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IV. Die wichtigsten Rohstoffe und ihre Quellen (Forts.)

7. Kolonialwaren

Unter Kolonialwaren werden gemeinhin alle die Nahrungs- und Genußmittel verstanden, die Europa gar nicht oder nur in beschränktem Maße hervorbringt. Es handelt sich dabei vorwiegend um Dinge, deren Verbrauch früher mehr oder weniger ausschließlich auf die wohlhabenderen Bevölkerungsschichten sich beschränkte, der allmählich aber auf die breiten Massen des Volkes überging und heute zur Lebenshaltung aller Bevölkerungsschichten gehört. Das Verzeichnis dieser Kolonialwaren ist sehr mannigfaltig zusammengesetzt. Wir beschränken uns im Rahmen unserer Darstellung auf einige wichtige und besonders typische Produkte.

Zu ihnen ist vor allen Dingen der Kakao zu rechnen, der ziemlich schnell eine erhebliche Bedeutung für die Volksernährung erlangt hat, obwohl er noch vor einem Menschenalter als ein Luxusverbrauchsmittel angesehen wurde. Die nachstehende Übersicht zeigt die Einfuhr von Kakaobohnen nach Deutschland seit 1880:


Jahr       1000 t     Millionen M     Jahr       1000 t     Millionen M  

1880   2,2   2,9   1905 29,6 33,0
1885   3,3   5,0   1906 35,7 41,2
1890   6,2   8,1   1907 34,5 62,2
1895 10,0 10,6   1908 34,4 45,5
1900 19,3 28,7   1909 40,7 42,1
1901 18,5 24,7   1910 43,9 45,4
1902 20,7 26,2   1911 50,9 55,5
1903 21,6 26,0   1912 55,1 63,6
1904 27,1 32,5   1913 52,9 67,1

Die Einfuhr hat sich sonach, von einigen Schwankungen abgesehen, auf einer stark ansteigenden Linie bewegt, und es ist sehr bemerkenswert, daß diese Linie auch in der Nachkriegszeit nur vorübergehend unterbrochen worden ist. Es wurden an Kakaobohnen eingeführt

1923 ....... 50 749 t im Werte von 37,5 Millionen M
1924 88 093 t " " " 65,6     "       "
1925 80 997 t " " " 76,4     "       "

[87] Diese Entwicklung ist angesichts des hohen Wertes des Kakao, namentlich für die Ernährung der Kinder, an sich durchaus zu begrüßen. Sie beruht zum Teil auf dieser Wertschätzung, nicht weniger aber auf dem Umstand, daß der Kakao gegenüber dem Frieden nicht wesentlich teurer geworden ist. Im Durchschnitt des Jahres 1913 stellte sich der Preis für 50 kg nach den Hamburger Notierungen auf 60 s, während er 1924 um 40 s schwankte und im Durchschnitt Juli/August 1925 49 s betrug. Im Kleinhandel kostete das Pfund 1913 durchschnittlich 1,40 M, jetzt 1,60 M. Kakao hat als Volksgetränk den Kaffee weit zurückgedrängt, dessen Kleinhandelspreis sich gegenüber dem Frieden mehr als verdoppelt hat und dessen Verbrauch dementsprechend gesunken ist. Auf den Kopf der Bevölkerung gerechnet, ergeben sich für den jährlichen Kakaoverbrauch und seine Steigerung in Deutschland folgende Zahlen:

1836/45 ......... 10 g     1902 ......... 340 g     1911 ......... 750 g
1846/60 20 "   1903 350 "   1912 810 "
1861/70 30 "   1904 440 "   1913 770 "
1871/80 50 "   1905 470 "
1881/85 60 "   1906 550 "   1920 740 "
1886/90 100 "   1907 520 "   1921 1240 "
1891/95 160 "   1908 520 "   1922 1360 "
1896/1900 280 "   1909 610 "   1923 800 "
1901 300 "   1910 640 "   1924 1380 "
  1925 1300 "

Die Ausfuhr von Kakaobohnen ist unerheblich. Sie belief sich 1913 auf 363 t im Werte von 45 000 M, 1923 auf 33 t, 1924 auf 149 t im Werte von 52 000 M. Für 1925 ist eine Ausfuhr von Kakaobohnen nicht zu verzeichnen.

Die Erzeugung von Kakaoprodukten aller Art für den deutschen Markt war und ist auch heute noch fast ausschließlich Sache der deutschen Industrie. Die Einfuhr dieser Artikel, die sich aus der Handelsstatistik im übrigen nicht rein aussondern läßt, jedoch im wesentlichen ans geröstetem Kakao, Kakaopulver, Schokolade, Fabrikaten daraus und Kakaobutter besteht, betrug

1913 ....... 2 840,7 t im Werte von 7,9 Millionen M
1923 401,4 t " " " 1,3     "       "
1924 1 368,1 t " " " 3,2     "       "
1925 681,5 t " " " 2,2     "       "

Auch die Ausfuhr der gleichen Artikel ist nicht allzu erheblich. Sie betrug

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1913 ....... 5 919,9 t im Werte von 14,6 Millionen M
1923 6 606,8 t " " " 13,8     "       "
1924 6 900,0 t " " " 12,6     "       "
1925 3 948,8 t " " " 6,3     "       "

Deutschland stand mit einem Kakaoverbrauch von 51 053 t nach Angabe des Internationalen Landwirtschaftlichen Instituts in Rom im Jahre 1913 unter allen Ländern der Erde an zweiter Stelle, nur wenig hinter den Vereinigten Staaten (67 595 t); in weitem Abstand erst folgten Holland (30 016 t), Frankreich (27 774 t) und England (27 586 t). Gegenwärtig ist Deutschland trotz der vergleichsweise großen Steigerung seines Verbrauchs in dieser Beziehung erheblich ins Hintertreffen geraten, denn im Jahre 1923 bereits entfielen vom Weltverbrauch auf die Vereinigten Staaten 181 915 t, auf England 59 151 t, dann erst kam Deutschland mit 50 716 t, wobei im übrigen zu berücksichtigen ist, daß ein Vergleich mit den früher für Deutschland angegebenen Zahlen infolge der Gebietsabtretungen nur beschränkt zulässig ist.

Die außerordentliche Steigerung des Weltverbrauchs an Kakao hat naturgemäß die Produktion in der ganzen Welt gewaltig angeregt und sie gegenüber der Vorkriegszeit rund verdoppelt. Es betrugen in 1000 t

Welt-
  ernte1  
Welt-
verbrauch1
  Welt-
  ernte1  
Welt-
verbrauch1
1905 ..... 144,7 143,1  1916 ..... 297,0 269,3
1906 147,9 157,5  1917 347,4 325,4
1907 150,4 157,3  1918 276,6 319,2
1908 194,0 165,7  1919 461,6 396,3
1909 206,4 195,4  1920 371,2 374,2
1910 220,1 200,7  1921 386,9 401,6
1911 241,4 230,5  1922 403,3 414,7
1912 234,4 249,7  1923 455,2 436,4
1913 253,6 251,7  1924 500,2 476,5
1914 277,5 264,3  1925 493,6 472,6
1915 296,6 311,2

Es zeigt sich, daß Weltverbrauch und Welternte im allgemeinen einander ziemlich die Wage hielten, und daß namentlich die Entwicklung des Verbrauchs denen recht gegeben hat, die schon in der Vorkriegszeit die Kakaokultur in den tropischen Gebieten für einen besonders aussichtsreichen Produktionszweig hielten.

[89] In den deutschen Schutzgebieten wurde aus diesen Erwägungen heraus der Kakaobau nach Möglichkeit gefördert, und zwar schienen sich die günstigsten Vorbedingungen dafür in Kamerun zu finden. Der vulkanische Verwitterungsboden am Fuße des Kamerunberges wurde zunächst für die Anlage der Kulturen in Aussicht genommen, außerdem kamen Gebiete am schiffbaren Sanaga im Bezirk Edea sowie im Bezirk Duala in Frage. Es wurde mit den Mitteln gearbeitet, die bereits bei früheren Kulturunternehmungen besprochen wurden: Das Gouvernement bemühte sich, die noch ziemlich beschränkte Kakaogewinnung der Eingeborenen in den zunächst dafür in Frage kommenden Bezirken durch Einrichtung von Kakaoinspektionen zu heben, deren Beamte die Aufgabe hatten, die Farbigen durch Anlage von Musterfarmen, durch Belehrung über Anbau und Aufbereitung der Ernte zu einer sachgemäßen Kultur anzuleiten. Daß die Eingeborenen einer solchen Belehrung durchaus zugänglich waren, ergibt sich aus der Tatsache, daß sich ihre Erzeugung von 1910 bis 1912 mehr als verdoppelt hat. Daneben wurde die Kakaoproduktion der europäischen Pflanzer mit allen verfügbaren Mitteln und mit unleugbarem Erfolg gefördert. Die Anbaufläche auf den Europäerpflanzungen, die 1908 7 579 ha betrug, war 1913 bereits auf 13 161 ha angewachsen.

