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Warschau unter deutscher Herrschaft.
Deutsche Aufbauarbeit im Distrikt Warschau.

[71]
Verwaltungsaufbau im Distrikt Warschau

1. Die allgemeine Lage
bei Übernahme durch die deutsche Verwaltung


Als die Tätigkeit der Verwaltung in dem Gebiet des jetzigen Distrikts Warschau begann, waren dort noch die Kämpfe im vollen Gang.

Die Leitung eines polnischen Kreises wurde in nahezu allen Fällen unmittelbar nach Einnahme der jeweiligen Kreisstadt einem Verwaltungsbeamten als "Landrat" übergeben. Die Nachbargebiete waren dabei vielfach noch nicht von den deutschen Truppen besetzt. So wurde der Landrat in Skierniewice bereits Mitte September 1939 eingesetzt, also zu einer Zeit, als sich 15 bis 20 km nördlich noch die grossen Vernichtungskämpfe der Schlacht an der Bzura vollzogen. Kreise im Westen sowie einige Kreise im Osten des Distrikts waren bereits vor der Einnahme der Städte Warschau und Modlin mit Landräten besetzt worden. Nach Einnahme der Stadt Warschau und nachdem die Russen das von ihnen vorübergehend im östlichen Teil des Distrikts besetzte Gebiet bis zur damaligen Interessengrenze wieder geräumt hatten, waren alle Kreise ordnungsgemäss durch die Zivilverwaltung übernommen. Die Dienstbezeichnung des Landrats wurde mit Gründung des Generalgouvernements in "Kreishauptmann" geändert.

Zerstörte Strassen in Warschau
[77] Zerstörte Strassen in Warschau.
Die Verhältnisse, die bei Beginn der Verwaltungstätigkeit in Warschau und in den Kreisen gegeben waren, waren wesentlich durch die soeben zu Ende gelangten Kampfhandlungen beeinflusst. In einigen Städten, namentlich in Warschau, Garwolin, Sochaczew, Siedlce, Lowitsch, Kaluszyn und Wyszkow sowie in den Orten in der Umgebung der Stadt Warschau waren von vielen Gebäuden nur Ruinen geblieben. Zahlreiche Industrieanlagen und Werkstätten waren vernichtet. In einigen der genannten Städte war
Strassenbild 1939 aus Warschau
[77] Strassenbild 1939 aus Warschau.
nahezu jedes Haus zerstört oder beschädigt. Auf dem Lande waren ganze Dörfer und zahlreiche Gehöfte niedergebrannt.

[72] Die Wehrmacht führte die Säuberung der Schlachtfelder und sonstige Aufräumungsarbeiten durch. Überall wurden grosse Mengen militärischer Beute zusammengetragen, in einigen Orten Zehntausende von Gefangenen in provisorischen Lagern untergebracht. Strassen und Brücken waren gesprengt und zu einem Teil durch die Wehrmacht wieder behelfsmässig instand gesetzt worden. Die Eisenbahnverbindungen
Vollkommen zerstörte 
Häuser in Warschau
[78] Vollkommen zerstörte Häuser in Warschau.
waren zumeist abgeschnitten, Post- und Telegraphenanlagen unterbrochen und die Wasserleitungen zerstört.

In manchen Gegenden, namentlich in den Waldgebieten im östlichen Teil des Distrikts, trieben sich versprengte polnische Truppenteile als Banden umher. In anderen Gegenden, vor allem im Kreise Garwolin, machten aus den Gefängnissen entkommene Verbrecher das Land unsicher. Mord und Raubüberfälle waren dort und in der Umgebung von Warschau an der Tagesordnung.

Aus Trümmern wird wieder aufgebaut
[80] Aus Trümmern wird wieder aufgebaut.
Auf dem Lande irrten Tausende von Flüchtlingen aus der Stadt Warschau und dem gesamten ehemaligen polnischen Staatsgebiet umher. Verstärkt wurde die Zahl der Flüchtlinge durch die infolge der Kriegshandlungen obdachlos gewordene Bevölkerung.

Ein ungeheures Durcheinander war die Folge der völligen Kopflosigkeit, die sich der Bevölkerung bemächtigt hatte. Der Handel lag danieder, die meisten Geschäfte waren geschlossen, Märkte fanden nicht mehr statt. In ihrer Angst vor Plünderungen und Requisitionen verbarg die eingeschüchterte Landbevölkerung zunächst alle Vorräte, vergrub sie sogar zum Teil und zeigte anfangs keinerlei Neigung, Lebensmittel nach den Städten zu verkaufen. Die Bergung der Ernte und die erneute Bestellung unterblieben vielfach. Guts- und Bauernbetriebe standen ohne Leitung da. Zurückgebliebene Landarbeiter verweigerten die Arbeit. Die Gefahr einer Hungersnot war nahe. Einige Städte hatten schon kaum noch Brot. Die Viehbestände waren durch den Krieg zusammengeschmolzen. Besonders stark war infolge der rigorosen Ausmusterung durch das polnische Militär der Pferdebestand in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe hatten daher nicht die zur Einbringung der Ernte und zur Bestellung notwendigen Pferde zur Verfügung. Die Vorräte an Heu und Futtergetreide waren durch die Kriegsverhältnisse nahezu erschöpft.

Für die Juden, die an allen bedeutenderen Orten in übermässig grosser Zahl vorhanden waren, boten diese ungeordneten Verhältnisse ungeahnte Verdienst- und Schachermöglichkeiten. Es gab wohl [73] kaum einen Gegenstand des täglichen Bedarfs, mit dem sie nicht zu handeln versucht hätten. Bei den in vielen Orten vorgenommenen Plünderungen hatten gerade die Juden sich besonders ergiebig beteiligt. In ihrer Habgier verstiegen sie sich sogar dazu, Brunnenwasser glasweise und Brot stückweise an die in Lagern eingeschlossenen polnischen Gefangenen zu verkaufen.

Eine planmässige und intensive Landbewirtschaftung gab es nicht. Landwirtschaftliche Maschinen, Kunstdünger und hochwertiges Saatgut waren kaum verwendet worden. Die Ernte betrug im allgemeinen nur etwa die Hälfte des Ertrages, der bei guter Bewirtschaftung erzielt werden kann. Auch hier war der Einfluss der Juden ausserordentlich gross. Der Handel und die landwirtschaftlichen Verarbeitungsbetriebe waren überwiegend in jüdischen Händen. In einer Stadt mit 17 000 Einwohnern waren von den 375 vorhandenen Geschäften 271 jüdisch.

Der kulturelle und hygienische Zustand in nahezu allen Landstädten des Distrikts war derartig, dass er deutschen Ansprüchen in keiner Weise gerecht werden konnte. Es gab weder Gaststätten noch Hotels, in denen man einem Deutschen die Beköstigung oder Unterkunft hätte zumuten können. Wohngebäude mit sanitären Einrichtungen waren selten, gesundheitlich einwandfreie Wasserversorgungsanlagen in vielen Fällen nicht vorhanden.

Abgesehen von den vorstehend geschilderten, durch den Krieg verursachten Zuständen übernahm die deutsche Verwaltung aber auch rein verwaltungsmässig einen kümmerlichen Bestand und eine Organisation, die zur Erschliessung des Landes völlig ungenügend war. Auf vielen Gebieten herrschte der Grundsatz, dass jeder das tun und lassen könne, was ihm behagte. Grosse vorausschauende Planungen gab es nicht. Die polnischen Starosten, die etwa den deutschen Landräten entsprechen, hatten laufende Verwaltungsgeschäfte erledigt, aber keine tatkräftige Initiative gezeigt. Das unsystematische Arbeiten ist beispielsweise daran zu erkennen, dass der Bau eines Krankenhauses - ein Millionenprojekt - aus laufenden Haushaltsmitteln begonnen worden war, ohne dass irgendwelche Rücklagen geschaffen worden waren. Infolgedessen konnte der Bau nur jeweils in dem Umfange weitergeführt werden, wie es die eingehenden Steuermittel erlaubten. Dazu kam, dass die polnischen Verwaltungsbehörden, auch die Gemeindevögte und Dorfschulzen, überall ihre Tätigkeit eingestellt hatten. Die führenden Beamten waren seit Wochen geflohen und hatten wichtige Akten sowie die [74] gesamten Geldbeträge mitgenommen. Einige Dienstgebäude waren durch die Kampfhandlungen beschädigt, andere geplündert, die Geldschränke erbrochen und ausgeraubt. Die Einrichtungsgegenstände waren vielfach vernichtet oder weggeschleppt. Polizeiorgane waren nicht mehr vorhanden. An manchen Orten versah ein polnischer Selbstschutz unter Leitung eines Kommandanten, der sich selbst eingesetzt hatte, einen Ordnungsdienst, der im wesentlichen aus einer Arbeit in die eigene Tasche bestand.

Bei diesen Verhältnissen kam es darauf an, so schnell wie möglich eine neue schlagkräftige Verwaltung aufzuziehen, um das Land aus diesem Chaos zu befreien.

Die wenigen Deutschen, die damals unter den schwierigsten Verhältnissen mit dieser Aufgabe betraut wurden, haben das Äusserste an Tatkraft, Verantwortungsfreude und Opferwillen hergeben müssen, um diese ihnen gestellte Aufgabe zu meistern.


 
2. Aufbau der staatlichen Verwaltung im Distrikt Warschau

Der Oberbefehlshaber des Heeres als Inhaber der vollziehenden Gewalt in den besetzten polnischen Gebieten hatte noch während des Polenfeldzuges durch die Chefs der Zivilverwaltung bei den Armeeoberkommandos Landräte als Leiter der früheren polnischen Kreise eingesetzt. Den Landräten standen "Verwaltungstrupps" zur Seite, die aus 4 - 5 Soldaten und 2 Kraftwagen bestanden. Weiter waren dem Landrat ein mittlerer Beamter sowie ein Landwirt als Kreislandwirt beigegeben. Diese Verwaltungstrupps rückten unmittelbar hinter der kämpfenden Truppe in die zum Teil noch brennenden Kreisstädte ein. Ihre Aufgabe war es, den völlig zerschlagenen Verwaltungsapparat wieder in Gang zu bringen.

Als dann durch Erlass des Führers vom 12. 10. 1939 das Generalgouvernement geschaffen wurde und der Amtsantritt des Generalgouverneurs am 26. 10. 1939 erfolgte, galt es, die Verwaltung nunmehr grundlegend neu aufzuziehen.

Der Aufbau vollzog sich auf der Grundlage des Führerprinzips.

An der Spitze des Generalgouvernements steht der Generalgouverneur, der unmittelbar dem Führer unterstellt ist. Zur einheitlichen Führung sämtlicher Verwaltungszweige bedient er sich [75] der Regierung des Generalgouvernements, die vom Staatssekretär geleitet wird und die den Distrikten Richtlinien für die Verwaltung gibt.

An der Spitze der einzelnen Distrikte steht der Gouverneur, der im Namen des Generalgouverneurs die gesamte Verwaltung im Distrikt führt.

Im Distrikt Warschau hat SA-Gruppenführer Dr. Fischer am 30. 10. 1939 als Distriktschef die Leitung des Distrikts übernommen. Seit diesem Tage steht er als Gouverneur an der Spitze des Distrikts.

Dem Gouverneur sind der Chef des Amtes1 sowie der SS- und Polizeiführer2 unmittelbar unterstellt.

Die dem Distrikt Warschau übertragenen Aufgaben wurden anfangs nur mit einem kleinen Stab von Mitarbeitern erledigt, die in Gemeinschaftsarbeit alle anfallenden Aufgaben in Angriff nahmen. Im Lauf der Zeit erfolgte dann eine Aufteilung in Ämter und Abteilungen. Nachdem der Verwaltungsaufbau nunmehr abgeschossen ist, gliedert sich das Amt des Distrikts in 5 Ämter, die dem Chef des Amtes beigegeben sind, nämlich:

    Präsidialbüro,
    Personalamt,
    Amt für Raumordnung,
    Amt für Preisüberwachung,
    Archivamt,

und in 10 Abteilungen, nämlich:

    Innere Verwaltung,
    Finanzen,
    Justiz,
    Wirtschaft,
    [76] Ernährung und Landwirtschaft,
    Forsten,
    Arbeit,
    Propaganda,
    Wissenschaft und Unterricht,
    Bauwesen.

Verwaltungskarte des Distrikts Warschau
[57] Verwaltungskarte des Distrikts Warschau.
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Neben der Schaffung und dem Ausbau der Behörden des Distrikts wurde der Aufbau und die Organisation der unteren Verwaltungsbehörden in Angriff genommen. An der Spitze der unteren Verwaltungsstufe stehen die Stadt- bzw. Kreishauptleute.

Das heutige Gebiet des Distrikts Warschau war in der polnischen Republik in 14 Starosteien, die etwa den deutschen Landkreisen entsprechen, eingeteilt. Im Interesse einer möglichst straffen Verwaltung werden bei der Neuorganisation mehrere Starosteien zusammengelegt. Neben der Stadt Warschau wurden zunächst 10 Landkreise gebildet, für die später die Bezeichnung "Kreishauptmannschaften" eingeführt worden ist. Es handelte sich dabei um folgende Kreishauptmannschaften:

Grösse und Bevölkerungszahl der Stadt- und 
Kreishauptmannschaften des Distrikts Warschau
[58] Grösse und Bevölkerungszahl
der Stadt- und Kreishauptmannschaften
des Distrikts Warschau.

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    Warschau-Land,
    Garwolin,
    Siedlce,
    Sochaczew,
    Grojec,
    Ostrow,
    Sokolow,
    Lowitsch,
    Skierniewice,
    Minsk.

Später wurden die Kreishauptmannschaften Skierniewice und Lowitsch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zusammengelegt. Der Sitz der neuen Kreishauptmannschaft ist Lowitsch.

Der Distrikt Warschau besteht also zur Zeit aus 9 Kreishauptmannschaften und der Stadthauptmannschaft Warschau.

Die Kreishauptmannschaften sind jeweils nach den Kreisstädten benannt. Die Bevölkerungsdichte der Kreishauptmannschaften schwankt zwischen 100 000 und 500 000 Einwohnern.3

[77-80=Fotos] [81] Die Behörde des Kreishauptmanns besteht aus folgenden Ämtern:

    Amt für Innere Verwaltung,
      in dem die allgemeinen Hoheitssachen, Polizeiangelegenheiten, Bau- und Wohnungssachen, die Preisüberwachung sowie Bevölkerungswesen und Fürsorge bearbeitet werden,
    Amt für Wirtschaft,
    Amt für Ernährung und Landwirtschaft,
    Schulamt.

Dazu kommen die angegliederten Ämter:

    Finanzinspekteur,
    Landinspektion,
    Wasserwirtschaftsinspektion,
    Arbeitsamt,
    Forstaufsichtsamt,
    Strombauinspektion.

Die angegliederten Ämter sind zur besseren Erledigung ihrer Fachaufgaben für mehrere Kreishauptmannschaften eingerichtet und somit gleichzeitig mehreren Kreishauptleuten angeschlossen.

In mehreren Kreishauptmannschaften sind als Verwaltungsstellen des Kreishauptmanns Land- und Stadtkommissare eingesetzt. Während die Stadtkommissare die unmittelbare Staatsaufsicht über die ihnen anvertrauten Stadtverwaltungen führen, obliegt den Landkommissaren die hoheitliche Aufsicht und die Polizeiverwaltung in ihrem ländlichen Bezirk.

Stadtkommissare sind eingesetzt für die Städte Siedlce, Pruszkow und Lowitsch,

Landkommissare in

    Grodzisk und Zyrardow (Kreishauptmannschaft Sochaczew)
    Radzymin (Kreishauptmannschaft Warschau-Land)
    Wengrow (Kreishauptmannschaft Sokolow)
    Skierniewice und Glowno   (Kreishauptmannschaft Lowitsch)
    Losice (Kreishauptmannschaft Siedlce).
Den Kreishauptleuten sind Gendarmeriezüge unter Führung eines Bezirksoberleutnants der Gendarmerie zur Durchführung poli- [82] zeilicher Aufgaben beigegeben. Die Gendarmeriezüge sind auf mehrere an verschiedenen Orten des Kreisgebietes eingerichtete Posten verteilt. Zur Durchführung wichtiger Vollzugsmassnahmen stehen weiterhin "Sonderdienst-Kommandos" zur Verfügung.

Dem Kreishauptmann sind polnische Dienststellen unterstellt, die von dem fachlich zuständigen Amt der Kreishauptmannschaft laufend beaufsichtigt werden.

An solchen Dienststellen sind zu nennen:

    der Kreisarzt,
    der Kreistierarzt,
    das Tierzuchtamt,
    das Wasserwirtschaftsamt,
    das Steueramt,
    die Oberförstereien.

Der Kreishauptmann ist weiterhin Leiter der Verwaltung des Gemeindeverbandes. Ihm unterstehen damit die verschiedenen kreiskommunalen Einrichtungen, namentlich:

    das Kreisstrassenbauamt,
    die Kreiskrankenhäuser,
    die kommunalen Gesundheitspunkte,
    die kreiskommunalen landwirtschaftlichen Schulen,
    die Tierheilstätten,
    die Altersheime
    und sonstige Einrichtungen.

Die Ämter der Kreishauptmannschaften arbeiten mit verhältnismässig wenig deutschen Kräften. Eine personelle Besetzung, wie sie bei vergleichbaren Dienststellen im Reich gegeben ist, ist bei weitem nicht vorhanden. Zur Durchführung der Arbeiten müssen daher in nennenswertem Umfange Polen und verschiedentlich auch Ukrainer herangezogen werden. Die deutsche Verwaltung beschränkt sich in zunehmendem Masse darauf, Führungs- und Aufsichtsinstanz zu sein und überlässt nach Möglichkeit die Durchführung den polnischen Sachbearbeitern. Dass Angelegenheiten mit überwiegendem deutschem Interesse ausschliesslich von Deutschen bearbeitet werden, ist dabei selbstverständlich.

Es muss festgestellt werden, dass gerade die Verwaltung der Kreishauptmannschaften sich von Anfang an durch schöpferische Initiative und durch eine grosse Entschlussfreudigkeit der eingesetzten Amtsträger ausgezeichnet hat.


[83]
3. Aufbau der kommunalen Verwaltung

Bei Übernahme der Verwaltung durch die deutschen Behörden wurde den polnischen Gemeinden die Selbstverwaltung im wesentlichen belassen. Der polnische Bürgermeister führt auch jetzt noch im allgemeinen die Verwaltung seiner Gemeinde in voller ausschliesslicher Verantwortung.

In den einzelnen Kreishauptmannschaften des Distrikts sind entsprechend den früheren polnischen Gesetzen in überwiegendem Masse sogenannte Sammelgemeinden vorhanden, die unter der Leitung von Amtsvorstehern (Wojts) stehen. Diese Sammelgemeinden bestehen aus einzelnen Dörfern, die von Dorfschulzen (Soltys) geleitet werden.

In den kreisangehörigen Städten und den Stadtkreisen führt der polnische Leiter der Gemeinde die Bezeichnung Bürgermeister. Die polnische Bezeichnung "Burmistrz" zeigt übrigens, dass dieses Wort aus dem deutschen Sprachgebrauch übernommen worden ist, wie überhaupt gerade auf dem Gebiet der Verwaltung deutsche Verwaltungseinrichtungen seit Jahrhunderten in Polen von grosser Bedeutung gewesen sind. Das polnische Wort "Wojt" z. B. ist aus dem deutschen Wort "Vogt" entstanden,4 ebenso stammt die polnische Bezeichnung für den Dorfschulzen "Soltys" von dem deutschen Wort "Schulze".

In der Mehrzahl der Fälle haben die Kreishauptleute im Interesse einer reibungslosen Weiterarbeit die polnischen Amtsvorsteher und Bürgermeister beibehalten. Nur in Orten mit nennenswerter deutscher Bevölkerung wurden deutsche Volkszugehörige als Bürgermeister oder Wojts eingesetzt.

Die Verwaltung der Gemeinden wurde während des organisatorischen Ausbaues der Kreishauptmannschaften ebenfalls weiter ausgebaut. Die laufenden Verwaltungsgeschäfte erledigt wie in polnischer Zeit der Gemeindesekretär. Für Angelegenheiten der Ernährung sowie für die Erfassung und Sicherstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse steht dem Gemeindevogt darüber hinaus ein Ernährungs-Sachbearbeiter zur Seite. Zur Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung sind in den Gemeinden Gemeinde-Agronome eingesetzt.

In mehreren Kreishauptmannschaften sind für 2 bis 3 Gemeinden Bezirksärzte und Bezirkstierärzte tätig, die aus Gemeindemitteln eine Vergütung erhalten und die Aufgaben der Gesundheitskontrolle [84] und der Seuchenbekämpfung durchzuführen haben. Die Tierärzte werden auch zur Untersuchung der abgelieferten Viehkontingente eingeschaltet.

Die durch den Generalgouverneur den polnischen Gemeinden eingeräumte Selbstverwaltung entspricht den Richtlinien, wonach das Generalgouvernement eine Heimstätte der Polen sein soll.

Die bisher gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass die polnischen Gemeinden trotz der schweren finanziellen Einbussen, die sie erlitten haben, und trotz der Kriegsschäden sowie der durch den Krieg bedingten schlechten Wirtschaftslage lebensfähig sind, wenn sie unter entsprechend straffer deutscher Aufsicht stehen.

Die polnischen Amtsvorsteher und Bürgermeister haben sich im allgemeinen als zuverlässig erwiesen. Sie sind zur loyalen Mitarbeit bereit, wenn sie auch manchmal gegenüber aufsässigen Element in ihren Gemeinden einen schweren Stand haben.


1Chef des Amtes war in der Zeit vom 26. 10. 39 bis zum 31. 12. 1940 Reichsamtsleiter Barth, der in das Reichsrechtsamt der NSDAP nach München zurückberufen wurde. Seit dem 1. 1. 1941 ist Reichshauptstellenleiter Dr. Hummel Chef des Amtes. ...zurück...

2Als SS- und Polizeiführer war in der Zeit vom 9. 11. 1939 bis 22. 7. 1941 SS-Gruppenführer Moder eingesetzt, der als Angehöriger der Waffen-SS im Russlandfeldzug den Heldentot fand. An seine Stelle trat SS-Oberführer Wigand, der am 1. 5. 1942 zur Waffen-SS einrückte. Seitdem ist SS-Oberführer Dr. von Sammern-Frankenegg im Distrikt Warschau SS- und Polizeiführer. ...zurück...

3Vgl. die Karte des Distrikts Warschau S. 57 des Buches. ...zurück...

4[Scriptorium merkt an: dieselbe linguistische Wurzel findet sich auch im Namen des ehemaligen Papst Johannes Paul II., dessen Geburtsname Karol Jozef Wojtyla war. Somit scheint es sehr wahrscheinlich, daß der polnische Papst deutsche Ahnen hatte – um so mehr, als seine Mutter mit Mädchennamen Scholz hieß – und daß sein Name eine polnische Variante des deutschen "Karl Josef Vogt" war.] ...zurück...

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