Bd. 5: Der österreichisch-ungarische
Krieg
[174]
Kapitel 9: Der Feldzug 1915 gegen Serbien1
Feldmarschalleutnant Theodor Konopicky2
Seit Dezember 1914 beschränkte sich
Österreich-Ungarn gegenüber Serbien auf den Schutz seiner
Grenzen; die Sicherungstruppen waren an Zahl schwach und bestanden
größtenteils aus Landsturm. Den Oberbefehl führte anfangs General der Kavallerie Erzherzog Eugen, dann, als dieser im Mai 1915 zum
Kommandanten der Südwestfront ernannt wurde, General der Kavallerie
v. Tersztyanszky.
Die Serben, durch den Feldzug 1914 schwer getroffen, von den im Gefolge dieser
Kriegsereignisse auftretenden Seuchen dezimiert, verhielten sich bis auf
unbedeutende Plänkeleien völlig untätig, so sehr auch die
allgemeine Kriegslage und namentlich das Abgehen von drei Korps der
Balkanstreitkräfte in den Karpathenkampf im Januar 1915 zur Offensive
herausfordern mochten. Das demonstrative Auftreten deutscher
Truppen - allerdings nur eines Bataillons - in Syrmien, das
gleichzeitig über die Fahrtrichtung der zur Aufstellung der Südarmee
in den Karpathen bestimmten deutschen Divisionen täuschen sollte, mag
die geringe Unternehmungslust der Serben vollends erstickt haben. Als sich im
Frühjahr die Gesundheitsverhältnisse in Serbien zu bessern begannen
und Italiens Eintritt in den Krieg zum Abtransport nahezu aller Linientruppen der
Balkanstreitkräfte an den Isonzo zwang, tat Serbien abermals nichts
dergleichen. Einerseits mochte die Verlegung dreier
deutscher Divisionen nach Syrmien - Neuformationen, die dort ihre
Aufstellung bewirkten und bis zum Sommer stehenblieben - von
Abenteuern abschrecken, andererseits war Serbien sehr verstimmt, weil die
Entente, um Italien zu gewinnen, diesem freigebig Gebiete zugesichert hatte, auf
welche Serbien begründete Ansprüche zu haben glaubte.
Waren die Serben mithin müßige Zuschauer des großen
Ringens geworden, so traten sie für die Mittelmächte infolge der
immer schwieriger werdenden Lage der Türkei stets mehr in den
Vordergrund des Interesses. Schon im November 1914 pochten Engländer
und Franzosen an die Dardanellen, deren Sperrung für die Zufuhr zur See
nach Rußland die Hauptaufgabe der Türkei bildete. Machten sich
schon bei allen türkischen Unternehmungen, gegen den [175] Suezkanal, Georgien
und in Mesopotamien, die Schwierigkeiten der Verbindung Konstantinopels mit
Deutschland, der Quelle seines Kriegsmaterialbedarfes, ungemein störend
fühlbar, so wurde im Maße, als sich die Bemühungen der
Entente, die Dardanellen zu öffnen, verstärkten, der Wunsch, den
Zuschub von den Schikanen Rumäniens unabhängig zu machen,
infolge des großen Materialverbrauchs bei der Dardanellenverteidigung von
Tag zu Tag dringlicher. Schon im Januar 1915 warf General der Infanterie
v. Falkenhayn die Frage auf, ob nicht statt der Karpathenoffensive ein
Stoß gegen Serbien zu führen sei. Im März regte er diesen
Gedanken wieder an, ohne ihn angesichts der bald kritisch werdenden Lage in den
Karpathen verwirklichen zu können. Als Conrad von Hötzendorf im
Mai mit dem Vorschlag hervortrat, die Italiener in die Monarchie eindringen zu
lassen, um sie beim Heraustreten in die Becken von Laibach und
Villach - Klagenfurt mit je 10
österreichisch-ungarischen und deutschen Divisionen anzufallen und
vernichtend zu treffen, schien es Falkenhayn viel zweckmäßiger zu
sein, Serbien abzutun; doch scheiterte dieser Plan, außer an dem Mangel an
verfügbaren Truppen, an der ablehnenden Haltung Bulgariens, dessen Hilfe
gegen Serbien nunmehr, da die neue Front gegen Italien an den bisher schon stark
beanspruchten Kräften der Mittelmächte zehrte, unentbehrlich war. Zar Ferdinand,
seit der Marneschlacht und den Ereignissen bei Lemberg
abgeschreckt, hatte die günstigen Phasen des serbischen Feldzuges 1914
nicht auszunutzen gewagt und wurde nach dessen unglücklichem Ausgang
begreiflicherweise noch bedenklicher gestimmt. Den günstigen Eindruck
der Frühjahrsoffensive in Galizien hob die Erwartung so ziemlich auf,
welche Folgen Italiens Eintritt in den Krieg nach sich ziehen würde.
Mittlerweile war im Kampf um die Dardanellen am 25. April 1915 eine
gefährliche Wendung eingetreten, da sich die Engländer auf der
Südspitze der Halbinsel Gallipoli festzusetzen vermochten. Die Sorge um
die Türkei begleitete die deutsche Oberste Heeresleitung fortan bei dem
Siegeszuge gegen Rußland. Als mit der Wiedereroberung von Lemberg ein
wichtiger Abschnitt eingetreten war, faßte Falkenhayn den Stoß gegen
Serbien abermals ins Auge und dachte schließlich, da Bulgarien noch immer
nicht marschieren wollte, an eine unzweideutige Klärung des
Verhältnisses mit Rumänien, um diesen Weg in die Türkei
von allen Hinterhältigkeiten und Erschwernissen zu befreien. Die
günstigen Aussichten für die Fortsetzung der Offensive nach Polen,
Rumäniens Einlenken, und die Anzeichen, daß in Frankreich eine
Kraftprobe in Bälde zu erwarten sei, ließen es zu einem
kräftigen Auftreten im Südosten nicht kommen. Hingegen zeigte sich
im Juli Bulgarien angesichts der großen Erfolge gegen Rußland und
der Mißerfolge Italiens endlich geneigt, seine alte Rechnung mit Serbien zu
begleichen. Die Verhandlungen zogen sich in die Länge und gediehen erst
zum Abschluß, als die deutsche Oberste Heeresleitung Ende August eine
Division nach Orsova sandte, einerseits um auf die wieder einmal besonders
[176] widerhaarigen
Rumänen einen Druck auszuüben, andererseits um den Bulgaren den
Ernst deutscher Hilfe vor Augen zu führen. So kamen am 6. September ein
Bündnisvertrag und eine Militärkonvention zwischen den
Mittelmächten und Bulgarien zustande, deren Ziel die Niederwerfung
Serbiens bildete. Gelang dies, so ergab sich neben der Eröffnung des Weges
in die Türkei als weiterer Gewinn die vollständige Sicherheit der
südlichen Grenze der
österreichisch-ungarischen Monarchie und die Möglichkeit, sich die
reichen landwirtschaftlichen Produkte und den hohen Viehstand des Landes
nutzbar zu machen.
Es wurde vereinbart, daß Deutschland und
Österreich-Ungarn je eine Armee, Bulgarien sein ganzes Heer für
den Angriff stelle; der gemeinsame Befehl über alle zur Operation in
Alt-Serbien berufenen Streitkräfte wurde dem Generalfeldmarschall
v. Mackensen als Heeresgruppenkommandant übertragen; sein
Stabschef war der General v. Seeckt.
Die deutsche Oberste Heeresleitung entsandte sieben Infanteriedivisionen, die, in
drei Armeekorps zusammengefaßt, die 11. Armee unter General der
Artillerie v. Gallwitz bildeten.
Die k. u. k. 3. Armee sollte aus dem VIII., VI., XVII. und XIX. Korps, dieses aus
den an der Drina befindlichen Sicherungstruppen formiert, bestehen. Der Verlauf
des Feldzuges von Rowno verhinderte jedoch die Absendung des VI. und XVII.
Korps; als Ersatz kamen drei deutsche Infanteriedivisionen mit dem
Generalkommando des XXII. Reservekorps. Armeekommandant war zuerst
General der Kavallerie v. Tersztyanszky; infolge eines Konfliktes mit Tisza
trat an seine Stelle Ende September, kurz vor Beginn der Offensive, General der
Infanterie v. Köveß (Generalstabschef Generalmajor
Konopicky).
Der Hauptangriff sollte nicht, wie im Herbst 1914, von Bosnien ausgehen,
sondern, wie schon im April 1915 der damalige Generalstabschef der
Balkanstreitkräfte General Alfred Krauß in einer Denkschrift
vorschlug, über die untere Save und die Donaustrecke
Semendria - Ram hinweg geführt werden, also unmittelbar in
und durch das wegsamste, gangbarste und ressourcenreichste Gebiet des Landes,
das ist jenes zunächst der vereinigten Morava. Auf dieser Grundlage
ließ das Armee-Oberkommando Teschen durch das
Armee-Gruppenkommando Tersztysnszky eingehende Rekognoszierungen
durchführen und arbeitete so ausgiebig dem Angriffe vor.
Bulgarien bot gegen Serbien zwei Armeen mit zusammen sechs
Infanteriedivisionen zu je drei Brigaden auf; die 1. Armee, bestehend aus vier
Infanteriedivisionen, war für die Verwendung in
Alt-Serbien bestimmt und gehörte zur Heeresgruppe Mackensen, die 2.
Armee sollte in Mazedonien einbrechen und unterstand direkt der bulgarischen
Heeresleitung.
Unter der Voraussetzung, daß die Serben sich nahe der
Save - Donau oder doch im Raume von Kragujevac zum
entscheidenden Kampfe stellen würden, [177] fiel den bulgarischen
Armeen die wichtige Aufgabe zu, gegen die Flanke und den Rücken des
Feindes zu wirken, ihn von seiner natürlichen Rückzugsrichtung
gegen Süden abzudrängen und zum Ausweichen nach den
unwirtlichen Gebieten von Montenegro und Albanien zu zwingen, insoweit es
nicht etwa gelang, Teilen den Rückzug ganz zu verlegen.
Die 3. Armee setzte sich wie folgt zusammen:
- VIII. Korps, Feldzeugmeister v. Scheuchenstuel, 57. und 59.
Infanteriedivision (Feldmarschalleutnant Heinrich Goiginger und
Feldmarschalleutnant Snjarić);
- deutsches XXII. Reservekorps, General der Kavallerie v. Falkenhayn, 26.
Infanteriedivision, 43. und 44. Reservedivision;
- XIX. Korps, Feldmarschalleutnant Trollmann, 53. Infanteriedivision,
Generalmajor v. Pongrácz, mit der 17., 20. und 21.
Landsturm-Gebirgsbrigade, dann die 205., 206.
Landsturm-Infanteriebrigade und die Brigade Generalmajor Schwarz;
- eine Gruppe in Divisionsstärke unter Feldmarschalleutnant v.
Sorsich;
- eine Gruppe in Brigadestärke unter Generalmajor Streith;
- 62. Infanteriedivision unter Feldmarschalleutnant v. Kalser;
- zwei Landsturm-Infanteriebrigaden unter Generalmajor Haustein und
Generalmajor Mrazek.
Dem Armeekommando unterstand schließlich die k. u. k. Donauflottille mit
sechs Monitoren als Kampfeinheiten.
Die 206. Landsturm-Infanteriebrigade, Oberst v. Szabo, wurde kurz nach Beginn
der Operationen durch die vom Isonzo herangezogene 10. Gebirgsbrigade,
Generalmajor v. Droffa, ersetzt, die Gruppe Generalmajor Streith ging in
die Division Sorsich auf, die Brigaden Haustein und Mrazek wurden dem VIII.
Korps angegliedert.
Die Armee zählte rund 120 000 Gewehre, 500 Geschütze, wovon
90 000 Gewehre und die Mehrzahl der Geschütze auf das VIII., XIX.
Korps und XXII. Reservekorps entfielen.
Nach dem Angriffsplan des Heeresgruppenkommandos sollte die Hauptkraft der
3. Armee, bestehend aus den eben genannten Korps, im Abschnitte
Kupinovo - Belgrad, die deutsche 11. Armee im Abschnitte
Semendria - Ram den Übergang über die untere Save
und die Donau erzwingen.
Die untere Save hat bei Mittelwasser eine Breite von 300 - 500 m; an vielen
Stellen, so auch bei Belgrad, überhöht das südliche Ufer. Um
ein solches Hindernis angesichts eines starken Feindes überschreiten zu
können, bedarf es der Bereitstellung zahlreicher, wirksamer Artillerie und
umfangreicher technischer Vorsorgen, aber auch möglichster
Geheimhaltung aller Vor- [178] bereitungen, um dem
Feinde nicht zu verraten, wo ein Übergang erfolgen wird, ihn hierdurch zu
einer großen Ausdehnung seiner Kraft zu verleiten.
Der Aufmarsch der 3. Armee erfolgte in der zweiten Hälfte des September
und in den ersten Oktobertagen; die Artillerie traf meist vor der Infanterie ein; sie
wurde allmählich in Stellung gebracht, im besonderen jene des VIII. Korps,
das nebst 90 leichten Geschützen über 20 schwere Batterien mit
zusammen 70 Geschützen verfügte, teils bei Semlin, teils am linken
Donauufer von Stara Borcsa bis Pancsova.
Die pioniertechnischen Vorbereitungen bestanden in der Bereitstellung einer
großen Zahl von technischen Kompagnien, von
Überschiffungs- und Brückenmaterial verschiedener Art, darunter
auch für eine 3½ km lange, doppelgeleisige, sehr solide
Pilotenbrücke, die Semlin über das Inundationsgebiet hinweg mit der
bei Belgrad projektierten Schleppschiffbrücke verbinden sollte. Unter den
Überschiffungsmitteln verdienen 16 große Dampffähren
besonders erwähnt zu werden.
Am 29. September trafen beim Armeekommando die Weisungen des
Heeresgruppen-Kommandos für den ersten Abschnitt der Offensive ein.
Danach hatte sich die Armee zunächst in den Besitz der Bergstellung
südlich und südöstlich von Belgrad zu setzen und durch
baldiges Vorgehen aus dieser möglichst starke feindliche Kräfte auf
sich zu ziehen, um den entscheidenden Angriff der bei Semendria, Kostolac und
Ram über die Donau gehenden deutschen 11. Armee zur Wirkung kommen
zu lassen. Dann hatte die Armee die Linie Arangjelovac, Kovačevac
(nächst Vk. Mladenovac) zu erreichen. Das XIX. Korps hatte bei
Kupinovo und Boljevci3 die Save zu überschreiten und
am linken Kolubaraufer vorzurücken, bereit, zum Gros der Armee
herangezogen zu werden. Möglichst starke Teile der an der Drina stehenden
Sicherungstruppen waren über Višegrad auf Užice anzusetzen.
Als frühester Zeitpunkt für den Beginn des Überganges
über die Save - Donau wurde der 5. Oktober bezeichnet.
[179]
Skizze 9: Save-Donau-Übergang
1915.
|
Am 30. September erließ das 3. Armeekommando seine Anordnungen
für den Übergang. Das VIII. Korps hatte stromabwärts des
Kalimegdan, der alten Festung von Belgrad, die Donau, das deutsche XXII.
Reservekorps über die kleine und große Zigeunerinsel die Save zu
überschreiten. Nach Erreichen des anderen Ufers hatten die Korps
zunächst die Linie
Žarkovo - Dedinje -
Geschützschuppen - Vk. Vracar zu gewinnen, sodann im
Einklang die Vorrückung zur Linie Petlovo
brdo - Höhenrücken südlich
Jajince - Stražara - Erino
brdo4 - Klupe4 fortzusetzen.
Als Grenze zwischen beiden Korps galt die zur Höhe Avala führende
Straße. Am ersten Tage (voraussichtlich 5. Oktober) sollte das
Einschießen der Artillerie, am Nachmittag des zweiten [179=Karte] [180] Tages
deren Wirkungsschießen stattfinden. In der folgenden Nacht hatte um
2 Uhr 30 Minuten schärfstes Artilleriefeuer einzusetzen und
sollten unter dessen Schutz die ersten Überschiffungsstaffeln um
3 Uhr am serbischen Ufer landen. Jedes Korps hatte sobald als
möglich eine Kriegsbrücke zu schlagen, und zwar das VIII. Korps
stromabwärts der zerstörten Eisenbahnbrücke, das XXII.
Reservekorps über die große Zigeunerinsel. Das XIX. Korps und die
62. Infanteriedivision wurden
im Sinne der Befehle des Heeresgruppen-Kommandos angewiesen. Die Gruppe
Sorsich hatte bei Jarak, jene des Generals Streith in der Gegend von Bjelina in
Serbien einzubrechen, möglichst starke feindliches Kräfte auf sich zu
ziehen.
Die serbische Armee setzte sich aus 11 Infanteriedivisionen I. und II. Aufgebotes,
dem Limdetachement (2 oder 3 Infanterieregimenter mit Artillerie) und 1
Kavalleriedivision zusammen; dazu kamen noch die Formationen III. Aufgebotes,
die teils in Anlehnung an die Divisionen, teils als
Sicherungs- und Besatzungstruppen in Verwendung standen.
Die Kräfteverteilung, wie sie sich auf Grund der Nachrichten darstellte, war
wie folgt: 3 bis 4 Infanteriedivisionen an der Donau und Save zwischen
Požarevac und Šabac, 2 Infanteriedivisionen an der unteren Drina,
das Limdetachement bei Višegrad; 4 Infanteriedivisionen an der
bulgarischen Grenze, Südflügel bei Pirot, 2 bis 3 Infanteriedivisionen
und die Kavalleriedivision allgemeine Reserve.
Neu-Serbien hatte 45 bis 50 Bataillone als Besatzungstruppen.
Diese Gruppierung wies darauf hin, daß die serbische Armee schon an der
Grenze des Landes starke Gegenwehr leisten werde.
Kalimegdan, Garn.-Arrest, Belgrad.
[184a]
Kalimegdan und Noboijsa-Turm,
Belgrad.
|
Am 5. Oktober begann das Einschießen der Artillerie, am 6. war
Wirkungsschießen. Der Übergang selbst zeigte die Schwierigkeit des
Unternehmens; trotz kräftigster artilleristischer Vorbereitung und
Unterstützung traf die Infanterie der 59. Infanteriedivision überall auf
hartnäckigen Widerstand; die feindliche Artillerie, die in der letzten Zeit
fast vollkommen geschwiegen und sich dadurch der Niederkämpfung zum
großen Teil entzogen hatte, machte sich in empfindlicher Weise
fühlbar. Es gelang beim VIII. Korps bis Tagesanbruch des 7. Oktober 14
Kompagnien auf das südliche Donauufer zu bringen, die sich an der
Eisenbahn nördlich und nordöstlich des Kalimegdan festsetzten; die
Überschiffung mußte dann wegen starken feindlichen Artilleriefeuers
eingestellt und konnte erst um 5 Uhr 30 Minuten nachmittags wieder
aufgenommen werden. Bis zum Morgen des 8. Oktobers waren 13½
frische Kompagnien überschifft; die Lage blieb gleichwohl kritisch, bis das
immer genauer wirkendes Feuer der Artillerie und eines Monitors am
Nachmittage einen Teil der Serben veranlaßte, sich fluchtartig aus ihrer
Stellung zurückzuziehen. Nun schritt die Infanterie zum Sturm und drang in
die Stadt ein. Am frühen Morgen des 9. Oktober waren der Kalimegdan
und der größte Teil der Stadt genommen, [181=Karte] [182] bis
12 Uhr mittags der Südrand erreicht. Der Rest der Infanterie der 59.
war noch am Abend des 8. Oktober überschifft worden; ihr folgte vom 9.
Oktober früh an mittels Dampffähren die 57. Infanteriedivision.
