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[241-242]
X. Auferlegung von ungesetzlichen oder übermäßigen Kontributionen und Beitreibungen.

("Rapport", Uebersicht 15.)

Der "Rapport" hebt anklagend die seiner Ansicht nach übermäßig hohen Kontributionen hervor, die Belgien auferlegt wurden. Diese Summen wurden von Deutschland gefordert, teilweise als Strafe für den gegen jedes Völkerrecht verstoßenden Franktireurkrieg, unter dem die deutschen Truppen bei dem Vormarsch äußerst zu leiden hatten, im wesentlichen aber als Beisteuer zu den Unterhaltungskosten des Besatzungsheeres und der Verwaltung, Auflagen, die nach dem Völkerrecht durchaus gestattet sind.

Diese aus vorstehenden Gründen Belgien auferlegte Summe ist niedrig zu nennen im Vergleich zu den übermäßig hohen Kosten, die jetzt der deutschen Regierung aus der Unterhaltung des feindlichen Besatzungsheeres erwachsen, die allein die Summe von rund 3 Milliarden pro Jahr erreichen.

Nach dem "Rapport" soll ferner die Stadt Wavre mit einer Strafe von 3 000 000 Franks belegt sein. Diese Summe ist tatsächlich als Strafe gefordert worden, weil aus den Häusern dieser Stadt auf die deutschen Truppen geschossen worden war. Die Forderung wurde aber rückgängig gemacht, noch ehe die Summe bezahlt war. Eine Drohung, die Stadt anzuzünden oder zu zerstören, falls die Zahlung nicht erfolgte, und ebenso, die Unschuldigen für die Schuldigen büßen zu lassen, ist nicht ausgesprochen worden, wie Aussagen des Bürgermeisters und anderer Bürger erhärten.

Aehnliche Kontributionen sind auch von den Russen in Ostpreußen vielen Städten auferlegt worden, ohne daß irgend ein Vergehen der ostpreußischen Bewohner dazu Anlaß geboten hatte.

Die den Deutschen im "Rapport" lügnerischerweise in den Mund gelegte Drohung, die Unschuldigen für die Schuldigen büßen zu lassen, ist tatsächlich von dem russischen General Sievers offen ausgesprochen worden (vgl. Abschnitt B 3).

Deutschland wird weiter vorgeworfen, die Gemeinden zur Ausgabe von Bons gezwungen zu haben. Hierzu muß bemerkt werden:

Die Rückführung des französischen Bargeldes, der Banknoten und Wertpapiere war zu Beginn des Krieges von der französischen Regierung planmäßig vorbereitet worden. Die Rückführung konnte im allgemeinen auch durchgeführt werden. Infolgedessen trat, als der Krieg länger dauerte, im [243-244] besetzten Gebiet sehr bald eine starke Geldnot ein. Manche Gemeinden, zum Beispiel Senones, versuchten deshalb ihr in das Innere Frankreichs zurückgeführtes Geld zurückzuerhalten, was aber von der französischen Regierung verweigert wurde. Letztere empfahl der Gemeinde, zur Aushilfe Stadtbons auszugeben. Aehnlich lautete auch die Entscheidung für andere Gegenden.

Die Stadtbons sind daher nicht auf Befehl der deutschen Regierung, sondern auf Anregung der französischen Behörden eingeführt.

Was die Beisteuer zur Unterhaltung der deutschen Truppen anbelangt, wird auf § 52 der Haager Landkriegsordnung verwiesen, nach der es zulässig ist, die Unterhaltung der Besatzungstruppen aus dem besetzten Gebiet zu bestreiten. Infolge der allgemeinen Lebensmittelknappheit konnten aber schon Ende 1914 die Gemeinden diesen völkerrechtlich erlaubten Auflagen nicht "in natura" nachkommen, so daß die deutschen Truppen auf Magazinverpflegung gesetzt werden mußten. Die Kosten dieser Magazinverpflegung, die das besetzte Gebiet zu tragen hatte, mußten, da, wie oben gezeigt, Barmittel in genügendem Umfange nicht vorhanden waren, meistens von den Gemeinden in Stadtbons beglichen werden.

Was schließlich den Vorwurf anbetrifft, für die Stadtbons einen Zwangskurs festgelegt zu haben, so war diese Maßnahme in einzelnen Gebieten nicht zu umgehen, solange nicht eine allgemeine Regelung des gesamten Geldverkehrs im besetzten Gebiet, wie es später seitens der Obersten Heeresleitung geschah, [als] Abhilfe geschaffen war.

Als der Krieg sich immer mehr in die Länge zog und immer mehr Stadtscheine in den Verkehr kamen, wurden die Stadtscheine unterbewertet. So mußte zum Beispiel im Laufe des Jahres 1915 in der Gegend von Lille beim Ankauf von Wertpapieren gegen Stadtscheine
            im Februar 3%,
            im September bereits 14%
Aufgeld gezahlt werden.

Diesen unhaltbaren Zuständen sollte der Zwangskurs steuern, der auch den Zivilbewohnern zugute kam.

Auch die Entente hat im Weltkriege Zwangskurse festgesetzt.

Aber durchaus einseitig zu ihren Gunsten.

In Afrika wurden die in Südwest umlaufenden Banknoten nur mit 75%, später nur mit 70% ihres Nennwertes in Zahlung genommen.

Vielfach zwang man die Deutschen, ihr einheimisches Geld zu einem, verglichen mit dem Tageskurs, unverhältnismäßig niedrigen Kurse einzuwechseln. Die deutsche Mark wurde zum Beispiel in Togo mit nur ½ Schilling bezahlt.

Auch nach dem Waffenstillstande ist das deutsche Geld in Elsaß-Lothringen zuungunsten der Reichsdeutschen mit einem Zwangskurs belegt worden (vgl. Abschnitt D 4), der für die Mark nur 60 Cts. betrug.

Wenn deutschen Soldaten befohlen wurde, nur mit Stadtbons zu bezahlen, so war dies absolute Kriegsnotwendigkeit. Bis zur Marneschlacht waren die Beitreibungen bar bezahlt worden und dadurch viel deutsches Geld in französische Hand gelangt. Als aber nach der Marneschlacht zu erwarten stand, daß der Krieg länger dauern würde, wurde eine schonendste Behandlung [245-246] des deutschen Geldes zur Pflicht, um so mehr, als sich der Krieg immer mehr auch als Wirtschaftskrieg entfaltete. Aus dieser Zwangslage heraus ist an einigen Stellen die Anordnung getroffen worden, nur mit Stadtbons zu bezahlen. In dieser Maßnahme können Verstöße gegen das Völkerrecht unmöglich erblickt werden.

Was endlich den Vorwurf anbetrifft, den Befehl gegeben zu haben, Bezahlungen an die deutsche Armee dürfen nur in bar oder deutschen, französischen und belgischen Kassenscheinen gemacht werden, so vergleiche man mit dieser deutschen Anordnung den Befehl Clemenceaus vom 26. November 1918 für Elsaß-Lothringen, der rücksichtslos bestimmt, daß vom 15. Dezember l918 ab jede Zahlung mit deutschem Geld, deutschen Banknoten und sonstigen Wertpapieren bei Strafe verboten ist.

Dieses eigene Verhalten sollte sich die Entente stets vor Augen halten, ehe sie es unternimmt, leichtfertig gegen Deutschland Anklagen in die Welt zu setzen, ohne die Gründe zu kennen, die die deutschen Maßnahmen geradezu gebieterisch forderten!

[247-248]
Anlage zu X

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

1914/18 Belgien. Deutsche Behörden:
      Außer örtlichen Kontributionen legten die deutschen Behörden durch fortlaufende Anordnungen Belgien eine Reihe von Kontributionen auf, die im ganzen etwa 2 Milliarden 390 Millionen Francs betrugen, d. h. 2 Millionen Francs pro Tag.

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

14. 10. 1806 Preußen. Napoleon:
      Nach dem Siege über Preußens Militärmacht bei Jena und Auerstädt (14. 8. 1806) legte Napoleon dem Herzogtum Magdeburg, den Marken und Pommern die für die damalige Zeit ungeheure Kontribution von 100 Millionen Francs auf.

1806/7 Schlesien. Napoleon:
      Der Provinz Schlesien wurden durch Dekret vom 7. 12. 1806 und 12. 1. 1807 30 Millionen Francs auferlegt.

1806 Hannover. Napoleon:
      Das Kurfürstentum Hannover mußte gemäß Edikt vom 15. 10. 1806 die Kontribution von 10 Millionen aufbringen.
      Napoleon äußert sich am 9. 3. 1809 dem Grafen Röderer gegenüber, daß "er 1 Milliarde aus Ostpreußen gezogen habe".
      Der französische Generaladministrator für die preußischen Finanzen, Bignon, mußte zugeben, daß "niemals bis dahin eine fremde Okkupation so grausam einen Staat gedrückt habe wie die Frankreichs Preußen."
      Der Gesamtbetrag der Lasten Preußens während der Kriegsjahre 1806/1813 ist auf etwa 2 Milliarden Francs zu veranschlagen.

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

1914/15 Ostpreußen. Russische Truppen:
      Während der Russeneinfälle in Ostpreußen 1914/15 wurde den besetzten Teilen der Provinz durch fortlaufende russische Anordnungen eine Reihe von Kontributionen auferlegt, die der Provinz schwere Lasten brachten.
      Diese Kontributionsstrafen wurden größtenteils völlig grundlos verhängt. So mußte die Stadt Lyck als Entgelt für Kalisch, dem die deutschen Truppen zur Strafe, weil man auf sie geschossen hatte!, eine Kontribution von 5000 Rubel auferlegt hatten, 30 000 Rubel bezahlen. Bereits vorher war die gesamte Stadtkasse mit über 50 000 Mark beschlagnahmt.

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

März 1919 Solingen. Englische Behörden:
      In der Nacht vom 14./15. 3. 19 soll ein englischer Offizier von einem Unbekannten überfallen worden sein. Irgend welche Beweise, daß der Ueberfall von einer Zivilperson verübt worden ist, liegen nicht vor. Trotzdem wurde der Stadt Solingen eine Geldstrafe von 25 000 Mark auferlegt.

[249-250]
B 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

22. 8. 14 Wavre. Deutsche Milit.-Behörden:
      Wavre. Dieser Stadt wurde allein eine Kontribution von 3 Millionen, zahlbar am 1. September, auferlegt. Der Maire empfing den Befehl, 2 Millionen Francs in Gold zu zahlen, sonst würde die Stadt angezündet und zerstört werden, wenn an dem angegebenen Tag die Summe nicht bezahlt sei. Keine Ausnahme würde gemacht, die Unschuldigen müßten für die Schuldigen zahlen!

B 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1760 Berlin. Russische Truppen:
      Bei der vorübergehenden Besetzung von Berlin durch die russischen Truppen im Jahre 1760 mußte die Stadt eine Kontribution von 2 Millionen Talern zahlen. Eine nach damaligen Verhältnissen außerordentlich hohe Summe.

Napoleon legte 1806/7 einzelnen Städten außerordentlich hohe Kontributionen auf.

1806 Stettin. Napoleon:
      Die Stettiner Kaufmannschaft mußte am 4. 11. 1806 allein 10 Millionen Francs zahlen.

1806 Königsberg. Napoleon:
      Der Stadt Königsberg wurden 12 Millionen Francs auferlegt.
      Der französische Generalintendant Darb, der persönlich die Zahlung beitrieb, ließ die städtischen Kassen mit Beschlag belegen und drohte mit Einziehung der verlangten Summen durch Militär.

1806 Königsberg. Napoleon:
      Königsbergs letzte Kriegschuldobligation konnte erst am 8. 12. 1901 vernichtet werden.

1807 Danzig. Napoleon:
      Die Stadt Danzig hatte nach ihrer Einnahme 1807 durch die Franzosen nicht weniger als 20 Millionen Franken zu zahlen.

Der Stadt Wavre war die im Abschnitt B 1 angegebene Kontribution als Strafe auferlegt worden, weil von den Einwohnern auf die deutschen Truppen geschossen worden war, ohne daß die Summe in Wirklichkeit eingezogen wurde.

Im Burenkrieg war es ständiger englischer Brauch, den Städten und ganzen Distrikten Geldstrafen aufzuerlegen, schon dann, wenn nur Zerstörungen an Eisenbahn- oder Telegraphenlinien stattfanden.

1900 Afrika. Englische Behörden:
      Am 19. 6. 1900 erließ der General Roberts beispielsweise nachstehende Proklamation:
      "Wenn irgend ein Schaden an Eisenbahnlinien, Brückentunnels oder Kunstbauten, an Telegraphenlinien usw. in der Orangekolonie stattfindet, werden folgende Strafen verhängt werden:
      I. Die Verwaltungsorgane der Städte und Distrikte werden für den Schaden persönlich verantwortlich gemacht.
      II. Außer der Bezahlung des Schadens wird jedem Bürger des entsprechenden Distrikts eine Geldstrafe auferlegt. Ferner werden alle Requisitionsscheine, die in dem betreffenden Distrikt ausgegeben sind, annulliert."

Auch im Russisch-Japanischen Kriege wurden derartige Geldstrafen ganzen Städten und Gemeinden angedroht.

Russisch-japanischer Krieg. Japanische Behörden:
      Marschall Oyama erließ nachstehende Proklamation:
      "Wenn infolge mangelhafter Ueberwachung die Telegraphenlinien innerhalb der Grenzen einer Stadt zerstört werden, wird den Einwohnern eine Strafe auferlegt in Höhe von usw."

[251-252]
B 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

1914/15 Ostpreußen. Russische Truppen:
      General Sievers, Oberbefehlshaber der 10. russischen Armee, erließ folgende Bekanntmachung:
      "Für Aufbewahrung von Gewehren, Pulver und anderen Explosionsgegenständen, für Aufbewahrung von Brieftauben, telephonischen, telegraphischen und anderen Apparaten, die zur Uebermittelung von Nachrichten dienen könnten, und überhaupt für jede kleinste feindliche Tätigkeit werden die Schuldigen dem Feldkriegsgericht übergeben, ihr Hab und Gut wird vernichtet, außerdem werden die Bewohner der Städte, Dörfer und Gemeinden, denen der Schuldige angehört, mit höchster Kontribution belegt."

Es sollten also auch die Unschuldigen für die Schuldigen zahlen!

B 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Anläßlich eines Angriffes auf zwei französische Unteroffiziere wurde der Stadt Berlin allein eine Kontribution von 1 Million Francs in Gold = 3 050 000 Mark sofort zahlbar auferlegt. Die deutsche Regierung empfing den Befehl, die Summe zu zahlen, andernfalls Marschall Foch diejenigen Maßnahmen anwenden werde, die er für nötig hielte.
      Keine Ausnahme wurde gemacht, obwohl die Buße völlig ungerechtfertigt war. Die Unschuldigen mußten für die Schuldigen zahlen! (Vergl.
Uebersicht XI Abschnitt A 4.)

 
C 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

Nicht festgelegt. Roisel. Deutsche Militär-Behörden:
      83 Gemeinden wurden gezwungen, 60 000 Francs an Bons täglich auszugeben, die für die Unterhaltung der Deutschen Verwendung finden sollten. l 600 000 Francs sind auf diesem Wege in dieser Gegend bezahlt worden.

C 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1807 Ostpreußen. Französische Behörden:
      Als 1807 ein Teil der französischen Armee den ostpreußischen Boden betreten hatte, wurden zur Verpflegung der Armee ausgeschrieben:

Diese Lieferungen betragen in Geld rund 1 700 000 Taler, eine für damalige Zeit riesige Summe. Mit diesen Leistungen waren aber die Truppen vielfach nicht zufrieden.
      Außer den etatsmäßigen Naturalien aus den von der Provinz angelegten Magazinen forderten oder erzwangen die Soldaten von ihren Quartierwirten das Doppelte, ja Dreifache, so daß die Einwohner für sich kaum das Notwendigste übrig behielten.
      Noch schlimmer wurde es, als beim Aufbruch der großen Armee nach dem Njemen, Mitte Juni, 5 starke Korps die Provinz nach allen Richtungen hin durchzogen und als ein Tagesbefehl erlassen war, wonach jeder Soldat sich mit 20tägigen Rationen auf dem Marsch versorgen solle. Nichts blieb verschont.
[253-254] Militärische Kommandos durchstreiften das Land von Ort zu Ort, suchten alles Verwendbare auch aus den verborgendsten Winkeln heraus und raubten den ohnehin darbenden Einwohnern die letzten Bissen.
      Ganze Herden von Ochsen wurden von den Truppen eigenmächtig ergriffen und fortgeführt. Von dem Ochsenbestand der Provinz Ostpreußen im Jahre 1810 gingen von 51 625 Ochsen fast 60% verloren.

1806/12 Preußen. Französische Behörden:
      In den Jahren 1806/12 waren die Lasten, die der Bevölkerung durch die Einquartierung auferlegt wurden, ungeheuer groß.
      In Breslau wurden 1807 von Frankreich täglich gefordert: für einen Marschall 200, für einen Divisions-General 50, für einen Brigade-General 25, für einen Oberst 20 Taler. In einem Rechnungsabschluß vom Dezember 1809 sind für den Marschall Mortier nicht weniger als 38 086 Taler, für den General Souchet 13 849 Taler gebucht. Die Gesamtausgabe der Stadt für französische Generäle und Stabsoffiziere betrug 354 307 Taler. (Aus Wiedemann, Breslau in der Franzosenzeit.)

C 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

1914/15 Ostpreußen. Russische Truppen:
      Die Stadt Allenstein wurde während der Russeneinfälle in Ostpreußen 1914/15 gezwungen, binnen ½ Tag! nicht weniger als 120 000 kg Brot zu liefern, die für die russischen Truppen Verwendung finden sollten; eine ganz unmögliche Leistung. Obwohl nun die anwesenden Frauen und Mädchen die ganze Nacht hindurch backten, gelang es ihnen schließlich doch nur, 25 000 kg Brot zustande zu bringen. Irgendeine Bezahlung wurde dafür nicht geleistet! Während die deutschen Behörden übermäßige Naturalleistungen in dem besetzten Belgien und Frankreich vermieden, und im Interesse der Ernährung der Bevölkerung die nach dem Völkerrecht dem Besatzungsheer zustehenden Naturalforderungen durch Geldentschädigungen ablösten, waren die Beitreibungen, also Naturalleistungen, der russischen Truppen in Ostpreußen außergewöhnlich umfangreich.

Der Verlust an Nutzvieh betrug allein:

C 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Das Deutsche Reich wurde im Friedensvertrag gezwungen, die gesamten Kosten für die Unterhaltung der feindlichen Besatzungstruppen in den besetzten deutschen Gebieten zu übernehmen. Infolge der außergewöhnlichen Ansprüche sind die Kosten außerordentlich hoch. Sie stehen noch nicht endgültig fest, betragen aber nach überschläglicher Berechnung

etwa 3 Milliarden Mark pro Jahr!

Dabei muß besonders darauf hingewiesen werden, daß die feindlichen Besatzungstruppen ganz unerhörte Ansprüche stellen, wie sie im besetzten Nordfrankreich und Belgien von den deutschen Truppen im Weltkriege nie gestellt wurden.
      Die besten Hotels sind mit Beschlag belegt. Ein französischer Oberbefehlshaber bezog ein eingerichtetes fürstliches Schloß, 2 Administratoren zwei eingerichtete Privathäuser. Trotzdem wurden Umbauten und Neuausstattungen gefordert, die allein rund ¾ Millionen Mark Kosten verursachten.

Der Luxus, der auf Kosten des verarmten Deutschlands getrieben wird, überschreitet jede Grenze.
      2 Generäle, die eingerichtete Villen bezogen, haben durch ihre Frauen für diese Wohnungen für je 200 000 Mark weitere Einrichtungsgegenstände auf Kosten des Reiches beschaffen lassen.
      Ein Leutnant requirierte mit Zustimmung seiner Behörde für eine Wohnung einen echten Perser Teppich für viele tausend Mark.

Der kommandierende General des französischen XXXII. A.-K. hatte zunächst sein Stabsquartier in Trier. Dort mußte die Stadt auf seinen Wunsch eine [255-256] Einrichtung für ihn beschaffen, die 100 000 Mark kostete. Als dann das Generalkommando nach Neustadt a. d. H. verlegt wurde, nahm dieser General die gesamte Einrichtung mit, so daß die Stadt Trier gezwungen ist, für die später nach dort verlegte Besatzungsbehörde eine neue Einrichtung zu beschaffen. In Neustadt a. H. beschlagnahmte der betreffende General die wertvollste Villa des Ortes mit den gesamten Inneneinrichtungsgegenständen, von denen allein der Wert der Teppiche sich auf 2 Millionen Mark beläuft. Wo die rechtswidrig mitgenommenen, vom Reiche der Stadt Trier zu ersetzenden Möbel verblieben sind, ist nicht bekannt.

In Mainz sind in einem deutschen Offizierskasino, das sich in gutem baulichen Zustande befand und reichlich eingerichtet war, auf Anordnung der Besatzungsbehörde Umbauten vorgenommen und das Kasino ist mit neuen Einrichtungsgegenständen versehen worden, wodurch 370 000 Mark Kosten entstanden sind. Davon entfallen allein auf die Neuausstattung mit Vorhängen 32 000 Mark. Für Tische in 3 Zimmern sind 8000 Mark, für Lederstühle 18 000 Mark, für Kokosläufer 10 000 Mark, für Teppiche 21 000 Mark, für Ausbesserung der Räume 29 600 Mark, für Holzvertäfelung 66 000 Mark ausgegeben worden.
      Ferner verlangte die Besatzungsbehörde in Mainz, daß eine neue Kaserne, die auf Ofenheizung eingerichtet war, mit Sammelheizung versehen würde. Allein die Maurerarbeiten, die fur diesen Umbau notwendig wurden, haben einen Kostenaufwand von 400 0000 Mark verursacht.

Die Besatzungstruppen bereichern sich in der ausgesprochensten Weise auf Kosten Deutschlands.
      Den Offizieren werden geradezu phantastische Gehälter gezahlt. So erhält, wie bisher bekannt geworden ist, ein Oberst z. B. ein Gehalt von rund 140 000 Mark, ein Hauptmann ein solches von rund 70 000 Mark.

Die Summen, die an Bons aus dem besetzten französischen Gebiet im Kriege gezogen wurden, wohlverstanden als Ablösung der durchaus völkerrechtlich zulässigen Naturalablieferungen, verdienen gegenüber diesen Riesensummen, die auf Grund der völlig ungerechtfertigten Luxus-Ansprüche der Besatzungstruppen Deutschland jetzt im Friedenszustande zur Last fallen, gar nicht erwähnt zu werden.

 
D 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

1. 9. 15 Noyon. Ortskommandantur von Noyon:
      Ein Befehl legte fest: Alle Bons der Gemeinden des Bereiches der 1. Armee sind dem Zwangskurs unterworfen. Die deutschen Soldaten haben Befehl empfangen, nur mit Gemeindebons auszuzahlen. Bezahlungen an die deutsche Armee dürfen nur in bar oder in deutschen, französischen und belgischen Kassenscheinen gemacht werden.

D 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1813 Ostpreußen.
      Am 24. 8. 1813 schreibt die Königsberger Regierung an die Staatskanzlei:
      "In Ostpreußen wurde alles in natura ohne Bezahlung weggenommen. Die Vergütung für die an russische Truppen gelieferten Verpflegungsartikel blieb der Provinz sehr lange entzogen und erfolgt in Bons, die ⅔ ihres Nennwertes verlieren."

19. 6. 1900 Orangefluß-Kolonie. Englische Militärbehörde:
      Lord Roberts erließ am 19. 6. 1900 eine Bekanntmachung, daß Vorräte überhaupt nicht mehr bezahlt werden sollen.

[257-258] Man vergleiche vorstehende Angaben mit den Deutschland in Abschnitt D 1 vorgeworfenen Verfahren, die nach dem Völkerrecht durchaus zulässigen Naturalleistungen für den Unterhalt des Besatzungsheeres durch Geldbeträge abzulösen, eine Maßnahme, die getroffen wurde, um die Lebensmittel der feindlichen Bevölkerung nicht zu sehr in Anspruch nehmen zu müssen.

Ist dieses Verfahren nicht viel rechtlicher und milder als die brutalen Beitreibungen in Ostpreußen 1806/13, bei denen die Bevölkerung rücksichtslos bis aufs letzte ausgesogen wurde und die Beitreibung entweder nicht bezahlt oder die Requisitionsscheine später nur zu einem Teil ihres Nennwertes eingelöst wurden?

D 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

In Ostafrika sind die von der Deutsch-Ostafrikanischen Bank ausgegebenen Stammnoten im Betrage von 5 Millionen Mark sowie die Interimsnoten im Betrage von mindestens 16 Millionen Mark und das ganze Kriegsnotkleingeld, in Südwestafrika die sogenannten Seitzscheine im Betrage von 3 bis 4 Millionen Mark für ungültig erklärt worden. Die in Südwest umlaufenden mutterländischen Banknoten wurden nur mit 75 v. H. und später sogar nur mit 71 v. H. ihres Nennwertes in Zahlung genommen.

1914/18 Afrika. Englische, belgische, französische Behörden:
      Vielfach zwang man die Deutschen, ihr einheimisches Geld zu einem, verglichen mit dem Tageskurse, unverhältnismäßig niedrigen Kurs einzuwechseln. So wurde z. B. 1914 nach der Einnahme von Togo die deutsche Mark mit einem halben Schilling bezahlt. Nach der Besetzung von Tabora mußten die dort befindlichen Deutschen ihre Goldmünzen, darunter die in Ostafrika geprägten 15 Rupie-Stücke, abgeben, bekamen aber diese Beträge später nur teilweise in Gold wieder, teilweise in den außer Kurs gesetzten Deutsch-Ostafrikanischen Noten, teilweise in feindlichem Gelde zu einem willkürlichen, niedrig gegriffenen Umrechnungskurs (z. B. 22,50 Francs belgischer Währung für ein Rupie-Goldstück).
      Die gewaltsamen Eingriffe in die Landeswährung, namentlich die Außerkurssetzung des ostafrikanischen Papier- und Kriegskleingeldes, hat auch die Eingeborenen, die auf das einheimische Geld angewiesen waren, schwer geschädigt; indische und griechische Händler konnten ihnen dann z. B. die Noten für ein Viertel des Wertes abnehmen.

D 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Clemenceau erließ für Elsaß-Lothringen am 26. 11. 18 eine Verfügung, nach der vom 15. 12. ab die Zahlung mit deutschem Geld, deutschen Banknoten und sonstigen Wertpapieren bei Strafe verboten wurde.
      Für die deutsche Bevölkerung wurde für die Mark ein Zwangskurs festgesetzt, der nur 60 Cts. betrug, während den Elsaß-Lothringern für die Mark 1 Frank 25 Cts. bezahlt werden sollte.

1918/19 Saargebiet. Französische Behörden:
      Als die ersten Zahlungen seitens der Saarbrücker Behörden an die französische Verwaltung 1918 geleistet werden mußten, verlangten die französischen Behörden, daß diese Zahlungen zum festen Umrechnungskurse von 2 Mark für 1 Frank in Mark zu entrichten seien. Der kursliche Wert war damals nur 1,50 Mark bis 1,75 Mark. Allmählich zog der Preis für die Mark an, so daß April 1919 der Frank schon mit 2,35 Mark bezahlt werden mußte.
      In dem Augenblick, in welchem der Allgemeinkurs 2 Mark für den Franc erreicht hatte, erschien eine neue französische Verordnung, derzufolge Zahlungen an die französische Verwaltung nicht mehr in Mark, sondern in Francs zu leisten seien.

Dieser Vorgang zeigt deutlich, daß Frankreich rücksichtslos seine Macht gebraucht, das Saarland auf jede mögliche Weise auszurauben.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel