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Bd. 8: Die Organisationen der Kriegführung, Dritter Teil:
Die Organisationen für das geistige Leben im Heere

  Kapitel 2: Das Militärstrafrechtswesen im Kriege   (Forts.)
Kriegsgerichtsrat Dr. jur. h. c. Heinrich Dietz

A. Beurteilende Betrachtung.   (Forts.)

2. Das Militärjustizwesen insbesondere.

Die Militärjustiz, d. h. die Militärstrafrechtspflege im engeren Sinne, der Bekämpfung der ernsteren Straftaten dienend, ist ein wichtiges geistiges Rüstzeug für die Erhaltung der Mannszucht und damit die Leistungsfähigkeit und [115] Schlagfertigkeit der Armee. Ihre einheitliche und in wesentlichen Teilen neuzeitliche Gestaltung für das deutsche Heer und die Kaiserliche Marine durch die Militärstrafgerichtsordnung für das Deutsche Reich vom 1. Dezember 1898, in Kraft getreten am 1. Oktober 1900, erwies sich als äußerst wertvoll. Die Rechtsprechung der Militärgerichte, unter Führung des Reichsmilitärgerichts, arbeitete seitdem zielsicher, gleichmäßig und geschlossen. Gleichzeitig kam die Wissenschaft des Militärrechts zu ganz ungeahnter Blüte. Träger dieser neuen Bewegung war, unter rühmenswerter Mithilfe einzelner hervorragender Professoren des Strafrechts, der deutsche Militärrichterstand. Er war dabei auf sich selbst gestellt. Der Hemmungen, die aus dem preußischen Kontingente kamen, ist schon teilweise gedacht. Ziele und Beweggründe der neuen, die inneren Werte des Heereskörpers dauernd vermehrenden Strömung wurden leider vielfach mißdeutet. Das Streben der Kriegs- und Oberkriegsgerichtsräte, der gleichen staatlichen Fürsorge wie die stets bevorzugten Beamten der Heeresverwaltung teilhaftig zu werden, war erfolglos. Die stiefmütterliche Behandlung der preußischen Militärjustiz war schließlich sprichwörtlich geworden. Bei dieser einfachen Feststellung mag es hier sein Bewenden haben.

Für die Mobilisierung der Militärjustiz war von Amts wegen wenig geschehen. Mit einer Vorbildung der aktiven Militärrichter für die besonderen Rechtsverhältnisse eines Krieges hatten sich die amtlichen Stellen niemals befaßt. Der Mobilmachungsplan war den Militärgerichten im Frieden nicht bekanntgegeben worden, so daß über die Geschäftsführung bei Kriegsbeginn nirgends Klarheit bestand. Es war persönliche Sache des einzelnen, sich zurechtzufinden und einzuarbeiten. Glücklicherweise hatte das militärrechtliche Schrifttum einige Vorarbeiten geliefert; besonders ein Taschenbuch des Militärrechts für Kriegszeiten, erstmals 1913 erschienen, leistete der Einführung gute Dienste.

Der aktive Stand der Kriegs- und Oberkriegsgerichtsräte reichte nicht entfernt aus, um alle Kriegsstellen zu besetzen. Deswegen waren bürgerliche Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte als Hilfskriegs- und Oberkriegsgerichtsräte für mobile und immobile Stellen vorgemerkt - entsprechendes gilt für die Sekretariatsbeamten -, aber ihre Zahl erwies sich als viel zu gering. Dabei waren sie für ihre schwierigen Stellen, etwa durch planmäßigen Unterricht, Hilfsdienst bei den Militärgerichten im Frieden, amtliche Zuweisung eines Leitfadens für ihre Aufgaben, in keiner Weise gerüstet. Das Fehlen eines Beurlaubtenstandes der Militärrichter machte sich fühlbar. Viele dieser im Militärjustizdienst - dabei oft unter beschämender Zurücksetzung und Benachteiligung der aktiven Militärjustizbeamten - verwendeten Herren gehörten dem Landsturm an, waren also überhaupt nie Soldaten gewesen; sie sahen sich vor die überaus schwierige Aufgabe gestellt, sich zunächst mit den Besonderheiten des militärischen Lebens, mit militärischen Einrichtungen und militärischem Geist vertraut zu machen. Juristische Prüfungen und die Militärjustizuniform [116] machen noch nicht zum Juristen beim Militär. Der völlig unvermittelte Übergang solcher Hilfskriegsgerichtsräte aus dem bürgerlichen in das militärische Leben mußte auf die Beurteilung der Militärjustiz im Heere zunächst ungünstig einwirken, zumal die Leistungen dieser Neulinge anfangs natürlich gering waren. Für den Ausbau einer wirksamen fachlichen Dienstaufsicht, ausgeübt durch tüchtige, aktive Beamte, geschah nichts; dem stand schon der streng festgehaltene, selbst von namhaften Heerführern vergeblich bekämpfte Dienstaltersgrundsatz entgegen. Der Mangel war im Befehlsbereich der Etappeninspektionen und gegenüber den selbständigen Divisionen besonders fühlbar. Den Stamm der Militärjustiz schwächte man auch noch dadurch, daß man die felddienstfähigen aktiven Justizbeamten aus ihrer beruflichen Stellung im Organismus des Heeres zur Verwendung als Offiziere herauszog; eine Maßnahme, die durch den Mangel an Offizieren, teilweise freilich auch durch besondere Wünsche der Beamten, veranlaßt war. Die schon in Friedenszeiten mangelhafte Ausstattung der Militärgerichte mit Fachschrifttum machte sich auch im Kriege vielerorts fühlbar. Das stete Anwachsen der Verbrechensziffer und die Vermehrung der Truppen erforderten immer wieder neue Kräfte, Richter und Sekretäre. Man war aber nicht imstande, die Bedürfnisse überall richtig zu befriedigen; das führte zu großen Überlastungen. Es war keine leichte Aufgabe für die Militärjustiz, alle diese Erschwerungen zu überwinden; rein sachliche Erschwerungen, die später zu berühren sind, sind hierbei nicht in Rechnung gestellt.