[181]
Skizze 10: Donau-Übergang bei
Belgrad.
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Auch der Übergang des XXII. Reservekorps hatte sich schwierig und
verlustreich gestaltet; bis zum Morgen des 7. Oktober waren erst sechs
Kompagnien auf die vom Feinde stark besetzte große Zigeunerinsel
gebracht; in der Nacht zum 8. Oktober machte die Überschiffung gute
Fortschritte, um 8 Uhr vormittags war die Insel ganz im Besitze der
deutschen Truppen. Begünstigt von dem Umstande, daß die von der
Insel auf das südliche Saveufer führende Brücke von den
Serben nicht zerstört worden war, und kräftig unterstützt von
der Artillerie, ging der weitere Übergang nun rasch vor sich, so daß
am Abend auch noch die Höhen des Topčidersko und
Banovo brdo genommen werden konnten.
Die Serben hatten sich auf den der Stadt südlich und
südöstlich vorliegenden Höhen zu neuem Widerstand gesetzt
und gingen am 10. Oktober an einzelnen Stellen zu Gegenangriffen über.
Gleichwohl gewannen die verbündeten Truppen nach vorne etwas Raum
und gelangten im Laufe des Tages in die erste in der Disposition des
Armeekommandos vom 30. September anbefohlene Linie. Unter ständigen
ernsten Kämpfen gegen den sich täglich verstärkenden Feind
drangen die beiden Korps nun weiter gegen Süden vor derart, daß am
24. Oktober abends die Mitte der Front knapp vor Arangjelovac stand.
Das XIX. Korps nahm mit einem Teile seiner Truppen ohne besondere
Schwierigkeiten das Gelände in den Saveschlingen gegenüber
Progar5 und Boljevci in Besitz; ein weiteres
Vordringen wurde durch den vom Sumpfgelände in der Verteidigung
begünstigten Feind verwehrt. Dazu stieg das Wasser von Tag zu Tag. Dies
veranlaßte zur Anordnung, nur schwache Kräfte in den beiden
Saveschlingen zu belassen, das Gros des Korps aber über
Semlin - Belgrad auf das südliche Saveufer zu dirigieren und
in der Folge an den rechten Flügel des XXII. Reservekorps zu setzen.
Derart gelangten zunächst die 20. Landsturm-Gebirgsbrigade, Oberst
v. Farkas, und die 205. Landsturm-Infanteriebrigade, Generalmajor
v. Reinöhl, bis 18. Oktober in die Gegend östlich Obrenovac,
in der Staffel hinter dem rechten Flügel des XXII. Reservekorps; sie
rückten demnächst in die Front und befanden sich am 24. Oktober im
Raume bei und östlich Lažarevac. Die 21.
Landsturm-Gebirgsbrigade, Oberst Fischer v. See, und die Brigade
Schwarz, die in den Saveschlingen belassen worden waren, wurden, als der Feind
vor ihrer Front abzog, über Obrenovac auf das Ostufer der Kolubara
verschoben; schließlich kam am 21. Oktober die 10. Gebirgsbrigade,
Generalmajor v. Droffa, von Görz her nach Semlin, von wo aus sie
in den nächsten Tagen das Korps einholte.
[183] Bei Megjaši,
nordöstlich Bjelina, überschritt am 6. Oktober die Gruppe Streith die
Drina, bei Jarak am selben Tage die Infanteriedivision Sorsich die Save. Beide
Gruppen trafen im unübersichtlichen, sumpfigen Gelände auf starken
Widerstand (Gefechte bei Badovinci und an der Bitva) und vermochten nicht
weiter Raum zu gewinnen. Erst als der Feind infolge der Ereignisse bei Belgrad
seine im Nordwesten Serbiens befindlichen Truppen von dort abzog, konnte die
Vorrückung wieder aufgenommen werden. Der 24. Oktober fand die
Infanteriedivision Sorsich einschließlich Gruppe Streith schon im
Vormarsche auf Valjevo, zirka zwei Tagemärsche über Šabac
hinaus.
Die 62. Infanteriedivision war anfangs Oktober noch in Formierung begriffen; sie
mußte sich daher, als die Masse der Armee zur Offensive schritt, auf eine
Übergangsdemonstration beschränken. Erst am 21. Oktober setzte
der tatsächliche Übergang ein; es gelang dem Feldmarschalleutnant
v. Kalser trotz starker feindlicher Gegenwehr, bei Višegrad am
rechten Drinaufer Stellung zu gewinnen und sich zu behaupten.
Die deutsche 11. Armee betrat am 7. Oktober bei Ram, am 8. bei Kostolac,
nördlich Požarevac, am 9. bei Semendria das südliche
Donauufer; kämpfend kam sie bis 24. Oktober mit dem rechten
Flügelkorps bis über Palanka hinaus; von dort verlief die Front in
gerader Richtung nach Petrovac.
Bulgarien erklärte am 13. Oktober an Serbien den Krieg und ließ am
folgenden Tage sein Heer die Offensive eröffnen. Am 23. Oktober
kämpfte die 1. Armee am Timok und südöstlich Pirot,
während die 2. Armee schon tief in Mazedonien eingerückt war,
Kumanova und Veleš soeben besetzt hatte.
Unter täglichen Kämpfen zogen die Armeen weiter; die bulgarische
1. Armee gegen den Moravaabschnitt
Paračin - Niš und auf Leskovac, die deutsche 11.
Armee durch den Raum östlich Kragujevac gegen die unterste Strecke der
westlichen Morava, das Gros der 3. Armee Richtung
Trstenik - Kraljevo - Čačak,
Feldmarschalleutnant Sorsich über Valjevo auf Požega und
Užice. Immer enger zogen sich die Maschen des Netzes zusammen, in das
die serbische Armee sich verstricken und aus dem sie nur mehr unter großen
Verlusten entkommen sollte. Noch leistete sie Widerstand, aber ihre Kraft
erlahmte sichtlich. Die bei Kragujevac erwartete Schlacht blieb aus; am 1.
November wurde die Stadt von Truppen des äußersten rechten
Flügels der 11. Armee besetzt und am 6. November die westliche Morava
von den Spitzen dieser Armee erreicht. Zur selben Zeit gelangte die bulgarische 1.
Armee in den Raum von Niš und sperrte damit den wichtigsten und besten
der wenigen nach dem Süden führenden Wege.
Bei der 3. Armee kam das VIII. Korps zwischen 5. und 8. November bei Trstenik
an die Morava heran, die damals Hochwasser führte. Die Brücke war
von den Serben gründlich zerstört worden, die
Kriegsbrückenequipagen waren auf den durchweichten und zerfahrenen
Wegen noch weit zurückgeblieben, sonstige [184] Mittel, um eine
brauchbare Brücke herzustellen, fehlten, so daß man sich vorerst mit
der Überschiffung einzelner Abteilungen begnügen mußte. Der
rechte Flügel des XXII. Reservekorps hatte einige Schwierigkeit, durch das
Rudnikgebirge durchzukommen; dann nahm das Korps Richtung auf Kraljevo,
über welche Stadt ein großer Teil der serbischen Armee und
Tausende von Flüchtlingen ins Ibartal drängten. Am 6. November
forcierte das Korps den Fluß, stieß über Kraljevo vor, machte
hierbei zahlreiche Gefangene und erbeutete den größten Teil (130
Geschütze) des Artillerieparks aus Kragujevac, den der Feind hier noch
durchzubringen gehofft hatte. Das XIX. Korps fand nach den Kämpfen
südlich Lažarevac zunächst keinen Widerstand mehr; es
rückte, nur durch den schlechten Zustand der streckenweise
überschwemmten Wege vielfach gehemmt, über das Gebirge auf
Čačak vor, welche Stadt es in Staffeln vom 1. November an erreichte.
Hier traten dem Korps auf den Höhen südlich der Stadt serbische und
montenegrinische Truppen von beträchtlicher Stärke entgegen. Im
Sinne des erhaltenen Auftrages beabsichtigte das Korpskommando, unter
Sicherung der rechten Flanke in südöstlicher Richtung
vorzustoßen, um den Abzug der Serben ins Ibartal zu stören und dem
XXII. Reservekorps den Übergang über die Morava zu erleichtern.
Dies wurde leider nicht erreicht; der Feind stellte den gegen Südost
strebenden Brigaden starken Widerstand entgegen, so daß diese nur langsam
Raum gewannen, bis schließlich das Unternehmen gegenstandslos wurde.
Feldmarschalleutnant Sorsich und die 205.
Landsturm-Infanteriebrigade erreichten in den ersten Novembertagen
Požega und Užice. Die 62. Infanteriedivision wies in ihrer
brückenkopfartigen Stellung bei Višegrad wiederholte starke
montenegrinische Angriffe ab, bereitete zugleich selbst einen neuen Angriff vor,
der das Gebiet bis zum unteren Lim vollständig vom Feinde säubern
sollte. Hierzu erhielt sie aus Bosnien die Brigade Oberst v. Zhuber
zugewiesen, die am 6. November in Višegrad eintraf.
Mackensen legte mit Recht großen Wert darauf, daß die Verfolgung
des geschlagenen Feindes energisch betrieben werde, um diesem noch
möglichst großen Schaden zuzufügen. Die wichtigste Aufgabe
fiel nun dem linken Flügel der ganzen Front, der bulgarischen 1.,
insbesondere aber der 2. Armee zu, die einen Durchbruch der Serben gegen
Saloniki zu verhindern hatten. Die Rolle der anderen Armeen beschränkte
sich auf eine intensive Verfolgung, bzw. beim XIX. Korps einschließlich
der Infanteriedivision Sorsich und bei der 62. Infanteriedivision, denen sich keine
serbischen Verbände mehr gegenüber befanden, auf die Sicherung
der rechten Flanke der Heeresgruppe gegen Montenegro.
Mit jedem Tage zog sich die Front der die serbische Armee umklammernden
verbündeten Armeen im Vorschreiten mehr zusammen. Während sie
sich anfangs November noch von Üsküb über Vranja,
Niš, Kruševac, Kraljevo bis Ivanjica erstreckte, verengte sie sich bis
19. November auf die Linie Kačanik - [185] Bučumer
(25 km westlich Leskovac) - Kuršumlje -
Raška - Sjenica, dann bis 30. November auf jene von Prizren
über Priština - Mitrovica nach Sjenica. Alle
Anstrengungen der Serben, diesen Ring zu sprengen, sich einen Ausweg gegen
Süden zu bahnen, wurden vereitelt und der Rest der Armee
schließlich gezwungen, sich durch Übertritt auf montenegrinisches
und albanisches Gebiet der sonst unvermeidlichen Gefangennahme zu entziehen.
Mit der Besetzung von Ipek und Djakova zu Ende der ersten Dezemberwoche
konnte die Aufgabe, die der Heeresgruppe Mackensen gestellt worden war, als
vollkommen gelöst angesehen werden.
Bei der 3. Armee ergaben sich in diesem Zeitabschnitte folgende bemerkenswerte
Ereignisse:
Beim VIII. Korps wurde der Brückenschlag über die Morava in der
Nacht zum 12. November vollendet. Das Korps rückte hierauf in das
Gebirge südlich Trstenik ein, ließ dort die 57. Infanteriedivision
zurück, indes die 59., Feldmarschalleutnant Snjarić, in sehr
beschwerlichem Marsche weiter auf Mitrovica vorging, das am 23. November
erreicht wurde. Stärkeren Widerstand leistete der Feind nur im Ibartal; hier
machte die an der Tete vorgehende 18. Gebirgsbrigade, Generalmajor
Škvor, binnen wenigen Tagen etwa 20 000 Gefangene und erbeutete
eine Anzahl von Geschützen und sonstiges Kriegsmaterial.
Das XXII. Reservekorps drang von Kraljevo aus ins Ibartal ein; es wurde dann im
Vorschreiten durch das deutsche Alpenkorps, dem sich vom XIX. Korps her die
10. Gebirgsbrigade anschloß, abgelöst. Novipazar wurde am 20.
November besetzt, die Verfolgung des Feindes noch eine Strecke
südwärts fortgesetzt. In den folgenden Tagen marschierte das
Alpenkorps mit neuer Bestimmung nach Kraljevo zurück.
Das XIX. Korps hatte bei Ivanjica ein mehrtägiges Gefecht mit
Montenegrinern, warf sie zurück und kam vom 19. November an in den
Raum von Sjenica. Eine besondere Kolonne, dabei die 205.
Landsturm-Infanteriebrigade, Generalmajor Reinöhl, ging von Užice
aus nach Novavaroš vor.
Nach dem Erreichen der Linie Mitrovica - Novavaroš trat eine
Operationspause ein; sie war dringend notwendig. Die Truppen waren seit
1½ Monaten fast ohne Unterbrechung in Bewegung und brauchten einige
Erholung; der Nachschub war zu ordnen, den Armeekörpern Ersatz an
Mannschaft und an Material verschiedener Art nachzuführen; obwohl
schon voller Winter war, hatten viele Truppen noch nicht Winterausrüstung
erhalten, denn es war bisher unmöglich gewesen, sie im Nachschube
vorzubringen, da immer wieder dringendere Bedürfnisse zu befriedigen
waren.
Zu einer vollen Waffenruhe kam es übrigens nicht; vorwärts des
XIX. Korps und der 10. Gebirgsbrigade gab es unausgesetzt Plänkeleien
und kleine Gefechte mit den Montenegrinern, was zu einer allmählichen
Verstärkung der mit dem Feinde in unmittelbarer Berührung
stehenden Truppen führte. Beim [186] VIII. Korps ging auf
Befehl des Armeekommandos die 9. Gebirgsbrigade Generalmajor
v. Hrozny, Anfang Dezember nach Ipek vor; dort traf sie zwar nur mehr
schwache feindliche Kräfte, machte aber reiche Beute, insbesondere an
Geschützen, die die Serben mangels jeder weiteren fahrbaren
Kommunikation hatten zurücklassen müssen.
Die 57. Infanteriedivision erhielt Ende November die Bestimmung, an der gegen
Saloniki geplanten Offensive teilzunehmen, kam demzufolge auch bis über
Kuršumlje hinaus. Sie wurde aber dann wieder dem 3. Armeekommando
zur Verfügung gestellt, von diesem nach Priština dirigiert und
löste Anfang Januar die bulgarische 3. Infanteriedivision bei Prizren und
Djakova ab.
Noch erübrigt, die Ereignisse bei der 62. Infanteriedivision
anzuführen. Der am 12. November beginnende neue Angriff drängte
die Montenegriner binnen wenigen Tagen über den unteren Lim
zurück. Bald darauf erhielt Feldmarschalleutnant v. Kalser bei
gleichzeitiger Unterstellung der 205. Landsturm-Infanteriebrigade, Generalmajor
v. Reinöhl, den Auftrag, Plevlje in Besitz zu nehmen; ein von
Goražda über Metalka und von Foča über
Čelebić erfolgender Vorstoß von Teilen der Besatzungstruppen
Bosniens sollte den Hauptangriff erleichtern. Das ganze Unternehmen, im Winter
in unwirtlichem, schwierigem Gebirgsterrain und nur von Landsturmtruppen
durchgeführt, hatte vollen Erfolg. Der Montenegriner wurde überall
geworfen, Plevlje am 2. Dezember eingenommen, in der nächsten Zeit auch
noch der Raum bis zur Tara vom Feinde gesäubert.
