Das Frankenreich (Teil 1)
Die Gründung des
Frankenreiches
Karl Martell. Unter Chlodwigs Nachfolgern wurden die ersten Berater der Könige, die Hausmeier, mächtig und regierten das Land. Der bedeutendste unter ihnen war Karl Martell. Zu seiner Zeit waren die Mauren, ein Volk Nordafrikas, in Spanien eingedrungen, hatten die Westgoten besiegt und waren in das Frankenreich eingebrochen. Karl schlug sie 732 bei Tours und Poitiers in Mittelfrankreich. Er bewahrte dadurch Europa vor der Unterwerfung unter ein fremdrassisches Volk. Das Lehnswesen. Die Frankenkönige nahmen das eroberte Land als Königsgut in ihren Besitz. Teile desselben übergaben sie ihren adligen Gefolgsleuten zur Bewirtschaftung, jedoch nicht als Eigentum, sondern nur leihweise (Lehen). Die Lehnsmänner mußten dem Lehnsherrn Kriegsdienste leisten. Die großen Lehnsmänner gaben ihrerseits Land an ihre Gefolgsmänner. Diese waren ihnen zum Reiterdienst verpflichtet. Es entwickelte sich das Lehnswesen.
Der mächtigste König des Frankenreiches war Karl der Große (um 800). Er vereinigte zum ersten Male die germanischen Stämme in einem Reich mit der Hauptstadt Aachen. Die Germanen mußten Christen werden. Die Sachsen setzten Karl heftigen Widerstand entgegen.
Der Kriegsplan des Frankenkönigs Karl Im Jahre 772 rief Karl auf dem Reichstag zu Worms zum Kampf gegen sie auf. "Ich kann es nicht mehr dulden", schloß er seine Rede, "daß ich an irgend einer Stelle meines Reiches Angst um die Grenzen haben muß. Das Sachsenland, dessen trotziges Volk mir nicht freiwillig gehorchen will, werde ich restlos erobern und in mein Reich eingliedern." Noch während die alten Krieger ihrem König zujubelten, flüsterte ihm ein Geistlicher zu: "Hoher Fürst! Die Sachsen glauben noch an Wodan und die anderen germanischen Götter. Du bist durch Gottes Willen König geworden, darum muß es deine erste Aufgabe sein, nach der Eroberung die heidnischen Sachsen für die Christenlehre zu gewinnen." Am anderen Morgen überbrachten des Königs Boten allen Grafen und Herzögen des Frankenreiches den Befehl: In vierzehn Tagen hast du mit allen kriegsdienstpflichtigen Männern deines Gaues am Sammelplatz zu sein. Jeder muß seine Waffen bestens in Ordnung haben. Sorge auch dafür, daß du genug Wagen mit Hacken, Keilen, Mauerbohrern, Äxten, Grabscheiten, eisernen Schaufeln und anderen notwendigen Kriegsgeräten hast. Bringe Lebensmittel für drei Monate und Kleider und Ersatzwaffen für ein halbes Jahr mit. Niemand darf auf dem Anmarsch den Bauern etwas wegnehmen außer Futter für das Vieh und Wasser und Holz."
Der Einfall ins Sachsenland Die Kunde von dem Heranrücken des gewaltigen fränkischen Heeres drang wie ein Lauffeuer in alle Sachsendörfer und erregte die Bauern. Auch bei Widukind, dem Bauernführer aus dem Engernlande, dessen Name weithin in Sachsen geachtet war, sahen die Männer sorgenvoll in die Zukunft. "Ich weiß, wie es im Frankenreiche zugeht," erzählte der Schmied Sigibert; "in jedem Dorfe steht eine Kirche oder ein Kloster. Zur Erntezeit gehen die Mönche und Priester mit aufs Feld und sagen zu den Bauern: 'Jede zehnte Garbe gehört der Kirche.' Von den Pferde- und Rinderherden nehmen sie ebenfalls jedes zehnte Tier mit. Den Bäuerinnen holen sie den Honig und das Leinen aus dem Hause." Der Hausherr nickte bestätigend und fuhr finster fort: "Noch schlimmer ist es, Freunde, daß sie uns ihren fremden, römischen Glauben aufzwingen wollen. Sie werden alles vernichten, was uns lieb ist: unsere heiligen, uralten Opferstätten und die ehrwürdige Irmensäule. Sie werden unsere Feste verbieten und nur die ihrigen gelten lassen. Fremder Glaube und fremde Sitten sollen in unser Sachsenland einziehen. Von jenseits der Berge, aus Rom, aber kann unserem Volke nichts Gutes kommen; deshalb laßt uns kämpfen auf Leben und Tod! Dem Frankenkönig werden wir zeigen, was Sachsentrotz und Sachsenmut bedeuten." Er stand auf, schwer und wuchtig. Sein Schatten zeichnete sich riesenhaft gegen die Wand ab. Die Bauernkrieger reichten sich die Hände. Ihr Händedruck war wie ein Schwur. In den Dorfschmieden glühten Tag und Nacht die Feuer. "Schmiede, Sigibert, schmiede uns Schwerter, immer neue! Es wird ein langer, harter Kampf werden!" Da fauchten die Blasebälge, die Funken sprühten, bald stand Mann für Mann unter den Waffen. Es dauerte nicht lange, da füllten sich auf allen Bauernhöfen die Wagen bis obenhin mit Hausrat. Auch die Ställe und Scheunen wurden geleert und das Vieh von der Weide fortgetrieben. Frauen und Kinder zogen hinter den Fahrzeugen her, um in der großen Volksburg Schutz zu suchen. Auf dem großen, freien Platz in der Eresburg standen die freien Sachsen in Wehr und Waffen. Und freudig lauschten sie den Worten eines Führers, der sie aufforderte, für die Freiheit ihres Volkes zu streiten. An diesem Tage war noch nichts vom Feinde zu erblicken; aber des Nachts leuchtete der Himmel an vielen Stellen vom Feuerschein der brennenden Dörfer rot auf. Als der Morgen graute, meldeten die Späher den Anmarsch des Feindes. Zwischen den fränkischen Kriegern waren überall Mönche in braunen Kutten zu sehen. König Karl ritt inmitten seiner Streiter. Die Franken gingen gleich zum Angriff über. Aber in dem dichten Walde kamen sie mit ihrer schweren Waffenlast nur mühsam vorwärts. Vor der Eresburg entspann sich ein heftiger Kampf. Sogar die sächsischen Frauen beteiligten sich daran. Unermüdlich schleppten sie Lanzen und Pfeile herbei und feuerten durch laute Zurufe ihre Männer an. Wo aber die Franken mit Sturmleitern über die Ringmauer einzudringen versuchten, gossen die Frauen siedendes Wasser auf die Angreifer herab. So tapfer sich auch die Sachsen wehrten, die Eresburg wurde doch von den Franken eingenommen. Von hier aus zog Karl mit seinem großen Heer durch das ganze Sachsenland. Wohin er kam, waren die Gehöfte und Dörfer von den Bewohnern verlassen. Bei der Erstürmung der Volksburgen mußte noch mancher Frankenkrieger sein Leben lassen; aber schließlich siegte doch die feindliche Übermacht. Am Schluß des Krieges ließ der König die gefangenen Sachsen vor sich führen. Stumm und trotzig standen sie ihm gegenüber, während er zu ihnen sprach: "Von heute ab bin ich der Herr im Sachsenlande. Eure Führer sollen mir Gehorsam schwören. Ihre jüngsten Söhne nehme ich als Geiseln mit. Den Mönchen werde ich fruchtbare Plätze anweisen, wo sie Klöster bauen können. Jeder Sachse hat seinen alten Göttern abzuschwören und sich taufen zu lassen. Die Bauernhöfe der gefallenen Sachsen werden von meinen Amtsleuten bewirtschaftet. Alles, was auf diesen Königsgütern geerntet und gezüchtet wird, müssen die Verwalter für meinen Hof und mein Heer abliefern. In jeder Burg lasse ich einen Grafen als Kommandanten mit einer starken Mannschaft zum Schutze der Klöster und Mönche und zur Bewachung des Landes zurück." Der Frankenkönig zog nun mit seinem Heer nach Italien und eroberte das Langobardenreich. Doch Karl hatte sich schwer getäuscht, als er glaubte, die Sachsen wären gebändigt und unterworfen.
Widukinds Freiheitskampf An allen Herdfeuern, wo Sachsen zusammensaßen, wurde nur noch von der Not gesprochen, die auf der Heimat lastete. Während König Karl mit dem größten Teil seines Heeres in Italien kämpfte, rief der tapfere Edeling Widukind die Bauern der sächsischen Erde wieder zum Freiheitskampf auf. Wie jubelten sie alle dem Engernfürsten zu; denn was der Schmied vorausgesagt hatte, war eingetreten. Im Frühling sammelten sich die sächsischen Heerbanne. Mit diesen todesmutigen Scharen eroberte Widukind die Eresburg zurück und drang weit in das Hessenland ein. Vergeblich versuchten vier fränkische Grenzgrafen den Sturm aufzuhalten. Überall war Widukind siegreich. Schon glaubte das Sachsenvolk, es hätte seine Freiheit zurückgewonnen, da kam der Frankenkönig im Jahre 775 mit seinem mächtigen Heere aus Italien zurück. Verzweifelt kämpften die Bauern um jedes Stück ihrer Heimat. Aber die Übermacht war zu groß. Karl stürmte die Hohensyburg und eroberte die Eresburg abermals. Die Ostfalen am Harz unterwarfen sich, als ihr Land vollständig verwüstet war. Nach diesem Siege zog Karl wiederum beruhigt nach Italien; aber er wußte nicht, wie sehr das Sachsenvolk Freiheit und Heimat liebte. Wieder flammte ein neuer Aufstand unter Widukinds Führung auf. Dieses Mal kam Karl mit einem noch größeren Heer zurück. Überall verteidigten die Sachsen ihre Heimat heldenmütig. Auf beiden Seiten flossen Ströme von Blut; aber Karls gewaltige Heeresmassen brachen die Kraft des Sachsenvolkes. In ihrer Not unterwarfen sich viele Sachsenführer und freie Bauern und ließen sich taufen. König Karl war jetzt zufrieden. In den Dörfern und an vielen Opferstätten errichtete er Kirchen und Klöster. Mit tiefstem Schmerz sah Widukind die Verwüstungen. Auch sein Hof ging in Flammen auf; aber er dachte nicht an Unterwerfung. "Unser Volk und seine Art müssen erhalten bleiben; dafür ist kein Opfer zu hoch!" Wie ein gejagtes Wild mußte er sich verborgen halten; doch die Hoffnung auf Befreiung seines Volkes vom fränkischen Joch gab er noch nicht auf. Er ritt mit einigen treuen Freunden zum Dänenkönig Siegfried, um ihn als Bundesgenossen für seinen neuen Freiheitskampf zu gewinnen. Doch seine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Der Dänenkönig wollte nicht helfen. Aber bei dem Engernfürsten gab es kein Schwanken. Als König Karl von den Sachsen zwei Heerbanne forderte, die mit seinen fränkischen Kriegern gegen das slawische Volk der Sorben ziehen sollten, nahm Widukind todesmutig abermals den Kampf auf. Mit dem Befehl seines Herzogs: "Vereinigt euch nicht mit dem Frankenheere, sondern überfallt und vernichtet es, wenn es im Süntelgebirge auf euch wartet", ritt ein Bote noch in derselben Nacht zu den Anführern der sächsischen Heerbanne. Eine Woche später erlitt das ahnungslose fränkische Heer am Süntel eine schwere Niederlage. Jubelnd kehrten die Sachsen in ihre Gaue zurück. Die alten Götter hatten ihnen noch einmal geholfen.
Das Blutbad von Verden an der Aller (782) Die Freude der Sachsen über die Vernichtung des fränkischen Heeres war jedoch nur von kurzer Dauer. "Sofort ins Sachsenland," schrie der König mit zornbebender Stimme, als ihm ein Bote die Nachricht von der Vernichtung seines Heeres am Süntel überbrachte; "diesen Überfall sollen mir die Sachsen schwer büßen!" In Eilmärschen führte Karl sein Heer in die Sachsengaue. Alle Dörfer wurden vernichtet, die Felder zerstört und viele Tausende von wehrfähigen Männern gefangengenommen. So kam Karl, ohne Widerstand zu finden, bis nach Verden, wo die Aller in die Weser fließt. Ein kalter Ostwind riß die letzten Blätter von den Bäumen; graue Regenwolken zogen über das weite Land. Am Ufer des Flusses stand das Zelt des Frankenkönigs. Der Herrscher saß mit seinen vertrautesten Heerführern um einen rohgezimmerten Tisch. "Morgen findet das Strafgericht über die Sachsen statt," wandte sich König Karl an die lauschenden Kampfgenossen, "4500 Gefangene sind in meiner Hand. Die Männer tun mir leid; aber zu oft empörte sich das sächsische Volk; sein Trotz und Widerstand müssen endgültig gebrochen werden. Ich will meinen Plan, alle Germanen in einem Reich unter meiner Herrschaft zu vereinen, durchsetzen. Die Goten, Burgunder, Langobarden, Alamannen, Bayern und andere kleine germanische Völkerschaften sind unter meiner Herrschaft bereits vereinigt. Nur die trotzigen Sachsen leisten mir noch Widerstand. Fünfzehn Jahre schon währt der Kampf. Aber nun ist meine Geduld erschöpft. Die gefangenen Sachsen müssen ihr Leben lassen, damit das Volk sich endlich meinem Willen beugt." Der Frankenherrscher erhob sich. Schweigend verließen die Krieger das Zelt. Waffenlos und wehrlos standen schon im Morgengrauen dicht zusammengedrängt die 4500 gefangenen Sachsen, die Edelinge und Bauern, Hirten und Jäger, auf dem großen Wiesenplatz an der Aller, alle gefesselt hinter einer dreifachen Mauer fränkischer Lanzen und Speere. Sie wußten alle, Mann für Mann, daß es diesmal kein Entrinnen und keine Gnade gab. Aber auf keinem Gesicht war Angst zu sehen; keiner bat um Erbarmen. Tapfer und mutig, wie sie immer gelebt hatten, wollten sie den Urteilsspruch auf sich nehmen. Da ertönten grelle Signale. Totenstille legte sich lähmend über die Menschenmenge. Vor dem Sitz des Frankenkönigs, der streng und gebieterisch unter dem strahlenden Glanz seiner Banner thronte, erschien ein Mann in langem, schwarzen Rock. Mit weithin schallender Stimme verlas er das furchtbare Bluturteil: "Die 4500 gefangenen Sachsen sind zum Tode verurteilt, weil sie die Waffen gegen den Frankenkönig erhoben haben. Der Urteilsspruch soll sogleich vollstreckt werden." Grauen und Schrecken zog in die Herzen der Umstehenden. Schon traten die Henker heran. Unaufhörlich sausten die Schwerter durch die Luft, und das Blut von 4500 treuen Sachsen, die für Freiheit und Heimat starben, färbte Gras und Blumen rot. Als sich der Abend über das Land senkte, lagen die Führer des Sachsenvolkes erschlagen auf blutiger Heide.
Widukinds Taufe (785) Karls Grausamkeit schüchterte die Sachsen nicht ein. Gewaltig loderte im ganzen Lande der Aufruhr empor. Aber Karl schlug die Tapferen in zwei großen Schlachten bei Detmold und an der Hase. Furchtbar hausten nun die Sieger mit "Feuer und Schwert" im Sachsenlande: Saaten wurden zerstampft, Gehöfte niedergebrannt, Tausende getötet. Es war, als wollte der Sieger das Sachsenvolk austilgen. Das traf Widukind in tiefster Seele. Kummervoll saß er eines Tages in der Halle des Edelings Ottmar. Da trat Widukinds älter treuer Freund und Kampfgefährte Abbio ein. Wie schon so oft, brachte er auch heute wieder eine Schreckenskunde. "Der Frankenherrscher wird unser ganzes Volk vernichten," begann er, "Tausende von Bauernfamilien will er von ihren Höfen herunterholen und in seinem Frankenreich ansiedeln. Was ich an Not und Verzweiflung sah, kann ich dir nicht schildern. Und immer wieder betont der König, daß es nicht eher Frieden gibt, bis du, der Sachsenführer, in seinen Händen bist." Lange sann der Herzog stumm und finster vor sich hin, bis er tonlos sprach: "Unser Volk darf nicht ganz vernichtet werden. Ich will zu Karl gehen und ihn um Frieden für mein Volk bitten. Es ist besser, ich opfere mich, als daß es zugrunde geht. Tapfer und ruhmvoll kämpften wir dreizehn Jahre; aber die Übermacht Karls ist zu groß." - "Und Wodan?" fragte Abbio zögernd. "Ich werde Christ", gab ihm da Widukind leise zur Antwort. "Heute abend nehme ich von Wodan Abschied am Heiligtum. Er scheint uns verlassen zu haben." In diesem Augenblick meldete ein junger sächsischer Krieger Abgesandte des Frankenkönigs. Nach wenigen Minuten standen die Franken vor dem Sachsenherzog. Ihr Führer sagte höflich: "Unser König Karl bittet dich, deinen Widerstand aufzugeben und dich ihm zu unterwerfen. Er lädt dich ein, zu ihm ins Frankenland zu kommen und dich taufen zu lassen. Als Pfand schickt dir unser Fürst diese zwölf jungen Franken als Geiseln mit." Nach diesen Worten verließen die Gesandten die Halle. Schlaflos lag diese Nacht der Herzog am Feuer. Er dachte an die Kämpfe um Heimat und Vätererbe und an die ungeheuren Blutopfer seines heißgeliebten Volkes und wußte, daß es keinen anderen Weg für ihn gab, als den zu Karl und dem Christengott. Als der Morgen graute, schwangen sich Widukind und Abbio auf ihre Pferde. Der trotzige, heldenhafte Sachsenführer ging den schwersten Gang seines Lebens. Nach acht Tagen kamen die beiden Freunde im Lager des Frankenkönigs zu Attigny an der Aisne an, wo sich der fränkische Herrscher gerade aufhielt. Überrascht horchte der König auf, als ihm ein Offizier meldete: "Der Sachsenherzog Widukind ist im Hof." Karl befahl dem Offizier, den Fürsten sofort hereinzuführen. Feste Schritte dröhnten auf dem Flur. Da stand auch schon der Sachsenführer vor dem Frankenkönig. Schweigend sahen sich die beiden Männer in die Augen: "Spät bist du gekommen, Sachsenfürst", unterbrach Karl endlich die Stille. "Für Freiheit und Ehre seines Volkes muß jeder kämpfen bis zum letzten Augenblick, so war es immer Brauch im alten Sachsenlande", antwortete Widukind fest. Da reichte ihm der Frankenkönig die Hand: "Ich wollte, ich hätte in meinem weiten Frankenreiche viele Männer, die ihr Volk und ihr Land so lieben wie du deine Sachsen und deine Heimat. Jahrelang hast du mit deiner kleineren Kriegerschar meinen Heeren standgehalten. Nun sollst du als freier Mann in deine Heimat zurückkehren. Wenn dein Volk sieht, daß du mit mir Frieden geschlossen hast, wird es wohl keinen Aufstand mehr wagen." Am nächsten Morgen begleitete der Frankenkönig seine sächsischen Gäste zur Taufe in die Kirche. Dann kehrten die Sachsen auf ihre Herrensitze zurück. Acht Jahre hielt das Sachsenvolk Frieden. Nur als eines Tages der sächsische Heerbann außerhalb des Frankenreiches mitkämpfen sollte, gab es noch einmal eine Erhebung, die aber unterdrückt wurde, weil den Sachsen ein großer Führer fehlte. Ruhe und Frieden herrschten fortan. Am Fenster einer Pfalz standen einige Jahre nach dem letzten Aufstand ein fränkischer Krieger und ein junger Mönch und schauten weit in das fruchtbare Sachsenland hinein. "Wie still und friedlich liegen die Sachsengaue vor uns", sprach der Mönch. "Lange genug hat es auch gedauert," entgegnete der Offizier; "als ich noch jung war, machte ich schon den ersten Sachsenkrieg mit. Zweiunddreißig Jahre sind seitdem verflossen. An neun Feldzügen gegen die Sachsen mußte ich teilnehmen, bis wir sie endgültig bezwangen. Jetzt herrscht auch hier König Karl. Es ist wohl Friede, aber die Sachsen sind nicht glücklich." Da antwortete der Mönch: "Auch wir sehen in den Kirchen keine frohen Gesichter. Wohl sind die Sachsen getauft, aber ihre Herzen gehören noch immer Wodan. Es wird sicher noch lange dauern, bis dieses Volk den Christengott im Herzen hat."
In das Land östlich der Elbe waren Slawen und in das Donaugebiet Awaren eingewandert. Beide Völker bedrohten die Reichsgrenze. Zum Schutze ließ Karl Grenzburgen bauen und legte Marken an. (Sorbische Mark gegen die Slawen, Ostmark gegen die Awaren.)
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