Aber, bei allen Mängeln in der Organisation der Militärstrafrechtspflege, als Ganzes betrachtet, hat sie im Kriege Tüchtiges geleistet. Dazu befähigte sie in erster Linie der Hochstand des Militärstrafverfahrens vor dem Kriege. In der Öffentlichkeit war dieser Hochstand nie richtig bekannt geworden. Die Einschätzung der Militärjustiz litt vielmehr unter einem weitverbreiteten Mißtrauen und Vorurteil. Der Begriff "Militärjustiz" war noch in weiten Kreisen mit der Vorstellung eines mittelalterlichen geheimen Inquisitionsverfahrens verbunden, obwohl das geheime Verfahren seit 1900 überwunden war. Aufsehenerregende Militärstrafprozesse gaben der militärfeindlichen und auch der parteipolitisch darauf eingestellten Presse immer wieder Anlaß, gegen die Militärstrafrechtspflege anzukämpfen. Vereinzelte Mißstände wurden verallgemeinert, die - in sehr seltenen Fällen - hervortretende Härte militärischer Strafsatzungen wurde den Richtern in die Schuhe geschoben. Blutjustiz und Klassenjustiz waren die üblichen Schlagwörter. Nicht ohne innere Berechtigung waren Wünsche, die gegen die Einrichtung der Gerichtsherrlichkeit, gegen die Besetzung der Gerichte nur mit Offizieren (abgesehen von richterlichen Beamten) und gegen das Verfahren bei Ausschließung der Öffentlichkeit geltend gemacht wurden. Soweit hier Mängel vorhanden waren, waren es solche des Gesetzes. Das schon vor dem Kriege der Militärjustiz wenig günstige, nach der Umwälzung sich zur tollsten Beschimpfung und Verleumdung steigernde Urteil [117] weiter Kreise war nichts weniger als zutreffend und gerecht. Darüber sind sich alle wahren Kenner einig. Schon die Ergebnisse der Kriminalstatistik für das Heer und die Marine wiesen auf gute Leistungen und Erfolge der militärischen Rechtspflege seit 1900 hin. Durch das einmütige Urteil der als Verteidiger bei den deutschen Militärgerichten wirkenden Rechtsanwälte wurde dieses Ergebnis bestätigt. Diese Männer standen außerhalb der bewaffneten Macht und mußten die unbefangensten Beurteiler sein. Aus 35 deutschen Garnisonen aller Länder des Reiches bezeugten diese Rechtsanwälte, in Beantwortung von Fragebogen, die Rechtsanwalt Rommel in Kassel versandt hatte:

a) Die Kriegsgerichte arbeiten mit äußerster Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit, meist erheblich gründlicher als die Strafkammern und Schöffengerichte (sorgfältige Vorbereitung aller Sachen, rühmenswertes Interesse und Aufmerksamkeit sämtlicher Richter).

b) Die Verhandlungen vor den Kriegsgerichten zeichnen sich durch große Objektivität aus (wohlwollendste Behandlung des Angeklagten, keine Voreingenommenheit, kameradschaftliches Entgegenkommen, Ton der Verhandlung ruhig, würdig, vornehm; streng sachliche Führung der Voruntersuchung).

c) Die Urteile der Kriegs- und Oberkriegsgerichte sind durchweg sehr milde (Mindeststrafe wird außergewöhnlich oft verhängt).

d) Ganz einmütig wird das geradezu vorbildliche Entgegenkommen der Kriegsgerichte gegenüber den Verteidigern gelobt (Verteidiger kein lästiges Übel, wie vielfach bei den Strafkammern, sondern gleichsam gleichberechtigtes Glied der Gerichte; Geschäftsgang überhaupt einfach und praktisch gestaltet).

