Teil 2: Der
nationalsozialistische Wirtschaftsaufbau
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seit der Machtübernahme C. Aufwärts mit Adolf Hitler IV. Die Entwicklung des deutschen Gewerbes 1. Der Auftrieb im Gesamtgewerbe Mit dem Jahre 1933 hat sich die Lage der deutschen Wirtschaft, vor allem aber die des deutschen Gewerbes, grundsätzlich gewandelt gegenüber der Wirtschaftslage, die im ersten Teil dieses Buches für das Jahr 1933 geschildert worden ist. Wenn bisher in diesem Buche noch an keiner Stelle die Volks- und Betriebszählung von 1933 verwertet wurde, so hat dies seine Ursache darin, daß zu dem Zeitpunkt dieses Querschnittes durch die deutsche Wirtschaft, am 15. Juni 1933, in der deutschen Wirtschaft Verhältnisse herrschten, die sich in den drei Jahren des Aufbaues grundlegend wieder verändert haben. Die Zahlen der Volkszählung von 1925 dürften heute mehr Berechtigung haben und eine sicherere Grundlage für die derzeitige Verteilung der Kräfte in der Wirtschaft bieten, als es die Volks- und Betriebszählung von 1933 sein könnte. Die nationalsozialistische Regierung hat mit der Machtübernahme den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aufgenommen und führt diesen mit ungeschwächter Kraft weiter. Die zahlreichen im ersten Abschnitt dieses Teiles geschilderten Maßnahmen stehen scheinbar nur in losem Zusammenhange miteinander. Sie haben aber durch ihr Zusammenwirken einen Aufschwung ermöglicht, der die Inbetriebnahme eines großen Teiles der Anfang 1933 stillgelegten Erzeugungsanlagen ermöglichte. Die gesamte Industrieproduktion ist von monatlich 2,8 Milliarden Reichsmark im Herbst 1932 auf nahezu 5 Milliarden Reichsmark im Herbst 1935 angestiegen. Die Nachfrage, die durch die öffentliche Arbeitsbeschaffung geweckt wurde, konnte rasch und mühelos befriedigt werden, ohne daß zunächst neue Erzeugungsanlagen geschaffen werden mußten. Durch die erhöhten Aufträge trat dabei eine fühlbare Erleichterung in allen Betrieben des Gewerbes ein, weil die Last der festen Kosten sich auf eine größere Menge erzeugter Waren verteilte. Erst bei weiterem Ansteigen der Produktion und des Absatzes konnten die Unternehmer wieder daran denken, neue Produktionsanlagen zu errichten. Dies trifft aber nur für einige Wirtschaftszweige zu, da auch im Jahre 1935 die gesamten Produktionsanlagen der deutschen Industrie nur zu etwa zwei Dritteln ausgenutzt waren.
[280-281=Abb.] [282] Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und später der Aufbau der Wehrmacht brachten vor allem eine Belebung derjenigen Wirtschaftszweige, deren Produktion in der Krise besonders stark zurückgegangen war, nämlich bei den Industriezweigen, die die Neu- und Ersatzanlagen (Gebäude, Maschinen, Werkzeuge usw.) zur Erzeugung von Gebrauchsgütern herstellen. Dazu kam die Beschaffung von Neuanlagen zur Verbreiterung der heimischen Rohstoffbasis und zur Bewältigung der Aufgaben, die sich aus der Wiedererringung der Wehrhoheit ergeben. So hat sich das Arbeitsvolumen in diesen sogenannten Produktionsgüterindustrien in den ersten drei Jahren um fast vier Fünftel gehoben, während in den Industriezweigen, die direkte Verbrauchsgüter herstellen, die Steigerung nur etwas über ein Viertel beträgt. Betrachten wir nun kurz die Entwicklung in den Hauptgruppen der gewerblichen Wirtschaft.
2. Die Entwicklung der Erzeugungswirtschaft Die erhöhte Tätigkeit in allen Wirtschaftszweigen brachte naturgemäß einen gesteigerten Verbrauch an Kohle, dem Hauptenergieträger, mit sich. Nicht nur der Jahresabsatz, auch der Auslandsabsatz an Kohle konnte ab 1934 fortgesetzt gesteigert werden. Die Steigerung des Inlandsverbrauches an Kohle ist zu einem wesentlichen Teile dem Aufschwung der Metallindustrie zu verdanken. Die eisenschaffende Industrie konnte durch den Bau der Reichsautobahnen, die gesteigerte Bautätigkeit, den erhöhten Bedarf an Maschinen und die Rüstungsaufträge im Jahre 1935 eine Erhöhung des Jahresabsatzes auf das Dreifache gegenüber 1932 erreichen. Aus denselben Gründen erfuhr auch die Industrie der Nichteisen-Metalle und die Maschinenindustrie eine beträchtliche Ausdehnung. Eine ganz besondere Belebung zeigte sich bei der Kraftfahrzeugindustrie, die infolge der Steuerfreiheit für neue Wagen geweckt wurde. Erzeugung und Absatz von Kraftfahrzeugen konnten im Jahre 1935 einen Umfang in bisher nicht gekanntem Maße erzielen. Der Bau des Reichsautobahnnetzes, das eine Länge von 7000 Kilometer bei einem Kostenaufwand von etwa eineinhalb Milliarden RM. aufweisen wird, wird die Motorisierung weiterhin fördern. (Siehe Bilder Seite 290.)
In der Bauwirtschaft brachten die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einen starken Aufschwung der Beschäftigung beim Hoch- und Tiefbau. Obwohl beträchtliche Geldmittel für Um- und Neubau von Wohnungen bewilligt wurden, reicht der Reinzugang an Wohnungen trotzdem nicht aus, um den laufenden Markt zu befriedigen. Vom Baumarkt her wird deshalb weiterhin ein Auftrieb zu erwarten sein, der sich auf alle Industriegruppen befruchtend auswirken wird, zudem auch die private Bautätigkeit bereits ein starkes Ansteigen aufweist. Die Zahl der in der Bauwirtschaft Beschäftigten hatte bereits Mitte 1935 den Höchststand der Nachkriegszeit im Jahre 1929 wesentlich überschritten.
Durch die erhöhte Bautätigkeit war die Holzindustrie nicht hinter dem allgemeinen Aufstieg zurückgeblieben. Die Möbelindustrie konnte infolge der Gewährung von Ehestandsdarlehen und der allgemeinen Erhöhung der Zahl der Eheschließungen eine besondere Belebung verzeichnen. Dagegen blieb die Papierindustrie in ihrer Entwicklung hinter dem allgemeinen Aufschwung zurück. Immerhin ist sie nicht schlechter als im Jahre 1928 beschäftigt. Die Textilwirtschaft weist im allgemeinen in allen Sparten eine günstige Lage auf. Die Baumwoll- und Wollindustrie hat allerdings unter einem gewissen Rohstoffmangel zu leiden, der aber durch Kompensationsgeschäfte zum Teil wieder beseitigt werden konnte. Außerdem konnte die Erzeugung einheimischer Textilrohstoffe beträchtlich gesteigert werden, so daß die Textil- [283] industrie ausreichend versorgt werden kann. Bei der Leinen-, Seiden-, Hanf- und Juteindustrie ist im allgemeinen eine stetige Aufwärtsbewegung zu verzeichnen. Dieselben Schwierigkeiten, die für Textilindustrie und in deren Gefolge für die Bekleidungsindustrie gelten, sind auch für die Leder- und Schuhindustrie bestimmend, die gleichfalls zu einem Teile mit Rohstoffen aus dem Auslande versorgt werden. Die Bedürfnisse des Marktes konnten aber auch hier voll und ganz befriedigt werden.
3. Um die Rohstoffversorgung Überhaupt zeigte sich die Rohstoffversorgung der deutschen Industrie als eines der schwierigsten Probleme bei dem Aufbau der Wirtschaft. Die Arbeitsbeschaffung konnte nur mit Erfolg durchgeführt werden, wenn neben Arbeitskraft und Maschinen auch ausreichende Rohstoffe vorhanden waren. Durch die Verzinsung und Tilgung der Auslandsschulden und die damit zusammenhängende Devisenverknappung wurde aber die Einfuhr von Rohstoffen aufs äußerste erschwert. Da 45% der in der Industrie verarbeiteten Rohstoffe aus dem Auslande stammen, so waren zwei Gruppen von Maßnahmen notwendig:
Durch die Einführung von Überwachungsstellen für die Rohstoffeinfuhr wurde dafür gesorgt, daß die Einfuhrmengen mit den Zahlungsmöglichkeiten in Einklang gebracht wurden und daß gleichzeitig die Beschaffung ausländischer Rohstoffe im Wege von Tauschgeschäften gefördert wurde. Die neue Außenwirtschaftspolitik war infolgedessen darauf abgestellt, die Versorgung Deutschlands in erster Linie mit solchen ausländischen Waren, die für die heimische Produktion schwer ersetzbar sind, nach Maßgabe der verfügbaren Devisen sicherzustellen. Immerhin konnten 1935 noch für 2,6 Milliarden Reichsmark Rohstoffe und Handfabrikate eingeführt werden, vor allem, weil die Einfuhr an Lebensmitteln und Fertigwaren stark eingeschränkt werden konnte. So waren die Rohstoffe, die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftstätigkeit notwendig waren, vorhanden.
Auf der anderen Seite wurden aber auch viele Maßnahmen ergriffen, um die heimische Rohstoffproduktion zu steigern. In Zusammenarbeit mit den Privatunternehmern und unter Ausschöpfung der wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Möglichkeiten ist es gelungen, auf vielen Gebieten Erfindungen zu entwickeln und für die Praxis in größerem Umfange nutzbar zu machen. Ferner fehlte es auch nicht an Bestimmungen, die den Verbrauch an ausländischen Rohstoffe nach Möglichkeit einschränken, um den Verbrauch einheimischer Rohstoffe zu fördern. So ist es gelungen, die inländische Rohstofferzeugung nach einer Schätzung des Instituts für Konjunkturforschung etwa um ein Fünftel zu steigern gegenüber der Rohstofferzeugung der deutschen Industrie im Jahre 1928. Der Einkauf von Rohstoffen wird auch weiterhin in dem Umfange sichergestellt werden, wie er zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung der deutschen Industrie notwendig ist. Die Methode der Einfuhrdrosselung ist nicht nur sehr schwer durchzusetzen, sie ist auch für ein Veredelungsland wie Deutschland die verkehrteste, die man sich denken kann. Ohne Einfuhr ist keine Ausfuhr möglich, und ohne Ausfuhr werden die Auslandsschuldverpflichtungen vollends unerfüllbar. Trotzdem wurde unter dem Druck der Gläubigerstaaten unsere Einfuhr dauernd vermindert. Gemessen an der Industriekapazität einerseits und an den geringen [284-285=Abb.] [286] Rohstoffvorräten andererseits müßte der deutsche Einfuhrrückgang der geringste unter allen einigermaßen vergleichbaren Ländern sein. Er ist in Wirklichkeit der größte. Die deutsche Einfuhr hat im Jahre 1935 einen Stand erreicht, der einfach nicht mehr unterschritten werden kann, wenn Deutschland nicht aus Mangel an Rohstoffe weitgehend aus der Weltwirtschaft ausscheiden will. Im Gegenteil, angesichts der steigenden Rohstoffpreise wird sich die Einfuhr wertmäßig sogar erhöhen müssen. Wenn die Welt das verwehren will, wenn sie glaubt, den Welthandel dadurch beleben zu können, daß sie Deutschland noch weiter in eine Zwangsautarkie hineintreibt, so wird auch das zu tragen sein. Daß Deutschland aber freiwillig die Hand dazu bietet, kann niemand erwarten.
Deutschland ist ein typisches Veredelungsland. Als solches muß es den Gedanken der Weltwirtschaft wieder bejahen und den Gedanken an eine Autarkie ablehnen. Autarkie bedeutet immer Armut und bedeutet das für Deutschland erst recht. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß sich Deutschland einen kräftigen Binnenmarkt schaffen und erhalten will. Dazu werden vor allem auch die Maßnahmen, die zur Verteidigung und Förderung der deutschen Ausfuhr ergriffen wurden, beitragen.
4. Verteidigung der Ausfuhr In den Jahren 1933 und 1934 ging die Ausfuhr noch fortgesetzt zurück, da sich infolge der Weltwirtschaftskrise die Gläubigerländer weigerten, die Bezahlung der Schulden mit Waren entgegenzunehmen. Ferner trug auch die Entwertung des Pfundes und des Dollars und der Boykott deutscher Waren durch die jüdischen Hetzer zu dem Rückgang des Absatzes deutscher Waren im Auslande bei. Zur Förderung der Ausfuhr und Bekämpfung dieser Schwierigkeiten trug die Einführung des Kompensationsverkehrs wesentlich bei, ferner auch die Errichtung von Ausländersonderkonten für Inlandszahlungen und die Ermöglichung von Rohstoffkreditgeschäften. Am 24. September 1934 trat der sogenannte "Neue Plan" in Kraft und bis zum Oktober 1935 war es bereits erreicht, daß Ein- und Ausfuhr ausgeglichen sind, so daß kein Einfuhrüberschuß mehr entstand, wie in den Jahren 1933 und 1934, durch den ja die deutsche Auslandsverschuldung noch weiter anstieg.
Allerdings brachten alle diese Maßnahmen in der deutschen Außenwirtschaft eine grundlegende Änderung in der Verteilung des Warenverkehrs mit den anderen Ländern. Die Einfuhr aus Nordamerika und den europäischen Staaten ging in großem Umfange zurück, während der Verkehr mit den südamerikanischen und südosteuropäischen Ländern, die bereit waren, deutsche Waren aufzunehmen, stark anstieg. Es blieb ja in Deutschland keine andere Möglichkeit, als seine Rohstoffe in Ländern zu kaufen, die bereit waren, deutsche Fertigwaren in gleicher Höhe aufzunehmen. Fast 90% der deutschen Außenhandelsumsätze sind Ende 1935 zweiseitig, d. h. sie beruhen auf dem Warenaustausch. (Siehe Bild Seite 28[5] unten [Scriptorium: nachfolgend].)
Über die weitere Entwicklung der außenwirtschaftlichen Beziehungen führte Reichsbankpräsident Dr. Schacht aus:
"Bahnt sich im Laufe der Zeit eine neue Weltwirtschaft an, so hat Deutschland mit zwei großen Passivposten fertig zu werden, mit seiner Auslandsverschuldung und seiner Rohstoffknappheit. In beiden Fällen befindet es sich aber nicht in einer einseitigen Zwangslage. Eine Abtragung der Schulden zu ermöglichen, haben die Gläubiger ein gleiches, wenn nicht ein größeres Interesse als die Schuldner. Ohne Rohstoffe ist aber keine Ausfuhr und damit wiederum keine Schuldentilgung möglich. Im übrigen beginnt man zu erkennen, daß das Rohstoffproblem ein Weltproblem ist. Die darauf hinzielenden [287] Ausführungen des englischen Außenministers in Genf einerseits und der italienische Kolonialkrieg andererseits sind deutliche Zeichen dafür, daß die Bedeutung dieser Frage erkannt wird.
5. Die Entwicklung der Verbrauchswirtschaft Durch die Regelung der Außenwirtschaft wurde also erreicht, daß diejenigen Rohstoffe vorhanden sind, die die deutsche Industrie unbedingt brauchte. So trat an den Gütern des täglichen Bedarfs des Volkes kein direkter Mangel ein. In allen Verbrauchsgütern stieg aber entsprechend der Zunahme der Arbeitseinkommen der Absatz an. Für das Hausratsgewerbe war dabei die Zunahme der Eheschließungen wie bei der Möbelindustrie von besonderer Bedeutung. Da aber das Einkommen des einzelnen Haushalts noch wenig angestiegen ist, so konnte vielfach der durch die Zeit der Arbeitslosigkeit entstandene Bedarf an Einrichtungsgegenständen und Hausrat noch nicht gedeckt werden. Die Belebung dieser Wirtschaftszweige hielt sich also in mäßigen Grenzen. Bei den Luxuswaren war die Absatzbelebung dementsprechend noch geringer, da für sogenannte "Sonderanschaffungen" bei der Verarmung des deutschen Volkes noch wenig Mittel zur Verfügung stehen.
Beim Nahrungs- und Genußmittelgewerbe ist die Steigerung des
Verbrauchs lange nicht in dem Umfange festzustellen wie bei den anderen
Wirtschaftszweigen. Der Verbrauch an diesen lebensnotwendigen Erzeugnissen
war ja auch nicht in dem Umfange zurückgegangen wie der Verbrauch und
die Erzeugung von Bekleidung, Hausrat und Produktionsmitteln. Trotzdem ist ein
Ansteigen des Fleischverbrauchs, des Fettverbrauchs und des Konsums von
Genußmitteln, wie Zigarren, Zigaretten, Bier zu beobachten. 1935 war
erfreulicherweise bei den Kolonialwaren, wie Kaffee, Tee, Kakao und bei
Südfrüchten ein Rückgang der Einfuhr gegenüber
1933/1934 festzustellen. Im Ganzen gesehen haben sich aber die Geschäfte
des Mittelstandes, der ja überwiegend den Lebensbedarf des Volkes
vermittelt, gut belebt, wie im folgenden ausgeführt wird. (Siehe Bilder auf
den vorhergehenden Seiten.)
Nationalsozialistischer Wirtschaftsaufbau und seine Grundlagen Ein bildstatistischer Tatsachenbericht Dr. Paul Blankenburg und Max Dreyer |