SucheScriptoriumBestellenArchiv IndexSponsor


Pribrans und Prag

Bericht Nr. 290
read this report in English translation
Mißhandlungen
Berichter: Dr. Ing. Kurt Schmidt

Lage von Pribrans und PragAm 5. Mai 1945 wurde ich mit meiner Familie von tschechischen Partisanen interniert, meine Frau mit drei Kindern unter sechs Jahren, und zwar in Pribram (Pribrans) in Böhmen, 75 km südlich von Prag. Gemeinsam mit 300 anderen Deutschen, meist Frauen und Kindern, vorwiegend evakuierte Schlesier. In einem ehemaligen Waisenhaus wurden wir gefangen gehalten.

Unterbringung etwa 15-20 Personen jeweils in einem kleinen Raum ohne jede Einrichtung, die wenigen vorhandenen Strohsäcke reichten kaum für die Kinder. Verpflegung gab es keine, erst nach drei Tagen etwas Suppe einmal täglich, Brot acht Tage lang überhaupt keines. Die Fenster durften nur einmal täglich geöffnet werden und zwar für eine knappe halbe Stunde. Die Kinder durften einmal täglich für ganz kurze Zeit auf den Hof und mußten immer im Kreise gehen.

Es galt für alle Arbeitszwang und zwar mußten die Männer Massengräber schaufeln und die Leichen der hingerichteten SS-Angehörigen verscharren. So mußte z. B. mein Bürokollege Dipl.-Ing. Leinweber zusammen mit einem jüngeren Mädchen aus einer Grube, wo die Hinrichtungen der in die Hände der tschechischen Partisanen gefallenen SS-Angehörigen erfolgten, die durch MG und Handgranaten zerstückelten Leichen, teilweise schon im Verwesungszustand, mit bloßen Händen auf einen Wagen laden, welcher die Leichenteile zu den Massengräbern brachte.

Die Frauen wurden auch zu diesen Arbeiten herangezogen, so z. B. meine beiden Schwägerinnen Else Hübner und Marie Prutky, die in der Leichenhalle des Krankenhauses die Leichen und die bluttriefenden Einrichtungsgegenstände und Fußböden waschen mußten. Ein anderer Teil der Frauen wurde zum Straßenkehren eingesetzt, wobei sie durch Tschechen mißhandelt wurden. So wurden, wie ich als Augenzeuge berichten kann, eine Gruppe von Frauen angefallen, ihnen die Haare vollständig abgeschnitten, die Gesichter mit Ölfarbe bestrichen und die letzten Kleider durch Bemalen mit Ölfarben unbrauchbar gemacht. Außerdem wurden ihnen die Schuhe ausgezogen, gestohlen und die Frauen außerdem noch geschlagen und bespieen.

Nach dem 9. Mai 1945, als die Russen einmarschierten, steigerten sich die Mißhandlungen noch mehr. Besonders die Frauen waren nach Einbruch der Dunkelheit den größten Gefahren ausgesetzt. Die Zimmer des Internierungslagers durften nicht mehr abgeschlossen werden. Die Russen kamen und holten sich, von den Tschechen unterstützt, was ihnen gefiel, wobei sie entsprechende Gewalt anwandten. So wurde in einem benachbarten Lager der früheren Berufsschule eine Frau, die sich den Russen nicht fügen wollte, vom dritten Stock in den Hof gestürzt. Im gleichen Lager wurde eine Frau so lange vergewaltigt, bis sie tot liegen blieb. Vier von den Frauen, die von den Russen aus dem Lager geholt wurden, kamen überhaupt nicht mehr zurück.

Am 12. Mai erschienen unter Führung von tschechischer Gendarmerie Partisanen, darunter auch Frauen, die mit vorgehaltener Pistole die Herausgabe des gesamten Schmuckes, Uhren, Wertgegenstände, Bargeld, bis auf den letzten Heller und Pfennig, Sparbücher und Wertpapiere verlangten. Auch die Trauringe durften wir nicht behalten. Pro Person wurde ein Eßbesteck belassen, spitze Messer und Scheren wurden abgenommen.

Am gleichen Tage wurde um 8 Uhr Abend bekanntgegeben, daß am folgenden Tag, Sonntag, den 13. Mai, der Abmarsch nach Prag oder Pilsen erfolgen sollte. Handgepäck durfte mitgenommen werden, alles andere mußte zurückbleiben. Nachts kam noch eine Partie Gefangener, die wegen Überfüllung des Lagers auf dem Hof und im Stiegenhaus übernachten mußten.

Früh kam der Befehl zum Abmarsch. Für alte und kranke Personen, sowie für Kleinkinder standen wenige Wagen zur Verfügung, die allerdings nicht ausreichten, um all diese Leute aufzunehmen. So setzte sich der Zug in Richtung Prag in Bewegung. Es herrschte eine glühende Hitze. Einzelne alte und kranke Leute blieben unterwegs sitzen, bis sie schließlich nicht mehr weiter konnten. So starben viele im Straßengraben, z. T. an Erschöpfung, z. T. von der begleitenden tschechischen Revolutionsgarde niedergemacht. Verpflegung gab es seit Tagen nicht. In den Ortschaften, die durchwandert werden mußten, wurden viele überfallen und ihrer letzten Habe beraubt. Die Frauen und Kinder wurden von den Wagen heruntergezerrt, das Gepäck wurde ihnen abgenommen und dann mußten sie zu Fuß weiterlaufen, denn der Wagen wartete nicht. Doberschisch war nach 16 km Marsch am Abend erreicht und man lagerte auf einer Wiese. Die Einwohner kamen in Scharen und wo Gepäckstücke standen, wurden diese untersucht und alles was gefiel, herausgenommen. Man forderte uns auf, alles liegen zu lassen, da uns ohnedies alle Sachen abgenommen würden. Meine Frau mit den drei Kindern kam noch am gleichen Abend auf einem Wagen deutscher Soldaten unter, die in die Gefangenschaft nach Prag fuhren. Der Marsch ging die ganze Nacht bis 2 Uhr früh weiter. Die Russen kamen und suchten sich aus, was ihnen gefiel: Koffer, Taschen etc., am liebsten Frauen. Zwischen 2 und 5 Uhr wurde im Straßengraben gerastet. Dann ging es weiter bis nach Königssaal (Zbraslav), wo auf einer großen Wiese die Menschen gesammelt wurden. Ein polnischer Rot-Kreuz-Angehöriger hatte ein 2-3 Monate altes Kind im Arm, das er einer im Straßengraben verschiedenen Mutter abgenommen hatte.

Verpflegung wurde auch auf dieser Rast-Station nicht gegeben. Wasser konnte trotz drückendster Hitze nur in geringen Mengen aus dem Orte und da nur unter scharfer Bewachung geholt werden. Im Laufe des Tages wurden im Lager in der Nähe des Eingangs den Lagerinsassen zwangsweise mehrere Leichen zur Schau gestellt und zwar von Frauen mit Kindern, die den Freitod wählten, um den weiteren Qualen zu entgehen.

Am 15. Mai wurde Befehl zum Aufbruch gegeben, dabei aber sämtliche Männer im Alter von 16-60 Jahren im Lager zurückbehalten. Die zurückgebliebenen Männer wurden von der tschechischen Revolutionsgarde und russischem Militär eingehend untersucht und alle diejenigen, die verdächtig erschienen, der Wehrmacht oder SS anzugehören, zurückbehalten. Ich war unter den Glücklichen, die zu ihren Familien zurückkehren durften. Als unsere Gruppe den Lagerplatz verließ, sahen wir einen jungen Mann vor einer Grube stehen, der nun zur Hinrichtung bereitstand. Vier weitere Männer waren mit dem Ausheben von Gruben beschäftigt. Als wir über die Straße marschierten, hörten wir Salven von dem verlassenen Lagerplatz.

So ging der Marsch weiter. Wer noch etwas Gepäck hatte, warf Stück um Stück in den Graben, nur um mit dem nackten Leben weiterzukommen. So verlor auch ich mein letztes Hab und Gut. In jedem Ort Beschimpfungen und Steinwürfe sowie auch Schläge. Bei manchen Brunnen standen Wachen und verweigerten uns die Wasserentnahme mit den Worten: "Dieses Wasser sei für Pferde und nicht für Deutsche." Die Hitze wurde immer unerträglicher, den dritten Tag noch keine Verpflegung. Bei Einbruch der Dunkelheit gelangten wir in den Vorort Motol. Hier wurde im Straßengraben bis 2 Uhr früh gerastet und dann ging es in der Dunkelheit im Eiltempo durch Prag bis zum Strahover Stadion, wo wir am 16. Mai um 6 Uhr früh in völlig erschöpftem Zustande ankamen.

Am Strahover Stadion waren etwa 9-10.000 Personen untergebracht; unter freiem Himmel, auf der bloßen Erde. Der Großteil der Lagerinsassen waren Wehrmachtsangehörige, Kriegsverletzte und Kranke, die von Tschechen aus den Spitälern herausgeworfen worden waren. Die Wehrmachtsangehörigen kamen nach 8-10 Tagen in ein anderes Lager. Daraufhin kamen neue Zivilisten, vorwiegend Frauen und Kinder. Laut Aussage des Kochs war der Stand zwischen 9-10.000 Personen, trotzdem jeden zweiten Tag etwa 1200 in Arbeitslager abgeschickt wurden. Die Neuankömmlinge wurden meist aus den Zügen herausgeholt. Zwei konkrete Fälle sind mir bekannt (Frau Schlegel aus L. und Herr Dipl.-Ing. E. von Stauden aus Bremen). Die Genannten wurden in Winterberg bezw. Budweis interniert, als Altreichsdeutsche wieder freigelassen und mit Fahrkarte sowie Bescheinigung von russischen und amerikanischen Behörden versehen. Bei der Heimreise über Prag wurden sie von den Tschechen interniert, von der R.G. aus den Zügen geholt und in das Strahower Stadion geschafft. Von Seiten der Tschechen wurden weder amerikanische, noch russische Papiere respektiert.

Die Verpflegung im Stadion war unzureichend. Die ersten 3 Tage überhaupt nichts, später unregelmäßig in Abständen von 36 Stunden, später etwas geregelter einmal täglich schwarzer Kaffe, einmal täglich eine dünne Suppe, Brot pro Tag 100 g. Als sich die Todesfälle häuften, wurde für Kinder und Kranke eine Graupensuppe gekocht. Das Essen wurde gruppenweise ausgegeben. Die Eimer, soweit solche vorhanden waren, die jeweils von den Internierten zur Verfügung gestellt werden mußten, wurden vielfach in der Nacht zu anderen Zwecken benützt. Ansonsten gab es nur offene Latrinen mitten am Platz ohne Unterschied für Frauen, Männer und Kinder, Kranke und Gesunde, es wimmelte von Insekten. Hauptsächlich auch der große Nahrungsmangel führte zum Ausbruch der Ruhr. Von tschechischer Seite wurden keine Medikamente den deutschen, ebenfalls internierten Ärzten zur Verfügung gestellt. Der Wehrmachtsarzt der Rot-Kreuz-Stelle sagte mir, daß Kinder unter 2 Jahren und alte Leute diesen Verhältnissen nicht gewachsen sind und das Lager nicht lebend verlassen werden. Auch ich habe dort meinen 15 Monate alten Jungen durch Hunger verloren und die mir hierüber von der Sanitätsstelle ausgegebene Bestätigung lautet auf Unterernährung (gezeichnet von Vogt, Uffz.). Die Leichen von täglich 12 bis 20 Personen wurden mit einem Mistwagen vom Stadion weggeführt.

Vor den Augen des ganzen Lagers erfolgten die Hinrichtungen. Eines Tages wurden 6 junge Burschen so lange geschlagen, bis sie am Boden liegen blieben, dann mit Wasser begossen (dieses mußten die deutschen Frauen holen) und dann weiter geschlagen, bis sie kein Lebenszeichen mehr gaben. Die furchtbar zugerichteten Leichen wurden tagelang neben den Latrinen zur Schau gestellt. Ein 14-jähriger Junge wurde mit seinen Eltern erschossen, weil er angeblich mit einer Schere nach einem Rotgardisten gestochen hat. Außerdem gab es auch die Prügelstrafe, welche meist im Kommandozimmer durchgeführt wurde. Auch Frauen wurden auf den entblößten Körper mit der Peitsche geschlagen.

Zur Zwangsarbeit wurden Männer und Frauen mit Gewehrkolbenschlägen getrieben. Die Arbeit war meist Beseitigung der Barrikaden, wobei die Arbeitenden bespieen und verhöhnt, sowie mit Steinen beworfen wurden. Verschiedentlich sind Frauen, vereinzelt auch schwächere Männer von der Arbeit nicht mehr zurückgekehrt. An vereinzelten Arbeitsplätzen erhielten die Arbeitenden manchmal bessere Verpflegung (Kasernen der Russen, Spitäler u. ä.).

Die Frauen waren Freiwild. Jeder kam und suchte sich aus, was ihm paßte und wenn die Kinder um die Muter schrieen, wurden sie mit Gewalt zur Ruhe gebracht. Die Russen und auch die Tschechen nahmen sich oft gar nicht die Mühe, die Frauen fortzuführen, zwischen den Kindern und vor allen Lagerinsassen wurden sie vergewaltigt.

