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Bd. 7: Die Organisationen der Kriegführung, Zweiter Teil:
Die Organisationen für die Versorgung des Heeres

[273] Kapitel 4: Das Nachschubwesen der Marine
und die Ausrüstung von Hilfskriegsschiffen

Vizeadmiral Bernhard Rösing

A. Nachschubwesen der Marine.

1. Allgemeine Charakteristik des Nachschubs über See, Friedensvorbereitungen der Marine und Umfang des Hilfsschiffwesens im Kriege.

Während eine kämpfende Truppe von Beginn des Feldzugs an so sehr auf regelmäßigen Nachschub von Kriegsgut und Lebensmitteln angewiesen ist, daß die Einrichtung eines leistungsfähigen Etappendienstes zu den dringendsten Aufgaben der Heeresleitung gehört, birgt das Kriegsschiff alles, was es zum Marsch, zum Kampf und zur Versorgung der Besatzung braucht, wenigstens für eine gewisse Zeit in sich.

Solange der Wind die treibende Kraft für die Schiffe lieferte, war die Dauer dieses Zeitraums nur von der Ausdauer der Besatzungen abhängig. Nelsons Flotten konnten den Gegner ohne Nachschub Monate hindurch über die Meere verfolgen. Nur gelegentliche Auffüllung des Frischwassers und Proviants an beliebigen Küstenplätzen war zur Erhaltung der Gesundheit erforderlich.

Durch die Einführung der Maschinen sind die Schiffe zwar von Wind und Wetter unabhängiger geworden, aber zu häufigerer Fahrtunterbrechung genötigt. Wohl kann man einem Schiff mit großen Ladungsräumen soviel Kohlen mitgeben, daß seine Seeausdauer der eines Segelschiffs praktisch gleichkommt. Den Beweis dafür hat der bekannte Hilfskreuzer "Wolf" geliefert, dessen Kohlenladung für eine Dampfstrecke von 35 000 sm ausreichte. Aber solche Leistungen lassen sich nur unter Verzicht auf einen Teil der Nutzlast erzielen. Bei einem Kriegsschiff beanspruchen Armierung, Panzerung und Maschinen soviel von der Gesamttragfähigkeit, daß für den Brennstoff nur ein verhältnismäßig geringes Gewicht erübrigt werden kann. Die Dampfstrecke der modernsten deutschen Linienschiffe "Baden" und "Bayern" betrug bei 12 sm Stundengeschwindigkeit nur 5200 sm, die des großen Kreuzers "Derfflinger" bei 14 sm Fahrt 5700 und die des kleinen Kreuzers "Karlsruhe" 4000 sm. Bei höheren Geschwindigkeiten, wie sie im Kriege meistens eingehalten werden müssen, verringern sich diese Strecken noch erheblich. Günstiger [274] liegen die Verhältnisse auf großen Passagierschiffen, auf denen für Kessel, Maschinen und Kohlenladung verhältnismäßig mehr Raum und Gewicht zur Verfügung steht. Der Schnelldampfer "Kronprinz Wilhelm" konnte ohne Verwendung der Ladungsräume für Kohlenzuladung bei 12 sm Fahrt bis zu 17 500 und bei 23 sm Fahrt immer noch bis zu 4800 sm, und der Postdampfer "Prinz Eitel Friedrich" bei 15 sm Fahrt bis zu 10 000 sm zurücklegen.

So geht der Wirkungsbereich des auf seine eigenen Vorräte angewiesenen modernen Kriegsschiffs nicht über eine seiner Kohlenausdauer entsprechende Fläche hinaus. Es muß so rechtzeitig nach seinem Ausrüstungshafen oder Stützpunkt zurückfahren, daß der Brennstoff, unter Hinzurechnung einer gewissen Reserve für etwaiges Zusammentreffen mit dem Feind oder andere Zwischenfälle, noch zum Rückmarsch ausreicht. Liegt aber das Operationsziel außerhalb dieses Bereichs, so muß den Kriegsschiffen Heizmaterial zugeführt werden.

Der moderne Seekrieg kann also bei weiter ausholenden Unternehmungen auch nicht ohne Nachschub auskommen, der in der Hauptsache der Brennstoffergänzung dient, unter Umständen aber auch andere Bedürfnisse wie Munition, Maschinenmaterialien und Proviant umfassen muß.

