Prof. Dr. Eugen
Oberhummer
Dekan der philosophischen Fakultät an der Universität
Wien
Der Anschluß Deutsch-Österreichs an das große deutsche
Gemeinwesen ist ein Gebot völkischer Notwendigkeit. Seit Karls des
Großen Zeit ist Österreich ein wesentlicher Bestandteil des
großen Deutschen Reiches gewesen. Vom Ende des Mittelalters bis vor 100
Jahren hat es ihm seine Kaiser gegeben und noch heute bewahrt die
Schatzkammer in Wien die Abzeichen der früheren Reichsgewalt.
Nur ein halbes Jahrhundert hat die staatliche Trennung Österreichs von
Deutschland gedauert. Sie war notwendig, um die schon seit dem
Westfälischen
Frieden verlorene Einheit wenigstens für den
Großteil des deutschen Volkes zu ermöglichen. Daß es so
kommen mußte, ist besonders im Süden des Reiches schmerzlich
empfunden worden. Ich selbst, Bayer von Geburt, und meiner bayerischen
Stammeszugehörigkeit auch nach meiner Übersiedlung nach Wien
voll bewußt, bin in großdeutschen Anschauungen aufgewachsen und
habe erst allmählich, dann aber rückhaltlos mich in die neue
Gestaltung des Reiches hineingelebt und für dessen machtvolle Stellung
unter den Völkern der Erde begeistert.
Der Gedanke an eine Wiedervereinigung der Glieder des deutschen Volkes ist
auch während der Trennung nie verschwunden und hat hier [37] in Österreich stets seine warmen
Anhänger, freilich auch ebenso wie im Deutschen Reich, seine Gegner
gehabt. Dynastische Rücksichten und die bis vor kurzem berechtigte
Hoffnung, die
österreichisch-ungarische Monarchie als staatliche Einheit an Seite des
Deutschen Reiches zu erhalten, standen dem Gedanken bisher entgegen. Jetzt
nach dem Zusammenbruch und bei der feindseligen Haltung der fremdnationalen
Völker der alten Monarchie richtet sich unser Blick
naturgemäß dorthin, wo der Schwerpunkt unseres Volkstums
liegt.
Ob die Vereinigung sofort durchzuführen ist, bleibt freilich eine andere
Frage. Zuviel Schwierigkeiten politischer und wirtschaftlicher Art stehen noch im
Wege. Gambetta hat einst der französischen Jugend zugerufen:
"Toujours y penser, jamais en parler."* Der erste Teil des Satzes gilt auch
für uns. Die Verwirklichung wird und muß die Zukunft bringen.
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