Bd. 8: Die Organisationen der Kriegführung,
Dritter Teil:
Die Organisationen für das geistige Leben im
Heere
Kapitel 9: Die höchsten
Kommando-
und Verwaltungsbehörden
(Forts.)
A. Die obersten Kommandobehörden des
Landheeres. (Forts.)
Von Oberstleutnant Hermann Cron
5. Organisationsänderungen auf Grund der
Kriegserfahrungen.
Nachdem Generaloberst v. Moltke an seiner großen Aufgabe gescheitert
war, wurde der bisherige Kriegsminister General v. Falkenhayn mit der
obersten Leitung betraut. Bei ihm lag die Führung in sicheren
Händen; er stellte im Westen nach dem Rückzuge an der Marne die
Lage wieder her, befestigte die deutsche Front in Frankreich, zertrümmerte
Serbien, erschloß den Zugang zur verbündeten Türkei und
erschütterte den russischen Koloß. Den Krieg entscheidende Erfolge
blieben ihm versagt. Auf dem Gebiet der Organisation hat er anregend und
fördernd gewirkt, wenn auch manches von ihm Angebahnte erst unter
seinem vom Vertrauen des Volkes stärker getragenen Nachfolger
Hindenburg ausreifte.
Als Generalfeldmarschall
v. Hindenburg zum Generalstabschef und General
Ludendorff zum Ersten Generalquartiermeister ernannt wurden, entstanden
vielfach Debatten, wer von den beiden großen Männern der
eigentliche spiritus rector sei. Ludendorff selbst beantwortet diese Frage
mit feinem Takt, indem er schreibt:6 "Der
Feldherr hat die Verantwortung. Er trägt sie vor der Welt und, was noch
schwerer ist, vor sich, vor der eigenen Armee und dem eigenen Vaterlande. Als
Chef und als Erster Generalquartiermeister war ich voll mitverantwortlich und bin
mir dessen stets bewußt gewesen."
Die Verschiedenheiten in den operativen Anschauungen der drei Chefs des
Generalstabes, die Art ihrer Führung des Krieges prägten sich auch
in Or- [434]
ganisationsänderungen der Obersten Heeresleitung aus. Stärker aber
noch wirkte die ungeheure Steigerung der technischen Kampfmittel.
Der lange sich hinziehende Krieg litt es nicht, daß Kanzler und
Kriegsminister dauernd im Hauptquartier blieben; sie wurden in der Heimat
gebraucht. Auch den Kaiser entfernten die anderweitigen Pflichten als
Staatsoberhaupt öfters vom Sitz der Obersten Heeresleitung. Dadurch
erfuhren die vom Chef des Generalstabes angestrebten Vereinbarungen mit den
Reichsbehörden zuweilen Verzögerungen. In den politischen
Auffassungen des Generalstabs und der maßgebenden Männer der
Reichsleitung aber entwickelten sich in diesen Jahren grundsätzliche
Verschiedenheiten, deren Divergenz zu verschleiern nicht einmal notdürftig
gelang. Ein Vergleich mit Friedrich dem Großen liegt nahe. Er zeigt,
welches Glück es für die Kriegführung bedeutet, wenn der
oberste Führer Feldherr und Staatsoberhaupt in einer Person ist. Dagegen
verdient es anerkannt zu werden, daß das Kriegsministerium sich fast
ausnahmslos verständnisvoll den Wünschen der Obersten
Heeresleitung anpaßte, und daß auch der dem Kaiser unmittelbar
unterstehende Chef des Militärkabinetts im allgemeinen meist den
Forderungen des Generalstabschefs Rechnung trug.
Da Deutschland und Österreich-Ungarn zu gleicher Zeit in den Feldzug
eintraten, so charakterisiert sich dieser von Anfang an als Koalitionskrieg. Eine
gemeinsame Kriegsleitung aber war weder im Frieden vorgesehen, noch
wurde sie bei Beginn des Krieges geschaffen. Sie konnte ohne Nachteil nur so
lange entbehrt werden, wie die Dinge nach Wunsch liefen. Nachdem aber der
Rückschlag an der Marne und die schwere Niederlage des
österreichisch-ungarischen Heeres in Galizien eingetreten war, wurde die
Frage gemeinsamer Kriegsleitung brennend. Sie fand jedoch zunächst ihre
Lösung nicht, da Rücksichten verschiedener Art und
persönliche Gegensätze der führenden Generalstabschefs Falkenhayn und Conrad
es verhinderten. Im kleineren Rahmen machte sich das
Fehlen einer gemeinsamen Oberleitung auf dem östlichen Kriegstheater
geltend, als Hindenburg im Oktober 1914 mit der 9. Armee im Anschlusse an den
Verbündeten den Vormarsch auf Warschau unternahm. Unter diesem
Mangel haben auch später, in den Jahren 1915 und 1916, die Operationen
auf der Ostfront dauernd gelitten, obwohl Deutschland seit September 1914 die
k. u. k. Armeen in wachsendem Maße durch deutsche Truppen
unterstützte. Durch den Eintritt der Türkei, Italiens und Bulgariens in
den Krieg entstanden bereits im Jahre 1915 neue ausgedehnte
Kriegsschauplätze, so daß die Notwendigkeit einer gemeinsamen
obersten Kriegsleitung immer dringender erschien. Sie wurde zunächst
nicht erreicht. Im Gegenteil - der fast gleichzeitige große Angriff der
Deutschen auf Verdun und die Offensive
Österreich-Ungarns aus Tirol heraus offenbarten das Voranstellen der
Sonderinteressen ebenso deutlich, wie die türkische Expedition nach
Persien es dokumentierte, die völlig aus dem Rahmen der gemeinsamen
Kriegsziele fiel. Das Mißlingen vor Verdun und in Tirol gab dem
Ge- [435] danken der
Notwendigkeit einer einheitlichen Führung neue Nahrung, indessen
scheiterten die vom General v. Falkenhayn angebahnten Verhandlungen.
Erst die Übernahme der deutschen Obersten Heeresleitung durch den
Feldmarschall v. Hindenburg und General Ludendorff schuf die
Vorbedingungen dafür: die Anwesenheit allgemein als überragend
anerkannter Persönlichkeiten an der Spitze der Zentralleitung. So kam
endlich am 6. September 1916 ein Abkommen mit
Österreich-Ungarn zustande, dem auch Bulgarien und die Türkei
beitraten. Der Oberbefehl wurde auf den Deutschen Kaiser übertragen und
erstreckte sich auf die einheitliche, der Gesamtlage entsprechende Veranlagung
und Durchführung der Operationen im großen, insbesondere auf die
gemeinsamen Ziele, die Stärke der zu verwendenden Kräfte und die
Regelung der Befehlsverhältnisse. Die einzelnen Heeresleitungen waren vor
wichtigen Entscheidungen zu hören, ihr völliges Einvernehmen
anzustreben. Die Anregungen konnten von jedem der Verbündeten
ausgehen; die Verhandlungen führte die deutsche Oberste Heeresleitung.
Man darf wohl urteilen, daß es bereits zu spät war, da
Österreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei zu großen
Leistungen nicht mehr die Kraft besaßen. Nach dem bald darauf
erfolgenden Tode des Kaisers Franz Joseph hob das übertrieben gesteigerte
Selbstbewußtsein Kaiser Karls die gemeinsame Oberinstanz wieder auf,
noch bevor sie zur Wirksamkeit gelangte.
Die Leitung der 7 Armeen im Westen durch die Oberste Heeresleitung
unmittelbar bei Beginn des Krieges versagte. Es gelang nicht, nach dem Vorbild
des älteren Moltke durch Direktiven die notwendige Einheitlichkeit in den
Operationen zu erzielen. Es handelte sich allerdings 1914 im Gegensatz zu 1870
statt um 3 verhältnismäßig kleine Heereskörper um 5
starke Angriffsarmeen, die zudem von Anfang an in enger Fühlung standen.
Daß auch die Befehlsübermittlung auf dem entscheidenden rechten
Flügel versagte, ist schon gesagt. Das Hilfsmittel, einem Oberbefehlshaber
taktisch gleichzeitig eine oder mehrere andere Armeen mit zu unterstellen, erwies
sich als keine glückliche Lösung, schon aus dem Grunde, weil
gleichgeordnete militärische Befehlshaber sich
erfahrungsgemäß nicht gern durch einen Gleichgeordneten in ihrer
Selbständigkeit beschneiden lassen, weil sich die Ansichten der
Armeeführer selten vollständig deckten und der zeitweise
übergeordnete Befehlshaber aus menschlicher Befangenheit heraus sich von
den Sonderinteressen der ihm nächsten eigenen Armee, wenn auch
unbewußt, beeinflussen ließ. Die Oberste Heeresleitung kehrte daher
im März 1915 dauernd zur unmittelbaren operativen Leitung der Armeen
im Westen zurück und behielt dieses Verfahren bei, bis gewaltige, mehrere
Armeen zur Aktion rufende Stellungsschlachten gewissermaßen von selbst
eine Zusammenfassung mehrerer Armeen unter einer besonderen
Zwischeninstanz, dem Heeresgruppenkommando, herbeiführten.
Im Osten, als einem der Obersten Heeresleitung trotz aller modernen
Verbindungsmittel recht fernliegenden Kriegsschauplatz, war die
Selbständigkeit [436] des dortigen
Oberbefehlshabers von Anfang an eine größere gewesen. Sobald sich
die Bildung der 9. Armee als notwendig erwies, ergab sich ohne weiteres die
Unmöglichkeit, die Operationen der 8. und 9. Armee aus dem
Hauptquartier im Westen in Übereinstimmung zu bringen. Generaloberst
v. Hindenburg wurde daher beauftragt, neben dem Oberbefehl der 9. Armee
die Leitung der gesamten Operationen im Osten zu übernehmen. Auch
dieses war nur eine vorläufige Maßregel, da das in Polen
vorrückende Oberkommando der 9. Armee auf die in Ostpreußen
stehende 8. Armee seinen Einfluß nicht rechtzeitig geltend machen konnte.
Daher ernannte die Oberste Heeresleitung am 1. November 1914 Hindenburg zum
Oberbefehlshaber Ost und befreite ihn von der gleichzeitigen
Führung der 9. Armee. Der Oberbefehlshaber Ost bildete daher das
deutsche Hauptquartier für den Osten. Dieser Zustand blieb indessen nicht
lange bestehen. Die Oberste Heeresleitung hielt es für ratsam, den Krieg im
Westen zunächst defensiv weiterzuführen und im Osten gemeinsam
mit Österreich-Ungarn die Russen entscheidend zu schlagen. Dazu verlegte
der Chef des Generalstabes des Feldheeres am 2. Mai 1915 seinen Sitz nach
Pleß, wo er auch dem Hauptquartier des k. u. k. Heeres
näher war. Für die Kriegführung im Osten verfügte er
an den Oberbefehlshaber Ost und an die neugebildete 11. Armee, die soeben den
Durchbruch bei Gorlice-Tarnow siegreich erkämpft hatte. Am 6. Juli 1915
erhielt Generalfeldmarschall v. Mackensen den Oberbefehl über eine
deutsch-österreichische Heeresgruppe unter Beibehalt des
Oberbefehls über die 11. Armee, und am 5. August 1915 wurde die
übrige Ostfront in die Heeresgruppen Hindenburg und Prinz Leopold
v. Bayern geteilt. Der Oberbefehlshaber Ost blieb in der Person
Hindenburgs zwar bestehen, doch erstreckte sich seine Machtbefugnis als solcher
lediglich noch auf die Verwaltung der gesamten besetzten Gebiete. Am 8.
September 1915 löste sich die bisherige 11. Armee auf, die Heeresgruppe
Mackensen wurde zur Heeresgruppe Linsingen, und Generalfeldmarschall
v. Mackensen übernahm eine neue Heeresgruppe gegen Serbien. Die
Oberste Heeresleitung befahl somit seit Herbst 1915 im Osten an die
Heeresgruppen Hindenburg, Prinz Leopold, Linsingen und Mackensen.
