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Unser Kampf in Polen. Die 
Vorgeschichte - Strategische Einführung - Politische und kriegerische Dokumente


Polens kulturelle Entwicklung

von Gerhard Sappok

Wie nur im Leben weniger Völker haben gerade in Polen Landschaft und Hinordnung zum Raum die politische und kulturelle Entwicklung des Landes bestimmen helfen. Fast nach allen Richtungen hin ohne klare natürliche Grenzen waren und blieben die Polen das, was schon ihr Name (von "pole" = das Feld, die Ebene kommend) treffend zum Ausdruck bringt: ein Volk der Ebene, und zwar jener grenzenlosen Ebene, die das Land frei und geöffnet ließ für Einwirkungen und kulturelle Einflüsse aller Art. Man hat mit Recht diese Mittelstellung Polens zwischen Ost und West als sein eigentümliches Schicksal bezeichnet. Auch für die kulturelle Entwicklung Polens ist diese Mittellage von entscheidender Bedeutung geworden. In dieser Hinsicht kommt vor allem einem Ereignis aus der frühen polnischen Geschichte weittragende Bedeutung zu: der erste uns bekannte Herrscher Polens, Herzog Dago-Misaka, trat 966 zum weströmischen Christentum über. Im Gegensatz zu den meisten anderen slawischen Völkern war dadurch die Zuordnung der Polen zum westeuropäischen Kulturbereich vollzogen und die Absage an Byzanz und die oströmische Welt für immer ausgesprochen. Aber dieser erste Schritt zum Anschluß an den Westen wäre wohl ohne größere Bedeutung geblieben, wenn ihm nicht in stetiger Folge jene zähe Kulturarbeit gefolgt wäre, durch die erst die volle Einbeziehung Polens in den Blutkreislauf der europäischen Kultur erreicht worden ist. Übersieht man einmal jene vielgestaltigen Kräfte, die vom Westen her als Kulturträger in Polen tätig waren, so ergibt sich im ganzen, daß der Hauptanteil an dieser kulturellen Arbeit ganz unstreitig deutschen Aufbaukräften zuzuschreiben ist. Freilich haben im Laufe der Jahrhunderte auch Italien und Frankreich aus ihren reichen Kulturen beispielgebend auf das kulturelle Leben Polens eingewirkt. Aber gerade auf den entscheidendsten Gebieten und auf den schwierigsten Wegstrecken sind es immer wieder gerade Deutsche gewesen, die der europäischen Kultur in diesem Lande zu Geltung, Ansehen und Verbreitung geholfen haben.

In ganz besonderem Maße gilt dies zunächst von jenem Vorgang, durch den Polen der europäischen Kultur angeschlossen worden ist, nämlich von der Christianisierung des Landes. Nicht nur der äußere Anstoß zur Annahme des Christentums, sondern auch Durchführung und Organisation der Kirche hat Polen deutschen Kaisern und deutschen Missionaren zu verdanken. Wahrscheinlich auf persönliche Veranlassung Kaiser Ottos I. entstand 968 in Posen das erste Bistum für Polen. Einige Jahrzehnte später, im Jahre 1000, erschien Kaiser Otto III. in Gnesen und errichtete hier am Grabe des hl. Adalbert das erste Erzbistum für ganz Polen, wodurch das neubekehrte Land den ersten kirchenorganisatorischen Mittelpunkt erhielt. Auch die Missionsarbeit selbst wurde zum größten Teil von deutschen Missionaren durchgeführt. Hierfür spricht die Tatsache, daß sich zahlreiche Ausdrücke aus dem Bereich des kirchlichen Lebens in der heutigen polnischen Sprache auf einen deutschen Sprachstamm zurückführen lassen, wie z.B. die Worte klasztor (Kloster), opat (Abt), msza (Messe), biskup (Bischof) u.a. Wie sehr diese unerschrockene Missionierungsarbeit der deutschen Mönche in Polen selbst geschätzt war, wird aus jenem Brief deutlich, in dem der polnische Herzog Boleslaus II. den Bischof Otto von Bamberg zur Übernahme der Missionsarbeit im Osten einlud. Darin betont der Herzog ausdrücklich: "Siehe, seit drei Jahren mühe ich mich, weil ich keinen der geeigneten und mir bekannten Bischöfe und Priester zu diesem Werk zu bewegen vermag."