Da die Kampfbereitschaft der Kriegsschiffe während der Übernahme dieser Zufuhrgüter unterbrochen wird, müssen sie in diesem Zeitraum gegen feindliche Angriffe geschützt werden. Auf der überall gleichmäßig zugänglichen offenen See ist dies viel schwieriger als am Lande, wo die Heeresfront sich schützend vor der Etappe ausbreitet. Es müssen daher in geeigneten Küstengewässern Stützpunkte geschaffen werden, die neben dem Schutz gegen Wind und Seegang auch ausreichende Sicherheit gegen Überfälle bieten. In Ermangelung solcher Plätze kann die Sicherheit unter Umständen auch in der unendlichen Weite des Meeres gesucht werden, in der abseits von den belebten Gegenden ein Auffinden nur durch das Spiel des Zufalls denkbar ist, da die Schiffe auf ihren Fahrten keine Spuren hinterlassen. Voraussetzung ist hierfür, daß die vorherrschenden Witterungsverhältnisse ein Umladen von Schiff zu Schiff in offener See gestatten. Dieses Verfahren hat nur bei einzelnen Schiffen oder kleinen Verbänden Aussicht auf Erfolg.

Auch der Nachschub bedarf des Schutzes. Nur in seltenen Fällen ist die Beherrschung der See eine so vollständige, daß er bis in das Operationsgebiet selbst geleitet werden kann. Es gehört dazu die Einschließung der feindlichen Seestreitkräfte oder die vollständige Absperrung eines Meeresteils. Es entstehen dann im Seekriege Anklänge an die Begriffe des Landkriegs. Die Beherrschung bestimmter Stellungen und Straßen erhält strategischen Wert; und je mehr sich die Küsten einander nähern, um so mehr werden die im Ozean frei zu wählenden Wege beschränkt und die Schiffe auf Einhaltung bestimmter Kurse angewiesen. Es bilden sich feste Etappenlinien, die durch Seestreitkräfte, Minenfelder oder Küstenbefestigungen geschützt werden müssen.

[275] Neben der Versorgung der Flotte können solche Etappenverbindungen der Landkriegführung dienstbar gemacht werden, indem sie den Transport von Truppen über See und den Nachschub für Heeresteile übernehmen, die in entlegenen, an die See grenzenden Gebieten kämpfen, oder indem sie der Kriegsindustrie das nötige Rohmaterial aus überseeischen Ländern zuführen.

Die verschiedenen hier angedeuteten Formen hat der Nachschub über See während des Krieges angenommen.

Die deutsche Schlachtflotte war angesichts der gewaltigen Überlegenheit der Gegner im allgemeinen auf die Anlehnung an die heimischen Kriegshäfen angewiesen. Nur in einzelnen Fällen konnte ihr Wirkungsbereich durch Einrichtung gesicherter Stützpunkte in der Nähe ihres Operationsziels erweitert und ein Nachschub dorthin geleitet werden.

Das weite Weltmeer war das Kriegsgebiet der Auslandskreuzer. In ihm suchten sie Zuflucht vor den Nachstellungen des Feindes während der Kohlenübernahme aus nachgesandten Dampfern.

In der Ostsee entstanden nach ihrer Absperrung gegen den Feind unter dem Schutz der Flotte feste Etappenlinien, die der Versorgung der in den baltischen Provinzen stehenden Heeres- und Marineteile und dem Transport von Rohstoffen für die Kriegsindustrie dienten.

Wie schon dieser Überblick ergibt, sind Armee und Marine auf dem Gebiet des militärischen Seetransportwesens auf inniges Zusammenwirken angewiesen. Praktisch trat dies zum ersten Male während der Chinaexpedition im Jahre 1900 in Erscheinung. Die dabei gemachten Erfahrungen führten infolge einer Anregung Sr. M. des Kaisers zur Gründung der Seetransportabteilung im Reichsmarineamt. Diese Behörde sollte alle militärischen Transporte über See im Frieden und im Kriege bearbeiten und hierin ein Bindeglied zwischen Armee und Marine bilden. Zu diesem Zweck wurde sie, soweit reine Armeetransporte in Frage kamen, dem Kriegsminister unterstellt, und der Abteilungschef, ein Kapitän zur See, erhielt die Berechtigung des unmittelbaren Verkehrs mit den in Betracht kommenden Heeresstellen wie ein Abteilungschef des Kriegsministeriums. Ein zur Abteilung kommandierter Generalstabsoffizier bearbeitete die Truppenexpeditionen und ihren Nachschub über See, und drei Offiziere der Kriegsakademie wurden alljährlich in einem 2½ Monate dauernden Kursus als Ein- und Ausschiffungsleiter oder Transportführer ausgebildet.