Dieses überaus günstige Werturteil der Rechtsanwaltschaft wurde im Juni 1914 abgegeben. Rommel bemerkte dazu: Es wird vielfach im Volke Erstaunen erregen. Dazu kam es freilich nicht; denn der Krieg verhinderte, daß es in der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Der hohe Stand der Militärstrafgerichtsbarkeit hatte verschiedene Ursachen. Günstig wirkte die gegenüber dem bürgerlichen Strafverfahren sehr vereinfachte Gestaltung des Verfahrens. Besonders das Ermittlungsverfahren war klar, einfach, in sich abgeschlossen, einheitlich. Der Untersuchungsführer verfaßte regelmäßig die Anklage und vertrat sie; die Vorerhebungen lagen fast nur in seiner Hand. Rechtshilfe war meist entbehrlich, die Behörden des Polizei- und Sicherheitsdienstes wurden nur selten zur Mithilfe herangezogen. Die Gerichte waren einheitlich aufgebaut; jedes erstinstanzliche Urteil mußte sich die Nachprüfung im Berufungsverfahren gefallen lassen. Die Gerichte konnten ruhig arbeiten; sie waren nicht überlastet. Überlastung war das Grundübel der bürgerlichen Strafrechtspflege. Von ganz entscheidender Bedeutung war die Art der Zusammensetzung der Gerichte: Juristen und Laien waren gemeinsam zur Urteilsfindung berufen, und die Laien waren sachverständige, geistig hochstehende Richter. Die Mitwirkung der Laien zwang zur ruhigen, sorgfältigen [118] Behandlung und erhöhte die Verantwortlichkeit der wenigen Juristen. Die Militärjuristen selbst waren bald Staatsanwälte, bald Untersuchungsrichter, bald Spruchrichter; diese Abwechslung wirkte erfrischend und bewahrte vor Einseitigkeit.

An diesem Zustande der Militärgerichtsbarkeit hat sich während des Krieges nicht viel geändert. Das Verfahren in der Heimat und überhaupt bei immobilen Angeklagten blieb genau dasselbe. Das knappere Feld- und Bordverfahren nahm zwar die Rechtsmittel, gewährte aber Rechtsbürgschaften genug. Der Kreis derer, die bei der Rechtsfindung mitwirkten, war gegenüber den Friedensverhältnissen etwas verändert. Als Richter waren neben aktiven Offizieren auch Offiziere des Beurlaubtenstandes tätig, meist in reiferem Lebensalter, ferner bürgerliche Richter, Assessoren und Rechtsanwälte, bei der Verteidigung waren alle militärischen Dienstgrade vertreten. Wohl machte sich die geringe Zahl der aus der Friedenszeit übernommenen aktiven Militärrichter besonders fühlbar, zumal man sie teilweise als Offiziere verwandte und frei gewordene planmäßige Stellen nicht wieder besetzte. Militärisch nicht genügend geschulte Hilfsrichter trafen auch, solange sie sich nicht eingelebt hatten, nicht immer den richtigen Ton, oder griffen in rein militärischen oder militärisch-technischen Fragen gelegentlich fehl. Das Beweisverfahren wurde selbstverständlich durch die besonderen Kriegsverhältnisse beeinflußt. Die Militärstrafverfahren müssen, um wirksam zu sein, besonders beschleunigt durchgeführt werden. Das war im Kriege nicht immer möglich. Die Aburteilung war, besonders durch das rasche Herumwerfen der Truppen auf den zahlreichen Kriegsschauplätzen und durch die Neubildung der Verbände, erschwert.

Im Zusammenhang damit stand der starre Grundsatz der Militärstrafgerichtsordnung, wonach die Zuständigkeit an die Person des Gerichtsherrn gebunden war. Dieser, nur ausnahmsweise durchbrochene Grundsatz paßte nicht für die Verhältnisse des Krieges. Zuständigkeitsstreitigkeiten, Aktenversendungen und Rechtshilfe mußten überhandnehmen; in weitgehendem Maße mußte von der Beeidigung der Zeugen und Sachverständigen im Ermittlungsverfahren Gebrauch gemacht werden. Das mündliche und unmittelbare Verfahren in der Hauptverhandlung war also oft nicht möglich und die Zuverlässigkeit der Urteilsfindung dadurch beeinträchtigt. Justizirrtümer zum Nachteil des Angeklagten dürften gleichwohl selten vorgekommen sein; davor schützte die verhältnismäßige Einfachheit der Tatbestände und noch mehr die außerordentliche Gewissenhaftigkeit der Richter und der Anklagevertreter.

