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Volksdeutsche Geistliche als Zeugen

Ähnliche Bilder entrollt Pastor Rakette von Schokken. Er kommt nach der Verhaftung mit 52 anderen Gemeindemitgliedern und Volksgenossen aus Wongrowitz in einen Viehwagen. "Stundenlang ließ man uns in diesem Viehwagen fast ohne jede Luftzufuhr, so daß ein Mann namens Kiok, Kriegsinvalide und Gutsbesitzer aus einer Nachbargemeinde, bereits irre zu werden begann und nur noch wirres Zeug redete."

Der Zug fährt nach Thorn. Bezeichnend für die Feigheit der polnischen Begleitmannschaft, die die Internierten rücksichtslos preisgab, bezeichnend aber auch für den Erfolg mutiger Einsatzbereitschaft sind folgende Zeilen seines Berichtes: "Da man unseren Wagen zugenagelt hatte und wir sehr schlecht Luft bekamen, die Wachmannschaften hatten sich bei jedem einsetzenden Bombenangriff auf die Felder oder im Walde verkrochen, schlug ich bei dem Halt auf freier Strecke Lärm und setzte es trotz Bedrohung mit heruntergerissenem Karabiner von seiten eines Oberwachtmeisters der Staatlichen Polizei durch, daß ich den Wagen verlassen und zwei Eimer Wasser holen konnte." Auf der Fahrt wird die Gruppe in wüster Weise beschimpft und mit Flaschen und anderen Gegenständen beworfen, auch von polnischen Eisenbahnern. Polizeibeamte schlagen mit dem Gummiknüppel zu. Vor Woclawek wurden sie ausgeladen und mußten im Zickzack durch die Stadt gehen, dabei wurden sie wieder mit allem möglichen beworfen und mit Knüppeln geschlagen. Rakette erhielt zwei Schläge mit dem Kolben eines Armeerevolvers ins Gesicht. Durch einen Schlag wurde, wie der Arzt später feststellte, das Nasenbein angebrochen. Alle kamen nun in eine Zuckerfabrik, Männer, Frauen und Kinder. Ihre Zahl war auf 7000 angewachsen.

Von dort aus begann der Gewaltmarsch in Richtung Kutno und Lowidsch. Fast ununterbrochen marschierten sie sechsundzwanzig Stunden lang bis kurz hinter Kutno. Kein Wunder, daß heute noch ständig gesundheitliche [29] Schäden zum Vorschein kommen, die die Volksdeutschen bei diesen Gewaltmärschen davontrugen. Die, die während des Marsches vor Erschöpfung am Wegesrand liegenblieben, wurden "wie räudige Hunde abgeknallt", und zwar auf Geheiß eines polnischen Polizeiwachtmeisters. Nach den eigenen Beobachtungen von Rakette ist dies ungefähr dreißigmal geschehen. Zum Teil vollzog sich der Mord auch in Form von Treibjagden, wenn einer oder mehrere zu entfliehen versuchten. Einen dieser Fälle schildert Rakette folgendermaßen:

"Ein solcher Volksgenosse war aus der Marschkolonne herausgelaufen und wurde mit Schüssen der Begleitmannschaften in einen Kessel getrieben. In diesem Augenblick kamen von einer Anhöhe herab, ausgeschwärmt, polnische Soldaten. Als sie den betreffenden Volksgenossen erreicht hatten, schossen sie ihn nicht tot, sondern bearbeiteten ihn mit ihren genagelten Stiefeln. Ich konnte nur noch sehen, wie er sich noch einmal aufrichtete, worauf man auf ihn mit Kolben einschlug, bis er tot zusammensackte. Auch mit Bajonetten stach man auf ihn schließlich noch ein. Die Roheiten der polnischen Soldaten und der Polizisten, die ich beobachten konnte, waren geradezu bestialisch."

Auch der katholische Pater Breitinger, mit dem Ordensnamen Pater Hilarius, wurde in dem einen der Posener Züge mit verschleppt. Er berichtet darüber folgendes: (Scriptorium merkt an: mehr von Pater Hilarius finden Sie hier und hier!)

"Am 1. September 1939 gegen 18 Uhr erschien an der Klosterpforte ein Polizeibeamter und erklärte mich für verhaftet. Auf meine Bitte, etwas Wäsche und Lebensmittel mitnehmen zu dürfen, erwiderte er, daß das nicht notwendig sei, da ich nach einem kurzen Verhör bereits in einer halben Stunde zu Hause sein werde."

Trotzdem wurde Breitinger seiner Freiheit beraubt und interniert. Auf dem Polizeihof traf er etwa zwanzig Bekannte und mußte mit ihnen die Nacht unter freiem Himmel verbringen. Auf die gesundheitlichen Folgen solchen unvorbereiteten Verweilens im Freien nahmen die Polen natürlich keine Rücksicht. Im Laufe der Nacht kamen dauernd neue Gruppen von Volksdeutschen. Der Obere des Klosters versuchte bei der Polizeiverwaltung, Breitingers Freilassung zu erwirken. Dort sagte man: "Was, Sie wagen es, für einen solchen Mann einzutreten? – Sie halten also mit Spionen zusammen, und da verdienen Sie genau solch eine Kugel durch den Kopf wie der andere." Als der Obere darum bat, ihm einen Koffer mit Kleidungsstücken und Lebensmitteln übergeben zu dürfen, wurde er dahin beschieden, daß den die Läuse fressen sollten.

Nun begann die Qual. Zunächst in seelischer Form. Die Volksdeutschen mit Pater Breitinger wurden aufgestellt und ihnen alle Ehrenrechte abge- [30] sprochen. Dann wurde ihnen gesagt, wer auf dem Marsch in ein Lager nicht ordentlich auf der Straße marschiere, werde sofort erschossen. Man marschiert zunächst zum Vorort Glowno. Dort war die Menge bereits so fanatisiert, daß sie Stockschläge, Fußtritte und Steinwürfe austeilte.

Am späten Nachmittag wurden sie auf eine große Wiese geführt, die von einer Menschenmenge umlagert war. Es kamen weitere Gruppen Internierter hinzu, darunter Frauen, Kinder, zwei Krüppel, die kaum laufen konnten, Kriegsinvaliden mit Holzbeinen und eine große Menge mit verbundenen Köpfen, deren Kleider mit Blut besudelt waren. Die Mißhandlungen hatten also bereits begonnen.

Zunächst erfolgten weitere seelische Quälereien. Die Deutschen mußten unter Aufsicht von Gymnasiasten und einigen Polizisten exerzieren und wurden gezwungen, bei Strafe des Erschießens, Haßgesänge gegen Deutschland anzustimmen. Pater Breitinger wurde allein vorgerufen und mußte unter dem Gejohle der Menge allein in seiner Ordenstracht exerzieren. Völlig entgegen der Wahrheit wurden die Deutschen als Aufständische bezeichnet und Pater Breitinger in die erste Reihe des Zuges gestellt, gleichsam als deren Anführer.

Es geht nach Schwersenz - durch das Spalier verhetzter Menschen, die den Zug bespucken, mit Pferdemist bewerfen und mit Stöcken, Steinwürfen und Fußtritten mißhandeln. In Schwersenz schlägt der Pöbel auf Krüppel und Kinder, die auf dem Wagen saßen, so lange ein, bis die Stöcke in Trümmer gehen. Im Laufe dieser ersten Etappe des Zuges waren fast sämtliche Vorsitzenden aller deutschen Organisationen und die gesamte deutsche Geistlichkeit zusammengetrieben worden.

Wieder ein Angriff auf die seelische Fassungskraft der Volksdeutschen: Sowohl ein evangelischer Geistlicher wie Pater Breitinger bitten in Schwersenz den Führer der Begleitmannschaft, er möge sie bei den Internierten Seelsorge ausüben lassen. Dieser Führer aber gibt eine grob verneinende Antwort. Weiter geht es durch Kostrzyn nach Wreschen, wobei wieder schwere Stockhiebe und Fußtritte ausgeteilt werden. Der Kardinal Hlond fährt dort an dem Zuge entlang, den er nach Pater Breitingers Auffassung als den Zug der Posener Internierten erkennen mußte. Er denkt aber nicht daran, einzugreifen. Auf dem Weitermarsch fahren die Wachmannschaften ihre Wagen zuweilen im Trab, und alle mußten im Trab hinterherlaufen. Wieder setzte es in den Ortschaften gefährliche Steinwürfe, vor denen man sich durch Decken zu schützen versuchte. Polnische Offiziere, die zum Teil Ordensauszeichnungen trugen, beteiligten sich in besonderer Weise an den Mißhandlungen. Von Konin aus geht der Zug plötzlich nach Norden, muß dann drei Tage auf einem Vorwerk bei Malinier liegenbleiben und landet schließ- [31] lich hinter Slesin auf einem polnischen Gutshof, der völlig mit Militär besetzt war. Am nächsten Morgen um 2 Uhr geht es weiter, der Wagen mit Krüppeln und Kindern bleibt zurück. Pater Breitinger erfuhr später, daß man diese alle erschossen habe, eine ganze Familie, deren Oberhaupt zwei Beinprothesen trug, und noch einen Kriegsinvaliden mit einem Bein. Im Gewaltmarsch wurde Bawiak erreicht. An einer Stelle müssen sie fünf Kranke zurücklassen, drei Gesunde blieben zu ihrem Schutze. Später erfuhr Breitinger, daß alle diese von der Bewachung einfach niedergeschossen und in viehischer Weise mit Steinen zu Tode geschlagen worden waren.

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Höllenmarsch der Volksdeutschen in Polen.
Nach ärztlichen Dokumenten zusammengestellt von Dr. Hans Hartmann.