Nach den Missionaren waren es die deutschen Bauern, Bürger und Kaufleute, die im Zuge der im 12. Jahrhundert machtvoll einsetzenden deutschen Ostbewegung wertvolles deutsches Kulturgut in Polen eingepflanzt und zur Blüte gebracht haben. Bauern und Bürger entwickelten ihre Tätigkeit auf der Grundlage des deutschen Rechts, das die deutschen Ansiedler von den Härten des polnischen Rechts schützte und ihnen ausdrücklich die Möglichkeit sicherte, die von ihnen angelegten Dörfer und Städte in eigene Verwaltung zu nehmen, wodurch ja überhaupt erst das Fortbestehen und Aufblühen der nach harter Rodearbeit geschaffenen Siedlungen gesichert wurden. Man kann daher die Bedeutung des deutschen Rechts, das nach seinem Ursprungsort als "Magdeburger Recht" oder in Abwandlungen "Lübecker" oder "Culmer" Recht bezeichnet wurde, für die Kulturausbreitung im Osten nicht hoch genug einschätzen. Wie angesehen und begehrt die aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repkow und dem Gewohnheitsrecht der Stadt Magdeburg erschlossenen Rechtssätze im Osten waren, zeigt die außerordentlich weite Verbreitung des deutschen Rechts im Osten und die lange Dauer seiner Gültigkeit. Nachdem es im Laufe des Mittelalters in ganz Polen bekannt geworden war, erschienen bald auch Übersetzungen in ukrainischer und großrussischer Sprache, die den Geltungsbereich weit über das deutsche Siedlungsgebiet hinaus erweiterten. Rein zeitlich war die Wirksamkeit des deutschen Stadtrechts so weitreichend, daß es in Polen erst auf dem Reichstag von 1791 aufgehoben wurde, in Kiew durch einen besonderen kaiserlichen Ukas sogar erst im Jahre 1831.

Den äußerlichen Anlaß zum Aufbruch nach dem Osten gaben dem deutschen Siedler jene Aufrufe der geistlichen und weltlichen Grundherren, die durch einen Vermittler, Locator genannt, geeignete Siedlerfamilien anwerben ließen, um diesen dann gegen große rechtliche Vergüstigungen die Rodungsarbeit in den bewaldeten oder versumpften Landschaften Polens zu übertragen. Diese eifrige und mühsame Rodungsarbeit der deutschen Ansiedler, die von der einheimischen Bevölkerung in Galizien geradezu als "glucho-niemcy", als Dickicht-Deutsche, bezeichnet wurden, hat das Kultur- und Landschaftsbild Polens von Grund auf umgestaltet und das Land selbst bald zu einem blühenden und ertragreichen Wirtschaftsgebiet werden lassen. Der stets zunehmende Aufschwung fand seinen sichtbaren Ausdruck vor allem in den zahlreichen Städten, die hier nach deutschem Recht angelegt wurden und in denen deutsche Bürger-, Handwerker- und Kaufmannsfamilien Kultur, Wirtschaft und Handel zur Blüte brachten. Es sei hier nur kurz darauf hingewiesen, daß z.B. in Großpolen, d.i. im wesentlichen im Gebiet unserer früheren Provinz Posen, bis zum Jahre 1500 allein 153 Städte mit deutschem Recht begabt worden waren. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts beginnend, hat die städtische deutsche Siedlung bald ganz Polen durchdrungen. Nachdem 1237 die Weichselstädte Leslau und Plotzk gegründet worden waren, erhielten Posen 1253, Krakau 1257, Gnesen 1262 deutsches Recht. Um 1300 hatte diese Bewegung bereits auch auf die Ostgebiete übergegriffen: um 1300 war Lemberg, 1317 Lublin "nach deutschem Recht" angelegt worden, vor 1334 hat Warschau, 1387 hat Wilna deutsches Recht erhalten. Im ganzen gesehen haben also sämtliche wichtigen Städte Polens ihren Ursprung dem Siegeslauf des deutschen Rechts, der Tatkraft deutscher Bürger und deutscher Kaufleute zu verdanken. Bis auf den heutigen Tag haben viele Städte in Polen die einstige Anlage, heute meist als "Altstadt" bezeichnet, bewahrt: nahezu in der Mitte dieser Altstadt lag der Ring mit dem Rathaus, von dessen Ecken die Hauptverkehrsstraßen zu den Stadttoren führten. Das ganze war umschlossen von einem Mauerkranz, der wieder durch Wacht- und Tortürme verstärkt war. Am klarsten hat sich diese alte Anlage noch in Krakau und Warschau erhalten. Wenn auch das zunehmende Ausdehnungsbedürfnis der modernen Großstädte den alten Mauerring zum größten Teil gesprengt hat, so sind doch noch zahlreiche alte Patrizierhäuser erhalten geblieben, so z.B. das Haus der Fugger oder das Haus des deutschen Reeders Burbach in Warschau oder die Tuchhallen in Krakau, in denen einst deutsche Kaufleute die Güter ihrer bis ans Schwarze Meer reichenden Handelsbeziehungen feilboten.

Nach den Leistungen des deutschen Missionars, des deutschen Bauern, Bürgers und Kaufherren erfuhr die kulturelle Entwicklung Polens ihren Höhepunkt und ihren bekrönenden Abschluß durch den deutschen Künstler. Wohl auf keinem anderen Gebiet lassen sich die Zeugnisse einstiger deutscher Kulturleistungen in Polen noch heute in so eindringlicher Weise erkennen wie gerade im Bereich der Kunst. Überblickt man den Gesamtverlauf der Kunstentwicklung in Polen, so läßt sich sagen, daß neben gelegentlichen französischen und italienischen Einstrahlungen bereits die romanische Kunst stärkstens unter deutschem Einfluß steht, der sich bis Halitsch am Dnjepr ausgedehnt hat, und daß die Kunst der Gotik in Polen ganz ausschließlich deutschen Vorbildern und deutschen Künstlern ihre Entwicklung zu verdanken hat. Auch in der Neuzeit, der Zeit der Renaissance und des Barock, verlieren die deutschen Einflüsse trotz italienischer Einwirkungen und der beginnenden Tätigkeit einheimischer polnischer Künstler nicht ihre Bedeutung und erlangen im Spätbarock, vor allem in Ostpolen, sogar erneut die Führung.

Die Kunst der Gotik hat in Polen auf zwei Wegen Eingang gefunden, von Süddeutschland über Böhmen und Schlesien und von Norden her über das Deutschordensland Preußen. Wie weitreichend und nachhaltig dieses Eindringen gotischer Bauformen in Polen gewesen ist, läßt die Tatsache erkennen, daß schlesische Baumeister in Gnesen und Lemberg am Bau der dortigen Kathedralen mitgearbeitet haben und daß Danziger Bauleute die Johannes-Kathedrale in Warschau errichten halfen. In ganz besonderem Maße hat die Burgenbaukunst des Deutschen Ordens beispielgebend und anregend gewirkt. Noch heute hat sich in Ciechanów (nördlich von Warschau) die Ruine des Schlosses der Herzöge von Masowien erhalten, die ganz dem Vorbild der Ordensburgen folgt. In Warschau selbst wurde kürzlich im Königlichen Schloß, das ursprünglich ebenfalls den masowischen Herzögen als Residenz diente, gut erhaltenes backsteingotisches Mauerwerk aufgedeckt, das zusammen mit dem Turm der kleinen Marienkirche und dem gotischen Masowier-Haus auf dem Ring die einstige Geltung gotischer Kunstformen in dieser Stadt eindringlich bekundet. In weiteren Ausläufern finden sich sodann Burgen im Ordensstil in Troki bei Wilna und in dem weit nach Osten vorgeschobenen Schloß Mir, das, mitten in den unermeßlichen Grenzwäldern des Ostens gelegen, mit seinen mächtigen Türmen und stolzen Mauern wohl das eindrucksvollste Denkmal deutschen Kunstschaffens im Osten darstellt. Ihre reinste und umfassendste Ausprägung hat die Gotik in Polen in Krakau, der alten Königsstadt, gefunden, die im 14. und 15. Jahrhundert eine in ihren führenden Schichten deutsche Stadt gewesen ist. Die süddeutschen Einflüsse, die vor allem von Nürnberg ausgingen, haben die Kultur dieser Stadt so weitgehend beeinflußt, daß man die Stadt geradezu als das "Nürnberg des Ostens" bezeichnet hat. Noch heute mahnen die mächtigen Türme der Marienkirche, die bis ins 16. Jahrhundert hinein als "Kirche der Deutschen" galt, an das einstige Ansehen deutschen Bürgertums in dieser Stadt. In seinem Innern birgt dieses Gotteshaus den weltberühmten Marienaltar des Nürnberger Meisters Veit Stoß, der in 12 langen Jahren (1477-1489) hier dieses Meisterwerk spätgotischer Schnitzkunst geschaffen hat. Neben Veit Stoß war jedoch noch eine ganze Reihe anderer Nürnberger Meister für die polnische Königsstadt tätig: Peter Vischer lieferte Grabplatten, Hans Dürer, der Bruder Albrechts, war hier als Hofmaler tätig, Hans Sues von Kulmbach lieferte große Altäre, die heute gleichfalls die Seitenschiffe der Marienkirche schmücken, Peter Fletner und Pankraz Labenwolf schufen den Silberaltar in der Wawel-Kathedrale.Wie man daraus ersehen kann, waren also in Krakau nicht irgendwelche durchschnittlichen Meister tätig, sondern Männer, die zur Elite deutschen Künstlertums gehörten, versahen die Stadt mit Werken größter Vollendung.

