[35] Dokumente: Typische Greuelfälle, Teil 1 1. Fünfmalige Haussuchung im Deutschen Kinderheim in Bromberg Bedrohung deutscher Kinderschwestern durch polnische Soldaten und bewaffnete Zivilisten
Als Beweisstück, mit welcher Niedertracht gegen die Volksdeutschen in den Septembertagen 1939 seitens der polnischen Soldaten und bewaffneten Zivilisten vorgegangen wurde, veröffentlichen wir hier den auf der eidlichen Aussage der Schwester Schmidt beruhenden Augenzeugenbericht über die Vorgänge im Deutschen Kinderheim in Bromberg. Es ist zwar dort nicht zu einer Mordtat gekommen, aber die in kurzen Zeitabständen viermal wiederholten Haussuchungen auf Grund der hartnäckig aufrechterhaltenen, völlig haltlosen Behauptung, daß im Kinderheim Waffen versteckt seien, sprechen für sich selbst. An dem Blutsonntag fanden in dem Deutschen Kinderheim in der Thorner Straße in Bromberg im ganzen fünfmal Haussuchungen statt. Morgens gegen 7 Uhr erschienen zwei polnische Soldaten und verlangten Einlaß. Sie untersuchten das Haus nach Waffen und entfernten sich, nachdem sie sich von der Erfolglosigkeit ihres Tuns überzeugt hatten. Diese Soldaten waren durchaus höflich. Etwa gegen 9.30 Uhr erfolgte die zweite Haussuchung durch sechs polnische Soldaten. Sie schlugen mit dem Gewehrkolben an die Tür und verlangten unter Lärmen und Schimpfen Einlaß. Der Leiterin des Kinderheims, der Schwester Olga, setzte einer von ihnen die Pistole an die Schläfe. Mit der Behauptung, es sei ein Maschinengewehr in der Wohnung und soeben geschossen worden, verlangten sie von der Schwester Herausgabe der Waffen. Diese erwiderte, es seien keine Waffen in der Wohnung, und stellte ihnen Durchsuchung anheim. Auch dieser Trupp mußte, nachdem er das Haus völlig durchsucht und Behältnisse, die sich nicht gleich öffnen ließen, eingeschlagen hatte, ohne Waffen gefunden zu haben, davonziehen. Im Laufe des Spätvormittags, als die Kinder gerade zu Mittag essen wollten, erfolgte die dritte Haussuchung durch vier bis fünf polnische Soldaten, die von ebensoviel Zivilisten begleitet waren. Ein Teil der Soldaten war bereits bei der vorigen Haussuchung beteiligt gewesen. Die Soldaten verlangten auch jetzt wieder mit der Behauptung, es sei aus dem Hause geschossen worden, das Maschinengewehr zu sehen; einer von ihnen setzte der Schwester das Bajonett auf die Brust. Die Schwester erwiderte auch diesmal, daß sie keine Waffen hätte. Einer der Soldaten, den die Schwester für einen Offizier hielt, erklärte darauf: "Es ist uns aber gesagt worden, daß hier soeben geschossen worden ist." Die Soldaten, die schon bei der früheren Haussuchung dabeigewesen waren, bestätigen der Schwester, daß tatsächlich "nichts oben" sei. Der Pole Maximilian Gackowski, der als einziger der Zivilisten den Soldaten bis ins Treppenhaus gefolgt war, rief jedoch immer wieder dazwischen: "Es ist hier doch geschossen worden, ich habe es selbst gesehen." Die Schwester Schmidt schrie er an: "Du alte Hexe, du altes Weib, du und deine Brut hättest schon längst fort müssen." Er fügte auch noch hinzu: "Wenn ich könnte, wie ich wollte, wäret ihr längst nicht mehr am Leben, dann hätte ich euch längst totgemacht." Dabei fuchtelte er ihr mit einer Waffe, die die Schwester für eine Stahl- [36] gerte hielt, in dem Gesicht herum. Gackowski hatte bei den Soldaten diesmal kein Glück mehr; diese entfernten sich vielmehr wieder. Am frühen Nachmittag, etwa gegen 3 Uhr, fand die nächste Haussuchung von etwa fünf Soldaten und fünf Zivilisten statt. Unter den Zivilisten befand sich auch wieder Gackowski. Der Anführer dieser Truppe ließ die Hausbewohner sämtlich mit erhobenen Händen antreten. Das waren drei Schwestern und 18 Kinder im Alter von 2 bis 18 Jahren. Gackowski schimpfte bei dieser Gelegenheit ebenso wie früher, behauptete immer wieder, daß aus diesem Hause geschossen worden sei, und fragte nach dem Maschinengewehr. Er schleppte auch einen angeblichen Zeugen heran, der, wie er sagte, beschwören sollte, daß soeben geschossen worden sei. Während die Soldaten das Haus durchsuchten, blieb einer von ihnen mit dem Bajonett vor der Schwester Olga stehen. Gackowski beteiligte sich an der Durchsuchung des Hauses. Als auch dieser Trupp nichts gefunden hatte, erklärte er: "Am Tage arbeiten sie, aber abends haben sie Männer oben, die rauchen Zigaretten, ich habe es selbst gesehen, und nachts schießen sie." Dieser Trupp verließ das Kinderheim, als aus der Richtung vom Schützenhaus ein Mann herangeführt wurde, von dem ebenfalls behauptet wurde, er habe geschossen. Gackowski war dabei der erste, der diese Parole aufgriff und sich diesem Mann zuwandte. Nach dieser vierten Durchsuchung mußten die Schwestern feststellen, daß ihnen kleinere Wertsachen, der Schwester Olga z. B. ihre Uhr, fehlten.
