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Dr. Eduard
Brückner
Professor der Geographie an der Universität Wien, wirkliches
Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaften
Den Anschluß Deutsch-Österreichs an das große Deutsche
Reich muß jeder fordern, dem die Erhaltung des Deutschtums am Herzen
liegt. Mögen auch diesem oder jenem augenblickliche materielle Vorteile
gegen einen solchen Anschluß zu sprechen scheinen, so sollte er doch
bedenken, daß wir heute die Entscheidung nicht für uns allein,
sondern vor allem für unsere Kinder und Kindeskinder zu treffen haben.
Deren Zukunft aber erheischt gebieterisch den Anschluß an das Deutsche
Reich, der heute sich vollziehen läßt, später aber vielleicht
nicht mehr.
Deutsch-Österreich ist ein an Naturschätzen armes Land und nicht
imstande, seine Bevölkerung zu ernähren, die je nach den Grenzen,
die unser Gemeinwesen im Frieden erhalten wird, 7 bis 9 Millionen betragen
dürfte. Es wird und muß in enge wirtschaftliche Abhängigkeit
von seinen Nachbargebieten kommen, von denen es nicht nur Rohstoffe für
die Industrie und Kohle als
Kraft- und Wärmequelle, sondern auch Nahrungsmittel wird beziehen
müssen. Da erhebt sich die Frage: soll
Deutsch-Österreich in enge wirtschaftliche Abhängigkeit zum
stamm- und sprachverwandten Deutschen Reich treten oder in eine solche zu den
neu entstandenen Slawenstaaten im Norden und Süden, zwischen die es
eingekeilt ist, und zu Ungarn? Die Wahl kann nicht schwer fallen. Ein
wirtschaftlicher Anschluß an die slawischen Nachbarstaaten und Ungarn
muß mit Notwendigkeit auch eine, wenn auch noch so lockere
Föderation schaffen, in der die ausgedehnten volkreichen Slawenstaaten die
erdrückende Majorität haben werden und
Deutsch-Österreich nur die Rolle eines Aschenbrödels wird spielen
können. Damit ist der Untergang des Deutschtums vor allem im
östlichen Teil
Deutsch-Österreichs besiegelt. Das brutale Vorgehen der Tschechen und
Südslawen an ihrer Sprachgrenze gegen die Deutschen schon vor dem
Weltkrieg und jetzt wieder während des sogenannten Waffenstillstandes
läßt daran auch nicht den leisesten Zweifel aufkommen. Den Jammer
des allmählichen Untergehens des Deutschtums mit seinen aufreibenden
und doch fruchtlosen Kämpfen haben die Deutschen in Böhmen und
Mähren, die deutschen
Balten - und ich mit ihnen - im Baltenland in den letzten Jahrzehnten
erlebt. Es ist unsere heilige Pflicht, einen solchen Jammer unseren Nachkommen
zu ersparen.
[36] Eine ganz andere Zukunft gewährleistet
der Erhaltung und Entwicklung unseres
deutsch-österreichischen Volkes der politische und wirtschaftliche
Anschluß an das Deutsche Reich, das Aufgehen
Deutsch-Österreichs in ein Großdeutschland. Ein solcher
Anschluß wäre auch nur eine selbstverständliche
Rückkehr zum Stammland, von dem erst im vorigen Jahrhundert aus
dynastischen Gründen das Gebiet des heutigen
Deutsch-Österreich politisch abgegliedert wurde. Geistig hat der
Zusammenhang nie aufgehört. Zahllos sind die Fäden, die sich
hinüber- und herüberschlingen. Stets fand ein reger Austausch
geistiger und materieller Kulturelemente statt. Das konnte auch gar nicht anders
sein, denn das Volk ist dasselbe diesseits und jenseits der künstlich
errichteten Grenzpfähle. Fort nun mit diesen, auf daß wir wieder
eins werden mit dem großen deutschen Volk im Reich!
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