Bd. 5: Der österreichisch-ungarische
Krieg
Kapitel 19: Vom Isonzo zur Piave
(Forts.)
Feldmarschalleutnant Theodor Konopicky
und Staatsarchivar Oberstleutnant Edmund Glaise-Horstenau
4. Die Bezwingung des
Tagliamento.
Am 1. November wand sich die k. u. k. 10. Infanteriedivision durch ein 15 km
tiefes, gewaltiges, in der Geschichte kaum seinesgleichen findendes Beutefeld von
Geschützen, Autos, Wagen, Kriegsgerät jeglicher Art hindurch bis
Latisana. Am gleichen Tage warfen die deutsche 12. und die
österreichisch-ungarische 50. Infanteriedivision unter der Oberleitung des
Generals der Infanterie Alfred Krauß zwischen Gemona und
San Daniele den dort noch verbliebenen Feind über den Fluß,
wobei abermals einige Tausend Gefangene in der Hand der Verbündeten
blieben. Oberhalb von Gemona, bis zur Fellamündung hinauf, hatten bereits
deutsche Jäger, die Edelweißdivision Generalmajor v. Wieden
und die aus dem Fellatal herangerückte 59. Gebirgsbrigade Generalmajor
v. Dietrich (10. Armee) ganze Arbeit verrichtet. Von da bis zum Meere
stand kein Feind mehr auf dem östlichen Tagliamentoufer!
Auch im Kärntner Grenzraum lagen die Dinge gut. Die Eroberer des Pal,
die 94. Infanteriedivision Feldmarschalleutnant v. Lawrowski, hatten ohne
Troß, den sie wegen des Geländes und der zahlreichen
Wegsprengungen erst später nachziehen konnten, Tolmezzo am oberen
Tagliamento gewonnen. Weiter westlich, bis zur Tiroler Grenze, waren die
Verteidiger Kärntens aus den Felsenkellern und Berghütten, die
ihnen in zweieinhalb Jahren Krieg zur zweiten Heimat geworden waren,
herausgetreten und stiegen gegen Süden ab...
Die beiden Obersten Heeresleitungen hatten, als sie die italienische Offensive
verabredeten, die Tagliamento-Linie als das weitestgesteckte Ziel ins Auge
gefaßt. Aber schon die ersten 48 Stunden nach
Karfreit - Tolmein ließen viel, viel Größeres
erhoffen. Der Tagliamento durfte den Verbündeten nicht mehr Halt
gebieten, ganz andere Erfolge winkten. Aus einer Angriffsschlacht mit eng
gesteckten Zielen wurde sozusagen unter der Hand eine große,
weitausgreifende Offensive.
Mit diesem Ausreifen der Pläne trat auch die Bedeutung der
Südtiroler Bastion und eines Angriffes aus derselben wieder in den
Vordergrund der [441] Erwägungen.
Am 27. mittags erließ das Armee-Oberkommando Baden die ersten Befehle
für den Abtransport von am Isonzo frei werdenden Divisionen. Die Zahl
solcher mochte angesichts der fortschreitenden Verengung des Angriffsraumes
mit der Zeit ziemlich groß werden. Aber für die Fahrt nach Tirol
kamen zunächst doch nur zwei in Betracht, da diese samt dem
nötigen Kriegsgerät die wenig leistungsfähige Pustertalbahn
ohnehin länger als eine Woche hindurch voll in Anspruch nahmen. Feldmarschall von Conrad
unterließ es denn auch nicht,
vorausblickend aus Eigenem alle Vorsorgen für die Bildung einer
Stoßgruppe zu treffen. Er telegraphierte am 29. Oktober nach Baden:
"Befehl zum Angriff mit fünf Divisionen aus dem Raume Asiago ist heute
ausgegeben worden.... Die zum Angriff nötigen Infanterieverschiebungen
im eigenen Bereiche (Formierung von drei Divisionen) können bis 10.
November beendet sein. Das Heeresgruppenkommando bittet zu veranlassen,
daß die zudisponierten zwei Divisionen beschleunigt instradiert werden.....
um mit den Vorbereitungen um den 10. November fertig zu werden und dann den
Angriff aus Tirol gleichzeitig mit dem zu erwartenden großen eigenen
Angriff in der venetianischen Ebene ansetzen zu können...." Alle Kritiker
dieses Feldzuges mögen beobachten, wie die Materie auch dem
Gedankenflug des Bozener Marschalls schwere Fesseln anlegte, die er einfach
nicht abzustreifen vermochte.
Das Armee-Oberkommando Baden antwortete: "Antransport aller für
Angriff bestimmten Kräfte wird beschleunigt. Möglichst
frühzeitiger Beginn des Angriffes ist erwünscht."
Klarerweise konnte am Tagliamento nicht gewartet werden, bis sich der
Flankenstoß aus Tirol auswirkte. Das hätte geheißen, den
Italienern eine allzu lange Gnadenfrist zu gewähren. Daher befahl Erzherzog Eugen am 30. Oktober abends: "Offensive über den Tagliamento
wird fortgesetzt werden. Jede Armee hat anzustreben, innerhalb des ihr
zugewiesenen Vorrückungsraumes den Fluß zu
überschreiten...."
Die schweren Regen der letzten Tage hatten den Tagliamento zum
reißenden Strom umgewandelt. Zudem war es trotz aufopfernder Versuche
deutscher und österreichischer Regimenter nirgends gelungen, einen von
den Italienern nicht unterbrochenen Übergang in die Hand zu bekommen.
Wieder war es der hervorragend geführten, aus besonders tüchtigen
Truppen zusammengesetzten Gruppe Krauß beschieden, die befreiende Tat
zu vollbringen. Ihr oberster Führer berichtet darüber:11
"....Die Truppen mühten sich
entlang dem ganzen Fluß, die hochangeschwollene Torrente zu
überwinden. Sie versuchten, durch den Fluß zu kommen. Alle
Mühe, den reißenden, in viele Arme geteilten Strom zu durchwaten
und zu durchschwimmen, waren vergebens. Durch zwei, drei Arme [442] kamen die Braven
hindurch, am Hauptarm aber scheiterten alle Versuche, selbst der besten
Schwimmer. Am 2. November morgens ging ich vor zur Eisenbahnbrücke
von Cornino (nördlich von San Daniele), um mir die Lage dort zu
besehen. Die Brücke besteht aus zwei, durch eine Flußinsel
getrennten Teilen. Die zur Insel führende Brücke war unserem
vorstürmenden Detachement brauchbar in die Hände gefallen.
Dagegen war beim zweiten Brückenteil das etwa 20 m lange
Mittelfeld derart an beiden Enden abgesprengt, daß die schwere
Eisenkonstruktion zwischen den beiden Brückenpfeilern im Flusse lag. Die
Brückendecke lag etwa 1 - 2 m unter der
Brückenbahn. Die breiten oberen Träger der Eisenkonstruktion lagen
etwa in gleicher Höhe mit der Brückenbahn, so daß geschickte,
schwindelfreie Männer leicht auf diesen Eisenträgern über die
Brücke hinwegkommen konnten."
"Es war daher sofort erkennbar, daß der Weg
hinüber nur über die gesprengte Brücke ginge. Ich begab mich
sogleich zum Divisionskommando (der 55. Infanteriedivision Generalmajor Felix
Prinz Schwarzenberg) und gab dort den Befehl, die vergeblichen Versuche, durch
den Fluß zu kommen, aufzugeben und die Brücke für den
Übergang zu benutzen. Dem Divisionskommando wurde starke Artillerie
zur Verfügung gestellt, die ganze Durchführung besprochen und
6 Uhr abends des 2. November als Zeitpunkt zum Infanterieangriff
bestimmt."
"Der Plan zum Angriff wurde nach diesen Weisungen von
Generalmajor Prinz Schwarzenberg und vom Brigadier Oberst Graf Zedtwitz (38.
Gebirgsbrigade) so gut entworfen und die Unternehmung von Hauptmann Redl
und vom 4. Bataillon des bosnisch-herzegowinischen Infanterieregiments
Nr. 4 so prachtvoll durchgeführt, daß am Abend des 2.
November die Brücke genommen und das westliche Tagliamentoufer
gewonnen war. Die stürmende Infanterie war auf Leitern hinab auf das im
Fluß liegende Brückenfeld und von dort wieder auf Leitern auf die
Brücke am Westufer gestiegen. Der erste Stoß warf die Italiener aus
der Brückenschanze. Die im Laufe der Nacht und des 3. November
folgenden Truppen der 55. Infanteriedivision drängten die Italiener immer
weiter zurück und säuberten das rechte Ufer des Tagliamento bei
Pinzano, so daß auch dort mit der Herstellung der Brücke begonnen
werden konnte. Die Eisenbahnbrücke bei Cornino wurde für den
Fuhrwerksverkehr hergerichtet, ohne den Übergang der Truppen zu
unterbrechen. Am 4. mittags wurde die Brücke fertig. Eine Senkung des
abgesprengten Brückenfeldes stellte aber die ganze Arbeit in Frage. Erst am
5. konnte der Schaden behoben werden."
"Am 4. November früh ging ein
Jägerbataillon der Gruppe Stein als erste deutsche Truppe über
unsere Brücke. Das Bataillon sollte den Schutz des Brückenbaues bei
Pinzano (abwärts von Cornino) auf dem westlichen Tagliamentoufer
besorgen. Diese Brücke wurde am 4. nachmittags fertig, so daß der
55. Infanteriedivision, die bisher ohne Artillerie geblieben war, die nötigste
Artillerie [443] nachgesendet werden
konnte. Mit dem Übergange der 55. Infanteriedivision bei Cornino war die
italienische Tagliamentofront gebrochen..."
[440a]
Neubau der gesprengten Isonzobrücke bei Salcano
nördlich Görz.
Im Hintergrund S. M. S. "Gabriele".
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In den nächsten Tagen spielte sich in den Gebirgen nördlich der von
Gruppe Krauß erkämpften Übergangsstelle in kleinerem
Maßstabe eine Wiederholung des Kesseltreibens von Latisana ab. Durch das
Zusammenwirken der Edelweißdivision, der deutschen Jäger, der 43.
Schützenbrigade und der 59. Gebirgsbrigade gelang es, im Raume
Osoppo - Tramonti - Tolmezzo die Hauptkraft zweier
italienischer Divisionen, der 36. und der 63., völlig abzuschneiden und zur
ungesäumten Waffenstreckung zu zwingen. Besondere Erwähnung
verdienen die Italiener, die das Werk San Simeone nördlich von
Osoppo verteidigten, es zuletzt noch sprengten und erst beim Versuche, sich nach
Westen durchzuschlagen, ausgehoben wurden.
Während sich dies begab, zwischen dem 5. und 7. November, gewann die
14. Armee die mittlere Livenza und wechselte bei Sacile Ufer.
Südwärts von ihr hatten die Spitzen der Heeresgruppe Boroević den inzwischen schon niedriger gehenden Tagliamento am 5.
November überschritten. Die beiden Isonzoarmeen, die überaus stark
unter dem Mangel an lebenden und mechanischen Transportmitteln litten, hatten
die Pause benutzt, um die unentbehrlichste Artillerie und das nötigste
Kriegsgerät heranzuziehen. Sie kamen am 5. abends bis gegen Pordenone
und über Portogruaro hinaus und standen tags darauf gleichfalls an der
Livenza, die sie am 7. an mehreren Punkten übersetzten.
Der Feldmarschall Erzherzog Eugen hatte bereits am 4. den Befehl erlassen,
daß bis an die Brenta vorzurücken sei.
5. Der Flankenstoß aus dem
Gebirge.12
Die rasche Bezwingung der Tagliamento-Linie schuf nicht bloß den im
karnischen Gebirge kämpfenden k. u. k. Truppen der 10.
Armee neuerlich Luft, sondern sie wirkte auch auf die Tiroler Front zurück.
Hier befand sich Feldmarschall Conrad
v. Hötzendorf mitten in den
Angriffsvorbereitungen. Seinen Hauptangriff beabsichtigte er von Asiago in
südöstlicher Richtung anzusetzen, um auf diese Weise dem Feinde
auch ein Halten der Brentalinie unmöglich zu machen. An Ort und Stelle
stand für diesen Zweck bloß das III. Korps General der Infanterie
v. Krautwald, zwei und eine halbe Division, zur Verfügung, das den
Abschnitt gegenüber Asiago bis zum Steilrand des Brentatales besetzt hielt.