Fast immer trat in Zweifelsfällen das Streben auf, zugunsten des Angeklagten zu urteilen. Die Vertreter der Anklage gingen mit seltener Sachlichkeit vor und sahen es als Ehrenpflicht an, die für den Angeklagten sprechenden Umstände gebührend hervorzukehren; sie waren durch den steten Wechsel ihrer Tätigkeit als Untersuchungsführer, Richter und Anklagevertreter [119] dazu erzogen. Mancher Angeklagte hat im Anklagevertreter seinen wahren Verteidiger gefunden. Gewiß hat die richtige Einschätzung der seelischen oder geistigen Verfassung eines Angeklagten oder Zeugen im Felde und in der Etappe manchmal Schwierigkeiten bereitet. Aussagen der Landeseinwohner mußten regelmäßig sehr vorsichtig aufgenommen werden. Die Zahl der körperlich und geistig unzulänglichen deutschen Soldaten nahm während des Krieges immer mehr zu. Die in Friedenszeiten überaus häufige fachärztliche Beurteilung der Angeklagten ließ sich nicht immer durchführen. Auch das Strafgefangenenwesen, besonders die Unterbringung in geeigneten Räumen oder Anstalten, machte Schwierigkeiten.

Die meisten Mängel dieser Art belasten die Militärstrafrechtspflege als solche nicht. Der Krieg brachte sie notgedrungen mit sich.

Die Aufgaben der Militärjustiz wurden in der zweiten Hälfte des Krieges von dem Zeitpunkt ab erschwert, wo die ersten Mauerbrecher an den festen Bau der Armee gelegt waren. Nach einzig dastehenden Großtaten des deutschen Heeres, die ein glänzendes Zeugnis für seinen Geist und seine Mannszucht ablegten, waren Zweifel und Kleinsinn in das deutsche Volk getragen worden. Volksverhetzung und ehrgeiziges Strebertum, Parteisucht und Klassenpolitik waren am Werke. Die Rückwirkung auf das Heer konnte nicht ausbleiben. Seine unlauteren Bestandteile nahmen zu, die innere Zersetzung begann. Die schärfste Anspannung der staatlichen Strafgewalt, die unbedingte Durchsetzung einer eisernen Mannszucht war das Gebot der Stunde. Es wäre notwendig gewesen, durch ein besonderes militärisches Ausnahmerecht für Strafsatzungen und Verfahren die unbedingte Pflichterfüllung aller Heeresglieder zu sichern und damit den Sieg und die Rettung des Staates zu erzwingen.

An Vorbildern fehlte es nicht. Das österreichisch-ungarische Standrecht mit grundsätzlicher Todesstrafe für eine ganze Reihe militärischer und bürgerlicher Verbrechen war bekannt. Es galt schon seit Kriegsbeginn. Es entsprach gewiß nicht den überkommenen Verhältnissen des deutschen Heeres; jetzt aber paßte es in seinen Grundgedanken, weil die Verhältnisse geändert waren. Es kann auch auf die großen Meutereien im französischen Heere nach der verunglückten Offensive des Jahres 1917 hingewiesen werden. Die französische Staatsgewalt hatte mit eiserner Faust eingegriffen und ihnen ein schnelles Ende bereitet; ganze Truppenteile wurden durch Kolonialtruppen zusammengeschossen. "Romani imperii custos severa castrorum disciplina" (Valerius Maximus)!

Der Schutz der deutschen Wehrmacht fiel denen zu, die die Staatsgewalt in Händen hatten. Aber in dieser Stunde der Not fehlte der große Staatsmann, der mit diktatorischer Gewalt das Steuer des Staatsschiffs in die Hände genommen hätte. Die politische Leitung des Reiches versagte. War der Grundzug der allgemeinen Staatspolitik Nachgiebigkeit und Schwäche, so mußte auch den Heerführern das Rüstzeug vorenthalten bleiben, mit dem sie den in der Armee [120] wachsenden Geist der Drückebergerei und Unbotmäßigkeit hätten rechtzeitig bekämpfen können. Statt schärfster Strafsatzungen im Verein mit straffstem Verfahren in der Stunde höchster Gefahr erhielt das deutsche Heer mildere Strafgesetze! (R.Ges. vom 25. April 1917 und vom 25. Juli 1918.) Und weitere Milderungen wurden in Aussicht genommen! Im Sommer 1918 wurde amtlich ein umfassender Fragebogen an alle Militärgerichte versandt, der Verbesserungen der Gesetze und Verordnungen erstrebte, aber auch die wachsende Neigung zur weiteren Milderung des Militärstrafrechts offenbarte.

