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Zur Einführung

1. Gegen den Erbfeind

Wie Albrecht Dürer in jenem prachtvollen Stich den hochgemuten deutschen Ritter geschaut hat, der bei nächtlicher Heimfahrt verächtlich von seinem hohen Roß herniederschaut auf Tod und Teufel, wohlverschanzt hinter der Hochburg seines guten Gewissens – so erscheint in dieser eisernen Zeit der Kriegsnot das ganze deutsche Volk! Mit heimtückischem Grinsen griffen vor sechs schweren Monaten habgierige, neidische und grausame Feinde an sein Herz, Belgier und Franzosen, Russen und Engländer, Japaner, Inder, Kanadier und Neger vom Senegal – aber das von allen Seiten so schwer bedrängte deutsche Volk hat das Fürchten nicht gelernt. Was der gewaltige Kanzler einst sagte: wir können durch Liebe und Wohlwollen leicht bestochen werden, vielleicht zu leicht, aber durch Drohungen ganz gewiß nicht, ein Appell an die Furcht findet im deutschen Herzen niemals ein Echo, – das hat sich aufs neue kräftig erwiesen in der todesmutigen Unerschrockenheit, mit der das deutsche Volk den Fehdehandschuh einer ganzen Welt aufgriff, in der unerschütterliche Siegeszuversicht, mit der es in schweren, blutigen Kriegsmonaten eisern durchhält, fest verankert in der Liebe zu seinem frommen, erhabenen Kaiser (Abb. 1), in der nie verlöschenden Treue zu seinen ritterlichen Fürsten (Abb. 2 bis 16), die mit schlagen, tragen, dulden und beten, in der demütigen Dankbarkeit gegen den getreuen Gott, der unsere Fahnen segnet!


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Sechs furchtbare Kriegsmonate haben Europa und die Welt wie ein gewaltiges Erdbeben erschüttert; auch die entferntesten Länder der Erdkugel sind in seine Wirkungen hineingezogen. Mit dem fanatischen Fürstenmord zu Serajewo im Juni des vergangenen Jahres begannen die ersten Zuckungen des Bodens, der uns trägt; Englands verzweifelter Hilfschrei an Japan trug das Grollen der bebenden Erde nach Ostasien; die Entfaltung der Fahne des Propheten im Heiligen Krieg der unterdrückten moslemitischen Welt gegen ihre Zwingherrn erschütterten endlich den Erdball in seinen Grundfesten. Schon sieht das geistige Auge alte, morsche Säulen in Schutt und Trümmer zerfallen, neue gewaltige Tempel emporragen in der Zukunft Land......

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Man mag der Londoner Times recht geben, wenn sie den seit Monaten unterbrechungslos tobenden Kampf auf dem westlichen Kriegsschauplatz die größte Schlacht der Weltgeschichte nennt. Nach jenem glänzenden strategischen Rückzug der deutschen Armeen im September des vorigen Jahres schuf sich unser Heer eine Stellung, die nach Art einer lebendigen Mauer das Vaterland und das eroberte Belgien, sowie den von deutschen Truppen besetzten nördlichen Industriegürtel Frankreichs gegen alle Angriffe abschloß. In den Vogesen, nahe der schweizerischen Grenze, ruht der Fußpunkt einer ungeheuren, viele hundert Kilometer langen Front, die durch den Süden des Woëvregebietes geht, Verdun streift und St. Mihiel einschließt, den Argonnenwald durchschneidet, hinter Reims auf Soissons, Noyon, Roye, Albert, La Bassée, Lille und Armentierès verläuft und dann hinter Ypern, Dixmuiden und Nieuport das Meer erreicht. Hinter dieser Front erstrecken sich die weiten eroberten Gebiete, über deren endgültigen Besitz erst der Friedensschluß Entscheidung bringt, die aber, unter deutsche Verwaltung gestellt, schon jetzt für [6] uns von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Deutsche Hüttenleute sorgen für die Erhaltung und Ausbeutung der reichen Kohlen- und Erzlager Belgiens und Frankreichs; Munitions-, Waffenfabriken und Webereien arbeiten bereits seit Monaten für den Eroberer. Jeder Kilometer neu erworbenen Landes stärkt in dem gleichen Maße unsere wirtschaftliche Kraft zur Weiterführung des Kriegs, wie sein Verlust die Widerstandskraft des Gegners lähmt und schwächt. Für Frankreich erhöht sich die Tragik seiner unbesonnenen Kriegführung wesentlich durch die Abhängigkeit von seinen Verbündeten. England hat das größte Interesse daran, dem Eroberer die Westküste Belgiens wieder zu entreißen, jedenfalls ein weiteres Vordringen auf Dünkirchen und Calais zu verhindern. Hier fühlt sich England bedroht, hier kämpfen seine Truppen. Mit Entsetzen sieht der Engländer schon das Hinübergreifen des Landkrieges auf seine Scholle. Die Rücksicht auf seinen Verbündeten zwingt nun die französische Heeresleitung, gerade an diesem Punkte überaus verlustreiche Kämpfe zu führen. Wenn die Times schreibt: die britischen Truppen haben in der langen Geschichte Großbritanniens niemals in einem furchtbareren Kampfe gestanden; das Blutbad in diesen Kämpfen, die immer heftiger geworden sind, ist beispiellos groß und hat sogar die Verluste in den größten Schlachten des russisch-japanischen Krieges überstiegen, – so gilt dies in höchstem Maße auch von dem französischen Heere, das hier seine beste Mannschaft verbluten ließ (Abb. 33, 40, 62 und 64).


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Die Trümmer der belgischen Armee, die sich nach Antwerpens Fall um einige Tausend Mann verstärken konnte, verbrachten unter ihres Königs Albert Führung Wunder der Tapferkeit, fochten die Belgier doch um den letzten kargen Zipfel

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Landes, der ihnen aus dem Krieg, den sie für Englands Interessen ausfochten, noch verblieben war. Aber die Erschöpfung des Heeres durch pausenlose Kämpfe bei Hunger und Durst, Regen und Kälte – ohne Aussicht auf Sieg und Ruhm – war so groß, daß der nicht aufgeriebene, wahrhaft erbarmungswürdige Rest fast völlig kampfunfähig wurde und zeitweilig hinter die Front befördert werden mußte. Englands Bemühungen, neue Heere im Lande auszuheben, hatten trotz des aufgewandten wirtschaftlichen Drucks auf Arbeitslose täglich geringeren Erfolg. Wohl ließen sich todverachtende Hilfskräfte aus den Kolonien herbeiziehen (Abb. 34 und 39), Inder, Kanadier, Australier; aber sie erwiesen sich gleich den französischen Kolonialtruppen nicht widerstandsfähig genug gegen die Unbilden des hereinbrechenden nordeuropäischen Winters. Frankreich selbst erschöpfte seine letzte Kraft. Es hob die Mindertauglichen und Zurückgestellten aus und seine beste Jugend.

Nach den erfolgreichen Schlägen des Bewegungskrieges der ersten Kriegsmonate stellt der nun ebenso viele Monate währende Feldbefestigungskrieg an die Geduld von Heer und Volk große Anforderungen. In langen Schützengräben sind die Streiter verschanzt, ständig vor einem Überfall auf der Hut. Zahlreiche Feldpostbriefe geben ein anschauliches Bild von der seltsamen Ausstattung, dem romantischen Leben, dem Geist echter Kameradschaftlichkeit in Schützengräben und Unterständen. Große Entbehrungen und Unbilden werden hier von den tapferen Soldaten geduldig für das geliebte Vaterland ertragen; oft sorgt auch echter deutscher Humor in Wort, Gesang und Musik für Abwechslung in einem eintönigen Leben, bei dem [7] schließlich durch Gewöhnung sogar das Verständnis für die Gefahr abhanden kommt. Der langwierige, auf viel Geduld gestellte Feldbefestigungskrieg entspricht wenig dem Geist, der gerade unsere Truppen beseelt, die weit lieber in schneidigem Draufgehen und unentwegtem Vorwärtsstürmen den höchsten Einsatz wagen.

Die weitverzweigten Schützengräben der verschiedenen Linien, die erste oft kaum hundert Meter vom Feind entfernt, alle in sich durch Laufgräben verbunden, bilden eine kleine Stadt für sich, eine Festung. Beim Hereinbruch der Dämmerung vollzieht sich die Ablösung, unbemerkt vom lauschenden Feind. Auf gefährlichen Wegen greifen dann in der Nacht Patrouillen gegen die feindliche Stellung vor, Stärke und Widerstandskraft zu erkunden. Oft gelingt ein nächtliches Vorschieben des ersten Schützengrabens, oft auch eine Überrumpelung des Feindes. Zur Vermeidung großer Verluste geht dem Sturmangriff auf feindliche Schützengräben ein Artillerieduell vorauf. Haben die einschlagenden Geschosse die feindliche Stellung erschüttert und den Angriff sturmreif gemacht, dann arbeitet sich die Infanterie von Laufgraben zu Laufgraben näher an die feindlichen Schützengräben heran und verdrängt den Gegner aus denselben. Freilich hat dieser Vorsorge getroffen, sich rasch neu zu verschanzen, und so beginnt nach jedem kleinen Erfolg der Feldfestungskampf wieder aufs neue.

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Diese Stellungskriege sind zwar meist weniger verlustreich als offene Feldschlachten; aber hier fallen auch nicht mit einem Schlage weittragende Entscheidungen. Es gilt vielmehr, den Gegner täglich zu schwächen und zu erschöpfen, seine Angriffskraft allmählich zu zermürben, ihn vielleicht an einer Stelle der Front festzuhalten und zu beschäftigen, um an einer andern den Versuch des Durchbruchs zu machen, die Front zur Aufrollung zu bringen. Der französische Generalissimus Joffre gedachte so, uns nach und nach "aufzuknabbern"; die Kriegsereignisse zeigen, daß es zum Gegenteil kam (Abb. 18 bis 26). Die klugen strategischen Maßnahmen unseres neuernannten Generalstabschefs, des Generals der Infanterie Erich von Falkenhayn, die Entschlossenheit und Tapferkeit unserer Heerführer und der Heldenmut und die Todesverachtung unserer Soldaten wanden auch im vergangenen Kriegsabschnitt dem Vaterland die schönsten Lorbeerkränze!


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Das große Überschwemmungsgebiet in Flandern (Abb. 27 und 28), das nur einen schmalen Küstenstreifen frei ließ, und das unsere Truppen verlassen konnten ohne jeden Verlust an Mann, Pferd, Geschützen und Fahrzeugen, hemmte die Kriegsmaßnahmen von Freund und Feind. Aber auch außerhalb des absichtlich von den Feinden unter Wasser gesetzten Landstrichs war der Lehmboden Flanderns überall durchweicht, die wassergefüllten Wege konnten kaum begangen werden, das ganze [Yser-] und Lysgebiet mit seinen unzähligen Nebenwasserläufen hinderte größere Operationen. Pioniere (Abb. 66 und 67) mußten über weite Sumpfstrecken Brücken schlagen.


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Zu dem stürmischen und regnerischen Wetter gesellte sich bei hereinbrechendem Winter noch heftiger Schneefall. Unsäglich litt das Heer der Verbündeten wegen seines großen Bestands an Hilfskräften aus den Tropen, wegen seines Mangels an Reserven, wegen seiner weniger guten Verpflegung und wegen der geradezu schimpflich vernachlässigten Sanitätseinrichtungen (Abb. 11 bis 14 und 94 bis 105). Zu den furchtbarsten Opfern, die unsere Geschosse forderten, [8] gesellten sich die durch Krankheit – besonders Typhus – herbeigeführten. Aufs glänzendste erwiesen sich die fürsorglichen Einrichtungen unseres Heeres, deren in treuer Friedensarbeit gesicherte Überlegenheit auch hier wieder zum Ausdruck kam. Man schätzte bis zum 1. Dezember [Scriptorium merkt an: 1914] die Gesamtverluste des verbündeten Heeres allein an der Yser auf 60 000 Belgier, 80 000 Engländer, 75 000 Franzosen, zusammen 215 000 Tote, Verwundete und Gefangene!


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Am 1. November gelang in Flandern die Einnahme von Messines (Abb. 29 bis 32). Von Nieuport aus erfolgende Vorstöße der Engländer und Franzosen brachen zusammen, und die Beschießung der deutschen Stellungen durch englische Kriegsschiffe erlosch im Feuer unserer Küstenbatterien. Verschiedentlich mußten schwerbeschädigte Kreuzer zurückgenommen werden, wochenlang blieb das feindliche Geschwader außer Sicht, um dann einmal wieder in eine Beschießung belgischer Badeplätze einzutreten, durch die unsere Stellungen in nichts erschüttert wurden. Erlitten die Feinde bei allen Vorstößen harte Verluste an Streitern und Kriegsmaterial, so bedeutete ihre Niederlage in dem heißumstrittenen Dixmuiden (Abb. 31 und 37) am 10. November, das unsere Truppen eroberten und besetzt hielten, einen bedeutenden Erfolg für uns. In der Gegend von Langemarck erhielten junge Regimenter die Feuertaufe und nahmen unter dem Gesang von "Deutschland, Deutschland über alles" die feindlichen Stellungen. Furchtbare Kämpfe fanden wochenlang bei Ypern (Abb. 45 bis 49) statt, ohne daß es den Verbündeten, die mit großer Tapferkeit die gewagtesten Vorstöße unternahmen, gelang, auch nur einen Schritt den Eroberer zurückzudrängen. Am 12. November waren es deutsche Marinetruppen, die an der Yser bei Nieuport den Feind schlugen und 700 Franzosen gefangen nahmen. Am 11. Dezember fanden in der Gegend von Langemarck für die Feinde verlustreiche Kämpfe statt. Auch wurde von unserer Artillerie der Bahnhof von Ypern beschossen, um feindliche Truppenbewegungen zu stören.


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Während der furchtbaren Schlachten im Norden setzte an keinem Punkte der ungeheuren Linie der Kampf aus (Abb. 71 bis 74). Deutsche Granaten beschossen Bethune, Arras und La Bassée, um das in den ersten Dezembertagen heiß gestritten wurde. In Soissons und Reims brachten die Franzosen hinter den als Beobachtungsposten benutzten prachtvollen, altehrwürdigen Kathedralen ihre Geschütze in Stellung (Abb. 36, 60, 68, 77 und 78) und erzwangen dadurch eine schonungslose Erwiderung ihres Feuers. An der Aisne östlich Soissons fanden erbitterte Kämpfe und Sturmangriffe statt, durch die sich unsere Truppen in den Besitz von Chavonne und Soupir setzten. Am 13. November waren die Franzosen gezwungen, eine beherrschende Stellung bei Berry au Bac zu räumen.


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Furchtbare Kämpfe wüteten im dichten Argonnenwalde, den die Franzosen zu einer Festung verwandelt hatten (Abb. 80, 83 bis 89). Dennoch rückten unsere Truppen täglich vorwärts und brachten dem Gegner große Verluste bei. Am 7. November nahmen wir die Höhe bei Vienne le Château, um die wochenlang gekämpft worden war. Französische Angriffe in der Gegend von Souain und gegen die Orte Varennes und Vauquois, östlich des Argonnenrandes, wurden am 8. Dezember verlustreich für den Gegner abgewiesen. Am 20. Dezember nahmen wir eine wichtige Waldhöhe bei Le Four de Paris. Im westlichen Argonnenwald brach im Januar [Scriptorium merkt an: 1915] ein Vorstoß gegen unsere [9] Schützengräben unter schwersten Verlusten der Franzosen zusammen. Ebenso erfolgreich für uns war am 8. Januar ein Sturmangriff gegen die französischen Stellungen im östlichen Argonnenwald.


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Auch bei Verdun, im Bois Brulé, bei St. Mihiel und in der Gegend von Apremont und im Woëvregebiet wurden französische Angriffe blutig zurückgeschlagen (Abb. 90).

Die Vogesen bilden dauernd den Schauplatz der erbittertsten Kämpfe. Unter der Rückendeckung Belforts rücken immer wieder französische Truppen gegen das deutsche Elsaß vor. Während sie im Wesserlingtal und Thann, geschützt durch die von ihnen hier beherrschten Vogesenhöhen, vorläufig Fuß fassen konnten, wurden ihre erbitterten Versuche zum weiteren Vordringen aufs blutigste abgeschlagen, so am 2. November bei Markirch. Wir aber griffen erfolgreich Cirey an und erstürmten am 17. November das Schloß Chatillon. Nachdem es den Franzosen gelungen war, das Dorf Steinbach westlich Sennheim zu nehmen, wurde es am 14. Dezember zurückerobert. Schwere Kämpfe fanden dann wieder im Januar im Elsaß statt. Wieder war es Steinbach, das für kurze Zeit in des Gegners Hände kam. Ein Versuch der Feinde, im Nachtangriff Ober-Burnhaupt zu nehmen, schlug unter schwersten Verlusten für sie fehl.

Ein geheimer Heeresbefehl des Generals Joffre vom 17. Dezember, der bei einem gefallenen französischen Offizier gefunden wurde, kündigt noch vor dem Weihnachtsfest eine allgemeine Offensive auf der ganzen Front an, übrigens zu einer Zeit, da gerade die deutschen Truppen im Osten schwere Kämpfe zu bestehen hatten. "Die Stunde des Angriffs schlug", heißt es darin, "es handelt sich darum, die deutschen Kräfte zu

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brechen und unser Land endgültig von den Eindringlingen zu befreien. Soldaten, ihr werdet zu siegen verstehen bis zum letzten Triumph." In der Tat entwickelte denn auch der Feind gegen Ende Dezember und zu Anfang des neuen Jahres überall eine große Angriffsneigung. Trotz unserer Inanspruchnahme auf dem östlichen Kriegsschauplatz, die übrigens auch hier zu entscheidungsvollen Siegen führte, gelang es den Franzosen an keiner Stelle, die deutsche Front zu durchbrechen, eigene Stellungen vorzuschieben, überhaupt irgend welche Erfolge zu erzielen. Im Gegenteil, die französische Offensive brach nicht nur völlig zusammen, sondern es gelang vielmehr im Januar den deutschen Truppen, nennenswerte Erfolge zu erzielen. Da erlitten die Franzosen am 12. Januar eine schwere Niederlage bei Crouy, gleichzeitig bei Nomeny. Unter den Augen des obersten Kriegsherrn kam es dann in Fortsetzung der Schlacht bei Crouy am 13. Januar zu einer glänzenden Waffentat unserer Truppen bei Soissons (Abb. 91 bis 93), wo in strömenden Regen und auf tiefaufgeweichtem Boden bis in die Dunkelheit hinein Graben auf Graben im Sturm genommen wurde und der Feind gezwungen wurde, über die Aisne zurückzuweichen. Am 20. Januar bestanden unsere Truppen siegreiche Gefechte auf der ganzen Front, besonders bei Pont à Mousson. Gleiche Erfolge erblühten uns in den folgenden Tagen, so neben anderen siegreichen Gefechten die Erstürmung des Hartmannsweiler Kopfs in den Vogesen, die für den Feind opferreiche Niederlage der Engländer bei La Bassée und die Besetzung der Höhen von Craonne.

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2. Das deutsche Schwert im Osten

Ratlos sahen die verbündeten Gegner nach Verlauf der ersten drei Kriegsmonate, daß es mit der Zertrümmerung deutsch-österreichischer Machtfülle noch gute Wege habe. Keine Siegesmeldung klang an ihr Ohr. Auf dem westlichen Kriegsschauplatz hütete das deutsche Schwert den mit Blut und Eisen errungenen Besitz. Englische Armeen waren immer wieder aufs Haupt geschlagen, Albions Schlachtflotte wagte zu keinem entscheidenden Schlage auszuholen, indes deutsche Kreuzer in feindlichen Meeren dem englischen Handel empfindlichen Schaden beizubringen vermochten. In treuer Waffenbrüderschaft reichten sich auf Polens Schlachtfeldern Deutsche und Österreicher die Hand zu einer mehrere hundert Kilometer langen Kette. Entsetzt blickte man in Petersburg auf das Ausbleiben jeglichen Erfolgs der Verbündeten auf dem westlichen Kriegsschauplatz, ebenso entsetzt wurde man in London und Bordeaux gewahr, daß es den Russen nicht gelingen wollte, einen entscheidenden Schlag auszuführen. Jeder erwartete vom Bundesfreund, was er selbst nicht zu leisten imstande war.

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Immerhin mußte von uns mit der unermeßlichen zahlenmäßigen Überlegenheit des russischen Gegners gerechnet werden, der sich aus seinem scheinbar unerschöpflichen Menschenreichtum stets neue Armeen schaffen konnte. Generaloberst von Hindenburg (Abb. 106) mußte darauf bedacht bleiben, die numerische Übermacht des wohl auf Warschau und Iwangorod zurückgestoßenen, aber weitaus nicht vernichteten Gegners durch geschickte Taktik auszugleichen. Ungeheurer Nachschub drohte das deutsch-österreichisch-ungarische Heer zusammenzudrücken, wenn es nicht durch geordneten Rückzug gelang, dem Anstoß der Massen vorsichtig auszuweichen, um dann die Angriffskraft der einzelnen Teile allmählich zu brechen (Abb. 107 bis 109). Die Sicherheit dieses Rückzuges bewies aufs neue die vollkommene Überlegenheit der deutsch-österreichischen Heeresleitung. Nur schwerfällig vermochte die ungeheure Flut der russischen Horden den abziehenden Truppen zu folgen, nirgendwo gelang ihnen die Ausnutzung der Lage, zerstörte Brücken und Bahnen, Wasserleitungen und Telegraphenverbindungen hemmten das Nachdrängen der Russen. Drei Kavalleriedivisionen, die bei Kolo an der Warthe den Fluß überschritten, wurden blutig zurückgeworfen und so gehindert, Einblick in die rückwärtigen Bewegungen und in die Neuaufstellung unserer Heere zu tun. Versuche der russischen Nordarmee, die Gelegenheit zu einem Einfall in Ostpreußen auszunutzen, scheiterten am 8. November nördlich des Wysztyter Sees, wo 4000 Gefangene und 10 Maschinengewehre in des Siegers Hände fielen.

Mitte November war in Polen und Galizien (Abb. 111 und 112) die Neuordnung der deutschen und der österreichisch-ungarischen Armee vollendet, und der erste Schlag bewies der erstaunten Welt, daß es sich vorher tatsächlich um eine geniale strategische Maßnahme gehandelt hatte, als Hindenburg den Befehl zum Zurückzug der Streitkräfte und zur Ablösung vom übermächtigen Feind gab. Mit einer Meisterschaft, die stets die Bewunderung aller Strategen behalten wird, zwang er hier wie vorher an den Masurischen Seen den Gegner die Schlacht auf dem Plane anzunehmen, den er für gut befand. Wie ein Ungewitter entlud sich der plötzliche Angriff über der russischen, an Zahl weit überlegenen [11] Armee, die den Gegner auf der Flucht wähnte und den eigenen Vormarsch auf Schlesien und Posen durch nichts gehemmt glaubte. Bei Wloclawec zerriß Mitte November der deutsche Stoß die russische Front, deren nördlicher Flügel, der in der Nähe von Soldau stand, von Lipno auf Plotzk, deren südlicher von Wloclawec über Kutno hinaus in der Richtung auf Warschau abgedrängt wurde. Beide Flügel – durch die Weichsel getrennt – vermochten dem schrägen Flankendruck Hindenburgs nicht stand zu halten. Während aber die Deutschen in der Lage waren, unter Ausnutzung ihres vorzüglich angelegten Eisenbahnnetzes rasch Unterstützung an bedrohte Punkte zu werfen, mußte der Rückzug der Russen die Formen ungeordneter Flucht annehmen, da er durch ein aller Verkehrsmittel entblößtes Land ging. So erklärt es sich, daß die Verfolgung dem Sieger Tausende unverwundeter Gefangener und reiches Kriegsmaterial in die Hände brachte und daß der abdrängende Feind eine ungewöhnliche Zahl von Toten und Verwundeten einbüßte.


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Der Sieg bei Wloclawec und die sich anschließenden Kämpfe waren von ungeheurer Bedeutung; der Feind verlor nach Schätzung mindestens 23 000 Mann an Gefangenen und 70 Maschinengewehre, sowie zahlreiche Geschütze; die besten Truppen waren geschlagen, Offiziere kampfunfähig gemacht, trotz des Menschenreichtums mußte das Aufgebot neuer Kräfte an dem Mangel an Instruktoren scheitern, der Verlust an Kriegsmaterial war bei dem Tiefstand russischer Industrie unersetzlich, die in Galizien in Defensive gehaltenen tapferen Truppen unserer Bundesgenossen vermochten das Nachlassen des russischen Druckes zu kräftiger und erfolgreichster Offensive auszunutzen, die ebenfalls durch Gefangennahme von Tausenden und durch Erbeutung reichen Kriegsmaterials gekrönt wurde. Endlich war vor aller Welt der Beweis erbracht, daß Rußland unfähig war, seine eigene Sache zu führen und gar nicht daran denken konnte, seinen aufs äußerste bedrängten Bundesgenossen irgendwelche Hilfe zu geben. Die Hindenburgsche Armee nutzte den Sieg durch scharfe Verfolgung des fliehenden Gegners aus, brachte ihm in verschiedenen Treffen neue gewaltige Verluste bei, so bei Mlawa und Plotzk, bei Lodz und bei Czenstochau. Ein starker Gegenangriff der Russen aus der Gegend Lowicz – Strykow – Brzeziny sowie in der Gegend von Czenstochau brachen vor unserer Front zusammen. In den Kämpfen der Truppen des Generals von Mackensen (Abb. 116 bis 120) bei Lodz – Lowicz haben die Russen nicht weniger als etwa 40 000 unverwundete Gefangene verloren, 70 Geschütze, 160 Munitionswagen und 156 Maschinengewehre.


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Das Eingreifen weiterer starker Kräfte des Feindes von Osten und Süden her schob trotz der von unserer Heeresleitung ausdrücklich anerkannten Tapferkeit auch unserer jungen Truppen die Entscheidung noch hinaus. Aber nirgends gelang es dem erbittert kämpfenden Gegner, einen Erfolg zu erzielen; sowohl an der ostpreußischen Grenze wie in Polen brach jeder Vorstoß unter furchtbaren Verlusten zusammen (Abb. 113 bis 115). Bei Lodz entzog sich ein deutscher Truppenteil feindlicher Umzingelung und schlug sich in dreitägigen Kämpfen durch den von den Russen bereits gebildeten Ring; hierbei gelang noch die Gefangennahme von 12 000 Russen und die Erbeutung von 25 Geschützen, ohne daß wir selber auch nur ein Geschütz eingebüßt hätten. Kaiser Wilhelm, der den siegreichen Feldherrn der Ostarmee bereits Beweise seiner besonderen Huld gegeben hatte – von Hindenburg war zum General- [12] feldmarschall, sein Generalstabschef von Ludendorff zum Generalleutnant ernannt worden – erschien nun selbst auf dem Kriegsschauplatz des Ostens, jubelnd begrüßt von seinen tapferen Truppen. In Breslau erfolgte am 2. Dezember eine Besprechung Sr. Majestät mit dem Oberstkommandierenden des österreichisch-ungarischen Heeres, dem Erzherzog Friedrich, der vom Erzherzog Thronfolger Karl Franz Josef und dem Chef des Generalstabs, dem Freiherrn von Hötzendorf, begleitet war.

Inzwischen machten die Kriegsoperationen treffliche Fortschritte; am 6. Dezember nahmen unsere Truppen als Ergebnis vorhergegangener dreitägiger Schlachten Lodz (Abb. 118 bis 120) und zwangen den Feind unter schweren Verlusten für ihn zum Rückzug über die Bsura. Versuche der Russen, aus Südpolen ihrer bedrängten Armee im Norden zu Hilfe zu kommen, wurden durch das Eingreifen österreichisch-ungarischer Kräfte in der Gegend südwestlich Petrokow vereitelt. Das Zentrum der russischen Aufstellung war durchbrochen; natürlich mußte dieser Erfolg der deutschen Waffen im Brennpunkt der moskowitischen Armee zur allmähligen Zurücknahme der feindlichen Streitkräfte auf der ganzen Linie führen. Freilich fehlte es nicht an erbitterter Gegenwehr. Mit der den Russen eigenen großen Geschicklichkeit in der Anlage von Feldbefestigungen gruben sich die Feinde immer wieder ein und verschanzten sich in jedem Ort, an den sie der Druck der deutsch-österreichischen Armee herandrängte. So kam es um Lowicz und Przasnycz zu blutigen Sturmangriffen, die aber alle dem Gegner furchtbare Verluste beibrachten ohne durch sie seine Stellung zu befestigen. Die verlassenen russischen Schützengräben waren mit Toten oft buchstäblich gefüllt. Noch nie in den gesamten Kämpfen des Ostheeres, nicht einmal bei Tannenberg, sind unsere Truppen über so viele russische Leichen hinweggeschritten, wie bei den Kämpfen um Lodz und Lowicz. Da Rußland aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, den Verlust an Waffen zu ersetzen, so ist jede Beute an Kriegsmaterial von großer Bedeutung. Die gewaltigen Schwächungen an kriegsgeübten Truppen und modernem Geschütz mußten endlich zu einem völligen Nachgeben der russischen Streitkräfte führen.

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So trug denn am 17. Dezember der Draht gleichzeitig von der deutschen und der österreichisch-ungarischen Heeresleitung die Kunde in die Welt: in Polen ist die Entscheidung gefallen (Abb. 121). Der Widerstand der russischen Hauptmacht, die zum entscheidenden Schlage gewiß nahezu ganz in die Wagschale geworfen war, ist gebrochen. Im Norden von den Deutschen an der Bsura, am südlichen Flügel von den Österreichern bei Limanova völlig geschlagen, traten die Russen den allgemeinen Rückzug auf der ganzen Linie an, von den Verbündeten an allen Stellen der Front unerbittlich verfolgt.

Als die zuerst ängstlich geheim gehaltene Niederlage der russischen Armee im Lande bekannt wurde, erhoben sich überall die Stimmen der Unzufriedenheit und ließen erkennen, daß eine gewaltige Gärung die innere Ruhe Rußlands zu erschüttern drohte. Mit Gewalt mußte die Regierung – besonders in Petersburg und Warschau – die stetig wachsenden revolutionären Umtriebe niederzuhalten versuchen. Ein großer Jubel aber durchrauschte Deutschland und Österreich-Ungarn über den gewaltigen Erfolg der Waffen, über den fluchtartigen Rückzug der russischen Millionenheere, die wie eine Dampfwalze über [13] die gesegneten Länder der verbündeten Monarchien gehen sollte! Der Vorstoß gegen Berlin und Wien, der die deutsche Heeresleitung zwingen sollte, den Truppenbestand im Westen zu mindern, der den Franzosen, Engländern und ihren aus dem ganzen Erdball zusammengetrommelten Spießgesellen und Bundesbrüdern Lust und Zuversicht zu einer niederschmetternden Offensive geben sollte, war durch die glänzenden strategischen Maßnahmen Hindenburgs und Hötzendorfs und durch die Tapferkeit ihrer Truppen völlig zusammengebrochen. Eine Löwenpranke war auf das Haupt des Bären gefahren! Da der Gegner einmal die Überlegenheit der Zahl hatte, mußte Hindenburg mit seinen geringeren Kräften durch eilige Truppenverschiebungen, wie sie jedesmal die Notwendigkeit des Augenblicks gebot, auf taktischem Wege den Feind bezwingen. So erklärt denn auch der Militärkritiker der Perseveranza den Erfolg als einen Sieg der Berechnung, als das erste Beispiel eines Eisenbahnsieges.


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Am 21. Dezember machten die Russen den vergeblichen Versuch, sich an einer neuen vorbereiteten Stellung an der Rawka und Nida zu halten (Abb. 123 bis 126). Allein nach heftigen Kämpfen gelang es uns, die Flüsse zu überschreiten und gegen Sochatscheff vorzudringen, also aufs neue das Schwert wider Warschau zu tragen. Die Weihnachtstage brachten dann die Nachricht, daß Offensivversuche der Russen im deutschen Feuer erstickt seien, der Angriff der Verbündeten auf dem rechten Pilicaufer aber von Erfolg gekrönt war. Russische Angriffe bei Inowlodz wurden unter schweren Verlusten für die Russen zurückgeschlagen. Wie in Polen, so brachen auch alle Angriffe gegen Ost- und Westpreußen, die insbesondere von der russischen Kavallerie immer wieder versucht wurden, an Wachsamkeit und Kraft unserer Grenzbesatzung gänzlich zusammen (Abb. 122). Mit blutigen Köpfen wurde der Feind hinter Mlava zurückgeworfen. An der ostpreußischen Grenze mißglückte am 29. November ein Überfallversuch starker russischer Kräfte auf deutsche Befestigungen östlich Darkehmen unter schweren Verlusten (Abb. 127 und 128). In den letzten Januartagen wagten russische Truppen abermals Vorstöße auf ostpreußischem Gebiet, erlitten aber wiederum schwere Niederlagen.

Am 31. Dezember veröffentlichte das Große Hauptquartier zum Jahresabschluß den Gesamtbericht über die Kriegslage im Osten; darnach haben unsere in Polen kämpfenden Truppen bei der an die Kämpfe bei Lodz und Lowicz anschließenden Verfolgung über 56 000 Gefangene gemacht und viele Geschütze und Maschinengewehre erbeutet. Die Gesamtbeute unserer am 11. November in Polen eingesetzten Offensive ist damit auf 136 600 Gefangene, über 100 Geschütze und über 300 Maschinengewehre gestiegen.

Die deutsche Offensive wurde im neuen Jahre mit gutem Erfolge, wenn auch infolge schlechter Wege und stürmischen und kalten Winters oft langsam, vorgetragen (Abb. 129 und 130). Am 2. Januar gelang es unsern Truppen in Polen westlich der Weichsel nach mehrtägigem hartem Ringen den besonders stark befestigten Stützpunkt der russischen Hauptstellung Borzynow zu nehmen. In drei Nachtangriffen versuchten die Russen ihre Stellung zurückzugewinnen; ihre Angriffe wurden aber unter großen Verlusten für sie zurückgewiesen. Auch östlich Rawa kamen unsere Angriffe langsam vorwärts. Mehrere Stützpunkte verlor der Feind am 5. Januar. Wohl hinderte das Wetter die kriegerischen Operationen, dennoch gelang es in täglichem Fortschritt Boden zu [14] gewinnen und dem Feinde Verluste beizubringen. Mit gewaltigen Streitkräften pocht die deutsche Macht an die Tore Warschaus. Mit der hochgespanntesten Hoffnung und der festen Zuversicht auf ein völliges Niederringen des russischen Heeres tritt auch auf diesem Schauplatz unser Heer ins zweite Kriegshalbjahr.


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3. Der Seekrieg

In den ersten Novembertagen lauschte das deutsche Ohr mit gespanntester Aufmerksamkeit den Nachrichten, die aus dem fernen Ostasien herüberdrangen. Ein Fleckchen deutschen Neulands ragte da auf, gesegnet von den schönsten Hoffnungen des Vaterlandes. Als am 19. August der Geschäftsträger Japans auf Grund des englisch-japanischen Bündnisses die bedingungslose Übergabe unserer herrlichen Besitzung Kiautschou forderte, ging ein furchtbares Zornesbeben durch das ganze Land. Ein Kleinod deutscher Kulturarbeit drohte verloren zu gehen an eine Macht, die nach dem eigenen Zeugnis ihrer besten Führer alle Fortschritte auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik, des Heerwesens und der Schule dem deutschen Geiste verdankte (Abb. 131 bis 133). England, das sich selbst zu schwach zur Zertrümmerung deutscher Kolonialmacht fühlte, war schamlos genug, die gelbe Rasse gegen die weiße aufzuhetzen, die Instinkte der Habgier halbzivilisierter Völker Asiens gegen europäischen Besitz aufzureizen. Die Weigerung der deutschen Regierung, die freche japanische Forderung einer Antwort zu würdigen, begegnete im ganzen Volke freudigster Zustimmung. Das stolze Gelöbnis des ritterlichen Gouverneurs von Kiautschou, des Kapitäns Meyer-Waldeck: "einstehe für Pflichterfüllung bis aufs Äußerste" fand jubelnden Widerhall, so weit das deutsche Herz schlug (Abb. 134 bis 137). Aber das Aufgebot einer zehnfachen Übermacht der verbündeten Japaner und Engländer mußte endlich einmal auch den heldenhaftesten Widerstand brechen. Freilich erlitt der Gegner furchtbare Verluste, seine Angriffe wurden mit großen Opfern für den Feind zurückgeschlagen, seine Schiffe durch Minen vernichtet, seine Verschanzungen immer wieder niedergelegt, jeder Vorstoß der gewaltigen überlegenen Kräfte im Artilleriefeuer der kleinen Festung, das seewärts durch die Kanonade deutscher und österreichischer Schiffe unterstützt wurde, blutig abgewiesen.


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Ungefähr 70 Tage währte auf ferner Wacht der unglaubliche Widerstand jener deutschen Männer, deren Namen auf den Ruhmesblättern deutscher Geschichte für alle Zeiten aufgezeichnet bleiben. Ihr Kampf war von der ersten Stunde an ein völlig aussichtsloser; niemand konnte der Heldenschar Hilfe bringen. Sie opferten sich für den Ruhm und die Größe des Vaterlandes. Am 7. November erfüllte sich das Schicksal Kiautschous (Abb. 138).

Während England mit japanischer Hilfe den deutschen Besitzstand im fernen Asien raubte, trug unsere Flotte den Schrecken des deutschen Namens an die Ostküste Englands. Am 3. November weckte die Einwohner von Yarmouth plötzlich in der Frühe heftiges Donnern der Geschütze. Deutsche Geschosse fielen auf das Ufer in die Nähe der drahtlosen Station. Englische Streitkräfte versuchten im Nebel die Verfolgung der deutschen Schiffe aufzunehmen, aber es gelang einem deutschen Kreuzer eine Anzahl Seeminen [15] hinter sich zu streuen und das über Wasser mitfahrende englische Tauchboot D 5 zum Sinken zu bringen, außerdem stießen noch zwei Dampfbarkassen auf Minen und sanken. Man fragte sich vergeblich, wie es den deutschen Kriegsschiffen glücken konnte, unbeschädigt durch das englische Minenfeld zu kommen; man mußte die ungeheure Kühnheit bewundern, mit der sie den Krieg herausfordernd an die englische Küste trugen und damit die behäbige Sicherheit des Inselreichs erschütterten, die Gefahr eines deutschen Einfalls in greifbare Nähe rückten; man mußte die Geschicklichkeit anerkennen, mit der die deutschen leichten Kreuzer den Verfolger auf sich zu ziehen wußten, um ihn so sicher zu verderben.

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Mit Verspätung von einer Woche gelangte nach Deutschland die Kunde von einer siegreichen Seeschlacht an der Küste Chiles, die am 1. November stattgefunden hatte (Abb. 140 bis 144). Unsere großen Kreuzer Scharnhorst und Gneisenau und die kleinen Kreuzer Leipzig und Dresden hatten auf hohen Meeren dem englischen Handel bereits furchtbare Wunden geschlagen und so aufs glänzendste den Beweis erbracht, daß Englands Seeherrschaft nur ein Traum sei. Eine starke Flotte unter dem Befehl des Admirals Cradock hatte den Auftrag, die deutschen Kreuzer unschädlich zu machen. Diesen war es gelungen, sich der Beobachtung britischer Patrouillen zu entziehen und unter dem Oberbefehl des Admirals Grafen Spee (Abb. 145) zum kühnen Angriff zu vereinigen. Sie schnitten dem Gegner den neuen Kurs ab und zwangen ihn zum Kampf. Zuerst bewegten sie sich gegen den englischen Kreuzer Monmouth und eröffneten gegen ihn aus einer Entfernung von 9 km ein Feuer, das dieser erst aus 6 km Abstand zu erwidern vermochte, inzwischen aber so schwer gelitten hatte, daß sein Rumpf buchstäblich von Kugellöchern durchsiebt war, und das Wasser hineinströmte. Der größte Teil der Besatzung war bereits durch den furchtbaren Granatenregen vernichtet worden, es gelang bei dem hohen Wellengang von dem Rest nur wenige zu retten, als das Schiff in die Tiefe sank. Inzwischen wandten die deutschen Schiffe sich gegen den Kreuzer Good Hope (Abb. 148), der in Brand geschossen wurde und als Wrack an den Klippen zerschellte. Die Dampfer Glasgow und Otranto entzogen sich schwer beschädigt in der Dämmerung durch eilige Flucht der völligen Vernichtung. Die Nachricht von dem glänzenden Seesieg des Grafen Spee über das stolze England, das über die größte Flotte der Welt und über alle telegraphischen Verbindungen verfügt, wurde mit dankbarem Jubel aufgenommen. Vor der Unerschrockenheit unserer Flotte, der Fahrgeschwindigkeit ihrer Schiffe, der Feuerüberlegenheit und Treffsicherheit ihrer Geschütze, der Meisterschaft ihrer Führer sank der Jahrhunderte hindurch erhaltene Glaube an die Unbesiegbarkeit des meerbeherrschenden England in den Staub. In dieser Erschütterung britischen Ansehens in der Welt, nicht in dem Niederringen einiger Schiffe, liegt der ungeheure Erfolg des deutschen Seesiegs an der chilenischen Küste.

