Hofrat Dr. Joseph Neuwirth
o. ö. Professor an der Technischen Hochschule in
Wien
Der Anschluß Deutsch-Österreichs an Deutschland sollte wohl in den
wissenschaftlich arbeitenden Kreisen des ersteren als eine
Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Für sie hat er sich im Laufe
der letzten Jahrzehnte mit wachsender Innigkeit bereits vollzogen. Die
Berufungen
deutsch-österreichischer Gelehrter an Hochschulen Deutschlands und
umgekehrt, gemeinsame weit ausblickende wissenschaftliche Unternehmungen
der beiderseitigen Akademien und fachmännischer Tagungen, die
Betrauung von Angehörigen beider Staatsgebiete mit verantwortungsvollen
leitenden Stellungen in den verschiedensten Zweigen wirtschaftlichen Lebens
haben zu einer tiefen Durchdringung der kulturell bedeutsamsten Sphären
geführt und immer mehr die Empfindung gezeitigt und gefestigt, daß
wir Fleisch von einem Fleische und Geist von einem Geiste
sind, daß die Erkenntnisgewinne des einen Wissensbereicherungen
für den andern [22] sind und in der Arbeitsführung des einen
Gebietes Anregungen und Keime liegen, die in jener des andern zu ertragreicher
Frucht für die Menschheit reifen. In den Kreislauf deutschen Geisteslebens,
dem die Kulturentwicklung der ganzen Welt in so hoher, schier unmeßbarer
Dankesschuld steht, sind
Deutsch-Österreich und Deutschland als die führenden, einander
ergänzenden Faktoren eingeschaltet. Ihr Zusammenarbeiten hat so
außerordentlich viel bedeutungsvolle Segnungen der wissenschaftlichen und
wirtschaftlichen Gebiete gezeitigt, daß bei wirklicher Geltung des als
Weltschlagwort ausgegebenen Grundsatzes des Selbstbestimmungsrechtes der
Völker der politische Anschluß
Deutsch-Österreichs an Deutschland als das naturgemäße
Schlußglied der Beziehungskette erscheint. Es führt uns dorthin
zurück, wo unsere Vorfahren durch Jahrhunderte standen, und wohin wir
sowie unsere Nachkommen nach
Blut- und Stammesverwandtschaft gehören. Möge die Arbeit unserer
Zukunft sich unter der Devise finden: "Ob da, ob dort, hie gut Deutsch
allewege!"
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