Teil III - Politische BestimmungenAbschnitt V - Elsaß-Lothringen
Artikel 78
Für Vollstreckung von Urteilen, für Einlegung von Rechtsmitteln und für Strafverfolgung gelten folgende Regeln:
1. Alle seit dem 3. August 1914 zwischen Elsaß-Lothringern oder zwischen Elsaß-Lothringern und Ausländern oder zwischen Ausländern in bürgerlichen oder Handelssachen ergangenen Urteile elsaß-lothringischer Gerichte, die vor dem 11. November 1918 Rechtskraft erlangt haben, gelten als endgültig und ohne weiteres vollstreckbar.
Ist das Urteil zwischen Elsaß-Lothringern und Deutschen oder zwischen Elsaß-Lothringern und Staatsangehörigen der mit Deutschland verbündeten Mächte ergangen, so wird es erst vollstreckbar, nachdem das entsprechende neue Gericht des wiederangegliederten im Artikel 51 bezeichneten Gebiets ein Vollstreckungsurteil erlassen hat.
2. Alle seit dem 3. August 1914 wegen politischer Verbrechen oder Vergehen gegen Elsaß-Lothringer von deutschen Gerichten gefällten Urteile gelten als nichtig.
3. Alle Entscheidungen des Reichsgerichts in Leipzig, die nach dem 11. November 1918 infolge der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidungen der elsaß-lothringischen Gerichte ergangen sind, gelten als null und nichtig und sind aufzuheben. Die solchen reichsgerichtlichen Entscheidungen zu Grunde liegenden Akten der Vorinstanzen sind an die betreffenden elsaß-lothringischen Gerichte zurückzusenden.
Kein beim Reichsgericht gegen Entscheidungen elsaß-lothringischer Gerichte eingelegtes Rechtsmittel wird weiter verfolgt. Die Akten werden in der oben angegebenen Weise zurückgesandt und unverzüglich an den französischen Kassationshof weitergeleitet, der für die Entscheidung zuständig ist.
4. Alle Verfolgungen in Elsaß-Lothringen wegen Straftaten, die in der Zeit vom 11. November 1918 bis zum Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags begangen worden sind, werden nach den deutschen Gesetzen durchgeführt, soweit diese nicht von den französischen Behörden durch ordnungsgemäß an Ort und Stelle veröffentlichte Erlasse abgeändert oder ersetzt worden sind.
5. Alle anderen Zuständigkeits-, Verfahrens- sowie Justizverwaltungsfragen werden durch ein Sonderabkommen zwischen Frankreich und Deutschland geregelt.