Zur rechten Zeit konnte das deutsche Heer eine solche Milderung seines Militärstrafrechts (obwohl das deutsche Militärstrafgesetzbuch das mildeste aller Kulturstaaten war!) und eine mildere Handhabung des Verfahrens sehr wohl vertragen. Die zunehmende Milde der Militärstrafrechtspflege in Friedenszeiten seit 1900 war eine ganz auffällige Erscheinung. Sie wurde nicht nur durch die praktische Erfahrung, sondern zahlenmäßig durch die amtliche Kriminalstatistik für das deutsche Heer und die Kaiserliche Marine bewiesen. Sie äußerte sich darin, daß Zuchthaus- und Gefängnisstrafen, besonders die langzeitigen, daneben auch die meisten Ehrenstrafen, dauernd zurückgingen. Es ist dies teilweise damit zu erklären, daß die geistig Minderwertigen in immer kleinerer Zahl eingestellt wurden, und die bewaffnete Macht in der Lage war, unlautere und unbrauchbare Bestandteile beschleunigt abzustoßen. Aber die Neigung, milde zu urteilen, bestand überhaupt. Die gleiche Erscheinung der zunehmenden Milde der Rechtsprechung wies schon die bürgerliche Rechtspflege seit Jahrzehnten auf; sie erregte dort nicht unbegründete Bedenken. Es handelte sich hier wie dort ersichtlich um Niederschlage und Strömungen, die aus dem Zeitgeist hervorgingen.

Zu besonderen Bedenken für die deutsche Wehrmacht gab die zunehmende Milde in der Handhabung des Strafrechts keinen Anlaß, weil der Abnahme der erwähnten Freiheitsstrafen eine entsprechende Zunahme der militärischen Arreststrafen, besonders der strengeren, gegenüberstand. Damit war das Sicherheitsventil gegen unangebrachte Milde gegeben. Denn kurze, aber strenge Strafen liegen nach einem Ausspruch Moltkes durchaus im Interesse des Heeres. Die in ihrem Werte leider immer wieder verkannte militärische Arreststrafe ist die einzige Strafe, welche die an jede Strafe zu stellenden, an sich auseinandergehenden beiden Anforderungen innerlich verschmilzt: zweckmäßig und gerecht zu sein. Sie paßt sich der Natur der Verfehlungen und der Person des Täters an; sie ist von kurzer Dauer, vermeidet empfindliche Störungen der Gesundheit des Täters und auch des militärischen Dienstes, sie ist fühlbar und daher warnend und abschreckend zugleich; sie wird als ernstes Übel, aber nicht als dauernder Makel hingenommen, sie drückt nieder, ohne allzu tief zu demütigen; sie erschwert weniger als Gefängnis das wirtschaftliche Fortkommen. Die Milderung bestimmter Militärstrafgesetze vor dem Kriege (R.Ges. vom 8. August 1913 [121] und vom 14. Juli 1914) war aus verschiedenen Gründen angreifbar, im allgemeinen aber unschädlich, ja sogar erwünscht, soweit sie es ermöglichte, in zahlreichen Fällen Gefängnisstrafen durch Arreststrafen zu ersetzen.

Daß auch im Kriege mit milderen Strafgesetzen bei deutschen Soldaten auszukommen war, hatten die Erfahrungen des südafrikanischen Feldzuges erwiesen. Während eines Krieges, zumal eines lang dauernden, die Militärstrafgesetze zu mildern, war aber ein Problem, an das nur mit der allergrößten Vorsicht hätte herangegangen werden sollen. Nach den Ereignissen des Juli 1917 mußte diesem dauernden Verlangen nach Milderung aus Gründen der Staatserhaltung ein unbedingtes Halt geboten, und das ganze Strafrechtswesen mußte im Sinne einer Verschärfung auf neuen Boden gestellt werden. Eine an Milde schon an sich gewöhnte und mit immer milderen Strafgesetzen gefütterte Justiz war außerstande, aus sich selbst heraus zu schärferen Strafmitteln zu greifen, auch wenn diese durch die Verhältnisse geboten waren. Wo eine schärfere Auffassung, etwa der alten mit den Bedürfnissen des Heeres besonders vertrauten Militärjuristen, in den Kriegsgerichten hervortrat, drang sie selten durch. Zahlreiche ernste Frontfälle wurden in der Etappe oder in der Heimat von Offizieren beurteilt, die dem Frontleben und seinen verschärften Anforderungen fernstanden. Urlaubsüberschreitungen, Fahnenflucht und Drückebergerei wurden viel zu milde beurteilt. Allerdings war auch die einwandfreie Feststellung ernsterer Tatbestände oft erschwert.

Strafpolitisch verkehrt und geradezu unheilvoll in ihrer Wirkung war die Flut von Amnestien, durch die Strafen bestimmter Art allgemein erlassen oder laufende Strafverfahren niedergeschlagen wurden. Die Kontingente überboten sich darin; die regelmäßige Wiederkehr der Gnadenerlasse anläßlich bestimmter Ereignisse stand von vornherein fest. Die Wohltat der Begnadigung traf zu viele, die sie nicht verdient hatten. Die Scheu vor Straftaten und vor Strafen ging darüber verloren. Dieses System forderte geradezu zu neuen Straftaten heraus. Seine unerfreuliche Nebenwirkung mußte sein, daß die an sich zur Nachsicht neigende Justiz das schärfere Zufassen ganz verlernte und immer milder gehandhabt wurde. Das an bestimmte Voraussetzungen gebundene Begnadigung- und Strafmilderungsrecht der Gerichtsherren und obersten Befehlshaber im Kriege war notwendig und hatte sich bewährt. In jedem Einzelfalle konnte sorgfältig geprüft werden, ob solche Maßnahmen charakterbildend und auch militärisch ratsam waren. Durch die mit diesem Begnadigungsrecht sich kreuzenden fortgesetzten Amnestien wurden diese Einzelprüfungen in Menge beseitigt oder unfruchtbar gemacht.

Auch die im Kriege eingeführte Einrichtung der bedingten Strafaussetzung auf Wohlverhalten, von dem Grundgedanken beherrscht, daß der Täter seine Verfehlungen in erster Linie durch tapferes Verhalten vor dem Feinde wieder gutmachen solle, hatte ihre großen Vorzüge. Aber die Art ihrer Handhabung war [122] nicht immer einheitlich. Der infolge der Not des Mannschaftsersatzes schärfer verfolgte Gedanke der Nutzbarmachung der Verbrecher für Heereszwecke, über den schon vor dem Kriege die Meinungen sehr auseinandergingen, führte zu einer unerwünschten Ausdehnung der Strafaussetzung, so daß viele Unwürdige an ihr teilhatten. Es war vor allem ein unlösbarer Widerspruch, daß man nicht nur solche Verurteilte in den Frontdienst schickte, die danach strebten, an der Front ihre Vergehen wieder gutzumachen, sondern auch Gesinnungslumpen und Feiglinge, die, oder besser, weil sie es vorzogen, ihre Strafen in den Strafanstalten zu verbüßen.

Der Gedanke, die kämpfende Truppe von schlechten und vergiftenden Bestandteilen möglichst rein zu erhalten, ist eine zwingende Forderung für ein kriegstüchtiges Heer, und die Ehre, in der vordersten Linie für das Vaterland zu kämpfen, darf nicht zur Strafe herabgewürdigt werden. Zahlreich waren die Klagen von der Front, vor allem der Kompagnie- usw. Führer, daß man ihnen verbrecherische Bestandteile zuführe, die eine dauernde Gefahr für den guten Geist der kämpfenden Truppe waren. Viele wurden von der Front zurückgeschickt; andere wieder fanden Mittel und Wege, sich von der Truppe loszulösen und ihr verbrecherisches Treiben fortzusetzen. Ungünstig wirkte auch die große Schwierigkeit, das Vorleben der Straffälligen einwandfrei festzustellen. Das aus Friedenszeiten übernommene System der Strafnachweisungen bei den Registerbehörden war für die Verhältnisse des großen Krieges nicht zugeschnitten. Die während des Krieges von Soldaten begangenen Straftaten waren bestimmungsmäßig erst nach Auflösung ihres militärischen Dienstverhältnisses den Registerbehörden mitzuteilen - rein militärische waren sogar ausgenommen -, dazu noch von den Truppenteilen, die regelmäßig diese Mitteilungspflicht vergaßen. So kamen zahlreiche Vorstrafen überhaupt nicht zur Kenntnis der in ihrer Zusammensetzung wechselnden Truppenteile und erst recht nicht der Gerichte. Hier lagen empfindliche Mißstände vor; sie wurden auch erkannt; denn es wurden amtlich Vorschläge von den Militärgerichten eingefordert, wie abzuhelfen sei. Die einzig richtige und mögliche Lösung wäre die gewesen, daß jedes Gericht jedes rechtskräftige Urteil sofort den Strafregisterbehörden unmittelbar hätte mitteilen müssen. Aber man fand weder diese Lösung noch überhaupt eine andere.

Im großen deutschen Heere hatte sich nach und nach - eine Folge der schwächlichen Handhabung des Strafrechts - ein Heer der Verbrecher gebildet. Sie trieben sich auf den Bahnen, in den großen Städten, in der Etappe herum und trugen, wie u. a. General von Below urteilt, wesentlich zum Zusammenbruch bei. Diese Entwicklung wurde durch die wachsende Größe des Kriegsgebiets begünstigt; die staatliche und militärpolizeiliche Überwachung war schwer durchführbar, zumal große Teile des Kriegsgebiets der Staatshoheit der Bundesgenossen unterstanden. Es scheint, daß es auch am rechten Zusammenarbeiten [123] der Feldgerichte mit den heimischen Polizeibehörden, besonders bei Bekämpfung der unerlaubten Entfernung und Fahnenflucht, gefehlt hat.

Das deutsche Heer war im riesenhaften Kampfe mit der ganzen Welt auf sich selbst gestellt. Nicht ohne Bedeutung ist die Zahl der Kämpfer. Gewiß hatte sich das Zahlenverhältnis immer mehr zuungunsten Deutschlands verschoben, und groß war die Sorge um die Auffüllung der Truppenbestände, schwierig der Weg der Lösung. Von Verbrechern und verbrecherisch veranlagten Bestandteilen mußte man jedenfalls die kämpfende und kampfbereite Truppe freihalten. Die erst gegen Ende des Krieges gebildeten Straf- und Militärgefangenenkompagnien und -bataillone hätten zu Beginn des Krieges errichtet und im Felde, auch an gefährlichen Stellen, allerdings unter schärfster, zuverlässiger Aufsicht, zur Arbeit verwendet werden sollen. Dann wäre der sieghafte Geist der kämpfenden Truppe, die jedenfalls über der Zahl und auch den technischen Kampfmitteln stehen muß, weniger gefährdet gewesen. Ihn zu erhalten, mußte oberste Richtschnur sein und bleiben.

So war es eine teilweise verfehlte Strafpolitik, durch die die Wirksamkeit der militärischen Strafrechtspflege in der zweiten Hälfte des Krieges gelähmt wurde. Unangebrachte, im Grunde aufgezwungene Milde war ihr typisches Kennzeichen. Nach Zeitungsberichten sind in den Jahren 1914 - 1918 gegen französische Soldaten 1627 Todesurteile verhängt worden; die Meldung weist darauf hin, daß vermutlich ein wesentlicher Teil auf das für die Mannszucht und Operationsfähigkeit der Franzosen kritische Jahr 1917 fällt. Daß gegen deutsche Soldaten Todesstrafen verhängt oder gar vollstreckt worden wären, davon hat man nur sehr wenig gehört!

Alles das hindert aber nicht, die Leistungen der Organe der Militärjustiz im Kriege unumwunden anzuerkennen. Die niedere Gerichtsbarkeit krankte freilich dauernd daran, daß sie jedes juristischen Einschlags, auch der Verteidigung, entbehren mußte. Es war begreiflich, daß man bei Einführung der Militärstrafgerichtsordnung die geschichtlich überkommene Einrichtung der Standgerichte nicht hatte preisgeben wollen. Sie ermöglichte eine besonders schnelle Justiz. Aber fehlerhaft war der Gedanke, daß die einfacheren Sachen, die den Standgerichten zufielen, zu ihrer Beurteilung weniger rechtliche Schulung bedürften. Die schlechte, falsche Behandlung der kleinen Fälle ist geradezu ein Grundübel der Rechtspflege (Mittermaier). Wo es anging, hat man im Kriege selbstverständlich solche Offiziere des Beurlaubtenstandes als Gerichtsoffiziere bestellt; die juristisch vorgebildet waren. Die Mehrzahl der Gerichtsoffiziere aber war ungeschult. Die Tüchtigeren holten sich freilich, wenn sie Gelegenheit dazu hatten, Rat und Belehrung bei den Juristen und haben oft sehr gut gearbeitet. Die Leistungen der richterlichen Militärjustizbeamten und der Sekretäre im Felde und in der Heimat waren lobenswert, vielfach mustergültig. In dieses Urteil ist selbstverständlich die überwiegende Zahl der Richter eingeschlossen, [124] die aus der bürgerlichen Justiz oder dem Stande der Rechtsanwälte hervorgegangen waren; in der langen Kriegszeit hatten sie sich trefflich eingearbeitet.

Dabei kam das wissenschaftliche Streben nicht zu kurz. Das militärrechtliche Schrifttum im Kriege war auf der Höhe. Neben ihrer rein strafrechtlichen Tätigkeit hatten die Beamten auch Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit und solche Geschäfte im Bereiche der Militärverwaltung zu erledigen, die ihnen im Verwaltungswege übertragen waren. Bedeutsam war ihre Mitwirkung im Rechtsgebiet des Belagerungszustandes. In einer Zeit der Entfaltung aller Kräfte zur Erreichung eines großen Zieles ergab es sich von selbst, daß befähigte Militärjuristen, entgegen dem anfänglichen Widerstreben der preußischen Militärjustizverwaltung, zu wertvoller freiwilliger Arbeit auf allen möglichen Gebieten, besonders der militärischen und politischen Verwaltung, von den höheren Militärbefehlshabern herangezogen wurden. Als sich das Bedürfnis herausstellte, überall, auch außerhalb der Heimat, Rechtsauskunftstellen für Heeresangehörige einzurichten, stellten sich die Militärjuristen freudig zur Verfügung. Kurz vor dem Kriege, in den Jahren 1913 und 1914, hatten besondere Militärjuristentage, die in erster Linie der geistigen Anregung und wissenschaftlichen Fortbildung dienen sollten, stattgefunden. Sie waren eine private Veranstaltung gewesen. Die preußische Militärjustizverwaltung stand ihnen ablehnend gegenüber. Der Krieg offenbarte den hohen Wert solcher Zusammenkünfte für die Heranbildung der aus dem bürgerlichen Juristenstande hervorgegangenen Kriegsgerichtsräte und für die einheitliche praktische Handhabung des weitverzweigten Rechts. Überall in den Etappen- und Operationsgebieten, meist auf Anregung höchster Befehlshaber, wiederholten sich jetzt diese Tagungen; sie wurden von Militärjuristen des aktiven Dienststandes geleitet. Eine größere, in Brüssel 1916, wurde auch von allen Militärjustizverwaltungen beschickt.

Man hat die Militärjuristen nach dem Kriege, wo noch viele in Pflichttreue bis zum Tage der Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit aushielten, getrennt von ihrer Familie, ungewiß ihres Schicksals, wo sie als wahre Kenner der Militärstrafrechtspflege unbedingt für deren Erhaltung eintraten, in unerhörter Weise geschmäht und verleumdet. Man hat behauptet, daß sie ihre Geschäfte in brutalster Weise gehandhabt hätten, blind allen Folgen gegenüber, die daraus entstehen mußten, ferner, daß ihre Rechtsprechung bewußte Rechtsbeugung und Rechtsverweigerung gewesen sei. Man hat den Kriegsgerichtsräten, die während des Krieges "ihr Gemüt mit den gemeinsten Zuchthausurteilen gefüttert" haben sollen, geraten, in die Torfmoore oder in die Kohlengruben zu gehen, um dort Arbeit zu finden, die sie während des Krieges nicht kennengelernt hätten. Wenn ihnen das nicht behage, dann sollten sie zum Teufel gehen; in der bürgerlichen Gerichtsbarkeit sei für sie kein Platz (Hamburger Echo vom 6. Januar 1920).

Ein amtlicher Schutz gegen derartige Anpöbelungen ist der Militärjustiz und ihren Beamten in politisch bewegter Zeit versagt geblieben. Wie grundfalsch [125] die Strafrechtspflege des Heeres beurteilt worden war, ist in dem scharfen, an sich vergeblichen Kampfe um ihre Aufrechterhaltung für alle einsichtigen Schichten des Volkes klargestellt worden. Die Erkenntnis wuchs, daß man mit der Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit ohne alle Not eine vielbewährte Säule aus dem Gebäude des Heerwesens herauszureißen im Begriffe war. Aber der rollende Stein war nicht mehr zu halten. Die Parteidisziplin derer, die sich für ihre Aufhebung festgelegt hatten, ließ es nicht zu, sich in letzter Stunde wieder anders zu entscheiden.

Es ist das tragische Geschick der Militärjustiz, daß sie ihre volle Ehrenrettung erst fand, als man sie zu Grabe trug. In der entscheidenden Sitzung des Reichstags vom 29. Juli 1920 haben auch die bürgerlichen Parteien, die für ihre Aufhebung stimmten, ihr die Anerkennung nicht länger versagt. Die wärmsten Worte für die Militärjustiz und ihre Beamten hat an diesem Tage ein bewährter Heerführer, der Abgeordnete General der Artillerie von Gallwitz, gefunden. Er rühmte das Selbständigkeits- und Pflichtgefühl, die absolute Charakterfestigkeit der richterlichen Militärjustizbeamten in ihrem Verkehr mit den Gerichtsherren. Er fuhr wörtlich fort: "Unser Militärjustizpersonal ist mit einer solchen Sorgsamkeit und Gründlichkeit an seine Geschäfte herangegangen, daß es mir an dieser Stelle, wo es mir scheint, daß wir diese Institution bald zu Grabe tragen müßten, ein warm empfundenes Bedürfnis ist, diesem vortrefflichen, ehrenwerten, arbeitsamen, pflichtgetreuen Korps aus meiner langen Dienstzeit heraus und auch im Namen meiner Kameraden den wärmsten Dank abzustatten für alles das, was es getan hat, und es zu bedauern für das, was es jetzt an Herabsetzungen und minderwertiger Beurteilung hat über sich ergehen lassen müssen. Unser Militärjustizkorps ist von einem Fleiß und einem Eingehen auf seine Arbeiten gewesen, daß ich es nur als ein Muster hinstellen kann." Und am Schlusse seiner Rede: "Ich kann nur nochmals betonen, daß die Militärjustiz, auf eine lange Tätigkeit zurückblickend, ihre Aufgabe in vollster Pflichttreue, Hingebung und nicht ohne Erfolg, allerdings als Säule der militärischen Einrichtungen, erfüllt hat. Wenn jetzt so gegen sie angegangen wird, wie es zum Teil aus politischen Tendenzen geschehen ist, so muß sie sich vielleicht mit dem alten Spruch trösten: Die schlechtesten Früchte sind es nicht, an denen die Wespen nagen. Ich möchte aber hinzufügen, daß ich daran denke, daß der Baum, von dem die wespenbenagten Früchte abfallen oder durch andere abgeschlagen werden, im nächsten Jahre berufen ist, wieder neue Früchte zu tragen."

Damit sei die beurteilende allgemeine Betrachtung geschlossen. Die nachfolgenden Abschnitte geben einen knappen Überblick darüber, wie das Militärstrafrechtswesen im Kriege in seinen einzelnen Teilen gestaltet war. Beachtenswerte Erscheinungen sind dabei berücksichtigt.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte