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Was besagen die Berichte und Befunde?

Es ist eine Aufgabe, der sich der denkende Beurteiler dieser Metzeleien nicht entziehen darf, und bei der ihm der Psychiater wesentliche Dienste leisten wird, der Frage nachzugehen, wie es möglich war, daß Militärpersonen sich an sinnlosen, grausamen, durch nichts gerechtfertigten Abschießungen von Angehörigen des eigenen Staates beteiligen. Was sich nach den vorliegenden Berichten jetzt schon deutlich vor uns abzeichnet, kann in folgende Leitsätze zusammengefaßt werden:

1. Menschen, die ihrer hohen Aufgabe als Offiziere innerlich keineswegs gewachsen waren, haben aus reiner Freude am Schießen und Knallen zahlreiche Volksdeutsche ermordet.

2. Diesen Offizieren waren Kriegstaten versagt, weil sie entweder zu feige waren, um an der Front tapfer zu kämpfen, oder weil sie infolge des völligen Versagens ihrer höheren Führung gar nicht an Frontabschnitten eingesetzt wurden. Sie haben darum ihren kriegerischen "Mut" in abscheulicher Weise da abreagiert, wo es sich gar nicht um kriegerische Entscheidungen handelte, wo sie also überhaupt kein Recht, weder ein äußeres noch ein inneres, zum Eingreifen hatten.

3. Sie haben sich von der Woge des blinden Hasses treiben lassen, der die Polen bei den Metzeleien gegen die Volksdeutschen leitete, und sie haben sich damit einfach zum Bestandteil des polnischen Mobs gemacht und damit die Ehre des polnischen Offiziers, wenigstens eines großen Teiles des Offizierskorps, ein für allemal so besudelt, daß sie nie mehr wiederhergestellt werden kann.

4. Es ist also Disziplinlosigkeit, das heißt Mangel an Selbstdisziplin bei vielen polnischen Offizieren festzustellen. Wo aber das erste Erfordernis [37] des Soldatentums, die Selbstdisziplin, fehlt, da ist der ganze Stand in der Wurzel verdorben.

5. In einer geordneten Kriegführung können vom Militär Zivilisten unter besonderen Umständen abgeurteilt und auch erschossen werden, z. B. Franktireurs. Diese polnischen Offiziere, die uns in zahllosen Berichten begegnen, haben aber nicht einmal den Versuch gemacht, die Volksdeutschen vor ein Kriegsgericht zu stellen und so eine Exekution sowohl vor ihrem eigenen Gewissen wie vor dem Völkerrecht zu rechtfertigen. Sie haben sie einfach aus haßerfüllter Stimmung und Laune niedergeschossen. Damit sind alle die, die sich an solchen Taten beteiligt haben, als labile Charakter, als haltlose Typen – auch im medizinisch-pathologischen Sinne – zu bezeichnen, also als Menschen, die nicht wert waren, ihr Volk gegen einen Feind zu verteidigen und den Ehrendienst der Nation mit der Waffe in der Hand zu leisten.

Dieses Urteil, das sich auf psychiatrische Gesichtspunkte stützt, wird durch das Verhalten vieler polnischer Offiziere bei den Leidensmärschen der Volksdeutschen deutlich bestätigt.

Ergänzend zum letzten Bericht geben wir noch den eines mehr unbeteiligten Volksdeutschen wieder, der eine Gruppe marschierender Volksdeutscher und ihre Leiden zu beobachten Gelegenheit hatte. Dieser Bericht spricht wiederum für den krankhaften Haß der Polen gegen alles, was deutsch hieß.

"Seit dem 2. September mußte ich mit polnischen Flüchtlingen fahren. Am Sonntag, den 10. September, gegen 9 Uhr vormittags, befand ich mich mit meinem Wagen ungefähr 2 Kilometer hinter Sampolno neben der Straße nach Bawiak. Als ich eine Weile dort fütterte, bemerkte ich, wie die Leute zur Straße eilten. Ich hielt mich zurück, sah aber, wie ungefähr 50 Männer und Jungen (kurze Hosen) vorbeigeführt wurden. Von der Kleidung konnte man schließen, daß alle Stände darunter vertreten sein mußten. Sie sahen sehr traurig und verzagt aus. Bemerkungen der Bevölkerung und der Flüchtlinge: "Das ist ihnen recht"; "Sie wollten einen Aufstand machen", waren zu hören. Eine Viertelstunde später waren in einer Entfernung von nicht 1 Kilometer Schüsse zu hören. Gegen 10 Uhr spannte ich wieder die Pferde an und fuhr mit den Flüchtlingen die Straße nach Bawiak zu. Nach kurzer Fahrt bemerkte ich auf der rechten Straßenseite, ungefähr 50 Meter von der Straße entfernt, in einer Vertiefung eines Gutsackers die vorbeigeführten Gruppen der Verschleppten, die man dort zusammengeschossen hatte. Die einzelnen lagen über- und durcheinander. [38] Rings um die Vertiefung standen die Soldaten und Hilfspolizisten noch mit schußbereiten Karabinern in der Erwartung, daß einzelne der Niedergeschossenen aufstehen und entfliehen könnten (Kessel bei Hasenjagd). Von der Straße gingen immer wieder Gruppen von militärpflichtigen Flüchtlingen (18 bis 30 Jahre; sollten sich in Kutno stellen) zu den Niedergeschossenen und sahen, ob sie noch am Leben waren. Sofern jemand noch Lebenszeichen von sich gab, wurde er mit den Absätzen bearbeitet. Die den Niedergeschossenen abgenommenen Stiefel wurden als Schlagwerkzeug benutzt. Die Liegenden wurden auch beraubt. Ich fuhr langsam an dieser Grauenstätte vorbei und hörte das Schreien und Schimpfen der Schlagenden. Schreie der Niedergeschossenen waren nicht zu hören. Als ich schon ein Stück weitergefahren war, überholten mich die Soldaten und Hilfspolizisten und auch Gruppen der Mordbuben. An ihren Reden und Gesichtern war ihre Freude und ihr Stolz über die vollbrachte Mordtat zu merken. Ein Soldat sagte zum andern: wieviel hast du erledigt? Der Gefragte meinte: Ich habe gar nicht so getroffen, ich weiß es nicht. Darauf erwiderte der erste: Ich werde so zehn auf die Seite gebracht haben. Dies wurde in höhnischer Begeisterung ausgestoßen. Einer der Zivilisten sagte zum andern: Einer ist sogar noch aufgestanden und wollte mich erwürgen, aber ich habe ihm eins gegeben, und dann ließ er los. Dann habe ich ihn richtig bearbeitet.

Von den Soldaten, Hilfspolizisten und Zivilisten habe ich keinen gekannt. Die von mir gefahrenen Flüchtlinge, die Familie Kapalski aus Opalenice, waren die einzigen mir Bekannten. Als die Frau bedauerte, daß man die Deutschen totschlüge, sagte ihr Mann Anton Kapalski: Die Deutschen sind das Erschießen nicht wert. Das geht zu schnell. Ich möchte jeden Tag hingehen und ein Stück von ihnen abschneiden, bis sie tot sind, ja bymich krajal.

Gerade eine Woche später, am Sonntag, den 17. September, bin ich an derselben Stelle auf der Rückkehr von Koledawa wieder vorbeigekommen. Die Mordstelle wurde von mir sofort wiedererkannt. Die Flüchtlingsfrauen haben die Stelle auch gleich wiedererkannt. An der Stelle waren aber keine Leichen zu sehen. Beim Lesen des Posener Tageblattes Sonnabend–Sonntag, den 14./15., unter dem Abschnitt "Noch ein Grab des Grauens" unterzeichnet mit R.F., war ich dann gleich gewiß, daß es sich bei den Ermordeten aus Sockelstein um die von mir am 10. September hinter Sanpolno gesehenen Ermordeten handelt. v. g. u. Altkirch, den 15. Oktober 1939. Gerhard Tresko. Die Niederschrift des Volksdeutschen G. Tresko wird hiermit beglaubigt. Altkirch, 15. Oktober 1939. Evangelisches Pfarramt. H. Kastner, P."

