Bd. 5: Der österreichisch-ungarische
Krieg
Kapitel 4: Der Feldzug 1914
gegen Serbien und Montenegro
(Forts.)
Oberst Robert Ritter von Pohl
10. Einnahme von Belgrad.
Die den Truppen schon während der Kämpfe an Kolubara und Ljig
nach Erreichung der Angriffsziele versprochene Operationspause wurde wohl der
6. Armee, abgesehen von geringen Verschiebungen, sofort gewährt, doch
sollten ihre Vortruppen noch einige Höhen vor der Front in Besitz nehmen,
die man nach allen Nachrichten vom Feinde frei glaubte. Auf Nachschub mit der
Bahn war erst vom 4. an zu rechnen. Die 5. Armee sollte vorher noch
Ostružnica, wo Minensperren abgeräumt werden mußten, um
den Nachschub auf der Save bewerkstelligen zu können, Parcani und den
dortigen Tunnel der Bahn Belgrad - Palanka, wegen des
künftigen Nachschubs auf dieser, und die zwischen beiden Orten gelegenen
Höhen gewinnen, wogegen das XIII. Korps den Abschnitt bei Lazarevac bis
zum Peštanbach zu übernehmen hatte. Bis zum 2. Dezember abends
waren diese Verschiebungen, bei der 5. Armee nach Überwindung
vereinzelten Widerstandes, aber ziemlicher Wegschwierigkeiten
durchgeführt.
Das Gruppenkommando Peterwardein hatte seine Hauptkraft, 9
Landsturmbataillone, 1 Eskadron, 1 Batterie, bei Semlin
zusammengezogen. Am 1. Dezember früh wurde der von den Serben seit
ihrem Einbruch am 28. September besetzt gehaltene kleine
Savebrückenkopf nördlich der Belgrader Eisenbahnbrücke
geräumt gefunden; das Feuer auf Belgrad blieb unerwidert. In der Nacht auf
den 2. Dezember überschiffte die Infanterie die Save und
be- [83] setzte am 2. früh
die Stadt; bald traf auf dem Banovo brdo südwestlich der Stadt auch
ein Teil der 104. Landsturmbrigade aus Ostružnica ein.
Am 3. Dezember früh zog das 5. Armeekommando von Obrenovac in
Belgrad ein. Die 5. Armee hatte nun Belgrad zu sichern und sich von dort her zu
versorgen. Am 3. Dezember blieb ihr rechter Flügel, das VIII. Korps,
südlich Beljina stehen, Mitte und linker Flügel, kombiniertes Korps,
erreichten Ripanj und den Berg Avala. Jetzt sollte auch die 5. Armee halten und
ihre Kräfte wieder herstellen, um später, gleichzeitig mit dem
frontalen Angriff der 6. Armee, gegen die nördliche Flanke der vom Berge
Kosmaj 624 über Arangjelovac nach Gornji Milanovac verlaufenden
feindlichen Stellung vorzustoßen.
Das XV. Korps nahm bis 3. Dezember, wie ihm aufgetragen, einige vor seiner
Front gelegene Höhen. Vom XVI. Korps erstritt die kombinierte Division
am 1. Dezember den Golubac und drang bis auf einen halben Tagemarsch
nordwestlich Gornji Milanovac vor; die 50. Infanteriedivision kämpfte drei
Tage um die Höhe 703 Galič - an der Straße nach
Čačak, einen schwachen Tagemarsch nördlich des
Ortes -, nicht zuletzt infolge Munitionsknappheit erfolglos. Man war ja
50 km von Valjevo, 120 von Loznica! Die 18. Infanteriedivision hatte, bis
auf einige Plänkeleien, ziemliche Ruhe. Die Gruppe
Višegrad - 17. Gebirgsbrigade und
Landsturmbataillone - konnte erst am 26. November die am 18. vom
Hochwasser der Drina weggerissene Kriegsbrücke durch eine
Notbrücke ersetzen. Inzwischen waren Montenegriner und Serben,
zusammen etwa sechs Bataillone mit Artillerie, von Uvac und Priboj gegen
Višegrad vorgedrungen; nach zwölftägigen, wechselvollen
Kämpfen im schwierigen, bis gegen 1400 m hohen
Gebirgsgelände südöstlich Višegrad, bei Schnee und
Kälte, wurde dieser zähe Feind endlich aus der Flanke der
Marschlinie Višegrad - Mokragora - Užice
vertrieben und bis an den Lim verfolgt.
Wer am 2. Dezember abends die Lage beider Parteien auf Grund der
Einzeichnung der Truppenstellungen in die Karte überblickte, mußte
jene der beiden Armeen Potioreks überaus günstig beurteilen. Mit
der Einnahme von Belgrad und der Avalahöhe war es endlich gelungen, die
Serben im geschlossenen Halbkreise zu umklammern. Es schien kaum mehr
möglich zu sein, daß sie sich den Folgen einer neuerlichen Niederlage
noch einmal durch frontalen Rückzug entziehen
könnten. - Die letzte, entscheidende Schlacht stand bevor. Noch
einige Tage waren nötig, bis die Kolubaratalbahn dem Verkehr dienstbar
gemacht werden konnte, um den zu Tode erschöpften, auf ein Drittel des
Standes zusammengeschmolzenen, an allen Lebensbedürfnissen Mangel
leidenden Truppen Verpflegung, Bekleidung, Munition und Ersätze
zuzuführen. Dann vermochte Potiorek den zermalmenden Schlag zu
führen. Nach den Erfahrungen von der Romanja Planina, Drina und
Kolubara war sein Erfolg nicht zweifelhaft.
[84] 11. Schlacht bei Gornji Milanovac und
Arangjelovac.
Die Serben ließen aber den beiden Armeen nicht die Zeit, den zum
entscheidenden Schlage nötigen Atem zu schöpfen. Im Herzen ihres
Landes, inmitten aller ihrer Hilfsquellen stehend, hatten sie aus Neuserbien und
von ihren Grenzen alles, was noch an wehrfähiger Mannschaft vorhanden
war, herangezogen, sich auch reichlich mit Munition versehen. Die aufs
äußerste gespannte Lage der k. u. k. Armeen konnte der
serbischen Führung nicht entgangen sein: 13 Divisionen auf 120 km
Front, die Kompagnien vielfach auf Friedensstand und darunter, Mangel an
Munition, Verpflegung, Beschuhung und Bekleidung. War der Versuch, zum
Gegenangriff überzugehen und damit die Vorhand zu gewinnen, westlich
Valjevo und an Kolubara und Ljig mißglückt, weil Potioreks Truppen
in unausgesetztem Angriff blieben: jetzt, 100 km von der Drina,
mußten sie innehalten, um neue Nachschubmöglichkeiten zu schaffen
und mit deren Hilfe die verbrauchte Kraft wiederherzustellen. Die Serben nutzten
den Augenblick, durch rasches Handeln die k. u. k. Truppen in
ihrem Schwächezustand in der Verteidigung zu treffen, aus und gingen,
begünstigt durch schönes Wetter, am 3. Dezember zum
Angriff über.
Zwei Infanteriedivisionen und die Kavalleriedivision rückten beiderseits
der Straße Arangjelovac - Lazarevac gegen das XIII. Korps,
sechs Infanteriedivisionen von Rudnik und Gornji Milanovac gegen das XV. und
die Hauptkraft des XVI. Korps und anderthalb Infanteriedivisionen von
Čačak in nordwestlicher Richtung gegen die 18. Infanteriedivision
zum Angriff vor.
Am 3. Dezember vormittags begann der Kampf beim XVI., nachmittags auch
beim XV. Korps. Während die übrigen Frontteile ihre ausgedehnten,
dünnbesetzten Stellungen, dank gegenseitiger Unterstützung zu
behaupten vermochten, mußte die Mitte des XVI. Korps an der Straße
Gornji Milanovac - Banjani dem übermächtigen Drucke
des Feindes weichen; infolgedessen wurde bei Einbruch der Dunkelheit auch der
anschließende rechte Flügel der Hauptkraft des XVI. Korps um
2 - 3 km zurückgenommen.
Um den von Haus aus stark geschwächten und nun durch einen
machtvollen Angriff aufs schwerste bedrohten Südflügel der 6.
Armee zu entlasten, wies Feldzeugmeister Potiorek die 5. Armee an, den
Vormarsch zum Angriff gegen die serbische Nordflanke sofort aufzunehmen;
überdies hatte das XIII. Korps in der Richtung auf Arangjelovac, die 1.
Infanteriedivision - Korpsreserve des XV.
Korps - an der Straße
Boljkovci - Gornji Milanovac vorzustoßen: die 18.
Infanteriedivision sollte baldmöglichst flankierend gegen die
Höhe 703 Galič einwirken. Die 4. Gebirgsbrigade hatte nach
Požega vorzugehen und Vortruppen ostwärts vorzuschieben; sie
wurde in Užice durch die 9. Landsturm-Etappenbrigade ersetzt.
[85] Am 4. Dezember stellte
die 5. Armee die rechte Flanke der Serben auf den Höhen beiderseits der
Bahnlinie, nördlich Vlaška und am Kosmai 624, fest; den
eigentlichen Angriff konnte sie nicht vor dem 6. beginnen. Das XIII. Korps ging,
obwohl selbst am Morgen an seinem nördlichen Flügel stark
angegriffen und bemüßigt, den südlichen Nachbar zu
unterstützen, zum Angriff vor, nahm einige vorgelegene Höhen,
konnte aber das XVI. Korps um so weniger entlasten, als die Serben nun ihrerseits
zum Angriff übergingen. Das XV. Korps wehrte, teilweise schon die ganze
Nacht, heftige Angriffe ab; es war außerstande, dem XVI. anders als mit
Artillerie zu helfen. Das XVI. Korps, dessen Brigaden auf durchschnittlich 1000
Gewehre zusammengeschmolzen waren, dabei Mangel an
Infanterie- und Artilleriemunition litten, war dem ungleichen Kampfe nicht mehr
gewachsen. Alle Reserven waren längst eingesetzt; jeder neue Verlust schuf
Lücken, die nicht mehr gestopft werden konnten. Von einer halbwegs
geschlossenen Linie war keine Rede mehr; in Marschkolonne konnten die Serben
zwischen den sich nur noch an einzelne Höhen klammernden Resten der
Gebirgsbrigaden hindurchmarschieren. Unter diesen Umständen war auch
der Prostruga-Rücken nicht zu halten. Am Morgen des 5. Dezember griffen
die Serben hier an. Soweit die 1. Infanteriedivision unterstützend eingreifen
konnte, hielt die Front; darüber hinaus gab es für die bereits unter
Bataillonsstärke gesunkenen, gänzlich erschöpften,
Munitionsmangel leidenden Brigaden kein ernstliches Halten. Feldzeugmeister
Wurm nahm den nächsten Halt auf den Höhen südlich Gornja
Toplica in Aussicht; die 18. Infanteriedivision wurde auf den Maljen
zurückgenommen, die 1. Infanteriedivision, die den Golubac erfolgreich
behauptete, sollte südlich des Ortes Ljig an die kombinierte Division
anschließen. Der Rückmarsch im schwierigen Gebirgsgelände
zehrte weiter an der schon zusammengeschmolzenen Kraft; auch die
Befehlgebung griff nicht überallhin durch; bis zur Nacht waren nur Teile
eingetroffen. Der Zusammenbruch des XVI. Korps zog auch das XV. Korps, das,
ebenso wie das XIII. Korps, seine Stellungen gegen alle Angriffe behauptet hatte,
in Mitleidenschaft; infolge des Rückzuges des XVI. Korps mußte
General der Infanterie v. Appel am 5. abends seine südliche Division
vom Golubac gegen Moravci zurücknehmen.
Der 6. Dezember fand das XVI. Korps noch schwächer, seine
Lücken noch breiter als an den Vortagen; der Feind griff an, es gab kein
Halten. Feldzeugmeister Wurm ordnete den Rückzug hinter die Kolubara
an, der bis 7. früh durchgeführt wurde. Feldmarschalleutnant
Trollmann strebte mit der 18. Infanteriedivision in schwierigen
Gebirgsmärschen der Straße
Kosjeriči - Valjevo zu, um von dort nach Valjevo zu
gelangen; die 4. Gebirgsbrigade Generalmajor Konopicky, die am 5. Dezember
noch östlich Požega gekämpft hatte, ging am 6. nach
Užice zurück; bis 9. erstritt sie sich den Rückzug nach
Rogačica. Das XV. Korps, nach wie vor ungebrochen, wurde angewiesen,
dem XVI. [86] hinter die Kolubara zu
folgen. Das XIII. Korps behauptete nicht nur seine Stellung, sondern verbesserte
sie noch durch einen erfolgreichen Angriff am Peštanbach.
Bei der 5. Armee stand das VIII. Korps seit dem 2. Dezember in etwa
20 km breiter Front in enger Fühlung mit dem Feinde; das
kombinierte Korps Feldmarschalleutnant Alfred Krauß arbeitete sich am 6.
gegen die den Höhen nördlich Vlašca und dem Kosmaj
vorgeschobenen Vorstellungen heran.
Am 7. Dezember fand das XVI. Korps nördlich der Kolubara
verhältnismäßige Ruhe; die 18. Infanteriedivision traf erst am
8. vormittags südwestlich Valjevo ein. Das XV. Korps bezog am 7., unter
Kampf, noch eine Stellung südlich der Kolubara, südlich Slovac bis
zum Ljig; auch das XIII. Korps, dessen rechtem Flügel der Feind stark
nachdrängte, mußte in eine Stellung näher an Lazarevac
zurückgehen. Bei der 5. Armee blieb das kombinierte Korps
Feldmarschalleutnant Alfred Krauß im Angriffe; die
Fliegeraufklärung stellte starke Truppenansammlungen bei Arangjelovac
und lebhaften Eisenbahnverkehr nach Norden fest: Die Serben verschoben also
Truppen von der 6. gegen die 5. Armee.
Am 8. Dezember erstürmte die 7. Infanteriedivision, voran das ungarische
Infanterieregiment Nr. 38, eine Vorstellung des Kosmaj und dann diesen
hochragenden Kegelberg selbst, wobei auch zehn Geschütze erbeutet
wurden; der Angriff gegen die Höhen bei Vlaška am
Ostflügel, wohin die Serben bedeutende Verstärkungen
herangeführt hatten, drang bis abends nicht durch. Die noch am rechten
Kolubaraufer befindlichen Teile der 6. Armee bildeten das Ziel heftiger Angriffe
der Serben; General der Infanterie v. Appel hielt mit dem XV. Korps unter
Einsatz der letzten Reserven den ganzen Tag stand und wechselte erst nach
Eintritt der Dunkelheit das Ufer. Nachmittags drang der Feind auch in Valjevo
ein.
12. Rückzug gegen Belgrad und an die
Save.
Da infolge des Zustandes der 6. Armee der Angriff der 5. Armee vereinzelt
bleiben, ihr weiteres Ausharren sie demnächst dem Angriffe der feindlichen
Gesamtkraft aussetzen mußte, entschloß sich Feldzeugmeister
Potiorek, die 5. Armee samt dem XIII. Korps gegen Belgrad
zurückzunehmen. Letzteres ging in der Nacht zum 9. auf das westliche
Kolubaraufer zurück.
Bei der 6. Armee griffen die von Valjevo vordringenden Serben schon am
frühen Morgen des 9. Dezember die 50. Infanteriedivision auf den
Höhen nördlich des Ortes an; ein serbischer Übergangsversuch
an der Straße von Mionica wurde von der 6. Gebirgsbrigade Oberst
v. Hellebronth - noch etwa 750 Gewehre - tapfer abgewehrt,
wobei die schon übergegangenen Teile des Feindes, denen die in die
Schwarmlinie vorgezogene Brigadeartillerie den Rückzug über die
Brücke verlegte, aufgerieben wurden. Das XVI. Korps [87] durfte es aber auf keinen
längeren Kampf mehr ankommen lassen; es trat noch vormittags den
Rückzug, zunächst auf die Höhen zwischen Kolubara
und Ub, an.
Feldzeugmeister Potiorek wies das XIII. Korps an, Kolubara abwärts zu
rücken, das XV. und das XVI. Korps, gegen Šabac
zurückzugehen. Die nunmehr notwendig gewordene Sicherung der Drina
hatten die 17. und die in Cattaro neuformierte 18. Gebirgsbrigade, bisher bei
Višegrad, die 4. Gebirgs- und 9. Landsturm-Etappenbrigade und einige
sonstige Landsturmbataillone zu übernehmen.
Der Rückzug des XVI. Korps am 9. Dezember erforderte noch schwere
Kämpfe; das XV. Korps marschierte nachmittags, vom Feinde unbehelligt,
ab. Das XIII. Korps rückte, nachdem es noch aufs Westufer der Kolubara
gelangte serbische Kräfte abgewehrt hatte, nachmittags nach
Piroman - Lisopolje ab. Die 5. Armee bestand am 9. harte
Kämpfe; nach Einbruch der Dunkelheit trat sie den Rückzug in ihre
neue Stellung an: Stepojevac - Höhe 418
Vis - Parcani - Höhen südlich Ripanj und
östlich Vrčin; von der Kolubara bis zur Donau erheblich über
40 km messend, war diese Stellung für die etwa 30 000
Feuergewehre zählende 5. Armee noch viel zu ausgedehnt, sollte daher nur
gehalten werden, bis das XIII. Korps herankäme und der Train einen
Vorsprung hätte. Am 10. folgten die Serben vorsichtig nach, ohne noch
anzugreifen. Ihr Angriff am 11. richtete sich insbesondere gegen das VIII. Korps,
das nur wenig zurückgegangen war, und traf damit den schwächsten
Teil der Front, doch konnten nach wechselvollem Kampf schließlich alle
Angriffe abgewehrt werden. Gegen Morgen des 12. aber wurde die Front der 21.
Schützendivision durchbrochen, worauf das VIII. Korps in die Linie
Meljak - Höhe 418 Vis zurückgenommen wurde.
Das XV. und XVI. Korps waren indessen, nur von untergeordneten Kräften
verfolgt, südlich Šabac eingetroffen. Da mit ihrer Wiederherstellung
südlich der Save nicht gerechnet werden konnte, sie auch stärkeren
feindlichen Angriffen nicht gewachsen waren, befahl Feldzeugmeister Potiorek
ihre Zurücknahme aufs nördliche Saveufer.
Ein nachts abermals bei der 21. Schützendivision erfolgter Durchbruch
zwang die sich an der übrigen Front erfolgreich verteidigende 5. Armee am
13. Dezember früh in die erheblich kürzere und auch sonst fast
durchwegs günstige, teilweise von den Serben 1912 befestigte Stellung
Ostružnica - Cvetkov grob (XIII.
Korps) - Petrov grob (9. Infanteriedivision, Rest der 21.
Schützendivision - keine 2000 Mann - als
Reserve) - Avala - Mostine (kombiniertes Korps)
zurückzugehen. Ein Mißverständnis führte am
Nachmittag zur Räumung des Coetkov grob und dadurch auch zum
Verlust des Petrov grob. Die Armee mußte nunmehr in den
Brückenkopf von Belgrad, dessen Befestigungen kaum angefangen waren,
zurückgenommen werden; das Mißgeschick der bisherigen [88]
Rückzugskämpfe, insbesondere jenes im
Avala-Brückenkopfe am 13. Dezember, drückte die Hoffnung,
wenigstens Belgrad behaupten zu können, stark herab.
Immerhin gelang es, trotz Dunkelheit und unbekannten Geländes, dank
Führung durch ortskundige Offiziere des Festungskommandos, den
Belgrader Brückenkopf zu beziehen und am Morgen des 14. Dezember den
Serben eine geschlossene Front entgegen zu stellen; auch die Munition konnte
notdürftig ergänzt werden. Alle Angriffe, die der Feind am 14.,
insbesondere gegen den Banovo brdo, längs der Topčiderska
rijeka und bei Kumodraž ansetzte, wurden abgeschlagen, so daß er
sie abends einstellte und nachtsüber untätig blieb.
13. Räumung von
Belgrad.
Feldzeugmeister Potiorek war während aller auf ihn einstürmenden
Unglücksfälle standhaft geblieben; doch alle von ihm ersonnenen
Mittel, das Geschick zu wenden, hatten bisher versagt. Nach den täglichen
Mißerfolgen der 5. Armee vom 11. bis 13. Dezember stand er am 14. vor
dem schweren Entschluß, ob er Belgrad, mit dem mächtigen
Stromhindernis im Rücken, verteidigen, oder auch diese letzte ihm noch
verbliebene, wertvollste Errungenschaft des ganzen Feldzuges aufgeben und
damit auch das letzte Opfer, eine schwere Einbuße an Ansehen der
Monarchie, bringen solle. Eine Niederlage, in diesem Falle vielleicht
gleichbedeutend mit der Vernichtung der 5. Armee, mußte unbedingt
vermieden werden. Laut Meldung der Korpskommandanten war das XIII. Korps
völlig erschöpft, das VIII. Korps kaum mehr widerstandsfähig,
das kombinierte Korps, wenn auch schlagfertig, so doch unbedingt
erholungsbedürftig; die Befestigung des Brückenkopfes war kaum
begonnen. So entschloß sich Feldzeugmeister Potiorek, Belgrad zu
räumen und auch die 5. Armee hinter die Save und Donau
zurückzunehmen.
Mit Einbruch der Dunkelheit wurde das Gefecht abgebrochen; Nachhuten deckten
den Rückzug, Monitore und Artillerie am nördlichen Ufer den
Übergang, der am 15. Dezember 8 Uhr vormittags im Großen
beendet war; nur einige Trains, zumeist leere Landesfuhren, mußten
zurückgelassen werden.
Der Feldherr nahm die ganze Verantwortung für den so glänzend
geführten und so unglücklich ausgegangenen Feldzug auf sich; nach
beendetem Rückzug seiner Armeen erbat und erhielt er seine Abberufung
und schied aus dem Dienste.
Die k. u. k. Truppen, von Anfang an in der Minderzahl, und ihre Führung
hatten trotz aller ihrer ganz ungenügenden, noch unvollkommenen
Angriffsmittel, ihrer im weiteren Verlaufe versagenden Ausrüstung, der
Schwierigkeiten des Geländes und des Nachschubes und der schweren
Unbilden der Witterung einen tapferen, kriegsgewohnten, an Zahl
überlegenen Feind in dreimonatigem, fast ununterbrochenem Kampfe
niedergerungen; sie erlagen diesem Feinde, als er, inmitten seiner Hilfsquellen
befindlich, wieder auf 200 000 Mann [89] aufgefüllt und
reichlich ausgerüstet, gerade in den wenigen Tagen sie angriff, bevor sie,
auf 80 000 Mann zusammengeschmolzen, an allem Mangel leidend, auch
nur den dringendsten Ersatz erhalten konnten. Die Leistungen der Truppen im
Kampf und im Überwinden und Ertragen unerhörter
Schwierigkeiten, Entbehrungen und Mühsale können durch den
unglücklichen Ausgang des Feldzuges nicht verdunkelt werden.
Aber auch im Rahmen des Weltkrieges war der Feldzug gegen Serbien 1914 nicht
vergeblich. Waren die Serben im September und Oktober 1914, so wie ihnen die
Kriegslage es erlaubte, sofort in die Monarchie
eingebrochen - bei Mitrowitz, im östlichen Syrmien, im Banat, in
Ostbosnien -, so unterblieb fortan jede Unternehmung über ihre
Grenzen. Die Offensive der Balkanstreitkräfte im Jahre 1914 hatte der
serbischen Armee das Rückgrat gebrochen.
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