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Die echten deutschen Minderheitsgebiete (Teil 15)

Das Deutschtum in Rumänien (Teil 4)

Die Bukowina- und die Bessarabischen Deutschen

Das Deutschtum in der Bukowina war zur österreichischen Zeit insofern in einer günstigen Lage, als bei der Übergabe der galizischen Verwaltung an die Polen das "Buchenland" (das bedeutet der Name Bukowina)
Czernowitz

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      Czernowitz.
von Galizien getrennt wurde und sein im wesentlichen deutsches Beamtentum behielt. Während Galizien polonisiert wurde, blieb in der Bukowina die Amtssprache in erster Linie deutsch, in zweiter Linie ukrainisch (ruthenisch) und rumänisch. Die Hauptstadt Czernowitz hatte sogar eine Universität mit deutscher Lesesprache, aus der berühmte Professoren hervorgegangen sind. Das Beamtentum, die Universität und die Schulen brachten einen starken Prozentsatz von deutschsprachlicher Intelligenz in das Land. Im übrigen trug das Deutschtum in der Bukowina dieselben Züge wie ursprünglich in Galizien, d. h. es schrieb sich in der Hauptsache aus staatlicher Siedlung in der Josephinischen Zeit und von den Bemühungen einheimischer Großgrundbesitzer am Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts her.

Czernowitz, Blick vom Rathausturm gegen die Landhausgasse

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      Czernowitz: Blick vom Rathausturm
gegen die Landhausgasse.
Charakteristisch für die Bukowina sind die deutschen Walddörfer in den Karpathentälern, die ursprünglich für die Holzfällerei angelegt wurden, mit der fortschreitenden Rodung aber auch Acker- und Weidewirtschaft erhielten. Trotz der Zerstreutheit und Entlegenheit vieler dieser Siedlungen war das deutsche Schulwesen in ihnen leidlich im Stande, und auch die, meist katholische, kirchliche Versorgung diente hier nicht, wie in Galizien, der Polonisierung. Eine besondere Eigentümlichkeit in der Bukowina, namentlich in Czernowitz, war, daß die zahlreichen und zum Teil gut gebildeten Juden sich mit zum Deutschtum rechneten. (In der zu Eingang dieses Kapitels angegebenen Zahl von 75 000 Bukowinadeutschen sind die Juden nicht mit einbegriffen.)

Mit der Annexion an Rumänien wurde sofort die deutsche Universität aufgehoben und eine rumänische an ihre Stelle gesetzt. Auch die deutschen Beamten wurden entlassen und das deutsche Schulwesen so stark wie möglich eingeschränkt. Es war anfangs nicht leicht, die einzelnen Teile des Deutschtums in der Bukowina zu einer Einheit zusammenzubringen, an der es bisher gefehlt hatte, weil zur österreichischen Zeit hier keine gemeinsame deutsche Kampf- oder Verteidigungsstellung notwendig gewesen war. Allmählich aber ist es gelungen, auch diese Gruppe des Deutschtums zu organisieren und in den Gesamtverband der Deutschen in Großrumänien einzugliedern. Die materielle Lage ist darum schwieriger als bei den Ba- [382] nater und den Siebenbürgischen Deutschen, weil der Grundbesitz geringer ist. Die Gebirgsdörfer sind arm, und in den Städten waren die Deutschen nur zum kleinen Teil Gewerbetreibende, zum größeren Beamte oder sonstige "Intelligenz", d. h. Leute mit wenig oder gar keinem Vermögen, namentlich Grundbesitz.


Landschaft in Bessarabien

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      Landschaft in Bessarabien.


Tarutino, Marktplatz

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      Tarutino, Marktplatz.
Wie die Bukowina ein Stück Österreich, so war Bessarabien ein Stück Rußland, bevor es an Rumänien kam. Beide Länder sind national sehr gemischt. Ob in Bessarabien das Rumänentum die absolute Mehrheit hat, wie von rumänischer Seite behauptet wird, mag zweifelhaft sein; zum mindesten hat es die stark relative Mehrheit. Demnächst kommen an Zahl die Ukrainer, danach die Russen, dann die Juden und dann die Deutschen (100 000 Seelen). Außerdem gibt es noch Bulgaren, Griechen und sehr viele Zigeuner.

Rumänien benutzte die russische Schwäche in der ersten Zeit nach der bolschewistischen Revolution und dem Abzug der deutschen Truppen, um Bessarabien unter dem Schein einer Volksabstimmung zu annektieren. Die Deutschen waren einverstanden damit, dem bolschewistischen Schrecken zu entgehen. Sie sind samt und sonders Bauern. Die deutsche Kolonisation in Bessarabien ist ein Teil der Kolonisation des Schwarzmeergebiets unter Alexander I.; Natur, Boden, Klima und Siedlung in Bessarabien unterscheiden sich durch nichts von den östlich benachbarten ukrainischen Gebieten. Hauptort der deutschen Kolonien ist Tarutino, eine bedeutende, dorfartig gebaute Ortschaft, mit einem deutschen Gymnasium, das von den Bessarabiern sofort nach dem Ende des Drucks der zaristischen Zeit gegründet wurde.

Kirche in Tarutino

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      Kirche in Tarutino.
Die Rumänen wollten nach der Annexion auch hier dem deutschen Leben durch Romanisierung der Schulen an die Wurzel. 1924 aber erwarben sich die deutschen Bauern ein Hauptverdienst daran, daß ein bolschewistischer Aufstand rasch niedergeschlagen werden konnte. Zum Dank für diese Hilfe wurde stillschweigend die teilweise Beibehaltung des deutschen Unterrichts erlaubt, auch in den Volksschulen.

Sehr fest ist die Organisation des deutschen Lebens in den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden. Die Kirchlichkeit bedeutet zugleich die Verwurzelung einer der Umwelt überlegenen Tüchtigkeit und deutschen Wesens. Leider ist Bessarabien mehrmals hintereinander von einer schweren Dürre mit folgender Mißernte heimgesucht worden. Viele suchten sich zu helfen, indem sie auf Erntearbeit ins Banat gingen, andere nach Siebenbürgen oder nach dem rumänischen Altreich. Die Mißernten haben den früher bedeutenden Wohlstand nach den bewaffneten Unruhen der Übergangszeit noch weiter herabgedrückt, und sie haben natürlich auch die Schule und das an sich kräftige deutsche Vereinsleben beeinträchtigt. Abgesehen von dieser vorübergehenden Not sind aber die bessarabischen Deutschen auf gutem Wege, und vor allen Dingen bildet sich jetzt auch bei ihnen mit Hilfe der höheren deutschen Schule, eines guten deutschen Lehrerseminars und der akademisch gebildeten Geistlichen eine einheimische deutsche Führerschicht.

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Deutschtum in Not!
Die Schicksale der Deutschen in Europa außerhalb des Reiches.
Paul Rohrbach