In dieser von starkem kulturellen Leben durchpulsten Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts sind jedoch nicht nur westliche Einflüsse in Polen wirksam gewesen, sondern auch der Osten schickte seine Sendboten in das Land, die hier vor allem auf dem Gebiete der Malerei bis heute kaum verblaßte Spuren hinterlassen haben. Eine ganze Reihe von gotischen Kapellen und Kirchen, so in Krakau, Lublin, Sandomir, sind nach dem Wunsche polnischer Herrscher von russischen Malern ausgeschmückt worden. Das besterhaltenste Beispiel stellt wohl die Basilianerkirche in Suprasl (bei Bialystok) dar, in der das Zusammenwirken der herben Formen der Gotik mit den warmen, weichen Farben des Ostens Bilder von sonst kaum gekanntem Reiz ergibt und in der sich die schicksalhafte Lage Polens zwischen West und Ost eindringlich widerspiegelt.

Auch in den folgenden Jahrhunderten rissen die deutschen Einflüsse nicht ab. In der Zeit der sächsischen Könige sind begreiflicherweise Bauformen des sächsischen Barock auch in Polen zur Geltung gekommen, die in besonderer Weise vor allem die neuere Hauptstadt Polens, Warschau, mitgestaltet haben. Ein bisher wenig beachtetes Beispiel dieses sächsischen Einflusses stellt das Schloß Radzyn (östlich von Warschau) dar, dem noch weitere Bauten im Lande selbst an die Seite gestellt werden können. Sodann zeigen sich starke deutsche Einflüsse in den Barockbauten der östlichen Landschaften um Wilna, am Bug und in der Lemberger Gegend. Wie wir nun auf Grund neuester Forschungen wissen, hatten in allen drei Gebieten deutsche Barockarchitekten die Führung: in Wilna hat um die Mitte des 18. Jahrhunderts Johann Christoph Glaubitz einen überragenden Einfluß ausgeübt. Der Schöpfer der prächtigen Bauten des sogenannten Bug-Barock, so vor allem in Chelm, Wlodawa und Lubartów war Thomas Rößler, dessen Einfluß wohl auch jene Barockkirche in Drohiczyn am Bug ihre Entstehung verdankt, die mit ihrer schön geschwungenen Fassade weiß und leuchtend in das Tal des Bug hineinstrahlt. Im Lemberger Gebiet hat der deutsche Meister Bernhard Merderer Großleistungen deutscher Barockarchitektur vollbracht. Neben der St. Georgs-Kathedrale in Lemberg selbst, die von einem Hügel herab das gesamte Stadtbild beherrscht, verdient vor allem der Rathausbau von Buczacz Erwähnung, dessen Dach von Sandsteinplastiken gekrönt wird, die ebenfalls einem Deutschen, W. Pinsel, ihre Entstehung verdanken. Aus der gleichen Epoche stammt sodann das berühmte Wallfahrtskloster Poczajów (nordöstlich von Lemberg), das in seiner Lage und Gestalt nur noch mit dem Kloster Melk an der Donau verglichen werden kann. Der Schöpfer dieses überragenden Kunstwerkes hier auf weit in den Osten vorgeschobenem Posten war ebenfalls ein Deutscher, der Baumeister Gottfried Hoffmann aus Breslau.