Zwei Divisionen hatte das Armee-Oberkommando Baden von der Isonzofront her
in Aussicht gestellt. Weitere Kräfte gewann Conrad dadurch, daß
er - neben anderen Abschnitten - die Dolomitenfront
möglichst schwächte. Er sagte sich, daß der Feind hier auch
ohne besonderen Druck werde zurückweichen müssen, und
hielt - schon angesichts der voraussichtlichen
Wegschwierigkeiten - nur [444] schwache
Verfolgungstruppen bereit. Von den Hauptkräften der Dolomitenfront hatte
die neugebildete 52. Infanteriedivision Feldmarschalleutnant Heinrich Goiginger
um den 2. November im Raume von Trient einzutreffen, um sich später
dem Angriff bei Asiago anzuschließen, die 49. Infanteriedivision General
Steinhardt nördlich des Rollepasses anzutreten, um von hier nach Fonzaso
und Feltre vorzustoßen.
Die Ereignisse in den Dolomiten verliefen, wie sie das
Heeres-Gruppenkommando in Bozen im voraus angenommen hatte, nur noch
rascher. Zwischen dem 4. und 8. November räumten die Italiener
allmählich vom Kreuzberg bis zum Rollepaß ihre zum
größten Teil seit Kriegsbeginn besetzt gehaltenen Stellungen. Am 5.
konnte der österreichische Generalstab melden, daß auf dem Monte
Piano und auf dem zwei Jahre lang heiß umstrittenen Col di Lana die
kaiserlichen Fahnen gehißt und die k. u. k. Truppen unter dem
Jubel der Bevölkerung in Cortina d'Ampezzo eingerückt seien.
Unaufhaltsam vordringend, trafen die hier angesetzten Gruppen Generalmajor
Korzer und Oberst Gellinek bald darauf im oberen Piavetal mit der seit zehn
Tagen ohne Unterlaß kämpfenden und marschierenden 94.
Infanteriedivision Feldmarschalleutnant v. Lawrowski (Kärntner
Front) zusammen. Es geschah dies nördlich von Longarone. Oberleutnant
Andres vom Tiroler Landsturm fuhr mit einem zweiten Offizier zu Rad in diesen
noch von Italienern angefüllten Ort. Die feindlichen Offiziere waren ob
solcher Kühnheit so überrascht, daß sie sich begnügten,
den beiden Eindringlingen "eine alsbaldige Reise nach Sizilien" in Aussicht zu
stellen. Aber sie hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn inzwischen
stießen - wie nach der Uhr - die von Tramonti, sonach von
Osten, kommenden Gebirgstruppen der Verbündeten gegen Longarone vor
und schnürten das Piavetal südwärts des Ortes ab. An der
Spitze der durch eine tiefe Felsschlucht Anrückenden fochten die
Württemberger des Majors Sprosser. Ihnen folgten vier Bataillone der 22.
Schützendivision. Für den völlig umzingelten Feind gab es
kein Entrinnen mehr. Ein General, zwei Stabsoffiziere und 10 000 Mann
mußten die Waffen strecken.
Die Gebirgstruppen der Verbündeten setzten den Marsch ungesäumt
südwärts fort. Sie rückten noch am 10. durch das wundervoll
malerisch gelegene Belluno und gewannen am 12. abends mit der 22.
Schützendivision Feltre. Während sie den Piave abwärts
vordrangen, waren die von Norden einmündenden Talschluchten noch voll
von Italienern. Überall gab es zahlreiche Gefangene und reiche Beute. Im
Cordevoletal wurden auf diese Weise ein Oberst, vier Stabsoffiziere und 4000
Mann abgeschnitten.
Das Vordringen der Sieger im mittleren Piavetal brachte auch die Italiener im
Brentaabschnitt ins Wanken. Am 9. hatten sie - bis in die Gegend von
Asiago - ihre Vorfeldstellungen geräumt. Am 12. entriß ihnen
eine Gruppe der von Feldmarschall Conrad im Suganertal angesetzten 18.
In- [445] fanteriedivision
Generalmajor v. Vidale das hoch aufragende, alles Umland beherrschende
Panzerwerk Lione auf dem Cima di Campo in blutigen Nahkämpfen. Am
selben Tage fiel der Division auch das durch den Feind noch im letzten
Augenblick gesprengte Fort Col di Lan als Trümmerhaufen in die
Hände. Sie nahm über Fonzaso die Verbindung mit der Gruppe
Krauß auf und erreichte an der Suganerstraße die Reichsgrenze. Eine
Abteilung kletterte südlich des Tales auf die Hochfläche der
Barricata hinauf, um in die Kämpfe von Asiago einzugreifen.
Hier, in den Sieben Gemeinden, war am 10. November die Hauptangriffsgruppe
unter General der Infanterie Krautwald, fünf Divisionen stark, zum Sturm
angetreten. Am rechten Flügel bemächtigte sich, den Feind von Haus
zu Haus fassend, die 21. Schützendivision Generalmajor Haas der Stadt
Asiago, indessen südwestlich davon die 52. Infanteriedivision
Feldmarschalleutnant Heinrich Goiginger wichtige Höhen eroberte. Tags
darauf wurde vergeblich versucht, den nordöstlich von Asiago aufragenden
Monte Longara zu nehmen. Zweimal wurde er von den k. u. k.
Truppen gestürmt, zweimal mußten sie ihn wieder räumen.
Das italienische XX. Armeekorps hatte sich auf den ernstesten Widerstand
eingerichtet. Erst am 12. nachmittags gelang es der Grazer 6. Infanteriedivision
Generalmajor v. Schilhawsky, den Feind endgültig vom Monte
Longara hinabzuwerfen. Am selben Tage war es auch der weiter nördlich
angesetzten Gruppe Feldmarschalleutnant Kletter endlich geglückt, in
größerem Ausmaße Boden zu gewinnen, wobei zweifellos die
Bedrohung der Italiener vom Suganertal aus mitwirkte. Am 13. konnte
Feldmarschalleutnant Kletter den Monte Lisser, das Schwesterwerk des Cima di
Campo in der Beherrschung der Val Sugana, besetzen. Tags darauf
blickten, indessen die 18. Infanteriedivision Primolano nahm, die Kämpfer
Kletters, die sich während des ganzen Angriffes in halbmannshohem,
frischem Schnee vorarbeiten mußten, vom Col Tonder aus
über gewaltige Felsstürze nach Valstagna an der Brenta hinab. Noch
zeigte der Feind keine Miene, daß er bereit sei, auch das nordwestlich dieser
Stadt 1800 m hoch aufragende, zu einer Festung ausgebaute Melettamassiv
preiszugeben. Der Angriff auf dieses erheischte erneute Vorbereitungen,
namentlich in artilleristischer Hinsicht, in welcher die eben abgeschlossenen
Kämpfe wegen der allzu geringen Vorbereitungsfrist manches zu
wünschen übriggelassen hatten.
Auch die Gruppe Alfred Krauß konnte, als sie sich nach dem 12.
anschickte, südlich von Feltre in das aus der venetianischen Ebene
aufsteigende Grappa-Gebirge einzudringen, ein fast unvermitteltes Anschwellen
des italienischen Widerstandes feststellen. Dazu trat Witterungsungunst: Frost,
Sturm und Schnee. Unter nicht geringen Opfern nahm am 15. November die
Edelweißdivision die Höhen südöstlich von Cismon, die
22. Schützendivision den Monte Roncone und den Prassolan und die 55.
Infanteriedivision den Monte Peurna. Südlich [446] davon winkten als
weitere Angriffsziele der Monte Asolone und die Felsburg der Grappa...
Die Hauptkräfte der 14. Armee hatten schon am 10., die beiden
Isonzoarmeen noch um einen Tag früher die Piave erreicht. Bestrebt, den
Weisungen des Armee-Oberkommandos nachzukommen, hatte man an einigen
Stellen den Versuch gemacht, den Fluß zu übersetzen. Aber nur am
äußersten Südflügel gelang es, bis an den Sile, der mit
der Piave ein gemeinsames Mündungsdelta hat, vorzudringen. Dort dehnte
sich dann freilich die für Truppenbewegungen nicht in Betracht kommende
Lagune. Weiter aufwärts glückte es bloß bei Zenson, auf dem
rechten Flußufer Fuß zu fassen. Überall stand, geschützt
durch den Strom, ein abwehrbereiter Feind!
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