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Achtzehntes Kapitel
Abschied von Afrika • Der Heimat mit Leib und Seele verschrieben.

Der Kilimandscharo, der höchste Berg Afrikas, leuchtet mit seiner
schneebedeckten Kuppe weit hinein in das Tropenland als Wahrzeichen 
Deutsch-Ostafrikas
[160b]      Der Kilimandscharo, der höchste Berg Afrikas, leuchtet mit seiner schneebedeckten Kuppe weit hinein in das Tropenland als Wahrzeichen Deutsch-Ostafrikas.
Der Kilimandscharo, der höchste Berg Afrikas, leuchtet hinein in das Tropenland mit seiner schneebedeckten Kuppe, hinunter in die fieberbrütende Hitze von Moschi. Ich nahm in seinem Schatten Abschied von Ostafrika, von Afrika überhaupt.

Und nun geht es der Heimat zu! Ich war schon am Schiff, das langsam aus dem palmenumsäumten Hafen von Tanga hinauszog ins Meer, und ich freute mich unendlich, zurück nach Deutschland zu kommen. Da flog mir eine Zeitung zu, die mir nochmal Afrika zurückrief, das wilde unberechenbare Afrika, so wie es sich auch heute hin und wieder noch zeigt.

Drei Engländer gingen in Ostafrika in den Busch, um Elefanten zu sehen. Sie begegneten einem. Mit der Kamera stand einer der Engländer und knipste. Das Tier ließ es sich ruhig gefallen. Da ging er näher und noch näher heran und, da das Tier noch standhielt, ganz nahe. Er wollte eine Großaufnahme haben. Aber wie ihm das kleine Wesen so nahe auf den Leib rückte, da wurde es dem Elefanten allmählich unheimlich oder er ärgerte sich über die Frechheit. Mit seinem Rüssel packte er den Unvorsichtigen, warf ihn zu Boden und trampelte auf ihm herum. Die beiden anderen mußten den schrecklichen Tod ihres Kameraden mit ansehen. Warum sie keinen Schuß abgaben oder ob sie kein Gewehr mithatten, konnte ich nicht erfahren.

Diesen Gruß noch schickte mir Afrika auf das Schiff nach, das zu langsam seine Furchen zu ziehen scheint, wenn man fiebert nach dem Ziel. Und die Schiffsleitung tut doch alles, um den Passagieren die Zeit zu verkürzen, durch Konzerte, Spiele, Kostüm- und Kinderfeste. Für mich war es oft zu viel des Guten. Es waren viele Farmer an Bord, die nach Jahren angestrengter Arbeit und Schaffens in den Tropen sich in der alten Heimat Auffrischung ihrer Kräfte holen wollten, und viele Missionare. Eine Schwester, die kerngesund nach Sansibar kam, ging heute, nach [211] einigen Jahren, kränkelnd und an ihrem Aufkommen verzweifelnd, zurück nach Deutschland. Kurz vor ihrer Abreise hatte sie noch das Erlebnis eines seltenen Schauspieles. Sie erzählte:

"Ich wollte von einem Gang nach der Stadt in die Mission zurück. Die ewige Sonne flutete über das Häusermeer in Sansibar, doch die engen, gewundenen und zusammengedrängten Straßen lagen im Schatten, und aus ihnen quoll es hervor in Aufregung, die elegante Europäerin, der geschniegelte Hosennigger, der vornehme Araber in seinem farbenprächtigen Kleid, mit dem Schwert an der Seite, das zerlumpte Negerweib, die nackten schwarzen Kinder. Und Autos hupten und wollten sich hindurchwinden durch die Menschenmenge, aber zwischen den zusammengedrängten Häuserzeilen ging es nur langsam vorwärts. Einmal aus der Stadt heraus, rasten sie los, der Meeresküste zu. Was konnte hier nur los sein? Einen derartigen Auflauf, eine solche Aufregung hatte ich in Sansibar noch nie erlebt. Und ich lief der Menge und den Autos nach zur Meeresbucht. Ein wahnsinniges Brüllen klang mir entgegen. Aber es war nicht das Getöse der Brandung. Ich zwängte mich durch die Menschenmenge, die das Ufer wie eine Mauer umsäumte, hindurch. Und da lagen am Strand, im glühenden Sand, Ungetüme von Walfischen, 5 - 6 Meter lang, am ganzen Ufer entlang, 54 Stück. Sie wanden sich in Todesschmerz und Angst und brüllten wie Löwen und konnten sich trotz aller Anstrengung nicht mehr zurück ins Meer wälzen. Sie hoben ihre Hinterflossen bis zur Hälfte des Körpers hoch und ließen sie wieder niedersausen auf den Sand, daß es knallte. Zwei von ihnen lagen mit dem Schwanze quer über andere, und wenn sie ihren Hinterkörper niederklatschen ließen auf die unglücklichen Geschöpfe, so brüllten diese entsetzlich auf voll qualvollen Schmerzes, und eine neue, breite, klaffende Wunde bildete sich auf dem bereits zerfleischten Körper. Ein anderer Koloß, ein Weibchen, hatte an Land ein Junges geboren. Einen Meter lang lag es tot neben der toten Mutter. Es war ein erbarmungswürdiges, die Nerven zerreißendes Bild, die hilflose Kreatur sich in solcher Weise quälen zu sehen.

Die Menschen versuchten eine Rettungsaktion. Große Seile befestigten sie an den Schwanzflossen, und so zogen sie mit einem Motorboot eines der Tiere nach dem anderen ins Meer hinaus. Doch nur noch vier kamen anscheinend mit dem Leben davon. Alle anderen wurden wieder zurück an den Strand getrieben, tot.

[212] Die verwesenden Kolosse verpesteten die Luft in Sansibar, und schließlich grub man sie der Reihe nach in den Sand, wo sie eben lagen. Die Flut hat sie am nächsten Tage wieder ausgebuddelt. Da mußte man sie tiefer in das Innere der Insel schaffen und sie dort verscharren."

Die Meinungen, wie diese Herde von Walfischen auf den Strand verschlagen wurde, sind geteilt. Vielleicht haben sie sich in der Bucht verirrt, nicht mehr hinausgefunden und sind dann durch die Flut ans Land getrieben worden. Andere glauben, sie waren auf der Flucht vor einem Seeungeheuer so blindlings an Land gestürmt. Wie dem auch sei: es ist noch kein ähnlicher Fall in der Naturgeschichte bekannt.

In Mombassa hielt unser Schiff und dann in Port Sudan. Ich habe auf allen meinen Reisen kaum interessantere Naturstudien machen können als hier im sogenannten Marinegarten. Mit einem Boot, an dessen Außenwänden Holzkästen angebracht waren, deren Enden hinein ins Wasser reichten und mit Glas abgeschlossen waren, fuhr man hinaus zu einem nur ein paar Meter unter Wasser liegenden Korallenriff. Durch das Glas der Kästen hindurch sah man eine beinahe unwirklich erscheinende Welt, den märchenhaften Meeresgrund und seine Lebewesen, greifbar nahe vorbeistreifen.

Der Meeresgrund leuchtete in allen Farben wie eine blumige Wiese im Frühling. Die Korallenblumen, in zartesten und bizarrsten Formen, strahlten in Lila, Gelb und Grün, und himmelblaue Blümchen, wie Vergißmeinnicht, grüßten vertraut. Herrliche Seesterne lagen auf ihnen. Über dieser Farbenpracht aber schwammen Schwärme von kleinen Fischen und auch einzelne große, und sie verschwanden in Höhlen und Winkeln und zwischen farbigen Blumen und schillerten selbst in allen Farben. Hellblau, hellgrau, schwarzweißgestreift wie Zebras, schwarz, gelb, leuchtend rot, gestreift und getupft und gemustert in undenkbaren Formen und Farben. Ich war gebannt in dem Erleben dieser Welt, die viel farbenreicher und mannigfacher war als die Oberfläche der Erde. Rufe der Überraschung von rechts und links zeigten mir die Begeisterung auch der anderen Menschen. Als das Boot zum Kai zurückging, da wäre ich am liebsten mit der nächsten Tour nochmal hinausgezogen; doch der Dampfer rief schon ungeduldig seine Schäflein zur Abfahrt zusammen.

Es ging dem Roten Meere zu. Wenn ich nach Sonnenuntergang in den Sternenhimmel guckte und Abend für Abend das südliche Kreuz tiefer sinken und dann in das Meer untertauchen sah, und der "Große Bär" [213] und andere Polarsterne wieder erschienen und höher stiegen, da wurde es warm in meinem Innern trotz allmählich einsetzender europäischer Kälte. Durch den Suezkanal waren wir hindurchgekrochen. Wir schwammen im Mittelmeer, da kam ein Erleben, das alle Brücken mit Afrika hinter mir abbrach, das mich, noch auf dem Schiffe, mit einem Schlage hineinführte in die Heimat, mich ihr mit Leib und Seele verschrieb.

Sonntag war es, 25. Februar. Die Sonne brannte ihre Strahlen warm herab; zu Hause aber mochte es stürmen und schneien. Ich stand an der Reling, zurückdenkend an die elfmonatige Kreuz- und Querfahrt durch Afrika. Mein Blick richtete sich dann nach dem Norden. Er wollte die Heimat herbeiziehen, die neue Heimat, die in der kurzen Zeit, in der ich mich in Busch und Steppe herumtrieb, so Großes vollbrachte.

Der Funkoffizier störte mich aus meinem Sinnen:

"Heute ist in München die Amtswaltervereidigung. Ich lade Sie in die Funkstation ein. Wollen Sie kommen?"

"Mit Freuden!"

Ich saß in der düstren Funkkammer. Der Funker hantierte an seinen Geräten, und ich konnte es kaum fassen, daß ich so fern der Heimat, so unmittelbare Teilnehmerin des großen Geschehens sein sollte, das in München am Königsplatz vor sich ging. Elf Monate hatte ich sie schmerzlich vermißt, die wogenden, mitreißenden Wellen der Begeisterung, heute sollte ich wieder inmitten des pulsierenden Lebens unserer großen Zeit stehen.

"München!" sagte kurz der Funkoffizier.

Hell und deutlich schmetterte ein Marsch hinein in die enge Funkstube des deutschen Schiffes im Mittelmeer: "Ihr wolln wir treu ergeben sein", und unsere Seelen klangen mit in diesem Gelöbnis.

Die Zahl der angetretenen Amtswalter wurde gemeldet: 31 000 in München, über eine Million im ganzen Reich. Da stand plötzlich hell und klar der Königsplatz vor meinen Augen, und es war nicht Schneesturm, sondern die Sonne gleißte und lohte herab auf die 31 000 und die Million Menschen im ganzen Reich, die ernst und feierlich reglos standen, ihr Leben, ihre Kraft dem Führer zu weihen. Der Himmel konnte hier nicht weinen, die Sonne mußte lachen vor Freude.

Dumpf rollten die Kanonenschläge durch das Radio, und die Stimme des Stellvertreters des Führers klang ernst und feierlich:

"Ihr werdet ablegen den Schwur auf den Führer. Adolf Hitler ist [214] Deutschland und Deutschland ist Adolf Hitler. Wer für Hitler schwört, schwört für Deutschland. Sprecht mir nach: Ich schwöre Adolf Hitler unverbrüchliche Treue!" Und es klang aus 31 000 Stimmen vom Königsplatz und aus Millionen Seelen deutscher Volksgenossen wider, und es war als schlugen die heiligen Schauer dieses ernsten, ergreifenden Gelöbnisses hinaus über Raum und Welten, und es griff brennend heiß nach unseren Herzen in dem fernen Gewässer, zwang unsere Hände, unsere umflorten Augen ineinander und von unseren bebenden Lippen den Schwur: Ich schwöre Adolf Hitler unverbrüchliche Treue — —








Wann kommen die Deutschen endlich wieder?
Eine Reise durch unsere Kolonien in Afrika

Senta Dinglreiter