Die gleiche Feststellung von der Vorherrschaft des deutschen Einflusses trifft auch auf einem bisher wenig unter diesem Gesichtspunkt betrachteten Gebiet zu, nämlich auf dem der Musik. Es sei hier nur kurz darauf hingewiesen, daß zu der gleichen Zeit, in der Krakau Veit Stoß, den größten deutschen Spätgotiker in seinen Mauern beherbergte, hier auch der berühmteste deutsche Tonmeister dieser Zeit, Heinrich Finck, tätig war. Ferner sei erwähnt, daß auch J. J. Quantz, der aus Hannover stammte und als Flötenlehrer des späteren Königs Friedrich II. Berühmtheit erlangte, vorher 20 Jahre lang in der von den Polenkönigen aus sächsischem Hause unterhaltenen "Königlichen polnischen Kapelle" tätig war. Umgekehrt hat für das Bekanntwerden der polnischen Musik in Westeuropa keiner so entscheidend gewirkt wie Georg Philipp Telemann, der als Hofkapellmeister des Grafen Promnitz von Schlesien aus wiederholt Polen besucht hat. Begeistert von dem Melodienreichtum der polnischen Volkslieder und Tänze, die nach seinem Urteil "die ganze Welt zum Springen bringen können", wurde er einer der erfolgreichsten Vermittler polnischer Musik an die Kulturwelt des Westens, die vordem von der Eigenart polnischer Musik kaum Kenntnis hatte. "Der Siegeslauf der polnischen Tanzformen, vor allem der Polonaise, ist der Weltgeltung Telemanns zuzuschreiben." (A. Klose.)

Für die moderne Musikentwicklung in Polen wurde ebenfalls das Schaffen eines Deutschen von ausschlaggebender Bedeutung; es ist eine bisher wenig beachtete Tatsache, daß die beiden größten modernen polnischen Komponisten, Fr. Chopin und St. Moniuszko, einen Deutschen zu ihrem Lehrer gehabt haben, nämlich Josef Elsner aus Grottkau in Oberschlesien. Schon die jungen Musiker, die von Elsner am Warschauer Konservatorium unterrichtet worden sind, haben in den Ring, den sie dem verehrten Lehrer im Jahre 1820 überreichten, die Worte einschreiben lassen: "Dem Schöpfer der polnischen Musik!" Den gleichen Titel haben ihm aber auch diejenigen polnischen Forscher zuerkannt, die sich in neuester Zeit mit der Wirkung dieser Persönlichkeit im Polen des 19. Jahrhunderts und ihren Nachwirkungen auf die heute noch lebende Musikergeneration Polens beschäftigt haben. Es genügt hier, die Sätze anzuführen, in denen der polnische Gelehrte J. Hoesick die Bedeutung Elsners zusammenfaßt und die in deutscher Übersetzung lauten: "Vor dem Jahre 1799, in dem Elsner nach Warschau kam, war alles, was zum Ruhme der Vertreterin der Tonkunst unter den Musen geschehen ist, eine mehr oder weniger glückliche Vorstufe zu der wirklich nationalen polnischen Musik, deren hervorragendste Vertreter Chopin und Moniuszko wurden und deren würdige Vertreter in der Jetztzeit Zelenski, Noskowski, Münchheimer, Stojowski, Melzer und, der berühmteste unter ihnen, der 'Klavierkönig' Paderewski sind. Sie nehmen alle wie Flüsse aus einem Urquell ihren Anfang von Elsner."


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