Ungemeine Schwierigkeiten hatten der Train und insbesondere der Nachschub zu
überwinden. An Bahnlinien kamen für den Nachschubdienst bei der
3. Armee in Betracht: a) Die Bahn
Belgrad - Vk. Plana (östlich Palanka); da 30 km
südlich Belgrad zwei große Viadukte gesprengt waren, die
Hauptbahn im Moravatal in erster Linie den Bedürfnissen der deutschen 11.
Armee diente, somit die Zuschübe von dort über Palanka nur
spärlich gegeben wurden, war die Leistungsfähigkeit sehr
beschränkt; b) die Schmalspurbahn Zabrež (bei
Obrenovac) - Valjevo; sie lag für das XIX. Korps und die
Infanteriedivision Sorsich günstig, für das Gros der Armee zu weit
seitwärts; ihre Längenentwicklung war gering, auch fehlte es anfangs
an rollendem Material; c) die Schmalspurbahn
Lažarevac - Vk. Mladenovac; sie querte den
Vorrückungsraum der Armee; da die Kolubarabrücke bei
Lažarevac zerstört war, konnten Zuflüsse nur von
Vk. Mladenovac kommen mit der unter a) erwähnten
Beschränkung; d) die Schmalspurbahn im Tal der
westlichen Morava; sie wies zahlreiche Zerstörungen auf, hing
übrigens ebenfalls von der Hauptbahn ab; gleiches gilt für
e) die Vollbahnstrecke
Lapovo - Kragujevac, die mit ihrem Ende knapp an die
östliche Grenze des Bereiches der 3. Armee heranreichte.
[187] Man kann hiernach die
Schwierigkeiten erkennen, mit welchen die Nutzbarmachung der Bahnen
für den Nachschub zu kämpfen hatte und wird begreifen, daß
der jeweilige Bahnendpunkt, ausgenommen in den ersten Tagen der Offensive,
stets weit hinter den Truppen zurücklag.
Eine Pferdefeldbahn, die von Grocka gegen Vk. Mladenovac ausgebaut wurde,
versank im Schlamm und kam nicht dazu, etwas zu leisten. Der Bau einer anderen
Feldbahnlinie, die, bei Lažarevac an die Schmalspurbahn
anknüpfend, nach Grn. Milanovac führte, kam nur langsam
vorwärts; sie leistete schließlich einiges, war aber auch schon dem
Zusammenbruch nahe, als glücklicherweise der Betrieb auf der
Schmalspurbahn im Tal der westlichen Morava aufgenommen werden konnte.
Das wenig entwickelte Straßennetz beschränkte den Verkehr von
Lastautos; sie leisteten immerhin Beträchtliches, zerstörten aber die
durchwegs leicht gebauten Straßen vollends, die als solche bald nicht mehr
zu erkennen waren.
Unter solchen Verhältnissen waren die Anforderungen, die an die
Pferdetrains gestellt werden mußten, außerordentliche. Die von ihnen
zu bewältigenden Entfernungen steigerten sich schließlich auf
130 km und mehr. Dabei waren infolge des Regenwetters der ersten
Wochen die Wege in einem jämmerlichen Zustande, die Wagen versanken
oft bis zur Achse und konnten an vielen Strecken nur mittels Vorspann
weitergebracht werden. Demzufolge waren auch die Abgänge an
Trainpferden sehr bedeutend und betrugen nach dem Erreichen der Linie
Novavaroš - Mitrovica über 50 vom Hundert des
ursprünglichen Standes. Dies zwang nach dem Überschreiten der
westlichen Morava, starke Teile der Armee anzuhalten, zum Teil sogar gegen die
Fassungsstellen zurückzunehmen, um ihre Nachschubmittel den weiter
vorschreitenden Armeekörpern dienstbar zu machen.
Die Leiden der notgedrungen schlecht versorgten, in denkbar schlechtem Wetter,
mit grundlosen Wegen ringenden, im Gebirge von großer Kälte
heimgesuchten und immer wieder in den Kampf tretenden Truppen waren
ungemein groß, um so bewundernswerter aber auch ihre Leistungen in
diesem Feldzuge.
Groß war die Beute, welche die Armee einbrachte. Zirka 40 000 serbische
Soldaten und 26 000 nicht dem Heere angehörende
Wehrfähige wurden als Gefangene eingebracht, über 200
Geschütze dem Feinde abgenommen. Verpflegung und Unterbringung der
zahlreichen Gefangenen und rückströmenden Flüchtlinge
bereiteten große Schwierigkeiten; viele blieben am Wege liegen und sahen
ihre Heimat nicht wieder.
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