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XV - Verschiedene Bestimmungen

Anlage zu Artikel 435

I.

      Der Schweizerische Bundesrat hat, wie er der französischen Regierung am 5. Mai 1919 mitgeteilt hat, die Bestimmung des Artikels 435 gleichfalls im Geiste aufrichtiger Freundschaft geprüft und ist zu seiner Befriedigung in der Lage, ihr mit folgenden Bemerkungen und Vorbehalten zuzustimmen.
      1. Neutralisierte Zone Hoch-Savoyens:
            a) Es besteht Einverständnis, daß, solange die Eidgenössischen Kammern die Abrede zwischen den beiden Regierungen betreffend die Abschaffung der Bestimmungen über die Neutralitätszone Savoyens noch nicht ratifiziert haben, bezüglich dieses Gegenstandes beiderseits noch keine endgültige Bindung besteht.
            b) Die Zustimmung der Schweizerischen Regierung zur Abschaffung der oben erwähnten Bestimmungen setzt entsprechend dem angenommenen Wortlaut die Anerkennung der in den Verträgen von 1815, besonders in der Erklärung vom 20. November 1815, zugunsten der Schweiz niedergelegten Zusicherungen voraus.
            c) Die Abrede zwischen der Französischen und der Schweizerischen Regierung über die Aufhebung der oben erwähnten Bestimmungen gilt nur dann als wirksam, wenn der Friedensvertrag den Artikel in seiner gegenwärtigen Fassung enthält. Außerdem müssen die den Friedensvertrag schließenden Mächte die Zustimmung derjenigen Signatarmächte der Verträge von 1815 und der Erklärung vom 20. November 1815 nachsuchen, die nicht Signatarmächte des gegenwärtigen Friedensvertrags sind.
      2. Freizone von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex.
            a) Der Bundesrat erklärt seinen ausdrücklichen Vorbehalt hinsichtlich der Auslegung der im letzten Absatz des vorstehenden, in den Friedensvertrag aufzunehmenden Artikels enthaltene Erklärungen, in der es heißt, daß "die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der sonstigen Zusatzakte betreffend die Freizonen von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex durch die Verhältnisse überholt sind". Der Bundesrat wünscht keinesfalls, daß aus seiner Zustimmung zu dieser Fassung geschlossen werden könnte, er stimme der Abschaffung der bewährten Einrichtung zu, die dazu dient, einander benachbarten Gebieten den Vorteil einer besonderen, ihrer geographischen und wirtschaftlichen Lage angepaßten Behandlung zu verschaffen.
            Nach Auffassung des Bundesrats kann es sich nicht darum handeln, das Zollsystem der Zonen, so wie es durch die obenerwähnten Verträge festgesetzt worden ist, abzuändern, sondern einzig darum, die Art und Weise des Güteraustausches zwischen den in Betracht kommenden Gegenden in einer den jetzigen wirtschaftlichen Bedingungen besser angepaßten Weise zu regeln. Zu den vorstehenden Bemerkungen sieht sich der Bundesrat durch den Inhalt des der Note der französischen Regierung vom 26. April beigefügten Entwurfs eines Übereinkommens über die zukünftige Gestaltung der Zonen veranlaßt. Unbeschadet der obenerwähnten Vorbehalten erklärt sich der Bundesrat bereit, im freundschaftlichsten Geiste alle Vorschläge zu prüfen, welche ihm die französische Regierung in dieser Hinsicht machen zu sollen glaubt.
            b) Es besteht Einverständnis, daß die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der Zusatzakte über die Freizonen bis zu dem Zeitpunkt in Kraft bleiben, wo eine neue Abmachung zur Regelung der Rechtslage dieser Gebiete zwischen der Schweiz und Frankreich zustande kommt.


II.

      Die französische Regierung hat am 18. Mai 1919 an die schweizerische Regierung nachstehende Note als Antwort auf die vorstehend wiedergegebene Mitteilung gerichtet:
      In einer Note vom 5. Mai 1919 hat die schweizerische Gesandtschaft in Paris der Regierung des französischen Freistaats die Zustimmung der eidgenössischen Regierung zu dem vorgeschlagenen Artikel mitgeteilt, der in den zwischen den alliierten und assoziierten Mächten einerseits und Deutschland andererseits abzuschließenden Friedensvertrag aufgenommen werden soll.
      Mit Befriedigung hat die französische Regierung von dem so erzielten Einverständnis Kenntnis genommen, und der von den Alliierten und Assoziierten angenommene Entwurf des fraglichen Artikels ist auf ihr Ersuchen in die den deutschen Bevollmächtigten überreichten Friedensbedingungen unter Nr. 435 eingefügt worden.
      In ihrer diese Frage betreffenden Note vom 5. Mai hat die schweizerische Regierung verschiedene Erwägungen und Vorbehalte zum Ausdruck gebracht.
      Hinsichtlich derjenigen dieser Bemerkungen, welche die Freizonen von Hoch-Savoyen und dem Gebiet von Gex betreffen, hat die französische Regierung die Ehre, darauf hinzuweisen, daß die Bestimmung des letzten Absatzes des Artikels 435 so klar ist, daß kein Zweifel hinsichtlich ihrer Tragweite, insbesondere hinsichtlich der Tatsache aufkommen dürfen, daß danach in Zukunft keine anderen Mächte als Frankreich und die Schweiz an dieser Frage mehr beteiligt sind.
      Die Regierung des Freistaats, die ihrerseits auf den Schutz der Interessen der in Frage stehenden französischen Gebiete bedacht ist und deren besondere Lage berücksichtigt, verliert nicht aus dem Auge, daß die Einführung eines geeigneten Zollsystems für sie und eine den gegenwärtigen Verhältnissen besser entsprechenden Regelung des Austauschverkehrs zwischen diesen Gebieten und den benachbarten schweizerischen Gebieten unter Beachtung der gegenseitigen Interessen sich empfiehlt.
      Selbstverständlich darf dies in keiner Weise das Recht Frankreichs berühren, in dieser Gegend seine Zollinie mit seiner politischen Grenze zusammenfallen zu lassen, wie dies bei anderen Teilen seiner Landesgrenzen der Fall ist und wie die Schweiz es selbst seit langem mit ihren eigenen Grenzen in dieser Gegend gemacht hat.
      Mit Befriedigung nimmt in dieser Hinsicht die Regierung des Freistaats von der freundschaftlichen Bereitwilligkeit Kenntnis, mit der die schweizerische Regierung sich zur Prüfung aller französischer Vorschläge über das an Stelle der gegenwärtigen Rechtsordnung der bezeichneten Freizonen zu setzende Abkommen bereit erklärt hat; die französische Regierung wird diese Vorschläge in dem gleichen freundschaftlichen Sinne aufstellen.
      Andererseits zweifelt die Regierung des Freistaats nicht, daß die vorläufige Beibehaltung der Rechtsordnung von 1815, betreffend die Freizonen, auf die dieser Absatz der Note der schweizerischen Gesandtschaft vom 5. Mai hinweist und die offensichtlich die Überleitung des gegenwärtigen Zustands in den vertragsmäßigen Zustand vermitteln soll, keineswegs eine Verzögerung der Einführung des von den beiden Regierungen für notwendig erkannten neuen Zustands mit sich bringen darf. Die gleiche Bemerkung gilt für die Ratifikation durch die eidgenössischen Kammern, die in § 1, Absatz a) der schweizerischen Note vom 5. Mai unter der Überschrift "Neutralisierte Zone Hoch-Savoyens" vorgesehen ist.