Für die Marine hatte die Seetransportabteilung hauptsächlich die Auffüllung der Kriegsflotte durch Handelsschiffe im Kriege und die Umwandlung der letzteren in Kriegsschiffe, sowie die Ausrüstung der von der Kauffahrteiflotte zu stellenden Zufuhrschiffe vorzubereiten.

Zur örtlichen Vertretung der Abteilung in den Hafenstädten, zur Aufrechterhaltung der Fühlung mit den Reedereien und Werften, und zur Vorbereitung der mobilmachungsmäßigen Indienststellungen bestand in Hamburg eine [276] Schiffsbesichtigungskommission unter Leitung eines Konteradmirals, die in den übrigen größeren Hafenstädten durch Zweigstellen oder Vertrauensleute vertreten wurde.

Die Ausrüstung der im Kriegsfall anzufordernden Handelsschiffe wurde auf das sorgfältigste vorbereitet, so daß sie in wenigen Stunden oder Tagen vor sich gehen konnte. Über den gesamten Bestand der deutschen Kauffahrteiflotte, über die Eigenschaften der einzelnen Schiffe und über die Leistungsfähigkeit der Werften wurden Nachweisungen geführt. Für bestimmte Kriegszwecke wurden die geeignetsten Schiffe und ihre Reserven ausgewählt und ihre Gestellung im Mobilmachungsfalle bei den Reedereien gesichert. Die erforderlichen Umbau- und Einrichtungsarbeiten wurden bestimmt, Zeichnungen, Bauvorschriften und Arbeitsaufträge dafür ausgearbeitet und Verträge mit den Werften abgeschlossen. Für jedes planmäßig auszurüstende Hilfsschiff wurde eine Ausrüstungsmappe angelegt, die die Art und Reihenfolge der vorzunehmenden Arbeiten, den Ausrüstungsetat, den Besatzungsetat und ein Muster für die Mannschaftslisten enthielt. Diejenigen Inventarien, deren Beschaffung im Mobilmachungsfall nicht sichergestellt werden konnte, wurden bereits im Frieden auf den kaiserlichen Werften, Artillerie- und Minendepots oder in den Marinelazaretten und Sanitätsämtern gelagert. Die Bemannung, soweit sie aus militärischem Personal bestand, erfolgte auf Grund der vom Reichsmarineamt herausgegeben Kriegsstärkenachweisungen durch die Stationskommandos.

Die gesetzliche Handhabe für die Requisition deutscher Handelsschiffe für Kriegszwecke bot das Kriegsleistungsgesetz. Dieses sah neben den Vergütungen für entzogene Benutzung und etwaige Wertverminderung auf Grund einer kommissarischen Abschätzung auch die Möglichkeit des Ankaufs oder der Miete der angeforderten Schiffe und Fahrzeuge in freier Vereinbarung vor. Da bei Ausbruch des Krieges eine fast vollständige Einstellung der deutschen Handelsschiffahrt erfolgte und die Reeder gezwungen waren, ihre Schiffe aufzulegen, hätten Vergütungen für entzogene Benutzung nicht festgesetzt werden können. Entschädigungsansprüche für Wertverminderungen oder Verluste konnten erst nach geraumer Zeit entstehen. Um die Reedereien vor den ihnen auf diese Weise drohenden wirtschaftlichen Schäden zu bewahren, und weil das im Kriegsleistungsgesetz vorgesehene Abschätzungsverfahren große Verzögerungen mit sich brachte, wurde die vertragliche Grundlage vorgezogen. Erst im späteren Verlauf des Krieges, als sich in der Ostseeschiffahrt wieder Verdienstmöglichkeiten boten, mußte in einzelnen Fällen auf das gesetzliche Abschätzungsverfahren zurückgegriffen werden.

Nach den Verträgen wurden die Reedereien für die Benutzung von Schiff und Inventar, für das verbrauchte Betriebsmaterial, die Löhne und die Verpflegung entschädigt und die Vergütung nach Art, Wert, Alter und Verwendung [277] der einzelnen Schiffe abgestuft. Als sich im Lauf des Krieges die Preise für Materialien, Löhne und Verpflegung erhöhten, wurden entsprechende Zuschläge bewilligt.

Die Marine verpflichtete sich außerdem, die Schiffe in dem Zustande wieder zurückzuliefern, in dem sie sie erhalten hatte, oder für etwaige durch die Benutzung entstandene Schäden aufzukommen. Der Ersatzwert bei Totalverlusten wurde aus den Bauaufwendungen, die in den Werftrechnungen nachzuprüfen waren, und einer von der Konjunktur des Frachtenmarktes unabhängigen jährlichen Abschreibung errechnet. Als infolge der Erhöhung der Schiffsbaupreise während der langen Dauer des Krieges die vertraglich festgesetzten Ersatzwerte nicht mehr ausreichten, um Totalverluste zu ersetzen, wurde den Reedereien Gelegenheit gegeben, bei einer mit staatlichen Mitteln gegründeten Versicherungsbank ihr Interesse zu billigen Prämiensätzen zu versichern, und zwar je nach dem Alter der Schiffe bis zu 40% des von der Marine gewährten Ersatzwerts und in besonderen Fällen noch darüber hinaus. Eine von den nicht-militärischen Schiffsbesatzungen geforderte Versicherung gegen die erhöhten Gefahren der Schiffahrt während des Krieges wurde von der Marineverwaltung übernommen.

Bei der Mobilmachung ergänzte sich die Schiffsbesichtigungskommission durch einen Stab von Offizieren des Beurlaubtenstandes der Marine, die in den verschiedenen Häfen als Requisitionsoffiziere, Ausrüstungsleiter, Bemannungsleiter und Transportleiter die Ausrüstung und Bemannung der Hilfsschiffe nach den dafür gegebenen Vorschriften durchführten. Technische Mitglieder der Kommission prüften die Betriebsfähigkeit der Maschinenanlagen und Sicherheitsvorrichtungen, überwachten die technischen Einrichtungsarbeiten und sorgten für das Vorhandensein der erforderlichen Betriebsmaterialien. Sanitätsoffiziere und Verwaltungsbeamte richteten den Lazarett- und Verwaltungsdienst ein.

Durch diese bis in das kleinste sorgfältig durchdachte und vorbereitete Organisation, den Eifer und Tätigkeitsdrang aller beteiligten Personen und die bereitwillige Unterstützung, die die Reedereien und Werften mit ihren vorzüglichen Einrichtungen und Hilfskräften der Marine gewährten, wurde es erreicht, daß die 204 größeren Schiffe und etwa ebensoviel kleineren Fahrzeuge (Hilfsschiffe für den Werft- und Depotbetrieb, für den Hafendienst u. dgl.), sowie gegen 100 Fahrzeuge für den Fahrwasserdienst (Kriegsfeuerschiffe und Fahrzeuge für das Lotsen- und Betonnungswesen), die planmäßig in Dienst zu stellen waren, in der vorgeschriebenen Zeit, und zwar zum größten Teil in 2 - 3 Tagen, voll ausgerüstet zur Verfügung standen.

Bald stieg jedoch der Bedarf an Hilfsschiffen beträchtlich, so daß ihre Zahl in den ersten Monaten des Krieges auf rund 450 Dampfer, 200 Schlepper, 500 Leichter und 100 Motorboote anwuchs. Nachdem im Sommer 1915 eine [278] geringe Einschränkung eingetreten war, erhöhte sich der Bestand ständig bis zum Schluß des Krieges, so daß im ganzen über 2000 Indienststellungen von Hilfsschiffen notwendig wurden. Dem Tonnengehalt nach machten sie etwa 20% des bei Ausbruch des Krieges in deutschen Häfen befindlichen etwa 2,3 Millionen Bruttoregistertonnen betragenden Teils der deutschen Handelsflotte aus.

Folgende Übersicht vom Dezember 1917 gibt ein Bild von der Zusammensetzung dieser Hilfsschiffsflotte nach Schiffsarten:

    Große Dampfer 194 
    Fischdampfer 3991
    Schlepper und Pumpendampfer 213 
    Leichter 512 
    Feuerschiffe, Bagger, Hebefahrzeuge 55 
    Motorboote     169 

    1542 

Dazu kamen noch 192 fremde Dampfer, die entweder bei Ausbruch des Krieges in den deutschen Häfen lagen oder auf See aufgebracht und vom Prisengericht eingezogen und dann in den Kriegsdienst eingestellt worden waren.

Soweit die hier aufgeführten Schiffe als Zufuhrschiffe oder für den Hilfsdienst der Flotte gebraucht wurden, behielten sie ihren Charakter als Handelsschiffe. Sie blieben in der Verwaltung ihrer Reedereien, wurden von Zivilpersonal bedient, behielten die Handelsflagge und waren unbewaffnet. Um die Durchführung der gegebenen Befehle zu überwachen und die Verständigung mit den Kriegsschiffen zu ermöglichen, wurde ihnen ein militärisches Detachement von geringer Stärke mitgegeben; es war ihnen aber ausdrücklich untersagt, sich an Kampfhandlungen zu beteiligen. Seekriegsrechtlich waren sie wie Handelsschiffe anzusehen, wenn sie auch ihre Befehle von den Seebefehlshabern erhielten.

Diejenigen Schiffe und Fahrzeuge, die zur Auffüllung der eigentlichen Kampfflotte dienen sollten, wurden in Kriegsschiffe umgewandelt. Sie wurden in die Verwaltung der Kriegsmarine übernommen, unter militärisches Kommando gestellt und mit Militärbesatzung versehen; sie führten Kriegsflagge und Kommandowimpel, wurden bewaffnet und wie Kriegsschiffe verwendet und behandelt.

Wenn auch zahlenmäßig nur etwa ein Fünftel der verfügbaren deutschen Handelsflotte zu Kriegsdiensten herangezogen wurde, so reichte doch der Bestand einzelner Schiffsgattungen nicht aus, um allen Anforderungen zu entsprechen. Dies gilt besonders von den Fischdampfern, die sich für die ver- [279] schiedensten Zwecke als die geeignetsten Fahrzeuge erwiesen. Sie wurden gebraucht zur Beobachtung von Flußmündungen und Hafeneinfahrten, als Wachtboote gegen feindliche Unterseeboote, zum Minensuchen, als Kriegsfeuerschiffe und zum Geleiten von U-Booten durch feindliche Minensperren. Die deutsche Fischdampferflotte bestand zu Beginn des Krieges aus 285 Fahrzeugen. Nicht alle waren kriegsbrauchbar; viele gingen im Kriege verloren, so daß sich im Dezember 1915 die Marine zum Bau eigener Fischdampfer gezwungen sah, von denen im Laufe des Krieges 179 Stück fertiggestellt wurden. Auch die Zahl der vorhandenen seegehenden Motorboote, die für den Minensuchdienst und die U-Bootsjagd gebraucht wurden, reichte nicht aus, so daß vom Frühjahr 1915 bis zum Herbst 1918 gegen 300 solcher Boote von verschiedenen Typen in Bau gegeben werden mußten.

Nicht enthalten in obiger Übersicht sind die deutschen Handelsschiffe, die außerhalb der heimischen Gewässer im Kreuzerkrieg Verwendung fanden. Diese - etwa 250 an der Zahl - dienten den Auslandskreuzern als Zufuhrschiffe. Es mußten zu diesem Zwecke die besten und schnellsten von den Dampfern ausgesucht werden, die sich bei Kriegsausbruch im Auslande befanden. Drei von ihnen, die Lloyddampfer "Kronprinz Wilhelm" und "Prinz Eitel Friedrich" sowie der Dampfer "Cap Trafalgar" der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, wurden in Hilfskreuzer umgewandelt und beteiligten sich selbst am Handelskrieg.

Einen Begriff von dem Umfang des Hilfsschiffswesens während des Krieges ergibt eine Ende 1915 aufgestellte überschlägliche Berechnung. Danach wurde damals schon der wirtschaftliche Wert der auf diesem Gebiet der Marineverwaltung zufallenden Verantwortung auf 2 Milliarden Mark (Goldmark) veranschlagt. Vom August 1914 bis zur endgültigen Abwicklung Ende 1920 wurden an Mieten und Ersatzwerten rund 489 Millionen Mark bezahlt.

Sehr viel größer noch war naturgemäß der Umfang der britischen Hilfsschiffsflotte. Abgesehen davon, daß die Zahl der Hilfskreuzer und Troßschiffe für die Flotte entsprechend ihrer etwa dreifachen Stärke um ein Mehrfaches überlegen war, wurden für die zahlreichen Truppenverschiffungen über See und den Nach- und Abschub für die gelandeten Verbände große Mengen von Schiffen gebraucht. Wenn man noch diejenigen Schiffe hinzurechnet, die zur Versorgung des Mutterlandes mit Proviant und Rohstoffen unter staatlicher Kontrolle fuhren, so scheint es nicht übertrieben, wenn die für Kriegszwecke eingestellte englische Handelsschiffstonnage auf 60 - 70% ihrer bei Beginn des Krieges 19,2 Millionen Tonnen messenden Gesamtgröße geschätzt worden ist. Als im Lauf des Krieges die Schiffsverluste eine bedrohliche Höhe erreichten, genügte auch dieser gewaltige Schiffsraum nicht mehr, und England mußte dazu übergehen, die neutrale Schiffahrt und die in neutrale Häfen geflüchteten deutschen Schiffe in seine Dienste zu pressen.


1 [1/1/278]Hiervon 120 Neubauten der Marine. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte