Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung,
Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden
Organisationen
Kapitel 7: Das
Feldkraftfahrwesen (Forts.)
Hauptmann Walter Sußdorf
[356] 4. Das Jahr 1916.
So kam das Jahr 1916 herauf. Mit ihm eröffnete sich der Kraftfahrtruppe
eine neues weites Feld der Tätigkeit, die Mitwirkung beim Angriff auf
Verdun. Rechtzeitig zog die deutsche Heeresleitung von allen Seiten, auch vom
östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz, verfügbare
Kraftwagenkolonnen heran. Ihre Aufgabe sollte es hauptsächlich sein, das
Vorbringen der Munition von den Ausladebahnhöfen der Eisenbahn zu den
Munitionsdepots und den Batteriestellungen der Angriffsartillerie zu
unterstützen, war doch vorauszusehen, daß hierbei große
Transportleistungen in Frage kamen, da nur durch ein
überwältigendes Feuer aller Kaliber, von der Feldkanone bis zum
42 cm.-Mörser, die Anlagen und Panzerforts der starken
Maasfestung zerstört und die feindliche Stellung sturmreif gemacht werden
konnte. Auf allen Gebieten des Kraftfahrwesens wurden die Vorbereitungen
für den Angriff rechtzeitig getroffen; man sorgte für Vermehrung der
Personenkraftwagen und Krafträder zur
Befehls- und Nachrichtenübermittlung, für Bereitstellung der
erforderlichen Sanitätskraftwagen zum Verwundetenabschub, für
Ausbau der Werkstattanlagen zur Instandsetzung des Geräts und für
Sicherstellung des Nachschubs an Betriebsstoff und Gummibereifung zur Front.
Nur eines wurde nicht genügend bedacht: daß die wenigen zur
Verfügung stehenden Straßen bei dem dort
zusammenfließenden starken Verkehr einer ganz
außergewöhnlichen Belastung unterworfen sein mußten, die
für die Instandhaltung der Straßendecke umfassende Vorkehrungen
erforderlich gemacht hätte. Es waren zwar
Straßenbau-Kompagnien angesetzt, aber nicht in ausreichender Zahl und
nicht mit der nötigen Ausrüstung an Transportmitteln und
Gerät aller Art; es fehlte auch an den zur Beschotterung geeigneten harten
Gesteinsarten, deren Antransport von Deutschland bei der allgemeinen
Verkehrslage auf der Eisenbahn nicht durchzuführen war. Als daher das
schlechte Wetter, das schon einen Aufschub für den Beginn des
eigentlichen Angriffes erforderlich gemacht hatte, auch weiterhin anhielt, und als
über die durch den Regen aufgeweichten Straßen beim
Stellungswechsel auch noch die Belagerungs-Artillerie mit ihren schweren
Fahrzeugen hinwegging, wurden die Wege bald derart ausgefahren und
zerwühlt, daß sie an vielen Stellen einem gepflügten Acker
ähnlicher sahen als einer Chaussee und schon mehr an serbische
Zustände erinnerten. Dieser Zusammenbruch des Straßennetzes vor
Verdun machte den Nachschub von Munition und Verpflegung zur Front mittels
Kraftfahrzeugen immer schwieriger und die Rückbeförderung der
Verwundeten an einzelnen Stellen fast zur Unmöglichkeit.
Außerordentliche Anstrengungen für das Fahrpersonal und starke
Ausfälle an Kraftfahrgerät waren die natürliche Folge. Es hat
zeitraubender und mühseliger Arbeit bedurft, um die Straßen
allmählich wieder in einen fahrbaren Zustand zu versetzen.
[357] Auf der Gegenseite hat
in den Kämpfen um Verdun das Kraftfahrzeug eine geradezu entscheidende
Rolle gespielt. Die einzige den Franzosen zur Verfügung stehende
vollspurige Eisenbahn war gleich bei Beginn des Angriffes durch das deutsche
Artilleriefeuer unterbrochen worden, so daß Verdun von jeder
leistungsfähigen Bahnverbindung mit dem Hinterland abgeschnitten war.
Unter diesen Umständen schien ein geordneter Nachschub einfach
ausgeschlossen, handelte es sich doch darum, zur Abwehr des deutschen Angriffs
schnell neue Truppenverstärkungen und ihre Lebensbedürfnisse
heranzubringen, den Munitionsnachschub für die zahlreiche Artillerie der
Festung zu leisten, abgekämpfte Divisionen sowie Verwundete und Kranke
von der Front zurückzubeordern. Mit Pferden waren jedenfalls Leistungen,
wie sie hier in Frage kamen, nicht zu erzielen, also griffen die Franzosen in der
höchsten Not zum Kraftwagen. Man wählte als Ausladebahnhof
Bar-le-Duc und einen noch weiter zurückgelegenen Bahnhof und behielt
die Straße nach Verdun, eine etwa 60 km lange, nicht sehr breite
Bezirksstraße, ausschließlich dem Kraftfahrzeugverkehr vor, so
daß auf ihr in kurzen Abständen ein Kraftwagen nach dem anderen
abgelassen werden konnte. Die Fahrzeuge folgten sich, wie durch Stichproben
festgestellt wurde, im Durchschnitt innerhalb 14, oft stundenlang sogar nur
innerhalb 5 Sekunden. Für die Leitung des Verkehrs auf der Strecke mittels
Signalen, sowie für die Unterhaltung der Straßendecke waren
besondere Maßnahmen getroffen. Trotzdem sich auf dieser einen
Straße monatelang täglich mindestens 6000 Kraftwagen hin und her
bewegten, gelang es den Franzosen, den Verkehr so abzuwickeln, daß eine
größere Störung vermieden und der Nachschub glatt geleistet
wurde, Verdun konnte gehalten werden. An Umfang und Bedeutung sind
ähnliche Erfolge in der Anwendung des Kraftfahrzeugs an einer so eng
begrenzten Stelle wohl kaum je wieder erreicht worden.
Der außerordentlich hohe Verschleiß an Bereifung infolge der
schlechten Straßen vor Verdun hatte die deutschen Reifenvorräte
unvorhergesehen stark in Anspruch genommen, so daß man sich bei dem
empfindlichen Gummimangel bald zu weiteren einschränkenden
Maßnahmen veranlaßt sah. Zunächst wurden dem Heere
nunmehr vielfach auch die mittelstarken Personenkraftwagen entzogen und diese
durch Kleinkraftwagen, die im Gummiverbrauch sparsamer waren und für
die passende Reifengrößen noch in der Heimat lagerten, ersetzt. Aber
das war doch nur ein schwaches Mittel, so drückend es an und für
sich an der Front auch empfunden wurde, um die Reichdauer der Luftbereifung
um wenige Monate hinauszuschieben. Die Hauptmenge der monatlichen
Kautschukzuteilung hatte bisher noch immer zur Herstellung neuer
Vollgummireifen für Lastkraftwagen gedient; hier galt es also den Hebel
anzusetzen. Man mußte versuchen, ob man nicht wenigstens für den
westlichen Kriegsschauplatz bei den schweren Lastkraftwagen ganz ohne Gummi
auskam. Dies bedeutete also die Rückkehr zur Eisenbereifung, die
allerdings seit fast 10 Jahren als
unwirt- [358] schaftlich und
für den Betrieb schädlich aufgegeben worden war. Es stand von
vornherein fest, daß die Eisenbereifung bei ihrer Einführung im
Feldheer die schwerwiegendsten Nachteile zur Folge haben mußte. Einmal
verursachte sie einen höheren Betriebsstoffverbrauch, was bei der
bestehenden Knappheit an Benzin und Benzol besonders bedenklich war. Dann
verringerte sie wesentlich die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges und damit die
von ihm täglich zu erzielende Fahrleistung. Ferner wurde durch sie auch die
Zuverlässigkeit im Betrieb erheblich beeinträchtigt; die kleinen
Unebenheiten der Fahrbahn, die bisher vom Gummi vermöge seiner
Elastizität geschluckt worden waren, riefen jetzt eine dauernde
Erschütterung der Räder und des ganzen Fahrgestelles hervor, die zu
zahlreichen Brüchen und sonstigen Störungen Veranlassung gab, alle
Einzelteile des Fahrzeuges stark abnutzte und die Lebensdauer des ganzen
Wagens übermäßig verkürzte. Vor allem fehlte den
Eisenreifen aber die gute Adhäsion des Gummis, d. h. die
Eigenschaft, auch bei feuchten und glatten Wegen an der
Straßenoberfläche zu haften und somit das Fahrzeug gut
vorwärts zu bringen; dies mußte sich besonders in gebirgigen
Gegenden und im Winter, wo ein Fahren mit Eisenbereifung bei Schnee und
Glatteis einfach unmöglich gemacht wurde, bemerkbar machen. Durch die
ständigen Erschütterungen des Steuerrades und die
Stöße des ganzen Fahrzeuges wurde auch der Wagenführer
selbst übermäßig stark angestrengt und schnell ermüdet.
Schließlich nahmen die harten Schläge der schweren Eisenreifen auf
die Fahrbahn aber auch die Straßendecke außerordentlich mit und
verursachten deren vorzeitige Zerstörung; die Folge davon war, daß
wieder zahlreiches Personal und Material für die Instandhaltung der Wege
festgelegt wurde, wollte man diese nicht in kurzer Zeit gänzlich
unpassierbar werden lassen.
Trotz alledem mußte sich die deutsche Heeresleitung mit Rücksicht
auf den Gummimangel dazu verstehen, nunmehr ernstlich an die
Einführung der Eisenbereifung für Lastkraftwagen heranzugehen; sie
wurde im Sommer 1915 zunächst für die westlichen Armeen
angeordnet. Die Gummireifen sollten von den Rädern abgezogen und gegen
Eisenreifen umgewechselt werden; aus konstruktiven Rücksichten
ließ sich dies jedoch nur bei den mit Kettenantrieb, nicht auch bei den mit
Kardanantrieb versehenen Fahrzeugen durchführen. Der deutschen
Automobilindustrie wurde daher aufgegeben, zum Austausch gegen etwa 6000
Kardanwagen des Feldheeres in kürzester Frist eisenbereifte Kettenwagen
zu liefern. Da sich die Kraftfahrzeugfabriken teilweise aber bereits auf die
Anfertigung von Granaten umgestellt hatten, stieß die Herstellung dieser
zahlreichen neu geforderten Lastkraftwagen anfangs auf erhebliche
Schwierigkeiten; schließlich gelang es aber doch, damit voranzukommen.
Zug um Zug wurden die neuen Kettenwagen gegen die bisher benutzten
gummibereiften Kardanwagen ausgetauscht und letztere nach Deutschland
zurückgeschickt, wo man sie in der Hoffnung auf bessere Zeiten
zunächst in Reserve abstellte. Mancher Kraftfahrer [359] hat damals den ihm
wohlvertrauten und liebgewordenen Wagen abgeben und sich mit dem neuen
eisenbereiften anfreunden müssen. Das Fahren mit dem
schwerfälligen Eisenwagen erforderte besondere Gewandtheit und
körperlichen Kraftaufwand und erschwerte den Dienst der Truppe gegen
früher außerordentlich. Auch die Werkstätten bekamen durch
die häufiger auftretenden Betriebsstörungen vermehrte Arbeit.
Als sich Anfang Mai 1916 in Tirol das österreichische Heer zu seinem
Angriffe gegen die italienische Front zwischen Etsch und Brenta bereitstellte, war
es trotz größter Geländeschwierigkeiten gelungen, die
schweren Motorbatterien in den Hochalpen in Stellung zu bringen, eine in jeder
Hinsicht anzuerkennende Leistung der Bundesgenossen. Einer Bitte der
k. u. k. Heeresleitung entsprechend, wurde den Österreichern
bei ihrem Unternehmen durch Zuteilung bayerischer Kraftfahrtruppen, denen der
Alpenkriegsschauplatz ja nun schon nichts Unbekanntes mehr war, Waffenhilfe
geleistet. Trotz der bestehenden Gummiknappheit wählte man hierzu in
uneigennütziger Weise wieder gut bereifte, den
Straßenverhältnissen entsprechend leicht gebaute Lastkraftwagen aus
und stellte aus ihnen unter deutschem Kommando besondere Kolonnen
zusammen. Sie sind den österreichischen Armeen in Tirol mehrere Monate
zugeteilt gewesen und haben durch ihre guten Fahrleistungen im Hochgebirge die
besondere Anerkennung der verbündeten Heeresleitung gefunden.
Im Osten waren Kraftfahrtruppen in diesem Jahr vor allem während der
Kampfhandlungen beschäftigt, die sich bei Abwehr der mehrfachen
russischen Angriffe entwickelten; den jeweiligen Ausgleich der Verbände
zwischen den Armeen führte der Oberbefehlshaber Ost herbei. Aber auch
an ruhigen Fronten gab es für die Kraftwagen zur Befriedigung von
Truppenbedürfnissen der verschiedensten Art reichlich zu tun. Im
übrigen wurde die Zeit dazu benutzt, die bodenständigen
Einrichtungen, vor allem für Unterbringung und Instandhaltung der
Fahrzeuge auszubauen, um sich von dem Geräteersatz aus der Heimat
möglichst unabhängig zu machen. Dabei lagen die
Verhältnisse im Osten an sich sehr ungünstig, da es allenthalben an
geeigneten Hallen und Fabrikgrundstücken fehlte. Die Truppe half sich
jedoch durch Aufführung neuer Anlagen in Holz und hat hierbei
mustergültige Einrichtungen geschaffen. Die Neugruppierung der Ostfront
brachte im übrigen auch bei den Kraftfahrverbänden vielfache
Änderungen der Befehlsverhältnisse mit sich. Für das Gebiet
des General-Gouvernements Warschau wurde in gleicher Weise wie in Belgien
eine besondere Leitung des Kraftfahrwesens eingerichtet.
Als nach Einschieben deutscher Divisionen in die österreichische
Karpathenfront dort eine eigene Nachschuborganisation ins Leben gerufen wurde,
kamen bei dieser auch zahlreiche deutsche Kraftfahrverbände, Kolonnen,
Staffeln, Parks, Sanitätskraftwagen-Abteilungen u. a. zum Einsatz.
Teilweise waren österreichische Kraftwagenkolonnen dem deutschen
Kommando mitunterstellt. [360] Schwierige
Wege- und Geländeverhältnisse, dazu im Winter Kälte und
Schneefall, haben die Tätigkeit der deutschen Kraftfahrtruppen in den
Karpathen zwar außerordentlich erschwert, sie aber auf die Dauer nicht
beeinträchtigen können.
Der Angriff auf Verdun hatte sich inzwischen trotz großer Anfangserfolge
festgelaufen, als Ende Juni plötzlich heftiges Trommelfeuer von noch nicht
gekannter Stärke auf die deutsche Front beiderseits der Somme einsetzte
und starke Angriffe sich anschlossen. Mit größter Beschleunigung
wurden alle an der Westfront verfügbaren Kraftfahrverbände an die
Somme geworfen und dort zum Einsatz gebracht. Diesmal machte man auch auf
deutscher Seite von der Truppenbeförderung auf Kraftwagen in
größerem Stil Gebrauch und führte auf diese Weise den
gefährdeten Kampfabschnitten wiederholt Verstärkungen zu.
Besonders stark waren infolge der eintretenden zahlreichen Verluste an der Front
die Sanitätskraftwagen-Abteilungen in Anspruch genommen; zeitweise
mußten zu ihrer Entlastung Verwundete mit behelfsmäßig
eingerichteten Lastkraftwagenkolonnen abgefahren werden. Hauptaufgabe der
Kraftwagenkolonnen blieb aber das Vorbringen von Kampfgerät aller Art,
bei dem infolge des feindlichen Trommelfeuers große Ausfälle zu
verzeichnen waren, sowie das Heranschaffen von Baustoffen und
Pioniergerät zur Anlage von Stützpunkten hinter der Front als
Rückhalt. Das Massenfeuer des Feindes auf die deutsche Stellung bis weit
hinter die eigentliche Kampflinie erschwerte den Verkehr auf den Straßen
zur Front außerordentlich und zwang in vielen Fällen dazu, zur
Ausführung der Fahrten die Dunkelheit zu Hilfe zu nehmen. Dadurch
wurden neue ungewohnte Anforderungen an die Kraftfahrtruppe gestellt, denen
sie aber jederzeit gerecht geworden ist.
Auf Veranlassung der Obersten Heeresleitung wurde zur Deckung des unerwartet
großen Bedarfs an Transportmitteln für die Bedürfnisse der
Somme-Schlacht sofort mit Neuaufteilung von Kraftfahrverbänden bei den
nicht beteiligten Armeen und in der Heimat vorgegangen und auf diese Weise
eine Verstärkung der Hauptkampffront ermöglicht. Die Zahl der dort
befindlichen Kraftfahrverbände gestattete jedoch auch dann nicht, bereits
einmal eingesetzte Formationen gelegentlich zur Ablösung herauszuziehen;
sie sind während des monatelangen Ringens an der Somme ununterbrochen
angestrengt tätig gewesen. Erst nachdem bei Beginn des Winters ein
Stillstand in den Kämpfen eingetreten war, konnte man daran gehen, die
Verbände nach und nach wieder aufzufrischen und ihre Fahrzeuge in den
rückwärts gelegenen Werkstätten instandzusetzen.
Als sich im Sommer 1916, dem Drängen des Vierverbandes folgend, auch
Rumänien auf die Seite der Entente stellte, trat auf dem Gebiet der
Betriebsstoffversorgung des deutschen Heeres ein äußerst gespannter
Zustand ein; konnte man doch auf die Dauer die rumänische
Mineralölerzeugung keinesfalls missen, da die in Deutschland befindlichen
Benzinvorräte allmählich [361] ihrer
Erschöpfung entgegengingen, die
Benzol-Erzeugung aber nicht über ein gewisses Maß hinaus zu
steigern war. Die Notwendigkeit, den Zufluß an Betriebsstoffen aus
Rumänien wiederherzustellen, war daher mit ein Grund dafür,
daß sich die deutsche Oberste Heeresleitung, die inzwischen durch die
Berufung Hindenburgs
und Ludendorffs neu besetzt worden war, entschloß,
den Feldzug gegen den neuen Feind angriffsweise zu führen. Dieser
Entschluß bedingte die Ausstattung der für die Offensive
ausersehenen Armeen mit zahlreichen leistungsfähigen Nachschubmitteln.
Der südlich der Donau angesetzten Heeresgruppe Mackensen wurden zu
diesem Zweck in Serbien und Mazedonien verfügbar gemachte, der in
Siebenbürgen sich sammelnden Armee Falkenhayn aus der Ostfront
herausgezogene Kraftwagenkolonnen, in der Mehrzahl noch gummibereift,
zugeteilt. Daneben ging, wie bei jeder größeren Operation, die
Ausstattung der Armeen mit den übrigen planmäßig
vorgesehenen Kraftfahrverbänden, sowie mit den erforderlichen
Einzelfahrzeugen, wobei im Hinblick auf den bevorstehenden Angriffsfeldzug auf
möglichste Beweglichkeit Rücksicht genommen wurde.
Um die rumänischen Eisenbahnen wenigstens auf Teilstrecken wieder in
Betrieb zu nehmen, wurden sogenannte Schienenkraftwagen, d. h.
Lastkraftwagen mit besonderen Radkörpern, die sich sowohl auf Schienen
wie auf der Straße fortbewegen konnten und somit zerstörte
Eisenbahnbrücken, Tunnels usw. zu umgehen imstande waren,
bereitgestellt.
Der Angriff gegen Rumänien begann mit dem Vorrücken der
Heeresgruppe Mackensen gegen die Dobrudscha und führte am 23. Oktober
zur Besetzung von Constanza. Hierbei wurden sehr bedeutende Bestände an
Mineralöl (Benzin und Petroleum) erbeutet, die für die spätere
Kriegführung von außerordentlicher Bedeutung gewesen sind.
Trotzdem diese Beutevorräte in großen Betriebsstoffbehältern
so dicht an der Küste des Schwarzen Meeres lagerten, daß sie
täglich durch das Feuer feindlicher
Schiffs-Artillerie hätten zerstört werden können, gelang es,
das kostbare Gut ohne größere Einbuße landeinwärts in
Sicherheit zu bringen. Inzwischen waren durch das Vordringen der
Rumänen nach Siebenbürgen auch dort heftige Kämpfe
entbrannt, bei denen auf deutscher Seite zum erstenmal
Straßen-Panzerkraftwagen (mit
Maschinengewehr-Bestückung) zur Verwendung kamen; sie traten mit
besonderem Erfolg bei Öffnung der Gebirgspässe der
transsilvanischen Alpen in Tätigkeit. Hier brachten auch deutsche
Kraftwagenkolonnen die Jäger des bayerischen Alpenkorps durch den
Roteturmpaß vor, um den Rumänen den Austritt aus dem Gebirge
weiter ostwärts abzuschneiden.
Straßenpanzerwagen waren schon im Sommer 1914 auf dem westlichen
Kriegsschauplatz von Belgiern und Engländern mit Vorteil im
Bewegungskrieg verwendet worden, so daß seinerzeit der deutschen
Automobilindustrie einige solcher Wagen in Bestellung gegeben worden waren.
Als jedoch im Westen [362] der Stellungskrieg
einsetzte, bei dem Straßenpanzerwagen keine wesentlichen Vorteile mehr
bringen konnten, hatte man von der weiteren Anfertigung abgesehen. Nach den
guten Erfahrungen im rumänischen Feldzug wurde noch einmal eine
Anzahl neu bestellt; ihre Lieferung hat sich aber bis Januar 1918
hinausgezögert.
Nachdem die Heeresgruppe Falkenhayn die schwierigen Gebirgspässe
überwunden hatte, drängte sie im Verein mit der von Süden
kommenden Donauarmee das rumänische Heer in siegreichen
Kämpfen immer weiter nach Osten. Die Schnelligkeit, mit der die Armeen
vorrückten, stellte große Anforderungen an die Bewältigung
des Nachschubs, der noch dadurch erschwert wurde, daß die
Rumänen auf ihrem Rückzug Straßen und Brücken
hinter sich zerstörten. Hinzu kam, daß das schlechte Wetter die schon
an und für sich mangelhaften Wege noch mehr unpassierbar machte, so
daß die Kraftfahrtruppe nur mit Aufgebot aller Kräfte dem
Vormarsch folgen und ihre Aufgabe, die angreifenden Divisionen zu versorgen,
durchführen konnte. Aber es gelang und erst am Sereth kam das weitere
Vorgehen zum Stehen. Auch auf diesem Teil der Front begann nun ein
hartnäckiger Stellungskampf, für den neue Transporte zu leisten
waren. Der Einsatz der Kraftfahrzeuge wurde dabei erst durch strenge Kälte
und hohen Schnee, dann wieder durch Regen und Tauwetter
außerordentlich behindert. Im übrigen mußten nunmehr auch
hier alle für die Aufrechterhaltung eines geregelten Kraftfahrdienstes
erforderlichen bodenständigen Einrichtungen getroffen werden. Nachdem
für das eroberte Gebiet Rumäniens, soweit es der deutschen
Militärverwaltung unterstand, eine besondere Leitung des Kraftfahrwesens
eingesetzt worden war, betrachtete es diese neben der Mitwirkung bei der
wirtschaftlichen Ausnutzung des Landes als ihre Aufgabe, den deutschen
Kraftfahrtruppen der Südostfront durch die Einrichtung eines
leistungsfähigen Kraftwagenparks in Bukarest einen Rückhalt zu
geben.
Der siegreiche Feldzug gegen Rumänien hatte die Mittelmächte auch
in den Besitz der rumänischen Erdölfelder gebracht; aber in welchem
Zustande wurden sie angetroffen! Die Bohrtürme umgerissen, die
Maschinen weggeschleppt oder zerschlagen, die Rohrleitungen gesprengt, die
Behälter in Brand gesteckt, die Bohrlöcher und Sonden durch
hereingeworfenes Eisenzeug verstopft und gar noch mit Zement verrammelt. Es
war dem Feinde noch im letzten Augenblick gelungen, die Anlagen unbrauchbar
zu machen, und der englische Oberst, der mit der Leitung der Zerstörung
beauftragt war, hatte seine Aufgabe nur zu gut gelöst. Ohne Verzug ging
man daran, die Schäden wieder zu beseitigen, aber es hat Monate gedauert,
bis die Erdölförderung wieder einigermaßen in Gang kam,
mußte man doch vielfach erst neue Bohrungen vornehmen, da das
Freimachen der verstopften alten Bohrlöcher und Sonden zu schwierig und
zeitraubend war. Den mangelhaften Verkehrsverhältnissen im
Ölgebiet wurde durch ständige Zuteilung einiger
Kraftwagenkolonnen zum Transport der Bohrmannschaften
und -geräte, soweit möglich, abgeholfen.
[363] Jedenfalls brachte die
rumänische Neu-Erzeugung zunächst nicht den erwarteten
Zuschuß zur deutschen Betriebsstoffwirtschaft, so daß deren
Aussichten daher nach wie vor recht trübe blieben. Auf das in Galizien
gewonnene Benzin war mit Ausnahme der vertraglich festgelegten Lieferungen
für die Fliegerwaffe nicht zu rechnen, da es schon zur Versorgung des
österreichischen Feldheeres kaum ausreichte. Die einzige Entlastung
brachten die Beutevorräte in Constanza, auf die man nun wenigstens die
Armeen des südöstlichen Kriegsschauplatzes sowie Bulgarien und
die Türkei anweisen konnte. Versuche in der Heimat, synthetisches Benzin
aus Braunkohlenteeren herzustellen, führten leider zu keinem praktischen
Erfolg. Also mußte man wieder seine Zuflucht zum Benzol nehmen! Seine
Erzeugung konnte allmählich bis auf die Höhe der ehemaligen
Friedensproduktion (12 - 13 000 t. monatlich)
gesteigert werden, so daß es vorläufig noch gelang, mit seiner Hilfe
den Hauptbedarf des Feldheeres einigermaßen zu befriedigen; jedoch war
größte Sparsamkeit im Verbrauch mehr denn je Vorbedingung. Wenn
die Verbrauchszahlen beim Feldheer trotzdem ständig wuchsen, so lag dies
an der weiteren Entwicklung des Luft- und Kraftfahrwesens, an der
fortschreitenden Motorisierung der bereits früher genannten Waffen, sowie
an der steigenden Verwendung von Benzollokomotiven auf den Feldbahnen in der
Kampfzone, da Dampflokomotiven wegen ihrer Rauchentwicklung an vielen
Stellen nicht verwendbar waren. Die Beschaffung und Bereitstellung der
Betriebsstoffe für Feldheer und Heimat wurde in die Hand des Kriegsamtes
(Kriegsrohstoff-Abteilung) gelegt, während ihre Verteilung auf die
einzelnen Heeresgruppen und Armeen auf Grund der taktischen Lage von der
Obersten Heeresleitung vorgenommen wurde. Die Beförderung der in Frage
kommenden erheblichen Brennstoffmengen von ihrer Erzeugungsstätte bis
zum Verwendungsort bot im übrigen nicht unbedeutende Schwierigkeiten;
die Aufrechterhaltung einer geregelten Betriebsstoffversorgung war sehr
wesentlich auch eine Transportfrage. Man suchte sie dadurch zu lösen,
daß man durch Neubauten die Zahl der Kesselwagen auf der Eisenbahn
vermehrte und den Umlauf selbst möglichst beschleunigte; schärfste
Kontrolle, die den Verbleib jedes einzelnen Kesselwagens täglich verfolgte,
war hierzu erforderlich. Den Abtransport der Mineralöle aus
Rumänien legte man zum großen Teil auf den Wasserweg; aber auch
hier waren als Ersatz für die von den Rumänen versenkten
Donauschlepps erst zahlreiche Schiffe neu zu bauen. Ungenügend blieb das
Zusammenarbeiten in Betriebsstoffragen zwischen
Heeres- und Marineverwaltung, da letztere hierbei selbständig vorging. Erst
unter dem Druck der höchsten Not, in den letzten Wochen des Krieges,
wurde die gesamte Betriebsstoffwirtschaft für Heimat, Heer und Flotte in
eine Hand gelegt.
Die Gummilage blieb ebenfalls ernst, wenn auch im Sommer 1916 durch das
Hereinbringen von 360 t Rohkautschuk durch
"U-Deutschland" vorüber- [364] gehend eine leichte
Entspannung eingetreten war. Von dieser unter den schwierigsten
Verhältnissen glücklich nach Deutschland geretteten Menge hatte
von vornherein ein Viertel vertragsgemäß an Österreich
abgeliefert werden müssen, so daß nach Abzug der Waschverluste
und der sonstigen Abgaben nicht viel mehr als 200 t Rohgummi für
die eigentlichen Zwecke der Kriegführung übrigblieben. Da nun auch
noch zahlreiche Verbrauchergruppen zu berücksichtigen waren, kam
für den einzelnen schließlich nur eine
verhältnismäßig geringe Menge heraus; trotzdem stellten diese
200 t unter den gegebenen Verhältnissen einen nicht hoch genug zu
veranschlagenden Zuwachs dar. Außer zu Bewilligungen für
besondere Zwecke konnte man damit den ganzen
Gummi-Wirtschaftsplan um mehr als 4 Monate strecken, was um so nötiger
war, als die Fabrikationsdauer des künstlichen Gummis doch erheblich
längere Zeit, als ursprünglich veranschlagt, in Anspruch nahm. Es
wurde schon jetzt offenbar, daß der synthetische Kautschuk allein die
deutschen Gummisorgen nicht beheben würde. Um so größere
Erwartungen setzte man infolgedessen auf die Fahrt von
"U-Bremen", die ebenfalls aus Amerika zur Verschiffung bereitliegenden
Rohgummi herüberholen sollte. Leider sind diese Erwartungen
fehlgeschlagen, U-Bremen kehrte nicht zurück. Als dann im Frühjahr
1917 die Vereinigten Staaten von Nordamerika in den Krieg eintraten,
mußte endgültig jede Hoffnung, noch einmal von dort Gummi
hereinzubekommen, begraben werden.
Die Entente, die über die schwierige Lage der Mittelmächte auf
diesem Gebiete genau unterrichtet war, verdoppelte ihre
Überwachungsmaßnahmen gegen die Einfuhr von Kautschuk nach
Deutschland. Es blieb nichts anderes übrig, als den Gummiverbrauch des
Feldheeres noch mehr herabzuschrauben. Infolgedessen ging die Oberste
Heeresleitung nunmehr daran, die Kraftwagenetats der mobilen Verbände
gänzlich neu festzusetzen und dabei überall Abstriche zu machen,
wo dies nur irgend angängig war. Soweit den Kommandostellen
Kraftfahrzeuge belassen wurden, waren aus ihnen unter örtlicher
Zusammenfassung Fahrbereitschaften zu bilden und bei diesen jede beabsichtigte
Inanspruchnahme eines Wagens rechtzeitig vorher anzumelden, damit durch
Zusammenlegen der nach dem gleichen Ziele gerichteten Fahrten und durch
Ausnutzung leer zurückfahrender Wagen eine möglichst sparsame
Verwendung des einzelnen Fahrzeuges gewährleistet wurde. Alle diese
Maßnahmen schränkten die einzelnen Dienststellen in der
Kraftwagenbenutzung außerordentlich ein; aber nur so war es
möglich, das Ergebnis zu erzielen, daß noch genügend
Bereifung verfügbar blieb, um damit in erster Linie die
Sanitätskraftwagen zur Beförderung der Kranken und Verwundeten,
in zweiter Linie die Personenkraftwagen bei den an der Front stehenden
Stäben und den kämpfenden Truppen in Betrieb zu halten. Zur
Ersparnis von Vollgummireifen wurde der westliche Kriegsschauplatz nunmehr
restlos auf eisenbereifte Lastkraftwagen umgestellt und die gleiche
Maßnahme während der Sommermonate auch für den
größten Teil der Ostfront [365] angeordnet; lediglich
für den Kriegsschauplatz in den Karpathen, in Mazedonien und der
Türkei blieb die Verwendung von gummibereiften Lastwagen noch
gestattet.
|