Schwere Schicksalsschläge blieben auch der deutschen Flotte nicht erspart. So geriet am 4. November unser Kreuzer Yorck (Abb. 146) in der Jade auf eine Hafenminensperre und versank, doch gelang es trotz des herrschenden Nebels mehr als die Hälfte der Besatzung zu retten. Geradezu unglaubliche Erfolge hatte seit Beginn des Krieges der kleine Kreuzer Emden (Abb. 151) unter dem Oberbefehl des Korvettenkapitäns Karl von Müller im Bengalischen Meerbusen errungen; [16] über ein halbes Hundert feindliche Handelsschiffe waren vernichtet worden, dazu ein russischer Kreuzer und ein französisches Torpedoboot, ohne daß es den monatelangen Bemühungen des vereinigten englischen, französischen, russischen, japanischen und australischen Geschwaders gelungen wäre, dem kühnen Seefahrer beizukommen, der das indische Meer zum Schrecken der Feinde königlich beherrschte. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, daß sich endlich doch das Schicksal der Emden erfüllte. Jeder neue Tag war ein Lorbeerblatt mehr in seinem strahlenden Kranze und zugleich eine vernichtende Niederlage der Verbündeten vor den Augen einer ganzen Welt, die dem Heldendrama mit Spannung zuschaute, das sich auf hohem Meere abspielte. Endlich am 9. November gelang es den vereinigten Anstrengungen der Feinde, die Emden bei den Cocosinseln im Indischen Ozean zur Strecke zu bringen. Der australische Kreuzer Sidney stöberte den kleinen deutschen Kreuzer gerade auf, als er einen Teil seiner Besatzung zur Zerstörung eines Kabels an Land gesetzt hatte. Aufs tapferste eröffnete die Emden, als sie des Gegners ansichtig wurde, das Feuer, das sofort erwidert wurde. Trotz der Feuerüberlegenheit des größeren Gegners, der auch die Emden an Schnelligkeit übertraf, also das Gefecht nach eigenem Vorteil legen konnte, verteidigte sich die Besatzung aufs heldenhafteste in fast zweistündigem Kampf, bis die Kanonenrohre des sinkenden Kreuzers unter Wasser standen. Mit zahlreicher Mannschaft, die gerettet wurde, gelangte auch der tapfere Kommandant in englische Gefangenschaft. Der heldenhafte Untergang der Emden gehört zu den Niederlagen, die in Wirklichkeit Siege sind. Die an Land gesetzte Mannschaft führte zum Staunen einer ganzen Welt auf eigene Faust den Kampf gegen Englands Handel fort, indem sie sich des Seglers Ayesha bemächtigte und mit großem Erfolge die Kaperung und Zerstörung feindlicher Schiffe fortsetzte, bis ihr nach abenteuerlicher Fahrt unter Kapitänleutnant Mückes Leitung die Erreichung von Hodeida gelang (Abb. 153 und 154). Ziemlich gleichzeitig wurde der deutsche Kreuzer Königsberg (Abb. 152) im Rufidschifluß Deutsch-Ostafrikas von dem englischen Dampfer Chatham durch Versenkung eines Kohlendampfers vor die Flußmündung blockiert.

Am 12. November mußte die englische Admiralität melden, daß das kleine englische Torpedokanonenboot Niger auf der Höhe von Dover durch ein deutsches Unterseeboot zum Sinken gebracht wurde. Am 17. November haben Teile unserer Ostseestreitkräfte die Einfahrt des Libauer Hafens durch versenkte Schiffe gesperrt und die militärisch wichtigen Anlagen beschossen. Torpedoboote, die in den inneren Hafen eindrangen, stellten fest, daß feindliche Kriegsschiffe nicht im Hafen waren. Am 19. November lief das englische Torpedoboot Druand an der Küste Schottlands auf eine

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Mine. Am 23. November ist das deutsche Unterseeboot U 18 durch ein englisches Patrouillenfahrzeug an der Nordküste Schottlands zum Sinken gebracht worden. Der größte Teil der Besatzung, die voll kühnen Wagemuts wieder an die Küste zu stoßen gedachte, konnte gerettet werden. Erst jetzt wird ein ungeheurer Verlust bekannt, der die englische Marine schon in den letzten Oktobertagen getroffen hat. Der englische Überdreadnought "Audacious" (Abb. 139) lief an der Nordküste Irlands auf eine Mine und sank. Die Admiralität versuchte das niederschmetternde Ereignis geheimzuhalten, um Aufregung im Lande zu vermeiden. Allein schon am 25. November mußte sich der Marineminister Churchill zu [17] einem neuen Zugeständnis bequemen; das Linienschiff Bulwark (Abb. 150) sei in Sherness in die Luft geflogen, wahrscheinlich – wie er meinte – infolge einer inneren Explosion des Magazins. Der größte Teil der Besatzung ist vernichtet.

Zu den siegreichen Niederlagen wird das deutsche Volk allzeit, wie den Fall Tsingtaus, so auch die Schlacht an den Falklandsinseln zählen, der unsere herrlichen Kreuzer Scharnhorst, Gneisenau, Leipzig und Nürnberg zum Opfer gefallen sind (Abb. 140 bis 143). Vier Monate hindurch hielten sich unsere tapferen Kriegsschiffe auf fernen Meeren ohne Flottenstützpunkte, Kohlenstationen, Munitionszufuhr und Kabelverbindung, trotz der Verfolgung von etwa 40 englischen und japanischen Kriegsschiffen. Am 8. Dezember stellte das gewaltige feindliche Geschwader die deutschen Kreuzer in der Nähe der Falklandinseln an der Ostküste Amerikas. Das Flaggschiff des Vizeadmirals Grafen von Spee "Scharnhorst" eröffnete das Feuer, besonders auf den Dreadnougth Invincible, der bedeutenden Schaden erlitt. Die Gneisenau war plötzlich wegen Munitionsmangels zum Einstellen des Feuers gezwungen. Und nun gelang es der vielfachen Übermacht endlich, die Geschütze der Deutschen nach etwa achtstündigem Kampfe zum Schweigen zu bringen. Dennoch weigerte sich der deutsche Befehlshaber der Ergebung. Die Scharnhorst feuerte bis zum Untergang. Die Leipzig sank – völlig in Feuerdampf gehüllt – im Duell mit der Glasgow. Heldenhaft wie sein Leben war, ging der ritterliche Graf von Spee in den Tod. Erst nach Wochen gestanden die Feinde gezwungenermaßen die Schläge ein, die ihre eigene Flotte in diesem ungleichen Kampfe erlitten hat.

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Der 16. Dezember war für die deutsche Marine wieder ein überaus erfolgreicher Tag (Abb. 155 bis 158). Längst war der Beweis erbracht worden von Englands Unfähigkeit, wenigstens im Kanal die Seehoheit aufrecht zu erhalten. Immer wieder wurde im feindlichen Ausland Klage geführt über die Verwegenheit deutscher Unterseeboote, bis Dover und Le Havre vorzudringen und die Seesicherheit unmittelbar vor den Augen des Feindes aufs schwerste zu gefährden. Bei der Beschießung von Schiffen auf der Höhe von Yarmouth fielen wohl Granaten auch auf die feindliche Küste und verbreiteten ein Fieber von Schrecken. Aber der 16. Dezember brachte einen vollen Erfolg mit einem Vorstoß gegen die englische Küste und der Beschießung der befestigten Küstenplätze Scarborough und Hartlepool, sowie die Zerstörung der Küstenwacht und Signalstation in Whitby. Bei Annäherung an die englische Küste wurden unsere Kreuzer bei unsichtigem Wetter durch vier englische Torpedobootszerstörer erfolglos angegriffen; einer derselben wurde vernichtet, ein anderer kam in schwer beschädigtem Zustand aus Sicht. Die deutschen Kriegsschiffe fuhren in die Bucht ein und näherten sich dem Pier mehr, als es, soweit man sich erinnern kann, ein Kriegsschiff je getan hat. Die Artillerie der Festungswerke erwiderte das Feuer unserer Schiffsgeschütze erfolglos; einige Treffer richteten keinen Schaden an.

Eine furchtbare Panik erfaßte die Bevölkerung; Tausende strömten notdürftig bekleidet entsetzt auf die Straßen, Tausende drängten zur Eisenbahnstation, um in wilder Flucht das Innere des Landes zu erreichen aus Furcht vor einer Invasionsarmee. Die Gasanstalt und Wasserwerke, Eisenbahnen und [18] zahlreiche Gebäude wurden in der einstündigen Beschießung vernichtet, mehrere Brände ließen sich vom Schiff aus wahrnehmen. Zahlreiche Menschenverluste wurden dem Gegner beigebracht. Inzwischen herbeigerufenen englischen Kriegsschiffen gelang es nicht, der deutschen Flotille den Rückweg abzuschneiden.

Die Beschießung der englischen Küste am hellen Tage versetzte London und ganz England in die größte Bestürzung und erschütterte das Vertrauen auf die eigene Flotte und ihre Führer. Man spürte den alten Seeruhm versinken und begann, für das Festland zu zittern. Der englische Marineminister Churchill brauchte nun nicht mehr "die Ratten aus ihren Löchern herausgraben"; sie kamen von selbst. Unter den Augen der englischen Flotte erdröhnte der Boden Englands von deutschen Granaten. Hier, wo England keine Mietlinge hat, die sich für seine Interessen aufopfern müssen, wo es auf sich selbst steht, versagt es völlig und muß die schimpfliche Demütigung wehrlos erdulden. Unsere junge Flotte vermochte England ins Herz zu treffen, die weltbeherrschende Macht in die Verteidigung zu drängen.

Die wachsende Mißstimmung im Lande zu besänftigen, verlorenes Ansehen wieder zu gewinnen, war wohl am Weihnachtstag die Absicht eines englischen Vorstoßes gegen die deutsche Nordseeküste. Der schwächliche Versuch, Rache zu nehmen für Scarborough, scheiterte gänzlich und für die Angreifer verlustreich. Auf ihre Wasserflugzeuge hatten die Engländer große Hoffnungen gesetzt. Mit ihnen gingen sie gegen unsere Flußmündungen vor und warfen hierbei gegen vor Anker liegende Schiffe und einen in der Nähe von Kuxhaven liegenden Gasbehälter Bomben ab, ohne zu treffen und Schaden anzurichten. Unter Feuer genommen, zogen sich die Flüchtlinge in westlicher Richtung zurück, nachdem mehrere vernichtet waren. Für die englische Flotte begann das neue Jahr [Scriptorium merkt an: 1915] mit einem schweren Verlust. Amtlich mußte gemeldet werden, daß das Linienschiff Formidable im Kanal gesunken sei, von einem deutschen Unterseeboot torpediert.