Die letzte Haussuchung im Kinderheim fand abends etwa gegen 5.30 Uhr statt. Auch an dieser Haussuchung waren Soldaten und Zivilisten beteiligt. Der Anführer des Trupps ging mit dem Gewehr auf die Schwester Olga zu und drohte, sie zu erschießen. In diesem Augenblick kam eine der Schwestern, die dazu bestimmt war, bei den Aufräumungsarbeiten am Bahnhof mitzuarbeiten, gefolgt von einem Rudel Soldaten und Zivilisten nach Hause. Diese heimkehrende Schwester war über und über beschmutzt, da sie auf dem Bahnhof die Schienen hatte saubermachen müssen. Auf Veranlassung des Gackowski, der auch diesmal wieder dabei war, erklärte ein Eisenbahner, daß das Maschinenöl an den Händen und am Kleide der vom Bahnhof heimgekehrten Schwester von einem Maschinengewehr herrühre. Auch bei dieser Untersuchung feuerte Gackowski die Soldaten immer wieder aufs neue an mit der Behauptung, es sei geschossen worden. Tatsächlich jedoch befanden sich im Kinderheim weder Waffen, noch ist auch aus dem Hause geschossen worden. Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 37/39
2. Die verdächtige -Mütze Unter Eid bekundete der Zeuge Wilhelm Starke, Direktor der Vereinsbank in Lissa, folgendes:
Bei dem Gärtnereibesitzer Berndt in Lissa ist angeblich eine
Quelle: WR II
[37] 3. Schreckensszenen am Bromberger Blutsonntag "Immer drei heraus" – und niedergeknallt! Bromberg, den 16. September 1939. Feldgericht des Luftgaustabes z. b. V. 3.
Gegenwärtig:
1. Der Möbelfabrikant Herbert Matthes Er erklärt nach Eidesbelehrung: Zur Person: Ich heiße Herbert Matthes, bin 46 Jahre alt, evangelischen Glaubens, Möbelfabrikant in Bromberg, Albertstr. 24. Zur Sache: Ich übergebe als Anlage eine von mir verfaßte Niederschrift mit der Überschrift: "Der Todesmarsch etwa 150 Volksdeutscher nach Piecki bei Brzoza" sowie einen Nachtrag "Recherchen einer Feldabteilung".1 Beide Schriftstücke sind mir soeben nochmals vorgelesen worden. Die Bleistiftzusätze sind in meiner Gegenwart nach meinen Angaben gemacht worden. Ich mache diese Schriftstücke zum Gegenstand meiner Aussage.
V. g. u. gez. Herbert Matthes Der Zeuge wurde beeidigt.
2. Heinz Matthes Er erklärte zur Wahrheit ermahnt: Zur Person: Ich heiße Heinz Matthes, bin 13 Jahre alt. Schüler des Deutschen Gymnasiums in Bromberg, wohnhaft bei meinen Eltern. Zur Sache: Die beiden von meinem Vater verfaßten Berichte wurden mir vorgelesen. Ich mache sie zum Gegenstand meiner Aussage. Ich habe von polnischen Soldaten in Piecki einen Bajonettstich durch die rechte Schulter bekommen.
V. g. u. gez. Heinz Matthes Der Zeuge blieb wegen seiner Jugend unbeeidigt.
gez. Dr. Waltzog gez. Endlich, Kan.
Am Blutsonntag, dem 3. September 1939, um 10.30 Uhr, wurde ich mit meinen 13- und 15jährigen Söhnen aus unserem Luftschutzraum in meiner Fabrik durch vier mit Äxten bewaffnete junge Banditen herausgeschlagen. Wir wurden auf dem Hofe sofort von zwei Soldaten mit Bajonetten in Empfang genommen und mußten mit hocherhobenen Händen zur Hauptwache laufen. Unterwegs johlte das Volk, Frauen und Mädchen waren Furien gleich. Man bespuckte und schlug uns, die Soldaten verhinder- [38] ten es nicht. In der Hauptwache mußten wir eine Gasse von etwa 8 Meter Länge unter Kolbenschlägen passieren. Mit hocherhobenen Händen standen wir etwa eine Stunde an einer Wand, nachdem unsere Taschen durchsucht waren. Nun wurde ein Trupp von etwa 100 Personen, meist bekannte Bürger der Stadt, auf die Straße gestoßen, und unter Bedeckung mußten wir immer mit hocherhobenen Händen durch die Danziger [und] Elisabethstraße zur Kaserne am Bahnhof gehen. Unterwegs drohten die Bestien mit Säbeln, Dolchen, Äxten, sie spuckten und schlugen – die armen Jungen konnten fast nicht weiter. Es waren noch mehrere darunter. Im Reitstall war ein Podium errichtet, "Kommando herauf" – wir waren die ersten. Es kamen immer mehr – viele Väter mit ihren Söhnen, zuletzt, als es dunkel wurde, waren wir etwa 400. Alle waren gefaßt, still, aber mit Mut in den Augen. Eine plötzliche Lähmung trat nur ein, als ein etwa 20jähriger intelligenter Mann sich sechs Schritte von uns entfernte. Er wurde mit dem Bajonett zurückgestoßen, rief "Heil Hit...", es knallte, und er lag, in den Leib getroffen, am Boden. Man schnallte seine Beine, die er noch bewegte, fest auf eine Bahre, trug ihn unter wüsten Beschimpfungen heraus. "Melden, wer Militärpapiere bei sich hat", hieß es plötzlich. Die Papiere wurden abgenommen – ihr könnt sie euch morgen beim Kommissariat abholen. Ein Teil von uns wurde zum Laden von Munition herausgeholt – das waren die wenigen Glücklichen, weil der größte Teil von diesen heute lebt. Wir andern wurden zusammengestellt und mußten die Kujawierstraße nach Brzoza herausmarschieren. Schon unterwegs wurden die alten Herren, denen die Luft fortblieb, mit Bajonetten gestochen und einige gemordet. Kurz hinter der Stadt wurde "Halt" geboten; wir mußten ein "Hoch" auf Polen ausbringen und sollten nach Hause gehen. Der Trupp kam nur bis zur Kujawierstraße Nr. 40 bis 60, da knallte es von vorn und hinten in uns hinein. Viele wurden nun bestialisch ermordet. Zusammengetrieben waren wir jetzt nur noch etwa 150 und wurden von einer Trainkolonne weitergeschleppt. Ich deckte meine Jungens und erhielt einen Bajonettstich in den rechten Oberschenkel. Wer nicht laufen konnte und sich hinsetzte, wurde mit dem Kolben niedergeschlagen, denn nach etwa zwei Stunden verbot der Oberleutnant das Niederschießen, weil es knallte. Hinter Kilometerstein 10 mußten wir links 3 Kilometer in den Wald und wurden in einem niedrigen, elenden, offenen Kuhhocken (Kuhstall) eingepfercht, es war Montag morgens 5 Uhr. Zum Entsetzen aller waren wir nur noch 44; furchtbarer Durst und Hunger quälte alle. Mein Sohn Heinz wurde jede Stunde fünf Schritte vor uns neu verhört, ob ich oder andere auf polnisches Militär geschossen haben. Er verteidigte uns alle unter meiner Anleitung, die ich ihm zeitweise zuflüstern konnte, weil er uns besuchen durfte, in polnischer Sprache sehr geschickt und erreichte es durch seine anziehende Wesensart, daß er zuletzt die brutale Soldateska weich machte. Ein Schrecken nur lähmte alle, als Heinz uns zuflüsterte, sie schicken nach Benzin und wollen uns verbrennen, aber die Kinder dürfen nach Hause. Benzin fanden sie aber nicht. Wir mußten plötzlich heraus und erhielten Kaffee und ein Stückchen Zwieback. Wir bleiben am Leben, so hofften nun alle, nur der Dreher Döring flüsterte mir ins Ohr: das ist die Henkersmahlzeit. Er behielt recht; um 7.30 Uhr kamen Soldaten wild schreiend angelaufen. "Immer drei heraus" hieß es. Stumm gingen die ersten drei, es knallte, sie waren für unser Vaterland gestorben. Sechsmal dasselbe. Heinz ging mutig an das Loch und bat, mit Bruder Horst geschont zu werden, er erhielt einen Bajonettstich durch die rechte Schulter. "Wieder [39] drei heraus" – ich zählte die Schritte, es waren zehn bis zwölf, dann waren sie gemordet. Jetzt teilte uns Heinz mit, der Korporal sagt, die Kugeln sind zu schade, man soll den Rest erdolchen. "Äääh – mein Gott" war nun nur noch zu hören. Wer dann nicht stumm war, erhielt die dumpfen tödlichen Kolbenschläge. Die Reihe war jetzt an uns dreien; es waren noch fünf hinter uns, die wollten nicht heraus und krallten sich fest. Wir gingen nun, Hand in Hand, heraus, wurden aber links zur Seite gestoßen. Zwei Soldaten, Korporale, packten uns, schoben uns ein paar Schritte fort; es waren die beiden Räuber, denen Heinz am Tage klug erzählt hatte, wir haben große Kostbarkeiten und viel Geld bei uns. Wir gaben nun alles, was wir besaßen, den beiden, und es begann ein Streit zwischen diesen wegen der Teilung. Diesen Augenblick benutzten wir und liefen fort. Die Nacht stets vor polnischen Maschinengewehren, es war kein Schlaf zu finden. Das Umherirren nahm kein Ende, es war Montag nachts. Heinz war mit einem Stück aus meinem Hemd verbunden. Wir waren nur in Oberhemden, und die Halbschuhe waren uns auf dem Lauf in Bromberg heruntergetreten worden. Zu Mittwoch nachts wurde es schlimm – wir sahen neben uns viel Militär, liefen auf zwei Batteriestellungen, wichen immer wieder aus. "Wollen wir lieber sterben", sagte Horst. Die Zungen waren dick und ganz weiß, die Lippen dick und verkrustet. Eine Rettung kam: starker Tau lag auf den niedrigen Nadelbäumchen, wir haben ihn gierig geleckt und einen Frosch dazu verzehrt. "Köstlicher als Wein", sagte Heinz, und wir hatten Horst, der mit dem Leben abgeschlossen hatte, wieder auf den Beinen. Die Nacht zum Donnerstag war ganz trocken; nun kam auch noch der Todeshunger. "Ein Stückchen Brot habe ich noch verwahrt", sagte plötzlich Heinz, "das essen wir aber erst fünf Minuten vor dem Tode – dann leben wir aber noch ein paar Stunden." Es kam auch so. Donnerstag vormittag stießen wir immer wieder auf Militär. Wir konnten es aus Schwäche nicht erkennen. Um 2 Uhr waren wir sicher, unsere deutschen Soldaten vor uns zu sehen, und liefen einem Hauptmann in die Arme. Kaffee und etwas Kognak belebte uns, und herrliche Erbsensuppe mit Speck gab die alte Lebenskraft wieder. Zwei Stunden später fuhren wir mit dem Stabe mit einem herrlichen Gefühl in das erlöste Bromberg ein und waren bald in den Armen meiner Frau und unserer Mutti, die es immer nicht fassen konnte, daß es solch ein Wunder des Wiedersehens gibt.
Quelle: WR I
4. Im Streit um die Beute Nach den Feststellungen im Urteil bekundete der Zeuge Herbert Matthes aus Bromberg unter Eid:
In den Vormittagsstunden des 3. 9. 1939 zogen die Angeklagten Kazimir Dybowski, Paul Kinczewski und Peter Pijarowski in Begleitung einer größeren Zahl unbekannt gebliebener polnischer Zivilisten und mehrerer polnischer Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett durch die Albertstraße in Bromberg. Während Dybowski ein Messer in der [40] Hand trug, waren Kinczewski und Pijarowski mit einer Axt bzw. einem Beil bewaffnet. Als die Bande vor dem Hause Albertstraße 24, in dem der volksdeutsche Zeuge Herbert Matthes eine große Tischlerei betreibt, angekommen war, stürmte sie unter Vorantritt des Kinczewski in das Haus, wobei Kinczewski gegenüber dem im Hausflur sich aufhaltenden Luftschutzhauswart Zeugen Biermann die Behauptung aufstellte, daß Matthes auf polnisches Militär geschossen habe. Alle Beteuerungen des Biermann, daß das unrichtig sei, konnte die Menge nicht abhalten, in den Hof einzudringen, wo sich Matthes mit seiner Ehefrau, seinen beiden 13 und 15 Jahre alten Söhnen und seiner 72jährigen Mutter in einem Trockenraum versteckt hielten. Die Tür zu diesem Raum war verschlossen. Da auf die Rufe des Kinczewski: "Herauskommen!" nicht geöffnet wurde, nahm er kurzerhand seine Axt und schlug damit die Tür ein. Nunmehr erschien die Ehefrau Ella Matthes mit ihren beiden Söhnen und ihrer Schwiegermutter in der Tür, während Herbert Matthes zunächst noch in seinem Versteck blieb. Frau Matthes erklärte den Mitgliedern der Horde und den Soldaten, daß ihr Mann nicht mehr hier sei, und sie auch nicht wisse, wo er sich aufhalte. Als Kinczewski darauf erwiderte, daß dann die beiden Söhne als Geiseln mitgeführt würden, trat auch Matthes hervor, um seine Kinder zu retten. Nur dem Umstand, daß Biermann im letzten Augenblick dazwischentrat, hatte es Matthes zu verdanken, daß er von dem Axthieb des Kinczewski, den dieser ihm zugedacht hatte, nicht getroffen wurde. Schon vorher war Pijarowski mit seinem Beil, Dybowski mit dem Messer auf die 72jährige Selma Matthes losgegangen, ohne sie jedoch zu verletzen. Matthes und seine beiden Söhne wurden schließlich vom polnischen Militär abgeführt. Matthes konnte sich und seine Kinder unterwegs durch die Flucht retten, als die polnischen Soldaten bei der Teilung der Matthes abgenommenen Wertsachen untereinander in Streit gerieten und dabei die Bewachung vernachlässigten.2 Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 22/39
5. "Die szwaby müssen alle erschossen werden!" Mord an Giese. – "... Gehirnteile und Blut klebten an der Küchenwand." Unter Eid bekundete die Zeugin Giese aus Bromberg folgendes: Z. P.: Ich heiße Johanna Giese, geb. Keusch, bin 51 Jahre alt, evangelisch, Volksdeutsche, wohnhaft in Bromberg, Konopnickiej 9. Zur Sache: Am Sonntag, dem 3. September 1939, zwischen 11 und 12 Uhr, befanden wir uns in dem Keller unserer Wohnung. Polnische Soldaten und Zivilpersonen kamen auf unser Grundstück. Sie verlangten, daß wir aus dem Keller hervorkämen. Als wir aus dem Keller herauskamen, behauptete ein Soldat, aus unserem Hause sei geschossen worden. Wir hatten überhaupt keine Waffen im Hause. Mein Schwiegersohn verließ zuerst den Keller. In diesem Augenblick rief eine Zivilperson: "Die szwaby müssen alle erschossen werden!" Mein Schwiegersohn bekam von einem Soldaten gleich einen Schuß. Sie durchschossen ihm die Schlagader; außerdem [41] hatte er noch drei andere Schüsse in der Brust und am Hals. Trotzdem war er nicht sofort tot, sondern lebte noch am Sonntagabend, als wir fliehen mußten. Wir konnten ihn nicht mitnehmen und legten ihn in der Wohnung auf eine Chaiselongue. Als das deutsche Militär am Dienstag in Bromberg einmarschierte, nahm ich mir einen Unteroffizier mit nach meinem Gehöft, weil ich sehen wollte, wie es dort aussah. Es bot sich mir ein fürchterlicher Anblick. Meinen Schwiegersohn hatten sie vom Chaiselongue heruntergenommen. Sie hatten ihn in die Küche geschleppt bis unter den Küchentisch. Der Kopf war gespalten, die Schädeldecke fehlte vollkommen, das Gehirn war nicht mehr im Kopf. Gehirnteile und Blut klebten an der Küchenwand.... Mein Sohn Reinhard Giese war ebenfalls mit unten im Keller gewesen. Mein Sohn war 19 Jahre alt. Als er sah, daß mein Schwiegersohn erschossen wurde, wollte er fliehen. Es gelang ihm auch, über den Zaun in das Nachbargrundstück zu entkommen. Sie liefen ihm nach, fingen ihn und erschossen ihn. Ich holte die Leiche meines Sohnes am Abend in die Waschküche. Er hatte einen Brustschuß.
Ein anderer Sohn von mir, Friedrich Giese, 25 Jahre alt, soll in Hopfengarten erschossen worden sein zusammen mit der ganzen Familie, zu der er sich geflüchtet hatte. Quelle: WR I
6. "Totschlagen, die Deutschen!" Die Augen mit Bajonetten ausgedreht Unter Eid bekundete der Zeuge Paul Sikorski folgendes: Z. P.: Ich heiße Paul Sikorski, bin 35 Jahre alt, kath., Kaufmann, ich bezeichne mich als Volksdeutscher, wohnhaft Bromberg, Mühlenstraße 4. Zur Sache: Am Sonntag, dem 3. September 1939, früh gegen 6 Uhr, begab ich mich zur Mühle, um das Licht auszuschalten und die Turbine abzustellen. Auf dem Wege dorthin hörte ich vom Bahndamm her plötzlich lautes Schreien. In einer Entfernung von etwa 100 Meter sah ich, wie unterhalb des Bahndamms eine Gruppe von Eisenbahnern und Zivilpersonen und Militär mit Bajonetten, Gewehrkolben, Knüppeln auf sieben Personen im Alter von 20 bis 60 Jahren einschlugen. Sie hatten die Opfer umringt. Ich bin etwas näher hingelaufen und hörte, wie sie auf polnisch riefen: "Totschlagen, die Deutschen!" Ich sah schon von weitem, wie das Blut spritzte. Ich drehte dann aber um, als ich sah, daß sich die Horde auch auf mich stürzen wollte. Um 9 Uhr bin ich dann noch einmal hingegangen und sah mir dann die Leichen an. Bei zwei Leichen waren die Augen mit Bajonetten ausgedreht. Die Augenhöhlen waren leer, es war nur noch eine blutige Masse vorhanden. Bei drei waren die Schädel abgedeckt, das Gehirn lag ein Meter von den Leichen entfernt. Die anderen Leichen waren auch total zerschlagen. Bei einer Leiche war der ganze Leib bis oben aufgeschlitzt. Zwei von diesen Ermordeten kannte ich. Es waren der Fleischermeister Leichnitz aus Jägerhof und Herr Schlicht. Nachmittags um 3 oder 4 Uhr kam eine Gruppe Soldaten mit Eisenbahnern und brachte 18 Deutsche zu meiner Mühle, der Mühle Peterson. Sie wurden je zu zwei zusammengebunden. Ich konnte das vom Garten aus genau beobachten. Sie wurden [42] dann zu zweien alle 18 heruntergeschossen. Dann haben sie noch auf die am Boden Liegenden eingeschlagen. Darunter waren ein vierzehnjähriger Junge und eine Frau. Es mußte diesmal offenbar sehr schnell gehen, denn sie verzogen sich alle gleich wieder. Ich habe mir die Leichen nachher genau angesehen, sie lagen noch drei Tage dort.
Am Montagmittag, als es schon hieß, das polnische Militär sei abgerückt, brachten zwei Soldaten einen älteren Mann und eine ältere Frau. Sie stellten sie vor meinen Augen in der Mühle an die Wand. Ich lief noch hin, kniete noch vor den Soldaten nieder und bat sie auf polnisch, sie möchten die beiden Alten doch laufen lassen. Sie waren beide etwa 65 Jahre alt. Ich bekam aber einen Kolbenstoß von dem einen Soldaten. Dabei sagte er zu mir: "Sollen doch die verfluchten Niemcys (Deutschen) krepieren!" Ehe ich mich noch aufrichten konnte, hatten sie die beiden alten Leute schon niedergeschossen, daß sie in den Graben kollerten. Dann rückten die Soldaten im Dauerlauf ab. Quelle: WR I
7. "Erschlagen sollte man sie, nicht erschießen!" Mord an Wildemann Nach den Feststellungen im Urteil bekundete die Zeugin Frau Wildemann unter Eid:
Mehrere Horden hatten am 3. September vormittags wiederholt das Haus der Zeugin Wildemann in Bromberg in der Schwedenbergstraße (Ugory 56) nach Waffen durchsucht, ohne solche zu finden.
Um ungefähr drei Uhr nachmittags erschien eine neue Horde von ungefähr 30 Mann, die sämtlich mit Knüppeln und ähnlichen Schlagwerkzeugen bewaffnet waren. Unter dem Vorwand, es wäre aus dem Haus geschossen worden, man müßte es nach Waffen durchsuchen, nahm sie erneut eine Durchsuchung vor. Dabei wurde eine Anzahl den Eheleuten Wildemann gehörige Gegenstände gestohlen. In dem Haus waren weder Waffen, noch ist aus ihm geschossen worden. Der Ehemann Wildemann hatte sich, als er die Horde kommen sah, im Keller versteckt. Auf die unter Drohungen gestellte Frage nach seinem Verbleib erklärte Frau Wildemann, er sei zu Bekannten in die Kujawierstraße gegangen. Sie wurde darauf dorthin gebracht. Als der Ehemann Wildemann hier vergeblich gesucht wurde, gab sie, nachdem sie mit Erschießen bedroht und ihr versichert war, daß ihrem Manne nichts geschehen würde, an, wo er sich befand. Die Horde ging darauf nach dem Grundstück der Frau Wildemann zurück, ergriff dort ihren Ehemann und schleppte beide unter Mißhandlungen in den bei dem Hause gelegenen Garten. Dort wurden sie so aufgestellt, als ob sie erschossen werden sollten. Als sich beide umarmten und zu beten anfingen, wurden sie verlacht und verhöhnt. Dabei ertönten immer wieder die Rufe: "Erschlagen sollte man sie, nicht erschießen!" Unter den Schreiern befand sich auch der Friseur Alfons Lewandowski. Als sich Frau Wildemann an ihn wandte und sagte: "Was bin ich Ihnen denn schuldig, was habe ich Ihnen getan?" schlug er ihr mit den Worten: "Deutsche Sau, verfluchte
Hitler-Anhängerin" mit der Hand ins Gesicht. Der Ehemann Wildemann wurde dann von den Soldaten, die sich im allgemeinen gemäßigt verhielten, weggeführt. Einige Tage später fanden sie den Ehemann Wildemann [43] unweit des Grundstücks, gräßlich verstümmelt, erschlagen vor. Er war leicht im Sande verscharrt und nur an seiner Kleidung und an seinem Tascheninhalt wiederzuerkennen. Quelle: Sd. K. Ls Bromberg 14/39
8. "Alle Deutschen müssen geschlachtet werden!" Mord an Gollnick und Köpernick Nach den Feststellungen im Urteil bekundeten die Zeugen Olga und Franz Tafelski, Bromberg, unter Eid: Die Menschenmenge, die sich auf der Breiten Straße umhertrieb, hetzte die Soldaten auf den Deutschen Gollnick. Die Soldaten schlugen den Gollnick mit dem Kolben nieder, so daß er auf der Straße schwer verletzt liegenblieb. Er lebte noch bis zum Abend. Der Zeuge Tafelski sah, daß Gollnick gegen Abend noch mit dem linken Bein und der linken Hand zuckte. Der Pöbel hatte den Gollnick, der auf das Gesicht gefallen war, umgedreht und ihm vorn die Hosen aufgerissen, so daß der ganze Unterkörper entblößt war. Gegen Abend erschien ein Zivilist und zwei Soldaten und stießen dem Gollnick das Seitengewehr in den Bauch. Anschließend wurde er dann endgültig durch einen Fangschuß getötet.
In den Nachmittagsstunden tobten auf der Breiten Straße, ganz in der Nähe der Stelle, an der Gollnick schwer verletzt lag, Banden von Zivilisten und Soldaten umher, von denen geschrien wurde, die Deutschen hätten aus ihren Wohnungen geschossen. In dieser Horde befand sich die Erwerbslose Sofie Bednarczyk. Sie schäkerte mit den Soldaten und gebärdete sich nach der Aussage der Olga Tafelski "wie eine Tolle". Franz Tafelski sah, wie die Bednarczyk mit verschränkten Armen der Horde voranschritt. Ihre ganze Haltung drückte aus, daß sie sich besonders wichtig vorkam. Sie schrie, wie Olga Tafelski hörte: "Gebt mir das Gewehr, alle Deutschen müssen geschlachtet werden, die verfluchten Hitler." Franz Tafelski hörte sie rufen: "Alle Deutschen müssen totgeschossen werden." Dabei lachte sie den Soldaten noch zu. An der Ecke des Grundstücks Breite Straße 5 blieb sie stehen. Als sie dort den Volksdeutschen Gollnick mit den vorn aufgerissenen Hosen liegen sah, schrie sie, wie der Zeuge Bartkowiak vernahm: "Diesem Hitler müssen die Eier abgeschnitten werden." Ungefähr eine halbe Stunde später wurde bei demselben Grundstück der Volksdeutsche Köpernick vorbeigeschleppt und kurz darauf ermordet. (Dieser Sachverhalt wurde in der Hauptverhandlung am 30. Oktober 1939 vor dem Sondergericht in Bromberg auf Grund der eidlichen Aussagen außer den Zeugen Olga und Franz Tafelski auch von Bartkowiak und Christa Gollnick festgestellt.)
Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 73/39
9. "Das Schwein lebt immer noch!" Mord an Gollnick Unter Eid bekundete die Zeugin Christa Gollnick, Bromberg, Kujawierstr. 101, folgendes:
Wir hatten ein Kolonialwarengeschäft, zugleich für Mehl und Futterwaren. Als die ersten polnischen Truppen abrückten, sah ich, wie unser polnischer Nachbar zu einem [44] polnischen Major heranging, ihm etwas sagte und dabei auf unser Haus zeigte. Darauf stürmten polnische Soldaten in den Laden, nachdem sie die Tür aufgebrochen hatten. Wir glaubten, daß ein Gefecht stattfinde und die Soldaten sich in unserem Hause verschanzen wollten. Wir rannten daraufhin in unseren Unterstand, den wir uns auf Anordnung erbaut hatten. Wir kamen jedoch nicht bis dorthin, denn die polnischen Soldaten schossen auf uns. Mein Mann wurde an der Schulter getroffen und bekam einen Kolbenschlag ins Gesicht. Mein Mann torkelte, wollte aber noch fliehen. Er versuchte über einen Zaun zu klettern, wurde dabei aber von einem Zivilisten festgehalten. Von einem polnischen Soldaten erhielt er erneut einen Kolbenschlag, so daß er liegenblieb. Meine Kinder und mich brachte ein polnischer Leutnant zurück ins Haus. Von einer Dachstube aus sah ich, wie mein Mann dalag. Er lebte noch lange Zeit. Ich sah, wie er die Beine an den Körper zog und wieder wegstieß und die Hand ab und zu erhob. Uns war es jedoch nicht möglich, zu ihm hinzugehen, da ringsherum polnische Soldaten und Zivilisten standen. Ein polnischer Polizist stand dauernd an dem Zaun, an dem mein Mann lag. Polnische Frauen schrien: "Das Schwein lebt immer noch!" Gegen Abend bekam mein Mann von polnischen Soldaten noch drei Schüsse, nachdem ihm zuvor am Nachmittag noch ein Stich mit dem Bajonett in den Leib beigebracht war. Ich beobachtete, wie mein Mann mit den Händen immer an diese Stelle faßte und versuchte, die Hose zu öffnen. Sie war nachher auf. Meine Nachbarin erzählte mir, daß mein Mann am nächsten Tage noch geröchelt habe. Mein Mann war groß und kräftig und erst 38 Jahre alt, daher wird er so schwer gestorben sein. Er hat ungefähr 18 Stunden gelegen, bevor der Tod ihn erlöste. Quelle: WR I
10. "Dich werden wir abschlachten!" – "Hier habt ihr das junge Hitlerblut!" Mord an Bettin Nach den Feststellungen im Urteil bekundete die Zeugin Bettin, Bromberg, unter Eid:
Am 3. September 1939, dem sogenannten "Bromberger Blutsonntag", drang in der Mittagszeit eine Horde polnischer Banditen von verschiedenen Seiten in das Grundstück der Familie Bettin in der Frankenstraße 76 in Bromberg ein. Die Bettins hörten, wie bereits von draußen Fensterscheiben eingeschlagen wurden, und öffneten darauf die Tür. Sie wurden dann mit erhobenen Armen hinausgeführt und mußten hinknien. Die Zeugin Bettin hatte ein Hakenkreuz bei sich, das ihr hierbei aus dem Busen fiel. Dies war Anlaß für die Menge, aus der einige Polen mit Revolvern und Heugabeln, ein Mann auch mit einer Axt bewaffnet waren, die Zeugin auf das wüsteste zu beschimpfen. Es fielen Ausdrücke wie: "Hitlerblut" und "Hitlersau"; "Dich werden wir abschlachten". Sie wurde dann von zwei Polen abgeführt, von denen der eine der Eisenbahnbeamte Bruski war. Dabei wurde sie unsanft behandelt und geradezu vom Hof heruntergeschleudert. Unterwegs wurde sie auch am Arm gezerrt und mit einem Knüppel bedroht. An der Ecke der Bölitzer Straße wurde sie dann zwei anderen Polen, einem als Polizist verkleideten Postbeamten und einem Eisenbahner, übergeben. Bruski sagte dabei: "Hier habt ihr das junge Hitlerblut." Am Nachmittag zwischen 16 und 17 Uhr wurde sie durch einen polnischen Offizier befreit. Als sie nach Hause [45] kam, mußte sie feststellen, daß nur noch ihre Mutter und Schwägerin anwesend waren; ihr Vater und ihr Bruder waren von der polnischen Bande ebenfalls verschleppt worden. Der Bruder wurde einige Zeit später ermordet aufgefunden; ihr Vater ist seither verschollen und dürfte ebenfalls ermordet sein. Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 91/39
11. "Greift ihn, damit ich ihn erschlage!" Mord an Thiede und Mittelstädt Nach den Feststellungen im Urteil bekundeten die Zeugen Gerda Thiede und Reifenmacher Otto Papke aus Schulitz unter Eid: Der Chauffeur Waclaw Pasterski hat in Schulitz ein Grundstück gegenüber der Familie Thiede. Die Familie Thiede besteht aus Mutter und zwei Kindern, der Tochter Gerda und dem Sohn Werner, ist deutsch und seit Jahren dort ansässig; Waclaw Pasterski ist Pole und vor etwa 7 Jahren nach Schulitz gekommen. Am Sonntag, dem 3. September 1939, wurde von polnischen Soldaten herrenloses Vieh flüchtiger Polen in die Rübenfelder der Familie Thiede getrieben. Um den Schaden zu besehen, begaben sich die Thiedes in Begleitung des gerade bei ihnen weilenden Emil Mittelstädt, der einige Grundstücke weiter sein Anwesen hat, auf das Feld. Als sie sich dort befanden, kam ein Trupp polnischer Soldaten vom Walde her und rief ihnen zu: Deutsche oder Polen? Werner Thiede antwortete: Deutscher, Mittelstädt: Pole. Darauf untersuchten die Soldaten den Werner Thiede nach Waffen; er hatte aber keine. Alsdann mußten die Thiedes mit erhobenen Händen in Richtung des Waldes gehen, die Soldaten folgten ihnen. Mittelstädt durfte auf der Wiese bleiben. Indessen kam der Chauffeur Waclaw Pasterski vom Walde her, mit Axt und Messer bewaffnet, und schrie, als er den Werner Thiede erblickte, sofort den Soldaten zu: Greift ihn, den Kleinen im Hemde da, damit ich ihn erschlage. Bei diesem Ruf wechselte Werner Thiede seine Richtung und lief seitwärts davon. Die Soldaten nahmen sofort die Verfolgung auf und schossen hinter ihm her. Die Zeugin Gerda Thiede sah sich jetzt trotz des Verbotes der Soldaten um und sah Mittelstädt auf der Wiese in seinem Blute liegen. Er hatte eine Wunde an der Seite, die sie auf einen Axthieb durch Pasterski zurückführte, weil die Soldaten die Wiese verlassen hatten, als sie dem Thiede folgten, und Mittelstädt und Pasterski allein dort zurückblieben, ein anderer als Pasterski als Täter somit gar nicht in Betracht kam. Gerda Thiede hatte dann auch gehört, wie Pasterski von Mittelstädt sagte, das sei doch ein Deutscher. Otto Papke, der den Mittelstädt ebenfalls auf der Wiese hat liegen sehen, hat die Wunde mit Bestimmtheit als von einem Axthieb herrührend erkannt. Mittelstädt hat sich dann noch bis zur Nacht gequält, bis er gestorben ist. Werner Thiede wurde dann von seinem Nachbar Kriewald tot aufgefunden und begraben. Nach seinen Angaben hat, wie Gerda Thiede bekundet hat, Thiede Schüsse im Rücken erhalten und eine große Schmarre am Kopf gehabt.
Werner Thiede war 20 Jahre, Mittelstädt etwa Anfang 30 Jahre alt. Mittelstädt war vor kurzem verwitwet und hinterläßt ein kleines Kind. Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 7/39
[46] 12. "Um Gottes willen ... jetzt müssen wir sterben ..." Mord an Finger Bromberg, den 15. November 1939.
Gegenwärtig: In dem Strafverfahren gegen Owczaczak wegen Mordes erscheint auf Vorladung die Zeugin Finger und erklärt: Ich heiße Käthe Finger, geb. Boehlke, 48 Jahre alt, Witwe (Bankprokurist) in Bromberg, mit dem Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert. Am Blutsonntag waren mehrere Volksdeutsche und eine Polin, die wir zu unserem Schutz bestellt hatten, in unserer Wohnung. Mein Mann wäre jetzt 62 Jahre alt. Am Vormittag gegen 11 Uhr kam der Pöbel durch unsere Straße. In der Menge waren die Brüder Weyna, die uns gegenüber in dem Raddatzschen Hause wohnten, und der Angeklagte Owczaczak. Von den Brüdern Weyna war einer bewaffnet. Nach einer Weile hörte ich vom Nebenzimmer aus, wie mein Mann zu unserer Haustochter Goede sagte, Owczaczak zeige auf unsere Wohnung. Unmittelbar darauf kam er zu mir und sagte: "Um Gottes willen, der Mob kommt in unsere Wohnung. Jetzt müssen wir sterben." Er erklärte mir noch, daß wir zusammen sterben wollten. Unmittelbar darauf drang der Mob und darunter ein Soldat in unsere Wohnung ein. Der Soldat verlangte, daß mein Mann und ich uns auf den Teppich legten. Wir taten dies. Dann schoß er. Mein Mann war sofort tot. Als nun der zweite Schuß auf mich nicht abgegeben wurde, wie ich erwartete, richtete ich mich etwas auf und merkte, daß meine Hände von dem Blute meines Mannes gerötet waren. Ich wurde nun, als ich "mein Gott" sagte, von dem Soldaten hochgestoßen. Dann wurde ich zur Tür hinausgestoßen und mit den anderen Personen, die in unserer Wohnung Schutz gesucht hatten, abgeführt. Unterwegs wurden wir von der uns begleitenden Volksmenge beschimpft, geschlagen und mit Füßen getreten. Als wir an den Schleusen vorbeikamen, versuchte mich ein polnischer Zivilist mit den Worten "Psia krew Hitlerowa" zum Kanal zu zerren. Es gelang mir aber, mich loszureißen. Ich wurde dann zur Polizeiwache gebracht, wo ich mit einem derart heftigen Fußtritt empfangen wurde, daß ich gegen einen Holzzaun flog. Wir Festgenommenen wurden dann gezwungen, uns lang auf den Hof der Polizeiwache zu legen. Man rief uns zu: "Liegt hier wie das Vieh, ihr deutschen Bluthunde." Es kamen immer neue Opfer hinzu, die blutig geschlagen waren und vor Schmerzen stöhnten. Bemerken möchte ich, daß mein 12jähriger Junge neben mir lag. Es wurde andauernd von den benachbarten Häusern und aus der Richtung der Schleusen auf den Hof der Polizeiwache geschossen, und es wurden auch Deutsche getroffen. Diese wurden dann fortgeschafft. Ob sie tot waren, weiß ich nicht. Nach etwa 7 Stunden wurde ich durch das Eintreten eines polnischen Polizeibeamten mit meinem 12jährigen Sohn freigelassen. [47] Auf dem Hof der Polizeiwache wurde auch ein Maschinengewehr auf uns gerichtet, und man zwang uns niederzuknien und ein "Hoch" auf Rydz-Smigly auszubringen. Dann fragte man uns höhnisch, ob wir es denn nicht gut gehabt hätten in Polen, und als eine Frau dies zu verneinen wagte, wurde das Maschinengewehr auf sie gerichtet, und man schrie sie an, daß sie sofort erschossen werden würde. Es war ein furchtbares Durcheinander auf dem Hofe. Ich kann die einzelnen Drangsalierungen nicht mehr aufführen. Ich versichere die Richtigkeit dieser meiner Aussage unter Berufung auf den in dieser Sache am 11. September 1939 vor dem Sondergericht in Bromberg bereits geleisteten Eid.
v. g. u. gez. Käthe Finger, geb. Boehlke
Geschlossen: Quelle: Sd. K. Ls. Bromberg 2/39
13. "Der Bluthund von Bromberg" Schwangere Frau mit Bajonett durchstochen Unter Eid bekundete der Zeuge Roesner aus Bromberg folgendes:
Auf der Polizeiwache bin ich durch Schläge ins Gesicht und durch Fußtritte mißhandelt worden. Am Abend wurden wir zum Regierungsgebäude überführt. Dort hörte ich das Geschrei der Mißhandelten und konnte beobachten, daß etwa 200 Tote und Verwundete dort lagen. Man machte es zum Teil so, daß man sagte, die betreffenden Deutschen, die man gerade vernommen hatte, könnten gehen. Wenn diese aber die Treppe hinuntergingen, wurden sie hinterrücks erschossen oder mit dem Kolben niedergeschlagen und die Treppe hinabgeworfen. Insbesondere habe ich beobachtet, wie man eine schwangere Frau von hinten mit dem Bajonett durchstach, sie dann mit dem Fuß vom Bajonett runterstieß, so daß sie die Treppe hinunterfiel, bis man sie erschoß. Ein gewisser Roberschewski, ein höherer Polizeifunktionär, der hier als der "Bluthund von Bromberg" bekannt ist und der jetzt flüchtig ist, sagte mehrere Male, wenn die Schreie der unter Folterungen Vernommenen zu laut wurden und deshalb eine Handsirene gedreht wurde, indem er auf einen kleinen dort herumlaufenden Hund wies: "Was schreit der Hund noch, gebt ihm eins auf den Brägen." Er meinte aber damit, daß die Schreienden erledigt werden sollten. Das geschah dann auch. Roberschewski hat auch schon vorher auf der Polizeiwache veranlaßt, daß drei noch lebende Deutsche erschlagen wurden. Ich habe dort gesehen, daß in einem Zimmer zehn völlig entkleidete Personen lagen. Sieben davon waren schon tot. Alle waren am ganzen Körper fürchterlich zerschlagen. Die drei noch Lebenden lagen weiter hinten und wimmerten. R. kam mit mehreren Polen und fragte: "Leben die noch?" Dabei winkte er den anderen Polen, die ich nicht kenne, mit den Augen zu, worauf diese eine schon blutige Axt nahmen und die drei erschlugen. Quelle: Sd. K Ls. Bromberg 79/39
[48] 14. 11jähriger Junge der Mutter entrissen und erschlagen Der vierfache Mord an der Bromberger Gärtnerfamilie Beyer Auszug aus den Akten des Reichskriminalpolizeiamtes – Sonderkommission Bromberg – Aktenzeichen Tgb. V (RKPA) 1486/7.39.
I.
Bezeichnend für eine Vielzahl der am Bromberger Blutsonntag dem mordenden Polentum zum Opfer gefallenen volksdeutschen Familien bestimmter Berufsgruppen, die fast sämtlich eine z. T. völlige Dezimierung erfahren haben, und für Tätergruppen, die, ohne jedes erkennbare Zusammenwirken mit dem für Hunderte von Massenmorden verantwortlichen Militär, aus staatlichen polnischen Beamtenorganisationen stammen, ist der Mord an der Gärtnerfamilie Beyer aus dem Bromberger Ortsteil Hohenholm.
II.
Die kriminalistische und gerichtsärztliche Bearbeitung der Mordsache Beyer hat, nachdem die Vorgänge durch Zeugenaussagen und objektives Befundmaterial restlos geklärt sind, ergeben, daß am Spätnachmittag des Blutsonntags acht oder neun – die Zeugenaussagen divergieren – Beamte der staatlichen, sogenannten
"Französisch-Gdingener Eisenbahn" in Uniform unter Anführung des siebzehnjährigen, inzwischen standgerichtlich zum Tode verurteilten Jan Gaca in das Gärtnereigrundstück des Friedrich Beyer eingedrungen sind. Vorher hatten die Täter Schüsse auf das Grundstück abgegeben. Auf Grund dieser Schüsse versuchte die Familie Beyer, bestehend aus dem Ehepaar Beyer, dessen beiden 11 und 18 Jahre alten Söhnen und dem 22 Jahre alten Gärtnereigehilfen Erich Thiede, in die in der Nähe liegende Wohnung der 66jährigen Mutter Beyers zu flüchten. Die Eisenbahner folgten unter weiterer Anführung des Gaca und trieben die Familie einschließlich der alten Frau auf das Gärtnereigrundstück zurück. Hier stellte man die in Bromberg so oft gehörte Behauptung auf, Beyer besäße ein Maschinengewehr, das er herausgeben solle. Nach erfolgloser Durchsuchung zwang man den Vater Beyer, seine beiden Söhne und Thiede zu einer angeblichen Vernehmung wegen des unerlaubten Maschinengewehrbesitzes zum Bahnpolizeigebäude mitzukommen. Die Eisenbahnbeamten scheuten sich dabei nicht, den von der Mutter angstvoll festgehaltenen elfjährigen Sohn Kurt unter Anwendung rohester Gewalt ihr aus den Armen zu reißen, damit auch dieses Kind sich wegen des angeblichen Maschinengewehrbesitzes "verantworten" solle. Für das Wegführen der Beyers bezeichnend ist der Ausruf einer Polin, die zu anderen geäußert hat: "Jetzt jagen sie Beyers!"
III.
An dem dem Blutsonntag folgenden Montag, früh gegen 9 Uhr, fand der polnische Volkszugehörige Stefan Sitarek auf dem sich nördlich an die
Französisch-Gdingener Eisenbahn anlehnenden ehemaligen Truppenübungsgelände
neben- und übereinanderliegend die Leichen des Friedrich Beyer und seines Sohnes Heinz sowie des Gehilfen Thiede, unter denen sich das elfjährige Kind, offensichtlich schwer verletzt, wand und heftig stöhnte. Sitarek, ein Pole, bemühte sich um den schwerverletzten Knaben, wurde aber nach seinen glaubhaften Angaben bei allen für den Abtransport Schwerverletzter zuständigen Stellen abgewiesen, so daß das Kind, wie andere polnische Zeugen aussagen, in den Vormittagsstunden des 4. September, neben den Leichen von Vater und [49] Bruder liegend, seinen Verletzungen erlegen ist. Gegen Mittag desselben Tages wurden die vier Leichen von polnischen Zivilisten an der Mordstelle, an der die kriminalpolizeilichen Feststellungen nachträglich getroffen worden sind, verscharrt.
IV.
Der gerichtsmedizinische Sachverständige hat sein auf die Obduktionen der vier Leichen aufgebautes Gutachten dahin zusammengefaßt, daß sämtliche Opfer mit
Faustfeuerwaffen – ein großer Teil der polnischen Eisenbahnpolizeibeamten war mit "Naganrevolvern" ausgerüstet – oder aus Jagdgewehren und unter Verwendung von
Halbmantelgeschossen3 aus geringer Entfernung erschossen worden sind. Allein die
Leiche des elfjährigen Kindes Kurt Beyer wies zwei von vorn nach hinten laufende Brustschüsse, davon einen Steckschuß, weiter eine schwere Zertrümmerung des rechten Unterarmknochens und eine Hiebverletzung über dem linken Auge auf, von denen keine Verletzung, auch nicht in ihrem Zusammenwirken mit anderen, absolut tödlich war.
1Nachtrag hier nicht abgedruckt. ...zurück... 2Einzelheiten dieses Vorganges im vorangegangenen Dokument. ...zurück...
3Steckgeschosse wurden geborgen! ...zurück... |