Staatsrat Dr. Stefan Edler von
Licht
Rechtsanwalt
Der Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie im
Weltkriege hat dem deutschen Volke in Österreich die traurige Wahrheit
enthüllt, daß alle Opfer, die es seit dem Siege Preußens und der
Hohenzollern im Kampfe um die Vorherrschaft in Deutschland brachte, um seine
geschichtliche Sendung im Osten zu erfüllen, vergebens gewesen sind. Wir
waren das Staatsvolk, wir hielten den Staatsgedanken hoch, in treuer
Anhänglichkeit dem Herrscherhause ergeben, wir ernteten dafür die
Abneigung und den Haß der anderen Nationen des Donaureiches. Die
volksbewußten Deutschen Österreichs leitete aber der Gedanke,
daß sie dem großen deutschen Volke, wenn sie um die Stellung in
Österreich den das innerste Volksmark versehrenden Kleinkampf
führten, den Dienst erwiesen, das Donaureich zu erhalten, es immer enger
mit dem Deutschen Reiche zu verbinden und derart die geschichtliche Aufgabe
der deutschen Ostmark am besten zu erfüllen. So würde das
Bündnis mit dem Deutschen Reiche immer enger geschmiedet, bis es im
Weltkriege seine Probe bestehen, und auch tatsächlich bis in die letzten
Wochen sich bewähren sollte.
[38] Sieht man in die Vergangenheit zurück, so
waren die Opfer des deutschen Volkes in Österreich vergebens, blickt man
in die Zukunft, so wird doch ihre Bedeutung und ihr Wert sich offenbaren.
Deutsch-Österreich, befreit aus den Banden des alten
Nationalitätenstaates, schließt sich mit den anderen deutschen
Stämmen zusammen zur großen deutschen Republik. Die
Träume unserer Jugend werden Wirklichkeit. Sie erfüllen sich wohl
nicht in jener schönen und reichen Weise, die uns vorschwebte; ein
goldenes Zeitalter ist uns nicht beschieden, sondern ein ehernes, das unsere ganze
Kraft und Arbeit, unsere ganze Ausdauer und Zähigkeit fordert.
Die Gewalten, die uns von außen daran hindern wollen, den Anschluß
an die deutsche Republik zu vollziehen, müßten mit den
Grundsätzen in vollem Widerstreite bleiben, die für sie den Sinn des
Weltkampfes bedeuten sollten, die Bedenken, die von innen laut werden,
können nicht standhalten vor den Notwendigkeiten, mit denen wir rechnen
müssen. Die Schwierigkeiten verhüllen sich dem nicht, der offenen
Auges die Gegenwart übersieht und in die Zukunft blickt. Wir rechnen aber
auch auf die Einsicht, auf das Verständnis, auf die Hilfsbereitschaft des
großen, in der deutschen Republik geeinten Volkes, das uns die
Möglichkeit, nach unserer Art zu leben, uns zu entwickeln und im
großen Volkszusammenhange uns wohlzufühlen und das Beste, was
wir schaffen können, unseren Volksgenossen in ungehemmter Entwicklung
zu gewähren, geben wird. So ist der Anschluß an die deutsche
Volksrepublik, der im Grundsatze bereits beschlossen ist, gewiß in erster
Reihe dem natürlichen Volksempfinden, das aller Hemmnisse befreit, sich
selber deutlich geworden ist, entsprungen, aber in gleicher Weise eine
bewußte Tat, die den Notwendigkeiten gerecht wird, die uns
Ostmark-Deutschen die Stelle gewiesen haben, in der wir angetreten sind und
beharren müssen.
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