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Vorwort

Als im Mai 1919 den deutschen Delegierten die Friedensbedingungen mitgeteilt wurden, die das Gegenteil des zugesagten Rechtsfriedens enthielten und u. a. den Verzicht Deutschlands auf seine sämtlichen Kolonien forderten, ist eine umfassende Antwort der deutschen Delegation erfolgt, in der neben den anderen als unannehmbar erachteten Punkten auch die Kolonialfrage eingehend behandelt wurde. Es wurde darin die unbedingte Notwendigkeit der Beibehaltung des Kolonialbesitzes betont unter Hinweis auf den unlöslichen Widerspruch, in dem die Forderung der Alliierten mit der vereinbarten Friedensgrundlage des Punktes 5 der Wilsonschen 14 Punkte stand, und unter Hervorhebung der großen deutschen Leistungen in den Kolonien. Darauf folgten jene berüchtigten beiden Noten der Alliierten vom 16. Juni 1919 voller falscher Anschuldigungen gegen Deutschland betreffend die ihm aufgebürdete Kriegsschuld einerseits und betreffend seine angebliche koloniale Unfähigkeit und Unwürdigkeit andererseits, endigend mit dem Ultimatum der Annahme der Friedensbedingungen, widrigenfalls der Krieg wieder aufgenommen werden würde. Diese Noten enthielten in bezug auf die deutschen Kolonien [4] noch einige andere Ausführungen, welche den Wert derselben für Deutschland als gering hinzustellen suchten. Die Widerlegung von deutscher Seite fand kein Gehör. Deutschland sah sich gezwungen, bei Ablauf des Ultimatums den Diktatfrieden anzunehmen, einschließlich des Artikels 119, welcher den Verlust aller Rechte und Ansprüche Deutschlands bezüglich seiner überseeischen Besitzungen zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte enthielt.

Seither sind die gegen die deutsche Kolonisation erhobenen Beschuldigungen durch eine Reihe von Veröffentlichungen und Schriften in eingehendster Weise widerlegt worden. Sie sind auch von den Alliierten indirekt in so weit fallen gelassen worden als bei den Locarno-Verhandlungen im Herbst 1925 Deutschland grundsätzlich das Recht zugestanden ist, Kolonialmandate zu erhalten. Damit ist seine Eignung für die Verwaltung von Kolonialmandaten anerkannt worden, die ihm auf Grund jener Vorwürfe bisher bestritten wurde.

Mit dem Wert der deutschen Kolonien, den die Alliierten in ihrer erwähnten Note herabzusetzen bemüht waren, – im Gegensatz zu englischen Kolonialsachverständigen, von denen z. B. der verstorbene Morel diesen Wert höher als die gesamten Kriegskosten der Alliierten veranschlagte – hat sich gleichfalls eine Reihe deutscher Schriften und Aufsätze beschäftigt. Aber bisher hat es an der Veröffentlichung einer zahlenmäßigen Berechnung gefehlt. Solche sind wiederholt von kolonialsachverständigen Stellen versucht worden. Unter Benutzung dieser vorhandenen Schätzungen gibt nun der Ver- [5] fasser, der bekannte Wirtschafts- und Kolonialpolitiker Dr. Arthur Dix in dem vorliegenden Buche eine Darstellung dessen, was Deutschland an seinen Kolonien verlor.

Es ist sehr schwierig, den Wert solcher Kolonialgebiete in Geld anzugeben. Aus verschiedenen Gründen läßt sich der wirkliche Wert nicht mit Sicherheit feststellen. Es mag nur an die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung, sowohl betr. Besiedlung, Eingeborenenproduktion, Plantagenwirtschaft erinnert werden, die nicht nur von den natürlichen Verhältnissen jener Länder selbst, sondern auch von den Fortschritten der Wissenschaft und Technik in der Heimat abhängen. Man braucht nur an Länder wie Australien oder Kalifornien zu denken, deren wirkliche Entwicklungsfähigkeit erst späteren Generationen als den ersten Kolonisatoren klar geworden sind. Es mag weiter an die Möglichkeit von Mineralfunden erinnert werden, die in solchen noch wenig durchforschten Ländern ja ungleich größer ist als in alten Kulturländern.

Wenn wir jetzt etwa die Summe betrachten, welche seinerzeit für Louisiana gezahlt ist, so erscheint sie uns selbst unter Berücksichtigung des verschiedenen Geldwertes lächerlich gering im Vergleich zu dem Wert, den das Land jetzt darstellt. Ähnlich werden vielleicht auch einer späteren Zeit die in dieser Schrift wiedergegebenen Schätzungen von Kolonialsachverständigen erscheinen, wenn die darin bewerteten Kolonien eine gegenwärtig noch ungeahnte Entwicklung genommen haben werden.

Trotzdem ist es wertvoll, daß hier positive Zahlen wiedergegeben werden, wie sie sich dem schätzenden Blick der Kolonial- [6] sachverständigen auf Grund der vorhandenen und greifbaren Tatsachen darstellen. Es ist nicht zuletzt auch deswegen von Bedeutung, weil im deutschen Volk durchaus noch nicht genügend die Erkenntnis von dem großen Wert der Kolonien durchgedrungen ist. Die Zeit deutscher Kolonisation war zu kurz, und zu wenige von uns sind hinausgekommen in jene gewaltigen Länder mit ihren nur zum kleinsten Teil gehobenen Naturschätzen und ihren noch unübersehbaren Entwicklungsmöglichkeiten. Da wird es manchen Ununterrichteten Aufklärung bringen, wenn sie sehen, wie auch die geringste der in der Schrift wiedergegebenen Schätzungen von kolonialen Sachverständigen sich auf eine beträchtliche Anzahl von Milliarden Goldmark beläuft. So wird die Schrift dazu beitragen, das Verständnis für die große Bedeutung der Wiedererlangung deutschen Kolonialbesitzes zu verbreiten.

Dr. Heinrich Schnee,
Gouverneur z. D.,
Präsident des Arbeitsaus-
schusses deutscher Verbände.
      Dr. Theodor Seitz,
Gouverneur a. D.,
Präsident der Deutschen
Kolonialgesellschaft.

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Was Deutschland an seinen Kolonien verlor
Dr. Arthur Dix