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Rede in Mount Vernon vom 4. Juli 1918.
(Auszug)

Meine Herren vom diplomatischen Korps und liebe Mitbürger!

Ich bin glücklich, mich mit Ihnen an diesen stillen Ort alter Weisheit zurückzuziehen, um ein wenig von der Bedeutung dieses Tages, des "Unabhängigkeitstages" unseres Volkes, zu sprechen. Dieser Ort scheint so still und abgelegen. Er liegt noch so ruhig und unberührt von der Hast der Welt wie in jenen großen, längstvergangenen Tagen, als General Washington hier in gemächlicher Beratung mit den Männern weilte, die mit ihm zur Schaffung einer Nation bestimmt waren. Von diesen sanften Hängen sahen sie hinaus auf die Welt, sahen sie sie ganz, sahen sie sie im Glanze der Zukunft, sahen sie sie mit neuen Augen, abgewandt von einer Vergangenheit, die Männer befreiten Geistes nicht länger ertragen konnten. Deshalb können wir gerade hier in der unmittelbaren Gegenwart dieses geweihten Grabes nicht fühlen, daß dies eine Stätte des Todes ist. Es war eine Stätte der Tat.

Ein großes Versprechen für alle Menschheit wurde hier Plan und Wirklichkeit. Die Gedanken, die uns hier umgeben, sind die begeisternden Gedanken an einen edlen Tod, der nur glorreiche Vollendung ist. Von diesen grünen Hängen müßten auch wir mit verstehenden Augen die Welt um uns erblicken und von neuem die Zwecke fassen können, durch die die Menschen frei werden. Es ist bezeichnend für Washington und seine Gefährten, für ihren Charakter, ihre Zwecke und die Kräfte, die sie entfesselten, daß sie wie die englischen Barone bei Runnymede nicht für eine Klasse, sondern für ein ganzes Volk sprachen und handelten.

Uns ist die Aufgabe hinterlassen, dafür zu sorgen, daß die Welt inne werde: Sie sprachen und handelten auch nicht nur für ein einzelnes Volk, sondern für die ganze Menschheit. Sie dachten nicht an sich selbst und an die materiellen Interessen der kleinen Gruppen von Landwirten, Kaufleuten und Politikern, mit denen sie in Virginien und den Kolonien nördlich und südlich davon zu handeln gewohnt waren, sondern an ein Volk, das genug hatte von Klassen- und Sonderinteressen und der Herrschaft von Beamten, [74] die es nicht selbst gewählt hatte. Sie verfolgten keine privaten Zwecke, begehrten kein Sonderrecht. Sie strebten bewußt dahin, daß die Menschen aller Klassen frei und Amerika ein Land sein sollte, wohin Menschen aus jedem Volk kommen, die die Rechte und Privilegien freier Männer mit ihnen teilen könnten. Und, nicht wahr, wir empfangen unser Stichwort von ihnen, wir wollen, was sie wollten.

Wir hier in Amerika glauben, daß unsere Teilnahme an dem gegenwärtigen Krieg nur die Ernte dessen ist, was sie gesät haben. Unsere Lage unterscheidet sich von der ihren nur dadurch, daß es unser unschätzbares Vorrecht ist, mit Männern jedes Volkes darüber zu beraten, was nicht nur die Freiheiten Amerikas, sondern auch die Freiheiten aller anderen Völker sichern soll. Wir sind glücklich in dem Gedanken, daß es uns vergönnt ist, zu tun, was sie an unserer Statt getan hätten. Jetzt muß ein- für alle mal erledigt werden, was sie für Amerika in jenem großen Zeitalter erledigten, von dessen Geiste wir heute leben. Dies ist sicherlich der rechte Ort, von dem wir gelassen unsere Aufgabe überblicken können, damit wir unseren Geist zu ihrer Lösung stärken, und dies ist auch der rechte Ort, von dem wir ebenso den Freunden, die zuschauen, wie den Freunden, mit denen wir zu unserer Freude im Kampfe verbunden sind, unseren Glauben und unser Ziel verkünden können.

Dies denn ist unsere Auffassung von dem großen Kampf, in den wir verwickelt sind. Der Plan des erhabenen Trauerspiels steht jeder Szene und jedem Akt an der Stirne geschrieben. Auf der einen Seite stehen die Völker der Welt, nicht nur die wirklich kriegführenden, sondern auch viele andere, die Willkür erleiden und selbst nicht handeln können; Völker vieler Rassen in allen Weltteilen, darunter das Volk des schwergeprüften Rußland, das im Augenblick ohne Ordnung und hilflos ist. Ihnen gegenüber steht die Herrin zahlloser Heere, eine vereinzelte, freundlose Gruppe von Regierungen, die kein allgemeines Ziel verfolgt, sondern nur ihre eigenen selbstsüchtigen Zwecke, die nur ihr Vorteil bringen können. Ihre Völker sind nur Brennstoff in ihrer Hand, sie fürchtet ihre Völker und ist doch noch ihr unumschränkter Beherrscher, trifft für sie jede Entscheidung, verfügt über ihr Leben und Gut wie über das Leben und Gut jedes anderen Volkes, das unter ihre Herrschaft fällt. Sie kleidet sich in den seltsamen Flitter und die rohe Macht eines Zeitalters, das unserem eigenen Volk fremd und feindlich ist.

Vergangenheit und Gegenwart liegen in tödlichem Kampf, und die Völker der Welt gehen darüber zugrunde. Nur einen Ausgang kann es geben, die Entscheidung muß endgültig sein, ein Kompromiß gibt es nicht. Eine halbe Entscheidung wäre unerträglich, sie ist gar nicht denkbar. Dies sind die Ziele, für die die verbundenen Völker der Welt kämpfen und die sie erreichen müssen, bevor Friede werden kann:

1. Vernichtung jeder Willkür und Macht, die für sich allein und heimlich den Frieden der Welt stören kann, und wenn ihre Vernichtung jetzt nicht möglich ist, mindestens ihre Herabdrückung zu tatsächlicher Machtlosigkeit.

2. Regelung aller Fragen, sowohl der territorialen, wie der Souveränitätsfragen, der wirtschaftlichen und politischen Fragen auf der Grundlage einer freien Annahme dieser Regelung durch das Volk, das unmittelbar davon betroffen ist, und nicht auf der Grundlage des materiellen Interesses oder Vorteils irgend eines anderen Volkes, das eine andere Regelung zur Ausbreitung seines Einflusses oder seiner Herrschaft wünscht.

[76] 3. Einwilligung aller Völker, sich in ihren Verhältnissen von denselben Grundsätzen der Ehre und Achtung vor dem Gewohnheitsrecht der zivilisierten Gesellschaft leiten zu lassen, wie sie für die einzelnen Bürger moderner Staaten gelten, dergestalt, daß alle Versprechungen und Verträge gewissenhaft beobachtet, daß keine Sonderanschläge und Verschwörungen angezettelt werden und daß wechselseitiges Vertrauen geschaffen wird auf der Basis wechselseitiger Achtung vor dem Recht.

4. Schaffung einer Friedensorganisation, die verbürgt, daß die Gesamtmacht der freien Nationen jede Rechtsverletzung verhüten wird, und die ein Schiedsgericht einrichtet, dem alle internationalen Gegensätze unterbreitet werden sollen.

Diese großen Ziele können wir in einen Gedanken zusammenfassen: Wir streben nach der Herrschaft des Rechtes, gegründet auf die Zustimmung der Regierten und gestützt durch die organisierte Meinung der Menschheit.

Diese großen Ziele sind durch kein Verhandeln zu erreichen, durch kein Streben nach Versöhnung und Vermittlung dessen, was die Staatsmänner mit ihren Plänen eines Gleichgewichts der Macht und nationaler Zweckmäßigkeit wünschen müssen. Sie sind nur zu verwirklichen durch die Bestimmung dessen, was die denkenden Völker der Welt mit ihrer sehnsüchtigen Hoffnung auf Gerechtigkeit und soziale Freiheit und Zweckmäßigkeit wünschen. Ich denke mir, daß die Luft dieses Ortes den Klang dieser Grundsätze besonders freundlich empfängt. Die Kräfte, die ihr entsprangen, sahen das große Volk, gegen das sie sich zuerst richteten, anfänglich als Empörung gegen seine rechtmäßige Hoheit an. Aber schon lange hat es eingesehen, daß sie ein Mittel zu seiner eigenen Befreiung ebenso wie zu der der Vereinigten Staaten gewesen sind.

Und heute stehe ich hier und spreche stolz und mit zuversichtlicher Hoffnung von der Ausbreitung dieser Empörung und dieser Befreiung über die große Bühne der ganzen Welt. Die verblendeten Beherrscher Preußens haben Kräfte wachgerufen, von denen sie wenig wußten, Kräfte, die, einmal herausgefordert, nie wieder zu Boden geworfen werden können, denn sie tragen im Herzen eine Eingebung und ein Ziel, die nicht sterben können, weil sie zum Siege geschaffen sind.





Der Friedensgedanke
in Reden und Staatsakten des
Präsidenten Wilson

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[73]

Address at Mount Vernon of July 4, 1918.
(Excerpt)

Gentlemen of the Diplomatic Corps and my Fellow Citizens:

I am happy to draw apart with you to this quiet place of old counsel in order to speak a little of the meaning of this day of our nation's independence. The place seems very still and remote. It is as serene and untouched by the hurry of the world as it was in those great days long ago when General Washington was here and held leisurely conference with the men who were to be associated with him in the creation of a nation. From these gentle slopes they looked out upon the world and saw it whole, saw it with the light of the future upon it, saw it with modern eyes that turned away from a past which men of liberated spirits could no longer endure. It is for that reason that we cannot feel, even here, in the immediate presence of this sacred tomb, that this is a place of death. It was a place of achievement. A great promise that was meant for all mankind was here given plan and reality. The associations by which we are here surrounded are the inspiriting associations of that noble death which is only a glorious consummation. From this green hillside we also ought to be able to see with comprehending eyes the world that lies around us and conceive anew the purpose that must set men free.

It is significant – significant of their own character and purpose and of the influences they were setting afoot – that Washington and his associates, like the Barons at Runnymede, spoke and acted, not for a class, but a people. It has been left for us to see to it that it shall be understood that they spoke and acted, not for a single people only, but for all mankind. They were thinking not of themselves and of the material interests which centred in the little groups of landholders and merchants and men of affairs with whom they were accustomed to act, in Virginia and the colonies to the north [75] and south of her, but of a people which wished to be done with classes and special interests and the authority of men whom they had not themselves chosen to rule over them. They entertained no private purpose, desired no peculiar privilege. They were consciously planning that men of every class should be free and America a place to which men out of every nation might resort who wished to share with them the rights and privileges of free men. And we take our cue from them – do we not? We intend what they intended.

We here in America believe our participation in this present war to be only the fruitage of what they planted. Our case differs from theirs only in this, that it is our inestimable privilege to concert with men out of every nation who shall make not only the liberties of America secure but the liberties of every other people as well. We are happy in the thought that we are permitted to do what they would have done had they been in our place. There must now be settled, once for all, what was settled for America in the great age upon whose inspiration we draw today. This is surely a fitting place from which calmly to look out upon our task, that we may fortify our spirits for its accomplishment. And this is the appropriate place from which to avow, alike to the friends who look on and to the friends with whom we have the happiness to be associated in action, the faith and purpose with which we act.

This, then, is our conception of the great struggle in which we are engaged. The plot is written plain upon every scene and every act of the supreme tragedy. On the one hand stand the peoples of the world – not only the peoples actually engaged, but many others also who suffer under mastery but cannot act; peoples of many races and in every part of the world – the people of stricken Russia still among the rest, though they are for the moment unorganized and helpless. Opposed to them, masters of many armies, stands an isolated, friendless group of Governments who speak no common purpose, but only selfish ambitions of their own, by which none can profit but themselves, and whose peoples are fuel in their hands; Governments which fear their people, and yet are for the time being sovereign lords, making every choice for them and disposing of their lives and fortunes as they will, as well as of the lives and fortunes of every people who fall under their power – Governments clothed with the strange trappings and the primitive authority of an age that is altogether alien and hostile to our own. The Past and the Present are in deadly grapple, and the peoples of the world are being done to death between them.

There can be but one issue. The settlement must be final. There can be no compromise. No halfway decision would be tolerable. No halfway decision is conceivable. These are the ends for which the associated peoples of the world are fighting and which must be conceded them before there can be peace:

I. The destruction of every arbitrary power anywhere that can separately, secretly, and of its single choice disturb the peace of the world; or, if it cannot be presently destroyed, at the least its reduction to virtual impotence.

[77] II. The settlement of every question, whether of territory, or sovereignty, of economic arrangement, or of political relationship, upon the bases of the free acceptance of that settlement by the people immediately concerned, and not upon the bases of the material interest or advantage of any other nation or people which may desire a different settlement for the sake of its own exterior influence or mastery.

III. The consent of all nations to be governed in their conduct toward each other by the same principles of honor and of respect for the common law of civilized society that govern the individual citizens of all modern States in their relations with one another; to the end that all promises and covenants may be sacredly observed, no private plots or conspiracies hatched, no selfish injuries wrought with impunity, and a mutual trust established upon the handsome foundation of a mutual respect for right.

IV. The establishment of an organization of peace which shall make it certain that the combined power of free nations will check every invasion of right and serve to make peace and justice the more secure by affording a definite tribunal of opinion to which all must submit and by which every international readjustment that cannot be amicably agreed upon by the peoples directly concerned shall be sanctioned.

These great objects can be put into a single sentence. What we seek is the reign of law, based upon the consent of the governed and sustained by the organized opinion of mankind.

These great ends cannot be achieved by debating and seeking to reconcile and accommodate what statesmen may wish with their projects for balances of power and of national opportunity. They can be realized only by the determination of what the thinking peoples of the world desire, with their longing hope for justice and for social freedom and opportunity.

I can fancy that the air of this place carries the accents of such principles with a peculiar kindness. Here were started forces which the great nation against which they were primarily directed at first regarded as a revolt against its rightful authority, but which it has long since seen to have been a step in the liberation of its own people as well as of the people of the United States; and I stand here now to speak – speak proudly and with confident hope – of the spread of this revolt, this liberation, to the great stage of the world itself! The blinded rulers of Prussia have aroused forces they knew little of – forces which, once roused, can never be crushed to earth again; for they have at their heart an inspiration and a purpose which are deathless and of the very stuff of triumph!





President Wilson's Vision of Peace
as Expressed in his Speeches
and Acts of State