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      [373-374]      Henri Barbusse, "Le Feu": "Es sind Stickgase, wahrscheinlich. Die Gasmasken bereithalten. – Die Schweinehunde! – Das sind wirklich unerlaubte Mittel," meint Farfadet. – "Was sagst du? Was für Mittel?" fragt Barque spöttisch. – "Na ja, unsaubere Mittel, oder? Stickgas..." – "Du hängst einem zum Halse raus, antwortet Barque, mit deinen erlaubten und unerlaubten Mitteln... Wenn man Menschen mit eingeschlagenem Kasten oder in der Mitte durchgesägt oder von oben bis unten in Fetzen gespalten und dazu vom gewöhnlichen Kaliber, und ausgeleerte und wie mit der Heugabel ausgestreute Bäuche, eingestoßene Schädel, die in die Lungen eingerannt sind, wie wenn sie mit einer Keule hineingetrieben wären, oder an Stelle des Kopfes nur noch einen kleinen Hals, aus dem's Gehirn wie Stachelbeermus über die Brust, den Rücken und überall hin fließt, wenn man das gesehen hat, dann soll mir noch einer kommen und von unerlaubten Mitteln sprechen, geh' doch...".

XVIII. Verwendung betäubender und tödlicher Gase

("Rapport", Uebersicht 26.)

Auch in der Anwendung betäubender Gase versucht die Entente, Deutschland die Schuld zuzuschieben. Dabei ist die Tatsache der Erstanwendung der Gaswaffe durch Frankreich unumstößlich!

Die Entstehungsgeschichte des Gaskampfes ist kurz folgende: Im Weltkriege sind Gaswaffen zuerst von Frankreich angewandt worden. Die Angaben im Abschnitt A 3 beweisen dies. Durch diese Tatsache gezwungen, mußte die deutsche Heeresleitung dann auch ihrerseits Gaswaffen einführen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Dabei verstand es allerdings die deutsche Technik, die Gaskampfmittel wirksamer auszugestalten als die Entente. Deutscherseits wurde zuerst die Massenwirkung des Gases im Kampfe ausgenutzt, da es der deutschen Wissenschaft von vornherein klar war, daß bei der Eigenart des Gasstoffes lediglich die Massenwirkung wirksam sein könne. Aber auch Frankreich war es wieder, das bereits vor Deutschland und als erster Staat versucht hat, eine Massenwirkung zu erzielen, denn die Gebrauchsanweisung des französischen Kriegsministeriums vom 21. Februar 1915 hebt bereits die Notwendigkeit ausdrücklich hervor, die Gaswehrgranaten salvenweise zu verwenden, um den geringen Inhalt der Gewehrgranaten an Gaskampfstoff durch die Masse zu ersetzen. Diese Massenwirkung trat zum ersten Male am 22. April 1915 bei einem deutschen Angriff bei Ypern praktisch in Erscheinung.

[375-376] Frankreich versucht nun, seine eigenen Gaskampfstoffe den deutschen Gaskampfmitteln gegenüber als harmlos hinzustellen. Dabei gibt die bereits erwähnte französische Gebrauchsanweisung unumwunden zu, daß eine tödliche Wirkung der französischen Gaskampfgeschosse im Falle übermäßiger Einatmung durchaus möglich sei.

Nachdem der militärische Erfolg bei Ypern den Nutzen der Gaswaffe bei zweckmäßiger Anwendung bewiesen hatte, haben dann alle Kriegführenden die Vervollkommnung der Gaswaffen mit gleichem Nachdruck angestrebt.

Die Haager Erklärung vom 28. Juli 1899 verbietet ferner den Gebrauch solcher Geschosse, deren einziger Zweck ist, giftige Gase zu verbreiten. Deutschland konstruierte wohl Anfang 1913 eine 15-cm.-Granate, die neben der Sprengstoff-Füllung einen Gaskampfstoff enthielt. Aber wieder war es Frankreich, das zuerst mit einer reinen Gasgranate, der Phosgen-Granate, ohne jede Sprengladung im Frühjahr 1916 hervortrat. Diesen Geschossen gegenüber war Deutschland berechtigt, auf Grund des völkerrechtlich anerkannten Notstandes ein ähnliches Geschoß einzuführen. Aber erst im Sommer 1916 kam die deutsche Grünkreuz-Granate mit einer der französischen Füllung ähnlichen Gasfüllung zur Anwendung.

Die gegnerische Presse versucht nun, den Artikel 23e der Haager Landkriegsordnung vom 29. Juli 1899 ins Feld zu führen, um Deutschland gewaltsam die Schuld zuzuschieben. Dieser Artikel verbietet den Gebrauch von Waffen und Geschossen oder Stoffen, die geeignet sind, unnötige Leiden zu verursachen.

Die Beurteilung der Schwere und Schrecklichkeit der Leiden, die der Waffengebrauch den Verletzten bringt, ist in weitestem Umfange von Erziehung und Ueberlieferung abhängig. Die furchtbaren Zerstörungen, die die Sprenggeschoßsplitter im menschlichen Körper anrichten, werden ruhig hingenommen; sie sind seit Menschengedenken bekannt und gelten als unzertrennlich vom Kriege. Die Beschwerden der Gaskranken, die ein neues und fremdartiges Bild darstellen, erwecken Entsetzen, obwohl sie gegen die Leiden der Verstümmelten zurücktreten.

Ein sachliches Zeugnis liefert die Statistik über den Verlauf der Gaserkrankungen. In der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1918 entfallen beispielsweise auf rund 58 000 deutsche Gaskranke nur 1755 Tote, also nur 3% Gastote. Aus einer französischen Geheimverfügung von Ende August 1918 geht hervor, daß die französische Armee in den ersten 10 Tagen des genannten Monats durch Gas einen Abgang von 14 578 Mann hatte, darunter aber nur 424 Tote, also 2,3%.

Auch in der Frage der Anwendung der Gaswaffe ist also der deutschen Heeresverwaltung kein Verschulden nachzuweisen.

Was berechtigt also die Entente zu ihren unerhörten Vorwürfen? Irgend eine rechtliche Handhabe ist nicht vorhanden.

"Die feindlichen Verleumdungen, die ein irregeleitetes Menschlichkeitsempfinden als Vorspann benutzen, scheinen ihre Wurzeln vielmehr in der Fülle der einzelnen deutschen Erfolge, in unserer soldatischen und technischen Gesamtleistung im Gaskriege zu haben.

[377-378] Mit wieviel größerem Recht könnte demgegenüber die deutsche Heeresverwaltung gegen die Anwendung der Brandgeschosse der Gegner den Vorwurf der Unmenschlichkeit erheben! Die mit weißem Phosphor oder mit brennbaren phosphorhaltigen Stoffen gefüllten französischen Granaten haben im Gegensatz zu den Gaswaffen kein Gefecht entschieden. Wohl aber haben sie zahlreichen tapferen deutschen Soldaten überaus schmerzhafte, schwer heilende, gefährliche Verletzungen verursacht, die der brennend herumspritzende weiße Phosphor nach wohlbekannter medizinischer Erfahrung erzeugt." [Scriptorium merkt an: solche humanitäre Erwägungen hielten auch England und Amerika nicht davon ab, 30 Jahre später bis zu eine halbe Million Zivilbewohner Dresdens u. a. mit Phosphorbomben am lebendigen Leibe einzuäschern.]

Auf wessen Seite liegt also die Grausamkeit, auf wessen Seite das Recht?

[379-380]
Anlage zu XVIII

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

22. 4. 15 bei Ypern. Deutsche Truppen:
      Die Deutschen haben betäubende Gase zum erstenmal am 22. 4. 15 an der belgischen Front angewandt. Die Deutschen waren mit Schutzhauben versehen, während die Alliierten vollkommen unvorbereitet waren.

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

Die Methode des Ausräucherns des Verteidigers ist seit Jahrtausenden in der Kriegführung versucht worden. Man verbrannte Schwefel und Arsenik mit rauchgebenden Brennstoffen, wie Pech und Teer, auf der Windseite des Gegners und ließ die entstehende Wolke über ihn hinwegtreiben. Man konstruierte Wurfgeschosse mit chemischer Füllung, die die Luft uneinatembar machen sollten.
      Die Spartaner wandten dieses Verfahren vor Platea und Delium an.
      Admiral Lord Dundonald empfahl es im Krimkrieg zur Einnahme von Sebastopol.

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

In Frankreich wurde die 26-mm- Gewehrgranate mit Bromessigester-Füllung als Hilfsmittel des Festungskrieges bereits vor dem Weltkriege in die Armee eingeführt.

Frankreich beschäftigte sich schon zu Anfang des Krieges eingehend mit dem Gaskampf. Dies zeigen folgende Schriften und Zeitungsmeldungen:

Dr. Barars Wettons: "In den letzten Tagen des August 1914 hätte in Paris jedermann gewußt, daß im Walde von Compiegne eine große Anzahl Deutscher durch eine neue Erfindung Turpins, das Turpinat, ein leichtes Gas, erstickt seien."

"Matin", September14, berichtet, daß eine ganze preußische Kompagnie ohne welche Schußverletzungen durch giftige Granaten von den Franzosen getötet worden sei.

"Daily Expreß", September 14, berichtet, daß an der englischen Küste Versuche mit dem Turpinat an Pferden und Schafen ausgezeichneten Erfolg gehabt hätten.

Am 21. 2. 15 gab das französische Kriegsministerium eine Anweisung für den Gebrauch der 26-mm-Gewehrgranate mit Bromessigester-Füllung in einer entsprechenden Gashandgranate heraus.

In den Monaten vorher wurde die Verwendung dieser Waffen auch durch Untersuchung erbeuteter Stücke, in denen Bromessigester und Chlorazeton enthalten war, festgestellt. Ebenso berichteten einzelne deutsche Kommandostellen über Gaserkrankungen bei feindlichen Beschießungen.

Demgegenüber kannte das deutsche Heer bei Kriegsausbruch keine Gaswaffe irgendwelcher Art. Keine Form des Gaskrieges war versuchsmäßig ausgebildet, technisch vorbereitet oder militärisch organisiert. Keinerlei Schutz der Truppen gegen Gaswaffen war vorbereitet.

Erst die Verwendung von Gaswaffen auf alliierter Seite zwang die deutsche Heeresverwaltung zu gleichen Maßnahmen, die dann aber vollkommener waren. Das erstmalig am 22. 4. 15 bei Ypern angewandte Chlorgas war kein schädlicherer Stoff, als der von den Franzosen angewandte. Die vollkommenere Wirkung bestand nur in der deutscherseits erreichten Massenwirkung. Aber auch hiermit hat Deutschland kein neues Kampfverfahren geschaffen, denn auch die Gebrauchsvorschrift des französischen Kriegsministeriums verlangt wegen des geringen Flüssigkeitsinhaltes der Gasgewehrgranaten, daß sie salvenweise verschossen werden.

[381-382] Auch in der Anwendung von Gaskampfgeschossen ohne Sprengladung mit Phosgenfüllung ging Frankreich im Frühjahr 16 voran. Erst im Sommer 16 folgt Deutschland mit reinen Gasgeschossen (Grünkreuzgeschossen).

Seitdem tobte ein allgemeiner Wettstreit aller kriegführenden Mächte in der Ausgestaltung des Gaskrieges und den zweckentsprechendsten und wirksamsten Formen seiner Anwendung.

In gleicher Weise ist Frankreich der Einführung von mit weißem Phosphor oder mit brennbaren, phosphorhaltigen Stoffen gefüllten Granaten zu beschuldigen, die zahlreichen deutschen Soldaten überaus schmerzhafte, schwer heilende, gefährliche Verletzungen beigebracht haben, die der brennend herumspritzende weiße Phosphor nach wohlbekannter medizinischer Erfahrung erzeugt.

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Nach dem Waffenstillstand bot sich für derartige Vergehen keine Gelegenheit mehr.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel