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I. Das
österreichisch-ungarische Erbe
1. Der tschechoslowakische Anteil an
Bodenfläche und Bevölkerung
a) Allgemeine Übersicht
Aus dem territorialen Erbe der alten
österreichisch-ungarischen Monarchie, die eine Fläche von
676.000 qkm umfaßte, fielen dem neugegründeten
tschechoslowakischen Staate die sogenannten historischen Länder
Böhmen, Mähren und Schlesien (die Sudetenländer) und die
Slowakei und Karpathenrußland (Karpathenländer) zu. Durch das
Friedensdiktat von St. Germain mußte an Böhmen von
Niederösterreich ein Teil des Weitraer Gebietes im Ausmaße von
118 qkm und an Mähren ein Teil des Feldsberger Gebietes im
Ausmaße von 93 qkm abgetreten werden. In Versailles wurde der
Tschechoslowakei das Hultschiner Ländchen mit einem
Flächeninhalt von 285 qkm zugesprochen, dagegen mußte sie
von Schlesien einen Teil des Teschener Gebietes (1009 qkm) an Polen
abtreten. Insgesamt umfaßt die Tschechoslowakei nach den im Laufe der
vergangenen 16 Jahre vorgenommenen kleinen Grenzbereinigungen ein Gebiet
von 140.493 qkm. Davon entfallen auf
Böhmen |
52.062 |
qkm, |
d. s. |
37,08% |
der |
Gesamtfläche |
Mähren-Schlesien |
26.808 |
" |
" |
19,04% |
" |
" |
Slowakei |
49.006 |
" |
" |
34,86% |
" |
" |
Karpathenrußland |
12.617 |
" |
" |
9.02% |
" |
" 4 |
Sie übernahm also aus dem
österreichisch-ungarischen Ländererbe ungefähr
21 v. H.
Das neue mitteleuropäische Staatsgebilde ist durch eine Grenze von 4.125
Kilometern von seinen staatlichen Nachbarn (Deutsches Reich, Polen,
Rumänien, Ungarn und Österreich) getrennt.
[21]
Land |
Länge der
Staatsgrenze (in km) gegen |
Deutschland |
Polen |
Rumänien |
Ungarn |
Österreich |
im ganzen5 |
Böhmen |
1.212 |
--- |
--- |
--- |
260 |
1.472 |
Mähren-Schlesien |
338 |
119 |
--- |
--- |
199 |
656 |
Slowakei |
--- |
577 |
--- |
695 |
99 |
1.371 |
Karpathenrußland |
--- |
288 |
201 |
137 |
--- |
626 |
Tschechoslowakei |
1.550 |
984 |
201 |
832 |
558 |
4.125 |
Entfernungen in der Luftlinie:
West-Ost: Eger - Marmaros 930 km,
Nord-Süd: Tetschen - Oberhaid 250 km,
Oderberg - Feldsberg 160 km,
Oderberg - Preßburg 200 km,
Bartfeld - Kaschau 95 km. Bahnfahrt
Prag - Ungvar 20, Eger - Huszt 27
Schnellzugstunden.
Auf dem Boden des tschechoslowakischen Staates gibt es nach den
anläßlich der amtlichen Volkszählung am 1. Dezember 1930
durchgeführten Erhebungen 15 734 Gemeinden.6
Von den 37,3 Millionen Einwohnern der österreichischen
Reichshälfte wohnten auf den zur tschechoslowakischen Republik
zusammengeschlossenen Gebieten rund 13,6 Millionen Menschen, d. s.
37. v. H. Der Bevölkerungsstand nach den Ergebnissen7 der beiden Volkszählungen vom
15. Februar 1921 und 1. Dezember 1930 zeigt folgendes Bild:
Land
(Gebiet nach dem Stande vom 1. 1.
1934) |
Flächenaus-
maß in qkm |
Zahl der anwesenden
Bevölkerung |
1. 12. 1930 |
15. 2. 1921 |
Böhmen |
52.062 |
7.109.376 |
6.670.610 |
Mähren-Schlesien |
26.808 |
3.565.010 |
3.338.977 |
Slowakei |
49.006 |
3.329.793 |
2.998.244 |
Karpathenrußland |
12.617 |
725.357 |
604.593 |
Tschechoslowakei |
140.493 |
14.729.536 |
13.612.424 |
Damit fiel der Tschechoslowakei der wirtschaftlich reichste und entwickeltste Teil
der österreichisch-ungarischen Monarchie zu, denn hier liegen die
ausgedehnten Wälder des Böhmerwaldes, Erzgebirges, der Sudeten
und Karpathen, die fruchtbaren Niederungen des
Moldau-, Eger-, Elbe-, March- und Theißbeckens, ferner die
weltberühmten Thermalquellen und Säuerlinge Westböhmens
(Karls- [22] bad, Franzensbad,
Marienbad, Gießhübel, Krondorf, Klösterle usw.), die
ergiebigen Braunkohlenlager Nordwestböhmens, die
Erz- und Steinkohlenlager in Mittelböhmen, Schlesien und in der Slowakei,
kurz ein Gebiet, das ebenso durch seine Fruchtbarkeit und
Bodenschätze reich, als durch sein Landschaftsbild schön
ist.
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