[373]
Die echten deutschen Minderheitsgebiete (Teil
13)
Das Deutschtum in Rumänien (Teil 2)
Das Deutschtum im rumänischen Banat1
Zunächst nach dem Umsturz in Ungarn wurde von den Deutschen im Banat
ein kräftiger Anlauf mit deutschen Schulen gemacht, und auch
während der ersten Zeit des rumänischen Regimes, als noch die
scheinbare, auf Anlockung berechnete Milde gegenüber dem Deutschtum
herrschte, wurde von den Rumänen dies deutsche Schulwesen in Ruhe
gelassen. Bald genug aber warf der Unterrichtsminister Anghelescu
auf dem Wege ungesetzlicher Verordnungen das bestehende deutsche Schulrecht
über den Haufen. Der ungarische Staat, dessen Gesetze formell noch in
Geltung waren, so daß es zu ihrer Abänderung mit rechtlich
verpflichtender Kraft neuer Gesetze bedurft hätte, garantierte allen
kirchlichen Glaubensbekenntnissen (Konfessionen) die Errichtung, Erhaltung und
selbständige Leitung ihrer Schulen, nominell sogar die
Bestimmung der Unterrichtssprache. Er behielt sich nur ein gesetzlich
umschriebenes Kontrollrecht und Sicherung in bezug auf den Unterricht in der
Staatssprache vor. Diese gesetzlich bestehende Schulautonomie der Kirchen
wurde durch den rumänischen Minister einfach ignoriert. Er erließ
Verordnungen direkt an die Direktoren und Lehrer, mit Umgehung der die Schule
erhaltenden kirchlichen Behörden, und romanisierte kurzerhand durch
Dekret die deutschen Banater Volksschulen und das einzige deutsche Lyzeum
(Gymnasium). Viele Minderheitsschulen, vor allen Dingen madjarische, wurden
überhaupt gesperrt oder ihre Rechte wurden ihnen entzogen;
außerdem wurden die Gebäude, die Kircheneigentum waren,
für Staatsschulzwecke requiriert. Die Lehrer wurden mit
rumänischen Prüfungen drangsaliert, mit Entlassung bedroht, viele
auch tatsächlich ohne Pension entlassen: ein gewalttätiges, im
höchsten Grade unpädagogisches Vorgehen, da nicht einmal die
notwendigste Übergangszeit vorgesehen wurde.
Auf die Zeit der ungesetzlichen Verordnungen folgte in den Jahren 1924 und 1925
die "gesetzliche" Regelung durch das Staatsschulgesetz, das Gesetz über
die kleine und große Reifeprüfung (Bakkalaureatsgesetz) und das
Privatschulgesetz. Diese Gesetzgebung betraf natürlich nicht nur das
Banater, sondern auch das siebenbürgisch-sächsische und das
übrige deutsche Schulwesen in Rumänien. Da aber seine
Durchführung im Banat besonders rücksichtslos und
zerstörend wirkt (und wirken soll!), so sei die Entstehung dieser Gesetze an
dieser Stelle ausführlicher behandelt. Die [374] ersten beiden
Gesetzentwürfe wurden geheim vorbereitet und dem Parlament
überraschend unterbreitet. Der Entwurf des Privatschulgesetzes behandelt
eigentlich die konfessionellen (Kirchen-) Schulen, die nach den
ungarischen Gesetzen den Staatsschulen in den von Rumänien annektierten
Gebieten gleichgestellt und in ihren Leistungen mindestens ebenbürtig
waren. Sie wurden durch Anghelescu zu Privatschulen degradiert, denn von einem
Schulerhaltungsrechte der Kirchen wollte er nichts wissen. Nach vielen
Bemühungen war es den Vertretern der Kirche gelungen, den
Gesetzentwurf einige Tage vor Einreichung desselben im Senate kennenzulernen
und eine Scheinverhandlung mit dem Minister zu pflegen, natürlich ohne
nennenswertes Resultat. Die ungarischen Kirchen, deren Schulen ganz besonders
verfolgt werden, griffen hierauf zum letzten Abwehrmittel und legten im Monat
September 1925 ihre Klagen in ausführlichem Memorandum dem
Völkerbundsrate in Genf vor. Da auch die Konkordatsverhandlungen in
Rom mit Rücksicht auf die kirchenfeindliche Tendenz des Gesetzentwurfs,
der im § 37 einfach allen Ordens-und Klosterschulen ohne
Unterschied des Grades ausschließlich rumänischen Unterricht
vorschreibt, verschoben wurden, schien die Regierung, namentlich
Außenminister Duca, doch neue Verhandlungen mit den Kirchen für
ratsam zu halten. Diese fanden Anfang November 1925 mehrere Tage hindurch
statt und endeten mit einem von den Beratenden, also auch dem
Unterrichtsministerium, am 6. November unterfertigten Protokoll. Es faßte
in 19 Punkten die Konzessionen zusammen, die der Minister machte, und in
seiner Schlußklausel hieß es, daß "diese 19 Punkte in den
Gesetzentwurf aufgenommen und alle entgegengesetzten Verfügungen
gestrichen würden, sowie daß auch die
Durchführungsverordnung den 19 Abänderungen entsprechen
müsse." Natürlich waren diese Abänderungen auch dem
Ministerrat vorgelegt und von ihm gutgeheißen.