[39] Ein ähnlicher Bericht zeigt die Massenmordpsychose, die bei den Polen herrschte. Wir haben hier bei dieser Psychose eine Erscheinung vor uns, die immer wieder in der Weltgeschichte auftritt. Es handelt sich um ein gemeinsames Fanatisiertsein, ähnlich dem bei Hexenverfolgungen oder Kinderkreuzzügen. Die psychiatrische Grundtatsache ist die: in monomanischer Weise lenken die von der Massenhysterie Befallenen ihr Augenmerk auf einen einzigen Gesichtspunkt und lassen alles andere, zumal das, was hemmend wirken könnte, zurücktreten. Im Falle der Polen war die einfache Tatsache, daß einer ein Volksdeutscher ist, genügender Grund zur Auslösung der Massenpsychose. Mochte der Betreffende als polnischer Staatsbürger seine Pflicht getan haben, mochte er als Bauer ein wertvoller Mensch für die Gemeinschaft sein, mochte er als Greis oder Frau oder Kind schonungsbedürftig sein und gewissermaßen unter den ungeschriebenen ewigen Gesetzen aller Menschen stehen – das trat einfach in den Hintergrund, sobald die Vorstellung: "Deutscher" (meist in der Form: "Hitlerowci") ausgelöst war. Ungehemmt und entfesselt raste dann die Mordwut, einem Wildbach gleich, dahin, alles zerstörend, in toller Wut drauflos schlagend oder schießend.

Um ein volles Bild des psychiatrischen Sachverhalts zu gewinnen, ist noch die Frage zu klären, ob man von "sinnloser" Wut sprechen kann oder nicht. Nach der wohl übereinstimmenden Auffassung der Sachverständigen ist dieser Ausdruck fehl am Platze. Es handelt sich nicht um sinnlose Wut, also nicht um einen Zustand, den man zur Not noch mit dem Fehlen des Bewußtseins der Verantwortlichkeit rechtfertigen könnte, sondern um ganz bewußte Vorstellung des Sachverhaltes: vor mir ein Deutscher oder mehrere Deutsche, daher müssen sie vernichtet werden. Logisch klare Handlungsweise fehlt also keineswegs. Und damit tragen auch die Polen, ganz gleich ob Offiziere und Soldaten, Strzelce oder andere bewaffnete Organisationen oder Zivilisten, die volle Verantwortung für ihre Taten. Sie teilen freilich diese Verantwortung mit den führenden polnischen Schichten, die ihrerseits ohne die englische Rückversicherung nie gewagt hätten, ihr Volk zu den Greueltaten aufzustacheln.

Hören wir nun den Bericht aus Liebenau vom 12. Oktober 1939.

"An das Büro der Volksdeutschen. Posen. Kaiserring.

Unterzeichneter bittet, folgenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen:

Am 5. September wurden mein Leidensgenosse Kurt Jesse aus Popavo-Kolonie und ich vom polnischen Militär verschleppt. Wir fuhren per Wagen über Mogilno, Sanpolno, Kladawa bis vor Sörkaw. Hinter San- [40] polno hatten wir nun ein trauriges Erlebnis. Wir mußten mit ansehen, wie von polnischen Bestien ungefähr 40 Volksdeutsche erschossen wurden. Dieses geschah schätzungsweise 30 bis 40 Kilometer hinter Sanpolno, an der rechten Straßenseite, 50 bis 70 Meter von dieser entfernt auf einem Acker in einer kleinen Niederung. Man erschoß sie mit Maschinengewehren, welche an einem Schober standen. Die Chaussee führte wohl nach Kolo. Aus der Unterhaltung der polnischen Soldaten untereinander entnahmen wir, daß die Internierten sich geweigert haben sollen, weiterzugehen und darum erschossen worden sind, und weiterhin, daß es 42 Deutsche aus der Mogilnoer und Sanpolnoer Gegend gewesen sein sollten. Auch erzählten sie, daß 60 weitere Deutsche in dieser Gegend erschossen sein sollen. Ob dieses den Tatsachen entspricht, weiß ich nicht.

Da wir wohl die einzigen deutschen Zeugen dieser Mordtat gewesen sind, geben wir diesen Bericht zur Kenntnis. Wir sind gern bereit, den Angehörigen dieser Opfer Auskunft zu geben. Der Vorfall trug sich am 9. September zu. Heil Hitler! Gerhard Ellermann, Liebenau bei Markstadt, Kreis Wongrowiez."

Unter den Berichten findet sich auch folgender, der in herber kürze ein Menschenschicksal bedeutet. Dr. Herbert Fritz erklärt:

"Z. Zt. Rabowice, 23. Oktober 1939.

Ich erkläre ehrenwörtlich, daß ich bei der Exhumierung der Leiche meines von den Polen am 7. September 1939 bei Sanpolno ermordeten Bruders, des Tierarztes Dr. Georg Fritz (Rogasen), am 11. Oktober 1939 anwesend war. Dabei habe ich folgenden Befund an der Leiche festgestellt: die beiden Arme waren ausgerissen, die Finger an beiden Händen abgehackt, beide Ohren und die Nase abgeschnitten, Unter- und Oberkiefer wie die anderen Gesichtsteile waren vollkommen zertrümmert. Im übrigen war fast der ganze Körper durch Hiebe grün und blau geschlagen. Der Befund konnte einwandfrei nachgewiesen werden, da der Tote fast sämtlicher Bekleidungsstücke beraubt worden war. Dr. Herbert Fritz."

Ich befinde mich in der Zentralstelle für Auffindung und Bergung ermordeter Volksdeutscher am Kaiserring 3 in Posen. Es ist dies das Haus der Zentrale der Volksdeutschen des Warthegaus. Vom Posener Schloß, das jetzt erst 30 Jahre alt ist und gewaltig das Stadtbild überragt, gelangt man in wenigen Minuten durch schöne Anlagen zu diesem Hause der Volksdeutschen. Diese schönen Anlagen vermochte auch 20jährige polnische Willkürherrschaft und Gleichgültigkeit nicht zu zerstören, wie man überhaupt das Gefühl hat, daß die alte deutsche Kultur in Posen, Bromberg und den [41] anderen deutschen Städten lebt und jetzt schon wieder unter der polnischen Schmutzschicht fast unzerstört zum Vorschein kommt.

Das Haus der Volksdeutschen hat in den entscheidenden Tagen um den 1. September 1939 Furchtbares miterlebt. War doch dort die Nervenzentrale der Volksdeutschen im Warthegau. Aber auch heute noch trägt dieses Haus schwer an dem Schicksal der ermordeten Volksdeutschen. Ununterbrochen strömt die Schar der Angehörigen herzu, die zum Teil noch in quälender Ungewißheit leben, ob ihre Lieben tot sind oder nicht, ob in den Fällen, wo sie vermißt sind, noch Hoffnung besteht, sie lebend oder wenigstens tot aufzufinden. Oft müssen auch Fragen der Umbettung entschieden werden, wobei Ärzte entscheidend mitzusprechen haben, sehr oft macht auch die Identifizierung Schwierigkeiten, aber gefaßt vor so viel schwerem Leid tun die Männer und Frauen dort ihren Dienst und erfüllen die schwere Pflicht, den Trauernden oder über das Schicksal ihrer Lieben noch Ungewissen die Lage möglichst zu erleichtern.

Eine ständig wachsende Zahl von Berichten, Aufzeichnungen, Beurkundungen strömt in diesem Hause zusammen, und das Bild von den Leiden der Volksdeutschen auf ihren Verschleppungsmärschen rundet sich immer mehr ab zu einem Bild des Grauens und Elends, aber auch der heldenhaft ertragenen Mühen und Leiden: Ein Opfergang sondergleichen, mit dem das deutsche Volk das Recht erkauft hat, nun im Osten seinem Leben zu dienen und seinen Aufbau zu fördern.

Ebenso erschütternd waren die Einblicke, die ich durch die gerichtsärztlichen Gutachter der Wehrmacht gewann. Ich hatte Gelegenheit, diese Ärzte an ihren Arbeitsstätten aufzusuchen, ich sah dort die lange Reihe von schwarzen Särgen, in denen die ermordeten Volksdeutschen lagen. Sie waren ausgegraben worden, um ihnen eine würdige Bestattung auf einem der Heldenfriedhöfe in Polen zu geben. Mehrere hundert solcher Leichen wurden von den Ärzten aufs genaueste untersucht. Wenn diese Untersuchungen auch durch die bestehende Fäulnis der aufgefundenen Leichen nach mehr oder minder langer Zeit des Liegens erschwert waren, so haben die Gerichtsärzte doch jeweils die zur Aufdeckung des Sachverhaltes notwendigen Feststellungen treffen können. Durch eine Fülle von Lichtbildern und Präparaten ist beweiskräftiges Material festgehalten worden. Eigentlich sollten alle fachlich dazu berufenen Ärzte, also alle Gerichts-, Wehrmachts- und Amtsärzte, davon Kenntnis nehmen.

Niemals hätte ich mir vorstellen können, daß eine derartige Anhäufung von Mordfällen mit allen erdenklichen Werkzeugen, besonders mit Militärwaffen, möglich ist. Die Sachverständigen, geschult durch langjährige Tätigkeit als Gerichts- und Kriminalärzte in Großstädten, haben mir erklärt, daß [42] sie nie zuvor derart grausame Mordfälle gesehen haben, insbesondere in der unvorstellbaren Häufung, wie sie dort im Raume von Posen und Bromberg angetroffen wurden. Dabei mußten die Pathologen berichten von ihren Beobachtungen bei der Sektion ermordeter Kinder und Greise, wobei ein Lebensalterkreis von vier Monaten bis zu 82 Jahren erfaßt wurde. Mit Sarkasmus bemerkte einer von ihnen, daß auf diesem Gebiete die bei Kulturnationen vorliegenden Erfahrungen insofern nicht zureichen, als Schüsse mit Militärgewehren bei Kindern bislang nicht beobachtet wurden. Inwieweit sich ähnliche Fälle in englischen Herrschaftsgebieten ereignet haben sollten, ist unseres Wissens bislang nicht wissenschaftlich erforscht worden. Aufs tiefste von diesen Eindrücken bewegt, muß ich die Frage nach der Notwendigkeit dieser pathologischen Arbeit positiv beantworten.

Ein Baustein fügt sich zum andern zusammen, und es entsteht ein Gebäude der Erkenntnis, das in einem Maße zuungunsten der Polen ausfällt, wie es wohl vorher niemand für möglich gehalten hätte. Diese medizinischen Befunde sind die lebendigen und durch nichts zu widerlegenden Zeugen von einer Soldateska und einer ebenso verhetzten Zivilbevölkerung, die mit allen Mitteln an der Ausrottung des Deutschtums arbeitete. Kein Arzt in aller Welt – selbst nicht ehrliche französische oder englische Ärzte – werden diese Befunde, die durch zahllose Photographien und Protokolle belegt sind, wegleugnen können. Ja, es wäre sogar Pflicht aller Ärzte in der Welt, die überhaupt ein Urteil über diese polnischen Greuel auf den Leidensmärschen sich bilden wollen, von diesen ärztlichen Dokumenten auszugehen. Ihr Urteil wird dann eindeutig dahin ausfallen, daß hier Tausende von Deutschen – man spricht heute von etwa 5000 – in namenloser körperlicher und seelischer Qual ermordet und geschändet worden sind, ohne daß sie irgend jemand das geringste zuleide getan hatten, ohne daß sie sich irgendeines Vergehens gegen ihren Staat schuldig gemacht hatten.

Und für diesen Staat und für diese Mörder haben die großen Nationen England und Frankreich sich in das Abenteuer des Krieges gestürzt. Dieses Mal wird für immer auf ihrer Ehre brennen und sie beflecken.

In dem Gesamtbilde von polnischer Mordlust, die durch sämtliche polnischen Organisationen, ja durch leitende Staatsstellen in Rundfunk und Presse und in Geheimerlassen aufgepeitscht wurde, fehlen auch nicht die perversen Züge. Und hier hat nun wieder der Psychiater das Wort.

Die Tötung durch Erschießen war zwar auf den Märschen ein häufiger Fall, wenn die unglücklichen Opfer des Todesmarsches nicht mehr weiter konnten, und wenn die polnischen Begleitmannschaften, nur um die "Verantwortung" für die Zurückgebliebenen nicht tragen zu müssen, sie kurzerhand erschossen. Aber auch sie haben oft schon von Gewehrkolben und [43] anderen Schlaginstrumenten Gebrauch gemacht, bei denen die Feststellung, daß der Tod wirklich eingetreten sei, meist schwerer ist. Wo aber die Verschleppten entfliehen konnten oder von den Wachmannschaften wegen des drohenden Heranrückens der deutschen Armee verlassen wurden, und wo sie dann den polnischen aufgehetzten Bauern und anderen Polen in die Hände fielen, da wurde mit allen erdenklichen Mitteln auf sie losgeschlagen, mit Brechstangen und Äxten, mit Zaunlatten und Heugabeln usw., die Fußtritte nicht zu vergessen. Die Spuren solcher Wunden werden nach Möglichkeit vom Pathologen aufgedeckt.

Fälle, in denen die Leichen geschändet wurden, z. B. Lunge und Herz herausgerissen wurden, werden auch berichtet. Jedoch zeigt das ärztliche Studium der polnischen Mordtaten, daß das Hauptgewicht weniger auf diese einzelnen Fälle von besonderem Sadismus und Austoben einer pervertierten Veranlagung zu legen sei, sondern auf die ärztlich in immer wieder neuer Abschattierung festgestellte sinn- und zwecklose Massenermordung von Volksdeutschen und die unsäglichen Quälereien, bei denen das Körperliche und das Seelische sich häufig die Waagschale hielten.

Den Arzt muß bei den Schilderungen von den Mordtaten immer wieder die Tatsache bewegen, bis zu welchem Grade der menschliche Körper fähig ist, Verletzungen, Schmerzen und Leiden zu ertragen. Ein Volksdeutscher namens Karl Dreher hat ausgesagt, daß bei der Verschleppung von etwa 400 Volksdeutschen von Schrimm nach Wreschen ein Herr Sonnenberg aus Czempin am 2. September mit dem Kolben einen so schweren Schlag auf den Rücken erhielt, daß der Kolben abbrach.

Ein besonderes Kapitel bildet der Hunger und der Durst und die Verhinderung der Menschen, die natürlichen Bedürfnisse zu verrichten. Alle Berichte über die Verschleppung stimmen darin überein, daß die Wachmannschaften selbst möglichst gut aßen und tranken, aber dadurch Tantalusqualen in den Verschleppten erzeugten. Daß sie ihnen nichts abgaben, ja, sie noch am Wasserholen hinderten. Ein Eßlöffel Wasser am Tage, mehrere Tage lang überhaupt nichts zu essen, das kam vor. In der Verzweiflung versuchten einige, unauffällig eine Steckrübe aus dem Felde herauszureißen. Sie mußten gewärtigen, dafür geschlagen oder mit dem Bajonett gestochen, wenn nicht gleich ermordet zu werden. Die Schädigungen, die durch Hunger und Durst und durch die Unterdrückung der natürlichen Bedürfnisse bei den Volksdeutschen zurückblieben, und an denen sie vielleicht ein ganzes Leben leiden werden, sind für alle Zeiten lebendige Anklagen.

Immer wieder kommen in den Berichten Schilderungen vor, die uns ein "Unmöglich" abzuzwingen scheinen. Alte Leute brechen zusammen und [44] können nicht mehr mitmarschieren. Die Wachmannschaften versetzen ihnen Fußtritte, Kolbenschläge, Bajonettstiche. Da raffen sie sich doch noch einmal auf, reihen sich wieder ein und marschieren mit, meist freilich gestützt und geschleppt, ja zuweilen sogar getragen von ihren Nebenmännern.

Man kann in den Berichten stundenlang blättern und wird nicht müde, dieses Hohelied eines stillen Heldentums zu bewundern, das die Volksdeutschen um ihrer Familie und um Deutschlands willen auf sich nahmen. In einem Bericht heißt es: "In Turek mußten wir den ganzen Tag über in einem nassen Graben sitzen, abends ging es weiter." Was mag ein solcher Satz allein enthalten an Krankheiten oder Krankheitsmöglichkeiten, die sich auf Erkältungen, Rheuma und alle möglichen anderen Gebiete erstrecken können.

Einmal, in Turek, rissen polnische Soldaten das Pflaster auf und warfen mit Pflastersteinen in die etwa 250 Mann starke Marschgruppe hinein. Zahlreiche Volksgenossen wurden getroffen, mindestens 25 Mann mußte man schwerverletzt zurücklassen und einem ungewissen Schicksal preisgeben – oder vielmehr einem gewissen Schicksal; denn der Tod war ihnen so gut wie sicher.

Auch Treibjagden wurden veranstaltet. Einmal lesen wir in einem Bericht:

"Polnische Kavallerie ritt in eine Gruppe volksdeutscher Verschleppter hinein, zersprengte sie, so daß die Volksgenossen über die Felder liefen. Hierauf griff das polnische Militär zu Gewehren und Maschinengewehren und schoß in die versprengten Volksgenossen hinein wie bei einer Treibjagd. Man kann sich denken, wie viele schreckliche Verwundungen verschiedenster Art dadurch entstanden sind, und wieviel ärztliche Kunst aufgeboten werden muß, um die Überlebenden zu heilen."

Die Züge der Verschleppten haben sich ganz verschiedenartig abgespielt. Zum Teil waren es, wie wir sahen, kleinere Züge, die sich aus dem oder jenem Grunde bald wieder auflösten. Zum Teil waren es aber Züge von acht bis zehn Tagen und noch weit darüber. Ein Hauptzug nach Lowitsch ist einem Strom zu vergleichen, in den immer wieder neue Flüsse einmünden. So stießen Züge von vielen Ortschaften und Städten aus Pommerellen auf diesen Zug, der dann schließlich auf 4000 Teilnehmer anschwoll. Man kann eine Gesamtzahl also nur schätzen, und die Zahl von etwa 10 000 Volksdeutschen, die die Martern eines kürzeren oder längeren Leidensmarsches ertragen mußten, dürfte eher zu niedrig sein. Welcher Raubbau an bestem deutschem Volksgut ist da getrieben worden! Jetzt noch, Ende November, da diese Zeilen geschrieben werden, finden sich täglich Fälle [45] von solchen, die plötzlich ernsthafte Nachwirkungen der Leidensmärsche spüren. So berichten es die Ärzte im volksdeutschen Raum. Nicht wenige haben sich Herzleiden zugezogen, die ihnen zuerst nichts oder kaum zu schaffen machten, sich aber jetzt plötzlich verschlimmern und nicht selten zum Tode führen. Dabei vergessen wir nicht die große Zahl derer, die als Überlebende noch in ärztlicher Behandlung sind, sei es in Krankenhäusern von Posen, Bromberg oder Graudenz oder privat.

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Höllenmarsch der Volksdeutschen in Polen.
Nach ärztlichen Dokumenten zusammengestellt von Dr. Hans Hartmann.