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I. Antwort der Alliierten und Assoziierten Mächte auf die Bemerkungen der Deutschen Delegation zu den Friedensbedingungen


[49] Teil X: Wirtschaftliche Bestimmungen

I: Handelspolitik

Die Grundsätze, die die Alliierten und Assoziierten Mächte zur Anwendung bringen wollen, sobald die Welt wieder zu normalen Verhältnissen zurückkehrt, sind die gleichen, die der Präsident Wilson bei verschiedenen Gelegenheiten in seinen Reden bekundet hat, und die in Artikel 23, § e des Völkerbundsstatuts niedergelegt sind. Aber es leuchtet ein, daß die Kundgebungen des Präsidenten Wilson, bezüglich der Gleichheit der Handelsbeziehungen, im Hinblick auf eine dauernde Ordnung der Welt verstanden werden müssen, und daß sie nur auf einen Zeitpunkt als anwendbar betrachtet werden können, wo der Völkerbund vollständig errichtet und die Welt zu normalen Handelsverhältnissen zurückgekehrt ist. In der Zwischenzeit ist die Errichtung einer reinen Übergangsordnung notwendig, die allerdings von dem abweicht, was bei der endgültigen Ordnung bezweckt ist, aber in keiner Weise mit deren Grundsätzen im Widerspruch steht.

Während dieser Übergangszeit verlangt es die "billige Behandlung des Handels aller Mitglieder des Völkerbundes", daß Deutschland zeitweilig das von ihm geforderte Recht, auf dem Fuße völliger Gleichberechtigung mit den anderen Nationen behandelt zu werden, entzogen wird.

Die gesetzwidrigen Handlungen des Feindes haben viele der verbündeten Staaten in eine Lage wirtschaftlicher Unterlegenheit gegenüber Deutschland gebracht, dessen Gebiet nicht verwüstet worden ist, und dessen Betriebe in einem Zustand sind, daß Fabrikation und Handel sofort nach dem Kriege wieder aufgenommen werden können. Für diese Länder ist eine gewisse Bewegungsfreiheit während der Übergangszeit lebensnotwendig. Aber es ist auch nicht weniger notwendig, daß die Alliierten Staaten in dieser Zwischenzeit gegen die Wirkung besonderer Vergünstigungen oder verschiedener Behandlung, die seitens Deutschland an ein alliiertes oder assoziiertes Land oder an irgendein anderes Land gewährt werden, gesichert sind. Während der Übergangszeit ist daher eine formelle Gegenseitigkeit nicht durchführbar und es ist nur billig, daß die Alliierten und Assoziierten Mächte für diese Periode eine größere Freiheit haben, ihren wirtschaftlichen Verkehr zu ordnen, als dies den Urhebern des Angriffs zugestanden wird. Wäre es anders, so würde Deutschland in den Gebieten, die es mit der Absicht besetzt hat, seine Gegner in eine wirtschaftlich unterlegene Lage zu bringen, den Vorteil seiner verbrecherischen Handlungen ernten.

[50] Es ist daher eine Erwägung der Gerechtigkeit, die die Alliierten und Assoziierten Mächte bewogen hat, Deutschland für eine Mindestzeit von 5 Jahren Bedingungen ohne Gegenseitigkeit im Handelsverkehr aufzuerlegen. Die Artikel 264 bis 267, 323 und 327, die in diesem Sinne abgefaßt sind, sind Maßregeln für die Wiederherstellung, deren Dauer durch den Völkerbund bestimmt werden wird.

Wenn die notwendige Übergangszeit vorüber ist und ein umgestaltetes Deutschland zur Mitgliedschaft bei dem Völkerbund zugelassen ist, werden die Alliierten und Assoziierten Mächte in der Lage sein, mit ihm zusammen zu arbeiten, um zu einer dauernden Ordnung für die Errichtung einer billigen Behandlung des Handels aller Völker zu gelangen.

Von der Deutschen Delegation ist keine Einwendung gegen den allgemeinen Grundsatz erhoben, daß während einer Übergangszeit Sonderordnungen für Erzeugnisse des Gebietes nötig sind, die von Deutschland abgetrennt werden. Mangels eingehender Kritik ist anzunehmen, daß sie gegen die diesbezüglichen Bestimmungen des Vertrages keine ernstliche Einwendungen erhebt.

Um den besonderen Bedingungen der Übergangszeit Rechnung zu tragen, ist die Bestimmung aufgenommen, durch die der Einfuhr gewisser Erzeugnisse der Alliierten und Assoziierten Länder die Anwendung für einen Zeitraum von drei Jahren der im Jahre 1914 angewandten deutschen Meistbegünstigungstarife gesichert wird. Es handelt sich darum, provisorisch einer Produktion ihren Absatz zu erhalten, die in den angrenzenden Ländern sich den Bedürfnissen Deutschlands angepaßt hatte.

Um Deutschland die Möglichkeit der Aufstellung von Zolltarifen nach Bedürfnis zu geben, haben die Alliierten und Assoziierten Mächte seine Verpflichtung der Aufrechterhaltung der für die Einfuhr nach Deutschland am 31. Juli 1914 angewandten Meistbegünstigungszolltarife auf eine Zeitdauer von 6 Monaten beschrankt. Die auf diese Weise festgesetzte Frist ist zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Verwirrung, durch sofortige Abänderungen der Tarifbedingungen, unvermeidlich.

II: Verträge

Die allgemeinen Grundsätze, auf denen die Abfassung des Abschnitts II des Teiles X der Friedensbedingungen beruht, machen seinen Inhalt verständlich.

Gewiß ziehen die Alliierten und Assoziierten Mächte in Betracht, daß in Friedenszeiten das Bestehen von Kollektivverträgen und von zweiseitigen Verträgen zwischen den Völkern unentbehrlich ist, um die Achtung des Rechts und die Erhaltung der regelrechten internationalen Beziehungen zu sichern. Sie sind daher bedacht gewesen, alle jene Kollektivverträge wieder in Kraft zu setzen, die ihnen mit den neuen Verhältnissen, wie sie sich aus dem Kriege ergeben haben, verträglich erschienen.

Was die zweiseitigen Verträge anbetrifft, so hat sich jede der Alliierten und Assoziierten Mächte das Recht vorbehalten, ihre Entscheidung in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Friedensvertrages zu treffen.

[51] Aber die Alliierten und Assoziierten Mächte können nicht alle Verträge weiterbestehen lassen, die Deutschland, sei es seinen Verbündeten, sei es seinen zeitweilig niedergeworfenen Gegnern, sei es in gewissen Fällen sogar neutralen Mächten mit dem Ziel, sich besonders günstige Bedingungen und Sondervorteile aller Art zu sichern, auferlegt hat und deren Aufrechterhaltung mit der Wiederherstellung des Rechts unvereinbar ist.

Dieser Grundsatz hat zur notwendigen Folge die Zurückweisung der von Deutschland in Kapitel VII (Verträge) seiner Bemerkungen zu den Friedensbedingungen aufgestellten Theorie, ohne daß darüber besondere Verhandlungen notwendig wären. Es kann daher nicht zugelassen werden, daß allgemein alle Kollektivverträge und alle zweiseitigen Verträge ohne Unterschied nach Friedensschluß, und sei es auch nur für kurze Zeit, wieder aufleben; und mit Fug und Recht haben sich die Alliierten und Assoziierten Mächte das Recht vorbehalten, oder behalten es sich in Zukunft vor, die Verträge mitzuteilen, die sie vorhaben, Deutschland gegenüber wieder in Kraft zu setzen oder in Kraft setzen zu lassen.

Unter der selbstverständlichen Voraussetzung, daß sich das Vorstehende auf die Gesamtheit der deutschen Bemerkungen zum Abschnitt II des Teiles X der Friedensbedingungen bezieht, geben diese Bemerkungen im besonderen noch zu folgenden Betrachtungen Anlaß:

1. Die Deutsche Delegation scheint der Anschauung zu sein:

  1. daß die Aufzählung der Kollektivverträge in Artikel 282 infolge von Irrtümern oder Auslassungen unvollständig ist;
  2. daß die Ziffern 7, 17, 19, 20, 21 dieses Artikels zu Zweifeln über Inhalt und Bedeutung Anlaß bieten;
  3. daß schließlich Schwierigkeiten entstehen können aus den Einzelvorbehalten der Staaten, die der Geltung gewisser, wieder in Kraft gesetzter Kollektivverträge Schranken haben auferlegen können.

In Erwiderung auf diese Bemerkungen weisen die Alliierten und Assoziierten Mächte auf folgende Punkte hin:

  1. der Deutschen Regierung ist es gestattet, nach Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit den Alliierten und Assoziierten Mächten diesen die in den nicht wieder in Kraft gesetzten Verträgen geregelten Fragen bekanntzugeben, für die sie den Abschluß neuer Verträge oder die abgeänderte Wiederaufnahme früherer Übereinkünfte wünscht.
  2. Der Inhalt und die Bedeutung der Verträge, die im Artikel 282 unter den Ziffern 7, 17, 19, 20, 21 aufgeführt sind, lassen für irgendwelche Zweifel keinen Raum.
          Was die Nummer 19 anbetrifft, so kann die Aufzählung der Sanitätsabkommen folgendermaßen ergänzt werden:
            "Sanitätsabkommen vom 3. Dezember 1903, sowie die diesen vorausgehenden Sanitätsabkommen, unterzeichnet am 30. Januar 1892, am 15. April 1893, am 3. April 1894 und am 19. März 1897."
  3. Unbeschadet etwaigen entgegenstehenden Bestimmungen des Friedensvertrages bleiben die Vorbehalte in Kraft, die von den zu den Unterzeichnern des Vertrages gehörenden Mächten zu der Zeit haben gemacht werden können, als sie die durch den Abschnitt II des [52] Teiles X der Friedensbedingungen wieder in Kraft gesetzten Kollektivverträge zeichneten oder ihnen beitraten, da diese Verträge ihre Geltung unter den gleichen Bedingungen wie vor dem Kriege wieder erlangen. Sollten die Bedingungen in ihrer Anwendung eingeschränkt sein, so müßte natürlich in eine neue Prüfung eingetreten werden.

2. Die Deutsche Delegation erklärt, daß die Annahme der Artikel 283 und 284 durch Deutschland unverträglich ist mit der Würde eines unabhängigen Volkes.

Diese Meinung gründet sich auf eine falsche Auffassung des Sinnes und der Bestimmungen der Artikel 283 und 284. Deutschland verpflichtet sich durch den Artikel 283 lediglich, seine Zustimmung zu dem Abschlusse von Sonderabmachungen mit neuen Staaten nicht zu verweigern, wie sie für die Weltpost- und Telegraphenvereine vorgesehen sind. Damit ist nicht gesagt, daß der Wortlaut dieser Abmachungen ihm vorgeschrieben wird und daß es ihn ohne Änderungen annehmen muß. Tatsächlich wird durch diese Artikel lediglich einer systematischen Weigerung, solche Abmachungen einzugehen, oder der Aufstellung von Forderungen, die den Abschluß dieser Abmachungen unmöglich machen, von vornherein vorgebeugt.

Artikel 284 läßt Deutschland die Möglichkeit, an der Ausarbeitung des vorgeschlagenen funkentelegraphischen Übereinkommens teilzunehmen. Nichts hindert Deutschland, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, wenn es dies für zweckmäßig erachtet.

Es kann zudem unmöglich als eine ungewöhnliche Härte angesehen werden, daß in Angelegenheiten solcher Art, die den friedlichen Handel der europäischen Völker berühren, Deutschland verhindert wird, eine Haltung einzunehmen, durch die es dem internationalen Verkehr ein Hemmnis in den Weg legen würde. Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind gleichwohl bereit, Deutschland durch ein neues funkentelegraphisches Übereinkommen nur dann für gebunden zu erachten, wenn dieses Übereinkommen vor Ablauf von 5 Jahren abgeschlossen werden sollte.

3. Die deutschen Einwendungen gegen Artikel 289 scheinen einer irrtümlichen Auffassung seines Gegenstandes zu entspringen. Während die Alliierten und Assoziierten Mächte auf der einen Seite dem Wiederaufleben aller solcher zweiseitigen Verträge oder solcher Bestimmungen in zweiseitigen Verträgen, die nicht den Abmachungen des Friedensvertrages entsprechen, nicht zustimmen können, sind sie auf der anderen Seite völlig bereit, die Versicherung abzugeben, daß die in Rede stehende Bestimmung nicht willkürlich zu dem Zwecke angewendet werden wird, um zweiseitige Verträge in einer Weise zu spalten, daß für die eine Partei nur Verpflichtungen und für die andere nur Rechte bestehen bleiben. Die Alliierten und Assoziierten Mächte werden selbst durch den Völkerbund eine Überwachung dahin ausüben, daß die Bestimmungen des Artikels 289 sinngemäß (loyal) ausgeführt werden. Zu diesem Zwecke wird die Fassung des Artikels wie folgt abgeändert:

          "Entsprechend dem Geiste der allgemeinen Grundsätze oder der besonderen Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages wird jeder der Alliierten und Assoziierten Mächte Deutschland diejenigen zweiseitigen Verträge oder Abkommen mitteilen, deren Wiederaufleben sie wünscht.
          Die in diesem Artikel vorgesehene Mitteilung soll entweder unmittelbar oder durch Vermittlung einer anderen Macht bewirkt werden. Deutschland [53] wird den Empfang schriftlich bestätigen. Das Datum des Inkrafttretens ist das Datum der Mitteilung.
          Die Alliierten und Assoziierten Mächte verpflichten sich untereinander, nur diejenigen Übereinkommen oder Verträge wieder aufleben zu lassen, die den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages entsprechen. Die Mitteilung enthält gegebenenfalls den Hinweis darauf, daß diejenigen Bestimmungen dieser Übereinkommen oder Verträge, die nicht in Übereinstimmung mit den Abmachungen des gegenwärtigen Vertrages stehen, nicht wieder aufleben sollen.5 Im Falle einer Meinungsverschiedenheit hat der Völkerbund das Wort.
          Ein Zeitraum von 6 Monaten......."

Zweiseitige Verträge zwischen Deutschland und Staaten, welche die diplomatischen Beziehungen mit ihm abgebrochen, aber nicht den Krieg erklärt haben, sind ausdrücklich in Artikel 289 zu denselben Grundsätzen eingeschlossen wie Verträge mit solchen Staaten, die den Krieg erklärt haben. Da es keine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts über diesen Gegenstand gibt, steht es den Alliierten und Assoziierten Mächten frei, die Frage in der zweckmäßigsten Art in dem Friedensvertrag zu erledigen.

4. Die in den Artikeln 290 und 292 bezeichneten Verträge gehören in erster Linie zu den Verträgen, zu deren Abschluß Deutschland durch mißbräuchliche Ausnutzung der Umstände, die es selbst geschaffen hatte, des Druckes, den es ausgeübt hat, oder der zeitweiligen Stärke seiner Waffen gelangt war. Sie können unmöglich nach Abschluß eines Friedensvertrages in Kraft bleiben, der auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit aufgebaut ist, was auch immer die Folgen ihrer Aufhebung für Deutschland sein mögen.

Die Alliierten und Assoziierten Mächte können nicht zugeben, daß die durch Artikel 290 und 292 geforderte Aufhebung aller von Deutschland mit seinen früheren Verbündeten seit dem 1. August 1914 geschlossenen Verträge und aller vor oder seit diesem Datum mit Rußland6 und mit Rumänien geschlossenen Verträge Deutschlands Beziehungen zu diesen Staaten ernstlich gefährdet.

Diese Aufhebung ist durch den gewaltigen politischen Umschwung notwendig geworden, der durch den Krieg herbeigeführt worden ist, und durch die Tatsache, daß alle Verträge, die seit Beginn der Feindseligkeiten mit Rußland oder irgendeinem Staat oder irgendeiner Regierung, deren Gebiet früher einen Teil Rußlands bildete, sowie mit Rumänien geschlossen worden sind, notwendigerweise so angesehen werden müssen, als wären sie durch Deutschland diesen Staaten wider ihren Willen auferlegt worden. Diese Aufhebung berührt nicht die Freiheit Deutschlands, in neue Unterhandlungen mit diesen Staaten zum Abschluß von neuen Vereinbarungen einzutreten, die den veränderten Bedingungen angepaßt sind. Auf diese Art kann jedes ernsthafte Hindernis der Wiederaufnahme freundschaftlicher wirtschaftlicher Beziehungen leicht umgangen werden.

5. Jede besondere Verhandlung über die Artikel 291 und 294 ist überflüssig. Der Zweck dieser Artikel ist klar und einfach: die Alliierten und Assoziierten Mächte stellen zwischen sich und Deutschland Gleichheit her, indem sie ipso facto in die Vorteile der vertraglichen Behandlung eintreten, die Deutschland seinen [54] früheren Alliierten vor dem 1. August 1914 eingeräumt hatte, sowie in diejenigen, die Deutschland aus Gründen eigenen Interesses oder zu Zwecken, die den Interessen der Alliierten und Assoziierten Mächte entgegenstanden, während des Krieges den neutral gebliebenen Mächten gewährt hat.


Anlage der Deutschen Delegation über besondere Rechtsfragen

III: Wiederaufnahme konsularischer Beziehungen

Die Deutsche Delegation fordert Gegenseitigkeit bezüglich des den Alliierten und Assoziierten Mächten durch Artikel 279 der Friedensbedingungen vorbehaltenen Rechts, Konsuln in deutschen Häfen und Städten zu bestellen. Der einseitige Charakter dieser Vorschrift des Artikels 279 entspringt den politischen Umtrieben der deutschen Konsuln und den Handlungen, die von Deutschen in den Gebieten gewisser Alliierter und Assoziierter Mächte vorgenommen worden sind.

Es muß übrigens hinzugefügt werden, daß keine Bestimmung des Artikels der Möglichkeit entgegensteht, entweder unter Anwendung des Artikels 289 die konsularischen Übereinkommen der Vorkriegszeit zwischen einzelnen der Alliierten und Assoziierten Mächte und Deutschland zu erneuern oder neue Vereinbarungen zwischen Deutschland und diesen Mächten für die Zulassung deutscher Konsulate in ihrem Gebiete abzuschließen.

IV: Behandlung des Privateigentums

Die Frage der Behandlung der Privatrechte wird in den Noten der Deutschen Delegation vom 22. und 29. Mai und in dem Anhang Nr. 1 ihrer Bemerkungen zu den Friedensbedingungen erörtert. Außerdem werden die allgemeinen in diesen Schriftstücken enthaltenen Einwände in verschiedener Form an mehreren Stellen der Bemerkungen wiederholt.

I. Grundsätzliche Fragen

Die grundsätzlichen Einwendungen gegen die Friedensbedingungen, welche von der Deutschen Delegation hinsichtlich dieses Gegenstandes vorgebracht worden sind, können wie folgt zusammengefaßt werden:

  1. Es ist ungesetzmäßig, das Privateigentum deutscher Staatsangehöriger dazu zu verwenden, die Verpflichtungen Deutschlands damit zu erfüllen.
  2. Die Regelung der Privatrechte ist nicht nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit erfolgt.
  3. Deutsches Eigentum soll nicht als Sicherheit für die Verpflichtungen der mit Deutschland verbündeten Staaten Verwendung finden.
  4. [55] Die von den Alliierten und Assoziierten Mächten vorzunehmenden Liquidationen tragen, da sie den Eigentümer der freien Verfügung über sein Vermögen berauben, konfiskatorischen Charakter.

Die Antwort der Alliierten und Assoziierten Mächte auf diese Einwände lautet wie folgt:

  1. Bezüglich des ersten Einwandes wird bemerkt, daß Deutschland klar seine pekuniäre Verpflichtung gegenüber den Alliierten und Assoziierten Mächten anerkannt hat und ferner, daß die gegenwärtigen Hilfsquellen Deutschlands nicht ausreichend sind, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Es ist unzweideutige Pflicht Deutschlands, seine Verbindlichkeiten so vollständig und so schnell als möglich zu erfüllen, und zu diesem Zwecke von allen verfügbaren Mitteln Gebrauch zu machen. Die im Auslande befindlichen Kapitalien deutscher Staatsangehöriger bilden eine Gruppe sofort verfügbarer Guthaben. Der Vertrag verlangt einfach von Deutschland, zu diesen Kapitalanlagen unverzüglich seine Zuflucht zu nehmen.
          Es ist richtig, daß es für ein Land grundsätzlich nicht wünschenswert erscheint, das Eigentum eines Teiles seiner Staatsangehörigen zur Deckung staatlicher Verbindlichkeiten zu benützen; es können jedoch Umstände eintreten, welche ein solches Verfahren notwendig machen. In dem gegenwärtigen Kriege haben die Alliierten Mächte es selbst für notwendig erachtet, auswärtige Kapitalanlagen ihrer Staatsangehörigen in Anspruch zu nehmen, um ihren auswärtigen Verpflichtungen nachzukommen. Sie haben dafür ihre eigenen inneren Anleihen ihren Staatsangehörigen gegeben, welche auf diese Weise berufen wurden, durch solche Verwendung ihres privaten Eigentums einen Anteil der staatlichen Verpflichtungen auf sich zu nehmen.
          Jetzt ist die Zeit gekommen, wo Deutschland dasselbe tun muß, wozu es seine Gegner gezwungen hat. Die Notwendigkeit für Deutschland, ein solches Verfahren anzunehmen, ist von der Deutschen Friedensdelegation klar eingesehen worden und ist von ihr in folgenden Sätzen angenommen, welche wörtlich in der Note vom 22. Mai zitiert werden:
            "Die Deutsche Friedensdelegation ist sich dessen bewußt, daß der Druck, den die aus dem Friedensvertrag hervorgehenden Lasten in Zukunft auf das gesamte deutsche Wirtschaftsleben ausüben werden, es nicht gestattet, den deutschen Auslandsbesitz in dem bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten.
            Um seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, wird Deutschland vielmehr diesen Auslandsbesitz in weitem Maße opfern müssen; dazu ist es bereit."
          Der obenerwähnte grundsätzliche Einwand beantwortet sich somit vollständig aus der deutschen Note selbst.
  2. Die Deutsche Delegation behauptet in ihrer Note vom 22. Mai, daß hinsichtlich der Regelung feindlichen Eigentums lediglich der Anschein erweckt wird, daß hier Gegenseitigkeit verbürgt ist, und dieser Einwand wird in dem Anhang zu den Bemerkungen weiter entwickelt. Der Einwand entspringt einer Vermengung zweier gänz- [56] lich verschiedener Angelegenheiten. Was die außerordentlichen Kriegsmaßnahmen betrifft, welche in den verschiedenen Ländern hinsichtlich feindlichen Eigentums getroffen sind, besteht eine gegenseitige Bestimmung insofern, als diese außerordentlichen Kriegsmaßnahmen beiderseits bestätigt wurden. Völlig anders liegt die Frage, in welcher Weise feindliches Eigentum künftig behandelt werden soll. Deutsches Eigentum muß, wie es in der deutschen Note anerkannt ist, dazu dienen, Deutschlands Verpflichtungen gegenüber den Alliierten zu erfüllen. Die Entschädigung des deutschen Eigentümers muß durch Deutschland selber erfolgen. In dieser Hinsicht kann von einer Gegenseitigkeit keine Rede sein.
  3. Bezüglich der Frage, ob deutsches Eigentum als Sicherheit für die Verpflichtungen der mit Deutschland verbündeten Staaten dienen sollte, ist zu bemerken, daß einerseits die Handlungen Deutschlands und seiner Verbündeten während des Krieges zu einer vollkommenen Einheit zwischen diesen Mächten in ökonomischer Beziehung geführt haben. So haben z. B. Unterhandlungen, welche ohne Skrupel zwischen Deutschland und seinen Verbündeten stattgefunden haben, dazu geführt, daß die Ergebnisse der gegen alles Recht in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten vorgenommenen Liquidationen von alliiertem und assoziiertem Eigentum geteilt wurden. Ferner haben die deutschen Behörden verschiedentlich die Alliierten und Assoziierten Mächte als solidarisch verbundene behandelt. Sie haben z. B. französische Kreditsalden in belgischen Banken beschlagnahmt als eine Vergeltungsmaßregel gegen Handlungen, die in anderen Alliierten Staaten begangen worden sind. Sie haben in gleicher Weise die Liquidation französischen Eigentums in Deutschland mit der Begründung gerechtfertigt, daß gleichartige Maßnahmen gegen deutsches Eigentum in anderen alliierten Ländern erfolgt seien. Somit ist der Grundsatz der Gesamthaftung, gegen welchen Deutschland jetzt Einwände macht, von ihm selbst aufgestellt worden. Es hat eine Sachlage geschaffen, welche den Alliierten und Assoziierten Mächten nicht mehr gestattet, die Verpflichtungen Deutschlands von denen seiner Verbündeten in der Praxis zu trennen. Gleichwohl sind die Alliierten und Assoziierten Mächte bereit, darauf zu verzichten, das Eigentum deutscher Staatsangehöriger für Verpflichtungen in Anspruch zu nehmen, welche aus den unbezahlten Schulden der Staatsangehörigen der mit Deutschland verbündeten Staaten herrühren.
  4. Die Art der Verwendung des Eigentums, wie sie durch diesen Vertrag festgelegt ist, kann weder nach ihrem Prinzip noch nach der Methode ihrer Anwendung als eine Konfiskationsmaßnahme bezeichnet werden. Private deutsche Interessen werden durch die erörterten Maßnahmen nur insoweit verletzt, als Deutschland selbst dies bestimmen sollte, denn alle Überschüsse aus deutschem Eigentum werden Deutschland gutgebracht werden, welches verpflichtet ist, seine eigenen Angehörigen zu entschädigen, und auf diese Weise dazu gelangt, seine Schuld gegenüber den Alliierten und Assoziierten Mächten zu vermindern.

[57] V: Schulden

Obwohl Gegenseitigkeit nicht in jeder Hinsicht gewährt werden kann, haben die Alliierten und Assoziierten Mächte nichtsdestoweniger diesen Grundsatz angewendet, wo immer es möglich war. So ist es geschehen mit Bezug auf das système de compensation (clearing office system) (Ausgleichsverfahren), welches die Friedensbedingungen vorsehen. Hier ist, soweit es Einzelpersonen betrifft, vollkommene Gegenseitigkeit gegeben. Das System weicht hiervon nur insoweit ab, als es sich auf die Nichtauszahlung der Überschüsse an Deutschland bezieht, welche von den Alliierten und Assoziierten Mächten geschuldet werden könnten, und diese Bestimmung ist lediglich die Anwendung des Grundsatzes der Zurückhaltung feindlichen Eigentums zur Bezahlung von Ansprüchen.

1. Bestimmungen des Artikels 296 (e), laut welchen jede der Alliierten und Assoziierten Mächte, dagegen nicht Deutschland, in der Lage ist, zu entscheiden, ob das System zwischen Deutschland und einer Alliierten Macht anzuwenden ist oder nicht.

Es ist nicht möglich, sowohl den Alliierten oder Assoziierten Mächten als auch Deutschland ein Bestimmungsrecht darüber zu geben, ob das System anwendbar ist oder nicht. Das Ergebnis davon könnte sein, daß die eine Macht entscheidet, daß es anzuwenden sei, die andere, daß es nicht anzuwenden sei.

2. Bestimmungen des Artikels 296 (d), daß Schulden in der Währung der betreffenden Alliierten oder Assoziierten Macht nach dem Umrechnungskurs der Vorkriegszeit bezahlt werden sollen.

Infolge der großen Verminderung des Wertes der Mark werden notwendig Härten entstehen bei der Regelung der Vorkriegsschulden, gleichviel, welche Basis für diese Regelung gewählt wird. Die vorgesehene Methode ist für beide Seiten so gerecht (fair), wie möglich. Während nach diesem Verfahren ein alliierter Gläubiger, dem von einem deutschen Schuldner ein Betrag in Mark geschuldet wird, einen gleichwertigen Betrag in alliierter Währung zum Wechselkurs der Vorkriegszeit erhalten wird, wird dem deutschen Gläubiger eines alliierten Schuldners, welcher einen Markbetrag schuldet, gleichfalls der Betrag in alliierter Währung, nach dem Wechselkurs der Vorkriegszeit berechnet, gutgeschrieben werden, so daß in dieser Hinsicht Gegenseitigkeit gewährleistet ist.

3. Verbot unmittelbarer Abmachungen zwischen Schuldner und Gläubiger:

          Es scheint so, daß einer der Einwände gegen das Verbot unmittelbarer Abmachungen zwischen Schuldnern und Gläubigern der ist, daß solches Verbot eine Ermäßigung des Betrages der Schulden verhindern würde. Es ist nun ein wesentlicher Bestandteil des Ausgleichsverfahrens, daß die Schulden von den betreffenden Regierungen garantiert und voll bezahlt werden sollen. Es darf keine Bestimmung zugelassen werden, welche dem Schuldner und Gläubiger erlaubt, dahin übereinzukommen, daß eine Befriedigung durch einen geringeren Betrag, als den vollen Anspruch, erfolgen könne.

[58] 4. Artikel 296, § 3 und 4.

Der in Artikel 296, § 3 und 4 enthaltene Vorbehalt bezieht sich auf den Fall, daß die Zahlung von Zinsen auf Staatspapiere aufgehoben oder hinausgeschoben ist, mit Bezug auf alle Inhaber dieser Staatspapiere, gleichviel, welcher Nationalität. Das Ausgleichsverfahren soll nicht die Wirkung haben, einem früheren Feind den Empfang von Zinsen zu ermöglichen, wenn Inhaber, welche Angehörige des die Anleihe ausgebenden Staates sind, oder neutrale, nicht bezahlt worden sind. Diese Bestimmung ist eine gegenseitige. Ehemals feindliche Inhaber solcher Papiere werden die Rückstände der Zinsen unter den gleichen Bedingungen erhalten wie andere Inhaber.

5. Artikel 296 (b).

Die Deutsche Delegation erhebt Einwendungen gegen die Staatsbürgschaft für die Schulden seiner Angehörigen allein aus dem Grunde, weil Gegenseitigkeit nicht gewährt ist. Mit Bezug auf diese Bürgschaft ist volle Gegenseitigkeit gewährt. Die Notwendigkeit, jeden Überschuß zugunsten Deutschlands einzubehalten, erwächst, wie weiter oben ausgeführt wurde, aus der Erwägung, daß die gegenwärtigen Hilfsquellen Deutschlands zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht ausreichend sind.

Es ist eine Erklärung der Bezeichnungen "faillite", "déconfiture et déclaration formelle d'insolvabilité", "bankruptcy", "failure" und "formal indication of insolvency" gewünscht worden. Diese Bezeichnungen beziehen sich auf die Fälle, in denen in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Staates, in welchem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, anerkannt worden ist, daß er nicht in der Lage ist, seinen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen.

6. Artikel 296 (c).

Wie weiter oben dargelegt, ist nichts Unbilliges in den Bestimmungen enthalten, welche hinsichtlich der Zahlung von Schulden bezüglich Währung und Wechselkurs anzuwenden sind. Es wird ferner in der deutschen Note betont, daß das gewählte Regelungsverfahren eine große Nachfrage nach Wechseln in der Währung der Alliierten und Assoziierten Mächte hervorrufen wird, und daß dieses notwendig zu einer weiteren Entwertung des deutschen Geldes führen muß. Es liegt kein Grund vor, ein solches Ergebnis vorauszusehen. Der von Deutschland geschuldete Betrag wird praktisch dadurch beglichen werden, daß Deutschland die Ergebnisse aus den Liquidationen deutschen Eigentums in den Alliierten und Assoziierten Staaten gutgebracht werden.

7. Artikel 296 (d), letzter Paragraph.

Bezüglich des Umrechnungskursus für die neuen Staaten wird zweifellos die Kommission für Wiedergutmachung ihr Augenmerk darauf richten, den Wechselkurs gemäß den geltenden Bestimmungen festzusetzen, welche in dem neuen Staat bezüglich des Verhältnisses zwischen seiner Währung und der früher auf seinem Gebiete vorhandenen Währung bestehen.

8. Artikel 296 (e).

Die Deutsche Delegation legt dar, daß jeder alliierten und assoziierten Macht ein Zeitraum von 6 Monaten gewährt wird, um sich darüber zu ent- [59] scheiden, ob sie das Ausgleichsverfahren annehmen will, und ist der Meinung, daß, wenn dieses Verfahren in Wirksamkeit gesetzt werden soll, es notwendig ist, daß die Entscheidung rasch getroffen werde. In dieser Hinsicht kann den Wünschen der Deutschen Delegation entsprochen werden, und zu diesem Zwecke kann der Zeitraum von 6 Monaten auf einen Monat herabgesetzt werden, welcher mit dem Tage der Ratifikation des Vertrages durch den interessierten Staat beginnt.

9. Artikel 296 (f).

Dieser Artikel sieht für zwei alliierte oder assoziierte Staaten, welche gegenüber Deutschland das Ausgleichsverfahren eingeführt haben, die Möglichkeit vor, übereinzukommen, daß die Angehörigen des einen Staates in dem Gebiete des anderen wie die eigenen Staatsangehörigen behandelt werden sollen, sowohl hinsichtlich der Bezahlung ihrer Schuld aus der Zeit vor dem Kriege an Deutschland als auch hinsichtlich der Einziehung ihrer Guthaben von den Deutschen.

10. Artikel 72 - Besondere Bestimmungen bezüglich Elsaß-Lothringens.

Tatsächlich und rechtlich sind die wirtschaftlichen Beziehungen Elsaß-Lothringens und Deutschlands durch die Besetzung und den Waffenstillstand aufgehoben. Sie werden erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden.

Es ergab sich daraus die Notwendigkeit, daß die Schulden, deren Bezahlung in der Schwebe war, oder schwebend bleibt, durch ein besonderes Ausgleichsamt an der Hand eines stabilen und gegenseitigen Wechselkurses geregelt wurde.

Es handelt sich im übrigen ausschließlich um Schulden zwischen Elsaß-Lothringern, welche die französische Staatsangehörigkeit wieder erhalten auf der einen Seite und dem Reich, den deutschen Einzelstaaten und ihren Angehörigen auf der andern Seite.

VI: Eigentum, Rechte und Interessen

Artikel 297, 298.

Die Deutsche Delegation nimmt zuvörderst auf die von ihr am 22. Mai über Privateigentum, Privatrechte und Privatinteressen gemachten Bemerkungen bezug. Die Alliierten und Assoziierten Mächte haben eben die in jener Note geltend gemachten Grundsätze geprüft.

Die "Bemerkungen" der Deutschen Delegation wiederholen den Einwurf betreffend die den Alliierten und Assoziierten Mächten vorbehaltene Befugnis, deutsches Eigentum nach Inkrafttreten des Vertrages zu liquidieren, die Liquidationsmaßregeln in den von Deutschland abgetrennten Gebieten vorzunehmen, zur Liquidation zu schreiten und sich so schon jetzt die Vorteile der von den Friedensbedingungen bezweckten Regelung nutzbar zu machen.

In dieser Hinsicht braucht nur auf die bereits gemachten Ausführungen Bezug genommen zu werden, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die Verwertung des in Frage stehenden Eigentums für die Alliierten und Assoziierten Staaten [60] ein wesentliches Mittel zur Ermöglichung der Beitreibung eines Teils ihrer Forderungen darstellt. Sie müssen daher dieser Verwertung jede mögliche Ausdehnung geben, und es kann keine Rede davon sein, sie auf Eigentum zu beschränken, das sich in den Gebieten befindet, welches den Alliierten vor dem Kriege gehörte, oder auf Eigentum, das im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse bereits im Verlauf des Krieges liquidiert worden ist.

Nichtsdestoweniger erscheint es möglich, in dieser Beziehung eine besondere Regelung hinsichtlich der neugeschaffenen Alliierten und Assoziierten Mächte und hinsichtlich der Mächte, die nach Maßgabe der Friedensbedingungen keinen Anspruch auf Entschädigung haben, zu treffen.

Hinsichtlich dieser Mächte ist die Frage infolgedessen nunmehr so geregelt, daß der Erlös der Liquidation in bestimmten Fällen unmittelbar an die Berechtigten ausbezahlt werden soll, jedoch unbeschadet sämtlicher, durch den gegenwärtigen Vertrag der Wiedergutmachungskommission zuerkannten Rechte.

Der Berechtigte kann von dem in Abschnitt VI vorgesehenen gemischten Schiedsgerichtshof oder von einem, von diesem Gerichtshof ernannten Schiedsrichter eine angemessene Entschädigung erhalten, die ihm von der Alliierten und Assoziierten Regierung ausbezahlt wird, wenn es feststeht, daß die Verkaufsbedingungen oder die von dem Staat, in dem die Liquidation erfolgt ist, außerhalb seiner allgemeinen Gesetzgebung ergriffenen Maßnahmen die Erzielung eines geringeren Preises zur Folge gehabt haben.

Einige Bestimmungen des Artikels 297 der Friedensbedingungen haben weiterhin der Deutschen Delegation Anlaß zu besonderen Bemerkungen gegeben.

1. Die Note vom 22. Mai behandelt den § 10 der Anlage zu Abschnitt 4 betreffend die Aushändigung von Verträgen, Bescheinigungen und anderen Urkunden über Eigentum, das in Alliierten und Assoziierten Ländern gelegen ist. Hinsichtlich dieser Aushändigungen haben die Alliierten und Assoziierten Mächte lediglich ein anderes Verfahren eingeschlagen, als das von Deutschland in ähnlichen Fällen angewandte. Der Grundsatz ist der nämliche. In ähnlichen Fällen der Liquidation alliierten Eigentums händigte Deutschland den deutschen Reichsangehörigen oder neutralen Staatsangehörigen neue Urkunden oder Bescheinigungen aus, wodurch die alliierten Staatsangehörigen von den in Frage stehenden Gesellschaften oder Vereinigungen ausgeschlossen wurden. Die Alliierten haben es bei der Liquidation deutscher Beteiligungen an alliierten Unternehmungen für angebrachter gehalten, von Deutschland die unmittelbare Aushändigung der Eigentumsverträge und -urkunden, die sich in Händen von Deutschen befinden, zu verlangen. Dieser Unterschied im Verfahren bietet keinen ernsthaften Grund zur Klage.

2. Artikel 297 (f) und (g). Die Deutsche Delegation ersucht hinsichtlich der Bedingungen um Aufklärung, unter denen die alliierten und assoziierten Staatsangehörigen, deren Eigentum auf deutschem Gebiete Gegenstand einer Übertragungsanordnung gewesen ist, die Rückgabe des genannten Eigentums fordern können.

Diese Befugnis wird den Angehörigen solcher Alliierten und Assoziierten Staaten zugebilligt, in deren Gebiet gesetzgeberische Maßnahmen für die allgemeine Liquidation feindlichen Eigentums vor Unterzeichnung des Waffenstillstands nicht zur Anwendung gelangt waren. Diese Vorschrift dürfte keineswegs irrtümlich aufgefaßt werden können. Unter "gesetzgeberischen Maß- [61] nahmen, welche eine allgemeine Liquidation anordnen", sind solche zu verstehen, die wie in Deutschland von der gesetzgebenden Gewalt angeordnet worden sind und auf alles Eigentum, bzw. auf jede Art des Eigentums der Staatsangehörigen eines selben feindlichen Staates zur Anwendung gelangen.

Die Rücknahme in Natur hat zur Wirkung, daß die Regelung der für die Angehörigen der Alliierten und Assoziierten Mächte vorgesehenen Entschädigungen erleichtert und die Nachteile vermieden werden, denen Deutschland infolge der Entwertung der Mark ausgesetzt ist.

3. Artikel 297 (h). Die Deutsche Delegation ersucht ebenfalls um Aufklärung hinsichtlich der Verwendung des Erlöses aus den Liquidationen deutschen Eigentums.

Diese Verwendung ist in Artikel 297 h klar umschrieben, und Nummer 4 der Anlage zu dem genannten Artikel bestimmt, daß die Alliierten und Assoziierten Mächte befugt sind, die Verwendung des genannten Erlöses im einzelnen und besonderen festzusetzen.

4. Anlage § 1. Nach der Endvorschrift des ersten Absatzes soll dieser Paragraph Eigentumsrechte, welche vorher in gutem Glauben und zu einem richtigen Preis kraft der Gesetze des Landes, in dem das Eigentum gelegen ist, von den Staatsangehörigen der Alliierten und Assoziierten Mächte erworben sind, nicht beeinträchtigen. Diese Endvorschrift ist eingefügt worden, um zu verhindern, daß durch die Bestätigungen von Maßnahmen der Alliierten und Assoziierten Staaten (Alliierte und Assoziierte Staatsangehörige7) irgendwie benachteiligt werden. Durch diese Vorschrift werden die Rechte deutscher Reichsangehöriger nicht berührt.

5. Anlage § 5. Zweck dieses Paragraphen ist, die Rückerstattung an den früheren Eigentümer von Schutzmarkenrechten außerhalb Deutschlands zu bewirken, die infolge der in Deutschland getroffenen Liquidationsmaßregeln auf andere Personen übertragen worden sind. Es ist zu bemerken, daß die Anwendung dieses Paragraphen auf solche Fälle beschränkt ist, in denen die nach den Gesetzen des Alliierten und Assoziierten Staates errichtete Gesellschaft vor dem Kriege das Recht der Benutzung der fraglichen Schutzmarke oder des fraglichen Vervielfältigungsverfahrens hatte, und daß die deutsche Gesellschaft befugt ist, die Schutzmarke in Deutschland weiter zu benutzen und so ihre Fabrikation in diesem Lande fortzusetzen.

6. Die deutsche Forderung, daß das Eigentum wissenschaftlicher und pädagogischer Institute von einer Liquidation völlig ausgeschlossen bleiben soll, könne im Hinblick auf die ehemalige Tätigkeit einiger dieser Institute, die nur äußerlich wissenschaftliche oder pädagogische Zwecke verfolgten, nicht in Erwägung gezogen werden. Die Alliierten und Assoziierten Mächte werden jedoch bei der Anwendung auf jeden Einzelfall der in Artikel 297 genannten Rechte besondere Rücksicht auf die wissenschaftlichen und pädagogischen Interessen derjenigen Einrichtungen nehmen, die sich ehrlich auf ihre angegebenen Zwecke beschränken.

Andererseits könnten nach unserem Dafürhalten folgende Erläuterungen zu einigen in der deutschen Note vom 22. Mai berührten Punkten hinzugefügt werden.

[62]  Die deutsche Note geht von der Annahme aus, daß die Alliierten und Assoziierten Regierungen sich das Recht vorbehalten, das Liquidationsverfahren auf deutsches Eigentum auszudehnen, das erst künftighin in ihr Gebiet kommt. Der Genauigkeit halber dürfen wir erklären, daß § 5 des Artikels 297 nur auf das bei Inkrafttreten des Friedensvertrages vorhandene Eigentum angewendet wird.

      Die Deutsche Delegation deutet an, daß von seiten der in den Alliierten und Assoziierten Staaten mit der Liquidation feindlichen Eigentums betrauten Personen eigennützige oder betrügerische Machenschaften vorgenommen worden wären.
      Die Alliierten und Assoziierten Staaten sind bereit, die förmliche Versicherung abzugeben, daß Personen, die bei der Liquidation deutschen Eigentums rechtswidrige Handlungen begangen haben, strafrechtlich verfolgt werden sollten, und werden die Angaben und Nachweise, die die deutsche Regierung diesbezüglich liefern kann, entgegennehmen.
      Schließlich bemerkt die deutsche Note, es habe den Anschein, als ob sich die Alliierten und Assoziierten Regierungen das Recht vorbehielten, in willkürlicher Weise über die Ansprüche ihrer Staatsangehörigen hinsichtlich der nach dem 31. Juli 1914, ehe der in Frage stehende Alliierte und Assoziierte Staat noch am Kriege teilnahm, zu entscheiden. Die Alliierten und Assoziierten Staaten sind damit einverstanden, daß die Höhe derartiger Ansprüche von einem Schiedsrichter festgestellt wird, der von dem Herrn Gustave Ador oder in Ermangelung des Herrn Ador von dem Gemischten Schiedsgericht zu ernennen wäre.

VII: Verträge, Fristen, Urteile

I. Verträge

Die Frage der Aufrechterhaltung oder der Auflösung der Verträge ist in den Bestimmungen des Friedensvertrages auf Grund der Tatsache behandelt, daß der Handel zwischen den Vertragschließenden ungesetzlich geworden ist, weil, falls dieser Handel nicht ungesetzlich gewesen wäre, der Vertrag ausgeführt worden wäre.

Die Bestimmungen über die Verträge sollen sich nicht auf Verträge zwischen deutschen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen Amerikas, Brasiliens oder Japans beziehen, weil die Verfassung und das Recht dieser Länder Schwierigkeiten in der Anwendung dieser Bestimmungen hinsichtlich dieser Staatsangehörigen hervorrufen.

Die Deutsche Delegation glaubt, daß die Aufrechterhaltung von Verträgen zwischen Feinden von dem freien Belieben der Alliierten und Assoziierten Staaten oder ihrer Angehörigen abhänge; aber erstens ist die in Artikel 299 unter b) enthaltene Ausnahme auf Fälle beschränkt, in denen die Ausführung des Vertrages im allgemeinen Interesse verlangt wird, und zweitens kann die Ausführung nur durch die Regierung des betreffenden Alliierten oder Assoziierten Staates verlangt werden und nicht durch den Angehörigen dieses Staates. [63] Außerdem sieht dieselbe Bestimmung auch die Gewährung einer angemessenen Entschädigung vor, falls die Aufrechterhaltung des Vertrages einer der Parteien infolge der Veränderung der Handelsverhältnisse einen wesentlichen Nachteil zufügen würde.

Es wird weiterhin bemerkt, daß diese Bestimmungen die deutschen Vertragsinteressen in Zukunft dem willkürlichen Belieben Fremder überantworten würden. Aber gemäß den Bestimmungen unter b) muß die Ausführung eines aufrechterhaltenen Vertrages innerhalb von 6 Monaten vom Tage des Inkrafttretens des Friedensvertrages an gefordert werden.

Die Deutsche Delegation glaubt, daß die Frage der Behandlung der Vorkriegsverträge nicht für alle Arten von Verträgen auf ein und dieselbe Weise gelöst werden könne. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß gewisse Gruppen von Verträgen, die in § 2 der Anlage aufgeführt sind, durch diese Bestimmung von der allgemeinen in Artikel 299 vorgesehenen Regel der Auflösung ausgenommen sind.

Artikel 299 d. Die Deutsche Delegation meint, daß eine besondere Vergünstigung den Bewohnern abgetretener Gebiete, die die Staatsangehörigkeit einer alliierten Macht erwerben, deshalb gewährt werde, weil die Verträge zwischen solchen Personen und alliierten Staatsangehörigen von der allgemeinen Regel der Vertragsauflösung ausgenommen sind.

Der Friedensvertrag, der die Beziehungen zwischen Angehörigen alliierter Staaten und deutschen Staatsangehörigen regelt, hat nicht die Aufgabe, die Frage der Beziehungen zwischen Angehörigen alliierter Staaten zu regeln. Diese Frage ist lediglich eine innere Angelegenheit.

Anlage § 12. Die in diesem Paragraphen über die Auflösung von Vertragsgruppen mit deutschen Lebensversicherungsgesellschaften enthaltene Regel ist völlig billig. Tatsächlich wird die deutsche Versicherungsgesellschaft von ihrer Verbindlichkeit aus den Policen befreit, indem sie den Teil ihres Aktivvermögens, der diesen Policen entspricht, übergibt.

Artikel 75. Die wirtschaftlichen Gründe, welche die Auflösung von Verträgen erfordern, die vor dem Kriege zwischen Angehörigen feindlicher Mächte geschlossen worden sind, bestanden nicht in Ansehung der Verträge, die während des Krieges zwischen Elsaß-Lothringern, welche die französische Staatsangehörigkeit zurückerwerben, und Deutschen geschlossen worden sind. Die Aufrechterhaltung dieser Verträge ist demgemäß im Friedensvertrage vorgesehen.

Immerhin können Gründe politischer Natur eine durch die französische Regierung im allgemeinen Interesse erfolgende Auflösung gewisser Verträge erfordern, die elsaß-lothringischen Unternehmern zu dem Zwecke, ihre Interessen deutschen wirtschaftlichen Interessen zu unterwerfen, auferlegt worden sind oder werden konnten. Um die Unsicherheit nicht zu verewigen, die derartige [64] Auflösungen in die Handelsbeziehungen bringen könnten, ist das Recht der Auflösung auf sechs Monate beschränkt worden.

Trotzdem sind die Alliierten und Assoziierten Mächte damit einverstanden, in Artikel 75 folgende Bestimmungen einzufügen:

          "Falls die in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehene Auflösung für einen der Vertragschließenden einen wesentlichen Nachteil zur Folge hat, soll dem geschädigten Vertragsteil eine angemessene Entschädigung, die lediglich nach dem angelegten Kapital und ohne Berücksichtigung des entgangenen Gewinnes berechnet wird, gewährt werden."

II. Fristen.

Artikel 300 b bezieht sich auf gesetzliche Ausführungsmaßnahmen gerichtlicher oder administrativer Art, die zufolge Nichtausführung einer Handlung oder einer Formvorschrift während des Krieges vorgenommen werden konnten.

Artikel 300 d betrifft den Fall, in dem ein Vertrag ohne irgendein gerichtliches oder ein anderes entsprechendes Verfahren aufgelöst worden ist. Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind damit einverstanden, die Worte "zwischen Feinden" nach dem Wort "Vertrag" in der ersten Zeile dieser Bestimmung einzufügen, um die Anwendung der Bestimmung genau auf Verträge zwischen Feinden zu beschränken.

Von der Deutschen Delegation wird bemerkt, daß die Bestimmung unter d) unnötig sei wegen der Bestimmungen unter c); aber es muß darauf hingewiesen werden, daß die Bestimmung unter c) sich lediglich auf den Fall bezieht, wo Rechte durch die in den Bestimmungen unter b) erwähnten Maßnahmen beeinträchtigt worden sind. Die Bestimmung unter d) ist deshalb notwendig.

III. Urteile.

Artikel 302.

Der Friedensvertrag sieht vor, daß in bestimmten Fällen die Alliierten oder Assoziierten Gerichte für die Regelung gewisser Fragen zuständig sind, für die deutschen Gerichte ist aber diese Zuständigkeit niemals vorgesehen. Gegenseitigkeit ist demgemäß bezüglich der Vollstreckung dieser Urteile oder der Entschädigungsklage bei dem gemischten Schiedsgericht nicht möglich.

VIII: Gemischtes Schiedsgericht

Artikel 304, I.

Der Vorschlag, die Zuständigkeit des gemischten Schiedsgerichts auszudehnen, ist folgendermaßen zu beantworten:

Die Aufgabe des Gerichts ist nicht allein die, über neue Rechte zu entscheiden, die aus dem Friedensvertrage entstehen, sondern auch ein neues Forum zu schaffen, dem gewisse Streitigkeiten, die sich auf bereits bestehende Privatrechte beziehen, überwiesen werden. Was diese Rechte anbetrifft, so sind die Gerichte der Alliierten Mächte bereits zuständig, und einige dieser Mächte finden un- [65] überwindliche Schwierigkeiten bei dem Versuch, ihren Gerichten diese Zuständigkeit zu entziehen. Nach ihrem Rechtssystem und unter den gegenwärtigen Umständen sehen sie keinen genügenden Grund dafür, ihre Angehörigen von dem Recht der Anrufung ihrer eigenen Gerichte, das ihnen ihr Recht gewährt, auszuschließen. Diesen Gerichten wird keine neue Zuständigkeit übertragen, und deutsche Kläger werden durch die Beibehaltung der Zuständigkeit, die diese Gerichte bereits jetzt besitzen, nicht geschädigt.

Artikels 304 (f).

Der deutsche Vorschlag, die Fassung des Artikels 304 (f) und des § 24 der Anlage zu Artikel 296, Abschnitt III, gleich zu gestalten, kann angenommen werden. Man kann die präzisere der beiden Fassungen wählen:

          "Die Hohen vertragschließenden Teile kommen überein, die Entscheidungen des gemischten Schiedsgerichts als endgültig anzusehen und sie für ihre Staatsangehörigen verbindlich zu machen."

Anlage § 8 und 9.

Seitens der Deutschen Delegation wird Widerspruch gegen die Bestimmungen in §§ 8 und 9 der Anlage zu Artikel 304 erhoben, wonach die beteiligte Assoziierte oder Alliierte Macht die Sprache des Schiedsgerichts sowie Ort und Zeit seiner Sitzungen bestimmt. Um diesem Widerspruch Rechnung zu tragen, sind die Alliierten und Assoziierten Mächte damit einverstanden, daß die Gerichtssprache, falls nichts anderes vereinbart wird, die englische, französische, italienische oder japanische Sprache sein wird, je nach der Entscheidung der beteiligten Alliierten oder Assoziierten Macht, sowie daß der Ort und die Zeit der Sitzung durch den Vorsitzenden des Gerichts bestimmt wird.

Artikel 304 g.

Die Alliierten und Assoziierten Mächte nehmen ferner den Vorschlag der Deutschen Delegation an, nach dem die Gerichte und Behörden der Hohen vertragschließenden Teile den gemischten Schiedsgerichten unmittelbar alle in ihrer Macht stehende Hilfe gewähren sollen, insbesondere durch die Bewirkung von Zustellungen und die Ergebung von Beweisen.

Was die deutsche Note vom 29. Mai anlangt, die um Auskunft über das Eigentum deutscher Staatsangehöriger in alliierten und assoziierten Ländern bittet, so ist es nicht möglich, eine genaue Schätzung seines Wertes zu geben. Die Deutsche Delegation besitzt jedoch zweifellos Informationsunterlagen in den der Deutschen Regierung gemachten Berichten.

VIII:8 Gewerbliches Eigentum

Artikel 306.

1. Die Ausdrücke "ayants droit" im französischen Wortlaut und "legal representatives" im englischen Wortlaut, die im Artikel 306 in übereinstimmen- [66] dem Sinne gebraucht werden, sind folgendermaßen zu verstehen: ersterer soll diejenigen Personen bezeichnen, die gesetzlich die Berechtigten vertreten, deren Rechte sie durch Rechtsnachfolge oder durch irgendeine andere regelmäßige Übertragung erworben haben; letzterer soll Erben, Vollstrecker und Verwalter ("heirs, executors and assigns") bezeichnen.

2. Der letzte Absatz des Artikels 306 bezieht sich lediglich auf Fälle, in denen deutsche Handelsgesellschaften oder deutsche Unternehmungen in Anwendung von Artikel 297 des Abschnitts IV (Eigentum, Rechte und Interessen) liquidiert worden sind oder künftig liquidiert werden. Die Bestimmung, die übrigens den von Deutschland für das Eigentum von Angehörigen der Alliierten und Assoziierten Staaten getroffenen Maßnahmen entspricht, ist daher auf Gesellschaften oder Unternehmungen beschränkt, die bereits bestehen oder spätestens im Augenblick des Inkrafttretens dieses Vertrages bestehen werden.

3. Die Alliierten und Assoziierten Mächte können dem Ersuchen der deutschen Unterhändler um Gewährung von Gegenseitigkeit in bezug auf die Aufrechterhaltung der besonderen während des Krieges durch die Regierungen bezüglich der gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte getroffenen Maßnahmen nicht stattgeben. Gewisse Alliierte und Assoziierte Länder haben keine derartigen Maßnahmen getroffen, so daß die Gegenseitigkeit zum Schaden der Angehörigen eines solchen Staates und ohne Ausgleich gewährt werden würde.

4. Die Bestimmung, daß Deutschland oder seine Angehörigen kein Klagerecht gegen die Benutzung von gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechten haben soll, die während der Dauer des Krieges durch die Regierung einer Alliierten oder Assoziierten Macht oder durch irgendeine andere Person für Rechnung einer solchen Regierung oder mit ihrer Zustimmung erfolgt ist, ist offensichtlich eine notwendige und angemessene Bestimmung, indem sie für alle Maßnahmen einer Regierung oder ihrer Agenten Amnestie bedeutet. Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind jedoch nicht geneigt, hinsichtlich dieser Bestimmung die Gegenseitigkeit zuzugestehen, insbesondere weil sie die Maßnahmen nicht kennen, welche die Deutsche Regierung gegenüber den gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechten ihrer Staatsangehörigen getroffen haben könnte.

Was die Bestimmung über die Beträge anlangt, die aus der Ausnutzung gewerblicher Rechte während des Krieges herrühren, so ist zu bemerken, daß die in dieser Hinsicht getroffenen Maßnahmen notwendigerweise mit denen übereinstimmen müssen, die in bezug auf andere Schulden vorgenommen worden sind.

5. Die Worte: "Wenn die Gesetzgebung einer der Alliierten und Assoziierten Mächte nicht anders darüber verfügt hat" im vierten Absatz von Artikel 306 beziehen sich nur auf die im Augenblick der Unterzeichnung des Friedensvertrags bestehende Gesetzgebung. Es bestehen jedoch keine Bedenken, der Deutlichkeit halber die Worte: "im Augenblick der Unterzeichnung des gegenwärtigen Vertrags in Kraft befindliche" vor dem Worte "Gesetzgebung" in den ersten Satz des vierten Absatzes des Artikels 306 einzufügen.

6. Der Unterschied der Ausdrücke: "geschuldete oder bezahlte Summen" auf der einen, "erlangte Summen" auf der anderen Seite im vierten Absatze des Artikels 306 wird durch die Tatsache erklärt, daß die Wirkung der durch die [67] Umstände hervorgerufenen Maßnahmen der Alliierten sich fortsetzen muß, und daß Beträge in Zukunft gezahlt werden müssen, während die durch Deutschland getroffenen Maßnahmen ihre Wirkungen verlieren müssen.

7. Der fünfte Absatz von Artikel 306, der für die Alliierten und Assoziierten Mächte die Berechtigung vorsieht, den gewerblichen Eigentumsrechten der Deutschen Begrenzungen, Bedingungen oder für Einschränkungen aufzuerlegen, hat in keiner Weise den Zweck, dieses Eigentum außerhalb des Rechts zu stellen oder es zu konfiszieren.
      a) Auf der einen Seite ist beabsichtigt, den Alliierten oder Assoziierten Mächten die Berechtigung vorzubehalten, das gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentum zu beschränken, wenn sie dies für die nationale Verteidigung oder im öffentlichen Interesse als notwendig erachten. Diese Berechtigung, die sich Deutschland durch seine innere Gesetzgebung gesichert hat, ist ein allgemeines und dauerndes Recht, das sich eintretendenfalls ebenso wie auf das vor dem Inkrafttreten des Friedensvertrags erworbene auch auf das nach seinem Inkrafttreten erworbene gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentum beziehen wird.
      b) Auf der anderen Seite ist beabsichtigt, das gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentum in gleicher Weise wie das übrige deutsche Eigentum als Pfand für die Erfüllung der Verpflichtungen Deutschlands und zur Wiedergutmachung der von ihm verursachten Schäden zu verwenden. Aber es ist nicht die Absicht der Alliierten und Assoziierten Mächte, das gewerbliche, literarische und künstlerische Eigentum, das nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages erworben werden könnte, zu diesem Zwecke zu verwenden. Lediglich das gewerbliche, literarische oder künstlerische Eigentum, das vor oder während des Krieges erworben worden ist, wird seitens der Alliierten und Assoziierten Mächte den Begrenzungen, Bedingungen und Einschränkungen unterworfen werden können, die vorgesehen sind, um seitens Deutschlands eine gerechte Behandlung der gewerblichen, literarischen oder künstlerischen Eigentumsrechte sicherzustellen, die auf deutschem Gebiete von ihren Angehörigen besessen werden, oder um die vollständige Erfüllung aller von Deutschland durch den gegenwärtigen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen zu sichern.

Um die verschiedene Behandlung klar hervorzuheben, die sie dem vor Inkrafttreten dieses Vertrages erworbenen Eigentum und dem nachher erworbenen zu gewähren beabsichtigen, sind die Alliierten und Assoziierten Mächte bereit, den fünften Absatz von Artikel 306 durch folgende Bestimmung zu ergänzen:

          "Auf die Rechte des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentums, die nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages erworben werden, kann die den Alliierten und Assoziierten Mächten im vorstehenden vorbehaltene Berechtigung nur dann ausgeübt werden, wenn diese Begrenzungen, Bedingungen oder Einschränkungen für die nationale Verteidigung oder für das öffentliche Interesse als notwendig erachtet werden können."

Die Alliierten und Assoziierten Mächte sehen andererseits keine Bedenken, festzustellen, daß die Maßnahmen, die gemäß Artikel 306 Abs. 5 getroffen werden, nicht ohne Gegenleistung für die deutschen Berechtigten ausgeübt werden sollen, und daß sie zu diesem Zwecke damit einverstanden wären, nach dem obenerwähnten Zusatz folgende neue Bestimmung anzufügen:

    [68]   "Falls die Alliierten und Assoziierten Mächte die Bestimmungen des vorigen Absatzes anwenden, wird eine Entschädigung oder angemessene Vergütung gewährt werden, die ebenso behandelt werden soll wie alle anderen Beträge, die deutschen Staatsangehörigen gemäß den Bestimmungen des gegenwärtiger Vertrages zustehen."

Artikel 307.

8. Die deutsche Einwendung gegenüber der Berechtigung, die sich die Alliierten und Assoziierten Mächte dahingehend vorbehalten, ihre Kriegsgesetzgebung auf solche Patente anzuwenden, die gemäß Artikel 307 und 308 wieder in Kraft gesetzt werden können, beruht auf einer übertriebenen Auffassung über die Wirkungen dieser Bestimmungen, die vermutlich lediglich eine kleine Zahl wiederauflebender Patente berühren würden. Alle diese Patente würden, falls sie aufrechterhalten worden wären, im Laufe des Krieges entsprechenden Bestimmungen unterworfen worden sein. Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind bereit, ihr ihnen in dieser Angelegenheit zustehendes Recht auf die Erteilung von Lizenzen zu beschränken und zu diesem Zwecke die Worte: "Hinsichtlich der Gewährung von Lizenzen" nach dem Worte "Bestimmungen" in die vorletzte Zeile des zweiten Absatzes dieses Artikels einzufügen.

Artikel 310.

9. Da Verträge über Lizenzen für gewerbliche, literarische und künstlerische Eigentumsrechte dieselbe Behandlung wie andere Vorkriegsverträge erfahren müssen, so müssen dieselben Bestimmungen, die gemäß Artikel 299 bis 305 allgemein auf Verträge angewendet werden, auch auf sie angewendet werden.

Artikel 311.

10. Was die Anerkennung und den Schutz von gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechten anlangt, die Deutschen in den von Deutschland getrennten Gebieten gehören, so wird zu Artikel 311 folgender Zusatz gemacht:

          "Die gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte, die in dem von Deutschland gemäß dem gegenwärtigen Vertrage getrennten Gebieten im Augenblick der Trennung dieser Gebiete von Deutschland bestehen oder die gemäß den Bestimmungen des Artikels 306 des gegenwärtigen Vertrages wiederhergestellt oder wiederaufgerichtet werden, sollen durch den Staat, an den das betreffende Gebiet fällt, anerkannt werden und in diesem Gebiet für die ihnen nach der deutschen Gesetzgebung zugebilligte Zeit in Kraft bleiben."



5Der englische Text enthält nicht diese Abänderung, sondern entspricht wörtlich der ursprünglichen Fassung dieser Bestimmung. ...zurück...

6Im englischen Text steht noch der Zusatz: "und Staaten oder Regierungen, deren Gebiete früher einen Teil Rußlands bildeten". ...zurück...

7Die in Klammern eingefügten Worte fehlen im französischen Text und sind nach dem englischen eingefügt. ...zurück...

8Soll wohl heißen: "IX." ...zurück...


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und der Antwort auf die deutschen Gegenvorschläge.

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