In Togo lag die Kakaokultur fast ausschließlich in den Händen der Eingeborenen. Auch dort ist erreicht worden, daß, vor allem im Bezirk Misahöhe, der Anbau sich stark ausdehnte. Im letzten Vorkriegsjahr hatte dort auch eine Europäerpflanzung den Kakaobau aufgenommen.

In Ostafrika hatte die Sigi-Pflanzungsgesellschaft im nördlichen Teil des Schutzgebietes, am Fuße des Gebirges, wo günstige klimatische Vorbedingungen eine Ausdehnung der Kultur erwarten ließen, den Kakaoanbau mit gutem Ergebnis begonnen.

Besondere Fortschritte machten die Anlagen von Kakaopflanzungen auf Samoa, die ebenfalls gefördert wurden durch die von der Regierung unterstützten Bemühungen, durch Auswahl geeigneter Sorten ein marktfähiges Produkt zu erzeugen. Der auf Samoa gewonnene Kakao war von besonders guter Beschaffenheit und erzielte hohe Preise. Die Fläche der Europäerpflanzungen, die 1908 dort 1519 ha betrug, war 1913 auf 3613 ha gestiegen.

Die Erfolge dieser Bemühungen spiegeln sich in den Ausfuhrzahlen sehr deutlich wider. Es wurden ausgeführt aus

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  Kamerun   Togo    Ostafrika    Südsee

Jahr in Tonnen

1898     245,9 –   –     –  
1899 253,7 –   –   –  
1900 260,6 0,03 –   –  
1901 528,4 0,07 –   –  
1902 648,3 0,23 –   –  
1903 912,9 0,9  0,05 4,6
1904 1 142,9 10,6  0,5  21,5
1905 1 413,6 13,1  0,2  27,5
1906 1 252,1 28,6  4,0  92,2
1907 1 797,6 52,2  4,6  117,0
1908 2 447,3 82,7  3,1  104,7
1909 3 322,8 133,6  3,2  393,6
1910 3 431,1 137,1  7,6  544,8
1911 3 582,5 231,0  8,0  706,5
1912 4 552,6 283,0  11,8  808,1
1913 5 157,5   334,9  •    •   

Die Ausfuhr aller Kolonien zusammen betrug somit 1912 bereits 5655,5 t im Werte von 5,41 Millionen M.

Die Zahlenreihen zeigen ein ununterbrochenes Ansteigen, das den Beweis für das Vorhandensein geeigneter Vorbedingungen für den Kakaobau in fast allen besetzten Schutzgebieten liefert, und es ist hervorzuheben, daß nach den Angaben des Internationalen Landwirtschaftlichen Instituts in Rom auch in der Nachkriegszeit die Erträge stark angewachsen sind. Für Kamerun z. B. wird dort die jährliche Produktion im Durchschnitt 1909/1913 auf 3855,1 t ausgegeben. Nach derselben Quelle betrug sie

1921 ......... 4 055,7 t     1923 ......... 5 119,1 t
1922 6 735,8 t   1924 7 710,4 t

Noch stärker ist die Ausbeute in Togo und Samoa in der Nachkriegszeit gewachsen. Nähere Angaben darüber sind im V. Abschnitt zu finden.

Daß die Zukunftsaussichten, die seinerzeit an einen deutsch-kolonialen Kakaobau geknüpft wurden, keineswegs übertrieben waren, beweist ein Blick auf die Entwicklung der Kakaoausfuhr der Goldküste. Sie begann im Jahre 1891 mit winzigen Mengen. Im Jahre 1897 stellte sie sich auf 70,5 t, 1903 war sie auf 2 315 t, 1906 auf 9 004 t angewachsen. Seither hat sie sich, und zwar ausschließlich auf Grund der Eingeborenenproduktion, folgendermaßen entwickelt:

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1907 ......... 9 503 t     1916 ......... 73 205 t
1908 12 946 t   1917 92 419 t
1909 20 534 t   1918 67 404 t
1910 23 112 t   1919 178 986 t
1911 40 357 t   1920 126 596 t
1912 39 260 t   1921 135 321 t
1913 51 200 t   1922 101 861 t
1914 53 735 t   1923 200 836 t
1915 78 514 t   1924 226 913 t

In dem knappen Zeitraum von eineinhalb Jahrzehnten ist die Goldküste somit aus sehr kleinen Anfängen heraus zum ersten Kakaoland der Welt geworden. Sie deckte im Jahre 1924 mit ihrer Erzeugung reichlich die Hälfte des gesamten Weltbedarfes. Wenn auch nicht ohne weiteres daraus auf die Möglichkeit einer gleich starken Produktionssteigerung in unseren früheren Schutzgebieten geschlossen werden darf, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß auch für sie, besonders für Kamerun, die Kakaokultur Aussichten in einem Maße bot, das einen Einfluß auf die Weltbedarfsdeckung wohl erwarten ließ. Die wichtigste Vorbedingung, geeignete klimatische und Bodenverhältnisse, war hier, wie auch bei anderen kolonialen Rohstoffen, gegeben.

Die Bedeutung einer Erzeugung innerhalb des Rahmens unserer eigenen Volkswirtschaft tritt beim Kakao deshalb besonders scharf hervor, weil hier auch ernährungswirtschaftliche, ja man kann sagen bevölkerungspolitische Momente eine weitere Verbrauchssteigerung im höchsten Grade wünschenswert erscheinen lassen. Je gedrückter unsere allgemeine wirtschaftliche Lage ist, um so wichtiger ist die Einbürgerung hochwertiger und nicht allzu teurer Artikel für den Massenverbrauch und vor allem für die Aufzucht des Nachwuchses. Bei einer Reihe anderer Kolonialwaren kommt dieser Gesichtspunkt zwar nicht in Frage, jedoch machen auch hier nationalwirtschaftliche Erwägungen die Schaffung eigener Produktionsquellen, die gleichzeitig die Produktionsgebiete wirtschaftlich kräftigen, nicht weniger erwünscht. Das ist z. B. der Fall beim Kaffee, dessen Verbrauch zwar, wie schon erwähnt, gesunken ist, der aber immer noch einen sehr wichtigen Posten in unserer Einfuhrstatistik darstellt.

Kaffee kommt fast ausschließlich in rohem Zustand nach Deutschland. Die Einfuhr von Röstkaffee war bereits im Frieden sehr gering und ist auch heute nicht sehr groß. Im Jahre 1913 wurden 93,3 t im Werte von 148 000 M eingeführt, 1923: 12,8 t, 1924: 112,2 t, 1925: 425,6 t im Werte von 1,3 Millionen M. Dagegen betrug die Einfuhr von Rohkaffee:

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Jahr       1000 t     Millionen M     Jahr       1000 t     Millionen M  

1880   94,2 150,8   1907 189,6 162,3
1885 118,1 112,2   1908 192,8 163,4
1890 118,1 219,7   1909 213,5 187,7
1895 122,4 202,5   1910 170,9 176,5
1900 160,8 155,8   1911 183,2 251,6
1901 172,0 147,7   1912 170,9 252,6
1902 171,4 143,2   1913 168,3 219,6
1903 182,0 145,2
1904 180,1 162,9   1923   38,7   51,8
1905 180,2 170,3   1924   55,3 115,0
1906 186,5 170,1   1925   90,4 226,5

Fast die gesamte Menge des eingeführten Kaffees kommt in Deutschland selbst zur Verarbeitung und zum Verbrauch. Ausgeführt wurden 1913 lediglich 267,5 t rohen und 541,5 t gerösteten Kaffees im Gesamtwert von 1,3 Millionen M, 1923: 0,3 t rohen, 49,0 t gerösteten, 1924: 16,7 t rohen, 46,4 t gerösteten, 1925: 98,6 t rohen, 64,2 t gerösteten Kaffees im Gesamtwert von 1,6 Millionen M.

Der Kaffeeverbrauch hat bereits in den letzten Jahren vor dem Kriege etwas abgenommen. Während er im Durchschnitt 1901/05 noch 3,0 kg auf den Kopf der Bevölkerung jährlich betrug, sank er bis 1913 auf 2,4 kg. Im Jahre 1923 stellte er sich auf 0,61 kg, 1924 auf 0,87 kg, 1925 auf 1,43 kg. Zur Deckung des deutschen Kaffeebedarfs war im letzten Jahre noch ein Aufwand von 216,5 Millionen M allein für rohen Kaffee erforderlich. Rund zwei Drittel des eingeführten Rohkaffees stammten im Frieden aus Brasilien, das auch 1925 mehr als vier Zehntel des deutschen Kaffeebedarfs deckte. Ein weiteres Viertel lieferte Guatemala. Es besteht also eine weitgehende Abhängigkeit von der Preisentwicklung in diesen Ländern, auf deren Gestaltung Deutschland mangels jeglicher Eigenproduktion einen Einfluß nicht ausüben kann. Die Auswirkung dieses Umstandes zeigt sich in der Tatsache, daß 1925 die Rohkaffeeeinfuhr nach Deutschland der Menge nach nicht viel mehr als die Hälfte, dem Werte nach aber mehr als die des letzten Friedensjahres betrug. Die Kaffeepreise sind eben in den letzten 15 Jahren außerordentlich stark in die Höhe gegangen. Während der Preis für 1 dz Superior Santos in Hamburg im Durchschnitt des Jahres 1908 77,5 M, 1909: 80,3 M, 1910: 96,1 M betrug, schnellte er 1911 auf 133,1 M, stellte sich 1912 auf 149,9 M, sank dann 1913 auf 127,1 M, um in der Nachkriegszeit abermals sehr stark zu steigen. Im Durchschnitt 1924 betrug er 189,2 M und überschritt im Verlauf des Jahres [93] 1925 die Grenze von 200 M. Im Kleinhandel hat sich, wie bereits erwähnt, der Kaffeepreis gegenüber dem letzten Friedensjahr mehr als verdoppelt.

Versuche, die deutschen Schutzgebiete zur Erzeugung von Kaffee nutzbar zu machen, sind bereits frühzeitig und zunächst mit wechselndem Erfolg unternommen worden, vor allem in Ostafrika. Die großen Hoffnungen, die man dort auf den Kaffeebau setzte, haben sich allerdings nicht durchgängig verwirklicht. Teils wurde er ohne genügende Erfahrung, teils nicht in den richtigen Gegenden unternommen. Auch der zeitweilige Rückgang des Kaffeepreises zwischen 1900 und 1907 hat diese Entwicklung gehemmt: Aus diesen Gründen hatte man in dem einstigen Hauptpflanzungsgebiet Usambara die Kultur erheblich eingeschränkt. Andrerseits hatte sich jedoch gezeigt, daß der Kaffeebau unter den richtigen Vorbedingungen in Ostafrika durchaus rentabel war, und es gelang, die Stockung in der Entwicklung der Europäerproduktion in den letzten Jahren vor dem Kriege zu überwinden. In den Hauptpflanzungsgebieten Wilhelmsthal, Moschi, Aruscha, Bukoba und Neu-Langenburg war eine bedeutende Ausdehnung der Kaffeepflanzungen zu verzeichnen, und mit der Steigerung der Quantität hob sieh auch infolge sorgfältiger Sortenauswahl und Verbesserung der Aufbereitung die Qualität. Die mit Kaffee bebaute Fläche auf den Europäerpflanzungen stieg von 2443 ha im Jahre 1910 auf 4803 ha im Jahre 1912. Daneben hatte auch der Kaffeebau der Eingeborenen, namentlich im Bezirk Bukoba westlich vom Viktoriasee, sich wesentlich ausdehnen können. Infolgedessen hob sich der über den Eigenbedarf des Schutzgebiets hinaus für den Export verfügbare Ernteertrag. Aus Ostafrika wurden an Rohkaffee ausgeführt:

1899 ......... 51,0 t     1907 ......... 631,9 t
1900 148,8 t   1908 1 010,5 t
1901 186,2 t   1909 908,6 t
1902 353,4 t   1910 995,6 t
1903 337,3 t   1911 1 176,5 t
1904 401,9 t   1912 1 575,4 t
1905 641,4 t   1913 1 058,9 t
1906 743,3 t

Nach dem Kriege hat sich der Kaffeebau in Ostafrika in steigender Richtung, auch bezüglich der erzielten Qualität, weiter entwickelt.

In Kamerun und Togo wurden in den letzten Friedensjahren ebenfalls Versuche mit dem Kaffeeanbau gemacht, die ein [94] abschließendes Urteil über die Möglichkeit der Kultur noch nicht erlaubten, sie aber in gewissem Umfang in beiden Kolonien aussichtsvoll erscheinen ließen.

Ständig im Steigen begriffen ist der Bedarf Deutschlands an Tabak, der vorwiegend in Form von unbearbeiteten Tabakblättern nach Deutschland gelangt. Von solchen wurden eingeführt:


Jahr       1000 t     Millionen M     Jahr       1000 t     Millionen M  

1880   9,2 12,9   1907 69,0 132,0
1885 34,5 55,2   1908 75,2 125,5
1890 44,3 77,6   1909 76,2 132,1
1895 50,9 88,4   1910 65,3 104,1
1900 58,1 97,8   1911 72,1 116,5
1901 58,6 112,3    1912 79,4 135,6
1902 58,6 91,3   1913 81,4 134,3
1903 60,5 90,3
1904 63,2 53,6   1923 61,7 117,7
1905 79,1 122,1    1924 97,9 209,1
1906 57,8 102,5    1925 120,0  260,4

Es zeigt sich, daß die Einfuhr in der Nachkriegszeit nur vorübergehend hinter der des letzten Friedensjahres zurückgeblieben ist, und daß sie im letzten Kalenderjahr den Friedensstand erheblich überschritt. Eine Wiederausfuhr von Rohtabak findet kaum statt. Sie betrug 1913: 433,9 t im Werte von 470 000 M, 1923: 282,3 t, 1924: 236,6 t, 1925: 243,2 t im Werte von 599 000 M.

Die Einfuhr von Tabakfabrikaten hat im Frieden nur eine untergeordnete Rolle gespielt, indessen hat die Bedarfsveränderung der Nachkriegszeit sie nicht unerheblich gesteigert und ihre Zusammensetzung in bemerkenswerter Weise beeinflußt. Es wurden eingeführt:


In 1000 t In Millionen M


 1913    1923    1924    1925    1913    1923    1924    1925

Tabakfabrikate überhaupt 4,8 5,6 8,4 4,6 15,6 3,9 8,2 5,8
darunter Rippen und Stengel   1,5 4,8 6,5 2,6 0,3 1,4 2,5 1,1
Pfeifentabak 0,1 0,2 0,4 0,3 0,2 0,4 0,9 0,6
Tabaklaugen 1,5 0,5 1,2 1,6 1,6 0,9 2,3 3,1

Die Einfuhr von Tabakfabrikaten hatte sich also 1924 der Menge nach fast verdoppelt, während sie dem Werte nach auf etwa die Hälfte gesunken war; innerhalb dieser Einfuhr haben sich die von billigem Rippen- und Pfeifentabak ganz besonders erhöht. Im [95] Jahre 1925 ist ein Rückschlag der Einfuhr eingetreten, der z. T. auf die Vorversorgung von 1924 wegen der in Aussicht stehenden Zoll- und Steuererhöhungen zurückzuführen ist.

Die Ausfuhr von Tabakfabrikaten ist von 1913 bis 1924 ebenfalls gestiegen, nämlich von 816,4 t im Werte von 7,3 Millionen M auf 1309,6 t im Werte von 7,9 Millionen M; im Jahre 1925 betrug sie 891,3 t im Werte von 6,9 Millionen M. Die Ausfuhrsteigerung beruhte in erster Linie auf dem Export von billigen Zigarren, der von 4116 t 1913 auf 10 048 t 1924 stieg, 1925 aber nur noch 388,7 t betrug.

Hinsichtlich der Fähigkeit unserer früheren Schutzgebiete, mit dem Ausland als Lieferant für den heimischen Bedarf in Wettbewerb zu treten, ist zunächst festzustellen, daß die Entwicklung des Tabakbaues in den Kolonien bis zum Kriegsausbruch noch in den Anfängen steckte. Mißerfolge wegen ungenügender technischer Kenntnisse und Erfahrungen, Absatzschwierigkeiten infolge unzulänglicher Verkehrseinrichtungen, Arbeitermangel hatten dazu geführt, den planmäßigen Tabakbau im großen zugunsten anderer, lohnenderer Kulturen aufzugeben. Erst in den letzten Jahren unserer Kolonialwirtschaft haben Bemühungen eingesetzt, die Tabakkultur in Ostafrika, Kamerun und Südwestafrika wieder zu beleben. Aus Ostafrika kamen bislang nur wenige Tonnen zur Ausfuhr, und ein abschließendes Urteil über die Anbauversuche war bisher nicht möglich. Dagegen ist in Kamerun der Tabakbau – und zwar Gewinnung von Zigarrendeckblatt – mit recht gutem Erfolge aufgenommen worden. Die Ernte betrug im Erntejahr 1910/1911: 56, 1911/1912: 412, 1912/1913: 1600 Ballen und wurde für 1913/1914 auf 4000 bis 5000 Ballen geschätzt. In Südwestafrika erzeugten die Kleinsiedlungen in Osona einen im Lande recht begehrten Pfeifentabak. Daneben wurden auch Versuche mit edleren türkischen Zigarettentabaken unternommen, deren Ergebnisse von seiten der Zigarettenindustrie eine ermutigende Beurteilung erfuhren. Eine staatliche Versuchsstation in Okahandja hatte ihren Betrieb im vorletzen Friedensjahr aufgenommen und sich die Züchtung geeigneter Tabaksorten zur Aufgabe gestellt. Alles das hat sich nicht mehr auswirken können, aber wir können mit Sicherheit annehmen, daß es gelungen wäre, einen wirklich ergiebigen Tabakbau in Deutsch-Afrika großzuziehen. Dabei würde es sich allerdings um Produkte für sehr verschiedene Verwendungszwecke gehandelt haben. Festgestellt ist, daß die an Klima und Boden zu stellenden Anforderungen in großen [96] Gebietsteilen des früheren Deutsch-Afrika vorhanden sind. Es darf vielleicht darauf hingewiesen werden, daß eins der wichtigsten Tabakgebiete, Sumatra, das 1912 über eine Viertelmillion Ballen Tabak im Werte von weit mehr als 100 Millionen M ausführte, zu diesem Ergebnis ebenfalls aus sehr kleinen Anfängen gelangt ist. Es exportierte 1864: 50, 1865: 189, 1866: 159, 1867: 210 Ballen, ein Maß der Steigerung, das beispielsweise in Kamerun überholt worden ist.

Die Reihe der Möglichkeiten, durch Kulturen Nutzen aus tropischen Gebieten zu ziehen, ist mit den aufgeführten Beispielen natürlich keineswegs erschöpft. Die Liste der Gegenstände, die wir als Kolonialwaren bezeichnen, weist sehr viele Posten auf, und nicht selten treten neue Bedarfsrichtungen hervor, die auch neue Möglichkeiten schaffen. Ein Beispiel dafür ist die Banane, die sich erst nach 1900 bei uns eingebürgert hat, in England dagegen schon seit längerem zu einem Volksnahrungsmittel geworden ist. Ihre Einfuhr nach Deutschland betrug 1909: 14 900 t, 1913: 45 056 t, im Inflationsjahr 1923: nur 3274 t, 1924: schon wieder 25 319 t und 1925: 40 612 t. Die Banane ist im tropischen Afrika überall verbreitet. Die Schwierigkeiten für die Ausnutzung der gegebenen natürlichen Möglichkeiten für eine Bananengroßkultur, wie sie vor allem in Kamerun vorhanden sind, lagen eigentlich lediglich in der Beförderungsfrage sowohl zu Lande, dann aber auch zur See. Am 9. Mai 1914 war jedoch der erste deutsche Bananendampfer einer Hamburger Firma vom Stapel gelaufen, der ausschließlich Bananen von Kamerun nach Hamburg bringen sollte. Große Bananenpflanzungen waren von der Afrikanischen Frucht-Kompagnie angelegt worden, und 1914 sollte mit der Ausfuhr begonnen werden.

Diese und viele andere Möglichkeiten hat der Krieg zunächst zerstört. Sie vollständig anzuführen, liegt nicht in der Absicht dieser Darstellung. Es kommt hier nur darauf an, zu zeigen, daß sich für eine wirtschaftliche Ausnutzung der ehemaligen Schutzgebiete viele Wege boten, und daß es an Bemühungen, auf ihnen zu nationalwirtschaftlich erstrebenswerten Zielen zu gelangen, nicht gefehlt hat. Daß diese Ziele nicht erreicht worden sind, liegt nicht daran, daß sie im Unerreichbaren lagen, sondern an der leider zu spät begonnenen und zwangsweise zu früh beendeten Erschließungstätigkeit.







Die Bedeutung kolonialer Eigenproduktion
für die deutsche Volkswirtschaft

Dr. Max Warnack