Österreichische Lichtbildstelle, Wien)
|
Aber die Verbündeten haben an die 12 000 Tote verloren. Wenn
Eugen am Abend der Schlacht dem Kaiser berichtet, "Ich habe kein Schwadron
und kein Bataillon, welches nicht wenigstens viermal angreifen mußte", so
gilt dieses Wort vor allem dem Heldenmut der bayrischen Soldaten, die im
Dienste eines ehrgeizeigen, seine Reichspflicht vergessenden Fürsten,
für die Interessen Frankreichs geblutet haben und damit jener
verhängnisvollen deutschen Zwietracht Tribut zollten, die noch so oft
bestes deutsches Soldatenblut im Dienste der Fremden verspritzen sollte.
Zu schwer war diesmal der Sieg errungen worden, als daß sich Eugen von
seiner gewohnten Tatkraft fortreißen ließ, den geschlagenen Gegner
sofort zu verfolgen. So glückte es Marsin und dem bayrischen
Kurfürsten, ihre arg dezimierten Truppen hinter die Festung Landau zu
führen, das in einer tapferen Verteidigung durch den französischen
Generalleutnant Laubanie den Verbündeten lange widerstand. Erst im
November 1704 kam es zu Fall, was zur Folge hatte, daß damit den
Franzosen das ganze Gebiet rechts des Rheins entrissen wurde und Bayern in
österreichische Gewalt kam. Vor der Festung Landau war auch der
römische König Josef, Leopolds Sohn, als militärischer
Führer in Erscheinung getreten. Obwohl er nur den nominellen Oberbefehl
führte, bewies der jugendliche Fürst neben einer von Verehrung und
Freundschaft getragenen Haltung gegenüber dem Prinzen Eugen auch ein
derartig energisches, schon jetzt zielbewußt auf das gesamte Reichsinteresse
gerichtetes Auftreten, daß sich Prinz Eugen und mancher deutsche
Reichsfürst, der nicht nur von den Interessen seiner mehr oder minder
bedeutsamen Stellung innerhalb des Reiches befangen war, von der
späteren Übernahme der Reichsgewalt durch Josef eine neue
Stärkung der deutschen Kaiserwürde versprachen.
[83] Daß die
österreichische Herrschaft, die jetzt die Macht in den bayrischen Landen Max Emanuels
übernahm, sich vielfach in derart grausamer Strenge
auswirkte, daß es zu Aufständen und zuletzt zur blutigen Sendlinger
Bauernschlacht des fürstentreuen, bayrischen Volkes kam, war nicht Prinz
Eugen, sondern vielfach der Härte mancher kaiserlicher Unterführer
zuzuschreiben. Nur dort, wo er im Sinne seiner Stellung als kaiserlicher
Feldmarschall scharf durchgreifen mußte, war Eugen allerdings für
kompromißlose Strenge. Aber ebensooft versuchte er zu schlichten und
auszugleichen. Auch daß er die bayrischen Soldaten in kaiserliche
Regimenter einreihte, war nicht als Ausdruck einer willkürlich auf die
alleinige Stärkung der habsburgischen Hausmacht hinzielenden
Gewaltmaßnahme zu werten, sondern galt dem Gedanken, die kaiserliche,
also die Reichsgewalt durch die zahlenmäßige Verstärkung
deutsch-kaiserlicher Truppen zu erhärten. Es war nicht des deutschen
Kaisers sondern Max Emanuels Schuld, daß bayrisches Land alle Bitternis
eines gegen das Reich aufgebotenen Staates auszukosten bekam. Für Prinz
Eugenius galt stets die durch die Person seines Fürsten verkörperte
Sache des Reiches als Maßstab für seine Handlungen und
Entscheidungen. Als dann Graf Wratislaw die Statthalterschaft in Bayern
übernahm, reiste Eugen nach Wien. Hier war er es allerdings, der auf
rücksichtslose Unterwerfung der habsburgischen Untertanen in Ungarn
drang, die in neuen Aufständen sogar zeitweise das von Truppen
entblößte Wien bedroht hatten. Die Erfolge, die der sonst tapfere,
aber in seiner Härte dem General Caraffa in nichts nachstehende General
Heister gegen die Anhänger Rakoczys bei Forgach und Tyrnau errungen
hatte, nötigten Eugen damals lediglich die Bemerkung ab, daß mit
Einzelerfolgen nichts, sondern nur mit einer Zusammenfassung aller
verfügbaren Kräfte die Ausrottung aller Widerstandsnester
herbeigeführt werden könne. Doch ehe Eugen die Wiederherstellung
der Ordnung in den ungarischen Landen selbst in die Hand nehmen konnte, zwang
die Lage in Oberitalien den Feldmarschall zu einer beschleunigten Abreise in
Guido Starhembergs Lager.
Da traf ihn, schon als er von Wien abgereist war, die Nachricht vom Ableben des
alten Kaisers. Für Eugen bedeutete dieser Tod Leopolds, der in einer
sturmbewegten Zeit beinahe 50 Jahre die Kaiserkrone getragen hatte, einen
schweren Schlag. War er doch dem bedächtigen, stets im Banne seiner
kirchlichen Ratgeber gefangenen, aber doch das Reichsinteresse, wenn es not tat
auch mit starrer Entschiedenheit wahrnehmenden Fürsten in tiefer, treuer
Ehrfurcht ergeben. Nicht nur dem Manne, dem er seine große
Soldatenlaufbahn verdankte, sondern vor allem dem deutschen Kaiser hatte er
sich mit der [84] ganzen
Kompromißlosigkeit seines aufrechten Wesens verschrieben. Weil er jener
Leopold war, der in all seinem oftmaligen Zögern und Zaudern in dem
Savoyer eben jenen wahren Paladin des Reiches erkannt hatte, dem das Reich
gerade die starre Entschiedenheit des Kaisers in der Begegnung rechtsfeindlicher
Gefahren verdankte, hatte Leopold Eugens Verdienste mit vielfältigen
Gnadenbeweisen vergolten. Stets hatte er sich auch entschieden gegen alle
Intrigen gegenüber Eugen gewandt. Nun, da er auf dem Totenbett lag,
beklagte ihn Eugen wie einen Vater. Als er noch viele Jahre später sein
Verhältnis zu den drei Kaisern, denen er gedient hatte, in den Satz kleidete,
"Kaiser Leopold war mein Vater, Josef I. mein Bruder, Karl VI.
mein Herr!", hat er selber seine Bindung an den alten Kaiser durch dieses
Bekenntnis erhärtet.
Auch Josef I. mußte bei seinem Regierungsantritt sogleich Eugens
unermüdliche und mahnende Sorge um seine Soldaten erfahren. Prinz
Eugen war dem Hilfskorps Deutscher, vor allem preußischer Truppen, die
er für die Fortführung des italienischen Feldzuges angefordert hatte,
vorausgeeilt und erschien im April 1705 in Starhembergs Roveretanerlager. Nur
unter den größten Schwierigkeiten hatte sich Starhemberg gegen den
übermächtigen Vendome gehalten. Das savoyische Hilfskorps, das
der jetzt wieder auf deutscher Seite kämpfende Herzog Amadeus den
Kaiserlichen zugeführt hatte, bestand aus einer Handvoll Soldaten. Weil
Starhembergs Kräfte viel zu schwach gewesen waren, sich in den weiten
lombardisch-venezianischen Ebenen gegen die Franzosen zu halten, hatte er sich
im Schutze der Berner Klause verschanzt.
Aber wie bisher noch nie befand sich der Zustand der Truppen im argen. Das
Verhängnis, das stets österreichische Truppen in der Gestalt des
Mangels an allem verfolgt hatte, glich dieses Mal einer Katastrophe. Wien hatte
und sollte auch im folgenden nicht einmal die Mittel haben, um die Kuriere
für Starhemberg und den Feldmarschall abzufertigen. Was jedoch Eugen
vorfand, schien ihm alle Hoffnung auf den geringsten Erfolg gegenüber
Vendome zu nehmen. "Wie ich irgend etwas mit ausgehungerten und halbnackten
Soldaten, ohne einen Kreuzer Geld, ohne Zelte, ohne Brot, ohne Fuhrwesen, ohne
Artillerie werde in die Wege richten können, scheint fast eine
Unmöglichkeit zu sein... Viele Regimenter sind derart ohne Montur,
daß ihre Kleidung zerrissener und abgetragener aussieht als die von
Straßenbettlern, so daß die Offiziere sich schämen, sie zu
befehligen. Wenn man ein Kommando von nur 100 Mann ausschickt und dies
nicht weiter als eine halbe Stunde geht, so bleibt gewiß die Hälfte
davon aus Mattigkeit auf der Straße liegen, weil die Leute dergestalt
ausgehungert sind, daß sie mehr [85-86=Illustrationen] [87]
Schatten als lebenden Menschen ähnlich sehen", das schrieb er von diesem
Heere nach Wien.
Und doch hat Prinz Eugen mit diesen Soldaten zwei der bedeutsamsten
Schlachten jener Epoche geschlagen. Rücksichtslos setzte er sofort alle
Kräfte daran, mit Hilfe der aus dem Lande gezogenen Mittel, seine Truppen
manövrierfähig zu machen. Schon bald schien sich die Bemerkung
des Engländers Hill zu bewahrheiten, "daß auf der
österreichischen Seite die Überlegenheit des Genies, der Tapferkeit
und der Begabung des Prinzen Eugen lag". Mit geschickten Bewegungen schob
sich Eugen, den Gardasee überfahrend, in das oberitalienische Tiefland.
Bald hatte er Vendomes Bruder zur Aufgabe seiner Stellungen am Etschlauf
gebracht, schlug ihm am Oglio und stellte dann den Marschall am 16. August bei
Cassano. Hier schlug er jene denkwürdige Schlacht, die einzigartig war und
die wegen ihrer Durchführung wohl als einmaliges Beispiel ihrer Art in der
neueren Heeresgeschichte Eingang gefunden hat.
Die Franzosen standen hinter stark verschanzten Stellungen nahe der Adda. Um
sie zum Rückzug über diesen Fluß zu zwingen, griff Eugen
Vendome entschlossen an. Verstärkt durch die bewährten
preußischen Truppen des Dessauers
durchwateten die Kaiserlichen die
Kanäle der Adda und stürmten gegen die französischen
Schanzen. Es zeigte sich, daß das Wasser die Schußmunition der
Infanterie völlig unbrauchbar gemacht hatte. Da griffen Österreicher
und Preußen ohne zu feuern an und führten durch Stunden fast
ausschließlich mit der blanken Waffe den Kampf. Der spielte sich mit
solcher Wildheit und rauher persönlicher Tapferkeit ab, wie er
seinesgleichen nur in den mörderischen Kämpfen von Mann zu
Mann im Mittelalter gekannt hatte.
Beide Feldherren, Eugen und Vendome wurden mehrmals verwundet. Als man
dann Eugen trotz seiner wiederholten Weigerung, die vordersten Linien zu
verlassen, zuletzt dennoch auf einer Bahre von der Walstatt tragen mußte,
übernahm der Feldzeugmeister Bibsa die Fortführung der Schlacht.
Sie endete unentschieden auf beiden Seiten nach einem fürchterlichen
Blutbad. Mit über zweitausend Toten und ebensoviel Verwundeten, unter
denen sich auch Leopold von Anhalt-Dessau befand, mußten
Österreicher und Preußen den Tag bezahlen, mit dem der Feldzug in
diesem Jahr seinen Abschluß fand.
Aber Vendome, der übereilig Ludwig XIV. berichtet hatte, er werde dieses
Mal einen vollständigen Sieg erringen, sah sich genötigt, seine
Unfähigkeit einzugestehen, den in der Lombardei eingedrungene Eugen
wieder abzuschütteln. Leopold von Dessau, den Eugen als Deckung des
kaiserlichen Heeres vorgeschoben hatte, hielt scharfe Wacht.
[88] Starhemberg war
inzwischen zur Niederwerfung der ungarischen Unruhen abgegangen. Heister
hatte dort keine glückliche Hand. Es gelang ihm zwar militärische
Erfolge zu erringen, aber, wie es Prinz Eugen vorausgesagt hatte, vermochte er
durch einzelne Schläge, die er dann stets nur mit härtesten
örtlichen Maßnahmen auszunützen trachtete, des
weitverzweigten Aufruhrs nicht Herr zu werden. Erst als Starhemberg das
Kommando übernahm, trieb dieser durch planmäßiges
Vorgehen die Rebellen zu Paaren. Weil er sich außerdem klug und gerecht
zeigte, gewann er der Partei Rakoczys viele Anhänger ab.
Eugen arbeitete indessen an großen Plänen. Er war mit Beginn des
Winters wieder nach Wien geeilt und fand als Hofkriegsratspräsident eine
kräftige Stütze in der Person des jungen Kaisers. Unermüdlich
führte er jetzt die schon begonnenen Heeresreformen durch. Weil er seine
Hauptsorge aus bitteren Erfahrungen heraus der Sicherstellung der notwendigen
Mittel für die Ausrüstung des Heeres zuwendete, gehörte er
auch zu jenen, die entscheidend am Ausbau der soeben gegründeten Wiener
Stadtbank mitwirkten. Zum größten Schaden des Staates und damit
im besonderen der Soldaten hatten bisher jüdische "Kriegsfaktoren", voran
das Bankhaus Oppenheimer, das gesamte Geldwesen in Wien in der Hand gehabt.
Durch die Gründung der Stadtbank sollte nun die Geldwirtschaft auf
gesünderen Grundlagen aufgebaut werden. Unumwunden lehnte Eugen
dem Kaiser gegenüber jede Verantwortung ab, weiter ein schlecht
gerüstetes Heer in den Kampf zu führen. Und weil Josef I. ein
Fürst war, der sich auch den Reichsfürsten und den
Reichsständen, ja selbst den Jesuiten gegenüber durchzusetzen
verstand, gelang es Eugen endlich, nicht nur die Mittel für den Ausbau des
Heeres zu betreiben, sondern er sicherte auch einen erneuten militärischen
Beistand im Reiche. Selbst in England vermochte Marlborough auf Eugens
Drängen eine Anleihe für die Fortführung des Krieges in
Italien aufzubringen. Auch war es derselbe Marlborough, der auf Eugens Bitten
hin den König Friedrich durch einen Besuch in Berlin zur Belassung und
Verstärkung der preußischen Truppen in Italien bewog.
Eugen sollte auch dieses Mal wieder den Gegner erst auf italienischem Boden
treffen. Solange sich Markgraf Ludwig von Baden zwar umständlich
operierend, aber doch zäh in den Stollhofer Linien Villars und Marsins
erwehrte, sah Eugen den gefährlichsten Gegner in seinem alten
Widersacher Vendome. Und er behielt auch recht. Denn Nachrichten aus Holland
besagten, daß Ludwig XIV. immer mehr Truppen ins Savoyische
werfe. Scheinbar erhoffte sich der Sonnenkönig einen bedeutenden Erfolg
durch die Umsicht seines bewährten Vendome und
ge- [89] dachte durch ihn die
besten Truppen des Kaisers entscheidend zu schlagen, um sich dann mit ganzer
Macht auf Ludwig von Baden zu werfen.
So rüstete Eugen neuerlich zum Aufbruch nach Italien. Kaum, daß er
dann beim Heere ankam, mußte er auch schon eingreifen, um die Folgen
einer Niederlage zu vereiteln, die Vendome dem General Graf Reventlau bei
Calcinato beigebracht hatte. Bezeichnend für Eugen war seine dem General
gegenüber bewiesene Haltung. Als man von ihm verlangte, Graf Reventlau
vor ein Kriegsgericht zu stellen, gab er ablehnend zur Antwort, "man würde
kein anderes Ergebnis liefern als zeigen, daß es eben nicht jedermann
verstehe, eine Armee zu führen."
Nun galt es, sich für einen bestimmten Plan zu entschließen, da die
Verteilung der Kräfteverhältnisse bei den Gegnern auf italienischem
Boden verschiedene Angriffsmöglichkeiten boten. Es galt entweder Turin,
das von La Feuillade belagert wurde, zu entsetzen, oder die Eroberung
Neapels. Eugen entschied sich aber, wohl auch unter dem Eindruck der
unglücklichen Schlacht bei Calcinato, erst das Ansehen der kaiserlichen
Waffen in Norditalien wieder herzustellen. So rüstete er zum Entsatz von
Turin. Seit Mitte Mai hatte dort der österreichische Feldmarschall Wirich
Graf Daun, der Vater des späteren Feldherrn Maria Theresias, aufs tapferste
unterstützt durch die Bevölkerung, der hartnäckigen
Belagerung von 90 000 Franzosen standgehalten. Doch vorerst wurde die
Ausdauer und Opferwilligkeit der Belagerten noch weiter auf eine harte Probe
gestellt. Eugen hielt es für unerläßlich, erst sein Heer nach der
Niederlage von Calcinato in Südtirol neu zu ordnen. Langsam schob er sich
dann, die von Vendome besetzten Etschpässe umgehend, in das
oberitalienische Land und stand auf einmal an der Etsch, forcierte den Po und war,
ehe Vendome Eugens Absichten überhaupt erraten konnte, schon in das
Gebiet von Ferrara ausgewichen. Bestürzt sah sich Vendome gezwungen,
seine mit großer Mühe ausgebauten Befestigungsanlagen am
Etschdurchbruch als zwecklos gewordene Schanzen zu räumen. Nun
manövrierte sich Eugen, ohne auch nur einen Schuß zu tun, mit
seinen 30 000 Mann südlich des Po ins Monferatto heran. Wohl
wissend, daß ihm nördlich des Po die angeschwollenen Flüsse,
die aus den Alpen hervorbrachen, den Vormarsch erschweren würden,
rückte er jetzt durch nichts aufgehalten immer näher an die
bedrängte Stadt.
Schon in den ersten Septembertagen stand er plötzlich in dem
Rücken der Belagerer. In Eilmärschen kam jetzt auch das
französische Heer aus der Lombardei. Doch es war nicht mehr Vendome,
der nun [90] den Entsatz Turins zu
vereiteln trachtete. Ludwig XIV. hatte inzwischen diesen erfahrenen
Marschall in die Niederlande abberufen. Dort war seinen Truppen unter Villeroi
von Marlborough bei Ramilliers eine empfindliche Niederlage beigebracht
worden. An Vendomes Stelle kommandierte jetzt ein königlicher Prinz,
Philipp von Orléans, und Marschall Marsin in Italien. Am 7. September
trat Eugen gegen die französische Hauptmacht an, während das
zweite französische Heer Turin noch weiter belagerte. Obwohl
Übermacht und eine außerordentlich befestigte Stellung den
Franzosen alle Vorteile eröffneten, errang Eugen mit knapp 30 000
Mann einen seiner glänzendsten Siege. Vor allem hatten die Brandenburger
unter dem
"alten Dessauer" einen hervorragenden Anteil an dem Erfolge des
Tages. Bei der Erstürmung der feindlichen Hauptschanzen entwickelten sie
einen Heldenmut, der bald im ganzen deutschen Heere sprichwörtlich war.
Eugen selbst wurde verwundet. Das Pferd brach unter dem Feldmarschall
tödlich getroffen zusammen, doch als die Soldaten erschreckt herbeieilten,
hatte sich Eugen bereits wieder aufgerafft und führte die Stürmenden
zu Fuß gegen die französischen Schanzen.
Nach stundenlangem Kampf brachte der gleichzeitige Ansturm der Preußen,
Österreicher und Piemonteser die französische Schlachtordnung ins
Wanken. Als dann kaiserliche Reiterei über die eroberten Verhacke
hinwegsetzten, die Kanoniere Eugens die erbeuteten Geschütze
herumwarfen, erlahmte auch der letzte feindliche Widerstand. Durch einen
Ausfall Dauns in der Flanke gefaßt, sah sowohl die französische
Belagerungsarmee als auch ihre Hauptmacht die einzige Rettung in einem
fluchtartigen Abmarsch. Marschall Marsin war gefallen, der Herzog von
Orléans verwundet. Und was nicht floh, ging in den Sümpfen des
Po elend zugrunde. 6000 Gefangene, 3000 Pferde, der gesamte
Geschütz- und Belagerungspark säumten die Wege der Sieger. Auch
ihnen hatte die Schlacht bei Turin 3000 Tote gekostet. Doch über allen
Verlusten stand strahlend der Tag, an dem der "kleine Abbé" zwei Heere
Ludwigs XIV. vernichtet und den Prinzen aus königlichem
Geblüt mit dessen ganzer Armee aus Italien gejagt hatte.
Rasch hintereinander fielen jetzt Mailand, Como, Lodi, Alessandria, Mortara und
Modena in die Hände der Kaiserlichen. Weil der Papst, der als
Verbündeter des "allerchristlichsten" Königs gegen den deutschen
Kaiser stand, sich gerade gegenüber dem jesuitenfeindlichen Josef I.
nicht beugen wollte, schickte ihm dieser kurzerhand die protestantischen [91] Preußen in den
Kirchenstaat. Im Jahre 1707 eroberten der Verteidiger von Turin, Wirisch Graf
Daun, schließlich auch noch Neapel.
Dieses Jahr 1707 wurde aber, obwohl es sonst im Zeichen einiger erfolgloser, ja
sogar unglücklicher Unternehmungen für die Sache des Kaisers
stand, gerade für die deutsche Heeresgeschichte ein Jahr von besonderer
Bedeutung. Es brachte die Ernennung des Prinzen Eugen zum
Reichsfeldmarschall!
Am 4. Januar 1707 war der alte "Türkenlouis", Markgraf Ludwig von
Baden, zu Rastatt gestorben. Kühn und ein leuchtendes Beispiel deutschen
Soldatentums in den Jugendjahren, war er mit zunehmendem Alter ein immer
eigenwilligerer, ja geradezu eifersüchtiger Feldherr in allen
Angelegenheiten der Obersten Kommandoführung geworden. Sicherlich
hatten ihm in den letzten Lebensjahren auch die leidigen Zustände bei der
"Reichsarmee" noch vieles vergällt. Aber er trat schließlich doch,
seines alten Feldherrnruhmes würdig, mit der Eroberung von Landau aus
der Reihe der Kommandierenden ab. Kurze Zeit später ereilte ihn der Tod.
Mit ihm war auch der letzte der großen militärischen Führer
aus jener bedeutenden Feldherrngeneration ins Grab gesunken, die von
Montecuccoli über Herzog Carl von Lothringen, und solange er auch zur
Sache des Reiches stand, auch mit Kurfürst Max Emilian dem Prinzen
Eugen Vorbild und Lehrmeister waren.
[85]
Prinz Eugen von Savoyen, der Befreier Südosteuropas
von der Türkenherrschaft und Vorkämpfer für eine
großdeutsche Einheit.
Nach einem Gemälde von J. van Schuppen.
(Österreichische Lichtbildstelle, Wien)
|
Es lag somit auf der Hand, daß man in dem Prinzen Eugen nicht nur den
würdigsten Nachfolger im Range des obersten Reichsbefehlshabers sah,
sondern es war vor allem die Tatkraft Eugens, die durch seine Ernennung zum
Reichsfeldmarschall eine endliche kraftvolle Zusammenfassung aller
militärischen Kräfte und Möglichkeiten versprach. Soweit dies
das Reich und die Beistellung von Truppen durch die Reichsstände und
Reichsfürsten betraf, schien das Eingreifen Eugens hier noch dringender
nötig, als es schon dauernd in Wien erforderlich war. Unter der
schwerfälligen Führung des Oberbefehles durch den Markgraf
Ludwig von Baden hatte sich bei der Reichsarmee wieder ein blühender
kleindeutscher Separatismus entwickelt. Während die besten Truppen der
Reichskontingente, die Mannschaften aus den deutschen habsburgischen
Erblanden, Preußen und Sachsen, schon ferne des Reiches um die
Reichssache fochten, haben die deutschen Kleinfürsten, statt ihre Truppen
für die Reichsarmee zur Verfügung zu stellen, diese an die dem
Kaiser verbündeten Seemächte vermietet. So ergab sich die für
den Schutz des Reiches unhaltbare Lage, daß wohl Deutsche in Italien
für die Reichssache eingesetzt waren, daß unter britischer,
holländischer und dänischer Flagge in den Niederlanden und Belgien
Deutsche aus Oldenburg, Holstein, Kurpfalz, Hessen, Kassel und anderen
Reichs- [92] gebieten "des besseren
Geschäftes halber, als dies vom Reich zu erwarten war", kämpften,
daß aber für die Reichsarmee selber zu wenig deutsche Kontingente
zur Verfügung standen.
Es war also eine noch weitaus schwerere Bürde, als es schon die Stelle des
Hofkriegsratpräsidenten war, die Eugen auf sich nahm, als ihn der
Regensburger Reichstag durch Aufforderung des Kaisers zum
Reichsfeldmarschall ernannte. Weil aber der Savoyer gewillt war, diesen
höchsten militärischen Rang nicht mehr als großartig
klingendes Anhängsel irgendeines fürstlichen Namens, sondern als
Ausdruck der in seiner Person vereinigten Oberbefehlsgewalt zu betrachten, nahm
er, immer nur die Verfolgung seines unausgesetzten Zieles, das Reich für
alle Zukunft vor den Einbrüchen Frankreichs zu bewahren, vor Augen,
bedenkenlos an.
Er hatte soeben, sehr gegen seinen Willen, erst noch eine von England und
Holland geforderte Belagerung von Toulon durchzuführen gehabt. Wie er
befürchtet hatte, war diese Belagerung ohne nennenswerten Erfolg
geblieben. Darüber hinaus hatte der Nachfolger Ludwigs von Baden im
Oberkommando an den Stollhofener Linien, der Markgraf von Bayreuth, diese an
den Marschall Villars verloren. Auch in Spanien war König Karl bei
Almanza vom Herzog von Berwick geschlagen worden. Als Karl daraufhin Eugen
für den Oberbefehl in Spanien forderte, hatte dieser den Kaiser
veranlaßt, daß der tüchtige Guido Starhemberg an seiner Stelle
nach Spanien gesandt wurde.
Plötzlich, ohne dem Gegner die geringste Möglichkeit zu
Erforschungen seiner Pläne zu geben, erschien er an der Mosel. Aber nicht
einmal die Generale der Reichsarmee vermochten von diesem Auftauchen Eugens
ein Bild über seine Absichten zu gewinnen. Nur einer kannte die Gedanken
Eugens als tiefstes Geheimnis, Marlborough! Seit Monaten befand sich der
englische Feldmarschall vor dem hochbefähigten Vendome in schwerster
Bedrängnis. Vorsichtig und dabei noch mit der zähen Tapferkeit
seiner Truppen operierend, hatte Vendome Stück um Stück eines an
Hilfsquellen reichen, fruchtbaren Landes gewonnen. Gent und Brügge
waren verlorengegangen, schon bedrohte der Franzose die wichtigsten
Wasserverbindungen der Niederlande, näherte sich Antwerpen, Cortay,
Menin und marschierte soeben auf die Festung Oudenarde, da stand Eugen mit
einem aus dem Boden gestampften Heere von Reichstruppen, Preußen und
Österreichern auf einmal in den Niederlanden.
Mit einer derartig meisterhaften Tarnung, die alle ähnlichen Proben seiner
bisher schon oft bewiesenen Fähigkeit, den Gegner über sich im
unklaren zu lassen, zu überbieten verstand, hatte er ganz im stillen sein
Heer versammelt und alle Aufmerksamkeit des Gegners auf die Truppen der
Reichsarmee abgelenkt. Am 28. Juni 1708 war er mit der [93] Moselarmee, die
Reichsarmee und damit Süddeutschland ruhig der Bedrohung durch Villars
überlassend, zur Unterstützung Marlboroughs aufgebrochen. Am 6.
Juli kam er in Brüssel an. Tags darauf traf er mit Marlborough bei Asche
zusammen.
Die beiden Feldherren einigten sich fürs erste, die hart bedrängte
Festung Oudenarde zu entsetzen. War das Zusammenwirken dieser beiden
befreundeten Führer an und für sich schon ein Unterpfand des
Erfolges, so lähmten Eifersüchteleien zwischen den
französischen Generalen Vendome und dem Herzog von Burgund die
Schlagkraft des Gegners, obwohl auch diese beiden fähige
Heerführer waren. Am 11. Juli überraschten Eugen und Marlborough
das französische Heer, das sich gerade zur Einnahme Oudenardes bereit
gestellt hatte. Besonders die Engländer bewiesen in der sich nun
entwickelnden Schlacht eine äußerst zähe Tapferkeit. Schritt
um Schritt mußten die Franzosen aus ihren Stellungen geworfen werden.
Erst als die französische Infanterie durch das furchtbare Feuer der
deutschen und englischen Fußtruppen bataillonsweise dezimiert wurde,
verweigerte sie jeden weiteren Widerstand. Ein umfassender
Umklammerungsversuch Eugens und Marlboroughs zwang dann noch die
französischen Garden zur Waffenstreckung. Fast vernichtet, wandte sich
das Gros des französischen Heeres zur Flucht.
Es schien, als habe sich die Schicksalsgöttin auch weiter Eugen als dem
Mann verdungen, der sie einfach im Bann seines unbeugsamen Willens
festzuhalten verstand. Mit niemals erlahmender Zielsicherheit war er von dem
Tage an, da sein Einfluß in Wien und damit auch für die Interessen
des Reiches maßgebend geworden war, auf die vollkommene Ausschaltung
Frankreichs vom deutschen Boden losgegangen. Immer wieder hatte er alle
Hindernisse, gleichgültig ob es Mängel beim Heer,
Rückschläge, reichsschädigende Widersetzlichkeiten
deutscher Fürsten oder dem Reiche nicht dienliche Interessenverlagerungen
bei den ausländischen Verbündeten der deutschen Sache waren, zu
überwinden verstanden. Und nun schien endlich der Tag anzubrechen, an
dem nicht nur der nach drei Fronten geführte Krieg des Reiches gegen
Frankreich seine Vollendung in der endgültigen Besitznahme aller
geraubten deutschen Lande finden sollte, sondern der auch den
Verbündeten Deutschlands die Erfüllung all ihrer Forderungen
brachte. Noch halfen Eugen und Marlborough der mahnenden Forderung ihrer
Waffen an Ludwig XIV., den Kampf aufzugeben, durch zwei
kräftige Schwertstreiche nach. Sie eroberten kurz nach dem Siege von
Oudenarde das als uneinnehmbar geltende Ryssel und getreu seiner Parole, die er
ausge- [94] sprochen hatte, erschien
der Savoyer mit Marlborough wenige Tage später vor Lille. Vergeblich
versuchte der Herzog von Burgund die stolze Feste Vaubans zu entsetzen. Schon
am 20. September 1708 fiel ein Teil der gewaltigen Werke in Eugens
Hände.
Als am 9. Dezember der tapfere Verteidiger Lilles, Marschall Boufflers, nach
sechzigtägiger Belagerungsschlacht die bis zuletzt gehaltene Zitadelle
übergeben mußte, schien Ludwigs XIV. Schicksal besiegelt.
Schon jagte Eugens gefürchtetste Waffe, die von ihm erzogene Kavallerie,
bis St. Quentin und Peronne, schon hatte Guido von Starhemberg den
größten Teil der französischen und
bourbonisch-spanischen Streitkräfte bis hart an die Pyrenäen
gedrängt und Heister Frankreichs Verbündeten in Ungarn, Rakoczy,
bei Trentschin vernichtend geschlagen, da gab der stolze französische
König gramgebeugt nach. Zum ersten Mal bot Frankreich dem deutschen
Kaiser und seinen Verbündeten durch Unterhändler im Haag den
Frieden des gedemütigten europäischen Unruhestifters an. Jetzt
zeigte sich Eugen als der unerbittliche Sachwalter der Interessen des Reiches.
Während Holland nur die militärische Besetzung einiger belgischer
Plätze verlangte, England die Vertreibung der Stuarts aus Frankreich, die
Schleifung Dünkirchens und beide Mächte als Verbündete
Habsburgs das spanische Erbe für den Bruder Josef I. forderten, war
es Eugen, der unbeugsam durch einen Kriegsrat in seinem Palais der Wiener
Himmelpfortgasse an den Kaiser die Forderung stellte, von Frankreich nicht
nur die Rückgabe des geraubten Elsaß und Straßburgs, sondern
auch die Herausgabe der im 16. Jahrhundert verlorengegangenen Plätze
Metz, Toul und Verdun zu verlangen.
Ludwig XIV. war ernstlich einmal nicht nur zur Übergabe Straßburgs
und des Elsaß bereit, sondern er verzichtete sogar auf das spanische Erbe.
Doch da ersannen die Diplomaten, durchaus gegen den Willen des Prinzen, ein
noch demütigerendes Ansinnen an Frankreich. Ludwig XIV. sollte
gezwungen werden, seinen eigenen Enkel Philipp mit französischer
Waffenhilfe vollends aus Spanien zu vertreiben. Diese Forderung ging selbst dem
Frankreich gegenüber unerbittlichen Eugen zu weit. Deutlich erkannte er,
daß über solch übertriebene Bedingungen diplomatischer
Unergründlichkeit das Reichsinteresse Gefahr laufen müsse. Er hatte
als Soldat den König von Frankreich auf großen europäischen
Schlachtfeldern geschlagen. Aber auf eine Demütigung, welche die
Soldatenehre des Gegners verletzen würde, ging Eugen nicht ein. So
beschwor er den Kaiser, es bei den von Frankreich bereits zugestandenen
Forderungen um die Rückgabe aller verloren gewesenen Plätze im
Westen und den französischen Verzicht auf das spanische Erbe zu
be- [95] lassen. Doch
Josef I. und die hochfahrende Anna, Königin von England, gaben
nicht nach. So mußte sich Eugen schweren Herzens dazu hergeben, dem
französischen Minister des Auswärtigen, Marquis de Torcy, die
schwerste Friedensbedingung der Verbündeten zu übermitteln. Nun
trat ein, was er befürchtet hatte. Höflich, aber doch entschieden wies
der Bevollmächtigte Ludwigs XIV. das Frankreichs Waffenehre
verletzende Ansinnen zurück. "Viel unschuldiges Blut wird die Fortsetzung
dieses blutigen Krieges kosten!" schrieb Eugen daraufhin nach Wien. Und er
behielt recht. Noch einmal raffte sich Ludwig XIV. zum Widerstand auf. Er
beauftragte den Marschall Villars, ein französisches Heer aufzustellen. Der
Marschall versammelte alle nur verfügbaren Truppen in der ersten
Hälfte des Jahres 1709 an der belgischen Grenze. Villars galt als
äußerst fähiger militärischer Führer. Wenn auch
Großsprecherei und Habsucht seine soldatischen Eigenschaften oft
verdunkelten, so gab ihm doch das Bewußtsein, daß er die letzte
Armee seines Königs gegen einen fast unbezwinglichen Gegner ins Feld zu
führen hatte, die Kraft, sich um die Waffenehre Frankreichs auf Leben und
Tod zu schlagen.
Er verzichtete gleich zu Beginn des Feldzuges auf Vorstöße, die ihn
in die Gefahr eines vorzeitigen Zusammentreffens mit dem überlegenen
Gegner bringen konnten. Denn zum ersten Male war das französische Heer
den Streitkräften Eugens und Marlboroughs um Geringes unterlegen. So
bezog Villars eine befestigte Stellung an der Lys und begnügte sich damit,
die Verbündeten zu beobachten. Da erschien, von Ludwig XIV.
gesandt, der Marschall Boufflers im französischen Hauptquartier, um ihn
zur Rettung des von Eugen und Marlborough hart bedrängten Mons
aufzufordern. Die beiden Feldherrn hatten ihr Heer in Stärke von
ungefähr 110 000 Mann zunächst bei Courtray gesammelt,
hatten durch Teile desselben erst Tournay belagern lassen und waren nach dessen
Fall vor Mons gezogen. Jetzt setzte sich Villars, nachdem er noch alle irgendwie
verfügbaren Kräfte an sich herangezogen hatte, in Bewegung und
schien willens, dem Wunsche seines Königs folgend, eine günstige
Gelegenheit zu erfassen, um sich zu schlagen.
Doch schon hatten die Verbündeten von den Bewegungen des
französischen Marschalls erfahren. Sie bezogen auf den Höhen von
Quaregnon und Quey eine befestigte Stellung und formierten ihre Truppen in
Erwartung des Gegners. Bei den deutschen Truppen befand sich diesesmal auch
der junge preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere
Soldatenkönig. Er war Eugen durch ein persönliches Handschreiben
des Königs von Preußen empfohlen worden. Sonst zeigte das Heer
der Verbündeten das nun schon gewohnte bunte Bild. An Stärke
waren sie dem Heere Villars, das durch Hinzuziehung auch des letzten
Batail- [96] lons auf
135 Bataillone und 257 Schwadronen gebracht worden war, trotz der
größeren Nummernzahl, 170 Bataillone und
263 Schwadronen, im Gegensatz zum Feldzugsbeginn unterlegen. Was
aber Eugen dieses Mal bedeutend größere Sorgen als jemals bereitete,
war die Unzahl an Generalen bei den verbündeten Truppen, die sich
niemals so hindernd bemerkbar gemacht hatten, als bei Beginn dieses Feldzuges.
Jedes kleinste deutsche und ausländische Kontingent hatte neben den
größeren Verbänden der Kaiserlichen, Preußen,
Engländer und Holländer seinen Kommandierenden General. Wenn
also in der Aufstellung vor diesem Kampf Kaiserliche, Spanier, Dänen,
Hessen, Sachsen, Kurpfälzer, Wallonen, Holsteiner, Mecklenburger,
Würzburger, Engländer, Holländer und Preußen
nebeneinander standen, dann konnte man begreifen, welche wahre Sisyphusarbeit
der Savoyer geleistet hatte, als er abschließend den alle Rücksichten
übergehenden Befehl ausgab, daß jeder "geringere General dem
höher charakterisierten zu parieren" habe. So trat Eugen mit Marlborough
zum letzten und zum blutigsten Waffengang mit Frankreich an. Ein Waffengang,
der nach Eugens Auffassung jetzt, da die Friedensverhandlungen gescheitert
waren, nicht mehr über die Hegemonie Frankreichs über Europa
entschied, sondern bei dem das Reich selber sein Schicksal für die Zukunft
in die Waagschale warf. Noch einmal stieß der deutsche Aar in der
Einigkeit seiner in Eugens Hand zusammengeballten Kraft drohend auf den
gallischen Hahn herab.
Schon am 9. September, als die ersten französischen Reiter vor den
Vorposten der Verbündeten auftauchen, erwarten Eugen und Marlborough
den Aufmarsch des im vollen Marsch auf Mons befindlichen Villars zur
Schlacht.
Aber wider alles Erwarten scheint weder die Avantgarde noch das Gros des
französischen Heeres nach dem ersten Geplänkel ihrer
Spitzenpatrouillen mit den deutschen und britischen Reitern Miene zu machen,
sich in die Schlachtordnung für einen Angriffskampf zu entwickeln. Das
steht so sehr im Widerspruch zu den Worten Villars, der noch kurz vorher gesagt
hat: "Meinen Franzosen liegt es im Blute, den Feind anzugreifen!", daß
Eugen beschließt, selber die Bewegungen des Gegners auszukundschaften.
Dabei muß er feststellen, daß der Gegner angesichts der Stärke
zwischen Quaregnon und Quey aufmarschierten verbündeten Truppen nicht
nur haltgemacht hat, sondern daß er sich anschickt, sich mit allen Mitteln
der gerade bei den Franzosen hervorragend ausgebildeten Befestigungskunst zu
verschanzen.
Villars legt sich quer vor das Dörfchen Malplaquet mit einem
Ge- [97] wirre von Verhacken
und Schanzgräben, nützt geschickt das zerklüftete, von
Hohlwegen, Bachläufen, Buschwerk und Wäldern zerschnittene und
überzogene Gelände aus und wirft vor Weilern, mauernumgebenen
Adelssitzen und weißen, aus dem Grün der Landschaft freundlich
herübergrüßenden Bauernhöfen schwarze
Erdwälle auf, als wolle er hier den Angriff des Gegners erwarten.
Mißmutig unter dem Eindruck, um die Voraussetzungen eines
Schlachtplanes gebracht worden zu sein, reitet Eugen zu Marlborough
zurück. Er muß erst hartnäckig gegen alle möglichen
Bedenken der englischen Felddeputierten, die seit einiger Zeit Marlboroughs
Befehlsgewalt immer unverfrorener eindämmen, ankämpfen, wie er
nun von dem Engländer die Aufgabe der defensiven Stellung und das
Wagnis einer Angriffsschlacht fordert.
In Marlborough ist seit den letzten Monaten eine seltsame Veränderung
vorgegangen. Er ist nicht mehr der alte verläßliche Haudegen, der
unverzagt mit Eugen die kühnsten Unternehmungen wagt. Schon wird es
auch unter den Unterführern des verbündeten Heeres bekannt,
daß in England die Partei der kriegsfeindlichen Tories immer mehr an
Einfluß gewinnt und daß die Herzogin von Marlborough in ein immer
kühleres Verhältnis zur englischen Königin tritt. Darum
steigert sich auch täglich die unerfreuliche Einmischung der englischen
Beauftragten, und da und dort nennt man schon den Namen des Kurfürsten
von Hannover als Nachfolger des englischen Feldmarschalls. So muß Eugen
zu allen dienstlichen Sorgen des Reichsfeldmarschalls immer wieder seinen
Einfluß als unermüdlicher Mahner und vielen schon lästiger
Draufgänger geltend machen, kann aber dennoch nicht mehr überall
durchgreifen und verdankt es nur seiner so glücklichen
Gemütsbeschaffenheit und seinem außerordentlichen Talente,
daß er über all das hinwegkommen kann.
Nach langem Hin und Her stimmt endlich Marlborough Eugens Vorschlag zu.
Doch erst nach achtundvierzig Stunden, nachdem noch Verstärkungen
eingetroffen sind, wird der Angriffsbefehl gegeben.
Es ist ein Morgen wie bei Höchstädt, als im Aufbrechen der
Herbstnebel die tiefgegliederten Treffen der Verbündeten in all der
Farbenpracht ihrer vielfachen Uniformen mit blitzenden Waffen und wehenden
Bannern gegen die Franzosen heranrücken. Dem am stärksten
verschanzten französischen linken Flügel im Walde von Sarte und im
Wäldchen von Taières greift Eugen und unter ihm der
sächsische General
von der Schulenburg an. Eugen sind die Kaiserlichen,
Truppen der deutschen Kleinstaaten und Dänen unterstellt. Links befiehlt
Marlborough Engländer, Holländer, Hannoveraner und
Preußen. Noch einmal dröhnen [98] längs der
gesamten Schlachtenfront der Verbündeten die Geschützsalven auf
und geben damit das Signal zum Beginn der Schlacht. Dann stürmen rechts
schon Eugens Bataillone gegen den Wald von Sarte heran und links
stürmen Preußen und Holländer gegen Malplaquet. Sumpf,
Buschwerk, wassergefüllte Gräben und Hohlwege hemmen den
Anlauf der Kaiserlichen. Doch unentwegt rücken Eugens Grenadiere als
erste gegen den Forst von Sarte vor. Der starrt nicht nur als ein Wald von
quergelegten Bäumen, Astwerk, spanischen Reitern und Brustwehren,
sondern auch als ein Wald von Bajonetten den Angreifern entgegen. Wie auf dem
Exerzierplatz gehen die braven Grenadiere das feindliche Bollwerk an. Geschickt
werden alle Hindernisse des Geländes überwunden, die sumpfigen
Wiesenflächen werden umgangen, und dann sind die ersten schon auf
Schußweite an den Gegner heran. Aber erst als sich die Soldaten Eugens auf
Pistolenschußweite den Franzosen genähert haben, schlägt
ihnen eine Feuergarbe entgegen, daß hunderte unter dem furchtbaren
Kugelregen fallen. Wie eine Axt, die einen Baumstamm zuerst nicht
durchschlägt, sondern sein Holz zersplittert, so wirft Salve um Salve jetzt
die ersten Treffen der Angreifer zwar nicht zurück, aber sie fegt sie zur
Seite. Da ist Prinz Eugen, wie immer in den entscheidenden Augenblicken, schon
mitten unter den Stürmenden. An Schulenburgs Seite sammelt er die
Zersprengten, läßt die Glieder neuerdings schließen und
rückt an der Spitze der Grenadiere heran. Noch einmal zerreißen ihm
die Franzosen mit ihrem Feuer die soeben erst wieder geordneten Linien, aber
beim drittenmal ist der Prinz als erster mit den Grenadieren an den Verhauen.
Meterhoch sausen die Splitter der niederkrachenden Verhacke unter den Beilen
der neben den Grenadieren vorstürmenden Zimmerleute der
Musketierkompanien, schwarze Rauchfahnen ziehen sausend die
Grenadiergranaten in die Massen der zwischen dem Buschgrün gestaffelten
französischen Infanterie. Krachend klirrt die Eisenfüllung und das
splitternde Glas der Handgranaten zwischen berstendem Astwerk und
blutüberströmten Menschenleibern, und dann rast der Bajonettsturm
des Infanterieangriffs auf die Reihen des französischen Fußvolks los,
daß das ganze Waldstück von Sarte für lange nichts als der
Schauplatz eines furchtbaren Nahkampfes wird, bei dem um jeden Fußbreit
Bodens erbittert gerungen wird.
Mit 36 Bataillonen steht Prinz Eugen nun im Walde von Sarte in einem nach
rechts ausholenden Bogen an der feindlichen Flanke. Zwei Stunden dauert der
Waldkampf - im Pulverrauch und unübersichtlichen Dickicht
schießen kaiserliche und Reichskontingente verschiedentlich auch
aufeinander -, dann drücken Schulenburgs Grenadiere die letzten
französischen Truppen aus dem Waldgebiet auf offenes Gelände
zurück.
[99] "Der Prinz leitete diesen
Angriff mit einer Weisheit und Geistesgegenwart, deren, man möchte
sagen, nur er allein fähig ist. Er sah alles und wußte an jeder Stelle
einzugreifen; kaum war ein Bataillon zurückgeworfen, als schon ein
anderes an seiner Stelle erschien, während ersteres sich bereits anschickte,
wieder zu kämpfen", sagt der französische Schlachtbericht
später über den Waldkampf von Sarte. So ist es Eugen, dem der erste
Erfolg dieses blutigen Tages glückt. Während sich Villars vor
Malplaquet und im Zentrum unerschütterlich hält, biegt Eugen den
linken Flügel des französischen Marschalls immer weiter
zurück.
Indessen wird vor Malplaquet mit der gleichen Erbitterung wie im Wald von Sarte
gerungen. Holländer und Preußen tragen dort die blutige Last des
Schlachtanfanges. Schon ist es dem Prinzen von Oranien gelungen, mit der Fahne
in der Hand den vordersten Erdwall zu erklimmen, da wirft eine furchtbare Lage
Kartätschenfeuer die holländischen Stürme zurück. Bald
decken 2000 Leichen, darunter die der Generale Sparr und Oxenstierna, die
Hänge vor Malplaquet, ja schon ist es den Franzosen durch einen Ausfall
gelungen, den Holländern eine Batterie wegzunehmen, da stemmen sich
ihnen die preußischen Bataillone Finkensteins entgegen und gewinnen
wieder Schritt um Schritt an Boden. Zuletzt greifen noch die Reiter des
Erbprinzen von Hessen ein. Nun müssen die Franzosen wieder an den
Ortsrand von Malplaquet zurück, so daß der Sturm der Preußen
und Holländer um diesen Ort von neuem beginnt.
Es ist zwölf Uhr mittag, als Villars Eugens Truppen im Vormarsch
über seine äußersten Flügelregimenter erkennt. Die
Gefahr des Aufgerolltwerdens erfassend, rafft der französische Marschall
30 Bataillone zusammen und wirft sich aus dem Zentrum auf Eugens Flanke, um
ihn vom eigenen Zentrum zu trennen. Doch während des erneuten schweren
Kampfes, der jetzt im Wald von Taières entbrennt, ist Villars zu
kühn, zu stürmisch gegen den Savoyer losgeprescht und hat selber
seine eigene Verbindung mit dem französischen linken Flügel durch
das Herausholen der Verbindungstruppen zwischen Zentrum und Flügel
zerrissen. Während Eugen sich im Walde von Taières den
Franzosen hartnäckig entgegenstemmt, holt er aus seinem
rückwärtigen Treffen schon neue Bataillone heran, die,
während im Walde noch mit wechselndem Glück gekämpft
wird, längs des Waldrandes vorbrechen sollen, um die entstandene
Lücke bei den Franzosen zu erweitern. Da wird er, mitten unter den
feuernden Infanteriegliedern stehend und Dispositionen zum Stoß in die
feindliche Lücke gebend, am Kopfe verwundet. Die herbeistürzenden
Offiziere und Soldaten, die ihn stützen und verbinden wollen, weist er mit
harten Worten zurück. "Wenn ich bestimmt bin, hier [100] zu sterben, ist der
Verband unnütz; wenn aber nicht, so hat es auch noch abends Zeit genug
dazu!" sagt er kurz und begibt sich nun sofort zu den Truppen, die vorbrechen
sollen. Und das Wagnis gelingt. Von Eugen geführt, reißen die
vorgehenden Bataillone am Walde von Taières die französische
Front auseinander. Als Villars in diesem entscheidenden Augenblick durch einen
Knieschuß verwundet wird, ist das Schicksal des Tages eigentlich schon
besiegelt. Wohl übernimmt der "Löwe von Lille", Boufflers, jetzt
den Oberbefehl über die französischen Truppen, und es gelingt ihm
auch, durch einen todesmutigen Reiterangriff die im Zentrum bereits
vorbrechende kaiserliche, preußische, hannoversche und holländische
Kavallerie zu werfen, da taucht Eugen zum dritten Male an diesem Tage in der
vordersten Linie auf. Einen Regimentshornisten an seiner Seite, läßt
er ununterbrochen zum Sammeln und zur Neuformierung der
zurückpreschenden Schwadronen blasen. Als diese Signale
unablässig mahnend, dann fordernd und befehlend das Kampfgetöse
durchgellen, als sie, von kaiserlichen, preußischen und britischen
Trompeten aufgenommen, zuletzt über das ganze Schlachtfeld
dahinschmettern, da dröhnt der Boden plötzlich wider vom Galopp
der Schwadronen. 18 Reiterregimenter sammeln sich neuerdings im
Geschützqualm und Pulverrauch, und auf einmal brandet es mit
brausendem "Vivat, Eugenius!" gegen Boufflers Reitermassen heran, jagt sie
zurück, und jetzt ist auch das französische Fußvolk nicht mehr
zu halten. Im Zentrum zusammengeritten, am linken Flügel umzingelt,
bricht die französische Schlachtfront zusammen. Noch halten sich die
tapferen Reste des rechten Franzosenflügels in Malplaquet. Doch nun
gelingt es endlich dem Prinzen von Oranien, mit seinen Holländern den
brennenden Ort zu erstürmen. Es ist erst drei Uhr, als Boufflers zum
allgemeinen Rückzug blasen läßt. Geschlagen, aber in guter
Ordnung verläßt das französische Heer das Schlachtfeld von
Malplaquet. Es hat sich ehrenvoll und mit so großer Tapferkeit geschlagen,
daß die eigenen Verluste die Verbündeten zwingen, von jeder
weiteren Verfolgung abzustehen. Fast 23 000 Mann an Toten und
Verwundeten der Verbündeten bedecken das Schlachtfeld. Die
holländische Garde hat allein 1200 Mann vor Malplaquet verloren. Dort wo
sie gefallen sind, türmen sich die Leichen zu so furchtbaren Haufen,
daß die obersten in gleicher Höhe mit den französischen
Brustwehren liegen. Auch sonst ist das Schlachtfeld, vor allem in den
Wäldern von Sarte und Taières, mit Toten übersät.
"Wir hoffen, daß Eugen und Marlborough mit uns zufrieden waren!" sagen
französische Offiziere nach dieser Schlacht. Auch die Franzosen haben
11 000 Mann zu beklagen. So wird Malplaquet zum blutigsten Tag aller
Schlachten des spanischen
Erbfolgekrieges. Er hinterläßt eine
[101] Walstatt, auf der nach
der Voraussage Prinz Eugens Ströme von Blut geflossen sind und die
dennoch, weil man auf den gleichen Eugen nicht gehört hat, für die
deutsche Sache bereits umsonst geflossen sind.
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