Nun geschah etwas Balkanisches, was in der Parlamentsgeschichte als Unikum
dasteht. Minister Anghelescu unterbreitete dem Parlament den
unveränderten Gesetzentwurf zur allgemeinen Debatte und
deutete nur an, daß bei der Spezialdebatte einige Abänderungen zu
erwarten seien. Natürlich erfolgte die allgemeine Debatte auf Grund des
vorliegenden unveränderten Gesetzentwurfs, gegen den die deutschen
Abgeordneten Dr. Hans Otto Roth vom politischen Standpunkte,
Dr. Franz Kräuter in pädagogischer Beleuchtung in
glänzenden Reden eine vernichtende Kritik übten. Seitens der
Madjaren tat dasselbe Abgeordneter Josef Sándor, seitens der Juden Rabbi
Ziersohn und der Sozialist Pistiner. Anerkennenswert ist, daß auch seitens
der rumänischen Nationalpartei (Maniu-Vaida) dagegen gesprochen wurde
und Professor Nik. Iorga zugunsten der Minderheitsschulen eine glänzende
Rede hielt, während seitens der Zaranisten (Bauernpartei) eine
Erklärung für die Schulfreiheit der Minderheiten abgegeben
wurde.
Die Debatte zog sich bis zum 17. Dezember hin. Inzwischen hatte die Regierung
[375] das Protokoll der 19
Punkte vom 6. November in Genf vorgelegt und beim Völkerbundsrate die
Meinung erweckt, daß damit die Streitfrage friedlich erledigt sei. Vom
rumänischen Gesandten in Bern, Comnen Petrescu, kam über die
Stellung des Völkerbundsrats ein günstiges Telegramm, und nun
wurde in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember die Generaldebatte
abgebrochen und das über hundert Paragraphen enthaltende Gesetz in der
Spezialdebatte so durchgepeitscht, daß die anwesenden Abgeordneten gar
nicht wahrnehmen konnten, was von den neunzehn verschiedenen Punkten
aufgenommen wurde und was nicht. Nachträglich wurde konstatiert,
daß die meisten und wichtigsten Punkte überhaupt nicht
aufgenommen wurden, andere in verdrehter und abgeschwächter
Form. Also offenkundiger Wortbruch seitens des Ministers und der
Regierung!
In Rumänien empfindet niemand, auch die höchsten
Regierungsvertreter nicht, einen inneren Widerstand gegen die Benutzung
balkanischer Hilfsmittel, wie bei dieser Durchdringung des Schulgesetzes oder bei
der Wegnahme des Siebenbürgisch-Sächsischen
Schul- und Kirchenvermögens, weil die ganze kulturelle Atmosphäre
so geartet ist. Dafür legen auch Einzelheiten persönlicher Art, auf
schulpolitischen wie auf anderen Gebieten, Zeugnis ab. Ein besonders
prägnanter Fall, aus dem man sieht, mit was für einem
Menschenmaterial bei den rumänischen Schulbehörden gearbeitet
wird, und der sich gleichfalls im Banat abgespielt hat, sei im folgenden
wiedergegeben.
Die Mädchenbildung liegt bei
den Deutschen im Banat zum großen Teil in den Händen von
katholischen Nonnen. Es sind gute Mädchenschulen eingerichtet, an denen
Nonnen unterrichten, die dazu natürlich das Befähigungszeugnis als
Lehrerin besitzen müssen. Um für den Unterricht in
Mädchenmittelschulen - in Deutschland Lyzeen
genannt - die Befähigung zu erwerben, müssen die
Lehrerinnen auch eine Prüfung in rumänischer Sprache ablegen. In
Temesvar war Prüfungskommissar im Herbst 1925 ein Beamter des
rumänischen Unterrichtsministeriums, namens Popovici. Selbst wenn man
nicht die Forderung aufstellen will, daß er sich gegenüber den
Kandidatinnen höflich zu benehmen hat, so muß sein Benehmen
doch zum mindesten anständig sein. Das Gegenteil aber war der Fall. In der
Zeitung Schwäbische Volkspresse, die in Temesvar erscheint, in
der Nummer vom 12. September 1924, findet sich der folgende Bericht
über die Prüfung, die Herr Popovici mit mehreren geistlichen
Lehrerinnen in rumänischer Sprache angestellt hat.
An eine Schwester N. des Ordens Notre Dame
stellte Herr Popovici unter dem Vorwand "Sprechübung aus
rumänischer Sprache" folgende Frage: "Wie würden Sie sich
anschicken, um mich zu erobern?" Der verlegen errötenden Nonne half er
dann durch Gebärden und Worte über die Schwierigkeiten hinweg,
die die Beantwortung der Frage für sie bedeuten mußte, indem er ihr
die richtigen Methoden, die eine Nonne bei Eroberung von Männern im
allgemeinen, und des Herrn Popovici im besonderen, anzuwenden habe,
erläuterte.
Auf die Frage nach ihrem Geburtsdatum, die
natürlich rumänisch beantwortet werden mußte, antwortete die
Nonne N.: "am nascut... usw." Das ist falsch, denn "ich bin
geboren" heißt auf rumänisch "m'am nascut" und nicht
"am nascut". Was tut in einem solchen Falle ein
Prüfungskommissar? Er verbessert die Kandidatin, die dann die richtige
Form wiederholt. Oder aber, namentlich Kandidatinnen gegenüber, wird er
nicht merken lassen, daß ein Laut [376] fehlt; wenn er streng ist, merkt er sich's,
daß es bei der Kandidatin mit den Zeitwörtern hapert und bringt
diesen Umstand in der Prüfungsnote für rumänische
Grammatik zum Ausdruck. Herrn Popovici aber kommt es nicht nur darauf an, zu
erfahren, was die Kandidatinnen können, diese "Minoritars"
sollen auch erfahren, was er kann, namentlich wie geistreich er ist, und
schlagfertig, wie er schon einmal ist, bemächtigt er sich zu diesem Zwecke
des Fehlers, der der Nonne unterlaufen ist. "Am nascut" ohne m'
bedeutet nämlich "ich habe geboren". Eine katholische Nonne sagt "ich
habe geboren", das ist für Herrn Popovici nicht mehr eine falsche
Verbalform, sondern eine Gelegenheit, vor den errötenden Nonnen seinen
Witz sprühen zu lassen, indem er die Sache behaglich breittritt. Es folgt
eine allerliebst "schelmische" Ermahnung an die Nonne, daß sie Kinder
nicht gebären dürfe; er wendet sich dann witzig an die anwesende
alte Oberin, sie solle doch bestätigen, daß ihre Nonnen keine Kinder
gebären dürfen, so etwas sei ja gar nicht erlaubt, wo komme man
denn da hin, usw.
Damit aber noch nicht genug. Als die Beschwerden
über den Prüfungsskandal in der schwäbischen Presse
erschienen, verteidigte ein unbekannter Verfasser in einer rumänischen
Zeitung den Kommissar. Dabei wurde zunächst das Thema dahin
verschoben, daß bei der betreffenden Prüfung von
übermäßiger Strenge nicht die Rede gewesen sein
könne, denn von 134 Examinanden (unter diesen befanden sich auch eine
große Anzahl bereits seit langem angestellter Lehrkräfte, die, um
weiter im Dienst zu bleiben, ihre Kenntnisse im Rumänischen
nachzuweisen hatten) hätten nur 51 nicht bestanden. Es sei vorgekommen,
sagte der Verfasser des Schutzartikels für den Kommissar, daß
Kandidatinnen nicht gewußt hätten, wo der Baragan und wer Tudor
Vladimirescu sei. Dieser rumänische Artikel endete mit dem folgenden
Satz: "Gar nicht zu erwähnen das Zögern, mit welchem die
Professorinnen und Nonnen sich entschlossen, zu sagen, daß das Zentrum
der (rumänischen) Petroleumquellen Campina ist." Was bedeutet dieser
merkwürdige Satz? Er bedeutet eine gemeine Schmutzerei, die dadurch
noch verdeutlicht wurde, daß in dem Artikel die beiden letzten Silben des
Wortes "Campina" durch fetten Druck hervorgehoben waren. Sie
bedeuten nämlich in madjarischer Sprache ein unflätiges Wort.
Sowohl der Examinator als auch die Prüflinge und viele von den Lesern
und Leserinnen des betreffenden rumänischen Blattes in Temesvar
verstehen natürlich madjarisch. Gerade darum veranlaßte der
Kommissar des Ministeriums die Nonnen dazu, immer wieder zu sagen, das
Zentrum der rumänischen Petroleumquellen liege in
Campina!
Es wird nicht nötig sein, noch mehr Proben von der Höhe geistiger
und moralischer Kultur zu geben, die bei solchen Prüfungskommissaren des
rumänischen Unterrichtsministeriums und bei den ihnen nahestehenden
Zeitungen herrscht. Die Sauberkeit fehlt, und es fehlt die Achtung vor der
Persönlichkeit des Andern. Wer nicht in der Lage ist, sich zu wehren, wird
mißhandelt, mag er eine Nonne sein oder sonstwer.
Für die "Romanisierung" und für die Zurückdrängung
und Schädigung der Minderheiten dient die Schulgesetzgebung auch noch
auf andere Weise als Werkzeug. Zunächst wird durch ein
schikanöses System bei der Abiturientenprüfung, dem sogenannten
Bakkalaureat, ein möglichst großer Teil derjenigen Schüler, die
einer Minderheit angehören, beseitigt. Bei der Prüfung im Sommer
1925 z. B. fielen in sämtlichen neuen Gebieten
70 - 80% der Abiturienten durch, nicht nur wegen der
übertriebenen Forderung im Rumänischen, sondern auch weil sowohl
das mündliche als auch das schriftliche Examen ganz unvorbereitet nach
dem Lehrplan des [377] Altreichs abgehalten
wurde, der nach französischem Muster aufgebaut und von dem
früher in Ungarn gebrauchten System sehr verschieden ist. Man hütet
sich natürlich davor, für die Minderheitsschüler einen
"numerus clausus", eine Höchstzahl, festzusetzen, die zum Studium
zugelassen ist, aber man ersetzt das durch die Methode der Prüfung. Schon
in der vierten Klasse der Volksschule, von wo aus der Übergang auf die
"Mittelschule" (Gymnasium und gleichwertige Schulen) erfolgt, gibt es eine
rumänische Abschlußprüfung. Wer sie nicht besteht, darf nicht
ins Gymnasium. Die zweite Fallgrube ist das kleine Bakkalaureat nach der vierten
Gymnasialklasse (ungefähr das deutsche "Einjährige"), die dritte ist
das Abiturium, und eine vierte ist in Form einer Aufnahmeprüfung zur
Universität oder Technischen Hochschule angelegt. Auf diese Weise
werden die jungen Leute aus den Minderheiten vom Studium abgeschreckt.
Daß sie sich abschrecken lassen sollen, ist der Zweck der Übung,
während für das Rumänentum mit Hilfe staatlicher Internate,
in denen außer der Freischule auch freier Aufenthalt gewährt wird,
eine Massenproduktion von "Intelligenz" in den neuen Gebieten erfolgt.
Ähnlich geht es in Handel und Gewerbe zu. Die Stadt Temesvar
z. B. muß mit dem Steuergeld der Minderheiten mehrere
Lehrlingsheime unterhalten, in denen über 500 rumänische Lehrlinge
erzogen werden. Sind sie mit ihrer Ausbildung fertig, so werden sie den
Handwerksmeistern und Geschäftsleuten, die zur deutschen oder
madjarischen Minderheit gehören, einfach oktroyiert.
Eine Aufzeichnung aus dem Banat aus dem Beginn dieses Jahres charakterisiert
speziell die dortigen Zustände mit den folgenden Worten:
"Die Verwaltung ist gänzlich
romanisiert. Nicht die geringste Eingabe kann man an irgendwelche
Behörde anders als rumänisch machen. Unsere altbewährten
Beamten werden aus den Ämtern verdrängt und meist durch
Dilettanten, hauptsächlich Regatler, ersetzt, von denen die meisten weder
arbeiten wollen noch können, die Korruption aber ins Unerträgliche
steigern. Bei elender Bezahlung luxuriös zu leben und sich noch dazu in
kurzer Zeit »Millionen« zu »ersparen«, gilt diesen
Leuten als selbstverständlich. Regatler Richter bezeichnen es als
unerklärlich, daß unsere Richter alt werden konnten, ohne sich ein
Vermögen zu ersparen, kurz, wir werden total balkanisiert zu einer Zeit, wo
es bei den Türken infolge strenger Ahndung weder Bakschisch, noch
Korruption, noch Diebstahl mehr gibt.
Die Gendarmen-Brutalitäten, welche früher
unser Volk außer Fassung brachten, haben in letzter Zeit auf unseren
Zeitungsalarm nachgelassen. Die Presse muß aber vorsichtig sein; denn wir
leben hier im Grenzgebiete noch immer im Kriegszustand, wo Zeitungen ohne
Prozeß administrativ auf kürzere oder längere Zeit eingestellt
werden, wie das unserer Banater Deutschen Zeitung vor anderthalb Jahren
passierte.
Die Agrarreform hat hier den Minderheiten die Felder
weggenommen und fast nur Rumänen beteiligt. Nach dem Gesetze
hätte jede Pfarre 32 Joch (etwa 20 Hektar) für den
Geistlichen, 10 Joch zur Erhaltung der Kirche, 8 Joch für den
Organisten erhalten sollen. Die rumänischen Pfarreien haben es
natürlich erhalten, sogar zwei bis drei Sessionen, ca. 32 Joch
in einer Pfarrgemeinde, und wo man rumänische Pfarren und Schulen in
deutschen Gemeinden zu errichten beabsichtigt und wo hierzu die deutschen
Gemeinden große Beiträge leisten müssen, [378] wird die Landdotation
reserviert. Die katholischen Pfarreien haben zumeist nichts erhalten, obwohl vom
Temesvarer Bistum und Domkapitel der ganze Besitz enteignet wurde und die
früheren Kirchenpatronate aufgelassen sind. In die Welt wird aber die
unparteiische Durchführung der Agrarreform hinausposaunt.
Diese Bedrückung auf allen Gebieten hat aber
wesentlich dazu beigetragen, das neuerwachte völkische Bewußtsein
zu bestärken, die Volkseinheit herzustellen und die
»Deutschschwäbische Volksgemeinschaft« auszubauen. Zu
Beginn gab es zwei Parteien, die sich befehdeten. Am 13. März 1921 wurde
die Volksgemeinschaft gegründet, welche in planmäßigem
Streben die Gegensätze ausglich und die Einheit herstellte. Die Separatisten
haben ganz geringen Anhang, obwohl sie seitens der Behörden mit
persönlichen Begünstigungen unterstützt werden, um den
Bruderzwist zu nähren und die Widerstandskraft unseres Volkes zu
schwächen. Auch die Zahl jener »Intelligenzler«, die noch
immer ganz oder teilweise in ihrer madjarischen Mentalität leben und
gleichsam eine noble Geste zeigen wollen, indem sie dem niedergetretenen
Madjarentum »treu bleiben«, ist nicht mehr groß und
vermindert sich ständig. Das Banater Schwabentum ist bewußt
deutsch geworden und wird es für immer bleiben. Auch der einfachste
Mann fordert die deutsche Schule, da er ja in der Vergangenheit aus eigener
Verirrung die schädlichen Folgen des fremdsprachlichen Unterrichts selbst
oder an seinen Kindern erfahren hat. Der Kampf um unsere Schule und um unsere
bürgerliche Gleichberechtigung wird also nicht aufhören, bis wir zu
unserem Rechte kommen.
Die jetzige Übergangsperiode ist für uns sehr
schwer, namentlich da wir aus der Vergangenheit keine eigenen
Kulturinstitutionen haben und unser Volk zur Opferwilligkeit erst herangezogen
werden muß. Aber eben die ständigen Schwierigkeiten werden unsern
Volkscharakter stählen, uns noch mehr zusammenschließen. Eine
bessere Zukunft kann nicht ausbleiben."
Zu den entscheidenden Momenten für die erwachte Stärke des
deutschen Bewußtseins der Banater Schwaben, von dem in dieser
Aufzeichnung die Rede ist, gehört vor allen Dingen der Unterschied in der
Kulturhöhe des "Staatsvolks" in der früheren ungarischen und in der
jetzigen rumänischen Zeit. Auch wenn in den letzten Jahren der
ungarischen Periode unter den Schwaben ein gewisser Widerstand gegen die
fortschreitende Madjarisierung sich zu regen begann, so sah man sich doch dem
Ungarntum als einer Nation gegenüber, die zum westlichen Kulturkreis
gehörte, die ein geordnetes Verwaltungs- und Verkehrswesen, eine im
wesentlichen intakte Justiz und eine Achtung einflößende allgemeine
Kultur aufgebaut hatte. Sah doch der Schwabe zum Ungarn, zumal ihm dieser
meist als Vertreter des Staates, der Schule, der Kirche oder der bürgerlichen
Intelligenz begegnete, sogar als zu einem "Herrischen" empor. Begegnet ihm aber
jetzt der rumänische Beamte, Pope, Lehrer usw., so kann davon
keine Rede sein. Das deutsche Blut hat gelernt, sich gegenüber dem
Rumänentum zu fühlen, und das heißt, daß kein
Gedanke ist an einen Sieg der Romanisierung.
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