Ende Mai begannen die Abtransporte in Arbeitslager. Ich kam mit meiner Familie am 3. Juni 1945 nach Kojetitz bei Prag zum Landeinsatz. Wir waren insgesamt 63 Personen. Am 5. Juni kam eine weitere Gruppe von 54 Zivilisten aus einem anderen Lager aus Prag an. Diese Gruppe arbeitete auf dem Gutshof, wohingegen unsere Gruppe für zwei große Bauernhöfe Zuckerrüben hacken mußte. Wir selbst waren in einem Pferdestall untergebracht auf nassem Stroh, die zweite Gruppe kam in eine offene Scheune. Gleich bei unserer Ankunft wurden wir in den Stall gesperrt, dieser verschlossen. In der Ecke stand ein Faß als Ersatz für eine Latrine.

Dieser Zustand hielt bis Anfang August an, wo dann ein Teil der beiden Gruppen, und zwar die Arbeitsunfähigen und kinderreichen Familien abgeschoben wurden. Es befand sich darunter der Vater und zwei Schwestern meiner Frau und wir konnten über diese trotz eifrigster Nachforschungen nichts erfahren. Der in Kojetitz verbliebene Rest von insgesamt 79 Personen wurde teilweise auf einige Bauernhöfe aufgeteilt, die anderen kamen in vier dumpfige, lichtlose, nasse Kammern, zuerst auf Strohsäcke, die von unten faulten, später zum Winter bekamen wir Wehrmachtsbetten. Unser Raum in der Größe von 4 mal 5 Metern wurde von 13 Personen, davon 6 Kindern, bewohnt.

Im Sommer betrug die Arbeitszeit 10-12 Stunden, im Winter 8½ bis 9½ Stunden, auch sonntags, und es wurde von uns schwerste Feldarbeit verlangt. Wir bekamen keinen Heller gezahlt. Es gab unter der Bevölkerung wohl einige, die mit uns etwas Mitleid hatten, doch trauten sich diese nicht, uns zu helfen, da sie sofort als deutschfreundlich verschrien und ihrer Existenz beraubt wurden. Zu Weihnachten wurde noch ein besonderer Aufruf vom Gemeinderat erlassen, in welchem den Leuten verboten wurde, uns irgendeine Unterstützung zukommen zu lassen, oder den Kindern etwas Bäckerei zu geben. Zum Heiligen Abend hatten wir schwarzen Kaffee wie jeden Abend und sonst gar nichts.

Die ersten 8 Wochen wurden wir von der Roten Garde strengstens bewacht und auf die Felder nur mit Maschinenpistolen begleitet. Später wurde ein Tscheche namens Vales zu unserer Bewachung bereitgestellt. Der trieb uns bei der Arbeit an und behielt sich bei der Verteilung der sowieso geringen Verpflegungsmengen noch einen Teil für sich. Seitens des Schaffers Vysinský war die Behandlung sehr roh, so wurde die deutsche Frau nie anders als "deutsche Hure" und die Männer als "Bluthund" bezeichnet. Mehr Schläge gab es bei dem Verwalter Marek, der die Frauen mit der Reitpeitsche ins Gesicht schlug. Auch schlug er auf einen Lagerinsassen mit der Peitsche so lange ein, bis er bewußtlos am Boden lag. Dieser Verwalter war der einzige tschechoslowakische Offizier im Ort und gehörte den tschechischen Nationalsozialisten (Beneschpartei) an. Er spielte sich auch groß auf und veranstaltete verschiedene Schikanen gegen die Internierten auf eigene Faust. Hauptschuldig an den Zuständen im Lager war auch der Vorsitzende des Národní Výbor, der Kommunist Suchý.

Die Kinder durften sich nicht vor das Tor unserer ärmlichen Behausung wagen, sofort wurden sie beschimpft und mit Steinen beworfen und dies von halbwüchsigen Tschechen. Auch die Erwachsenen wurden von diesen Kindern verfolgt. Es versuchten sogar einige Jünglinge, ungefähr 14-15 Jahre, am hellichten Tage unsere Frauen zu überfallen und zu vergewaltigen.

Gleich in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes in Kojetitz starb ein noch nicht 2-jähriges Kind an der Folgekrankheit von Masern. Dieses Kind durfte nicht auf dem Friedhof beerdigt werden, sondern mußte von uns selbst außerhalb des Dorfes hinter dem Strohschober vergraben werden, natürlich ohne Sarg. Einen 16-jährigen Jungen hat der Bauer Tuma (Kojetitz Nr. 10) nach 2-tägigem Aushungern und Einsperren im Schweinestall trotz des Flehens nach seiner Mutter erschossen und ihn im Garten des Bauernhauses verscharrt. Die Beerdigung dieser Leiche hat ein Deutscher namens Pelz durchgeführt. Nach etwa 14 Tagen starb in unserem Lager die etwa 67-jährige Frau Anderson aus Breslau an Hunger und Altersschwäche. Zwei Tage später die Schlesierin Wittkopp an den gleichen Erscheinungen. Diese beiden Frauen waren evangelisch und es gelang, den Pfarrer der tschechischen evangelischen Kirche zu verständigen. Dieser kam ins Lager und veranlaßte, daß die Leichen in Holzsärge kamen und ordentlich auf dem evangelischen Friedhof in Libis bestattet wurden. Das gleiche geschah mit der später an Herzschwäche verschiedenen Frau Treske aus Neiße.

Anders verhielt sich der katholische Pfarrer von Kojetitz. Dieser erlaubte anfangs nicht, daß die Deutschen die Kirche betreten und später bewilligte er, daß Sonntag Nachmittag eine Andacht besucht wird, jedoch nicht, daß ein Deutscher das Sakrament erhält. Auch sonst hat er jedwede Unterstützung für die Deutschen abgelehnt. Die später gestorbenen Katholiken sind in Massengräbern ohne Särge in der Verbrecherecke des katholischen Friedhofes beerdigt. Die zu Allerheiligen und Weihnachten auf die Massengräber gelegten Blumen wurden von tschechischer Seite vernichtet und entfernt. Auf dem katholischen Friedhof sind beerdigt: die Männer Hollmann (Selbstmord bei der Verhaftung), Wieck (Prager, 46 Jahre, wahrscheinlich Folgekrankheit eines Leber- und Magenleidens), E. von Stauden (Furunkulose mit Herzschwäche, 52 Jahre aus Bremen), die Frauen Marie Prutky (die Mutter meiner Frau, sie starb an Herzschwäche und Unterernährung, 72 Jahre aus Brünn), Große (Altersschwäche, Wundbrand und Unterernährung, 70 Jahre aus Weißwasser, Schlesien). Das Kind Baduschek (4 Jahre, wahrscheinlich Diphterie, aus Brünn) und ein Säugling Enders an Unterernährung. Sämtliche Todesfälle innerhalb der ersten 3 Monate.

Der Arzt, der insgesamt nur zweimal ins Lager kam, betrat nicht den Stall aus Angst vor Ungeziefer. Er sah die Kranken überhaupt nicht an, sondern sagte bloß an der Tür, er könne ihnen nicht helfen. Der tschechischen Wache gegenüber äußerte er sich, daß die Deutschen nur alle krepieren sollen. Dieser Arzt war aus Neratowitz bei Prag. Meine beiden Kinder bekamen auch Masern und die Kleinere als Folgeerscheinung Lungenentzündung und Mittelohrentzündung und lag so mit höchstem Fieber ohne Hilfe in einer zugigen Scheune auf Stroh. Auch während der schweren Erkrankungen der Kinder mußte meine Frau von früh bis Abend arbeiten gehen und durfte unter Androhung mit dem Erschießen nicht bei den kranken Kindern bleiben.

Am 6. April kamen wir in das Prager Lager Hagibor und wurden halbwegs menschlich aufgenommen. Die Behandlung und Verpflegung (hauptsächlich für Kleinkinder) war etwas besser. Die Arbeitskommandos meist gut und mit genügender Verpflegung. Es fehlte in Prag an Arbeitskräften.

Am 24. April 1946 wurden Familien mit Kindern und Arbeitsunfähige aus dem Lager Hagibor (insgesamt 200 Personen) in das Abschublager Modrany geschafft, wo wiederum schlechte Unterkunft und Verpflegung war. In einer kleinen Holzbaracke für etwa 100 Personen waren 350 Männer untergebracht.

Am 1. Mai 1946 wurden 1200 Internierte in 40 Waggons verladen und als Transport "D" nach Bayern ausgefertigt. Als Verpflegung auf den Weg bekamen wir etwas Wassersuppe, 1/8 Brot, 1 Schnitte Kuchen. Unterwegs noch zweimal leere Suppen und dann überschritten wir am 2. Mai 1946 die tschechoslowakische Grenze bei Wiesau, wo wir vom Bayerischen Roten Kreuz in vorbildlicher Weise aufgenommen wurden.


Seite zurueckInhaltsuebersichtSeite vor

Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort