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I. Antwort der Alliierten und Assoziierten Mächte auf die Bemerkungen der Deutschen Delegation zu den Friedensbedingungen


[12] Teil I: Völkerbund

Die Satzung des Völkerbundes bildet für die Alliierten und Assoziierten Mächte die Grundlage des Friedensvertrages. Sie haben alle seine Bestimmungen sorgfältig erwogen. Sie haben die Überzeugung, daß er zum Vorteil der Gerechtigkeit und des Friedens ein Element des Fortschritts in die Beziehungen der Völker bringt, welches die Zukunft kräftigen und entwickeln wird.

Niemals haben die Alliierten und Assoziierten Mächte - der Vertragstext selbst beweist es - die Absicht gehabt, Deutschland oder irgendeine andere Macht auf unbestimmte Zeit von dem Bunde auszuschließen. Sie haben daher Bestimmungen getroffen, die sich auf die Gesamtheit der dem Bunde nicht angehörenden Staaten beziehen und die Bedingungen ihrer späteren Zulassung festsetzen.

Jedes Land, dessen Regierung klare Beweise ihrer Dauerhaftigkeit und ihres Willens bewiesen hat, ihre internationalen Verpflichtungen - insbesondere die aus dem Friedensvertrag folgenden - zu erfüllen, wird die Alliierten und Assoziierten Hauptmächte geneigt finden, sein Gesuch um Zulassung in den Bund zu unterstützen.

Was insbesondere Deutschland anlangt, so versteht es sich von selbst, daß die Ereignisse der letzten fünf Jahre nicht geeignet sind, gegenwärtig eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, die eben angeführt worden ist, zu rechtfertigen. In seinem besonderen Falle ist eine Probezeit notwendig. Die Dauer dieser Probezeit wird zum großen Teile von den Handlungen der Deutschen Regierung abhängen; es wird ihre Aufgabe sein, durch ihre Haltung gegenüber dem Friedensvertrage die Wartezeit abzukürzen, deren Festsetzung der Völkerbund, ohne jemals daran zu denken, sie mißbräuchlich zu verlängern, für nötig erwachten wird.

Nachdem diese unerläßlichen Bedingungen erfüllt sein werden, sehen die Alliierten und Assoziierten Regierungen keinen Grund, der Deutschland hindern könnte, in nicht ferner Zukunft Mitglied des Bundes zu werden.

II.

Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind der Ansicht, daß, entgegen dem deutschen Vorschlag, eine Ergänzung der Völkerbundssatzung bezüglich der wirtschaftlichen Fragen nicht notwendig ist. Sie müssen bemerken, daß die Völkerbundssatzung vorsieht, daß "im Einklang mit den Bestimmungen schon bestehender oder künftig abzuschließender internationaler Übereinkommen die Bundesmitglieder die nötigen Bestimmungen treffen werden, um die Freiheit [13] des Verkehrs und der Durchfuhr sowie eine gerechte Behandlung des Handels aller Bundesmitglieder zu gewährleisten und aufrecht zu erhalten (Art. 23e)". Sobald Deutschland in den Bund aufgenommen sein wird, wird ihm die Wohltat dieser Bestimmung zuteil werden. Die Festlegung allgemeiner Abkommen über die Durchfuhrfrage wird in diesem Augenblick erwogen.

III.

Die Alliierten und Assoziierten Mächte sind bereit, für die Rechte der deutschen Minderheiten in bezug auf Erziehung, Religion und Kultur in den von dem Deutschen Reich an die durch den Friedensvertrag geschaffenen neuen Staaten Sicherheiten zu gewähren. Diese Sicherheiten werden unter den Schutz des Völkerbundes gestellt werden. Die Alliierten und Assoziierten Mächte nehmen von der Erklärung der deutschen Delegierten Kenntnis, daß Deutschland entschlossen ist, auf seinem Gebiete die fremden Minderheiten nach den gleichen Grundsätzen zu behandeln.

IV.

Die Alliierten und Assoziierten Mächte haben die deutschen Delegierten schon darauf hingewiesen, daß die Völkerbundssatzung Bestimmungen hinsichtlich der "Herabsetzung der nationalen Rüstung auf das Mindestmaß enthält, das mit der Sicherheit jeder Nation und mit der Möglichkeit der Beachtung der durch ein gemeinschaftliches Vorgehen auferlegten internationalen Verpflichtungen vereinbar ist". Sie erkennen an, daß Deutschlands Annahme der für seine Abrüstung festgesetzten Bestimmungen die Verwirklichung einer allgemeinen Herabsetzung der Rüstungen erleichtern und beschleunigen wird, und sie haben die Absicht, sofort Verhandlungen mit dem Ziele der eventuellen Annahme eines Planes zu allgemeiner Rüstungseinschränkung zu eröffnen. Es bedarf keiner Ausführung, daß die Verwirklichung eines derartigen Programms zu einem großen Teile von der befriedigenden Ausführung der eigenen Verpflichtungen durch Deutschland abhängen wird.


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Das Ultimatum der Entente.
Vollständiger Text der Mantelnote
und der Antwort auf die deutschen Gegenvorschläge.

Deutsche Liga für Völkerbund.