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Von großem Erfolge waren verschiedene deutsche Fliegerfahrten nach England (Abb. 159 bis 175). Dem fortgeschrittenen Flugwesen kommt in dem gegenwärtigen Weltkrieg auf allen Kriegsschauplätzen eine große Bedeutung zu. Ohne Zweifel gab es eine Zeit, in der die Franzosen diese neue Waffe mit größter Vollkommenheit beherrschten. Merkwürdigerweise hat der gegenwärtige Krieg den Beweis erbracht, daß wir auch auf diesem Gebiete die Überlegenheit an uns gebracht haben. Unsere Ballons und Luftschiffe erkunden des Gegners Stellung, signalisieren sie zur Heeresleitung und sind mit Schußwaffen gegen feindlichen Fliegerangriff geschützt. Unsere Flugzeuge – der Typ der lenkbaren Zeppelinluftschiffe ist bei den Feinden überhaupt nicht vorhanden – beunruhigen Paris und Frankreichs große Städte und werfen Kundgebungen in die durch Bombenwurf entsetzten Bewohner. Bald wurde auch der Kanal überflogen. Als erster erschien Leutnant Caspar (Abb. 173) über Dover und warf Bomben nieder, die Zerstörungen anrichteten und großen Schrecken verbreiteten. Hernach führte der Wagemut unserer Flieger verschiedentlich zu kurzem Besuch über den Kanal. Es gelang aber nicht, sie erfolgreich zu beschießen, und glücklich kehrten die wackeren Helden wieder in ihre Stationen zurück. Ein Besuch unserer Luftflotte überraschte die Engländer am 10. Januar. Ein Geschwader von 16 Flugzeugen erschien an der Themse- [19] mündung, folgte der englischen Südküste, warf erst bei Dover, dann auf französischem Boden in Dünkirchen Bomben ab, die großen Schaden anrichteten und kehrte dann unversehrt zurück. Einen mutigen Angriff gegen die englische Ostküste unternahm in der Nacht vom 19. zum 20. Januar ein Geschwader von Zeppelinluftschiffen. Große Zerstörungen richteten die Bomben an, die auf Yarmouth, Cromer, Sandringham und Kings-Linn niedergeworfen wurden. Eine große Erschütterung ging durch alle Bevölkerungsschichten Englands, die nun die Schrecken eines aus Neid und Geldgier heraufbeschworenen Krieges, unter dem es bisher andere leiden ließ, am eigenen Leibe erfuhren.


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Ein für England wenig ruhmreiches Seegefecht in der Nordsee fand am 24. Januar statt. Bei einem Vorstoß unserer Panzerkreuzer Seydlitz, Derfflinger, Moltke, Blücher, 4 kleiner Kreuzer und mehrerer Torpedoboote entwickelte sich ein Gefecht mit fünf Schlachtkreuzern: Lion, Tiger, Prinzeß Royal, Neu-Seeland und Indomitable und 26 Torpedobootszerstörern. Es kam zu einem mörderischen Granatenwechsel, dem auf unserer Seite "Blücher" zum Opfer fiel. Trotz der Überlegenheit der englischen Schiffe an Zahl und Bestückung waren die zuerst verheimlichten Verluste der Engländer weit größere. Der Schlachtkreuzer Tiger sank, mehrere Kriegsschiffe mußten mit zerschossenem Schornstein und anderen schweren Beschädigungen in den Hafen geschleppt werden. Die Engländer brachen denn auch nach drei Stunden, 70 Seemeilen von Helgoland, das Gefecht ab; einen wirklichen Einsatz wollten sie nicht wagen, dafür bedient sich England seiner Bundesgenossen!


4. Heldenkämpfe unserer Bundesgenossen

Die kriegerischen Maßnahmen auf dem östlichen Kriegsschauplatz geben einen starken Beweis der brüderlichen Einmütigkeit Deutschlands und Österreich-Ungarns! Schulter an Schulter stehen in treuester Waffenbrüderschaft die Söhne der beiden Monarchien gegen denselben Feind! (Abb. 179 bis 182.) Jeder Erfolg der deutschen Strategie schwächt den Druck des Feindes auf die Stellung der Österreicher und Ungarn, wie jeder Vorstoß auf dem galizischen und südpolnischen Kriegsschauplatz unseren Linien die Bewegungs- und Schlagkraft stärkt! In täglich wachsendem Maße greifen die Operationen gleich einem Uhrwerk ineinander; es ist, als ob ein hoher Wille die vielgestaltigen Millionenheere der auf Tod und Leben verbündeten Länder führe.


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Als am 11. Oktober vergangenen Jahres der Entsatz von Przemysl erfolgte und die russische Armee sich fluchtartig unter Verlust von 50 000 Mann über den San zurückziehen mußte, benutzten unsere Verbündeten den glänzenden Erfolg zu einer entschiedenen Verfolgung der gegnerischen Streitkräfte, so daß der Feind Lemberg freigeben und nach und nach zur Räumung Galiziens schreiten mußte.


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Mitte November zogen aber die Russen gegen Galizien und Ungarn ein Heer zusammen, das mit seinen geradezu erdrückenden Massen der österreichischen Heeresleitung einen strategischen Rückzug aufnötigte. Mit beispielloser Kaltblütigkeit löste sich das österreichisch-ungarische Heer von [20] einem Feind, der nur langsam zu folgen vermochte und die geordnete Mitnahme des ganzen und völlig ungeschädigten Trains dulden mußte. Indes sich die Truppen – ähnlich wie die Hindenburgs – zu einer neuen Aufstellung ordneten, drangen die russischen Horden wie eine vernichtende Woge über San und Dunajek durch Galizien, über die Pässe der Karpathen in die ungarischen nördlichen Komitate und in die Bukowina und brachten Verwüstung und Schrecken in die vom Krieg heimgesuchten Gegenden. Die Festung Przemysl gelangte am 10. November zu einer neuen Einschließung. Freilich erlahmte nicht im geringsten die Offensivkraft unserer Bundesgenossen. Schon am 13. November schlug eine aus Przemysl ausfallende Armee die Russen und drängte sie zurück. Die Angriffslust der Besatzung von Przemysl bewährte sich dann wieder glänzend am 20. November durch das Zurückwerfen der Belagerer von der West- und Südfront der Festung, so daß sie außerhalb des Schußbereichs sich zu halten gezwungen wurden.


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Die Siege der deutschen Armee bei Kutno brachten den russischen Druck gegen unsere Bundesgenossen soweit zum Nachlassen, daß es ihnen gelang, unter verzweifelten, wahrhaft heroischen Kämpfen die Russen aus den ungarischen Komitaten Ung und Zemplin zu werfen und bis Ende November in den Karpathenpässen den Russen furchtbare und blutige Niederlagen beizubringen (Abb. 179 bis 200). Die Vernichtungskraft der bekannten schweren österreichischen Geschütze erwies sich wiederum als wahrhaft mörderisch. Die gewaltigen Novemberschlachten in Russisch-Polen, die bei der Ungunst des Winterwetters große Anforderungen an den soldatischen Geist der Truppen stellten, führten denn auch zu einer großen und blutigen Schwächung des ergrimmt kämpfenden Feindes. Die ersten Dezembertage krönen die gewaltige Kraftanstrengung unserer Waffenbrüder durch den herrlichen Sieg bei Limanowa (Abb. 201 und 202), der das Signal zu einem allgemeinen Rückzug der Russen aus den westlichen Karpathen gibt, der neben wertvollem Kriegsmaterial 30 000 Gefangene in die Hände des Siegers bringt. Am 16. Dezember stürmen unsere Verbündeten Petrikau, müssen aber gegen ein Massenaufgebot neuer russischer Streitkräfte Ende Dezember wieder etwas zurückgehen, doch es gelingt ihnen, den Lupkowpaß gegen die Russen zu halten.

Ausdauernde Bemühungen des Feindes, die Front zu durchbrechen, scheiterten verlustreich im Feuer unserer Verbündeten. Die Schlachten bei Gorlice zu Anfang Januar sicherten den Österreichern feste Vorteile (Abb. 203 bis 205). Kühne Unternehmungen der Russen in einsamen Seitentälern der Karpathen führten zu keinem Erfolg. An der Weichsel versagte die Offensivkraft des Gegners völlig; an der Nida wurden Mitte Januar russische Vorstöße bei ungünstiger Witterung kräftig und unter starken Verlusten für den Gegner zurückgewiesen. Am 17. Januar drängten die Österreicher am Dunajek nach voraufgegangenem Artilleriefeuer auf einer Front von sechs Kilometern den Feind mit solcher Heftigkeit auf die nächsten Höhenlinien zurück, so daß er große Mengen von Kriegsmaterial aufgeben mußte. Im weiteren Vordringen gelang ihnen die Zerstörung der von den Russen angelegten Brücke über den Dunajek. Ende Januar brachen die Vorstöße gegen die Bukowina blutig und verlustreich zusammen und den Russen wurde Kirlibaba und die umliegenden Höhen wieder entrissen. Am 27. Januar gelangte einer der wichtigsten Karpathenpässe, [21] der Uszoker, um den wochenlang das erbittertste Ringen stattfand, nach dreitägigen Kämpfen in die Hände unserer Verbündeten zurück, wodurch ein weiterer kräftiger Vorstoß gegen die Russen ermöglicht wurde.

Wechselndes Kriegsglück war unseren Bundesgenossen gegen Serbien beschieden, dessen unzugängliche Gebirge besonders in den Wintermonaten große Schwierigkeiten boten und größere kriegerische Maßnahmen in einem durch das Gelände bedingten Kleinkrieg erstickten. Die gewaltige Kraftaufbietung gegen Rußland duldete zudem keine Zersplitterung der Streitmacht. Gelang es dennoch den mit wahrem Löwenmut unter Führung des energischen Feldmarschalls Potiorek (Abb. 179) fechtenden Truppen, die Serben in mörderischer Offensive Schlag auf Schlag zu treffen, zurückzudrängen und zum 2. Dezember das bezwungene Belgrad dem vielgeliebten Herrscher zur 66. Wiederkehr seines Krönungstages zu Füßen zu legen (Abb. 183 bis 185), so konnte es doch nicht gelingen, diese glänzenden Erfolge gegen das neu ausholende, mit dem Mut der Verzweiflung kämpfende serbische Heer zu halten (Abb. 186 bis 193). Neue Vorstöße der Serben gegen die wenigen zur Verfügung stehenden österreichisch-ungarischen Truppen machten eine Zurücknahme der Streitkräfte notwendig, die unter dem Oberbefehl des Erzherzogs Eugen von Österreich (Abb. 180) sich zu einer neuen Offensive stärkten und ordneten. Der militärische Zusammenbruch Serbiens, das natürlich gegen die unzersplitterte Kraft der Donaumonarchie entferntestens nicht aufzukommen vermag, ist damit freilich nur aufgeschoben (Abb. 206 bis 209). In einem hinhaltenden Krieg wahren die Verbündeten vorläufig eisern ihre Grenzstellungen.


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Einen neuen Zug brachte die Erhebung der islamitischen Welt in die gewaltige Kriegsentladung. Im Jahre 1889 knüpfte Kaiser Wilhelm II. kurz nach seiner Thronbesteigung durch einen Besuch in Konstantinopel das Freundschaftsbündnis zwischen Deutschland und der Türkei, das durch eine Wiederholung seines Besuchs im Jahrs 1898 neue Festigung erfuhr. Das Kaiserliche Gelöbnis am Grabe Saladins: "Die dreihundert Millionen Mohammedaner, die auf der Erde verstreut sind, mögen besten versichert sein, daß ewig der Deutsche Kaiser ihr Freund sein wird", fand ein freudiges Echo im Herzen aller Moslemin. Des Kaisers Reise durch den Orient glich einem Triumphzug; deutscher Gesinnung und deutschem Geiste blieben nicht nur am Goldenen Horn, sondern in der gesamten islamitischen Welt die Tore geöffnet. Orientreisende, die in den letzten Jahrzehnten die verschiedenen Provinzen der Türkei durchwanderten, berichten, daß dort "die Eigenschaft ein Deutscher zu sein, zum ungeschriebenen Geleitbrief" geworden ist. Deutsche Instruktoren kamen ins Land, Freiherr von der Goltz, der gegenwärtig wieder als Vertreter des Kaisers in Konstantinopel weilt, und Liman Sanders. Die deutschen Botschafter Freiherr von Bieberstein und hernach Freiherr von Wangenheim befestigten in klugem diplomatischen Dienst die Freundschaft der beiden Völker, die in natürlicher Interessengemeinschaft fest begründet ist (Abb. 210, 211, 214 und 215). Die Türkei erblickte seit Jahrhunderten in Rußland den geschichtlichen Feind, dessen Streben seit altersher auf den Besitz Konstantinopels und die Beherrschung der Dardanellen gerichtet ist, besonders wieder, seit nach der Niederlage im Russisch-Japanischen Krieg, die Ausdehnungsmöglichkeit Rußlands nach Ostasien hin ein Hemmnis erfuhr. Aufs neue mußte sich die Türkei in ihrer Großmachtstellung bedroht [22] sehen, als England zu Beginn des Weltkrieges schon bezahlte türkische Kriegsschiffe, die noch in englischen Docks lagen, in eigene Dienste nahm, als es Protest erhob gegen den Ankauf der deutschen Schiffe Breslau und Goeben, als es klar wurde, daß die englische Marinemission unter schwerem Vertrauensbruch das Emporblühen der türkischen Marine unterbunden hat, als es 14 000 Mann am Suezkanal unter Neutralitätsverletzung zusammenzog, als endlich Rußlands Kriegsschiffe angreifend im Schwarzen Meer gegen türkische Schiffe vorgingen.


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Seit Beginn des Krieges hat es die Türkei an einer entschiedenen Sprache nicht fehlen lassen. Durch Abschaffung der Kapitulationen und Sperrung der Dardanellen gab sie den Willen zur Selbstbehauptung nachdrücklichst kund. Die Mißachtung türkischer Proteste veranlaßte dann den Großsultan der Türkei, Mohammed V. (Abb. 212 und 213), alle Moslemin zum Heiligen Krieg aufzurufen, ein Alarm, der in wenigen Wochen den begeistertsten Widerhall unter allen Gläubigen fand (Abb. 216 bis 235). Während die Türkei in den letzten Oktobertagen zu den ersten Kriegshandlungen schritt, Feodosia, Sebastopol und Odessa angriff, russische Kriegsschiffe beschoß, Handelsschiffe versenkte, die Russen bei Karaklisa und Ischan im Kaukasus schlug, ihr Heer die ägyptische Grenze überschritt und mit Hilfe der Senussi und Beduinen befestigte ägyptische Städte nahm, flammte im ganzen Orient der Heilige Krieg auf.

Am 18. November muß sich die russische Flotte vor der türkischen in den Hafen von Sebastopol fluchtartig zurückziehen. Anfang Dezember dringen die Türken zu Wasser und zu Lande gegen Batum vor, das am 10. Dezember in Brand geschossen wird; 50 000 russische Islamiten gehen zur türkischen Fahne über (Abb. 220 und 221).


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Ende Dezember rücken die Türken mit persischer Unterstützung gegen Aserbeidschan vor, am 3. Januar liefern sie den Russen im Kaukasus bei Sarikamisch eine erfolgreiche Schlacht und nehmen Ardakan. Ein russischer Landungsversuch bei Jaffa wurde durch Küstenfeuer verhindert. Am 6. Januar wird Urmia, am 8. Kotur besetzt, am 14. Täbris. Häufige Versuche der feindlichen Flotte, den Weg durch die Straße der Dardanellen zu erzwingen, scheiterten stets; das französische Unterseeboot Saphir wurde dabei zum Sinken gebracht. Auf dem Wege zum Suezkanal erlitten englische Truppen verschiedentlich schwere Niederlagen, der Versuch des englischen Kreuzers Doris, in Alexandrette in Syrien zu landen, scheiterte im Feuer türkischer Küstenwachen (Abb. 232 bis 234).


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Während die Islamiten die italienischen Besitzungen ausdrücklich anerkannten, erhoben sie sich in den Kolonien der Feinde wie ein Mann. Besonders erfolgreich war der Aufstand in Marokko (Abb. 235), durch den die wichtigsten Plätze der französischen Herrschaft streitig gemacht wurden.


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Heute sind die Wirkungen des Heiligen Krieges, der immer neue Flammen emporschlagen läßt, noch keineswegs abzuschätzen. Jedenfalls aber kann Deutschland mit stolzer und freudigster Anteilnahme auf die Heldenkämpfe seiner Bundesgenossen blicken. Ihr aller Schwert wird mithelfen, der Welt den Frieden zu erzwingen!

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Um Vaterland und Freiheit.
Wirklichkeitsaufnahmen aus dem großen Kriege.