Die großen Erfolge der Russen gegen die
österreichisch-ungarische Front im Sommer 1916 und die dadurch
notwendige Stützung des Bundesgenossen an vielen Stellen der Front durch
deutsche Truppen erzwangen endlich ein engeres Zusammenwirken der
Verbündeten an der russischen Kampflinie. Dazu schuf man eine den
Heeresgruppenkommandos übergeordnete Stelle, die Heeresfront,
sowohl für die deutsche als auch für die
österreichisch-ungarische Führung. Es entstanden die Heeresfronten
Hindenburg und Erzherzog Karl, erstere mit den Heeresgruppen Eichhorn (bisher
Hindenburg), Prinz Leopold, Linsingen und der k. u. k. 2. Armee
(später k. u. k. Heeresgruppe
Böhm-Ermolli), also unter bedeutender Ausdehnung des deutschen
Befehlsbereichs nach Süden.
[437] Der Eintritt
Rumäniens in den Krieg führte zur Bildung der Heeresgruppe
Mackensen in Rumänien, während dessen bisherige Heeresgruppe in
Mazedonien vom General v. Below (Otto) übernommen wurde. Um
die Wende der Jahre 1916 und 1917 ergingen also alle Weisungen der Obersten
Heeresleitung für die Kriegführung gegen Rußland lediglich an
den Oberbefehlshaber Ost für die gesamte östliche Heeresfront, die
Anordnungen für die beiden auch untereinander getrennten
Kriegsschauplätze im Südosten aber an die Heeresgruppen
Mackensen und Below.
Im Westen waren während dieser Zeit die unmittelbaren Beziehungen der
Armee-Oberkommandos zur Obersten Heeresleitung, obwohl diese ihren Sitz
meistens in Pleß hatte, im wesentlichen unverändert geblieben. Nur
die Armeen um Reims und Verdun wurden am 26. September 1915 zu einer
Heeresgruppe zusammengeschlossen, deren Oberbefehlshaber der deutsche
Kronprinz war, der aber gleichzeitig das Kommando über die 5. Armee
beibehielt. Während der ersten Zeitspanne der Sommeschlacht bestand vom
19. Juli 1916 ab die Heeresgruppe Gallwitz; ihr Oberbefehlshaber kommandierte
ebenfalls daneben eine (die 2.) Armee. Aus dieser Heeresgruppe ging am
28. August 1916 das von gleichzeitiger Armeeführung befreite
Heeresgruppenkommando Kronprinz Rupprecht von Bayern hervor. Die neue
Oberste Heeresleitung Hindenburg-Ludendorff führte dann die begonnene
Dezentralisation folgerichtig durch. Am 1. Dezember 1916 löste sie das
bisher nur außeretatmäßig bestehende
Heeresgruppenkommando Deutscher Kronprinz von der 5. Armee los, und am 2.
März 1917 bildete sie die Heeresgruppe Herzog Albrecht von
Württemberg. Damit war die Westfront in drei große Gruppen
aufgeteilt. Die Verstärkung des Westheeres im Anfange des Jahres 1918 um
3 Armeen führte zu einer Neueinteilung dieser Front, indem eine 4.
Heeresgruppe unter General v. Gallwitz am 1. Februar 1918 in dem Raume
um Verdun eingeschoben wurde. Eine 5., die Heeresgruppe v. Böhn,
bestand nur während der Rückzugsschwierigkeiten in der Zeit vom
12. August bis 15. Oktober 1918.
Mehrfach entstanden auch Oberkommandos von Armeegruppen und
Armeeabteilungen. Bei letzteren handelt es sich durchweg um etatisierte
Oberkommandos kleinerer selbständiger Armeen, die zunächst an
solchen Frontstellen entstanden, an denen ein Abflauen der
Gefechtstätigkeit das Haushalten mit wenig Kräften möglich
machte. So trat im September 1914 die Armeeabteilung A (Falkenhausen)
an die Stelle der aus der Front gezogenen 6. und 7. Armee und es übernahm
die Armeeabteilung B (Gaede) den als solchen bereits damals klar
erkannten Nebenkriegsschauplatz im Oberelsaß. Dagegen stellten die
Armeegruppen meist nur eine zu bestimmten Zwecken auf Zeit befohlene
Zusammenfassung von Teilen einer Armee unter einem gemeinsamen
Befehlshaber dar, der jedoch zuweilen auch der Obersten Heeresleitung
unmittelbar unterstand, wie das Oberkommando der Armeegruppe [438] Beseler vor Antwerpen.
Auch Übergänge von der einen zur anderen Art traten ein, sie waren
jedoch stets durch die Kriegslage begründet. So wurde im Februar 1915 die
Armeegruppe Gallwitz zunächst als Verbindungsglied zwischen der 8. und
9. Armee gebildet, ihr Führer im folgenden Monate mit dem Range des
Oberbefehlshabers einer Armee beliehen, im August 1915 die Armeegruppe zur
12. Armee umgewandelt, im Oktober 1916 die 12. Armee zur Armeeabteilung
Scheffer und diese schließlich im September 1917 auf den Abschnitt Lida
(Südabschnitt der 10. Armee) reduziert.
In dauernd unmittelbaren Beziehungen zur Obersten Heeresleitung blieb das am
15. April 1916 etatisierte Oberkommando der Küstenverteidigung
in Hamburg, dessen Aufgabe nicht nur im Küstenschutze selbst lag,
sondern sich auch darauf erstreckte, Maßregeln für den Fall des
Eingreifens Dänemarks und Hollands in den Krieg vorzubereiten.
Im Range der Oberbefehlshaber standen auch die Generalgouverneure von
Belgien und Warschau. Indessen hatte der Chef des Generalstabes des
Feldheeres auf sie keinen Einfluß, da sie unmittelbar vom Kaiser abhingen
und ihre Weisungen für die Landesverwaltung vom Reichskanzler
empfingen. Sie bildeten sonach Behörden, in denen das politische Element
das militärische überwog.
Nach dem Eintritt Bulgariens in den Bund der Mittelmächte schuf die
Oberste Heeresleitung die Stelle eines Militärbevollmächtigten
in Sofia, dessen Aufgaben die gleichen waren, wie die des
bevollmächtigten Generals beim k. u. k. Oberkommando; die
bulgarische Heeresleitung sandte einen Bevollmächtigten ins deutsche
Große Hauptquartier.
Eine Verstärkung des deutschen Einflusses auf die verbündete
Kriegführung bedeutete auch die Beigabe eines deutschen
Generalstabschefs an die k. u. k. Heeresgruppe Erzherzog Karl,
die mit zahlreichen deutschen Truppen durchsetzt war. Die meisten
türkischen Armeen erhielten deutsche Generalstabschefs. Der Wunsch,
Bagdad den Engländern wieder zu entreißen, führte am 9. Juli
1917 zur Bildung des deutschen Heeresgruppenkommandos F,
das schließlich aber in Palästina eingesetzt werden mußte.
Obgleich der Krieg von Anfang an in die feindlichen Länder hineingetragen
worden war und dauernd in diesen seinen Schauplatz behielt, stellte sich die
Gesamtlage Deutschlands schon bald als die einer belagerten Festung dar. Der
Krieg wurde zum Ringen um ungeheuere befestigte Fronten. Dabei war die
deutsche Oberste Heeresleitung im großen auf die Verteidigung
angewiesen; daß sie diese aktiv führte, entsprach der Tradition und
Erziehung des Heeres. Um aber irgendwo mit Erfolg angreifen oder einen
großen feindlichen Angriff abwehren zu können, wurden
Verstärkungen erforderlich, die besonders im letzteren Falle schnell
herangeschafft werden mußten. Es trat somit an die Oberste Heeresleitung
bereits im Jahre 1914 die Aufgabe heran, sich starke Reserven zu schaffen. Diese
"Reserven der Obersten Heeresleitung" bestanden
zu- [439] nächst aus
geschlossenen Korps oder Divisionen und entsprechend der wachsenden
Bedeutung der technischen Waffen in immer zunehmendem Maße aus
technischen Truppen: Feldartillerie, Fußartillerie,
Maschinengewehrformationen, Pionieren, Minenwerfern, Gastruppen, Fliegern
und Nachrichtenverbänden. Die Reserven wurden je nach der Lage hinter
der Front verteilt und verwaltungsmäßig den Armeen oder
Heeresgruppen unterstellt, in deren Bereich sie untergebracht waren. Hand in
Hand damit ging die Ausscheidung besonderer
Heeresgruppen- und Armeereserven durch diese Kommandostellen. Das
Reserveverhältnis diente der Truppe gleichzeitig zur Ruhe, Auffrischung
und Ausbildung, eine Maßregel, die durch die ununterbrochene Fortdauer
der Gefechtstätigkeit an der Front schon ohnehin notwendig wurde.
Es fällt auf, daß man seit der zweiten Hälfte des Jahres 1916
statt geschlossener Korpsverbände Divisionen als Reserven der Obersten
Heeresleitung bestimmte. Das hatte seinen natürlichen Grund im Zwang der
Verhältnisse; die Tätigkeit an den Stellungsfronten machte nur hier
und da eine Division entbehrlich. Mußten doch zuweilen mangels
verfügbarer Divisionen solche aus zusammengerafften Truppen
verschiedener Verbände zum Einsatz im Brennpunkt des Kampfes gebildet
werden, wie die Divisionen Winkler und Fuchs in der Schlacht an der Yser.
Trotzdem bemühte sich die Oberste Heeresleitung dauernd, die Divisionen
unter ihren ursprünglichen Generalkommandos wieder zu vereinigen, was
besonders bei der Aufstellung neuer Armeen anfänglich auch gelang.
Indessen nahm die Kriegführung im Westen an Heftigkeit stetig zu, so
daß die Ablösung stark mitgenommener Divisionen oft schon vor der
ursprünglich beabsichtigten Zeit notwendig wurde.
Im Osten aber drückte die Wucht der russischen Massen derartig auf die
verhältnismäßig dünnen deutschen Linien, daß ein
dauerndes Verschieben von Truppen aus einer ruhigen Front an die bedrohten
Punkte nicht nur der eigenen, sondern fast noch öfter der
österreichisch-ungarischen Stellungen die Folge war. Daraus ergab sich
denn schließlich die Unmöglichkeit, die alten Korpsverbände
auch nur vorübergehend aufrechtzuerhalten. Die Heeresleitung
Hindenburg-Ludendorff machte sich daher zwar ungern, doch entschlossen von
der bisherigen Organisation frei und wies den Generalkommandos die Rolle von
Kampfgruppenkommandos an, denen sie Divisionen in wechselnder
Zahl je nach Bedarf unterstellte. Das Generalkommando verfügte danach an
Stelle seiner beiden angestammten Divisionen fortan über eine wechselnde
Anzahl von Schlachteinheiten, wobei die Unterschiede zwischen
Infanterie-, Reserve-, Landwehr- und Ersatzdivisionen trotz des Beibehalts dieser
Bezeichnungen in Fortfall kamen, ein Prozeß, dessen Anfänge schon
in die ersten Kriegsmonate zurückreichen. Im Jahre 1918 waren 5
Divisionen in ein und derselben Kampfgruppe keine Seltenheit. Damit erhielten
auch die Gruppenkommandos die Möglichkeit, geschlossene Divisionen
für sich selbst als Reserve zu halten.
[440] Dort, wo die taktischen
Umstände zur Bildung eines neuen Gruppenkommandos aufforderten,
wurden folgerichtig auch keine Armee- oder Reservekorps mehr errichtet, sondern
"Generalkommandos zur besonderen Verwendung" etatisiert, wobei
auch die im Stellungskrieg entbehrlich gewordenen Höheren
Kavalleriekommandeure Verwendung fanden.
Die Divisionen selbst, unter die verschiedensten Gruppenkommandos
tretend, bedurften infolge dieser Anordnungen eines organisatorischen Ausbaus zu
selbständigen und einheitlich zusammengesetzten Schlachtkörpern.
Dabei mußten auch die letzten Unterschiede zwischen den verschiedenen
Arten der Divisionen, wie bereits erwähnt, verschwinden. Dagegen zwang
Menschenmangel die Oberste Heeresleitung, die Erlahmung des russischen
Widerstandes seit der Wende der Jahre 1916 und 1917 auszunutzen, um die
kampfkräftigsten Jahrgänge aus den Ostdivisionen in die des
Westens zu verschieben und den Nachersatz entsprechend zu regeln. Unterschiede
qualitativer Art traten also doch wieder zutage, man konnte von
West- und Ostdivisionen sprechen. Natürlich ergaben sich in der Praxis
auch im Westen Unterschiede zwischen den
Divisionen - Ludendorff7 teilte sie in
gute und schlechte ein -, doch lag das nicht im System, sondern in der
menschlichen Schwäche begründet. Wie die Divisionen sich
ausbauten, wird sich bei Besprechung der Organisationsveränderungen in
den hohen Kommandobehörden infolge des Einflusses des Krieges auf die
einzelnen Waffenarten zeigen. Hier sei allgemein vorausgeschickt, daß die
ehemaligen Korpstruppen in den Etat der Divisionen traten, soweit sie nicht
Armeetruppe wurden.
Die Länge des Krieges, die Herausbildung neuer taktischer Formen, sowie
die Einführung neuer Kampfmittel einerseits und der Mangel an
kriegserfahrenem Ausbildungspersonal in der Heimat andererseits machten es
notwendig, die Schulung des Nachersatzes in besonderen Rekrutendepots hinter
der Front zu vollenden. Zuerst bei der Infanterie schon im Jahre 1914 begonnen,
fand diese Maßnahme auch Anwendung auf die Kavallerie, Artillerie,
Pioniere, Kraftfahrtruppen und den Train; ein Infanteriefeldrekrutendepot wurde
in den Etat jeder Division eingestellt.
Die Bedeutung eines gleichmäßig ausgebildeten und völlig
durchgearbeiteten Ersatzes wurde vor allem für die als entscheidend
gedachte große Offensive von 1918 wichtig. Die Oberste Heeresleitung
entschloß sich daher, einen unmittelbaren Einfluß auf die Ausbildung
in den Depots selbst auszuüben, und schuf dafür am 10. Januar 1918
die ihr angegliederte Stelle eines "Beauftragten Generals zur
Überwachung der Ausbildung hinter der Westfront". Dieser General
inspizierte die Depots und sorgte für die Gründlichkeit einer
feldmäßigen Ausbildung sowie dafür, daß der Ersatz erst
nach erlangter [441] Frontreife zur
Einstellung in die Truppe gelangte. Zur Unterstützung des Beauftragten
Generals trat gegen Ende März 1918 bei jeder Armee des Westens ein
Inspizient der Feldrekrutendepots in Wirksamkeit. Trotzdem gelang es
nicht mehr, die Lücken mit vollwertigem Ersatz auszufüllen, da der
Bedarf die Volkskraft weit überstieg.
Etwas gemildert wurde der Menschenmangel bei der Infanterie durch die
außerordentliche Vermehrung der Maschinengewehrwaffe. Ihre
vernichtende Wirkung hatte sich von Anfang an derartig herausgestellt, daß
man geradezu gezwungen war, so viele Maschinengewehre als nur möglich
anzufertigen und an die Front zu bringen. Hatten zu Beginn des Krieges die
aktiven und eine Unzahl der Reserveregimenter je eine
Maschinengewehrkompagnie besessen, so traten im Lauf des Krieges je eine
derartige Kompagnie in den Etat jedes Infanteriebataillons und ein
Maschinengewehrtrupp mit bis zu 8 leichten Maschinengewehren zu jeder
Infanteriekompagnie. Diese allmähliche starke Vermehrung der
Maschinengewehre gestattete die Herabsetzung der Divisionsstärken,
indem zunächst an die Stelle der 2 Infanteriebrigaden von 2 Regimentern 1
Brigade zu 3 Regimentern rückte und später die
Bataillonsstärken vermindert werden konnten. Auf der anderen Seite aber
erforderte das Vorhandensein einer geradezu kampfentscheidenden technischen
Waffe bei der Infanterie auch eine entsprechende Einflußnahme der
höheren Kommandobehörden. Es wurden daher waffentechnische
Stellen eingerichtet, ein Maschinengewehroffizier beim
Generalkommando und ein Stabsoffizier der Maschinengewehrtruppen
beim Armee-Oberkommando. Der letztere, abgekürzt als "Stomag"
bezeichnet, überwachte die Ausbildung der Maschinengewehrtruppen der
Armeereserve, die zur Weiterbildung des Führermaterials bestimmte
Maschinengewehrschule und die Arbeiten der
Maschinengewehrinstandsetzungswerkstätte seiner Armee. Für den
Gerätenachschub und den Mannschaftsersatz sämtlicher
Maschinengewehrformationen der Armee war er ebenso verantwortlich wie
für die vorgeschobenen Depots. In entsprechend kleinerem Rahmen
bewegten sich die Aufgaben des Maschinengewehroffiziers bei einem
Generalkommando.
Besonders einschneidende Veränderungen hatte der Stellungskrieg
für die Kavallerie zur Folge. Er ließ den Kavalleriekorps unter ihren
Höheren Kavalleriekommandeuren keinen Raum mehr. Daher
wurden schon im Dezember 1914 zwei dieser Kommandeure anderweitig
verwendet, die beiden anderen im Osten, wo noch offene Landstrecken vorhanden
waren, eingesetzt. Für den Bewegungskrieg 1915 erwies sich sogar die
Schaffung von zwei weiteren Stellen als notwendig. Nachdem dann aber auch die
Erstarrung der Ostfront endgültig geworden war, verwandelte die Oberste
Heeresleitung die Höheren Kavalleriekommandeure am 20. November
1916 in Generalkommandos zur besonderen Verwendung. Von den bei der
Mobilmachung aufgestellten 11 Ka- [442] valleriedivisionen
wurden vier wegen Pferdemangels aufgelöst, drei seit Herbst 1916 aus dem
gleichen Grunde unberitten als Kavallerieschützendivisionen,
d. h. als Infanterie, verwendet. Ihre Stäbe erhielten die Einrichtungen
des Stabes einer Infanteriedivision.
Da der Pferdemangel noch weit drückender war als derjenige an Menschen,
so mußte der Erhaltung des Pferdematerials und der
sachgemäßen Verteilung des Pferdeersatzes erhöhte
Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die hohen Kommandobehörden bis
zum Generalkommando abwärts besaßen in ihrem zum Stabe
gehörigen Veterinäroffizier bereits ein Organ, mit dessen Hilfe sie
die Erhaltung eines gesunden und leistungsfähigen Pferdematerials
überwachen konnten. Nun erhielt auch der Divisionsstab einen
Divisionsveterinäroffizier, dessen Wirksamkeit durch
gleichzeitige Etatisierung eines Pferdelazaretts bei jeder Division noch fruchtbarer
gemacht wurde. Die Seuchenverhütung und die zweckentsprechende
Zusammensetzung des Futters, das infolge der Blockade ebenso gestreckt werden
mußte wie die Nahrung des Menschen, waren für ihn wichtige
Arbeitszweige.
Für die Bearbeitung der Pferdeersatzangelegenheiten trat ein
Pferdeinspizient -
Kavallerieregimentskommandeur - zu den
Armee-Oberkommandos. Die trotzdem stetig zunehmende Schwierigkeit des
Pferdeersatzes führte schließlich dahin, daß die Oberste
Heeresleitung auch diese Sorge in ihr unmittelbares Aufsichtsgebiet einbezog.
Dazu errichtete sie am 21. Februar 1918 die Stelle des Beauftragten des
Generalquartiermeisters in Pferdeangelegenheiten, der die gesamte
Beschaffung der Pferde und ihre zweckmäßige Verteilung regelte.
Der Chefveterinär West wurde ihm unterstellt, während der am 1.
April 1915 ins Leben gerufene Chefveterinär Ost beim Oberbefehlshaber
Ost verblieb.
Die Artillerie war zu Beginn des Krieges nicht einheitlich organisiert, sondern in
ihren beiden Hauptzweigen, Feld- und Fußartillerie, getrennt aufgebaut. Die
Feldartilleriebrigade der Infanteriedivision sollte in erster Linie den
Artilleriekampf führen, das Fußartilleriebataillon des Korps an der
entscheidenden Stelle den durchschlagenden Erfolg erzwingen. Dabei
mußte das schwere Bataillon von Fall zu Fall einer Feldartilleriebrigade
unterstellt werden. Für Belagerungen und besondere Fälle war die
Zusammenfassung schwerer Artillerie unter höheren Offizieren der eigenen
Zunft vorgesehen, die sich bei dem Armee-Oberkommando befanden. Der Krieg
erwies bald die hohe Bedeutung der schweren Artillerie im
Bewegungs- wie im Stellungskampfe, eine Erfahrung, die übrigens schon Friedrich der Große
gemacht hatte. Die schwere Artillerie wurde schon bald
ein dauernd und gemeinsam mit den anderen einzusetzendes Kampfmittel auf der
ganzen Ausdehnung der Fronten. Damit erwies sich ein enges
grundsätzliches Zusammenarbeiten zwischen der
Feld- und der Fußartillerie als notwendig, und zwar in um so
höherem Grade, als die Stärke [443] und Häufigkeit
der Anlagen wuchs und schwere Kaliber auch vom Gegner immer zahlreicher
zum Einsatz gelangten. Trotzdem zog erst die Oberste Heeresleitung
Hindenburg-Ludendorff um die Wende der Jahre 1916/17 die logische
Schlußfolgerung, indem sie die höheren Führerstellen der
Feld- und der Fußartillerie in eine für beide Waffenzweige
zuständige Artillerieführung vereinigte. Die Generale der
Feldartillerie und der Fußartillerie wurden durch "Generale von der
Artillerie", die Brigadekommandeure durch "Artilleriekommandeure" ersetzt.
Bei der Obersten Heeresleitung selbst verwandelte sich der General von der
Fußartillerie am 16. Februar 1917 zunächst in den General der
Artillerie Nr. 1 und im März 1917 in den Generalinspekteur der
Artillerieschießschulen, der dem Großen Hauptquartier attachiert
blieb. Feld- und Fußartillerieschießschulen hatten bis dahin unter
besonderen Inspekteuren ohne gegenseitige Beziehungen gestanden; nunmehr
sorgte der Generalinspekteur bei den sämtlichen Schießschulen im
Felde und in der Heimat, daß in der Ausbildung nach einheitlichen
Gesichtspunkten verfahren und vor allem das Zusammenwirken der
Feld- und der schweren Artillerie als ein Hauptgesichtspunkt der Ausbildung
berücksichtigt wurde.
Die Generale von der Artillerie blieben zur besonderen Verfügung
der Obersten Heeresleitung. Sie wurden von ihr dann eingesetzt, wenn infolge der
Kriegslage die artilleristische Stärke einer Armee so anwuchs, daß
eine erfahrene Zentralinstanz notwendig erschien. Im Jahre 1918 war das bei fast
sämtlichen Armeen im Westen der Fall. Ein General von der Artillerie
vereinigte also die artilleristische Feuerleitung einer Armee in seiner Hand.
Außerdem überwachte er die Ausbildung und wirkte bei Regelung
des Einsatzes und der Ablösung mit.
Die am 16. Februar 1917 etatisierten Artilleriekommandeure traten zu
den Divisionen, von denen die Mehrzahl vordem über je einen
Feldartilleriebrigadekommandeur verfügte. Der Artilleriekommandeur
gebot sowohl über die nunmehr jeder Division einheitlich zugeteilte
Artillerie - ein Feldartillerieregiment zu drei Abteilungen und ein Bataillon
Fußartillerie -, als auch über die der Division für den
Kampf jeweilig unterstellten Artillerieverbände der Armee. Er leitete
sonach den Artilleriekampf nach den Weisungen des Divisionskommandeurs in
einem Divisionsabschnitte und unterstand waffentechnisch unmittelbar dem
General der Artillerie seiner Armee. Nur für Sonderaufgaben wurden
Artillerieteile unter dem Befehl der Gruppenkommandos oder des
Armee-Oberkommandos selbst gehalten, z. B. die Batterien für
schwerstes Flachfeuer.
Gleichzeitig mit den Artilleriekommandeuren waren auch artilleristische
Berater etatisiert worden, und zwar je ein Stabsoffizier der
Feld- oder Fußartillerie für die Oberkommandos, je ein Stabsoffizier
oder Hauptmann für die Generalkommandos. Bei den
Armee-Oberkommandos bedeutete diese Maßnahme [444] die Fortsetzung der
Tätigkeit des früheren Stabsoffiziers der Fußartillerie,
allerdings unter ausdrücklicher Betonung seiner Rolle als
Berater - nunmehr für die gesamte Artillerie, was vorher keineswegs
als selbstverständlich galt. Da dem Stabsoffizier der Artillerie bei
einem Armee-Oberkommando bald ein umfangreiches Arbeitsgebiet
erwuchs, so mußte er im Interesse seiner taktischen Tätigkeit von
seinen anderen Verpflichtungen entlastet werden. Zu diesem Zwecke wurde am 5.
Februar 1918 die Stelle eines Zweiten Stabsoffiziers der Artillerie
geschaffen, so daß man seit jener Zeit bei den Armee-Oberkommandos
einen "1. Stoart" und einen "2. Stoart" unterschied. Dem
2. Stoart lag im besonderen der Geschützersatz, der
Gerätenachschub und die Beaufsichtigung der artilleristischen
Werkstätten ob. Bei denjenigen Armeen, die über einen General der
Artillerie verfügten, trat der 1. Stoart zur Bearbeitung der taktischen
Artilleriebefehle, der Berichts-, Ausbildungs- und Organisationsangelegenheiten
unter diesen General, während der 2. Stoart seiner Tätigkeit
entsprechend dem Oberquartiermeister unterstellt blieb.
Bei den Heeresgruppenkommandos befanden sich ein artilleristischer Berater und
ein Offizier für den Artilleriegerätenachschub.
Für die Generalkommandos war der artilleristische Berater eine
völlige Neueinrichtung, sofern man nicht den
Fußartilleriebataillonskommandeur des Korps als Sachverständigen
für Steilfeuer herangezogen hatte.
Die Verschärfung der Kriegführung kam auch durch
Beschießungen weit hinter der Front gelegener Ortschaften,
Verkehrszentren und Depots zum Ausdruck. Zuerst gelegentlich, dann dauernd
und planmäßig angewendet, entwickelte sich das Fernfeuer zu einem
besonderen Dienstzweig, schwerstes Flachfeuer genannt, wofür
sämtliche Kanonen mit Kaliber über 15 cm herangezogen
wurden. Seine oberste Leitung lag im Großen Hauptquartier, woselbst am 2.
Dezember 1916 dem General von der Fußartillerie ein besonderer
Stabsoffizier hierfür zugeteilt wurde. Der Stabsoffizier für
schwerstes Flachfeuer bearbeitete die Erfahrungen mit den schwersten
Kalibern, verfolgte die technischen und ballistischen Fragen, förderte die
Ausbildung, den Bahn- und Stellungsbau für die Geschütze,
unterrichtete die Oberste Heeresleitung über den Stand der Vorarbeiten
für den Einsatz und beriet in deren Auftrage die Kommandostellen
über den Einsatz und die Aufgaben der schwersten Batterien. Bei den
Armee-Oberkommandos lag die technische Vorbereitung für den Einsatz in
der Hand des 1. Stoart.
Je mehr die Kämpfe im Lauf des Krieges zu Materialschlachten wurden,
desto mehr hing der Erfolg von dem ausreichenden und rechtzeitigen Nachschub
vor allem der Munition ab. Diese ausschlaggebende Bedeutung der
Munitionsversorgung führte dazu, daß die Oberleitung von der
Operationsabteilung übernommen und die Stelle des Feldmunitionschefs
beim Generalquartiermeister am 14. Juni 1916 aufgelassen wurde.
[445] Die
Munitionssektion der Operationsabteilung entwarf das Monatsprogramm
für die Bereitstellung der gesamten Munition und regelte ihre Verteilung
für die Artillerie und die Infanterie; außerdem verteilte sie die
Minenwerfermunition, die Nahkampf- und Nebelmittel, die
Leucht- und Signalmunition. Bei den Heeresgruppen unterhielt die Oberste
Heeresleitung einen Munitionsnachrichtenoffizier. Dem
Oberquartiermeister jeder Armee aber wurde eine besondere Munitionsabteilung,
an die die Divisionen durch die Gruppenkommandos regelmäßig
ihren Bestand und ihren Bedarf meldeten, angegliedert. Gewissermaßen als
Ergänzung dazu richteten die Armee-Oberkommandos gleichzeitig
Artillerieparkkommandos ein, deren Kommandeur unter dem
Oberquartiermeister für die Behandlung und Lagerung der Munition, sowie
für die Rückführung des
Leer- und Feindmaterials zuständig war.
Die mit dem Stellungskrieg eintretende Versenkung der Ziele in die
schützende Erde oder ihre Unkenntlichmachung, verbunden mit der
Steigerung der Entfernungen, rief bei der Artillerie ein besonderes
Meßverfahren zur genauen Feststellung der Ziele ins Leben. Es wurde durch
Licht- und Schallmeßtrupps ausgeübt, zu denen im Sommer 1917
noch Artillerieberichtigungstrupps zur Feststellung der Tageseinflüsse auf
das Schießen hinzutraten. Um die Einheitlichkeit des Meßverfahrens
auf dem westlichen Kriegsschauplatz sicherzustellen, teilte die Oberste
Heeresleitung im August 1916 dem General der Fußartillerie im
Großen Hauptquartier einen Inspekteur des
Artilleriemeßwesens zu. Für das östliche Kriegstheater
trat ein zweiter Inspekteur zum Stabe des Oberbefehlshabers Ost. Der Inspekteur
überzeugte sich durch Besichtigungen von der richtigen Verwendung und
einwandfreien Tätigkeit der genannten Trupps und prüfte die
Geeignetheit der Meßoffiziere. Beide Inspekteure wurden übrigens
im Frühjahr 1917 der Inspektion der Fußartillerieschießschulen
in der Heimat unterstellt.
Die fast ausschließliche Erziehung der deutschen Armee im Frieden
für den Angriff ließ bei dem Übergang zum Stellungskrieg den
Mangel pioniermäßiger Ausbildung scharf hervortreten. Die
Abneigung des Infanteristen gegen den Spaten und technische Arbeiten
verschärfte diesen Zustand. Besserung trat erst ein, nachdem die Infanterie
gelernt hatte, einfache Stellungsbauten selbst und mit Verständnis
auszuführen. Trotzdem blieb die Bedeutung der Pionierwaffe dauernd eine
ganz außerordentliche, um so mehr, als sie auch die Ausgestaltung und
Entwicklung neuer Kampfmittel (Minenwerfer, Flammenwerfer, Gas) und die
Aufstellung entsprechender Formationen leisten mußte und ferner der im
Frieden totgesagte Minenkrieg unter der Erde wieder mächtig auflebte.
Dementsprechend gewann auch die Stellung des Generals des
Ingenieur- und Pionierkorps im Großen Hauptquartier an Bedeutung.
Als oberster Waffenvorgesetzter der Pioniere und ihrer Spezialzweige hatte er
einen weitreichenden Einfluß. Er beriet den Chef des Generalstabes des
Feldheeres in [446] allen Fragen seiner
Waffe, besonders in bezug auf Organisation und Technik. Er sorgte dafür,
daß die taktischen Kriegserfahrungen und technischen Verbesserungen und
Neuerungen ausgewertet wurden und im Heere gleichmäßige
Berücksichtigung fanden. Am 21. August 1918 nahm er die kürzere
Bezeichnung "General der Pioniere im Großen Hauptquartier" an.
Auch die Generale der Pioniere bei den Armee-Oberkommandos traten
aus dem engen Kreise der Belagerungsformationen heraus zu umfassender
Tätigkeit. Sie beteiligten sich an allen operativen Vorarbeiten und
Erkundungen in pioniertechnischer Hinsicht, machten Vorschläge für
den Einsatz und die Verwendung der Pionierformationen, überwachten den
sachgemäßen Ausbau aller Stellungen und Kampfzonen, leiteten den
Nachschub an Gerät, Nahkampfmitteln und Minenwerfern und
beaufsichtigten das Pionierfeldrekrutendepot und die Minenwerferschule ihrer
Armee. Sie verfügten über die Pionierparks, den
Pioniergeräteverteilerbahnhof, das Armeesprengstofflager, die
Pioniersammelstelle, den Armeeminenwerferpark nebst Instandsetzungswerkstatt
und das Armeepionierbaustofflager. Für den Bau rückwärtiger
Stellungen unterstanden ihnen unmittelbar Baustäbe,
Armierungs- und sonstige Arbeitsformationen, zu denen auch
Kriegsgefangenenverbände rechneten.
Das Heeresgruppenkommando besaß in einem Stabsoffizier der Pioniere
seinen technischen Beirat.
Die Regimentskommandeure der zehn bei der Mobilmachung mit den
Belagerungsformationen aufgestellten Pionierregimenter wurden in die
Armee-Oberkommandos übernommen, sobald der Stellungskrieg die
Verwendung geschlossener Pionierregimenter hinfällig machte. Es fiel
ihnen nunmehr die Durchführung größerer
Pionierunternehmungen zu. Im Januar 1917 wurden sie in Stabsoffiziere der
Pioniere (Regimentskommandeure) umbenannt, auf 18 vermehrt und den
Armeen von der Obersten Heeresleitung nach Bedarf zugeteilt.
Eine Anzahl Generalkommandos im Westen erhielt der schwierigen Kampflage
wegen im Mai 1917 Stabsoffiziere der Pioniere (bei einem
Generalkommando) überwiesen, die sich als ständige
pioniertechnische Ratgeber betätigen sollten. Bei sämtlichen
Generalkommandos aber wurden die ursprünglich dort befindlichen
Pionierbataillonskommandeure im Januar 1917 durch je einen Stabsoffizier oder
Hauptmann der Pioniere ersetzt, der die Nachschubangelegenheiten für
Pioniergerät, Baustoffe und Nahkampfmittel bearbeitete.
Bei einem Divisionsstabe hatte zunächst der älteste Kompagniechef
der Pioniere, später auch ein besonders kommandierter Pionieroffizier die
Obliegenheiten eines Kommandeurs der Pioniere wahrgenommen. Mit Errichtung
eines Pionierbataillons bei jeder Division im Januar 1917 fiel jene Rolle dem
Pionierbataillonskommandeur zu.
[447] Die Geeignetheit der
Minenwerfer als Ersatz für die Artillerie gegen solche Ziele, die für
diese wegen der Nähe an der eigenen Infanterie und aus ballistischen
Gründen nicht erreichbar waren, stand schon im Frieden für die
Eingeweihten fest. Der Stellungskrieg auf allernächsten Entfernungen, so
wie er sich im Weltkriege ausbildete, machte den Minenwerfer zu einem
äußerst beliebten und verbreiteten Kampfmittel, dessen Anwendung
zuerst ausschließlich bei den Pionieren lag, später zum Teil auf die
Infanterie überging. Bei den hohen Kommandobehörden fand die
neue Waffe ihre natürliche Vertretung durch die ihnen zugeteilten
Pionieroffiziere. Zur Prüfung des Minenwerfergeräts bildete der
General des Ingenieur- und Pionierkorps im Großen Hauptquartier seit
Dezember 1914 nach und nach vier Stellen für Inspizienten der
Minenwerfertruppen. Die Bedeutung der Minenwerfer für die
geplanten großen Entscheidungsschläge 1918 veranlaßte aber,
daß die vier Inspizienten am 24. Februar 1918 durch Verwandlung in
Stabsoffiziere der Minenwerfertruppe zur besonderen Verfügung
der Obersten Heeresleitung für die taktischen Zwecke der Waffe
verfügbar gemacht wurden. Sie fanden vor allem dort Verwendung, wo der
Einsatz mehrerer Minenwerferbataillone der Heeresreserve in Verbindung mit den
Minenwerferkompagnien der vorderen Kampftruppen eine übergeordnete
leitende Stelle erheischte. Für die Materialaufsicht dagegen bestellte die
Oberste Heeresleitung unter gleichzeitiger Änderung der Benennung zwei
Inspizienten des Minenwerfergeräts.
Auch der Gaskampf ist ein Kind des Stellungskrieges, mit dem Abblaseverfahren
zunächst örtlich gebunden, mit Vervollkommnung der Gasgeschosse
und Gasminen aber auch im Bewegungskrieg von entscheidendem Einfluß.
Erstmalig gelangte das Gas als Kampfmittel auf deutscher Seite im April 1915 bei
dem Durchbruch über
Pilkem - Langemarck bis zu den Höhen östlich Ypern
mit gutem Erfolg zur Anwendung. Von den Pionieren aus kleinen
Anfängen entwickelt, blieb die Gaskampftruppe Pionierwaffe. Die
Oberaufsicht über die zunächst gebildeten beiden Gasregimenter
übte der Inspekteur der Gasregimenter aus, der am 10. Dezember
1916 formell dem Stabe des Generals des Ingenieur- und Pionierkorps im
Großen Hauptquartier zugeteilt wurde. Die Reorganisation der Gastruppen
vom 23. August 1917 brachte dem Inspekteur die Ernennung zum
Kommandeur der Gastruppen unter Beibehalt seines Sitzes im
Großen Hauptquartier. Er machte Vorschläge für den Einsatz
der nunmehr sowohl mit dem Blas- als auch mit dem Werferverfahren arbeitenden
Gasbataillone und überwachte Ausbildung, Disziplin, sowie die
gastechnischen Fortschritte.
Für die richtige Anwendung der Gaskampfwaffen und der gleichzeitig mit
diesen ausgebildeten Gasschutzmittel schaffte die Oberste Heeresleitung am 23.
August 1917 besondere Stellen bei den hohen Kommandobehörden, den
Stabsoffizier vom Gasdienst bei jedem
Armee-Oberkommando und den Gas- [448] offizier im
Divisionsstabe. Bei den Generalkommandos versah ein Offizier des Stabes diesen
Dienst nebenamtlich mit. Der Stabsoffizier vom Gasdienst unterstand
dem Generalstabschef seiner Armee und bearbeitete alle Angelegenheiten des
Gaskampfes und Gasschutzes. Auch die Beratung der Dienststellen für den
eigenen Gasangriff fiel ihm zu, ebenso wie die Mitwirkung bei Unterweisung der
Truppe für den Gasangriff und den Gebrauch der Gasschutzmittel. Der
Nachschub der Kampfmittel aus der Heimat zur Armee lag ihm ob. Über
den Stand der feindlichen Gaswaffen und deren Anwendung orientierte er sich
durch Beteiligung an den Gefangenenvernehmungen. Die
Divisionsgasoffiziere waren in gleicher Weise die Berater ihres
Kommandeurs und recht eigentlich die Organe zur Überwachung der
sachgemäßen Behandlung der Gaskampfwaffen und der Anwendung
der Schutzmittel bei der Truppe.
Drei Artillerieregimentsstäbe zur besonderen Verwendung traten
seit dem 1. Oktober 1916 von Fall zu Fall zu den mit artilleristischen
Gasangriffen betrauten Kommandobehörden.
Die Ausnutzung elektrischer Anlagen im feindlichen Gebiet für
Heereszwecke und die Verwendung der Elektrizität bis in die
Drahthindernisse hinein ließen bei den Armeetruppen
Starkstromformationen entstehen. Ihr gemeinsamer Befehlshaber im
Armeebereich trat unter der Bezeichnung Kommandeur der
Starkstromabteilung zum
Armee-Oberkommando.
Die Baudirektionen, deren Hauptaufgabe die Erhaltung der
Wege- und Wasserverbindungen darstellte, wurden, da ihre Tätigkeit
sowohl im Etappen- als auch im Operationsgebiet lag, am 21. September 1917
von der Etappe in die Armeeformationen übernommen und dem
Oberquartiermeister unterstellt.
Die Ausrüstung des Heeres mit Generalstabskarten war bei dem
Ausmarsche in einem Umfange erfolgt wie nie vordem. Diese Karten haben
treffliche Dienste geleistet; aber sie reichten in keiner Weise aus. Besonders auf
dem östlichen Kriegsschauplatze fehlte es an Kartenmaterial.
Außerdem aber lag es im Wesen des Stellungskrieges, daß die
Maßstäbe der Generalstabskarten für die mit ihm verbundene
Kleinarbeit nicht genügten, und daß die Notwendigkeit von
Zeichnungen in größeren Abmessungen, wie sie die
Festungspläne bereits aufwiesen, überall hervortrat. Daher
entstanden in rascher Folge Feldvermessungsabteilungen zur Herstellung von
Stellungskarten für alle Fronten. Im Juli 1915 erhielt das Kartenwesen eine
feste Organisation, deren Haupt als Chef des Kriegsvermessungswesens
dem Großen Hauptquartier angegliedert wurde. Seine Aufgaben als
technischer Vorgesetzter einer großen Zahl von kleinen, auf allen Fronten
verteilten Einheiten erforderten vermittelnde Stellen, die durch Stabsoffiziere
des Vermessungswesens gebildet wurden. Allmählich erhielt jedes
Armee-Oberkommando im Westen und jedes Heeresgruppenkommando im Osten
einen solchen Stabsoffizier zugeteilt. Ein Ausgleich an Material, Personal und
Arbeitsleistung zwischen den Armeen und Heeresgruppen [449] aber wurde
später, im März 1917, durch die Schaffung von Kommandeuren
der Vermessungstruppen herbeigeführt, von denen je einer als
Vertreter des Feldvermessungschefs die einheitliche Leitung auf dem westlichen,
östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz übernahm.
Eine bodenständige Gruppen- bzw.
Divisionskartenstelle gliederte sich jedem Generalkommando und jedem
Divisionsstabe der Front an; sie hatten die taktischen Erkundungsergebnisse in die
Karten zu übertragen, in Verbindung mit den besonderen
Artilleriemeßformationen artilleristische Aufgaben zu erledigen und die
umfangreichen Bestände zu verwalten.
Für die deutschen Eisenbahnen brachte der Weltkrieg sowohl in bezug auf
seine Dauer als auch auf seine Ausdehnung ganz außerordentliche
Anforderungen. Militärische Formationen und zivile Behörden
arbeiteten dauernd im besten Einvernehmen. Als höchste militärische
Instanz gebot seit Kriegsbeginn der Chef des Feldeisenbahnwesens im
Großen Hauptquartier. Sein Vertreter für den russischen
Kriegsschauplatz wurde als Chef des Feldeisenbahnwesens Ost bezeichnet. Mit
dem serbischen Feldzuge im Herbst 1915 tat sich für Deutschland das
Balkankriegsgebiet auf, und damit ergab sich eine Gliederung des
Militäreisenbahnwesens nach drei Kriegsschauplätzen. Unter
Aufhebung der Stelle des Feldeisenbahnchefs Ost wurden im Frühjahr 1916
drei unmittelbar vom Chef des Feldeisenbahnwesens im Großen
Hauptquartier abhängende Eisenbahntransportabteilungen
gebildet, von denen die für den Westen ihren Sitz in Charleville, die
für den Osten in Kowno, die für den Südosten in Pleß
nahm. Jeder dieser Abteilungen fiel die oberste Leitung und Regelung
sämtlicher militärischen Transporte auf ihrem Kriegsschauplatze
zu.
Das Ineinandergreifen der militärischen Transportbewegung Deutschlands
mit derjenigen der verbündeten Mächte machte die Anwesenheit von
Vertretern des Feldeisenbahnchefs bei den Verbündeten notwendig. Zu
diesem Zweck wurden Bevollmächtigte Generalstabsoffiziere des
Feldeisenbahnchefs nach Konstantinopel, Sofia und Wien entsandt. Auch
einzelnen deutschen und österreichisch-ungarischen Heeresgruppen wies
der Chef solche Bevollmächtigte je nach der Kriegslage zu. Nach dem
Friedensschluß mit der Ukraine fand die letzte Aussendung
bevollmächtigter Generalstabsoffiziere statt; sie gingen nach Charkow und
in die Krim, um im Einvernehmen mit der Donaumonarchie den Abtransport der
Getreidevorräte sicherzustellen.
Die Bahnbeauftragten bei den Armee-Oberkommandos und
Etappeninspektionen wurden beibehalten und auch den entsprechenden
Neuformationen zugeteilt.
Alle Verwaltungs- und Verkehrsangelegenheiten auf jedem der drei
Kriegsschauplätze faßten die Militärgeneraldirektionen der
Eisenbahnen in Brüssel, Warschau und Bukarest zusammen.
Unmittelbar vom Feldeisenbahnchef abhängend, waren sie den
Eisenbahntransportabteilungen gleichgeordnet; ihre [450] Entstehung,
zunächst als Verwaltungsräte, fällt in den November 1914,
Oktober 1915 und April 1917. An der Spitze einer Militärgeneraldirektion
stand ein Militäreisenbahnpräsident, dem ein höherer Beamter
als Präsident des Verwaltungsrats Unterstützung leistete. Unterstellte
Behörden bildeten die Militäreisenbahndirektionen und
Linienkommandanturen.
Infolge der im größten Umfange nötig werdenden
Bahnneu- und Wiederherstellungsbauten und der ausgedehnten Verwendung von
Bauformationen mußte als Vorgesetzter der Eisenbahntruppen in einem
Armeebereich ein Kommandeur der Eisenbahntruppen bei jedem
Armee-Oberkommando bestellt werden. Ihm fiel gleichzeitig die Regelung des
Klein- und Förderbahnbetriebs zu. Technisch unterstand er der
zuständigen Militäreisenbahndirektion, militärdienstlich einem
Regimentskommandeur der Eisenbahntruppen, der die höhere
Leitung und Beaufsichtigung der Bauformationen mehrerer Armeen
ausübte.
Auch die Wasserstraßen mußten, je länger der Krieg sich
hinzog und je mehr die Abnutzung des Eisenbahnmaterials sich fühlbar
machte, immer intensiver ausgenutzt werden. Organisation erwies sich auch hier
als unumgängliche Voraussetzung des Erfolges. So entstanden
Wasserbehörden, die im nordwestlichen Kriegsgebiet im Februar 1916
unter einer Militärkanaldirektion vereinigt wurden. Ihren
Anschluß an die Eisenbahnbehörden fand die Kanaldirektion durch
Eingliederung in die Militärgeneraldirektion Brüssel. Eine
Militärkanaldirektion für
Elsaß-Lothringen rief der Feldeisenbahnchef im Juni 1918 zu
Straßburg in Tätigkeit.
Das Wesen der Eisenbahn als Zubringer aus den Kraftquellen der Heimat zur
Front und als Verbindung der verschiedenen Kriegsschauplätze
untereinander quer durch Deutschland hindurch bedingte auch eine Vertretung des
Feldeisenbahnchefs in der Heimat selbst. Sie bestand zunächst in der
Eisenbahnabteilung des Stellvertretenden Generalstabes, die den
Verkehr mit den zivilen Eisenbahnbehörden vermittelte und das
militärische Transportwesen in der Heimat regelte. Im Juni 1916 wurde aus
einem Königsberger Privatbetrieb und der Wassertransportabteilung des
Gouvernements Libau die Schiffahrtsgruppe bei dieser
Eisenbahnabteilung gebildet. Sie sollte den Nachschub nach dem östlichen
Kriegsgebiet auf dem Wasserwege bewirken und gleichzeitig die Ausnutzung der
heimischen Wasserstraßen übernehmen. Im Anschluß an das
Hindenburgprogramm unterstellte der Feldeisenbahnchef der Stellvertretenden
Eisenbahnabteilung noch eine weitere Behörde, die im Januar 1917
errichtete Abteilung für kriegswirtschaftliche Transporte, deren
Hauptaufgabe die Überwachung der Transportlage für die
Kriegsindustrie und die Kontrolle des Wagenumlaufs und der
Transportabwicklung war.
Im März 1917 sah sich der Feldeisenbahnchef veranlaßt, einen
Kommissar bei der Kriegsbetriebsleitung des preußischen
Ministeriums der öffent- [451] lichen Arbeiten nach
Berlin zu senden, der die militärischen Interessen den Zivilbehörden
gegenüber zu vertreten hatte. Dieser Kommissar übernahm
gleichzeitig die Aufsicht über die aus der Stellvertretenden
Eisenbahnabteilung ausscheidende Abteilung für kriegswirtschaftliche
Transporte und die Schiffahrtsgruppe, die fortan Schiffahrtsabteilung
hieß.
Da jedoch das Arbeitsgebiet des Kommissars und dasjenige der
Eisenbahnabteilung schwer abzugrenzen waren und häufig ineinander
übergriffen, hob der Chef des Feldeisenbahnwesens im März 1918
sowohl die Stelle des Kommissars als auch die Stellvertretende
Eisenbahnabteilung auf und übertrug die Funktionen beider auf die
Abteilung für kriegswirtschaftliche Transporte, die damit
gewissermaßen ihre Eltern verschlang. Sie sowohl wie auch die
Schiffahrtsabteilung unterstanden nunmehr als selbständige
Behörden dem Feldeisenbahnchef unmittelbar.
Die Kraftfahrtruppe war bei Kriegsanfang, abgesehen von den wenigen
Jäger- und Kavalleriekraftwagenkolonnen, eine reine Etappenformation.
Die Bedeutung der Kraftwagen als Zubringer und Ableiter zur und von der Front
trat aber so offenkundig zutage, daß sämtliche
Kommandobehörden danach trachteten, möglichst viele Automobile
für ihre Zwecke einzustellen. Daraus ergab sich dann ohne weiteres die
Notwendigkeit einer Vermehrung der Kraftfahrtruppen und ihrer
zeitgemäßen Gliederung. Im März 1915 löste die
Oberste Heeresleitung die seit der Mobilmachung im Stabe der
Etappeninspekteure befindlichen Kommandeure der Kraftfahrtruppen
aus diesem Verhältnis und teilte sie als technische Sachverständige
den Armee-Oberkommandos zu. Den entscheidenden Schritt aber unternahm im
Herbst 1916 die neue Oberste Heeresleitung
Hindenburg-Ludendorff, indem sie die Kraftfahrformationen zur Armeetruppe
machte, und dem Stabe des Generalquartiermeisters im Großen
Hauptquartier einen Chef des Feldkraftfahrwesens, den Stäben
des Oberbefehlshabers Ost und der Heeresgruppen im Westen je einen
Stabsoffizier der Kraftfahrtruppen angliederte. Der Feldkraftfahrchef
leitete das gesamte Kraftfahrwesen als Waffenvorgesetzter sämtlicher
Kraftfahrformationen. Er regelte im Auftrage der Obersten Heeresleitung die
Verwendung der Kraftfahrverbände und den Ausgleich zwischen den
Armeen, ebenso Nachschub und Ersatz.
Die Stabsoffiziere der Kraftfahrtruppen bei den Heeresgruppen wurden im
September 1918 zu Regimentskommandeuren der Kraftfahrtruppen
ernannt und bildeten die Instanz zwischen dem Feldkraftfahrchef und den
Kraftfahrkommandeuren bei den Armeen.
Seit August 1918 stellte die Oberste Heeresleitung den
Armee-Oberkommandos 50 Hauptleute der Kraftfahrtruppen behufs
bodenständiger Verwendung nach Bedarf zur Verfügung.
Die im Oktober 1916 zuerst von der Entente auf dem Schlachtfelde eingesetzten
Tanks oder Kampfwagen sind das jüngste Kriegsmittel, das im
Welt- [452] kriege eingeführt
und ausgebildet worden ist. Wohl hauptsächlich die große
Materialknappheit, eine gewisse Unterschätzung der feindlichen
Kampfmittel und das Vertrauen auf die Wirkungen des uneingeschränkten
Unterseebootskrieges verzögerten die Herstellung eines geeigneten
deutschen Kampfwagens im Jahre 1917. Als dann im letzten Kriegsjahr deutsche
Kampfwagen in die Schlacht eingriffen, haben sie zwar mit Ehren bestanden,
doch war ihre Zahl gegenüber der feindlichen allzu gering. Für die
sachgemäße Verwendung der Wagen wurde im Mai 1918 ein
Kommandeur der Sturmpanzerkraftwagenabteilungen dem Feldkraftfahrchef im
Großen Hauptquartier zugeteilt. Später mit der kürzeren
Bezeichnung Kommandeur der Kampfwagenabteilungen bedacht, sollte
er die Ausbildung und die technischen Angelegenheiten überwachen,
Vorschläge für den Einsatz in der Schlacht machen und für
Verwertung der Kriegserfahrungen sorgen. Ob es zweckmäßig war,
eine ausgesprochene Kampfgruppe, wie es die Tanks waren, dem
Feldkraftfahrchef, dem Haupte reiner Transportformationen, zu unterstellen,
erscheint zweifelhaft.
Eine gewaltige, wohl die großartigste Entwicklung nahmen die
Luftstreitkräfte. Im Anfang des Krieges befanden sich nur wenige
Feldluftschiffer- und Fliegerformationen beim Feldheere, denen eine
waffentechnische Zusammenfassung fehlte. Die Heeresluftschiffe aber, auf die
man so große Hoffnungen setzte, erwiesen sich infolge ihrer
Verwundbarkeit bald als zum Landkriege ungeeignet und verschwanden seit dem
Jahre 1917 aus dem Feldheere. Dagegen wurde die Verwendung des Fesselballons
für Beobachtungszwecke reich entfaltet, die der Flieger aber
vervielfältigt und für Beobachtung, Bombenflug, Erkundung,
Jagdflug und Eingreifen in die Erdschlacht spezialisiert. Auch die Flugabwehr
durch Geschütze und Maschinengewehre, zu Beginn des Krieges nur
tastende Versuche zu nennen, erreichte bald großen Umfang und gute
Leistungen.
Bereits im März 1915 schuf die Oberste Heeresleitung die Stelle eines
Chefs des Feldflugwesens im Stabe des Generalquartiermeisters und
Stabsoffiziere der Flieger bei den
Armee-Oberkommandos. Der Feldflugchef vereinigte in sich die Leitung der
Flieger, der Feldluftschiffer und des für die Luftschiffahrt unentbehrlichen
Wetterdienstes: auf die Flugabwehr hatte er keinen Einfluß.
Es ist eine der größten organisatorischen Taten der Obersten
Heeresleitung Hindenburg-Ludendorff, daß sie im Oktober 1916 die
Luftwaffe selbständig machte, indem sie ihr als Spitze den
Kommandierenden General der Luftstreitkräfte gab, dessen
Generalstabschef der bisherige Feldflugchef wurde, den man als die Seele des
Flugwesens bezeichnen darf. Der Kommandierende General, abgekürzt
Kogenluft genannt, unterstand nicht dem Generalquartiermeister, sondern in
gleicher Weise wie seit Herbst 1916 auch der Chef des Feldeisenbahnwesens, der
Generalinspekteur der Artillerieschießschulen, der General [453] der Pioniere, der Chef
des Nachrichtenwesens und der Chef des Kriegsvermessungswesens dem Chef
des Generalstabes des Feldheeres und dem Ersten Generalquartiermeister
unmittelbar. Dadurch wurde er befähigt, die Luftstreitkräfte in
großzügiger Weise zu entwickeln, während die Stetigkeit der
Weiterarbeit durch die Übernahme des bisherigen Feldflugchefs als
Generalstabschef verbürgt wurde. Der Kogenluft verfügte über
sämtliche Flieger-, Luftschiffer- und Flugabwehrverbände beim
Feldheere, die Kriegsmittel für den Heimatluftschutz, die gleichen
Aufgaben dienenden heimischen Behörden und den militärischen
Wetterdienst.
Die Stabsoffiziere der Flieger bei den Armee-Oberkommandos wurden noch vor
Ablauf des Jahres 1916 zu Kommandeuren der Flieger ernannt. Als
Berater der Armee-Oberkommandos waren sie Vorgesetzte aller
Fliegerverbände ihrer Armee und leiteten nach den Weisungen des
Generalstabschefs den Einsatz der Fliegerverbände für Kampf,
Erkundung und Luftschutz. An den Hauptkampffronten gab die Oberste
Heeresleitung zum Zweck der Entlastung der Armeefliegerkommandeure den
Generalkommandos Gruppenführer der Flieger bei.
Die Bedeutung der Photographie für die Aufklärung aus dem
Flugzeuge und dem Ballon wurde frühzeitig erkannt und früh zu
hervorragender Leistungsfähigkeit ausgebildet. Behufs
sachgemäßer Ausweitung der Erkundungstätigkeit wurden
besondere Bildabteilungen bei den Armee-Oberkommandos geschaffen. Diese
Abteilungen etatisierte das Kriegsministerium im Juli 1917 als
Stabsbildabteilungen unter je einem Stabsbildoffizier. An den
Frontteilen mit besonders lebhafter Kampftätigkeit aber erwies sich auch in
diesem Falle eine weitere Dezentralisation als geboten. Daher wurden in solchen
Räumen den Gruppenführern der Flieger ebenfalls Bildstellen
beigegeben, die im April 1918 als bodenständige
Gruppenbildstellen unter je einen Gruppenbildoffizier traten. Den
Stabsbildabteilungen blieb in der Hauptsache die Nachprüfung und
Zusammenstellung der Arbeiten der Gruppenbildstellen. Das engste
Zusammenwirken der Bildformationen mit den Vermessungsabteilungen und
Artilleriemeßtrupps lag in der Natur ihrer Aufgaben. Ein Inspizient des
Bildgeräts, dem Kogenluft unmittelbar unterstellt, sorgte seit August
1918 für die wirtschaftliche Ausnutzung und pflegliche Behandlung des
kostspieligen Geräts.
Für die Luftschiffertruppen, die sich inzwischen stark vermehrt hatten,
wurden seit der Sommeschlacht 1916 nach und nach Stabsoffiziere der
Luftschiffer bei den Heeresgruppen im Westen geschaffen. Im September
1917 setzte auch bei den Luftschiffern eine straffere und einheitliche Organisation
ein, indem die bisherigen Stabsoffiziere bei den Heeresgruppen wegfielen und
dafür zu jedem Armee-Oberkommando ein Kommandeur der
Luftschiffer trat. Er bearbeitete vornehmlich den Einsatz und die Verteilung
der Ballon- [454] trupps, sowie deren
Zusammenziehung unter Abteilungsstäbe. Die dem
Luftschifferkommandeur angeschlossene Ballonzentrale wertete die
Meldungen der Ballone aus und gab die Nachrichten schleunigst an
sämtliche interessierte Stellen weiter.
Die Flugabwehr erfuhr ihre erste Organisation im Juli 1915, als der
Inspekteur der Ballonabwehrkanonen im Großen Hauptquartier
geschaffen und je ein Stabsoffizier der Ballonabwehrkanonen den
Armee-Oberkommandos im Westen, bald darauf auch jedem
Heeresgruppenkommando im Osten beigegeben wurde. Die spätere
Unterstellung der Flugabwehr unter den Kogenluft machte dann den Inspekteur
entbehrlich; seine Geschäfte übernahm die entsprechende Abteilung
im Stabe des Kogenluft. Dagegen erhielten die vorerwähnten Stabsoffiziere
die Bezeichnung und die Funktionen als Kommandeure der
Flugabwehrkanonen. Zu den Generalkommandos im Westen und zu den
Armee-Oberkommandos im Osten aber wurden
Flakgruppenkommandeure8 gestellt.
Jeder Kommandeur der Flak regelte den Einsatz und die Zusammensetzung der
Flakgruppen und Flakscheinwerfer, sowie den Flugmeldedienst und sorgte im
Benehmen mit dem Kommandeur der Flieger für die einheitliche Arbeit mit
den Fliegern.
Den Flakgruppenkommandeuren schloß die Oberste Heeresleitung
Flugmeldezentralen an, bei denen die Meldungen über das Nahen
feindlicher Flieger zusammenliefen. Durch schnelle Weitergabe sicherten sie
deren rechtzeitige Bekämpfung.
Ein Luftschutzoffizier und ein Fliegerverbindungsoffizier sicherten den
Heeresgruppenkommandos den Überblick über die Verwendung der
Flieger und den Einsatz der Luftschutzmittel im Bereiche ihrer Armeen.
Schon frühzeitig setzten Angriffe der feindlichen Flieger auf das deutsche
Heimatgebiet ein, so daß in den betreffenden Landstrichen, den westlichen
Teilen des Reiches, Abwehrmaßnahmen getroffen werden mußten.
Deren Leitung hatten die Kommandierenden Generale und wurden darin seit
September 1915 von dem Inspekteur der Ballonabwehrkanonen im Heimatgebiet
beratend unterstützt. Nachdem jedoch der Kogenluft ernannt worden war,
ging auch die Sorge für den Heimatluftschutz auf diesen über.
Gleichzeitig verwandelte sich der bisherige Inspekteur als nunmehr
ausführendes Organ des Kogenluft in den Kommandeur des
Heimatluftschutzes. Als solchem unterstanden ihm die Stabsoffiziere der
Flugabwehrkanonen in der Heimat, der Kommandeur der Flieger im
Heimatgebiet, der Stabsoffizier der Luftschiffer im Heimatgebiet und der
Stabsoffizier des Flugmeldedienstes.
Die dauernde Steigerung der Waffenwirkung und die ständige Vermehrung
der Kriegsmittel erhöhte auch die Anforderungen an die
Nachrichtenübermitt- [455] lung, deren
Hauptträger Fernsprecher und Funkentelegraphie waren. Bereits zu Beginn
des Krieges besaßen die verhältnismäßig wenigen
Nachrichtenformationen eine einheitliche Leitung dadurch, daß jedem
Armee-Oberkommando ein Stabsoffizier der Telegraphentruppen
beigegeben war, und als oberste Spitze der Chef der Feldtelegraphie im
Großen Hauptquartier bestand. In der ersten Hälfte des Krieges
suchte man daher den erhöhten Anforderungen an das Verbindungswesen
durch Vermehrung der Formationen und durch Ausbildung anderer
Nachrichtenmittel - Blinker, Richtempfänger,
Erdtelegraphen usw. - gerecht zu werden.
Ein organisatorischer Fortschritt trat erst nach dem Wechsel der Obersten
Heeresleitung im Herbst 1916 ein. Der neue Chef des Generalstabes des
Feldheeres bestellte für jeden der drei Kriegsschauplätze im Westen,
Osten und Südosten einen General der Telegraphentruppen zu
Vertretern des Chefs der Feldtelegraphie. Im übrigen wurde eine scharfe
Trennung zwischen den Fernsprechern und Funkern durchgeführt.
Infolgedessen verwandelten sich die Stabsoffiziere der Telegraphentruppen in
Kommandeure der Fernsprechtruppen ihrer Armeen, und jedes
Armee-Oberkommando erhielt außerdem noch einen
Armeefunkerkommandeur für seine Funkerformationen. Bei
jedem Gruppenkommando errichtete man die Stellen für einen
Gruppenfernsprechkommandeur und einen
Gruppenfunkerkommandeur.
Auf die Dauer jedoch erwies sich die getrennte Behandlung der Fernsprecher und
Funker als nicht zweckmäßig, denn ihre Tätigkeit griff in der
Verwendung ergänzend ineinander über. Die Oberste Heeresleitung
zauderte nicht, aus den Erfahrungen die Folgerung zu ziehen und ließ im
September 1917 eine neue Organisation eintreten, deren Grundgedanke die
Verschmelzung der verschiedenen Zweige des Nachrichtenwesens war. Der Chef
der Feldtelegraphie im Großen Hauptquartier erhielt den seinen
Wirkungskreis richtiger bezeichnenden Namen Chef des
Nachrichtenwesens und trat unmittelbar unter den Chef des Generalstabes
des Feldheeres. Die Generale der Telegraphentruppen wurden entsprechend als
Nachrichtengenerale bezeichnet. Bei den
Armee-Oberkommandos übernahm je ein
Armeenachrichtenkommandeur die Funktionen der bisherigen
Fernsprech- und Funkerkommandeure, bei den Generalkommandos fand eine
entsprechende Vereinigung in der Person eines
Gruppennachrichtenkommandeurs statt. Um aber die
Nachrichtenformationen noch schärfer auszunützen und ihr
Zusammenwirken noch mehr zu sichern, wurden sämtlichen
Divisionsstäben, auch denen der Kavalleriedivisionen,
Divisionsnachrichtenkommandeure beigegeben.
Der Chef des Nachrichtenwesens gebot als beratendes und ausführendes
Organ des Chefs des Generalstabes des Feldheeres über sämtliche
Nachrichtenformationen im Felde und in der Heimat. Die Nachrichtengenerale
waren verantwortlich für die einheitliche Ausgestaltung und Handhabung
des Nachrichten- [456] wesens der Armeen auf
ihrem Kriegsschauplatz in technischer Hinsicht, für die Verteilung der
Kräfte und deren Zusammenfassung in besonderen Lagen.
Bei den Heeresgruppen gab es je einen Nachrichtenreferenten, der einem
Nachrichtengeneral unterstellt war und den Verkehr der Armeen mit dem
Heeresgruppenkommando vermittelte.
Die Armeenachrichtenkommandeure waren unabhängig von dem
Nachrichtenreferenten beim Heeresgruppenkommando und unterstanden
waffendienstlich unmittelbar dem Nachrichtengeneral ihres Kriegsschauplatzes.
Sie verfügten über die Nachrichtenformationen der Armeereserve
und überwachten in technischer Hinsicht sämtliche
Nachrichtentruppen ihrer Armee. Armeenachrichtenpark und
Armeenachrichtenmittelschule unterstanden ihnen. Entsprechend betätigten
sich die Gruppen- und Divisionsnachrichtenkommandeure.
Das Tätigkeitsfeld eines Divisionsnachrichtenkommandeurs gibt einen
besonders guten Einblick in die Rolle der modernen Technik in der Schlacht. Sie
tritt ohne viele Worte durch einfache Aufzählung derjenigen Stellen, mit
denen der Divisionsstab dauernd verbunden war, zutage. Es liefen beispielsweise
von einem Divisionsstabe aus:
- Drahtverbindungen zu dem Gruppenkommando, den
beiden Nachbardivisionen, der Fliegerabteilung, dem Ballontrupp, der
Funkerstation, dem Brieftaubenschlag, dem Artilleriekommandeur, dem
Infanteriebrigadekommandeur, dem Meldekopf, und ferner (wenn auch teilweise
nicht direkt) zu den Fernkampfartillerieuntergruppen, der Fernwarte, den
Nahkampfartillerieuntergruppen, den Infanterieregimentsstäben, den
Kampftruppenkommandeuren, der Sperrfeuerartillerie, der Erdtelegraphenstation,
den Bereitschaftstruppenkommandeuren, den
Artillerieverbindungsoffizieren;
- Blinkerverbindung zum Infanteriebrigadekommandeur und von diesem zu
den vorderen Dienststellen;
- Funkverbindungen nach den vorderen Dienststellen.
Dazu kamen noch die zahlreichen besonderen
Nachrichtennetze für Infanterie, Artillerie, Minenwerfer,
Artilleriemeßtrupp, Flugmeldedienst, Flieger und
Ballone - eine verwirrende Fülle!
Die anfängliche Einstellung des Heeres auf den Bewegungskrieg kam auch
in der Organisation der Munitionskolonnen und Trains zum Ausdruck. Es gab je
einen Kommandeur für jede dieser Formationsarten bei den Armeekorps,
während die Reservekorps nur einen einzigen Kommandeur für beide
besaßen. Durch den Stellungskrieg vereinfachte sich die Tätigkeit der
Kolonnen und Trains, so daß die Oberste Heeresleitung im Mai 1915
für sämtliche Korps nur noch einen Kommandeur der
Munitionskolonnen und Trains gestattete. Der Verwischung der
anfänglichen Unterschiede zwischen aktiven und Reservekorps trug sie
gleichzeitig dadurch Rechnung, daß sie jedem der Kommandeure einheitlich
drei Staffelstäbe zuwies. Als aber später die
General- [457] kommandos sich zu
Gruppenkommandos entwickelten, auf die Schwierigkeit des Pferdeersatzes
Rücksicht genommen werden mußte und auch die Belastung der
Eisenbahnen Einschränkungen erheischte, löste die Oberste
Heeresleitung die Munitionskolonnen und Trains aus ihrer Verbindung mit den
Generalkommandos und machte sie zu Armeetruppen. Dementsprechend fielen
die bisherigen Kommandeure weg; dafür trat ein Kommandeur der
Munitionskolonnen und Trains beim
Armee-Oberkommando zu jeder Armee, in der Abkürzung als
Akomut bezeichnet. Ihm unterstanden die sämtlichen Staffelstäbe
seiner Armee und der Etappe unmittelbar.
Diese Umorganisation war jedoch lediglich auf den Stellungskrieg zugeschnitten.
Sobald der Übergang zum Angriff und dem anschließend geplanten
Bewegungskrieg kam, stellte sich die Notwendigkeit einer Kommandostelle
für die Kolonnen und Trains bei den Gruppenkommandos heraus. Daher
wurden im Februar 1918 für die Hauptkampffronten im Westen 21
Gruppenstaffelstäbe errichtet, so daß im Jahre 1918 die
meisten Gruppenkommandos im Westen ihren Gruppenstaffelstab, die Divisionen
aber sämtlich einen Staffelstab aufwiesen.
Um die Weiterentwicklung der Kolonnen und Trains im ganzen Heere einheitlich
zu gestalten und die Versorgung der Armeen mit Bespannung und Feldgerät
den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend zu bewirken, fügte die
Oberste Heeresleitung im August 1918 dieser Organisation eine höchste
Waffeninstanz hinzu, indem sie den General der Munitionskolonnen und
Trains im Großen Hauptquartier aufstellte.
Zur Bearbeitung der mit dem Feldtraingerät zusammenhängenden
Fragen wurde jedem Armee-Oberkommando ein Stabsoffizier des
Trains zugeteilt.
Die Wiederinstandsetzung oder Ausnutzung unbrauchbaren Heeresmaterials,
besonders der Waffen, und die Verwertung der Kriegsbeute erscheint zwar als
etwas Selbstverständliches, war es aber in den ersten Tagen des
Vorwärtsstürmens nicht. Diese Angelegenheit wurde um so
wichtiger, je mehr sich die Materialknappheit infolge der Blockade bemerkbar
machte. Die Oberste Heeresleitung ließ schon frühzeitig
Waffensammeloffiziere bei den
Armee-Oberkommandos in Tätigkeit treten. Der Mangel an Rohstoffen
aller Art führte dann dazu, daß im Juli 1917 die
Sammeltätigkeit bedeutend erweitert und die Waffensammeloffiziere in
Sammeloffiziere umbenannt wurden. Diese verteilten die
Sammelkompagnien auf die Frontstrecken und hielten Fühlung mit den
Kommandobehörden. Zu ihrer Unterstützung erhielten die
Generalkommandos einen Gruppensammeloffizier, die
Divisionsstäbe einen Divisionssammeloffizier. Den
Sammeloffizieren bei den Armee-Oberkommandos war die Armeeversandstelle
zugeteilt, die das gesammelte Material in die Heimat weiterleitete oder es an Ort
und Stelle zur sofortigen Wiederbenutzung ausbesserte. Die mangelhaften
Ergebnisse der Sammeltätigkeit während der
Offen- [458] sive im Jahre 1918
bewog die Oberste Heeresleitung am 1. Juni, einen Beauftragten des
Generalquartiermeisters für das
Beute- und Sammelwesen einzusetzen, der durch persönliche
Beeinflussung der Kommandobehörden die Tätigkeit der
Sammeloffiziere unterstützen sollte. Gleichzeitig erfolgte die Ernennung
dieser Offiziere zu Stabsoffizieren des
Beute- und Sammelwesens.
Zur Einziehung von Nachrichten über die feindlichen Heere und
Länder durch Gefangenenvernehmung, Kundschafter, die deutschen
Vertreter im neutralen Auslande und auf sonstigen Wegen, sowie zur Abwehr der
feindlichen Spionage befand sich (s. S. 425) beim Chef
des Generalstabes des Feldheeres die Abteilung III B.
Während des Krieges wuchs sich die Nachrichtenbeschaffung dieser
Abteilung bedeutend aus; die Bekämpfung der außerordentlich
gesteigerten feindlichen Spionage erforderte eine immer schärfere
Wachsamkeit. Die Länge des unentschiedenen Krieges begünstigte
zudem die vergiftende Wirkung einer Kriegswaffe, die eigentlich weiter nichts als
die Anwendung eines von England schon dauernd im Frieden angewendeten
Mittels auf den Krieg war: die moralische Offensive zur seelischen Beeinflussung
der Neutralen und zur Untergrabung der Stimmung im feindlichen Lande,
verbunden mit zahlreichen Versuchen der Sabotage. Die
Abteilung III B entwickelte sich allmählich so, daß
besondere Sektionen für den Nachrichtendienst und die Spionageabwehr im
Frontbereich, in der Heimat und im Auslande entstanden. Gleichzeitig erstrebte
sie durch den seit Herbst 1915 zum Kriegspresseamt ausgebauten Pressedienst
und durch die Oberzensurstelle maßgebenden Einfluß auf die
öffentliche Meinung. Im Interesse der Aufrechterhaltung des
Kriegs- und Siegeswillens im Feldheere und in den Truppenteilen der Heimat
wurde im Jahre 1917 der Vaterländische Unterricht eingeführt,
dessen Richtlinien gleichfalls die Abteilung III B gab. Ihre
Vertretung in der Heimat fiel der Sektion III B des Stellvertretenden
Generalstabes der Armee zu.
Bei allen hohen Kommandobehörden im Felde hatte die Abteilung III B
ihre eigenen Organe, Nachrichtenoffiziere der Obersten Heeresleitung
genannt. Sie betätigten sich sowohl in der Nachrichtengewinnung,
besonders durch die Gefangenenvernehmung und Auswertung vor allem der
schriftlichen Beutestücke, als auch in der Spionageabwehr, die bei der
Kriegführung im feindlichen Lande so umfangreich war, daß die
Armee-Oberkommandos sogar mit je zwei Nachrichtenoffizieren ausgestattet
werden mußten. (Diese Nachrichtenoffiziere der Obersten Heeresleitung
dürfen nicht mit den Nachrichtenkommandeuren verwechselt werden!)
Für die Organisation und Leitung des vaterländischen Unterrichts
erhielten die Divisionsstäbe einen besonderen
Unterrichtsoffizier.
Um die Einheitsfront zwischen der Obersten Heeresleitung und der
Reichsregierung zu schaffen, errichtete die erstere im Juli 1916 die von ihr
unmittelbar [459] abhängige
Militärische Stelle des Auswärtigen Amtes in Berlin. Sie
wurde der Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amtes angegliedert. Ihre
Aufgaben umfaßten: Entlarvung des feindlichen Lügenfeldzuges,
öffentliche Darstellung der wahren jeweiligen Lage und angriffsweise
Propaganda gegen die Entente. Mit der Ausdehnung ihres Tätigkeitsfeldes
fand im Juli 1918 die Umbenennung der Militärischen Stelle in
Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung statt. Aufsätze,
Film, Bild, Plakat und Karikatur waren die Waffen, mit denen die Abteilung
sowohl im Inlande wie in den besetzten Gebieten und im erreichbaren neutralen
Auslande wirkte. Leider setzte ihre Tätigkeit zu spät ein, um die
Versäumnisse der Regierung und besonders des Auswärtigen Amts
in der Vorkriegszeit und den ersten Kriegsjahren gutzumachen und selbst
erfolgreich zu wirken, auch blieb der Gegensatz zwischen Oberster Heeresleitung
und Auswärtigem Amte bestehen, so daß entscheidende Erfolge nicht
mehr erzielt werden konnten.
Die Kriegführung im feindlichen Lande legte der Obersten Heeresleitung
auch die Verpflichtung auf, dessen Verwaltung in die Hand zu nehmen und auf
seine Ausnutzung für die deutschen Kriegsbedürfnisse bedacht zu
sein. Das war um so notwendiger, als die völkerrechtswidrige Blockade die
Einfuhr von Rohstoffen jeder Art nach Deutschland unmöglich machte.
Zunächst geschah es auf Grund der Richtlinien und generellen
Verfügungen des Generalquartiermeisters durch die Oberquartiermeister
der Armeen und die Etappeninspekteure. Zu einer vorbildlichen Organisation
erwuchs die Verwaltung des Oberbefehlshabers Ost. Sie besaß
eine Hauptverwaltung beim Stabe Oberost selbst und besondere
Landesverwaltungen für Kurland, Litauen,
Wilna-Suwalki, Grodno und Bialystok. Später wurden diese Provinzen zu
den Militärverwaltungen Kurland und Litauen vereinigt. Gesondert blieb
die Forstverwaltung Bialowies unter ihrer Etappeninspektion.
Für die besetzten Gebiete Frankreichs und Belgiens außerhalb des
Generalgouvernements entstand im September 1916 auf Veranlassung des
Generalquartiermeisters eine besondere Wirtschaftsabteilung beim
Generalintendanten. Da ihr dieser neben seiner sonstigen gewaltigen
Inanspruchnahme auf die Dauer nicht genügend Aufmerksamkeit widmen
konnte, richtete die Oberste Heeresleitung am 1. Januar 1917 an Stelle der
Wirtschaftsabteilung eine neue Behörde, den "Beauftragten des
Generalquartiermeisters für den westlichen Kriegsschauplatz" ein. Der
"B. d. G. West" leitete auf Grund allgemeiner
Weisungen des Generalquartiermeisters die Verwaltung und Ausnutzung des
Landes und die Heeresbetriebe; auch das Generalwechselamt unterstand ihm.
Gleichzeitig wurde ein "B. d. G. Ost" dem Stabe des
Generalgouvernements Warschau zugeteilt. Die für Rumänien
eingerichtete Militärverwaltung hing von dem Oberkommando
Mackensen ab. Die Nutzbarmachung der in Oberitalien okkupierten Landstriche
bewirkte seit Beginn des [460] Jahres 1918 die
"Deutsche Vertretung im besetzten Italien" in Udine; der
Generalquartiermeister war ihr unmittelbar vorgesetzt.
Die Heeresgruppenkommandos hatten sich mit der Landesverwaltung und
Heeresversorgung nicht zu befassen. Daher besaßen sie, abgesehen von
besonderen Lagen, auch keinen Oberquartiermeister. Bei den Armeen
dagegen machte die Landesverwaltung innerhalb des Operationsgebiets und die
Aufsicht über die Heeresbetriebe einen wesentlichen Teil der Aufgaben des
Oberquartiermeisters aus. Dieser trat dadurch in eine gewisse Konkurrenz mit
dem Etappeninspekteur, der, dem Oberbefehlshaber ferner stehend, gegen Ende
des Krieges mehr unter den Einfluß des Oberquartiermeisters kam, als es
bei Kriegsbeginn der Fall gewesen war. Die genaue Abgrenzung der
Tätigkeitsgebiete des Oberquartiermeisters und des Etappeninspekteurs
hätte wertvolle Kräfte sparen können.
Prägt sich der dauernd wachsende Einfluß der Technik scharf in
diesen Organisationsveränderungen der hohen Kommandobehörden
aus, so war auch die starke Beeinflussung der Befehlsverhältnisse
durch Stellungskrieg und Technik eine Neuerscheinung des Weltkrieges.
Während im Bewegungskriege von 1914 seitens der Obersten
Heeresleitung nur Direktiven gegeben wurden und die obersten
Kommandobehörden sich in der Befehlsgebung auf das unbedingt
Notwendige beschränkten, so daß im allgemeinen der
Divisionsbefehl dem Umfang nach der längste werden mußte, weil er
die Grundlage für die einzelnen Truppenbefehle bildete, muß man in
der späteren Kriegszeit grundsätzlich zwischen der Befehlserteilung
im ruhigen Stellungskampf und derjenigen vor einer größeren
Kampfhandlung unterscheiden. Im Stellungskrieg handelte es sich meist nur um
die Wahrung des allgemeinen Zusammenhangs, um Ausgleich der
Streitkräfte und Ergänzung der Heeresbedürfnisse. Der Erste
Generalquartiermeister pflegte täglich mit den Generalstabschefs der
Heeresgruppen und Armeen im Westen mittels Fernsprechers in
Meinungsaustausch zu treten. In gleicher Weise verfuhren die
Armee-Oberkommandos gegenüber den Gruppenkommandos und diese
gegenüber den Divisionen, so daß von vornherein eine Menge von
Fragen im fernmündlichen Verkehr der Behörden untereinander
geklärt wurden. Zum Teil auf Grund dieser Unterredungen oder im Verfolg
schriftlicher Anträge oder aus dem Wechsel der Umstände heraus
entstanden Befehle, die drahtlich oder schriftlich den unterstellten
Behörden zugingen, wobei der altgewohnte Dienstweg innegehalten wurde.
Damit war aber nur ein Teil der erforderlichen Anordnungen gegeben; es kamen
fast täglich auch andere als die rein taktischen Stellen zur Mitwirkung. So
bei allen Truppenverschiebungen der Feldeisenbahnchef und die von ihm in
Bewegung zu setzenden Militäreisenbahnbehörden und Organe; bei
allen Angelegenheiten der Luftstreitkräfte der Kogenluft und seine
Vertreter bei den verschiedenen Kommandobehörden. Die innigen
Beziehungen, die sich zwischen der Infanterie, den Pionierwaffen, der Artillerie,
den Luftstreit- [461] kräften, dem
Nachrichten- und Vermessungswesen infolge der ausschlaggebenden Wirkung der
Technik herausgebildet hatten, ließen kaum noch eine Anordnung bei einer
dieser Waffen zu, die nicht sofort Anweisungen auch für die anderen
nötig gemacht hätte.
Am eindringlichsten aber trat der durch den Stellungskrieg maßgebend
gewordene Einfluß der Waffentechnik zutage, wenn es sich um die
Vorbereitung großer Unternehmungen handelte. Nach Art von
Mobilmachungsterminkalendern mußten die für jede
Kommandostelle und Truppe notwendigen Maßnahmen festgelegt werden,
sei es, daß es bei einem Rückzuge (z. B. Siegfriedbewegung
1917) galt, das dicht hinter der kämpfenden Front aufgestapelte
Kriegsmaterial zurückzuführen und planmäßige
Zerstörungen vorzunehmen oder daß es bei einem Großangriff
darauf ankam, die erforderlichen Truppenmassen und ungeheuren
Munitionsmengen vom Feinde unbemerkt heranzuführen, bereitzustellen
und die Kampfaufgaben zu verteilen. Dann blieb als entscheidender
Schlußbefehl nur noch die von der Obersten Heeresleitung ausgehende und
allen Stellen zugehende kurze Weisung, daß an dem Tage und zu jener
Stunde die eigentliche Kampfhandlung zu beginnen habe.
Während die Operation fortschritt oder bei überraschendem
feindlichen Angriff trat die Befehlsgebung des Bewegungskrieges wieder in ihr
Recht, mußte aber infolge des beherrschenden Einflusses der Technik in
weit höherem Grade als früher durch waffendienstliche Anordnungen
ergänzt werden - und zwar um so mehr, wenn die entscheidenden
Punkte im Lauf der Operation mehrfach wechselten und die Verschiebung des
Schwergewichts der technischen Waffen, vor allem der Artillerie, Minenwerfer
und Flieger, erforderten.
Eine gewaltige, großzügige Weiterentwicklung der Organisation von
1914 war so durch den Zwang der Erfordernisse des Krieges auf allen Gebieten
des Heerwesens notwendig geworden. Da sich diese fortwährend
änderten, blieb die Entwicklung dauernd im Fluß. Sie erreichte im
Herbst 1918 ihren Höhepunkt, war aber keineswegs als abgeschlossen zu
betrachten, als sie durch das Friedensdiktat von Grund aus zerstört
wurde. Die Ausgestaltung, die sie bei Kriegsende innerhalb der einzelnen
Kommandostellen gewonnen hatte, zeigen die am Schluß
dieses Abschnitts angefügten
Beispiele der Geschäftsverteilung der höchsten
Kommandobehörden und der Obersten
Heeresleitung. In den Einzelheiten herrschten bei den
hohen Stäben mannigfaltige Verschiedenheiten, je nachdem es die
besonderen, überall verschiedenen Umstände erheischten. Freiheit
vom Schema und praktische Anpassungsfähigkeit an die wechselnden
Grundlagen waren die Größe der deutschen organisatorischen Arbeit
im Kriege!
Inmitten des gigantischen Ringens auf allen Fronten und unter dem stetig
wachsenden Mangel an Menschen und Material hat die deutsche Organisation das
Heer getragen und seine Schlagfertigkeit erhalten. Mit Stolz kann das deutsche
Volk auf diese Leistung zurückblicken, die Geist und Willensstärke
ihm [462] ermöglichten.
Sie erfüllte auch den Feind mit neidvoller Bewunderung; darum vernichtete
er ihre Grundlage, den gefürchteten Generalstab, als dem siegreichen Heere
das Schwert entsank.
Dem deutschen Volke aber wird die stolze Erinnerung an diese Leistungen und
das Bewußtsein des im Kampfe mit der ganzen Welt erprobten
Könnens ein fruchtbares Erbe sein!
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