Die Germanen im Kampf mit den Römern Unsere Vorfahren, die Germanen, hatten während der großgermanischen Zeit ihre Wohnsitze aus ihrer nordischen Urheimat nach Süden, Osten und Westen ausgedehnt, ihre Nachbarn, die Illyrer und Kelten, unterworfen und bis zu Beginn unserer Zeitrechnung alles Land zwischen der Weichsel im Osten und dem Rhein im Westen, der Nord- und Ostsee im Norden und der Donau im Süden in Besitz genommen. Sie waren dazu durch Landnot und starke Vermehrung der Bevölkerung getrieben worden. Ihren Versuchen, auch Gebiete westlich des Rheins zu besiedeln, stellten sich die Römer entgegen. Diese beherrschten alle Länder um das Mittelmeer und große Teile Europas. Um die Zeitenwende versuchten sie, auch die Germanen zwischen Rhein und Elbe zu unterwerfen. Der römische Statthalter Varus betrachtete weite Teile dieses Gebietes bereits als römische Provinz.
Armin der Cherusker
Germanen unter römischer Zwingherrschaft
Als Sigast gerade aus dem Tor bog, bemerkte er, wie aus dem Walde ein Zug bewaffneter Männer nahte. Der Dorfschulze legte die Hand über die Augen, um besser sehen zu können. Im grellen Sonnenlicht erkannte er schimmernde Brustpanzer und funkelnde Helme. Sofort wendete er den Wagen und benachrichtigte die Dorfbewohner. Während die römischen Truppen in das Germanendorf einrückten, standen die Bauern erwartungsvoll auf ihren Höfen, und die Kinder liefen voller Neugierde auf die Straße. Ein langer Zug Reiter, Fußsoldaten und Wagen marschierte in das Dorf. Den Schluß bildete wieder Fußvolk. Mitten im Zug ritt Varus. Schwarz und kurz geschoren war sein Haar, gelb und aufgedunsen sein Gesicht. Grimmig blickten die schwarzen Augen. Der neue Statthalter trug einen schweren Brustpanzer. Seinen Helm, den ein mächtiger Haarbusch schmückte, hatte er am Pferde aufgehängt. Hinter dem Oberbefehlshaber schritten sechs römische Scharfrichter, die an einem langen Stock ein dickes Rutenbündel trugen, aus dem scharfgeschliffene Beile herausragten. Ein Dolmetscher fragte nach dem Schulzen. Der Zug hielt an, und Sigast wurde von einem römischen Soldaten zu Varus geholt. Voller Sorge folgte der Germane dem Befehl. Er hatte gehört, was der Statthalter von jedem germanischen Dorfe verlangte. Höhnisch blickte Varus auf ihn herab und forderte: "Das Dorf hat bis morgen mittag zwanzig Stück Vieh, einen Wagen Hafer, je zwei Fuhren Heu und Stroh, dazu Leder und Tuch als Steuern zu liefern." Sigast und die zu ihm getretenen Bauern erblaßten. "Wir können die Abgaben nicht leisten, Herr Statthalter; unser Dorf ist durch Mißernten verarmt", stieß der Schulze verzweifelt hervor. Varus ließ das kalt. "Bis morgen sind die angeforderten Sachen geliefert", erwiderte er kurz und bestimmt, "oder meine Rutenträger werden euch Gehorsam beibringen. Ihr sollt merken, daß ich jetzt der Herr im Lande bin. Ihr habt es bislang zu gut gehabt." Ein Signal ertönte. Bald lagerten die Soldaten im Schatten der Eichen. Der Statthalter quartierte sich beim Dorfschulzen ein.
Varus hält Gericht Auf dem großen Dorfplatz unter der dicksten Eiche bestieg Varus am anderen Morgen schwerfällig den Richterstuhl, den einige Krieger errichtet hatten. Hinter ihm standen die sechs Scharfrichter, und eine Hundertschaft römischer Soldaten sperrte die Gerichtsstätte ab. Der Bauer Ingomar, dem die Römer vorher die Waffen abgenommen hatten, und einige Römer traten in den Kreis. Der Unteroffizier Fluvius begann auf ein Zeichen des Statthalters: "Als wir vom Bauern Ingomar das Steuervieh abholen wollten, gab er uns die Kuh freiwillig. Als wir aber das Pferd aus dem Stall führen wollten, verweigerte er uns den Rappen und schrie uns ins Gesicht: 'Wenn euer Statthalter einen Gaul braucht, mag er zusehen, wo er einen herbekommt. Meinen erhält er jedenfalls nicht.' Darauf griff er zu einem Beil und schlug auf uns ein." Die germanischen Bauern, die der Handlung zuhörten, fingen laut an zu murren, und Sigast rief dem Statthalter zu: "Du hast nicht das Recht, über den Bauern zu richten! Er gehört vor unser Bauerngericht. Der ganze Gau muß zusammenkommen und über ihn das Urteil fällen. Du kannst wohl über deine Soldaten Recht sprechen, aber nicht über uns freie Germanen!" Bei diesem Einspruch sprang Varus wütend auf und schrie über den Platz: "Ich bin jetzt hier Statthalter. Was gehen mich eure Volksgerichte an! Jetzt gilt auch in diesem Lande unser römisches Recht!" Zwei Richter erschienen nun im Kreis und berieten lange miteinander in lateinischer Sprache. Ingomar wurde zu zwanzig Stockschlägen verurteilt. Bei der Verkündung dieses Richterspruches drängte sich der Dorfschulze durch die Soldatenkette vor Varus: "Ingomar ist ein freier Mann, der nach unserem germanischen Recht nicht geschlagen werden darf. Ehrlos ist er dann für immer. Niemals darf er wieder eine Waffe tragen. Nehmt alles, was Ingomar besitzt, aber erspart ihm die schwere Schande!" Verzweifelt wehrte sich Ingomar, als ihn die römischen Soldaten griffen, um das Urteil an ihm zu vollstrecken. Seine Dorfgenossen, die ihm beistehen wollten, wurden von den herbeieilenden, stark bewaffneten römischen Kriegern zurückgedrängt. Zähneknirschend mußten sie zusehen, wie Ingomar blutig geschlagen wurde. Nun wurde der Freibauer Haddo in den Kreis geführt. Er hatte den römischen Hauptmann Balbo, als er ihn beim Jagen im Bauernwald antraf, gefangengenommen, um ihn vor das Volksgericht zu bringen. Der Hauptmann hatte sich gewehrt. Im harten Zweikampf war er von Haddo getötet worden. Die Leiche hatte der Bauer im Römerlager abgeliefert. Haddo wurde zum Tode verurteilt. Mit dem Beile sollte ihm das Haupt abgeschlagen werden. Die Erregung und Empörung der Germanen war grenzenlos; denn nach ihrem alten und heiligen Recht hatte ihr Dorfgenosse kein Verbrechen begangen. Er hatte richtig gehandelt. Kein Fremder durfte in ihrem Bannwald jagen! Da erklang die Stimme des Statthalters von neuem: "Seitdem ich mit meinen Soldaten euer Land besetzt habe, gehört nach unserem römischen Recht dem Kaiser von Rom euer ganzer Wald. Mein Urteilsspruch bleibt bestehen." Haddo wurde abgeführt und in einen Schuppen gesperrt. Als ihm aber am anderen Morgen das Haupt abgeschlagen werden sollte, fand man ihn tot am Boden liegen. Mit einer Bronzenadel seines Mantels hatte er sich die Pulsadern aufgestochen und war verblutet. Ihm war die größte Schande, die einen freien Germanen treffen konnte, erspart geblieben.
Die Volksversammlung bei den Externsteinen Über die Höhen des Wiehengebirges stieg langsam der Mond und ließ die versteckten Waldwege, die aus den Dörfern zum Gipfel führten, heller werden. Von allen Seiten stiegen germanische Bauern zur Höhe empor, vorsichtig und wachsam, damit kein spähendes Römerauge sie entdecke. Der junge Cheruskerfürst Armin hatte sie zur Thingstätte bei den geweihten Externsteinen geladen. Wenige Worte nur wurden dort oben am
Die Bauern brauchten nicht lange zu warten, denn schon nach kurzer Zeit meldete der Wächter vom Osthang nach oben: "Sie kommen!" Gespannt reckten die Hintenstehenden die Hälse. Aus dem Dunkel des Waldes traten bald mehrere Männer. Die Bauern erkannten den jungen Cherusker Armin und den Schulzen Sigast. Die vier anderen waren ihnen fremd. Sie schienen aus fremden Gauen zu sein, denn sie trugen Kleidung von etwas anderer Art. Ein Aufleuchten ging über das schmale und kühne Gesicht des jungen Edelings, als er die vielen Bauernkrieger erblickte. Gedämpfte Heilrufe erklangen, und ohne langes Zaudern sprang Armin auf einen großen Stein, der in der Mitte des Thingplatzes lag. "Kommt näher heran, ihr Männer, und ihr Wächter verdoppelt eure Aufmerksamkeit, denn was wir hier verhandeln wollen, darf kein Römer erfahren! Die Not unseres Landes hat uns alle hier zusammengeführt. Mich quält sie ebenso wie euch, doch manch einer aus eurer Mitte hat sicher gefürchtet, ich sei Römer geworden, weil ich jahrelang als Oberst im Heere des römischen Kaisers diente." - "Jawohl, Armin!" - bestätigten halblaut ein paar rauhe Stimmen. "Ich bürge für ihn!" beschwichtigte der Schulze Sigast die Mißtrauischen. "Ihr irrt euch, Landsleute," fuhr Armin fort, "im Römerheer habe ich nur die Kriegskunst erlernt. Mein Herz ist meiner Heimat unwandelbar treu geblieben. Viele Länder habe ich gesehen. Gewiß, es gibt Gegenden, in denen die Sonne heißer brennt, wo Früchte gedeihen, die unser Boden nicht trägt - aber, Männer meines Volkes, nirgendwo rauschen die Wälder so wie in unserer Heimat; nirgendwo habe ich Mannesehre und Frauenwürde höher geachtet gesehen als bei uns - nur hier ist für uns heiliger Boden. Hier lebten unsere Ahnen, hier sollen unsere Kinder und Urenkel leben!" Die blauen Augen sprühten auf: "Aber in Freiheit! Nicht als Knechte!" Die Blicke der Männer wichen nicht von dem jungen Gesicht. Armin strich eine widerspenstige, blonde Locke aus der hohen Stirn, und seine Stimme war wie ein Befehl: "Wir müssen die Römer aus dem Lande jagen." Unterdrückte, jubelnde Zurufe klangen ihm entgegen; die vier Fremden sahen sich zufrieden an. Armin gebot Ruhe: "Doch das Römerheer ist stark und gefährlich. Tritt unser Volk ihm allein entgegen, sind wir verloren. Deshalb bin ich durchs Land geritten und in die Nachbargaue und habe Bundesgenossen geworben. Jene zwei Männer kommen vom Norden her, vom Weserflusse, diese beiden aus dem Elbegau. Auch sie bedrängt der Feind." Die Sendboten traten einige Schritte vor und hoben grüßend die Hand. "Sie bringen Botschaft, daß ihr Volk im Kriegsfalle uns Beistand leisten will." Erstaunte Blicke flogen zu den Gesandten hinüber. An dem Schweigen einzelner Gruppen und an dem leisen Murmeln, das an einigen anderen Stellen laut wurde, merkte Armin, daß die Bundesfreundschaft nicht sehr erwünscht war. In seine Stirn grub sich eine Falte des Unmutes, und die Zähne bissen einen Augenblick hart aufeinander. Sollte die alte Uneinigkeit zwischen den einzelnen Völkern und Stämmen wieder alle guten Pläne zerschlagen? "Vergeßt allen Streit und Hader, die unsere Stämme so oft trennten. Hier geht es um ein großes Ziel. Hier hilft nur Einigkeit. In uns allen lebt das gleiche Blut!" Mit der ganzen Begeisterung, die in seiner Seele lebte, redete der Cherusker auf seine Landsleute ein. Nach langer Verhandlung wurden sie sich endlich einig. Sie wollten den großen Kampf gegen die Römer gemeinsam führen. Der junge Cheruskerfürst atmete tief auf: "Ich danke euch, Kampfgefährten, doch noch eins: in einer offenen Feldschlacht sind wir den Römern trotzdem noch nicht gewachsen. Ich aber habe im römischen Heer manches gelernt. Überlaßt mir den Entwurf des Kriegsplanes. Ihr könnt auf mich vertrauen, auch wenn ihr mich noch öfter in der Umgebung des römischen Statthalters sehen werdet. Wir warten auf jeden Fall bis zur Herbstzeit. Sturm und Regen werden unsere Verbündeten sein; aber seid verschwiegen und geduldig - bis zum Freiheitskampf!" Er hatte sein Schwert gezogen. In seinen Adern pochte wild das Blut. Da packten harte Männerfäuste den jungen Fürsten, hoben ihn auf einen Schild, und in dumpfem Brausen klang es ihm entgegen: "Heil Armin, unserem Führer!" In den nächsten Wochen wurde auf allen Höfen heimlich für den Kampf gerüstet. Waffen und Schilde stellten die Männer her. Die Frauen backten Wagen voll Brot, räucherten Schinken und Fleisch und webten Kleider für die Krieger. Die unterdrückten Germanen warteten auf das Zeichen zum Freiheitskampf.
Die Schlacht im Teutoburger Walde Es war Herbst geworden. Im Lager der Römer an der Weser warteten die Soldaten auf die Rückkehr an den Rhein. Dort sollte der Winter verbracht werden. Noch während Varus mit seinen Heerführern den Rückmarsch besprach, erreichte ihn die Nachricht, daß sich ein Germanenstamm an der Ems empört hatte. "Wir werden gleich morgen früh auf dem schnellsten Wege auf unserer Heerstraße durch den Teutoburger Wald in den Emsgau marschieren, um den Aufstand niederzuwerfen", ordnete er an, "und du, Armin, sorgst dafür, daß die germanischen Hilfsvölker zu unserem Hauptheere stoßen; du kennst das Land genau. Wo, glaubst du, treffen wir am besten zusammen?" Der junge Cherusker, der jetzt wieder die Uniform des römischen Offiziers trug, veränderte keine Miene, als er nach kurzem Nachsinnen erwiderte: "Im Teutoburger Walde." Varus war einverstanden. Armin verabschiedete sich bald, da er angeblich vorreiten mußte, um die germanischen Hilfsvölker zu sammeln. Er jagte durch die Wälder heimwärts, neben ihm seine Unterführer; es war eine wilde Hetze, denn jede Minute war kostbar. Ja, die germanischen Heerbanne sollten im Teutoburger Walde warten, aber nicht, um den Römern zu helfen. In dem wilden Gebirge sollte der Freiheitskampf entbrennen, denn an dieser Stelle waren die Römer gut zu fassen. Bald schallte es durch alle germanischen Dörfer: "Auf, zu den Waffen, Armin ruft!" In jeden befreundeten Gau ritten auf keuchenden Gäulen die Boten, und von allen Seiten strömten die Freiheitskämpfer zusammen. Am Teutoburger Walde sammelten sie sich. In der Frühe des anderen Morgen standen die drei Legionen* zum Abmarsch bereit. Dann ging es in langem Zuge zum Tore hinaus. Frohe Soldatenlieder erklangen. Mit dem gesamten Troß zogen die Legionen langsam nach Westen, dem Waldgebirge zu. Der Marsch ging bis zum Lehmgau gut vonstatten. Aber dort zog ein Unwetter herauf. Es begann zu regnen und zu stürmen; der lehmige Boden weichte auf. In den Wäldern machte das nasse Laub den Boden schlüpfrig. Umgestürzte Bäume versperrten den Weg. Das römische Heer kam kaum vorwärts und hatte große Mühe, all die Hindernisse aus dem Wege zu räumen. Der Regen rauschte immer stärker und stärker. Ein furchtbarer Sturm brauste in den Baumkronen. Da ertönte plötzlich von der Spitze her lautes Kampfgeschrei. Steine flogen auf die marschierenden Römer; ein Hagel von Spießen folgte. Wilder Schlachtenlärm durchdrang den Wald. Die Römer starrten um sich. Wer überfiel sie hier? Als sie ihre Feinde erkannten, merkten sie, daß die Kriegskunst des jungen Armin sie in eine Falle gelockt hatte. Nicht als Bundesgenossen, als Todfeinde standen die Germanen hier. Immer von neuem griffen sie an. Auf einer Waldlichtung errichteten die römischen Soldaten eilig ein Lager mit Wall und Graben, damit sie wenigstens während der Nacht geschützt waren. Abends leuchteten in weitem Umkreis die Feuer der Germanen auf, die sich aus allen Gauen zum Freiheitskampf gegen die Römer vereinigt hatten. Varus aber dachte an seine Gewalttaten und ahnte nichts Gutes. Am anderen Morgen ließ der Statthalter die überzähligen Wagen und das Gepäck verbrennen und trieb sein Heer zum Weitermarsch an. Als die Legionen jedoch am Teutoburger Walde ankamen, hatten die Germanen den Eingang zur Dörenschlucht bereits besetzt. Hastig ließ Varus vor dem Durchgang durch die Berge ein Lager aufschlagen, denn die einbrechende Dämmerung machte eine Erstürmung unmöglich. Lange dauerten die Schanzarbeiten; es fehlte an Spaten. Die Nahrungsmittel und das Verbandszeug wurden knapp. Es mangelte auch an Zelten. Stöhnend vor Schmerzen wälzten sich die Verwundeten auf dem nassen Erdlager. Von allen Seiten drangen der Kampfgesang und das Waffengeklirr der germanischen Eidgenossen zu ihnen. Die kampferprobten römischen Soldaten überfiel ein Grauen. Viele hatten in fernen Ländern gefochten, unter der brennenden Sonne Afrikas, gegen wilde, unbekannte Völker - aber dies hier war furchtbarer. Es war der Verzweiflungskampf eines freiheitsliebenden Volkes; es war ein Vernichtungskampf. Dazu die unheimlichen Wälder! Wenn es nur bald Tag würde! Am dritten Morgen gingen die Legionen zum Sturm auf den Eingang zur Dörenschlucht über. Der Durchbruch gelang. Als aber die Römer tief in den Hohlweg eingedrungen waren, stürmten von allen Höhen die germanischen Kampfgenossen auf die Feinde ein. Es entspann sich ein wildes Handgemenge; auch der strömende Regen setzte wieder ein. Überall dort, wo der Kampf am heftigsten tobte, erblickten die Römer Armin, den Cherusker, hoch zu Roß. Mit gewaltigen Schwertschlägen hieb er sich durch die Reihen der Feinde Bahn. Obwohl er aus verschiedenen Wunden blutete, warf er sich immer von neuem in das Kampfgewühl. Nach einigen Stunden war die Schlacht entschieden. Die Römer wurden in ihr Lager zurückgetrieben; ihre Reiterei floh. Verzweifelt stürzte sich Varus in das eigene Schwert. Viele seiner Offiziere folgten seinem Beispiel. Mancher römische Soldat wurde gefangengenommen und mußte Zeit seines Lebens auf germanischen Bauernhöfen als Sklave arbeiten. Armin hatte sein Land vom Joch der Römer befreit und seinem Volk gezeigt, was es vermochte, wenn es einig war.
Der Limes. Die Römer gaben den Versuch auf, das Land
Germanenreiche im Gebiet des Mittelmeeres 1. Westgoten. Die Goten hatten ihre Wohnsitze bis zum Schwarzen Meer ausgedehnt. Sie teilten sich in Ost- und Westgoten. 375 drangen die Hunnen, ein mongolisches Reitervolk, in die russische Steppe ein und unterwarfen die Ostgoten. Die Westgoten erhielten Land im Gebiet der unteren Donau. Dieses Land gehörte damals zu Ost-Rom. Unter ihrem König Alarich zogen sie nach Italien und eroberten Rom. Auf dem Wege nach Sizilien starb Alarich plötzlich. Er wurde im Busento begraben. Seine Westgoten wanderten nach Südfrankreich und Spanien und gründeten hier das Westgotenreich. 2. Wandaler. Im Odergebiet siedelten die Wandaler. Schlesien (Silingerland) war ihr Hauptwohnsitz. Unter dem Druck der Hunnen und Ostgoten verließen sie ihre Heimat. Ihr König Geiserich führte sie nach Spanien (der Name Andalusien = Wandalusien erinnert noch heute an die Wandaler) und im Winter sogar nach Nordafrika. Hier entstand das Wandalerreich. Geiserich eroberte 445 Rom und beherrschte das westliche Mittelländische Meer. 3. Burgunder. Die in Pommern und an der Warthe wohnenden Burgunder hatten in der Rheinpfalz ein Reich gegründet mit der Hauptstadt Worms. Unter ihrem König Gunther (Nibelungenlied) wurden sie von den Hunnen besiegt und ließen sich im Flußgebiet der Rhone nieder. Dieses Land heißt noch heute Burgund. 4. Hunnen. Die Hunnen hatten im heutigen Ungarn ein Land gefunden, das ihrer asiatischen Heimat ähnlich war. Unter ihrem König Attila oder Etzel errichteten sie ein mächtiges Reich. Die Ostgoten und andere kleine germanische Völker waren ihnen kriegsdienstpflichtig. Attila drang über den Rhein vor. Auf den "Katalaunischen Feldern" an der Marne wurde er 451 von Germanen und Römern geschlagen. (Erste Rasseschlacht.) Sein Reich ging unter. 5. Ostgoten. Das einst mächtige Römische Reich war morsch geworden und in ein Ost- und Westreich zerfallen. Das weströmische Reich wurde 476 von germanischen Kriegsscharen gestürzt. Um 500 drangen die Ostgoten unter ihrem jungen König Theoderich (Dietrich von Bern) in Italien ein und gründeten das Ostgotenreich. Er regierte sein Land mit Milde und Gerechtigkeit. Den unterworfenen Römern ließ er ihr eigenes Recht. Seine Goten erhielten ein Drittel des Landes und bildeten die Wehrmacht. Die Kunstbauten der Römer schützte er vor weiterer Zerstörung. Er verbot die Ehe zwischen Goten und Römern und erhielt so die Rasse rein. Theoderich versuchte, alle Germanenvölker zu einen, leider ohne Erfolg. (Grabmal in Ravenna.) Der Untergang der Germanenreiche. Die Ostgermanen hatten bei ihren Reichsgründungen die Verbindung mit der Heimat verloren. Das ungewohnte, milde Klima der Mittelmeerländer machte sie schlaff. Recht, Sitte und Glauben der unterworfenen Völker beeinflußten ihre gesamte Lebenshaltung, führten auch zur Rassenmischung. Vätersitte und Tugenden wurden vergessen. Innere Uneinigkeit kam hinzu. Alle Reiche gingen unter. Durch die Wanderungen der Ostgermanen ist uralter germanischer Siedlungsraum im Gebiet zwischen Oder, Weichsel und Donau kampflos fremden Völkern (Slawen, Awaren) überlassen worden. Wertvolles germanisches Volkstum ist in fremdem Volkstum (Romanen) untergegangen.
Die Stammesverbände der Westgermanen Die Westgermanen wanderten nicht. Sie schlossen sich zu Volksstämmen zusammen: die Sachsen im Wesergebiet, die Franken am Mittel- und Niederrhein, die Schwaben (Alemannen) südlich des Mains, die Bayern zwischen Donau und Alpen zu beiden Seiten der Isar, die Thüringer zwischen Harz und Fichtelgebirge und die Friesen an der Nordseeküste. Als den Westgermanen der Wohnraum zu eng wurde, durchbrachen sie den römischen Grenzwall und drangen über Rhein und Donau vor. Sie blieben aber immer mit dem Heimatboden verbunden. Nur Teile der Sachsen und die Angeln gingen nach dem heutigen England. Die Langobarden, auch Westgermanen, gründeten in Oberitalien ein Reich. Danach heißt das Land noch heute die Lombardei.
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